Planet außer Kurs - Erik Schreiber - E-Book

Planet außer Kurs E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Raumpatrouille Orion ist eine Kult-Fernsehserie der späten 1960 Jahre. Es war die erste gelungene SF-Serie aus Deutschland. Die in schwarz-weiß gehaltenen Sendungen waren das, was man einen Straßenfeger nannte. Millionen saßen vor den Fernsehern und folgten der Crew von Alastair McLane alias Dietmar Schönherr.

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Seitenzahl: 171

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Hanns Kneifel

Raumpatrouille Orion 2

Planet außer Kurs

Saphir im Stahl

Raumpatrouille Orion 2

Hanns Kneifel - Planet außer Kurs

e-book Nr: 276

Erste Auflage 01.02.2025

© Saphir im Stahl

Verlag Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Crossvalley Smith

Lektorat: Peter Heller

Vertrieb: neobooks

Hanns Kneifel

Raumpatrouille Orion 2

Planet außer Kurs

Saphir im Stahl

EINS

Das Schauspiel war einmalig; grandios und von tödlicher Gefahr erfüllt. Der Strahlungssturm hatte, von der irdischen Sonne ausgehend, im rechten Winkel zur Ekliptik des Systems einen scharfzackigen Ausläufer in die Dunkelheit des Alls ausgestreckt. Ein Spitzkegel, das war die ungefähre Form, der an der Basis knapp eine Astronomische Einheit durchmaß und mehr als fünfzehn Astronomische Einheiten lang war. Dieser schillernde Finger, angefüllt mit den Schleiern selten gesehener Farben, deutete auf das Sternbild des Kleinen Bären.

Raumkubus eins/001 war in Aufruhr. Der Strahlungsausbruch hatte sich verstärkt, ausgebreitet und von der Sonne gelöst. Er wanderte mit beachtlicher Geschwindigkeit durch den Kubus und rief Verwirrung in sämtlichen Wellenlängen hervor; der normale Funkverkehr war fast zusammengebrochen. Eine scharfe Spitze von weißglühender Intensität deutete auf das bekannte Sternbild, dahinter wirbelten die Farben des gesamten Spektrums spiralig von der Spitze weg bis zur Basis.

Die wenigsten Raumfahrer kannten diese Erscheinung, weil sie sich hüteten, auch nur in die Nähe eines Strahlungssturmes zu geraten. Diejenigen, die dieses farbenprächtige Schauspiel kannten, hatten genügend Gründe zur Furcht.

Die HYDRA war aus dem Hyperraum gekommen, um zu landen, und sie geriet in jenen Spitzkegel der Vernichtung. Wenn nicht ein Wunder geschah, war das Schiff verloren. Und – Wunder waren selten in dieser Zeit. Vor dem großen, runden Schirm saß Lydia van Dyke General der Schnellen Raumverbände.

„Noch eine Möglichkeit, Astrogator?“, fragte sie laut.

Der Astrogator, ein hochgewachsener Mann mit kurzgeschorenem grauen Haar, sah kaum auf und schüttelte den Kopf.

Lydia sah dieses Kopfschütteln und verstand. Die HYDRA gehörte zur gleichen Klasse wie auch die ORION VII; schnelle tüchtige Schiffe mit mächtigen Maschinen und hervorragender Isolierung. Wenn jemals ein Schiff aus terranischen Werften in der Lage gewesen war, einen Strahlungssturm von dieser Intensität durchzustehen, dann waren es diese modernsten Schiffe. Und dieses Schiff, die HYDRA, wurde umhergewirbelt wie ein welkes Blatt im Herbststurm.

Durch das Schiff ging ununterbrochen ein Knistern, wie wenn sich Metall verformen würde. Die Maschinen jaulten unter der gewaltigen Kraftanstrengung ungleichmäßig. Aus den schmalen, langen Öffnungen der Luftversorgungsanlage drang feiner ätzender Geruch: schmorende Verbindungen und die heißen Isolierungen mächtiger Kabel. Wieder griff ein magnetischer Arm nach dem misshandelten Metall der Hülle und klammerte sich daran.

„Wie steht es?“, fragte Lydia und machte einen erneuten Versuch, die Steuerung zu beeinflussen. Die einzige Rettung, die es gab, bestand darin, in den Hyperraum zurückzukehren.

Zwei Männer und eine Frau befanden sich an Bord des Schnellen Kreuzers HYDRA; der Astrogator und der Offizier für Raumüberwachung. Und Lydia van Dyke. Diese drei Menschen trugen ein gefährliches Geheimnis mit sich, von dem die Existenz des gesamten Sonnensystems abhing. Wieder erbebte das Schiff in sämtlichen Verstrebungen. Klirrend schlugen herausgeschleuderte Nieten in das Glas von wertvollen Instrumenten.

Es stank immer mehr, und eine Reihe von Anzeigen war bereits ausgefallen. Halb blind torkelte das Schiff durch die Wellenfronten des Sturms. Auf den eingeschalteten Außenschirmen sahen sechs Augen die Schleier der Farben, die um das Schiff spielten und die Schwärze des Alls mit geheimnisvollem Glühen erfüllten. Das Entsetzen griff nach den Menschen und die Furcht, der Erde nicht mehr mitteilen zu können, was sie wussten.

„Raumüberwachung!“, rief Lydia.

„Hier, General!“, sagte die Stimme des Offiziers, von kalter Panik erfüllt.

„Können Sie versuchen, einen Funkspruch an die Erde abzusetzen?“

Der Offizier sah mit starren grauen Augen auf seine Skalen und Regler. Dann drehte er einen Schalter vorsichtig nach rechts. Ein Prasseln und Heulen, ein Knistern und Krachen erfüllte die Kommandokanzel – die Störungen überlagerten sogar den Kennruf der Earth Outer Space Station, die eigentlich klar hätte empfangen werden müssen.

„Nichts!“, sagte van Dyke hoffnungslos. Nur ihre Augen verrieten, was sie dachte. Die ständig wechselnden Magnetfelder des Sturmes ließen das Schiff nicht mehr los. Die Geschwindigkeit, die sehr gering war, genügte nicht, um in den Hyperraum zurückzufallen. Das Schiff schien verloren.

„Versuchen Sie“, sagte Lydia und ließ den Geschwindigkeitshebel los, „eine Hyperraumverbindung aufzubauen.“

„In Ordnung, General“, sagte der Funker.

Lydia van Dyke war rund fünfunddreißig Jahre alt und sah um fünf Jahre jünger aus; man kannte sie nur in der distanzierten, kühlen Haltung des hohen militärischen Würdenträgers. Ihr Körper steckte in einer dunklen Uniform, unterhalb der Höhe des Schlüsselbeins befand sich das glitzernde Identitätsschild, eingeteilt in winzige Quadrate: der persönliche Kode des Inhabers.

„Der Sturm blockiert die gesamte Steuerung“, sagte Lydia laut. „Ein Glück, dass wir noch nicht sein Zentrum erreicht haben.“

Der Astrogator ließ seine Blicke langsam über die zerstörten Schirme, über die zersplitterten Gläser der Skalen und über die Farbenpracht auf der runden Platte vor dem Kommandantenpult schweifen, dann sagte er langsam: „Das kann noch kommen, General.“

Das Schiff wurde von einem magnetischen Wirbel erfasst und dem Rand des Sturmausläufers zugetrieben. Der Diskus der HYDRA kippte herum, sich mehrmals überschlagend, und geriet in die Lücke zwischen einige der ausgefaserten Lichtbündel.

„Hyperraumverbindung steht!“, sagte der Funker.

Lydia erkannte die geringe Chance, die das Schiff hatte, und begann einen Kurs nach den wenigen noch intakten Instrumenten einzuschlagen. Die Maschinen rissen die HYDRA aus den gierig züngelnden Lichtfingern heraus, das Schiff beschleunigte jäh.

Während sich der Diskus entlang einer Wand aus lautlosem Feuer verschiedener Farben tastete, schneller und schneller wurde, sagte Lydia mit belegter Stimme: „Hyperraumspruch zur Erde: D ... HS ... dringend, high speed ... hier ist HYDRA mit General van Dyke.“

„Sprechen Sie weiter – wir senden!“, sagte der Funker.

Die HYDRA schien den zupackenden Lichterscheinungen zu entkommen. Sie bogen sich an den Spitzen zusammen und versuchten, das Schiff wieder in ihren mörderischen Griff zu bekommen, aber die HYDRA war schon etwas zu schnell. Das Schiff fegte in einem lichtleeren Zwischenraum dahin.

„Raumschiff HYDRA an alle: Achtung ... in Richtung des Sternbilds der Jagdhunde befindet sich ein Fremdkörper. Es scheint sich um eine schwach leuchtende Sonne oder um einen aufglühenden Planeten zu handeln. Dieser Planet hat eindeutig Kollisionskurs auf das irdische Sonnensystem genommen; er befindet sich bereits innerhalb des Kubus eins/Süd 008. Die errechnete Anfangsgeschwindigkeit dieses Körpers beträgt rund einhundertsechsundvierzigtausend Sekundenkilometer. Es scheint, dass der Planet eine Gluthülle mit sich schleppt, die sich ständig ausweitet. Unsere Geräte wiesen nach, dass jene Hülle die physikalischen Eigenschaften einer Nova besitzt. Dieser Fremdkörper wird binnen einiger Tage die Erdbahn schneiden. Achtung ... General van Dyke an alle ... Notruf von Raumschiff HYDRA.“

Die Notbeleuchtung schaltete sich nur eine Zehntelsekunde später ein, als schlagartig sämtliche Lichter erloschen. Das Wimmern des Antriebs nahm zu, und ein mächtiger Schlag schien das Schiff in zwei Teile spalten zu wollen. Dann schluckte der Hyperraum die HYDRA. Gleichzeitig hörten die drei Menschen einen spitzen, verderbenbringenden Heulton.

Dann – Stille.

Auf den Schirmen waren die farbensprühenden Leuchterscheinungen verschwunden. Mit lähmender Langsamkeit kroch der leuchtende Punkt des Sekundenzeigers über das Zifferblatt des Bordchronometers. Die HYDRA war im Hyperraum, aber die elektronische Einrichtung des Schiffes schien restlos vernichtet zu sein. Lydia drehte ihren Sessel herum und blickte zuerst den Funker an, dann den Astrogator.

„Immerhin sind wir der Gefahr entronnen“, sagte die Frau, als fürchtete sie sich selbst vor dem, was sie aussprach, „von den Magnetfingern des Sturmes zerfetzt zu werden.“

Der Offizier für Raumüberwachung nickte resigniert.

„Dafür schweben wir mit zerstörten und durchgebrannten Instrumenten im Hyperraum“, fuhr General van Dyke fort. „Nehmen Sie die Energie weg!“

Der Erste Offizier vollführte eine Reihe von Schaltungen. Das Schiff schwebte nun langsam durch den Hyperraum, ohne jedes Ziel, die Maschinen schwiegen. Noch reichte die Energie der Bordakkumulatoren, um die Versorgungseinrichtungen zu betreiben. Das dünne Summen der Luftumwälzanlage war deutlich zu hören. Die Beleuchtung brannte, ohne zu flackern.

„Wir müssen also versuchen, die Geräte zu reparieren “, sagte Lydia und sah dem Offizier für Raumüberwachung, ihrem Bordfunker, ins Gesicht. Der Funker nickte leicht verwirrt und deutete auf die Instrumente seines Funkpultes. Von einigen Zifferblättern und Skalen waren die Deckgläser zersplittert.

Andere Instrumente waren tot, nicht einmal die Lampen hinter ihnen brannten mehr. Und – die Blöcke und Elemente von Transistoren, von Widerständen und Kondensatoren, von Leitungen und Verstärkern waren zumindest schwer beschädigt. Man hatte noch nicht unter die Deckel der Pulte und Blöcke gesehen.

„Zuerst brauchen wir ein funktionierendes Hyperfunkgerät “, stellte Lydia fest. „Können wir unsere Geräte mit Bordmitteln vollständig reparieren?“

„Wenn nicht alles zerstört ist“, sagte der Funker. „Wir müssen dann mit diesem Gerät Hilfe herbeirufen. Alles andere ist zweitrangig.“

Der Erste Offizier stand langsam auf und gebrauchte einige geknurrte Verwünschungen. Er betrachtete die Zerstörungen in den anderen Abschnitten der Kommandokanzel. „Ist unser Spruch durchgekommen?“, fragte er über die Schulter zurück.

„Meiner Erfahrung nach – ja!“, erwiderte der Funker schnell. „Die Frage ist, ob die Sendeenergie hoch genug war, den nächsten Satelliten zu erreichen.“

„Immerhin“, sagte Lydia mit halblauter Stimme, „sind wir im Raumkubus eins und somit nicht weit von Terra entfernt. Das bedeutet, dass uns früher oder später ein Schiff erreichen kann.“

„Vermutlich später“, antwortete der Funker. „Wir konnten keine Koordinaten hinterlassen.“

„Das wäre uns auch schwergefallen“, murmelte der Erste und blieb stehen. Er lehnte mit dem Rücken an der runden Wandung des Computereingabegerätes. Die Hand des Offiziers schlug leicht gegen das weißlackierte Metall, und seine Stimme war hoffnungslos.

„Warum?“, fragte Lydia, von einer furchtbaren Ahnung gepackt.

„Weil die Kontrollampen dieses Gerätes hier anzeigen, dass unsere Digitalrechenanlage nicht mehr funktioniert. Wir können sie auf keinen Fall mehr reparieren.“

„Das bedeutet ...“, flüsterte der Funker.

„Das bedeutet“, fuhr der Erste fort, „dass wir mit eigener Kraft keinen einzigen Kurs mehr berechnen können. Dass unser Kurs nicht mehr kontrolliert werden kann, dass wir an einer zufälligen Stelle aus dem Hyperraum hinausfallen. Es kann, bei einigem Unglück, weit außerhalb der Grenzen unseres Herrschaftsbereiches sein.“

Niemand sprach etwas; lange Minuten.

Dann stand Lydia auf. „Männer“, sagte sie beherrscht und kühl. „Verzweiflung hilft uns nicht weiter. Man kann, wenn wir einen Notruf senden, uns auch im Hyperraum anpeilen. Wir sollten weniger nachdenken. Los, an die Arbeit. Ich kümmere mich um die Steuerleitungen.“

Die Steuerleitungen waren verschmort. Fast sämtliche Leitsysteme waren dadurch ausgefallen, und Lydia ersetzte die wichtigsten Leitungen durch katalogisierte Ersatzstücke, die sich in dem kleinen Schiffsmagazin fanden. Das Schiff würde sich selbst im Normalraum nur sehr schwer steuern lassen, aber General van Dyke kannte einige Tricks, die in einem solchen Falle helfen konnten. Jede Verbindung zur Außenwelt war zerstört. Die Raumfunkgeräte waren tot, zerstört. Es war im Augenblick unmöglich, auch nur ein automatisches Notrufzeichen abzustrahlen, gleich, auf welcher Welle. Der Offizier für Raumüberwachung machte sich daran, die Schäden festzustellen. Er sah, dass das Empfangsteil intakt war. Zuerst schloss er eine zweite Zuleitung von der Empfangsantenne an, überprüfte die einzelnen Bauteile und ersetzte ein abgenutztes Teil.

Einige Kontrollschaltungen sagten ihm, dass Funksignale des Hyperraums empfangen, aber nicht beantwortet werden konnten.

„General van Dyke?“ Die Stimme des Funkers klang hohl und verzweifelt; er steckte mit dem Oberkörper in dem Reparaturschacht seines umfangreichen Gerätes.

„Ja?“

„Wir können Hyperraumfunk empfangen. Unsere Sendeanlage ist aber restlos hinüber!“

„Immerhin“, sagte Lydia knapp, „funktionieren noch einige Dinge. Wir werden also nicht ersticken, nicht verhungern, und die Nachrichten können wir auch hören. Lässt sich die Sendeanlage ersetzen?“

„In stundenlanger Arbeit!“

„Ich werde Ihnen helfen, wenn ich mit meinen Leitungen fertig bin. Bauen Sie aus, was zerstört ist.“

„In Ordnung.“

Man hörte nur wenige Geräusche. Das Summen der Umwälzanlage, das Knacken der Heizgitter und das Klappern von elektronischen Instrumenten, von langen, schlanken Schraubenziehern und das Zischen der Lötlampe, mit deren Flamme die Verbindungen abgetrennt wurden. Die meisten aller Kontakte waren ohnedies einfache Steckverbindungen. Die Stunden vergingen, und die HYDRA schwebte im Hyperraum. Niemand konnte den Ort bestimmen, niemand konnte sagen, an welcher Stelle sich das Schiff befand. Und währenddessen raste ein glühender Planet auf das Sonnensystem zu.

*

Das Sternbild der Jagdhunde liegt zwischen denen des Großen Bären, zwischen Bootes und Arkturus, dem Haar der Berenice, im Sektor zwischen 180° und 210° des nördlichen Sternenhimmels, von Terra aus betrachtet. In diesem Sternbild ist ein Objekt sichtbar, das im New General Catalogue die Nummer 5194 trägt: der Spiralnebel im Bild der Jagdhunde. Die Instrumente zeigen einen wunderbar deutlich ausgebildeten Spiralnebel, eine Galaxis, mit ausgeprägten Spiralarmen, einem glühenden Kern und einzelnen Sternen, die den Nebel umgeben. Vor dieser ausdrucksvollen Kulisse, jedoch wesentlich näher an der Erde und deren System, hatte sich eine kosmische Katastrophe abgespielt.

Eine Sonne, die im Bereich einer Linie lag, wenn man diese Linie von Terra bis in das Gebiet des NGC 5194 verlängert, hatte einen ihrer kleinsten Planeten entlassen. Man kannte weder den Namen der Sonne, noch den des Planeten. Der Planet jedenfalls begann aufzulodern und besaß eine unfassbare Geschwindigkeit. Die Instrumente der HYDRA hatten ihn festgestellt, und der Rechner an Bord des Schiffes hatte den Kurs ausgerechnet.

Er führte direkt zur Bahn der Erde, und ein weiterer Vergleich hatte ergeben, dass die beiden Planeten kollidieren würden. Zwei Dinge waren daran mehr als rätselhaft – ganz abgesehen von der tödlichen Gefahr für die menschliche Existenz auf dem Heimatplaneten: 146 000 Sekundenkilometer ...

Und: Der Planet glühte auf, zeigte die Eigenschaften einer detonierenden Sonne ... Der Planet besaß fast die fünftausendfache Geschwindigkeit der Erde. Es war undenkbar, dass diese Geschwindigkeit jemals im Kosmos erreicht wurde, ohne dass fremde Gewalten im Spiel waren. Außerdem loderte der Planet auf. Seine Hülle zeigte die physikalischen Merkmale einer ausbrechenden Nova. Wenn eine Sonne aus inneren Umständen, deren Natur noch nicht geklärt war, einen sehr starken Lichtausbruch zeigte, so nannte man diese Erscheinung Nova.

Der Ausbruch einer Nova erfolgt innerhalb von Stunden, höchstens von Tagen. Die Leuchtkraft des Sterns erreicht im Mittel das 25.000fache ihres Wertes. Da dieser Ausbruch mit Gasgeschwindigkeiten von einigen Tausend km/sec. verbunden ist, wächst der Radius des Sternes um mehr als zwei Potenzen an. Wenn ein Planet diese Merkmale zeigte, so überlegte die Mannschaft der HYDRA, dann ist mit künstlichen Mitteln eine Manipulation vorgenommen worden. General van Dyke hatte nicht lange gezögert und die Meldung abgesetzt, die sämtliche Dienststellen Terras in einen Taumel der Angst und der Nervosität stürzen und die Menschen, falls sie davon erfuhren, in Todesnot bringen würde.

Während die HYDRA halbzerstört im Hyperraum schwebte und die kleine Mannschaft in äußerster Eile die Geräte und Leitungen zu reparieren versuchte, raste der fremde Planet auf die Erde zu. Das, was einst eine Lufthülle gewesen war, glühte in unheilvoller Helligkeit. Die Oberfläche des Planeten begann sich aufzulösen und schuf aus Materie neue Energie. Eine kleine Sonne, deren Intensität von Stunde zu Stunde zunahm, raste auf die Erdbahn zu. Wenn sich jene künstliche Nova entwickelt hatte, würde ein ungeheurer Glutball ins System rasen.

Die Oberflächen sämtlicher Planeten würden von Hitze und Flammen heimgesucht werden, bis auch der letzte Rest von Sauerstoff verbraucht war, bis nicht einmal die Asche der terranischen Wälder und der marsianischen Moose mehr vorhanden war ... Jetzt, in dieser Sekunde, wussten nur einige wenige von dieser Meldung. Einer von ihnen war der Diensthabende im Bereitschaftsdienst des Galaktischen Sicherheitsdienstes. Er verzichtete darauf, die Meldung auf dem Dienstweg weiterzugeben. Er nahm die Folie, die aus dem Schreiber des Hyperraumfunkgerätes gerutscht war, in die Hand und rannte los, dem Büro von Oberst Villa zu.

*

Das Privatbüro von Oberst Villa, dem Chef des galaktischen Sicherheitsdienstes, spiegelte die Wesensart seines Besitzers wider. Villa, ein kleiner, beweglicher Mann von sechzig Jahren, saß hinter seinem breiten Schreibtisch und sah überrascht auf, als der Mann vom Bereitschaftsdienst hereinstürzte. Die Lichtflutbarriere, die Villa gegen unbefugte Eindringlinge schützte, flackerte wütend auf und erlosch, dann prallte sie hinter dem Kurier wieder aus den Projektionsleisten.

„Ja, bitte?“, sagte Villa mit seiner müden, ironischen Stimme.

„Oberst – lesen Sie das hier!“, stieß der Mann hervor. Er war aschfahl und aufgeregt.

Villa betrachtete den Mann mit hochgezogenen Brauen. Dann hob Villa die Hand und nahm den schmalen Plastikstreifen entgegen. Mit ausdruckslosem Gesicht las er den Text. „Wer, außer Ihnen, weiß noch von diesem Spruch?“, fragte er dann ruhig.

Der Mann zuckte mit den Schultern. „Vermutlich die Besatzungen der verschiedenen Relaisstationen, die den Spruch weitergeleitet haben. Sicher jedenfalls Meyers in Earth Outer Space Station IV. Warum fragen Sie?“

„Weil wir nicht riskieren können, dass die Weltöffentlichkeit jetzt davon erfährt. Die Panik wäre zu groß.“

Der Mann vom Bereitschaftsdienst nickte verständnisvoll. „Was soll ich also tun?“, fragte er nach einigen Sekunden. Ein überlegener Blick aus den grauen Augen des Obersten traf ihn.

„Nichts!“, erwiderte Villa.

„Wirklich nichts?“

„Nein. Gehen Sie wieder zurück, machen Sie Ihren Dienst weiter und sagen Sie niemandem etwas von dieser Meldung.“

„Aber, Oberst“, sagte der Mann, „dieser Irrläufer wird mit der Erde zusammenstoßen!“

Villa lächelte kühl. „Das ist noch nicht bewiesen. Und außerdem haben wir mit der Gefahr noch nicht sofort zu rechnen. Wir haben noch Zeit.“

„Und was geschieht, während der Planet weiterrast?“, fragte der Mann, der regungslos vor dem Schreibtisch stand und Villa ins Gesicht sah.

„Wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren, von einem kosmischen Geschoss zerstört zu werden“, sagte Villa ruhig. „Schließlich haben wir einige Flotten und die entsprechenden Männer dazu. Sie können beruhigt sein, mein Freund, dass wir keinerlei Interesse an unserem eigenen Tod haben“, schloss er. Sein Gegenüber salutierte und verließ den Raum.

Villa lehnte sich zurück und ließ die Situation und deren Auswirkungen an sich vorüberziehen. Während er dies tat, betrachtete er die große, runde Projektion des terranischen Herrschaftsgebietes, der Raumkugel von neunhundert Parsek Durchmesser, eingeteilt in zehn Schalen zu je fünfundvierzig Parsek. Aus dem unteren Teil, aus einem Bereich, der wie eine geviertelte Kugel aussah – feine Striche teilten ihn von den übrigen Ausschnitten ab – näherte sich ein strahlender Punkt. Man sah ihn noch nicht; die Suchgeräte hatten ihn noch nicht erfasst.

Er würde nicht mehr lange warten müssen, dachte Villa, bis sich ein flammender Punkt dem absoluten Zentrum jener Kugel nähern würde. Auf sämtlichen Sternkarten der Erde. Dann drückte Oberst Villa auf einen Knopf, der sein Videophon mit dem Gerät seines Vorzimmers verband. Eine Sichtscheibe flammte auf und der Oberkörper der Ordonnanz zeichnete sich ab.

„Sir? Was wünschen Sie?“

„Kommen Sie herein. Wir haben eine delikate Situation zu klären.“

Der Schirm verblasste. Villa lehnte sich wieder zurück und legte die Fingerspitzen beider Hände gegeneinander. Dann brach die Lichtflutbarriere zusammen und die Ordonnanz trat an den Schreibtisch.

ZWEI

Groote Eylandt ... es war später Vormittag. Die Sonne stach senkrecht herunter, und die Oberfläche des Wasserbeckens schimmerte wie Silber. Es war windstill, und im Schatten des weit vorgezogenen Daches sah man nichts anderes als einen riesigen Stuhl und eine Lautsprecherkugel, die von der Decke herunterhing. Cliff Allistair McLane lag, nur mit einer weißen Badehose bekleidet, im Stuhl und las. Er hatte einen Stapel von Taschenbüchern neben sich auf die breite Lehne des Stuhles gelegt und war beim zweiten Band angelangt.

Aus der Kugel, die sich langsam drehte, hörte McLane Musik. Ein Speicherchip, irgendwo im Wohnbereich seines Bungalows eingespannt, gab die gespeicherten Informationen an einen Verstärker weiter, von dem aus eine Leitung bis zur Lautsprecherkugel führte. Von Tamara war McLane auf den Komponisten aufmerksam gemacht worden – während des Einsatzes, in dem die ORION VII die Situation auf MZ 4 geklärt hatte.

Tomas Peter ... dangerous stars.

McLane legte den Kopf zur Seite und sah hinauf in den blauen Himmel, über den die Wolken zogen; sie schienen sich nur um Millimeter zu bewegen, so gering war der Wind. Australiens Nordspitze, eine der gigantischen Raumbasen der Erde, lag unter der Sommersonne. Kein Düsenschiff in der Luft, kein landendes Raumschiff, nichts. Außer einschläfernde Ruhe. McLane und seine Mannschaft hatten den üblichen Urlaub zwischen den Einsätzen, und da er nicht wusste, was für ein idiotischer Auftrag als nächste Heimsuchung über die ORION VII kommen würde, hielt der Commander es für angebracht, seine Nerven zu stärken, wann immer es ging.

Tamara sorgte schon dafür, dass er sie strapazierte. Die Musik schläferte ein – trotz des aufregenden Titels. Aber an diesem späten Vormittag war alles angetan, einzuschläfern: die Musik, die Hitze, das lange, ausgiebige Frühstück, die Ruhe in dem bequemen Stuhl, in dem sein Körper förmlich verschwand, die Gedanken an eine gewisse Blondine, mit der er sich abends treffen wollte ... alles.

Cliff schlief ein. Mit einem klatschenden Geräusch fiel das Taschenbuch auf die kühlen Steine der Terrasse. Cliff träumte ... Er saß am Steuerpult des Schiffes, und die ORION fegte ohne Antrieb und mit ausgefallenen Systemen dem Boden eines Planeten entgegen, den er nicht kannte. Die Berge rasten unter dem Schiff dahin, die Geschwindigkeit wurde höher und höher. Hinter den Bergen begann eine Sandwüste, die sich in langen Reihen von Dünen bis an ein grünes Meer erstreckte. Auf der großen Scheibe des runden Sichtschirms sah Cliff die Wogenkämme und die Brecher der heranrollenden Brandung.