Platon, Gettier und die Philosophie des Wissens - Robert Maschmann - E-Book

Platon, Gettier und die Philosophie des Wissens E-Book

Robert Maschmann

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Beschreibung

Im Rahmen dieses Buches soll der Begriff des Wissens folgendermaßen definiert sein: Eine Person hat Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, wenn sie die wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung hat, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt. An dieser klassischen Definition des Wissens werde ich, trotz aller Einwände dagegen, hier in diesem Buch entschieden festhalten, da diese Definition meiner Ansicht nach die notwendigen wie auch die hinreichenden Bedingungen dafür formuliert, um einer Person das Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts zuzuschreiben. Diese Bestimmung des Begriffs des Wissens als wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts geht letztlich auf Platon zurück, der diese Begriffsbestimmung unter anderem im Dialog "Theätet" und im Dialog "Menon" entwickelt (hat). Es ist genau diese Konzeption von Wissen als die wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, die Edmund L. Gettier in seinem berühmten Aufsatz "Is Justified True Belief Knowledge?" von 1963 angegriffen und in dem er scheinbar gezeigt hat, dass diese Definition des Wissens unvollständig ist. Aus diesem Grund werden alle, die sich mit der Philosophie der Erkenntnis und des Wissens beschäftigen, früher oder später auf die sogenannten Gettier-Fälle bzw. auf das sogenannte Gettier-Problem stoßen. Die Gettier-Fälle werden im Rahmen der Philosophie des Wissens und der Philosophie der Erkenntnis deshalb für so relevant erachtet, weil sie (angeblich) zeigen, dass eine Person eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts haben kann, ohne zu wissen, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt. Ich wiederum zeige in diesem Buch, dass Gettier anhand dieser zwei Fälle nicht gezeigt hat, dass diese klassische Definition des Wissens unvollständig ist und einer Ergänzung bedarf. Ebenso bin ich überzeugt davon, dass sich prinzipiell kein Fall konstruieren lässt, der zeigt, dass eine Person eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts hat und diese Person zugleich nicht weiß, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt.

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Robert Maschmann

Platon, Gettier und die Philosophie des Wissens

Das Gettier-Problem als logisches, epistemologisches und erkenntnistheoretisches Scheinproblem

© 2023 Robert Maschmann

ISBN Softcover:

978-3-347-83938-0

ISBN Hardcover:

978-3-347-83939-7

ISBN E-Book:

978-3-347-83940-3

ISBN Großschrift:

978-3-347-83941-0

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 DIE EPISTEMOLOGISCHE TERMINOLOGIE

2.1 DAS EPISTEMISCHE SUBJEKT

2.2 DIE EPISTEMISCHE BESTIMMUNG

2.3 DAS EPISTEMISCHE BEKENNTNIS

2.4 DIE EPISTEMISCHe BEZIEHUNG

2.5 DIE EPISTEMISCHEN MODI

2.6 DIE EPISTEMISCHE DAUER

2.7 DER EPISTEMISCHE BEOBACHTER

2.8 DAS EPISTEMISCHE BEZUGSSYSTEM

2.9 DAS ABSOLUTE WISSEN

2.10 EIN ZUSAMMENFASSENDES BEISPIEL

3 DIE KLASSISCHE KONZEPTION DES WISSENS UND GETTIERS GEGENBEISPIELE

3.1 WISSEN ALS WAHRE UND EPISTEMISCH GERECHT- FERTIGTE ÜBERZEUGUNG

3.2 DIE GETTIER-FÄLLE

3.2.1 JONES, EINe STELLE UND 10 MÜNZEN

3.2.2 JONES, DER FORD UND EIN GEWISSER BROWN, DER IN BARCELONA IST

4 DIE ANALYSE DER GETTIER-FÄLLE

4.1 Die ANALYSE DES ERSTEN GETTIER-FALLES

4.2 Die ANALYSE DES ZWEITEN GETTIER-FALLES

5 GETTIER-ÄHNLICHE FÄLLE

5.1 DIE STEHENGEBLIEBENE UHR

5.2 DIE SCHEUNENATTRAPPEN

6 ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSBE- TRACHTUNG

LITERATURHINWEISE

1 Einleitung

Alle diejenigen, die sich mit Philosophie beschäftigen, kennen das Diktum des Aristoteles, dass alle Menschen von Natur aus nach Wissen streben (vergl. Aristoteles, Met. 980a21).

Dieses Streben der Menschen nach Wissen ist nur allzu verständlich, da schon allein das bloße Überleben von Menschen ohne Wissen über die Welt und die Wirklichkeit, in der sie leben (müssen), schlicht nicht vorstellbar ist.

Damit stellt sich aber nicht nur in philosophischer Hinsicht im Anschluss an dieses Diktum des Aristoteles notwendigerweise sofort die Frage, wie und woran denn Menschen überhaupt erkennen können, dass sie nicht mehr nur nach Wissen streben, sondern tatsächlich schon über Wissen verfügen, um dieses Wissen dann (auch) zu einer zuverlässigen Grundlage für ihr Handeln machen zu können.

Diese Frage danach, wie Menschen erkennen und begreifen können, ob sie über Wissen verfügen, ist aber nun eine durch und durch philosophische Frage. Denn eine philosophische Frage, die den Inhalt eines bestimmten Begriffs (hier den des Wissens) in Frage stellt, ist stets eine grundsätzliche Frage, deren Antwort unabhängig von empirischen Zufälligkeiten und kontingenten Bedingungen darüber Auskunft geben soll, was denn bezüglich dieses bestimmten Begriffs der notwendige und hinreichende Begriffsinhalt ist. Die Philosophie fragt eben nicht, wie dieses oder jenes Wissen zustande kommt oder erschöpft sich in einem mehr oder weniger vielfältigen Sammelsurium von Beispielen, die aufzeigen sollen, was man unter Wissen verstehen kann oder auch nicht. Die Philosophie fragt, was Wissen überhaupt ist, wie Wissen prinzipiell zustande kommt und ob Menschen grundsätzlich dazu in der Lage sind, etwas zu wissen und versucht diese Fragen dann im Rahmen einer Erkenntnistheorie oder einer Philosophie des Wissens zu beantworten.

Im Rahmen dieses Textes soll der Begriff des Wissens nun folgendermaßen definiert sein: Eine Person hat Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, wenn sie die wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung hat, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt. Das Wissen einer Person basiert also stets auf einem Urteil dieser Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts. An dieser Definition des Wissens werde ich, trotz aller Einwände dagegen, hier in diesem Text entschieden festhalten, da diese Definition meiner Ansicht nach die notwendigen wie auch die hinreichenden Bedingungen dafür formuliert, um einer Person das Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts zuzuschreiben.

Diese Bestimmung des Begriffs des Wissens als wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts geht letztlich auf Platon zurück, der diese Begriffsbestimmung unter anderem im Dialog „Theätet“ und im Dialog „Menon“ entwickelt (hat) (vergl. Platon: Theätet; 201c ff und Platon: Menon; 98a ff). Diese Definition des Wissens werde ich im folgenden Text auch als die klassische Definition des Wissens bezeichnen.

Im weiteren Verlauf dieses Textes wird sich

1. zum einen zeigen, dass es sich bei dieser klassischen Definition des Wissens um eine ideale Definition des Wissens handelt, die nur in konstruierten epistemischen Situationen wie etwa denen der Gettier-Fälle Anwendung finden kann und es wird sich

2. zum anderen auch zeigen, dass es zwar nicht notwendig ist, diese Definition des Wissens abzuändern oder zu ergänzen, diese Definition des Wissens aber zu wenig differenziert ist, um das unmögliche, das mögliche oder auch das tatsächliche Wissen von Personen sowohl in nicht konstruierten wie auch in konstruierten epistemischen Situationen beschreiben und analysieren zu können.

Im weiteren Verlauf dieses Textes werde ich noch genau erläutern, wie man nicht konstruierte epistemische Situationen von konstruierten epistemischen Situationen wie etwa den Gettier-Fällen unterscheiden kann.

Zunächst muss ich jedoch im weiteren Verlauf dieses Textes noch einen undifferenzierten Begriff des Wissens verwenden, da ich für eine weitere Differenzierung zuerst eine differenzierte epistemologische Terminologie entwickeln muss, um den Begriff des Wissens dann sowohl in nicht konstruierten wie auch in konstruierten epistemischen Situationen präzise fassen und erfassen zu können.

Dennoch lassen sich die wesentlichen Elemente dieser klassischen Definition des Wissens, die auch bei einer differenzierteren Betrachtungsweise dieser Definition weiterhin gelten, folgendermaßen darstellen:

Zum einen muss eine Person, die Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts hat, eine wahre Meinung über das Vorliegen dieses Sachverhalts haben.

„Für Platon steht es außer Frage, dass derjenige, der Wissen über einen Gegenstand besitzt, hierüber auch eine wahre Meinung hat“ (Brendel 2013; S. 27).

Die Begründung für dieses Merkmal von Wissen ist einfach. Man kann zwar wissen, dass eine Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts falsch ist, aber man kann keinen Sachverhalt wissen, der gar nicht vorliegt. Keine Person kann wissen, dass Regensburg die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist, weil Regensburg schlicht nicht die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist. Die Überzeugung, Regensburg sei die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, ist falsch. Eine Person kann aber wissen, dass es falsch ist, dass Regensburg die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist.

Zum anderen muss eine Person, die Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts hat, ihre wahre Meinung darüber auch begründen bzw. rechtfertigen können.

„Nur derjenige, so Platon, der seine wahre Meinung auch begründen kann, d.h. mittels guter Gründe erklären kann, warum seine Meinung wahr ist, verfügt über Wissen. Wissen ist nach Platon epistemisch wertvoller als bloße Meinung“ (Brendel 2013; S. 27).

Im folgenden Text werde ich aber nicht nur von einer Meinung, sondern stets von der Überzeugung einer Person, also von einem subjektiv nicht bezweifelten und einem subjektiv gewissen Fürwahrhalten des Vorliegens eines bestimmten Sachverhalts durch diese Person sprechen. Eine Meinung zu haben bedeutet für eine Person zwar auch ein gewisses Fürwahrhalten eines bestimmten Sachverhalts, aber eine Person kann eine Meinung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts haben und diese Meinung gleichzeitig auch anzweifeln, sich also über die Wahrheit dieser Meinung nicht sicher sein. Mit anderen Worten: Der Begriff der Überzeugung ist der affirmativ wesentlich stärkere Begriff als der Begriff der Meinung.

Das Merkmal der Rechtfertigung unterscheidet Wissen von Wahrheit. Ein bestimmter Sachverhalt kann vorliegen, ohne von einer Person gewusst zu werden. Aber ein bestimmter Sachverhalt wird von einer Person nicht gewusst, wenn diese Person das Vorliegen dieses Sachverhalts zwar behauptet, aber diese Person nicht begründen kann, warum sie überzeugt ist, dass dieser Sachverhalt vorliegt. Das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, den eine Person als vorliegend behauptet, ist also allein nicht ausreichend für das Wissen dieser Person über das Vorliegen dieses Sachverhalts, da es z.B. sein kann, dass eine Person das Vorliegen dieses Sachverhalts bloß erraten hat.

Hat eine Person also Wissen über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, dann hat diese Person eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt.

Es ist, wie schon erwähnt, sehr sinnvoll, an der klassischen Definition des Wissens festzuhalten, da sie die notwendigen wie auch die hinreichenden Bedingungen für Wissen formuliert. Diese werde ich, wie gesagt, im weiteren Verlauf dieses Textes auch noch ausführlich erörtern, denn es ist genau diese Konzeption von Wissen als die wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts, die Edmund L. Gettier in seinem berühmten Aufsatz von 1963 (vergl. Gettier 1963) angegriffen und in dem er scheinbar gezeigt hat, dass diese Definition des Wissens unvollständig ist. Aus diesem Grund werden alle, die sich mit der Philosophie der Erkenntnis und des Wissens beschäftigen, früher oder später auf die sogenannten Gettier-Fälle bzw. auf das sogenannte Gettier-Problem stoßen.

Die Gettier-Fälle werden im Rahmen der Philosophie des Wissens und der Philosophie der Erkenntnis deshalb für so relevant erachtet, weil sie (angeblich) zeigen, dass eine Person eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts haben kann, ohne zu wissen, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt. Oder, anders gewendet: Das Gettier-Problem besteht darin, dass eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts zwar eine notwendige, aber (scheinbar) keine hinreichende Bedingung dafür ist, dass diese Person weiß, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt.

Gettier hat diesen scheinbaren Beweis der Unvollständigkeit der klassischen Definition des Wissens in seinem oben schon erwähnten Aufsatz von 1963 anhand zweier Fälle durchgeführt. Ich wiederum werde in diesem Text darlegen, dass Gettier anhand dieser zwei Fälle nicht gezeigt hat, dass die klassische Definition des Wissens unvollständig ist und einer Ergänzung bedarf. Mein Ziel ist es also nicht zu zeigen, dass die wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts unter allen Umständen eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür ist, dass diese Person Wissen über das Vorliegen dieses Sachverhalts hat, obwohl ich davon überzeugt bin, dass sich prinzipiell kein Fall konstruieren lässt, der zeigt, dass eine Person eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts hat, ohne dass diese Person nicht zugleich auch weiß, dass dieser Sachverhalt tatsächlich vorliegt. Mein Ziel ist es nur zu zeigen, dass Gettier nicht gezeigt hat, dass eine Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts eine wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung haben kann, ohne zu wissen, dass dieser bestimmte Sachverhalt auch vorliegt.

Nun hat die philosophische Darstellung, Erörterung und Analyse einer bestimmten These oder einer bestimmten Fragestellung grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung: die Entwicklung und Verwendung adäquater Begriffe und begründeter Argumente. Allerdings werde ich im folgenden Text dann nicht mehr von Begriffen, sondern von einer epistemologischen Terminologie sprechen, um die mit dem sprachlichen Zeichen „Begriff“ verbundenen Konnotationen zu vermeiden und um einen unverstellten Blick auf das sprachliche Zeichen „Wissen“ und dessen Gebrauch zu erhalten. In diesem Sinne werde ich (wie weiter oben schon erwähnt) im Rahmen dieses Textes eine teils bekannte, teils neue epistemologische Terminologie zur Analyse von Situationen erläutern und einführen, in denen es um die Frage geht, ob Personen in diesen Situationen über das Vorliegen bestimmter Sachverhalte Wissen haben oder nicht. Dabei werde ich diese epistemologische Terminologie nur so weit entwickeln und erörtern, wie dies für die Analyse der Gettier-Fälle notwendig und erforderlich ist.

Diese epistemologische Terminologie wird in ihrer notwendigen Allgemeinheit zunächst vielleicht etwas abstrakt anmuten. Deshalb habe ich versucht, die notwendige Abstraktheit dieser Terminologie mit möglichst anschaulichen Beispielen zu konkretisieren. Diese epistemologische Terminologie wird jedoch ihre Nützlichkeit bei der Analyse der Gettier-Fälle und dem Nachweis, dass es sich bei dem Gettier-Problem um ein Scheinproblem handelt, sehr schnell zeigen. Denn die Gettier-Fälle sind zwar nicht sonderlich kompliziert, aber sie sind doch hinsichtlich der Dynamik der in ihnen vorkommenden Sachverhalte erstaunlich komplex, insbesondere dann, wenn man versucht, sie sorgfältig und in allen Details zu analysieren. Diese Komplexität resultiert auch aus dem Umstand, dass es sich bei den Gettier-Fällen letztendlich um soziale Situationen handelt, in denen die unterschiedlichen, in diesem Fall epistemischen Perspektiven der darin vorkommenden fiktiven Personen in Relation zueinander betrachtet werden müssen. Insofern benötigt man auch eine differenzierte epistemologische Terminologie, um dieser (epistemischen) Komplexität der Gettier-Fälle gerecht zu werden.

Hat man eine solche differenzierte epistemologische Terminologie zur Verfügung und ist man dann mit dieser Terminologie in der Lage, die Komplexität der Gettier-Fälle in angemessener Weise zu erfassen, dann stellt sich recht schnell auch ein gewisses Erstaunen darüber ein, wie es überhaupt möglich war, dass man auf die Idee kommen konnte, die Gettier-Fälle würden die klassische Definition des Wissens ins Wanken bringen. Aber es wird sich auch recht schnell zeigen, welche Mängel in der bisherigen Analyse der Gettier-Fälle zu der Annahme geführt haben, Gettier hätte gezeigt, dass die klassische Definition des Wissens unvollständig ist.

Mit Hilfe der von mir entwickelten epistemologischen Terminologie werde ich dann auch die Bestimmung des sprachlichen Zeichens „Wissen“ als wahre und epistemisch gerechtfertigte Überzeugung einer Person über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts reformulieren (aber nicht neu bestimmen), um herauszuarbeiten, was mit diesem sprachlichen Zeichen, dessen Bedeutung weiter oben ja nur in einem kurzen Überblick erörtert wurde, nun genau gemeint ist.

Darüber hinaus habe ich auch versucht, im Zuge der Entwicklung dieser epistemologischen Terminologie konsequent der Einsicht Kants zu folgen, dass das von einer Person durch ihr Begreifen dann Begriffene (z.B. „ein Gegenstand“) allein ihre je eigene und sonst keine andere Anschauung in Verbindung mit dem sprachlichen Zeichen „Gegenstand“ ist. Oder, wie Kant es formuliert hat:

„(…) die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt sind zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung (…)“ (KrV B 197).

Im Anschluss an die Entwicklung dieser epistemologischen Terminologie und nach einer kurzen Darstellung der von Gettier in seinem Aufsatz geschilderten Fälle werde ich diese Fälle dann mit der von mir entwickelten epistemologischen Terminologie ausführlich analysieren und im Zuge dieser Analyse widerlegen, dass diese Fälle die Unvollständigkeit der klassischen Definition des Wissens zeigen können. Dies gilt in gleicher Weise auch für alle die Fälle, die in der Nachfolge der von Gettier vorgebrachten Fälle entwickelt wurden.

Denn neben den Gettier-Fällen gibt es darüber hinaus noch eine Reihe anderer Beispiele, die nach dem Schema der Gettier-Fälle konstruiert wurden und die ebenfalls zeigen sollen, dass die klassische Definition des Wissens unvollständig und auch nicht zu „reparieren“ ist. Dazu gehören etwa das Beispiel mit einer stehengebliebenen Uhr und das Beispiel mit Scheunenattrappen. Wer sich mit der Philosophie des Wissens und mit der Philosophie der Erkenntnis beschäftigt (hat), der wird diese Beispiele sicherlich kennen. Ich werde auf diese beiden Beispiele nach der Analyse der Gettier-Fälle ebenfalls noch eingehen und zeigen, dass auch diese Beispiele nicht in der Lage sind, die klassische Definition des Wissens ins Wanken zu bringen.

2 Die epistemologische Terminologie

Um nun im weiteren Verlauf dieses Textes aufzeigen zu können, dass die Gettier-Fälle lediglich ein epistemologisches Scheinproblem aufwerfen, führe ich zum Zweck einer genauen Analyse dieser Fälle folgende grundlegende epistemologische Terminologie ein:

2.1 Das epistemische Subjekt

Werden von mir im nachfolgenden Text die sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ formuliert, dann wird von mir mit der Formulierung dieser sprachlichen Zeichen ein mit diesen sprachlichen Zeichen zu Begreifendes in der Art und Weise zum Ausdruck gebracht, dass dieses mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ dann Begriffene Wissen hat, Wissen erwirbt bzw. auch nur glaubt, ein bestimmtes Wissen zu haben bzw. zu erwerben, indem durch die Formulierung der sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ das mit diesen sprachlichen Zeichen zu Begreifende von mir auch so zum Ausdruck gebracht wird, dass dieses mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ dann Begriffene ein von ihm je schon Begriffenes mit sprachlichen Zeichen negieren und damit begreifen und das von ihm dann so Begriffene als Erscheinung des Nichtbegriffenen dieses von ihm je schon Begriffenen durch sprachliche Zeichen formulieren kann.

Damit ist das mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ zu Begreifende zum einen als in einer bestimmten Art und Weise dann Begriffenes wie auch zum anderen als die Bedingung der Möglichkeit zu begreifen, ein von ihm je schon Begriffenes in einer bestimmten Art und Weise mit einem sprachlichen Zeichen zu negieren und damit zu begreifen.

„In der traditionellen Erkenntnistheorie wird unter einem epistemischen Subjekt meist ein einzelnes Individuum aufgefasst, das in der Lage ist, propositionale Einstellungen in Form von Meinungen und Überzeugungen auszubilden“ (Brendel 2013; S. 29).

Die Verwendung der von mir in diesen Formulierungen zur Verwendung der sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ verwendeten sprachlichen Zeichen, insbesondere die Verwendung der sprachlichen Zeichen „das Begriffene“, „das Begreifen“ und „das Nichtbegriffene“ werde ich im nachfolgenden Text gleich noch ausführlicher erläutern.

Werden von mir die sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ im Rahmen dieses Textes ohne eine nähere Bestimmung formuliert, dann soll damit stets ein deutschsprachiges epistemisches Subjekt gemeint sein. Dies ist deshalb von Bedeutung, da die sprachliche Verschiedenheit epistemischer Subjekte bei der Erörterung der Bedingungen der Möglichkeit eines epistemischen Subjekts, ein von ihm dann Begriffenes mit dem sprachlichen Zeichen „wahr“ als wahr zu begreifen, eine Rolle spielen wird.

Wird von mir im folgenden Text ein mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ zu Begreifendes formuliert, dann beziehe ich mich dabei stets aufmich selbst als ein von mir mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ dann Begriffenes, wobei die sprachlichen Zeichen „von mir“ und „ich“ die von mir nicht zu begreifende Bedingung der Möglichkeit formulieren, ein von mir je schon Begriffenes zu negieren und als ein dann Begriffenes als Erscheinung des Nichtbegriffenen dieses von mir je schon Begriffenen zu begreifen. Mit anderen Worten: Ich kann mein Begreifen zwar durch das Begreifen eines von mir dann Begriffenen begreifen, aber nicht als Begreifen an sich als die Bedingung der Möglichkeit meines Begreifens. Ich kann deshalb nur und ausschließlich mich selbst als ein mit den sprachlichen Zeichen „epistemisches Subjekt“ dann Begriffenes in der Art und Weise begreifen, dass ich als dieses dann Begriffene ein je schon von mir Begriffenes mit sprachlichen Zeichen negieren und damit begreifen kann, weil ich zwar ein je schon von mir Begriffenes mit den sprachlichen Zeichen „anderes epistemisches Subjekt“ negieren und als ein anderes epistemisches Subjekt begreifen kann, ich aber niemals begreifen kann, ob dieses von mir als ein anderes epistemisches Subjekt dann Begriffene so wie ich (präziser: so wie ich mein Begreifen begriffen habe) ein von ihm je schon Begriffenes mit sprachlichen Zeichen negieren und als ein dann Begriffenes begreifen kann. Allerdings wird ein von mir mit den sprachlichen Zeichen „anderes epistemisches Subjekt“ dann Begriffenes stets aufgrund einer Fülle von mir begriffenen Indizien für absolut gehalten in dem Sinne, dass dieses von mir mit den sprachlichen Zeichen „anderes epistemisches Subjekt“ dann Begriffene unabhängig (also absolut) von meinem Begreifen ein anderes epistemisches Subjekt ist (als ein anderes epistemischen Subjekt existiert) und es damit so wie ich selbst ein von ihm je schon Begriffenes mit sprachlichen Zeichen negieren und damit als ein von ihm dann Begriffenes als Erscheinung des Nichtbegriffenen dieses von ihm je schon Begriffenen begreifen kann, obwohl ich ebenfalls niemalsbegreifen kann, dass dieses von mir mit den sprachlichen Zeichen „anderes epistemisches Subjekt“ dann Begriffene ein epistemisches Subjekt ist. Insofern werde ich im folgenden Text stets ganz allgemein über epistemische Subjekte so sprechen, als ob sie als epistemische Subjekte absolut sind. Auf diese Zusammenhänge werde ich im Verlauf dieses Textes immer wieder auch noch ausführlicher zu sprechen kommen.

Werden von mir im folgenden Text die sprachlichen Zeichen „sprachliches Zeichen“ in Zusammenhang mit einem Signifikanten formuliert, dann wird dadurch von mir die Verwendung dieses Signifikanten als sprachliches Zeichen in einer bestimmten Sprache zum Ausdruck gebracht. Werden von mir im folgenden Text Signifikanten als sprachliche Zeichen auch ohne den Zusatz „sprachliches Zeichen“ mit Anführungszeichen formuliert, dann ist damit der Signifikant als sprachliches Zeichen zu begreifen. Der Signifikant „Apfel“ ist damit auch in der Formulierung „Apfel“ als sprachliches Zeichen „Apfel“ zu begreifen.

Wird von mir im folgenden Text das sprachliche Zeichen „Signifikant“ im Zusammenhang mit einem anderen sprachlichen Zeichen formuliert, dann wird von mir mit der Formulierung dieses sprachlichen Zeichens „Signifikant“ das mit dem sprachlichen Zeichen „Lautbild“ zu Begreifende dieses anderen sprachlichen Zeichens zum Ausdruck gebracht.

Das mit dem sprachlichen Zeichen „Bild“ des sprachlichen Zeichens „Signifikant“ dann Begriffene ist „Signifikant“. Das mit dem sprachlichen Zeichen „Laut“ des sprachlichen Zeichens „Signifikant“ dann Begriffene kann begriffen werden, indem „Signifikant“ gesprochen oder gelesen wird.

Wird von mir im folgenden Text das sprachliche Zeichen „Signifikat“ im Zusammenhang mit einem anderen sprachlichen Zeichen formuliert, dann werden von mir mit der Formulierung des sprachlichen Zeichens „Signifikat“ die Bedingungen der Möglichkeit zum Ausdruck gebracht, die ein epistemisches Subjekt begriffen oder zu begreifen hat, um ein von ihm je schon Begriffenes mit diesem anderen sprachlichen Zeichen zu negieren und damit zu begreifen und dieses andere sprachliche Zeichen in einer bestimmten Sprache zur Formulierung des von diesem epistemischen Subjekt mit diesem anderen sprachlichen Zeichen dann Begriffenen zu verwenden. Diese Bedingungen der Möglichkeit, die ein epistemisches Subjekt begriffen hat, um ein von ihm je schon Begriffenes mit einem sprachlichen Zeichen zu negieren und damit zu begreifen und dieses sprachliche Zeichen zur Formulierung eines von ihm dann Begriffenen zu verwenden, erlernt ein epistemisches Subjekt, indem es lernt, in einer bestimmten Sprache zu begreifen und zu formulieren, wobei diese Bedingungen der Möglichkeit zu begreifen und zu formulieren wiederum (nur) durch die Formulierung sprachlicher Zeichen zum Ausdruck gebracht werden können. Damit werden etwa durch die Formulierung des sprachlichen Zeichens „Signifikat“ im Zusammenhang mit dem sprachlichen Zeichen „Signifikat“ (das Signifikat von „Signifikat“) die Bedingungen der Möglichkeit der Formulierung und Verwendung dieses sprachlichen Zeichens „Signifikat“ durch ein epistemisches Subjekt in der deutschen Sprache zum Ausdruck gebracht. Das Signifikat von „Signifikat“, das damit zum Ausdruck gebracht wird, ist dabei die von einem epistemischen Subjekt begriffene oder zu begreifende Möglichkeit, dieses sprachliche Zeichen „Signifikat“ in der deutschen Sprache zur Bezeichnung der Bedingungen der Möglichkeit zu verwenden, welche die Verwendungsweise und die Formulierung eines beliebigen sprachlichen Zeichens in einer beliebigen Sprache bestimmen.

Wird von einem epistemischen Subjekt z.B. das sprachliche Zeichen „Apfel“ formuliert, dann umfasst dieses sprachliche Zeichen den Signifikanten „Apfel“ als das mit „Lautbild“ zu Begreifende dieses sprachlichen Zeichens „Apfel“ wie auch das mit „Signifikat“ zu Begreifende des Signifikanten „Apfel“. Das mit "Signifikat“ zu Begreifende des Signifikanten „Apfel“ sind die Bedingungen der Möglichkeit, die ein epistemisches Subjekt begreift, begriffen oder zu begreifen hat, um mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ ein von ihm je schon Begriffenes als „Apfel“ zu negieren und damit als Apfel zu begreifen und das so von ihm mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ dann Begriffene zu formulieren. Formuliert ein epistemisches Subjekt das sprachliche Zeichen „Apfel“, dann kann es ein von ihm mit diesem sprachlichen Zeichen „Apfel“ dann Begriffenes zum Ausdruck bringen. Mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ kann ein epistemisches Subjekt damit ein von ihm je schon Begriffenes begreifen, das dann Begriffene formulieren, das dann Begriffene als Begriffenes konservieren und durch die wiederholbare Formulierung des sprachlichen Zeichens „Apfel“ das vormals dann Begriffene reproduzieren. Die Formulierung des sprachlichen Zeichens „Apfel“ wie auch die Bedingungen der Möglichkeit der Formulierung eines mit „Apfel“ dann Begriffenen wie auch die Bedingungen der Möglichkeit, ein von ihm je schon Begriffenes mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ zu negieren und damit zu begreifen lernt ein epistemisches Subjekt, wenn es lernt, wie der Signifikant „Apfel“ als sprachliches Zeichen zu verwenden ist.

Das von einem epistemischen Subjekt dann Begriffene ist somit als die Negation eines von diesem epistemischen Subjekt je schon Begriffenen mit sprachlichen Zeichen zu begreifen, wobei das von dem epistemischen Subjekt dann Begriffene als eine Erscheinung des Nichtbegriffenen des von dem epistemischen Subjekt je schon Begriffenen durch dessen Negation zu begreifen ist. Dieser Zusammenhang soll nun im folgenden Text genauer erläutert werden.

Werden von mir im folgenden Text also die sprachlichen Zeichen „das Nichtbegriffene“ formuliert, dann wird von mir durch die Formulierung dieser sprachlichen Zeichen das Nichtbegriffene in der Art und Weise zum Ausdruck gebracht, dass das Nichtbegriffene von einem epistemischen Subjekt durch die Negation eines von diesem epistemischen Subjekt je schon Begriffenen zur Erscheinung gebracht wird, wobei diese Erscheinung des Nichtbegriffenen dann als ein von dem negierenden epistemischen Subjekt dann Begriffenes zu begreifen ist. Diese Bestimmung des Nichtbegriffenen eines je schon Begriffenen als eines dann Begriffenen bedarf einer genaueren Erläuterung und auch eines Beispiels.

Angenommen, ein epistemisches Subjekt hat ein von ihm je schon Begriffenes wie in dem obigen Beispiel mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ negiert und damit begriffen. Würde das epistemische Subjekt das von ihm mit dem sprachlichen Zeichen „Apfel“ dann Begriffene formulieren, dann würde es möglicherweise sagen: „Das hier ist ein Apfel.“ Wie ist das Nichtbegriffene als dann Begriffenes, das das epistemische Subjekt da begriffen hat, nun zu begreifen?

Dieses von dem epistemischen Subjekt mit „Apfel“ dann Begriffene ist nun als die Negation des je schon mit „Das hier“ Begriffenen zu begreifen, wie auch das mit „Das hier“ dann Begriffene als die Negation des mit „Apfel“ je schon Begriffenen zu begreifen ist, da das mit „Das hier“ je schon Begriffene nicht mit dem mit „Apfel“ dann Begriffenen und das mit „Apfel“ je schon Begriffene nicht mit dem mit „Das hier“ dann Begriffenen als identisch zu begreifen ist, obwohl, so wie es das epistemische Subjekt formuliert hat, das mit „Das hier“ je schon Begriffene das mit „Apfel“ dann Begriffene und das mit „Apfel“ je schon Begriffene das mit „Das hier“ dann Begriffene ist, insofern das mit „Das hier“ je schon Begriffene als das Allgemeine zu dem mit „Apfel“ dann Begriffenen Besonderen und zugleich das mit „Apfel“ je schon Begriffene als das Allgemeine zu dem mit „Das hier“ dann Begriffenen Besonderen zu begreifen ist. Denn würde man in diesem Fall das epistemisches Subjekt fragen: „Was ist das hier?“, dann würde es antworten: „Das hier ist ein Apfel.“. Und würde man in diesem Fall das epistemische Subjekt fragen: „Was ist ein Apfel?“, dann würde es antworten: „Ein Apfel ist das hier.“ In der Bewegung des Begreifens des epistemischen Subjekts durchläuft also in diesem Fall sowohl das mit „Das hier“ Begriffene wie auch das mit „Apfel“ Begriffene eine stetige Metamorphose von einem je schon Begriffenen zu einem dann Begriffenen und von einem dann Begriffenen zu einem je schon Begriffenen, wobei in diesem Fall die Bewegung des Begreifens bei dem mit „Das hier“ als je schon Begriffenen begonnen wurde, obwohl ein Begriffenes stets gleichzeitig ein je schon Begriffenes wie auch ein dann Begriffenes als Erscheinung des Nichtbegriffenen dieses je schon Begriffenen ist, das durch die Negation dieses je schon Begriffenen erscheint.

Wäre das mit „Das hier“ je schon Begriffene tatsächlich mit dem mit „Apfel“ dann Begriffenen identisch, dann könnte das mit „Das hier“ je schon Begriffene als nichts anderes mehr als nur noch mit „Apfel“ dann begriffen werden. Wäre das mit „Apfel“ je schon Begriffene tatsächlich mit dem mit „Das hier“ dann Begriffenen identisch, dann könnte dieses mit „Apfel“ je schon Begriffene nur noch mit „Das hier“ dann begriffen werden.

Begreift also ein epistemisches Subjekt ein von ihm je schon Begriffenes, dann begreift es das von ihm je schon Begriffene als ein anderes Begriffenes. Ein dann Begriffenes ist stets das Andere (als Negation) eines je schon Begriffenen.

Das mit „Das hier“ je schon Begriffene ist damit zugleich das mit „Apfel“ dann Begriffene und ist es zugleich auch nicht genauso wie das mit „Apfel“ je schon Begriffene das mit „Das hier“ dann Begriffene ist und es zugleich auch nicht ist. Das mit „Apfel“ dann Begriffene ist damit die Negation eines von dem epistemischen Subjekt mit „Das hier“ je schon Begriffenen wie auch das mit „Das hier“ dann Begriffene die Negation eines von dem epistemischen Subjekt mit „Apfel“ je schon Begriffenen ist. Das mit „Apfel“ dann Begriffene ist das Nichtbegriffene des mit „Das hier“ je schon Begriffenen gewesen, bevor das mit „Das hier“ je schon Begriffene mit „Apfel“ negiert und damit mit „Apfel“ dann begriffen wurde und das mit „Das hier“ dann Begriffene ist das Nichtbegriffene des mit „Apfel“ je schon Begriffenen gewesen, bevor das mit „Apfel“ je schon Begriffene mit „Das hier“ negiert und damit mit „Das hier“ dann begriffen wurde. Das mit „Apfel“ Begriffene ist somit mit „das Wesen“ des mit „Das hier“ Begriffenen zu begreifen wie auch das mit „Das hier“ Begriffene mit „das Wesen“ des mit „Apfel“ Begriffenen zu begreifen ist.

Mit „das Vermittelnde“ zwischen den Negationen des je schon Begriffenen ist das epistemische Subjekt zu begreifen, das sowohl das mit „Das hier“ je schon Begriffene sowie das mit „Apfel“ je schon Begriffene negiert und damit begriffen hat. Das epistemische Subjekt als Vermittelndes kann als das „ist“ begriffen werden, das zwischen dem von ihm mit „Das hier“ Begriffenen und dem von ihm mit „Apfel“ Begriffenen vermittelt und es verbindet. Das Begreifen des epistemischen Subjekts ist somit als eine negierende Bewegung zwischen von ihm je schon Begriffenem zu begreifen. Mit Hegel wäre das Begreifen eines epistemischen Subjekts als negierende Bewegung zwischen je schon Begriffenem auch als eine

„[…] Bewegung von Nichts zu Nichts, und dadurch zu sich selbst zurück […]“ ([GW] Bd. 11; S. 250)

zu begreifen, da es zugleich auch eine Bewegung von einer Erscheinung des Nichtbegriffenen (als dann Begriffenem) zu einer anderen Erscheinung des Nichtbegriffenen (als dann Begriffenem) ist. Das dann Begriffene ist jeweils durch die Negation eines je schon Begriffenen mit sprachlichen Zeichen ein dann in Erscheinung getretenes Nichtbegriffenes dieses je schon Begriffenen, wobei das Nichtbegriffene als Nichtbegriffenes niemals in Erscheinung tritt.

Dadurch, dass eine epistemische Bestimmung („Das hier ist ein Apfel.“) als negierende Bewegung zwischen je schon Begriffenem oszilliert, kann eine solche epistemische Bestimmung sozusagen als sich selbst genügend begriffen werden. Das Begreifen von je schon Begriffenem als dann Begriffenes kann als epistemische Bestimmung durch sich selbst begriffen werden und benötigt keine andere epistemische Bestimmung, um als eine epistemische Bestimmung begreifbar zu sein. Jede epistemische Bestimmung eines epistemischen Subjekts kann damit auch als hermetisch begriffen werden. Die Verwendung der Signifikanten „epistemische Bestimmung“ als sprachliche Zeichen werde ich weiter unten im Text noch einmal ausführlicher erläutern.

Das von einem epistemischen Subjekt mit „Apfel“ und mit „Das hier“ dann Begriffene kann von diesem epistemischen Subjekt dann als die Verschmelzung der sprachlichen Zeichen „Apfel“ und „Das hier“ mit dem von ihm je schon Begriffenen so begriffen werden, als ob das von ihm dann Begriffene ein Apfel ist. Ein epistemisches Subjekt kann damit ein von ihm mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffenes als einen Apfel begreifen und begreift damit das als Apfel dann Begriffene sozusagen als objektgewordene sprachliche Zeichen. Das epistemische Subjekt kann dann das mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffene so begreifen, als hätte es nicht nur einen Apfel begriffen, sondern einen Apfel erkannt. Für das epistemische Subjekt ist dann das von ihm mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffene ein als Apfel Erkanntes und ist damit für das epistemische Subjekt ein Apfel. Begreift das epistemische Subjekt das von ihm mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffene als ein von ihm als Apfel Erkanntes, dann begreift es das von ihm mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffene so, als ob es einen von seinem eigenen Begreifen unabhängigen (absoluten) Apfel gibt, der von anderen epistemischen Subjekten, die das epistemische Subjekt mit „andere epistemische Subjekte“ dann begriffen hat, in derselben Weise begriffen werden kann, wie das epistemische Subjekt dieses mit „Apfel“ und „Das hier“ dann Begriffene als Apfel begriffen hat. Ich werde auf diese Zusammenhänge weiter unten im Text noch einmal ausführlicher eingehen.

Dadurch aber, dass eine epistemische Bestimmung die Oszillation eines epistemischen Subjekts zwischen von ihm je schon Begriffenem durch eine negierende Bewegung und damit die permanente Metamorphose eines je schon Begriffenen zu einem dann Begriffenen und von einem dann Begriffenen zu einem je schon Begriffenen ist, kann diese Oszillation von diesem epistemischen Subjekt jederzeit mit einer neuen Negation eines von ihm je schon Begriffenen fortgeführt werden. So kann die epistemische Bestimmung: „Das hier ist ein Apfel.“ durch die epistemische Bestimmung: „Der Apfel hier ist eine Frucht.“ fortgeführt werden. Daraus ergibt sich dann auch die epistemische Bestimmung: „Das hier ist eine Frucht.“. Das mit „Das hier“ Begriffene hat dann auch die Metamorphose zur Erscheinung des Nichtbegriffenen des mit „Frucht“ Begriffenen durch dessen Negation durchlaufen, insofern das dann mit „Frucht“ dann Begriffene die Metamorphose zu einem mit „Frucht“ je schon Begriffenen und das mit „Das hier“ je schon Begriffene die Metamorphose zu einem mit „Das hier“ dann Begriffenen durchlaufen hat.

Damit ergibt sich wiederum folgende Bewegung des Begreifens: Das mit „Frucht“ dann Begriffene ist nun als die Negation des mit „Apfel“ je schon Begriffenen zu begreifen, wie auch das mit „Apfel“ dann Begriffene als die Negation des mit „Frucht“ je schon Begriffenen zu begreifen ist, da das mit „Frucht“ dann Begriffene nicht mit dem mit „Apfel“ je schon Begriffenen und das mit „Apfel“ dann Begriffene nicht mit dem mit „Frucht“ je schon Begriffenen als identisch begriffen werden kann, obwohl, so wie es das epistemische Subjekt formuliert hat, das mit „Frucht“ dann Begriffene das mit „Apfel“ je schon Begriffene und das mit „Frucht“ je schon Begriffene das mit „Apfel“ dann Begriffene ist, insofern das mit „Frucht“ je schon Begriffene als das Allgemeine zu dem mit „Apfel“ dann Begriffenen Besonderen und das mit „Apfel“ je schon Begriffene als das Allgemeine zu dem mit „Frucht“ dann Begriffenen Besonderen zu begreifen ist. Das mit „Frucht“ dann Begriffene ist zugleich das mit „Apfel“ je schon Begriffene und ist es zugleich auch nicht genauso wie das mit „Apfel“ dann Begriffene das mit „Frucht“ je schon Begriffene ist und es zugleich auch nicht ist. Das mit „Frucht“ dann Begriffene ist damit die Negation eines von dem epistemischen Subjekt je schon mit „Apfel“ Begriffenen wie auch das mit „Apfel“ dann Begriffene die Negation eines von dem epistemischen Subjekt je schon mit „Frucht“ Begriffenen ist. Denn würde man das epistemische Subjekt fragen: „Was ist dieser Apfel hier?“, dann würde das epistemische Subjekt antworten: „Dieser Apfel hier ist eine Frucht.“ Und würde man das epistemische Subjekt fragen: „Was ist diese Frucht hier?“, dann würde das epistemische Subjekt antworten: „Diese Frucht hier ist ein Apfel.“

Das Nichtbegriffene kann von einem epistemischen Subjekt immer nur vermittels eines je schon Begriffenen durch dessen Negation und damit nicht als das Nichtbegriffene an sich begriffen werden, da das Nichtbegriffene, könnte es als Nichtbegriffenes an sich begriffen werden, von einem epistemischen Subjekt gerade nicht begriffen werden dürfte. Das Nichtbegriffene wird von einem epistemischen Subjekt nur dann begriffen, wenn es das Nichtbegriffene durch die Negation eines je schon Begriffenen begreift, das sich dann allerdings wiederum nur als ein dann Begriffenes als Erscheinung dieses Nichtbegriffenen begreifen lässt. Das dann Begriffene ist somit stets eine Erscheinung des Nichtbegriffenen eines je schon Begriffenen, wobei das Nichtbegriffene an sich in dem dann Begriffenen nicht erscheint, da es ja nun kein Nichtbegriffenes mehr ist, sondern eben ein dann Begriffenes.

Das Nichtbegriffene eines von einem epistemischen Subjekt je schon Begriffenen erscheint im Moment des Begreifens dieses epistemischen Subjekts als das dann Begriffene als Negation dieses je schon Begriffenen, wodurch durch die Negation dieses von diesem epistemischen Subjekt je schon Begriffenen als ein Anderes (als das dann Begriffene) begriffen wird, das mit diesem je schon Begriffenen nun als identisch begriffen wird.

Das reine Nichtbegriffene (als Nichtbegriffenes an sich) wäre von einem epistemischen Subjekt genau dann begriffen, wenn das epistemische Subjekt im wahrsten Sinne des Wortes nichts begreifen würde, da dann das Nichtbegriffene nicht mehr nur als die bloße Negation von je schon Begriffenem als dann Begriffenes zu begreifen wäre, sondern als die Bedingung der Möglichkeit alles dessen, was überhaupt begriffen werden kann. Es macht keinen Sinn zu fragen, wie das Nichtbegriffene an sich zu begreifen ist, wenn es nicht als Negation eines je schon Begriffenen als dann Begriffenes als bloße Erscheinung dieses Nichtbegriffenen begriffen wird. Ein epistemisches Subjekt ist damit in Bezug auf das reine Nichtbegriffene vollkommen sprachlos.

Die Erörterung eines einfachen Beispiels soll nun zeigen, wie ein epistemisches Subjekt sein Begreifen eines von ihm je schon Begriffenen als dann Begriffenes begreift bzw. begreifen kann.

Angenommen, ein epistemisches Subjekt hat ein von ihm mit dem sprachlichen Zeichen „Auto“ dann Begriffenes in einem von ihm mit dem sprachlichen Zeichen „Tiefgarage“ dann Be griffenen mit den sprachlichen Zeichen „dort geparkt“ begriffen. Solange sich das epistemische Subjekt in der Tiefgarage bei seinem Auto befindet, stellt das epistemische Subjekt fest, dass sein Auto in der Tiefgarage parkt. Ebenfalls ist das epistemische Subjekt davon überzeugt, dass sich sein Auto auch in der Tiefgarage befindet, wenn sich das epistemische Subjekt selbst nicht mehr in der Tiefgarage aufhält. Wie ist diese Situation nun aus epistemischer Sicht zu beurteilen?

Begreift ein epistemisches Subjekt sein Begreifen eines von ihm je schon Begriffenen als ein von ihm dann Begriffenes, dann kann es dieses Begreifen wie in diesem Fall des Autos in der Tiefgarage differenziert mit den sprachlichen Zeichen „das Begriffene“ (als das Auto in der Tiefgarage), mit den sprachlichen Zeichen „Akt des Begreifens“ (als Anschauung in Verbindung mit sprachlichen Zeichen) und mit den sprachlichen Zeichen „das Begreifende“ (als es selbst als epistemisches Subjekt) wiederum begreifen und formulieren. Die Verwendung des sprachlichen Zeichens „Anschauung“ werde ich im folgenden Text gleich noch erläutern.

Ein Begriffenes wird im folgenden Text stets auch mit dem sprachlichen Zeichen „Objekt“ zum Ausdruck gebracht, das dem mit „epistemisches Subjekt“ dann Begriffenen notwendigerweise wiederum als gegenüberstehend begriffen wird, insofern ein von diesem epistemischen Subjekt je schon Begriffenes von ihm negiert und damit begriffen worden ist.

Wird also im folgenden Text von mir das sprachliche Zeichen „Objekt“