Porcelain - Dorijan Grey - E-Book

Porcelain E-Book

Dorijan Grey

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Beschreibung

Entscheidungen und die Konsequenzen, die daraus entstehen, sind wie eine zerbrochene Porzellan-Vase. Es gibt keinen Weg zurück mehr. Das Einzige, was man tun kann, ist die Scherben aufzusammeln und weiterzumachen. Macht, Geld und Ambitionen sind für Stoteles Murphy alles. Er will bis zur Spitze der amerikanischen Gesellschaft aufsteigen und schert sich einen Dreck darum, wer dabei verletzt wird. Er schuldet niemandem Rechenschaft, außer jenen, die sein Leben gerettet haben. Je mehr er kämpft, desto mehr muss er sich mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontieren, von der er schwer loslassen kann. Er muss sich nun einer Wahl stellen, die alles entscheidet: Entweder einen Neuanfang wagen und sich mit seinen vergangenen Dämonen auseinandersetzen oder sich von ihnen verschlingen lassen. .

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Seitenzahl: 551

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Inhalt

Impressum 3

1. Akt 4

1. 4

2. 11

3. 21

4. 30

5. 39

6. 66

7. 80

8. 93

2. Akt 107

1. 107

2. 123

3. 132

4. 149

5. 168

6. 186

7. 206

8. 220

9. 237

10. 262

11. 274

12. 289

3. Akt 309

1. 309

2. 314

3. 323

4. 331

5. 339

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903271-69-2

ISBN e-book: 978-3-903271-70-8

Lektorat: Tobias Keil

Umschlagfoto: Rachel Sutter

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

1. Akt

1.

Mein Name war Apollon Marino. Ich war mitten in meinem Abschlussjahr an der High School, hatte Geschichte und das Thema war der Kalte Krieg und welche Rolle die Amerikaner dabeihatten. Vietnam war an diesem Tag das große Teilthema. Geschichte gehörte immer zu meinen größten Stärken. Mein Interesse wurde damals geweckt, als meine Mutter über die Unabhängigkeit des Kosovo mit einer Kollegin bei einem Abendessen diskutierte. Es steckte so viel Geschichte dahinter, warum dies geschah und all der Stoff weckte mein Interesse. Ich wollte mehr über meine Heimat, den Balkan, erfahren. Ich las viel darüber, so dass ich eine gute Vorstellung darüber hatte.

Mich hatte vor allem die Geschichte Montenegros interessiert, die Heimat meines Vaters. Montenegro war ein kleines Land mit wenig Einwohnern. Das Erstaunliche an ihnen war, dass sie wie die Spartaner waren, nur erfolgreicher. Wir galten als ein starkes Volk, weil wir es mit einhunderttausend Montenegrinern gegen eine Millionen Osmanen aufnahmen. Auch wenn die Serben und Russen uns unterstützt hatten, fürchteten die Osmanen uns, weil ein Montenegriner es mit mindestens fünf Osmanen aufnehmen konnte. Ich war stolz, dass ich aus diesem Land stammte. Wenngleich mein Vater zur albanischen Minderheit im Lande gehörte (in Ulcinj lebten die meisten Albaner im Lande).

Nach dem Unterricht traf ich mich kurz mit meiner Lerngruppe, die aus Marianna, Vicky, Emilio, Jason und Vanessa bestand. Ich erklärte ihnen schnell, wie ich für die Prüfung über den Vietnamkrieg alles interpretieren würde, was sie noch beachten sollen und wie der Lehrer seine Fragen stellen würde. Wenn ich ehrlich sein soll: Bis auf Marianna und Vicky war die andere Hälfte der Gruppe strohdumm wie ein mittelalterlicher Bauer. Vor allem Emilio, den ich gernhatte, der aber so extrem dumm war, mit ihm konnte man kaum ein tiefgründiges Gespräch führen. Er war nur in unserer Privatschule, weil sein Vater der Staatsanwalt von Los Angeles war und Einfluss besaß in der Lokalpolitik. Er wirkte wie ein gewöhnlicher Jugendlicher, aber ich hasste es, dass er mit einem goldenen Löffel im Mund auf die Welt kam.

Marianna hingegen war ein Genie. Sie war die beste Schülerin an der ganzen High School, war engagiert für einen Platz an der Columbia University in New York, organisierte viele der Veranstaltungen, um ihre Bewerbung aufzubessern, und war eine bezaubernde Schönheit. Man dachte wegen ihrer Hautfarbe, dass sie aus dem Mittleren Osten abstammte, weil ihr Vater ein schwarzer Kubaner und ihre Mutter eine helle Mexikanerin war. Sie besaß lange und schöne Beine, ihr Arsch war wohl geformt, ihr Busen war klein, aber das störte die Kerle in meiner Umgebung nicht. Jeder war scharf auf sie, sogar die Lehrer! Was mir am meisten bei ihr gefiel, war ihr Gesicht. Ihre Nase war gerade und klein, ihre Augen waren türkisfarben, groß und wenn sie dir den Welpenblick aufsetzte, konntest du nicht mehr sauer auf sie sein. Ihre Haut war rein, keinerlei Akne, aber sie besaß wenige Sommersprossen an ihren Backen. Ich schätzte ihre Gesellschaft, vor allem nachdem ich mich mit Idioten wie Jason, Emilio und Vanessa durchschlagen musste.

Nach der Schule fuhr ich zu meiner Teilzeitstelle. Ich arbeitete immer nach der Schulzeit in einem Schnapsladen, der fünfzehn Minuten mit dem Auto entfernt war. Der Ladenbesitzer war still und redete nicht oft mit mir, es sei denn, es ging ums Geschäft. Ich stellte meistens die Kisten auf, wusch den Boden und bediente die Kasse. Manchmal half ich ihm in der Buchhaltung. Als es sechs Uhr wurde, war ich an der Kasse und bediente sie. Die Kundschaft bestand aus High-School-Schülern, Familienvätern oder Alkoholikern. Der Laden erhielt heute einen Besuch von Jason, Marianna und seiner restlichen Clique. Sie kauften jede Menge Softdrinks, Chips, Erdnüsse, Schokolade und Salzstangen. Sie waren überrascht, als sie mich an der Kasse fanden. Jason fing ein wenig an zu lachen. „Seit wann arbeitest du hier?“, fragte er mich vor der Kasse mit einem Lachen, dass er kaum verheimlichen konnte. „Scheiße Mann. Sieh dir das an Marianna!“

„Einige von uns sind nicht mit Goldbarren im Arsch auf die Welt gekommen. Scheiße passiert!“, antwortete ich. „Wenigstens kriege ich ohne Probleme Kippen und Bier.“

„Kannst du uns Alk besorgen? Natürlich zahlen wir.“

„Vielleicht. Nur eine Flasche, aber große Mengen würden auffallen.“

„Klar. Verstehe ich … Du kannst eine Menge Kohle machen.“

„Aber auch hart gefickt werden“, sagte Marianna. Jason und ich lachten.

„Kann ich dir sonst noch behilflich sein?“, fragte ich ihn.

„Ich will noch Eis kaufen.“

„Ganz nach hinten und dann nach links.“, er verließ uns und ging zum Eis. Nun waren ich und Marianna alleine. „Was kann ich anbieten?“

„Nichts Polly.“, Mein Spitzname war Polly. „Wie sieht es mit dem Geld aus? Habt ihr Probleme?“, fragte sie mich.

„Manche Sachen muss ich mir selbst finanzieren. Vielleicht wird’s Geld knapp fürs College. Vielleicht arbeite ich ein ganzes Jahr durch, um ein paar Tausender abzuzahlen. Man tut, was man tut, oder nicht? Für die Familie da sein.“

„Mein Vater könnte dir vielleicht helfen ein Stipendium zu kriegen. Er würde es sogar schaffen.“, sie war immer optimistisch drauf. Auch wenn der Tag mal beschissen wurde, sah sie immer einen Hoffnungsschimmer. Ihr Herz lag am rechten Fleck.

„Ich weiß nicht. Er wird mich nicht bevorzugen, nur weil meine Mutter seine Sekretärin ist.“

„Sie sind Freunde Polly und vergiss nicht: Bürgermeister zu sein hat viele Vorteile. Lass mich dir helfen.“, sie hielt meine rechte Hand. Mein Gesicht wurde rötlich in diesem Moment. Zum Glück sahen sie und der Rest meiner Kundschaft nicht meinen Ständer.

„Kannst du mal versuchen. Wenn’s nichts wird, reibe ich es dir unter die Nase …“, sagte sie mit ihrem typischen, arroganten Schmunzeln auf ihrer Fresse. Bis auf die Schule hatten wir seit langem nichts mehr zusammen unternommen. „Was machst du die Woche noch?“

„Am Wochenende habe ich nichts vor, warum?“, mein Hals wurde ein wenig heiser.

„Wollen wir wieder was zusammen machen? Es ist schon lange her. Vielleicht können wir was essen und mal bereden, was wir so gemacht haben in den letzten Monaten. Keine Ahnung … Ich vermisse es mit dir was zu unternehmen.“

„Verstehe ich Polly“, sie sah auf den Boden. Sie richtete ihren Blick wieder auf mich und fing an breit zu grinsen. „Treffen wir uns am Samstag?“ Ich nickte und musste lächeln, weil wir wieder was unternehmen wollten. „Ich kenne einen guten Laden in Santa Monica. Kennst du das Aroma Café? Egal … Auf jeden Fall serviert der Balkanessen. Du bist ja aus der Region, oder?“

„Ja. Haben sie guteĆevapi?“

„Als ich dort das letzte Mal aß, waren sie gut.“, Jason kam mit seinem Eis und seiner Truppe zurück. Sie zahlten alles und er küsste sie vor meinen Augen. Ich verstand nicht, warum er das tat, vor allem, weil ich keine Konkurrenz für ihn war. Ich war groß, aber übergewichtig, wog 125 Kilogramm, der Umfang meines Bauches besaß eine eigene Anziehungskraft und meine hängenden Titten waren größer als die meisten Brüste der Bräute an meiner Schule. Das Gewicht machte meinen Knien zu schaffen, mein Gesicht war übersät mit Akne, ich hatte noch eine Narbe an der Stirn und meine Haare fingen langsam an auszufallen, wegen des Stresses und meiner Schilddrüsenunterfunktion. Ich sollte eine Konkurrenz sein? Ich musste innerlich lachen. „Mach’s gut Polly.“

Nach der Arbeit fuhr ich nach Hause. Meistens brauchte ich 30 Minuten und 25, wenn es am Abend keinen großen Verkehr gab. Wir wohnten in einer 3-Zimmer-Wohnung, die recht klein war. 70 Quadratmeter standen uns zur Verfügung und wir füllten jeden einzelnen. Meine Mutter besaß viele Fundstücke, die sie aus ihrer Heimat Serbien mitgenommen hatte. Ein ganzer Schrank war gefüllt mit dem serbischen Nationalgetränk Rakija, was mein Großvater selbst hergestellt hatte. Der Alkoholgehalt dieses Zeugs beträgt über 50 % und brannte richtig. Die Schnapsflaschen waren nur als Desinfektionsmittel und Dekoration gedacht. Was wir vor allem am liebsten tranken, war Wein. Meine Mutter liebte Plavac, ein Wein aus Kroatien. Vor allem war sie stolz auf ihre Plattensammlung mit den verschiedensten Musikern aus Ex-Jugoslawien. Da waren zum Beispiel Bijelo Dugme, Prljavo Kažalište, Mišo Kovač, ZdravkoČolič, Đorđe Balaševič, Oliver Dragojevič, Lepa Brena, Plavi Orkestar, Goran Bregovičund noch einige mehr. Jeden Abend kochte sie nach der Arbeit und hörte immer ein ganzes Album eines Künstlers durch. Wir besaßen keinen Fernseher, weil wir wenig Zeit hatten und das Streaming uns die Kosten ersparte.

Als ich in die Wohnung reinkam, stand das Essen bereit. Als sie mich sah, eilte sie zu mir und nahm mich in ihre Arme. „Hallo mein Schatz“, ich zog meine Schuhe aus, wusch meine Hände in der Küche und dann gingen wir zum Esstisch und aßen Hähnchen mit Brokkoli und Reis. Nach meinem letzten Hausarztbesuch kochte meine Mutter viel gesünder, damit ich abnehme, wegen meiner Gesundheit. Meine Mutter hieß Jana Marino und war in ihren 40ern zu der Zeit. Sie besaß langes und schwarzes Haar, ihre Augen waren dunkelbraun, sie war ein Kopf kleiner als ich, war gut in Form für ihr Alter und taff. Ich wusste nicht, ob meine Freunde scherzten oder nicht, wenn sie immer sagten, dass sie mit meiner Mutter schlafen wollten. Viele hielten sie für wunderschön. Wenn sie mal ein Date mit einem Kerl hatte, musste er aufpassen, dass er ihr nicht das Herz brach. Ich jagte einmal einem ihrer Dates Angst ein, nachdem er sich nicht auf dem Esstisch benahm. „Wie war dein Tag?“, fragte mich meine Mutter.

„Meine Lerngruppe ist scheiße. Emilio ist wie immer ein Idiot. Nach dem fünften Mal verstand er immer noch nicht den Zweck der 68er Bewegung. Wenigstens war die Arbeit okay.“

„Behandelt dein Boss dich gut?“

„Ja Mama. Er versucht nicht mir zu viel aufzubürden … Ich sah heute Marianna im Laden. Ich gehe mit ihr dieses Wochenende was essen“, meine Mutter freute sich.

„Das ist schön zu hören Schatz. Endlich gehst du mal aus dem Haus. In welches Restaurant geht ihr?“

„Wir gehen in dieses Aroma Café. Sie servieren Balkanessen.“

„Das kenne ich. Ich war mal ab und zu mit Victor dort essen. GuteĆevapi“, wenn meine Mutter das sogar sagte, dann muss der Laden gut sein. „Wenn du mit ihr rausgehst, dann bitte behandle sie mit Respekt. Sie ist ein gutes Mädchen, Apollon.“

„Wir sind beste Freunde. Wir haben es immer gut … Es ist einfach lange her, dass wir was zusammen unternommen haben. Ich vermisse es, mit ihr Zeit zu verbringen.“

„So ist das Leben mein Schatz. Es ist einfach wichtig gegen Ende des Lebens nicht alleine zu sein. Einsamkeit kann eine grausame Sache sein.“, sie verhielt sich nachdenklich, nachdem sie das sagte und starrte ihr Essen nur noch an.

Ich wusch das Geschirr ab, als ich fertig gegessen hatte. Ich wollte nicht meiner Mutter die ganze Arbeit lassen und half ihr. Ich war der Mann im Haus und meine Mutter musste genug arbeiten. Es tat mir weh, dass ich nicht mehr tun konnte. „Ich habe Marianna gefragt, ob Victor vielleicht ein gutes Wort für mich einlegen könnte für ein Stipendium. Vielleicht könnte es klappen.“

„Vielleicht … Er ist ein guter Mann, aber ich bin mir nicht sicher. Wie wäre es, wenn wir ihn zu uns zum Abendessen einladen. Wenn ihr euch besser kennenlernt, könnte er dir vielleicht mehr helfen.“

In der Nacht war ich bereits am Schlafen, bis ich dann mehrere Gegenstände fallen hörte. Ich stand schnell auf und sah nach, was vor sich ging. Meine Mutter war in Ohnmacht gefallen und das Glas prallte auf dem Boden ab. Ich eilte zu ihr, zog sie vom Bereich weg, wo die Scherben einschlugen. Sogleich holte ich ein Glas Wasser für sie und versuchte sie wieder beim Bewusstsein zu kriegen. Ich gab ihr ab und zu mehrere leichte Ohrfeigen, damit sie wieder wach wurde. Das passierte oft, dass sie in Ohnmacht fiel. Sie besaß schon seit Jahren ein großes Problem mit ihrem Blutdruck und litt an Panikattacken. Der Auslöser dafür war mein Vater. Als ich noch ein kleines Kind war, schlug er uns pausenlos. Er ließ uns nie in Ruhe. Wir hatten Angst, dass er uns ermorden würde. Die Narbe an meiner Stirn war wegen ihm. Er nahm mal aus Spaß ein Messer hervor und verpasste sie mir. Eines Tages hatten wir Glück gehabt. Er war in eine Schlägerei mit jemandem geraten, den er dann tötete, weil er außer Kontrolle war. Man brachte ihn ins Gefängnis und seitdem waren wir nur noch zu zweit. Wir bauten unser Leben ohne ihn auf, aber er hinterließ bei ihr ein Trauma. Nach zehn Minuten kam sie wieder zu sich. „Ist es wieder wegen ihm?“, sie musste nicken. „Er ist nicht mehr hier. Er wird dir nie wieder was antun. Ich verspreche es dir.“

2.

Meine Mutter hatte bestimmt, was ich an diesem Abend anzog. Ein gebügeltes, schwarzes Hemd aus Baumwolle, eine dunkelblaue, lange Jeans, schwarze Lederschuhe, eine Automatikuhr und ein Armband, was mein Großvater früher besaß. Sie sprühte dann eine Menge Parfüm auf mich. „Muss das sein?“, fragte ich meine Mutter. „Ich bin keine scheiß Parfümerie.“

„Was habe ich übers Fluchen gesagt?“, ich hielt die Klappe. „Du gehst mit einem Mädchen aus. Da musst du gepflegt sein.“

„Wir sind nur Freunde Mom, nichts weiter.“

„Man weiß nie, was passiert Polly.“, sie gab mir einen Kuss auf die Wange. „Du bist ein gutaussehender Mann … Du wirst überrascht sein.“, sie gab mir zwei leichte Ohrfeigen. „Manchmal geschieht es, wenn du es nicht erwartest.“ Als ich in meinen Wagen einstieg, wählte ich als Erstes meine Musik aus. Ich entschied mich für Tropico Band. Dies war eine Gruppe aus dem Balkan, die einen vielschichtigen Katalog anbot. Meine Mutter zeigte sie mir und ich wurde schnell ein Fan von ihnen. Ich liebte ihr Album aus dem Jahre 2013. Ciao Bella war mein Lieblingssong von ihnen. Auf der Fahrt zu Marianna sang ich das ganze Album durch. Ich war voller Vorfreude, je länger ich fuhr. Der Verkehr war nicht dicht, hatte Glück mit den Ampeln gehabt, der Motor lief ohne Probleme und der Reifendruck war gut. Ich war vor dem Tor und musste läuten. Victor, ihr Vater, öffnete die Einfahrt und ließ mich rein. Er kam raus und wartete vor der Haustür. Er war ein großer und gutgebauter Mann. Er sah jung aus für sein Alter. Da half es, dass er dunkelhäutig war und Sport trieb. Ich liebte seinen Kleidungsstil. Er trug nur eine Chinohose und steckte sein T-Shirt rein, aber es sah so cool aus. Er war der schwarze Marlon Brando. Ich stieg aus meinem Wagen und eilte zu ihm. „Es ist schön dich wiederzusehen Polly.“, begrüßte mich Victor. Er betrachtete meine Kleidung. „Du siehst gut aus. Schönes Hemd.“

„Vielen Dank. Meine Mutter hat meine Sachen ausgesucht.“, ich war verlegen und wurde ein wenig rot. Man gab mir selten Komplimente und war schlecht damit mit ihnen umzugehen.

„Was macht Jana heute?“

„Sie geht heute noch mit ein paar Freundinnen aus … Muss ich noch lange auf Marianna warten?“

„Wir können reingehen. Deine Mutter sagte mir, dass du Kaffee trinkst. Willst du einen?“, ich nickte. Wir gingen rein und Victor machte die Haustür zu. Das Haus war riesig. Ein Möbelstück war locker über mehrere tausend Dollar wert, die Küche war neulich renoviert worden, erwähnte Viktor nebenbei, als wir daran vorbeiliefen. Das Wohnzimmer bot viel Platz an, der Fernseher war riesig und das Haus roch nach Lavendel. Ich wünschte mir, ich wäre so reich geboren. Die Leute hatten mehr Glück gehabt als meine Mutter und ich. „Ich habe türkischen Kaffee. Ich liebe das Zeug. Es ist stark und liebe den puren Kaffeegeschmack.“

„Ja gerne.“, Victor heizte die Kanne für den Kaffee auf in der Küche. Er nahm zwei Teelöffel Kaffeepulver und erhitzte seinen Herd auf die höchste Stufe. Wir standen vor der Kanne, bis es die richtige Hitze hatte. „Was machen Sie heute Abend?“, fragte ich Victor, während ich versuchte interessiert zu sein, als ich die Fragte stellte.

„Du kannst mich ruhig duzen Junge.“, sagte er mit einem gelassenen Schmunzeln im Gesicht. „Heute entspanne ich zuhause. Ich bin zu müde, um rauszugehen“, der Kaffee war gekocht. Er nahm die Kanne weg vom Herd. Ich nahm zwei Tassen aus dem Schrank hervor, die er mir vorher mit dem Finger aufzeigte. Der Kaffee hatte die richtige Menge an Pulver gehabt. Der Geschmack war fantastisch. Wir gingen in den Garten, wo er eine Zigarette rauchen wollte. Ich nahm selber eine hervor und rauchte mit. „Seit wann rauchst du?“, fragte er mich. „Ich weiß, dass ich nicht das Recht habe darüber zu urteilen, aber du bist zu jung.“

„Ich brauche etwas, um mich zu entspannen. Die Abschlussprüfungen stehen bevor und dann muss ich immer arbeiten. Nur lernen und arbeiten. Ich habe fast keine Zeit mehr etwas zu machen. Es ist das erste Mal seit Monaten, dass ich rausgehe.“, sagte ich, um meine Sucht zu verteidigen. Victor spitze sich die Ohren zu. Er war überrascht, als ich davon erzählte, dass ich arbeitete.

„Du arbeitest?“, fragte er mich, während er überrascht aussah. „Deine Mutter hat nie davon was erwähnt.“, er trank einen Schluck Kaffee, während ich einen Zug von meiner Zigarette nahm.

„Das Geld wird knapper … Ich habe einen Job in einem Schnapsladen angenommen, um wenigstens meine Kosten und Stromrechnungen zu decken. Ich kann auf keinen Fall nach dem Sommer aufs College gehen. Warum müssen die guten Unis so verfickt nochmal teuer sein?“, er war nachdenklich, während ich mich über mein Leben beschwerte. „Das Schlimmste ist, dass es jetzt auch nicht reicht. Ich will meiner Mutter helfen, aber ich habe weder einen guten Job noch ein Stipendium. Wäre mein Vater kein dummes Arschloch gewesen.“

„Es tut mir leid das zu hören … Ich kenne es nur zu gut.“, sagte er empathisch. „Als ich in deinem Alter war, musste ich viel einstecken. Vor allem, wenn es um mein Privatleben ging. Meine Eltern waren keine reichen Säcke. Sie waren einfache Arbeiter, aber ich hatte das Glück gehabt mit beiden Eltern aufzuwachsen. Unser Zusammenleben war angenehm … Ich konnte arbeiten und studieren gehen, ohne mir Sorgen zu machen über die Finanzen. Es waren damals simplere Zeiten mein Junge.“

„Ich will einfach meine Mutter nicht im Stich lassen.“, ich nahm einen weiteren Zug aus meiner Zigarette, um mich zu beruhigen.

„Das wirst du nicht Polly … Ihr werdet es schaffen. Dafür sorge ich. Wenn wir mal mehr Zeit haben, können wir vielleicht über ein Stipendium reden. Was meinst du?“, ich umarmte ihn auf der Stelle. Dabei hätte ich mir beinahe eine Brandwunde an meiner rechten Hand verpasst. „Komm schon.“, sagte er mit einem aufgezwungenen Schmunzeln, „Jetzt übertreibst du es.“, Marianna kam raus zum Garten, weil sie uns vom Innern des Hauses hörte. Ich drehte mich um und als ich sie sah, war ich überwältigt von ihrer Ausstrahlung. Sie war simpel angezogen mit einem hellgrünen und dünnen Rollkragenpullover, einer blauen Jeans, die eng war und ihren Hintern betonte, einer mechanischen Uhr samt einem metallenen Gehölze, die Fingernägeln waren grün lackiert, wenig Make-up, die ihre Augen betonten und ihre Haare waren geglättet. Ich war erfreut sie wiederzusehen, dass mein Herz sich aufwärmte.

Ich trank meinen Kaffee schnell aus. Obwohl meine Zunge anfing zu brennen, war mein Hals wieder feucht.

„Wollen wir gehen oder will das Pärchen noch Zeit für sich haben?“, sagte sie mit einem sarkastischen Unterton und einem Schmunzeln auf ihrem Gesicht.

„Gehen wir!“, antwortete ich schnell. Victor und ich standen auf. Er nahm beide Tassen und verstaute sie in dem Waschbecken, während wir noch vor der Haustür warteten. Als er vor uns stand, nahm er seine Geldscheine heraus, die er in seiner Hosentasche hatte. Er nahm einen 100er hervor und gab sie Marianna. Er umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Viel Spaß meine Liebe.“, Marianna schmunzelte nur und dankte ihm. „Bitte passt auf euch auf. Macht keine unüberlegten Aktionen!“

„Mach dir keine Sorgen! Du hast die beste Schülerin des Staates erzogen.“, sagte sie mit vollem Selbstbewusstsein und Arroganz. „Und vergiss nicht, Polly kommt aus einer guten Familie. Du kennst ja seine Mutter.“

„Aber ich kenne ihn nicht gut genug.“, auch wenn er mehr über mich wusste von unserem Gespräch, als er zugeben wollte. Wir verließen dann seine Einfahrt mit meinem Wagen. Das Wetter war angenehm, aber es wurde kälter. Zum Glück hatte ich noch eine Jacke auf meinem Hintersitz. Wir schalteten meinen Musikplayer aus und unterhielten uns auf der Fahrt über meine Unterhaltung mit Victor.

„Was hast du mit meinem Dad geredet?“, fragte sie mich. Sie war gespannt darauf, was ich zu erzählen hatte.

„Über die Schule und meine Probleme mit dem Stipendium, dass es ich wahrscheinlich nicht schaffen könnte im nächsten Jahr studieren zu gehen. Er weiß jetzt auch, dass ich arbeite und er meinte auch, dass, falls wir mehr Zeit haben, er mir vielleicht helfen wird mit einem Stipendium“, als ich ihr davon erzählte, war sie fast wie eine Gazelle aufgesprungen.

„Ich wusste, dass er das tut … Ich erwähnte es mal, dass du Probleme hast mit einem Stipendium und er wollte dich erstmal kennenlernen. Glaub mir! Ein weiteres Gespräch und er wird dir zu einhundert Prozent helfen. Er hat ein gutes Herz, wenn es um die richtigen Menschen geht.“

„Mal sehen … Ich habe nicht immer Glück Marianna.“

„Sei mal optimistisch Polly! Deine Pechsträhne wird bald vorbei sein. Ich habe ein Gespür dafür, irgendwie … Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber ich versuche es mal. Wenn ich einen guten Lauf habe, überträgt sich das auch auf meine Mitmenschen. Bleib noch bei mir und du wirst gesegnet sein!“, das sagte sie mit Hoffnung und Freude in ihrer Stimme. „Nun fahr schneller! Ich habe einen Riesen-Hunger.“, lachte sie noch dazu. Ich fand schnell einen Parkplatz in der Nähe des Restaurants. In letzter Zeit wurden hier einige Wagen gestohlen, aber ich machte mir um meinen keine Sorgen, weil es ein billiger VW aus den 90ern war, der mich 1000 Dollar gekostet hatte. Die Wagen, die gestohlen wurden, waren im Wert von über 50.000 Dollar.

Im Laden angekommen, bestellten wirĆevapi je 15 Stück, Samunabrot, Pommes, Ajvar, Zwiebeln und Salat zu unserem Menü und noch Pleskavica als weitere Fleischbeilage dazu und zum Trinken eine Cockta. Die Köche wussten, wie man das Fleisch machte und grillte. Es war so rauchig im Geschmack und so saftig im Innern, dass mein Magen von Gottesmund geküsst wurde. Mein Magen war im siebten Himmel und ich fühlte mich so, als könnte ich es nun mit zehn Typen gleichzeitig aufnehmen. „Ich kann das nicht fassen!“, sagte ich mit Essen im Mund. „Heilige Scheiße ist das gut.“

„Was habe ich dir gesagt? Die sind fantastisch … Ich liebe dieses Lokal und wie sie das Fleisch zubereiten … Mhhh“, sie genoss es wie ich. „Kaum zu fassen, dass es mein zweites Mal ist, aber besser so. Nicht, dass ich fett wie …“, sie beendete ihren Satz nicht. Ich wusste, dass sie damit mich meinte. „Na ja. Je seltener du was machst, desto besonderer wird es. Meinst du es auch?“

„Keine Ahnung. Ich habe nie darüber nachgedacht …“, ich aß ein Ćevapi und trank einen Schluck meiner Cockta. „Wechseln wir doch das Thema. Hast du schon genaue Pläne, wo und was du studieren willst?“, sie schluckte erstmal ihren Bissen, bevor sie anfing zu reden.

„Ja. Ich will Recht studieren an der Columbia in New York. Das Gute ist, dass meine Mutter dort wohnt und ich müsste nicht in einem Wohnheim wohnen. Zum Glück.“, sagte sie kichernd. „Mein Schnitt ist der beste an der Schule, meine Aktivitäten sind ausgeglichen, ich habe mehrere Empfehlungen von angesehenen Anwälten von der Staatsanwaltschaft und Baker & McKinzie und DLA Piper, sowie ein großes Hirn. Ich werde zu hundert Prozent angenommen!“, sie nahm einen Bissen ihres Brots und dazu schnitt sie ein Stück ihrer Pleskavica mit Ajvar und aß alles zusammen. Sie nahm dann am Schluss einen Schluck Cockta, um das einfacher runterzuspülen. „Was hast du vor, falls du ein Stipendium erhältst?“

„Falls es klappt, dann würde ich Geschichte studieren an der UCLA. Ich bin der Beste im Fach und es macht am meisten Sinn für mich.“

„Du wirst garantiert ein guter Geschichtslehrer. Du hast gut darüber nachgedacht.“

„Ich kann mir gut vorstellen, dass du eine gute Anwältin sein wirst. Du hast das Selbstbewusstsein, die Stärke, das Vokabular und könntest vielen Menschen helfen.“

„Aber Menschen helfen wird kaum Geld einbringen. Lieber Konzerne vertreten. Dort liegt das viele Geld und wer vermögend ist, kann mehr tun für die Mitmenschen.“

„Aber viele Menschen sind korrumpiert, weil sie mehr Geld und Macht wollen.“

„Wer sagt das?“

„Ich … Milošević wollte ein Großserbien haben und strebte nach mehr Macht. Was ist passiert? Die Jugoslawienkriege hatte tausende von Menschen das Leben gekostet.“

„Das ist was anderes.“

„Aber du solltest davon lernen, falls du jemals in dieser Lage bist.“

„Mach dir keine Sorgen Polly. Ich bin kein psychotischer Massenmörder wie Milošević. Das, wissen wir beide, aber danke, dass du dir Sorgen machst.“, sagte sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. Ich musste lächeln, als sie das sagte. „Ich habe das vermisst. Nur du und ich reden über Gott und die Welt. Das habe ich gebraucht … Weißt du, meinen Vater sehe ich meistens über das Wochenende und wir haben wenig Zeit zu reden. Über Jason fangen wir lieber nicht an zu reden. Er ist ein lieber Kerl und behandelt mich wie eine Königin, aber er ist so dumm, dass ich es nicht fassen kann. Der Typ redet nur über andere Leute, Videospiele und was weiß ich. Er besitzt nicht die Kapazität, um über ein beschissenes Buch zu reden.“

„Dann mach Schluss mit ihm, falls es dir so sehr auf die Nerven geht. Warum weiter Zeit verschwenden?“

„Es ist komplizierter, als du denkst …“

„Dann erklär es mir!“

„Das kannst du nur verstehen, wenn du mal mit jemandem zusammen bist. Er mag dumm sein, aber er ist mein lieber Idiot und wenn ich über was Intellektuelleres reden möchte, habe ich wenigstens dich.“

„Es muss schön sein jemanden zu lieben und mit ihm zusammen zu sein. Schön, dass du jemanden hast.“, sie war eine Granate, aber ich empfand nichts für sie außer Respekt und Erregung.

„Keine Sorge. Du wirst sicher jemanden finden … Du bist schlau, mit dir kann man reden und du hast ein gutes Herz. Du wirst noch jemanden finden. Glaub mir!“

„Mal sehen.“, wir aßen fertig und bestellten uns noch einen türkischen Kaffee zum Abschluss. Ich war abhängig geworden von dem Zeug, vor allem, weil ich den Geschmack des Kaffees liebte. Als wir dann fertig waren, teilten wir die Rechnung, aber ich übernahm das Trinkgeld. Wir verließen das Lokal und sie erhielt einen Anruf von Jason. Ich blieb still und beobachtete sie. Sie beendete dann das Telefonat.

„Kannst du mich bis zu Jason fahren? Er schmeißt jetzt eine kleine Feier mit ein paar Freunden. Vielleicht kannst du mitkommen.“

„Kann ich.“, wir stiegen in mein Auto ein und fuhr sie bis zu Jasons Adresse. Ich nahm mein Handy hervor und gab die Adresse ein. Die Fahrt ging nicht so lange. Er wohnte in der Nähe von Emilio. Sein Vater war ein Agent für Schauspieler und war reich genug für ein schönes Loft. Ich hielt nicht viel von der Gegend, wo er wohnte. Ich war ein Fan von Venice Beach, wo die Kunstszene dominierte. Da waren richtige Talente, die wenig Aufmerksamkeit bekamen im Vergleich zu solchen Social Media Influencern, die ihren Arsch oder Titten vor die Kamera stellen und mit einem Haufen von Schleichwerbung viel Geld und Follower verdienen. Die Welt war nicht immer fair, aber es war ja das Gleiche. Wir scherten uns schon immer um Skandale, nur dass wir es heute im Internet sehen, anstatt im Fernseher.

Wir waren vor seiner Einfahrt. Wir mussten noch warten, bis er das Tor öffnete. Kaum zu fassen. Er besaß ein großes Haus, eine intelligente, gutherzige, schöne Freundin, genug Bargeld und konnte sich locker für ein College einschreiben, wenn sein Vater genug zahlt. In mir brannte sich eine Eifersucht, weil ich immer mit meinen Finanzen kämpfen musste. Ich hasste es. „Soll ich dich schon hier aussteigen lassen?“, fragte ich Marianna, während wir noch darauf warteten, dass Jason uns reinließ. „Ich kann gleich nach Hause fahren.“

„Komm einfach mit Polly. Vielleicht lässt er dich rein.“, antwortete sie.

„Ich hätte noch zwei Flaschen Whiskey im Auto. Die habe ich von der Arbeit geschmuggelt. Vielleicht lässt er mich dann eher rein. Was meinst du?“, sie machte ihre Augen auf, als sie zwei Flaschen sah und nickte.

„Das geht auch.“, Sie kneifte an meine rechte Backe mit ihrem spielerischen Grinsen. „Du schlauer Motherfucker.“, Jason öffnete das Tor und ließ uns rein. Er wartete vor seiner Haustür. Er war überrascht, dass ich hier war und bereits im Angriffsmodus. Wir stiegen dann aus mit meinen zwei Flaschen Whisky. Marianna eilte zu ihm und küsste ihn. „Habt ihr schon angefangen zu feiern?“, er war beruhigt durch ihren Kuss.

„Ehm … Ja“, ich trat hervor und überreichte ihm meine zwei Flaschen.

„Ich weiß, dass ich nicht eingeladen wurde, aber hier sind zwei Flaschen zum Ausgleich. Das ist originaler Whiskey aus Irland. Probier mal.“, er öffnete eine Flasche und nahm einen Schluck. Man merkte sofort, dass es sein erstes Mal war, weil er ein seine Augen zusammendrückte und husten musste.

„Scheiße, ist das Zeug stark!“, sagte er nach einer halben Minute. „FUCK, FUCK, FUCK!!“, er nahm ein Augenblickzeit und seine Gedanken sammeln zu können. „Aber es ist gut.“

„Freut mich zu hören.“, Marianna stieß ihn an und sah ihn bedrängend an. Jason schloss die Flasche und gab sie Marianna.

„Kommst du schnell nach vorne mit mir? Ich muss noch was mit dir reden.“, ich nickte. Marianna nahm in der Zwischenzeit die beiden Flaschen und ging ins Haus rein. Wir liefen ein wenig, bis wir etwa 50 Meter vor der Haustür entfernt waren. Wir waren überraschenderweise gleich groß, aber ich fühlte mich ein wenig klein neben ihm. „Sieh mal … Ich habe genug Leute in meinem Haus. Tut mir leid, aber du kannst nicht bleiben …“

„Das ist kein Problem. Es war sowieso eine schlechte Idee.“

„Hör mal. Ich glaube, ich war ein wenig arschig zu dir, wegen Marianna, aber sieh mal … Ich will eine Party veranstalten nach den Prüfungen und ich will, dass du kommst. Und wenn du noch Alk holst, kann ich dir bei ein paar Bräuten helfen. Was meinst du?“

„Bin dabei … Ich hätte noch zehn Flaschen bei mir. Wie viele würdest du brauchen?“

„Das reicht schon.“, wir gaben uns einen Handschlag, um den Deal abzuschließen.

3.

Nach der Schule fuhr ich Emilio zu seinem Dealer. Manchmal, wenn wir nicht die Lerngruppe hatten, fuhr ich ihn dorthin. Es war kein Problem für mich vor allem, weil es nur Gras war und kein Hero(in) oder Koks. Ich chauffierte gern Leute herum. Wir kannten uns mittlerweile seit vier Jahren. Im ersten Jahr an der High School freundeten wir uns an. Was uns zusammenbrachte, war, dass wir Gangsterfilme liebten wie der Pate, Goodfellas oder Donnie Brasco. Wir redeten wie die und stylten uns auch so. Er liebte vor allem Hemden mit Palmen drauf oder Chinohosen. Er legte sehr viel Wert auf Schmuck. Ein Goldarmband auf seiner rechten Hand, eine Gold-Uhr auf der linken, eine Goldkette am Hals, einen 18 Karat Ring auf seinem linken Ringfinger und einen weiteren auf der rechten Hand. Ich zog immer Poloshirts an, die mich ein wenig dünner aussehen ließen.

Sein Dealer wohnte in Venice und immer, wenn er dort reinging, wartete ich vor meinem Wagen. Manchmal konnte ich mir einen Blick von seinem Dealer erhaschen. Er war recht dünn, schmal, gebräunt, seine Haare gingen bis zu seinem Kinn, er zog sich gepflegt an, als wäre er kein Dealer, sondern ein verwöhntes Kind, das von seinem Daddy die Brieftasche bis zum letzten Cent ausbluten ließ. Er sah mich heute für einen kleinen Moment, beobachtete mein Auftreten und verabschiedete sich wieder von Emilio. Ich stieg wieder in den Wagen ein und schaltete mein Baby an. Als Emilio einstieg, fuhr ich ihn heim. Er nahm seinen Rucksack hervor. Ich sah ein kleines weißes Päckchen, was aussah wie Koks. „Verfluchte Scheiße, pack das verdammte Zeug wieder ein!!“, schrie ich, weil ich Angst hatte, dass die Bullen es womöglich noch erblicken konnten.

„Chill mal deine Eier, Polly! Take it easy, will ya?“, sagte er entspannt und ohne Sorgen. Das musste man ihm lassen. Er besaß einen kühlen Kopf.

„Seit wann kokst du? Ich dachte, dass du nur Gras rauchst.“

„Was soll ich sagen? Er hatte mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte“, lachte er laut. Ich musste dann mitlachen. „Willst du was?“

„Nein. Ich bleib beim Alkohol.“

„Sei keine Schwuchtel …“

„Wenn das meine Mutter sieht, bin ich tot! Hast du keine Angst, dass dein Vater das sieht?“

„Er ist gechillt, wenn es darum geht. Solange ich Erfolg habe, ist alles gut“, er war so sorglos und entspannt. Ich wünschte mir, dass ich manchmal so entspannt war wie er. Gehen wir mal am Wochenende mit Marianna raus?“, die Frage kam überraschend für mich. Er hatte bis auf die Schulstunden mit der Lerngruppe wenig mit Marianna zu tun gehabt.

„Ich muss leider arbeiten. Hab die Spätschicht.“

„Dann frage ich sie, ob wir nur zur zweit rausgehen. Ich kenn ein gutes Lokal, was ihr sicher gefallen wird.“

„Emilio, du weißt schon, dass sie einen Freund hat Hombre?“

„Das ist mir egal. Sie wird mir nicht widerstehen können, das kannst du mir glauben Njeri.“

Nach der Arbeit kehrte ich nach Hause zurück und fand meine Mutter am Esstisch mit einer offenen Flasche montenegrinischen Weins. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn, nahm ein Glas hervor und füllte es auf. Auf dem Tisch standen Rechnungen und Mahnungen. Sie kratzte sich den Kopf und starrte die Blätter die ganze Zeit an und schenkte mir kaum Aufmerksamkeit, als ich sie begrüßte. Ich nahm eine Zigarette hervor und rauchte sie auf dem Tisch. Ich nahm einen Kaffeeteller als Aschenbecher. „Bitte rauche nicht drinnen!“, sagte meine Mutter zu mir, aber sie sah mich nicht an. „Rauch bitte auf dem Balkon!“ Ich tat, was sie sagte, und ging nach draußen und rauchte dort meine Zigarette, trank mein Glas Wein und scrollte durch Instagram und sah mir ein paar Videos auf YouTube an. Keiner schrieb mir eine Nachricht oder rief mich an. Meine Mutter kam nach draußen und sah nach mir. Sie hatte die Weinflasche mitgenommen und schenkte mir etwas Wein ein. „Tut mir leid, dass ich so abgelenkt war …“, sie gesellte sich zu mir und saß auf einem Stuhl, der auf dem Balkon stand. „Wie war dein Tag?“, fragte sie mich.

„Wie immer … wie immer.“ Ich nahm einen Zug von meiner Zigarette. „Es sind viele Rechnungen auf dem Tisch.“ Sie trank einen Schluck ihres Weines.

„So ist es … mach dir darum keine Sorgen. Wir schaffen das schon.“

„Ich habe etwas gespart. Falls du was brauchst, sag es mir.“

„Nein, mein Liebling, das musst du nicht tun. Behalt alles für dich und sowieso, ich habe gute Nachrichten. Victor kommt am Sonntag zum Abendessen und will dich besser kennenlernen, um zu sehen, ob du geeignet bist für ein Stipendium,“, ich freute mich so sehr, dass ich nicht aufhören konnte zu grinsen.

„Ja Mann! Scheiße, willst du mich verarschen?“, ich konnte es immer noch nicht fassen, dass ich richtig laut wurde.

„Fluche nicht! Du hast es noch nicht! Deswegen benimm dich so gut wie möglich am Sonntag, okay? Bitte versuche nicht zu rauchen in seiner Nähe. Er hatte mir erzählt, was du getan hast, als ihr euch zum letzten Mal saht … Vielleicht solltest du nun aufhören“, meine Mutter war eine Anti-Raucherin und hasste es, dass ich es tat. „Tu das für mich, bitte.“

„Ich will nicht … ganz einfach! Es kommt am Schluss darauf an, wie ich bin. Er ist doch nicht so voreingenommen“, sie blieb ruhig und trank ihr Glas bis zum letzten Tropfen fertig. Sie beobachte, wie ich meine Zigarette rauchte und meinen Wein trank. Ich hielt meine Zigarette mit meiner linken Hand und nutzte immer den Daumen und den Zeigefinger.

„Du hältst die Zigarette ganz wie dein Vater und bist so stur wie er, aber du trinkst dein Glas wie ich. Du bist wirklich unser Kind“, sagte sie mit einem etwas angsterregenden Ton, als würde vor ihr mein Vater stehen.

„Ist es immer noch so schlimm wegen ihm? Kannst du deswegen so schlecht schlafen?“

„Das kann man nicht einfach vergessen Polly. All die Jahre, die wir zusammen waren … Kaum zu fassen, dass er mal ein guter Mann war. Als wir uns kennenlernten, war er charmant, mit guten Manieren, öffnete mir sein Herz, ohne mit den Wimpern zu zucken. Wir kamen zusammen nach Amerika und er blieb gleich, aber nachdem du auf die Welt kamst, fing er an sich ein wenig zu verändern, was mir nicht auffiel. Wir haben viel gearbeitet und wenig Zeit miteinander verbracht, je mehr Jahre verging. Als er gefeuert wurde, verlor er seine Fassung. Das hast du selbst gesehen … Ich bin froh gewesen, dass er im Gefängnis gelandet ist, aber ich habe Angst, wenn er rauskommt und uns aufsucht.“

„Er wird sich aber dieses Mal nicht mit einem Kind prügeln.“, schloss meine rechte Faust zusammen, als ich das sagte. Ich hätte ihm am liebsten in diesem Moment seine Fresse poliert, ohne Reue. Ich hasste ihn dafür, was er uns antat. Vor allem meiner Mutter. Es gab kaum einen Tag, an dem er uns nicht prügelte und auch wenn wir die Polizei verständigten, kam er fein aus der Sache raus und es wurde schlimmer. Ich lief mit blauen Flecken herum und das sah auch Marianna. Sie ließ mich oft bei ihr chillen mit der Erlaubnis ihres Vaters. Sie war meine erste Freundin, die zu mir hielt und wir stärkten unser Band, das bis heute nicht kaputt ging, auch wenn wir uns seltener sahen. Wir konnten immer noch über alles reden. Sie war die einzige Person, neben meiner Mutter, der ich mein volles Vertrauen schenkte.

Meine Mutter hielt meine Hand. „Ich weiß, dass du mich beschützten wirst, aber er ist gefährlich. Du hast ein gutes Herz im Gegensatz zu ihm. Er wird dich ohne Gnade angreifen.“

„Soll er doch. Falls er rauskommt und dich wieder anfasst … Ich will dich nicht im Stich lassen. Diesmal kann ich was bewirken“, sie küsste meine Stirn.

„Er ist noch lange nicht draußen. Wir werden noch für eine Weile weg von ihm sein. Wenn wir Glück haben, verlassen wir eines Tages das Land und gehen nach Europa. Du kannst in London leben oder in der Schweiz und ich gehe nach Serbien zurück und werde wieder mit meiner Familie wiedervereint sein. Das wäre keine schlechte Idee, oder?“

Der Tag, an dem Victor und Marianna uns besuchten, stand vor der Tür. Ich musste um elf Uhr zur Arbeit gehen und deswegen stand ich bereits um sieben Uhr auf, um die Zutaten vorzubereiten. Ich bereitete eine Gemüsesuppe und mein Lieblingsgericht namens Japrak vor. Für Japrak nahm ich Weinblätter, Zwiebeln, Lauch, Reis, zerhacktes Rindfleisch und Olivenöl. Erst grillte ich die Zwiebeln und den Lauch zusammen und kochte den Reis. Nachdem tat ich all die Zutaten auf die Weinblätter und knüllte sie dann in einen Topf zusammen und ließ den Rest meine Mutter machen. Bei der Gemüsesuppe kochte ich die Brokkoli, die Erbsen, Karotten und Blumenkohl zusammen. Es war mindestens ein halbes Kilo und dann nahm ich einen Handmixer, nachdem das Gemüse fertiggekocht wurde. Ich mixte so lange, bis die Masse cremig wurde. Nachdem ich für meine Mutter alles vorbereitete, ging ich duschen und machte mich bereit, um zur Arbeit zu gehen.

Bei der Arbeit stellte ich die nötigen Flaschen auf die Regale, wischte den Boden, überprüfte die Kasse und zählte die wöchentlichen Einnahmen. Mein Chef ging mal für eine halbe Stunde weg und ich musste auf den ganzen Laden aufpassen. Ich traf an diesem Tag auf Vicky, die mit ihren Eltern hier war. Wir redeten kaum ein Wort miteinander und sie gingen. Als mein Chef wieder da war, ging ich ins Lager und prüfte den Stand unserer Getränke. Es gab einen kleinen Überschuss von Tequila. Ich nahm das als Möglichkeit und schmuggelte eine Flasche in meine Tasche und es fiel ihm nicht auf.

Nach der Arbeit kehrte ich nach Hause zurück. Ich war um acht Uhr vor der Haustür. Meine Mutter, Victor und Marianna waren bereits am Nachtisch und redeten über ex-jugoslawische Musiker. Meine Mutter ließ über den Plattenspieler ein Album von Oliver Dragojevič laufen. Er war einer der bekanntesten Musiker aus Kroatien und äußerst beliebt auf dem Balkan. Ich liebte seine Kompositionen und seine Texte. Mama stand auf und empfing mich mit Backenküssen und einer Umarmung. Ich begrüßte noch Victor und Marianna und danach verstaute ich meine Tasche in meinem Zimmer. Ich gesellte mich zu ihnen und nahm eine Suppe, die ich am Morgen bereits vorbereitet hatte. „Wie war dein Arbeitstag?“, fragte mich Victor, nachdem er einen Schluck Wein trank.

„Es war wenig los, daher hatte ich auch Zeit gehabt, die wöchentlichen Einnahmen und unseren Warenstand zu zählen. Wir haben einen Überschuss an Tequila gehabt und wir sind noch im Plus.“, er musste lächeln.

„Wie managest du es mit der Arbeit und dem Lernen?“, fragte er mich aus. „Dein Notenschnitt ist beeindruckend nebenbei bemerkt. Das überrascht mich einfach.“, sagte er aus Interesse.

„Keine Ahnung. Ich bin so“, ich musste lachen, als ich das sagte. „Das Hirn habe ich meiner Mutter zu verdanken“, meine Mutter war geschmeichelt. Ich aß meine Suppe weiter. Er stand auf.

„Danke dir nochmals Jana für das wunderbare Abendessen. Kann ich draußen auf dem Balkon eine Zigarette rauchen?“, sie bejahte. „Ich danke dir“, er ging nach draußen und rauchte eine. Meine Mutter ging mit ihm und Marianna blieb bei mir.

„Wie war dein Tag?“, fragte ich sie.

„Es war Sonntag. Ich blieb heute zuhause und machte ein wenig Yoga. Die Suppe ist fantastisch. Deine Mutter ist eine gute Köchin.“

„Ich habe die Suppe gemacht“, sie war überrascht.

„Du kochst?“, ich nickte. „Gute Arbeit Polly. Ich bin eine schlechte Köchin. Ich lass das meiste anbrennen, aber ich kann Cocktails machen. Ich kann auch noch Tee kochen.“, ich aß die Suppe fertig und ging ans Hauptgericht, was Reis, Steak und Brokkoli war. „Was noch? … Ich mach noch gesüßtes Popcorn.“

„Wer isst süßes Popcorn? Popcorn soll nur mit Salz gegessen werden. Das ist Fakt.“

„Hast du jemals Popcorn mit Zucker gegessen?“

„Ja und es schmeckt scheiße. Es ist eine Sünde.“

„Ohh.“, sagte sie laut. „Komm mal runter! Das ist ein Problem von dir. Scheiss Diktator.“, ich aß mein Essen weiter. „Du frisst schnell, weißt du das?“, sagte sie bitter und zornig.

„Tut mir leid okay“, sagte ich. „Ich bin ein wenig angepisst wegen der Arbeit okay. Es war so beschissen langweilig, dass ich nicht kapiere, warum mein Idiot von Boss mich heute unbedingt brauchte.“

„That’s life.“, war ihre Antwort. Sie wollte mir auf die Eier gehen. „Dann such dir einen besseren Job, wenn du ein Problem damit hast.“

„Leider brauch ich den Scheiß.“, Victor kam aus dem Balkon heraus mit meiner Mutter. Er gesellte sich zu mir, während meine Mutter noch einen kleinen Kaffee für sie, Victor und mich machte. „Tat die Zigarette gut?“, fragte ich ihn.

„Das Rauchen schadet, aber keiner kann es verleugnen, dass nach der Mahlzeit eine so guttut.“, sagte er mit einem Lächeln. „Der Wein ist hervorragend Jana. Du musst mir sagen, wie der Wein heißt.“

„Das ist Plavac. Ein Wein aus Kroatien aus der dalmatinischen Region.“

„Plavac … Hervorragender Wein. Ich will mich noch einmal für das wunderbare Abendessen bedanken Jana. Du bist hervorragend.“

„Du musst dich auch bei Apollon bedanken. Er half mir bei der Suppe und Japrak“, sie sah mich an und gab einen Blick voller Stolz.

„Dann muss ich auch bei dir bedanken, Apollon. Liegt wohl bei euch in der Familie solch gute Köche zu sein. Du hast kaum was von deinem Japrak angefasst, mein Junge.“

„Das ist kein Problem. Ich esse es lieber kalt. So bin ich halt.“

„Was ist dein Ziel im Leben?“, fragte er mich aus dem Nichts. „Deine Mutter hat dir garantiert erzählt, dass ich nicht nur aus Spaß hier bin. Ich verteile nicht Stipendien, als wären es Pennys. Du magst einen guten Notenschnitt haben, aber ich will nur eines wissen … Was soll aus deinem Leben gemacht werden? Was sind deine nächsten zehn Jahre? Wieso eine Universität? Was soll all der Aufwand?“, er hatte mich damit überrumpelt. Ich plante nicht alles zehn Jahre voraus oder was aus meinem Leben konkret werden sollte. Mir kam wenig in den Sinn, was geplant klang.

„Ich will moderne Geschichte studieren und Geschichtsprofessor werden. Erstens ein Zugang zum Studium erhalten und falls ich bis zu meiner Habilitation schaffe, erstmal Lehrer an einer Privatschule werden. Ich will einfach genug verdienen in dem, was ich gut bin, um meine Mutter zu unterstützen … Mein Vater ließ uns im Stich und nun muss ich seine Fehler wiedergutmachen.“

„Interessant, dass du deinen Vater erwähnst. Ist das alles dein Aufwand? Alles gut zu machen, was dein Vater ruinierte?“

„Er hat viel Scheiße gebaut. Sehr viel.“

„Du kannst ja immer noch wie er werden. Immerhin ist er ein Teil von dir. Vielleicht wirst du auch eines Tages deine Mutter schlagen“, sagte er mit einer Kälte in seiner Stimme. „Du magst von außen her wie ein guter Junge wirken, aber im Innern lodert eine Flamme. Das sehe ich in deinen Augen. Es stimmt. Du bist neidisch, weil andere Menschen es besser haben wie dieser Jason oder der Sohn des Staatsanwaltes. Du fragst dich oft, warum das Leben so unfair ist, aber deswegen muss man umso härter kämpfen. Wie viel Druck kannst du aushalten, bis du explodierst? Du wirst es nicht lange aushalten“, ich konnte es nicht aushalten, wie er mich fertig machte und stand schnell auf. Ich verlor in dem Augenblick meine Gelassenheit und psychische Kontrolle.

„Du weißt nicht, wer ich bin. Wir haben nicht mal so oft miteinander geredet, damit du so ein Scheiß über mich sagst. Ich wie mein Vater?“, ich floh in mein Zimmer und schloss es ab. Ich hörte Geräusche im Wohnzimmer. Ich konnte den Stress nicht aushalten und blieb einfach dort. Ich hatte Angst, wie mein Vater zu werden. Immerhin war er ein Teil von mir. Mir kamen langsam die Tränen auf. Meine Mutter klopfte an meiner Tür. Sie wollte reinkommen, aber ich gab keine Antwort. Sie redete von der Tür aus, aber ich blieb still. Dann schritt Marianna ein und klopfte. Sie bat mich sie reinzulassen. Sie redete ein wenig über die Situation und machte ein paar Witze über ihren Vater. Ich ließ sie anschließend rein. Sie hatte meine Tasse Kaffee mitgenommen, die meine Mutter für mich machte. Ich schloss dann die Tür wieder zu. Marianna saß auf meinem Bett, während ich stehen blieb.

„Tut mir leid wegen meinem Dad. Ich wusste nicht, dass er sich so verhält.“

„Ich habe überreagiert wie eine Schwuchtel … Mann, Scheiße. Warum kann ich mich nicht kontrollieren?“, ich brach fast wieder in Tränen aus. „Fuck!“

„Was ist eigentlich mit deinem Dad? Niemand hat mir erzählt, was er getan hat.“

„Wegen ihm … Er hat einen Mann ermordet, aber das ist bereits Jahre her … Er hat mich und meine Mutter fast in den Wahnsinn getrieben. Du kannst dir nicht vorstellen, was für ein Arschloch er ist. Anstatt wie ein guter Mensch zu sein und zu versuchen seine Familie zu unterstützen, hat er uns in den Arsch gefickt. Meine Mutter musste mich alleine erziehen. Zum Glück hat Victor meiner Mutter geholfen. Ich wüsste nicht, was wir ohne ihn getan hätten.“, sie stand auf. Sie sagte nichts, vergoss eine kleine Träne und streckte ihre Arme aus, damit sie mich umarmen konnte. Ich war sprachlos und erwiderte die Geste.

„Das werden wir immer sein. Keine Sorge … Ich habe nicht dasselbe durchgemacht wie du, aber du bist nicht das einzige Kind mit nur einem Elternteil. Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst.“ Ich musste eine Träne vergießen. Sie ließ mich wieder los. „Gehen wir wieder zurück. Tu das bitte für mich“, ich nickte. Wir kehrten wieder zu Victor und meiner Mutter zurück. Sie war besorgt um mich und Victor hatte sich schuldig gefühlt. „Willst du was sagen Dad?“, fragte Marianna ihn.

„Es tut mir leid, Apollon. Ich bin zu weit gegangen. Ich weiß, dass du die Universität schaffen wirst … Ich werde morgen ein paar Telefonate durchführen und dir ein Stipendium besorgen“, er reichte mir seine Hand. Ich nahm sie mit großem Vergnügen an.

4.

Ich kam zurück von der Arbeit und meine Mutter stand sofort auf, als ich in die Wohnung reinkam. Sie hatte ein breites Grinsen aufgehabt und ich kapierte nicht, was vor sich ging. Sie drückte zwei Briefe auf meine Brust, die ich durchlas. Ich bestand die High School als einer der 20 besten Schüler und erhielt mein Stipendium für die UCLA. Ich schrie vor lauter Freude und umarmte meine Mutter. „FUCK JA!!!!“, schrie ich lauthals.

„Wir sind hier nicht auf den Bergen!“, schrie sie lächelnd auf mich zu. Sie küsste meine Stirn. „Ich bin so stolz auf dich mein Sohn … Ich habe etwas für dich. Warte hier“, sie ging in ihr Zimmer hinein und brachte mir ein kleines Geschenk mit. „Ich weiß, dass dein Geburtstag morgen ist, aber ich konnte kaum warten, weil du so viel geleistet hast.“, sagte sie aus vollem Stolz. Ich öffnete das kleine Päckchen. Es war ein Orden aus der Zeit der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Sie wurden an ranghohen Offizieren verliehen zum 40. Jubiläum der Volksarmee. Auf der Vorderseite war die linke Gesichtshälfte von Josip Broz Tito abgebildet. Ich wollte schon immer sowas haben. Ich musste meine Mutter umarmen. Ich war starr und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Es hat bestimmt ein Vermögen gekostet.

„Wie kann ich es wiedergutmachen?“, fragte ich sie.

„Das hast du bereits.“, ich ließ sie los und ging in mein Zimmer. In weniger als zwei Stunden stünde mein 18. Geburtstag vor der Tür. Zugleich an diesem Tag fand die Party von Jason statt. Ich wollte mir vornehmen eine Frau aufzureißen und vielleicht würde mein Geburtstagsglück helfen. Ich hatte mindestens zwölf Flaschen bereitgehabt in meinem Zimmer. Tequila, Scotch, Whisky, Wodka, Rum und Rakija. Zwei Flaschen von jeder Sorte, die ich zurzeit besaß. Ich zog mir bequemere Sachen an und nahm aus dem Kühlschrank eine Flasche Wein hervor und füllte zwei Gläser für meine Mutter und mich auf. Wir gingen dann auf unseren Balkon und ich rauchte eine Zigarette. Die Zigarette tat mir gut. Einen kleinen Sieg und für fünf Minuten den Geschmack auskosten. Meine Mutter war glücklich und sie fiel seit einer Weile nicht mehr in Ohnmacht. „Gehen wir tagsüber ins Aroma Café. Ich dich zum Essen ein. Wir können noch nachher shoppen gehen. Du musst hübsch sein für deine Party.“

„Gute Idee. Ich habe morgen frei, zum Glück.“, ich trank mein Glas aus. „Gehst du morgen auch raus?“

„Ja. Ist schon länger her. Da fühlt man sich wieder jung.“, sagte sie nachdenklich, als hätte sie einen Nerv getroffen. „Genieße deine Jugend mein Schatz, solange du noch kannst! Bereue nichts, was du tun wirst. Am Ende sind wir Menschen. Keiner von uns ist perfekt. Wir sind nicht unbesiegbar wie Gott, sondern zerbrechlich wie Porzellan. Was wir tun können, ist die Scherben aufzusammeln und weitermachen. Nur so können wir mit einem reinen Gewissen leben.“

Ich fuhr am nächsten Abend zu Mariannas Haus, die mich bat sie zur Party zu fahren. Meine Mutter ging bereits mit Victor und einigen Kollegen raus, daher war sie nun alleine im Haus. Ich nahm meine zwölf Flaschen, die ich in meinem Zimmer verstaut hatte, mit. Gleichzeitig nahm ich zwei Packungen Zigaretten mit, Kaugummis und Parfüm. Ich zog ein schwarzes Hemd an, eine blaue Chinohose, Lackschuhe, Armbanduhr, Goldkette und ein Goldarmband. Ich fühlte mich wie ein Zuhälter mit dem Goldschmuck und meinem Weinbauch. Ich war vor dem Eingang und sie ließ mich passieren. Ich parkte vor ihrer Einfahrt, stieg aus meinem Wagen aus und klopfte dann vor der Haustür. Als sie dann die Tür aufmachte, war sie schon bereit, um rauszugehen. Ihr Kleid war eng, was ihre Kurven betonte und gut aussehen ließ, der Ausschnitt tief geschnitten, sie füllte ein wenig ihren BH auf, damit die Titten größer wirkten, sie trug hohe Absätze und damit kam sie bis zu meiner Nase, ihr Make-up saß gut, aber zu viel für meinen Geschmack. Sie trug zu viel Lippenstift und Pulver auf ihrer Haut auf, was ich schade fand, weil sie ohne Schminke viel schöner aussah. Mangel an Make-up fand ich am besten bei Frauen, weil sie nicht dann wie engbekleidete Clowns aussehen. Aber im Großen und Ganzen war sie atemberaubend. „Du bist wunderschön.“, begrüßte ich sie. Sie nahm das Kompliment gerne mit einem Schmunzeln an und ließ mich rein.

„Ich muss noch schnell eine Tasche aussuchen, bevor wir gehen. Ich habe Kaffee für dich bereitgelegt mein Chauffeur. Deine Tasse steht in der Küche.“, sie fasste meine Hände an, als ihr auffiel, dass ich ein goldenes Armband trug. Es gefiel ihr anscheinend. „Bin gleich wieder zurück.“, ich ging zur Küche, holte mir meinen Kaffee und ging in den Garten, um eine Zigarette zu rauchen. Ich scrollte ein wenig durch mein Smartphone. Es war wie immer nichts los. Ich versorgte die Tasse dann in der Spüle und wartete weiter. Als ich wieder reinging, stand sie in der Küche und war bereit zu gehen.

„Gehen wir, mein Untergebener.“, und richtete ihren Kopf Richtung Haustür und zeigte darauf. Wir fuhren dann los. Sie saß gleich neben mir und bestimmte die Musik. „Hier ist mein Ablauf für dich: Du hast die Flaschen dabei, nicht wahr?“ Ich nickte. „Gut. Ich helfe dir dann sie an Jason zu überreichen oder weißt du was, du schaffst das schon alleine. Ich will nicht mein Kleid ruinieren. Du bedankst dich nochmal bei ihm und wir gehen rein. Kennst du noch Vicky?“

„Natürlich. Ich bin nicht vergesslich.“, ich sah sie nicht an, als sie mir die Frage stellte, weil ich mich auf das Fahren konzentrieren musste. „Was ist mir ihr?“

„Die gute Neuigkeit ist, dass sie nicht mehr mit ihrem Freund zusammen ist. Du kannst rangehen und vielleicht gewinnst du sie sogar für dich. Sie nimmt jeden an, um es ihm heimzuzahlen.“, lachte sie noch dazu. „Versuch es heute Abend. Immerhin hast du Geburtstag. Du hast vielleicht Glück.“

Die Einfahrt von Jasons Grundstück stand offen. Wir konnten reingehen ohne irgendwelche Probleme. Als wir dann ausstiegen, wartete Jason bereits vor seiner Haustür und Marianna eilte zu ihm und gab ihm einen sehr langen Kuss. Ich nahm meine Flaschen, die in zwei Kisten verpackt waren, stellte sie auf, trug sie als Erstes raus und platzierte sie dann auf dem Boden. Ich machte den Kofferraum zu und schloss meinen Wagen ab, nahm die Kisten wieder in meine Hände und lief zu denen zwei, die mir zusahen, wie ich mir den Arsch aufriss. Er fasste mir die Schulter an und begrüßte mich. „Stell die Kisten in der Küche auf! Ich komme gleich zu dir.“, die Küche war riesig. Es standen mehrere Kisten Bier und Flaschen von Wodka, Tequila und Gin dort. Jason kam zu mir und half die Flaschen zu versorgen. Ich öffnete eine Flasche Rakija und nahm drei Gläser hervor für Jason Marianna und mir. Wir stießen dann an. Es war lustig anzusehen, dass sie den Stoff nicht ertragen konnten.

Sie brachten mich anschließend zu Vicky, wo wir dann ein wenig unter uns waren. Ihre Hände waren zart, als hätte sie nie gearbeitet, was auch stimmte. Ihre Eltern hatten sie sehr verwöhnt. Sie besaß ein kleines Muttermal an ihrer Oberlippe, ihr Gesicht war markant, ihre Augen erinnerten mich an eine kroatische Sängerin namens Severina, sie trug ihr Haar lockig, waren ganz schwarz, ihre Augenbrauen waren füllig und gezupft, ihre Titten waren durchschnittlich, es gab bessere Ärsche, aber sie war fit. An diesem Abend zog sie sich schlicht an. Ein einfaches T-Shirt und eine Boyfriend-Jeans, Sneaker, sie trug eine Sonnenbrille und eine kleine Tasche. „Was machst du eigentlich?“, fragte Vicky.

„Ich bin mit dir in der High School. Hast du mich vergessen?“, ich war ein wenig verwirrt in der Lage.

„Ich meinte Hobbys, du Idiot“, ich war schon ein Dummkopf. Da hatte sie Recht gehabt. Mir fiel es wirklich schwer mit Frauen eine anständige Konversation zu halten, ohne dass ich nervös werde. Man hielt mich dann für dumm.

„Keine Ahnung. Ich esse gerne.“ Sie lachte. Ich konnte meinen Fehler wieder ein wenig ausbügeln. „Und was machst du?“

„Ich schwimme gern.“, das sah man ihr auch an. Sie war fit wie ein Turnschuh.

„Bist du in einem Verein?“

„Ja. Ich habe sogar an einigen Turnieren teilgenommen.“, das war beeindruckend, „und sogar gewonnen.“, sie strahlte viel Selbstbewusstsein aus. Das konnte man ihr lassen.

„Das ist fantastisch.“

„Wieso machst du keinen Sport?“

„Hatte nie Lust gehabt. Aber ich bin sowieso stark. Also daher.“

„Wäre ich du, dann würde ich lieber so schnell wie möglich anfangen. Glaub mir Polly. Nichts ist wichtiger, als gesund zu sein.“ Ich hätte den Ratschlag früher annehmen sollen.

„Danke für den Tipp.“, sagte ich sarkastisch.

„Kein Problem. Marianna hatte mir erzählt, dass du dich für Politik interessierst, oder?“ Ich sagte ja.

„Wie stehst du dazu, dass Frauen weniger bezahlt werden als Männer?“

„Ich habe mich nicht so sehr mit dem Thema auseinandergesetzt.“

„Ich kann es dir erklären. Laut Studien verdienen Frauen zwanzig Prozent weniger als Männer. ZWANZIG. Wir machen sogar die gleiche Arbeit. Findest du das nicht unverschämt?“, ihr Exfreund unterbrach in der Zwischenzeit das Gespräch, indem er losschrie, wie ein Affe und mich dann wegstieß.

„Was redest du hier mit dem Fettsack?“, er war aggressiv wie ein Saiyajin.

„Ach halt doch deine Fresse …“, sie begannen zu diskutieren und loszuschreien. Also haute ich auf der Stelle ab, ohne, dass sie es merkten. Ich ging zur Küche, trank zwei Dosen Bier. Marianna hatte sich sehr mit Jason amüsiert, der mit ihr tanzte. Zum Glück war ich nicht vollkommen alleine, da Emilio auch auf der Party war. Er war mit seiner Entourage hierhergekommen. Ich hing mit ihnen für eine Weile ab. Ich soff, was das Zeug hielt. Es waren schon ein paar Stunden vergangen. Marianna war schon besoffen. Jason brachte sie in sein Zimmer.

„Hey Polly. Wollen wir Beer-Pong spielen?“, fragte Jason.

„Sicher.“

Wir räumten den Tisch auf, stellten Becher auf. Unser gegnerisches Team war der Exfreund von Vicky und einer seiner Freunde. Er wollte mich, glaube ich, demütigen mit dem Spiel. Mein erster Wurf war mir gelungen. Das Spiel war simpel. Wenn der Ball in den Becher landet, dann muss dein Gegner trinken und darauf kann man eine Regel festlegen. Ich wollte den Arsch zum Kotzen bringen, also bestimmte ich als Regel, dass nach jedem Becher ein Shot Rakija getrunken werden muss. Die Leute checkten nicht, was Rakija war. Als er dann den Shot trank, verhielt er sich wie eine Pussy. Die Leute lachten ihn aus. „Was ist das für eine Scheiße?“, fragte er.

„Das trinken nur Männer, du Schwuchtel!“, ich hatte wirklich den Drang gehabt meine Männlichkeit rauszulassen. Die Partie ging über vierzig Minuten. Wir konnten noch den letzten Becher treffen und hatten gewonnen. Der Typ war bereits am Kotzen. Die Menge hatte uns gefeiert. Emilio, der mittlerweile high war, kam zu mir und gratulierte mir, als hätte ich ein Turnier gewonnen. Ich war schon mittlerweile ziemlich besoffen.

Wir tranken noch ein paar Drinks zusammen. Mir ging es langsam schlechter, nachdem ich so viele verschiedene Drinks zusammengemixt hatte. Zur gleichen Zeit hatte Emilio sein Kokain bereitgelegt zum Schnupfen. Niemand hatte es gemerkt, da jeder am Feiern war. „Willst du nicht mit dem Scheiß aufhören?“, fragte ich, während er es schnupfte.

„Keine Ahnung, man.“, er hörte damit nicht auf, was mir auf die Eier ging. „Macht dafür zu viel Spaß …“, er zog noch eine weitere Line. „Sag mal Polly. Wo ist den Marianna?“, fragte Emilio.

„Sie ging nach oben und wollte sich ausruhen, glaube ich.“, mir ging es langsam schlechter. Meine Beine verloren ein wenig ihre Kraft.

„Alles klar.“