Preston - Salem Pedro - E-Book

Preston E-Book

Salem Pedro

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Beschreibung

Nach dem Tod von seinem Vater, fiel Preston in ein dunkles Loch. Ein Loch, das ihn dazu zwang, sich von seiner schlimmsten Seite zu präsentieren und Grenzen zu überschreiten. Um genau das zu vermeiden, inszeniert er, dass er fremdgegangen ist. All dies, um seine Freundin dazu zu bringen, Schluss mit ihm zu machen. Es vergeht ein Jahr, indem beide alles in ihrer Macht stehende tun, um ohne den anderen weiterzuleben. Olympia, die am Boden zerstört ist, lässt sich währenddessen nur noch auf Männer ein, die genau das Gegenteil von Preston sind. Männer, die ihr Verlangen nach Schmerz und Kontrolle nicht erfüllen können. Ohne jegliche Vorwarnung kehrt Preston nicht nur zurück, sondern möchte nun wieder Olympia für sich beanspruchen. Sofort!

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Seitenzahl: 332

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Dein Wohlergehen ist mir wichtig! Aus diesem Grund möchte ich dich WARNEN.

Gehörst du zu den Menschen, deren Körper voller Vorfreude kribbelt, sobald sie eine Peitsche erblicken? Nein? Dann ist dieses Buch nichts für dich. Diese Lektüre ist für Menschen gedacht, die sowohl körperlich als auch emotional einiges aushalten können. Menschen, die die Grenze zwischen Schmerz und Lust verschmelzen lassen. Leute, die verlangend nach Schmerzen betteln. Leute wie ... Olympia.

Diese potenziell triggernden Themen erwarten dich:

Masochismus

Sadismus

Demütigung

Unterdrückung

Gewalt

Non-consent

Messerspiele

»Schlag mich«, sagt der Masochist.

»Nein«, antwortet der Sadist.

- Unbekannt -

Inhaltsverzeichnis

PROLOG

Kapitel 01

Kapitel 02

Kapitel 03

Kapitel 04

Kapitel 05

Kapitel 06

Kapitel 07

Kapitel 08

Kapitel 09

Kapitel 10

Preston

Kapitel 11

Olympia

Kapitel 12

Kapitel 13

Preston

Olympia

Kapitel 14

Preston

Olympia

Preston

Kapitel 15

Olympia

Kapitel 16

Einige Stunden zuvor ...

Kapitel 17

Preston

Kapitel 18

Olympia

Kapitel 19

PROLOG

Was wir wissen, ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean. Rufe ich mir das Zitat von Isaac Newton ins Gedächtnis. Anstatt mich besser zu fühlen, werde ich von einer Woge der Traurigkeit heimgesucht und schließe gequält die Augen. Zu wissen, dass ich im Moment nichts über den Mann, den ich über alles liebe, weiß, wirft mich vollkommen aus dem Gleichgewicht und das einzige, das zurückbleibt, ist der bittere Nachgeschmack der Hilflosigkeit.

Dass Preston gerade eine schwierige Phase durchmacht, ist mir bewusst. Es ist nachvollziehbar, dass der Tod seines Vaters seine Welt erschüttert hat. Die beiden waren nicht nur eine Familie gewesen, sondern auch die allerbesten Freunde. Und nun ist Preston gezwungen, ohne seinen Freund weiterzuleben. Etwas, das sich als sehr schwer erweist. Mein einst herrischer, kontrollsüchtiger und fröhlicher Freund befindet sich in einer emotionalen Starre. Eine Starre, die jegliches Licht aus seinen Augen erloschen hat und ihn wie eine leblose Hülle wirken lässt. Dass er mich nicht von sich stößt, überrascht mich, zugegebenermaßen, da er fast alle Menschen, die nur das Beste für ihn wollen, von sich wegschiebt.

Sollte ich mich über die Tatsache, dass er mich bei sich haben möchte, freuen? Womöglich, doch das ist nicht der Fall. Wie denn auch? Wie kann ich mich darüber freuen, wenn er nur körperlich anwesend ist? Manchmal fühlt es sich so an, als wäre unsere Beziehung mit seinem Vater beerdigt worden und dass wir nur noch aus Gewohnheit zusammen sind.

»Hör auf«, flüstere ich mir selbst zu und starre die Tür an, die mich von Preston trennt. Seit mehreren Minuten stehe ich vor der Haustür meines Freundes und rede mir Mut zu. Wie immer rufe ich mir ins Gedächtnis, dass sein monotones Auftreten nichts mit mir zu tun hat. Er ist traurig und verletzt, was sehr verständlich ist. Seufzend schiebe ich den Schlüssel in meiner Hand in das Schloss und drehe ihn um. Nachdem ich sein Haus betreten habe, lasse ich die Tür ins Schloss fallen und sehe mich um.

»Daddy?«, rufe ich nach ihm und gehe ins Wohnzimmer, welches ich leer vorfinde. Verwirrt begebe ich mich Richtung Schlafzimmer und frage mich, ob er überhaupt zu Hause ist. Warum sollte er mich hierher bestellen, wenn er nicht anwesend ist? Immer noch irritiert, öffne ich die Tür seines Schlafzimmers.

Sofort halte ich in meiner Bewegung inne und habe das Gefühl zu fallen. Gott, es fühlt sich an, als würde ich so hart auf den Boden aufprallen, dass das Atmen mir schwerfällt. Reflexartig beginne ich zu keuchen, während ich zu Preston starre, der über einer nackten Frau liegt und mich fast schon teilnahmslos ansieht.

»Es ist nicht das, wonach es aussieht«, kommt es kalt aus seinem Mund und er erhebt sich.

Es ist nicht das, wonach es aussieht.

Diesen Satz aus seinem Mund zu hören, ist das Schmerzvollste, das ich jemals zu hören bekommen habe. Mit feuchten Augen sehe ich zu der Frau in seinem Bett, die versucht, ihren nackten Körper zu bedecken, und ich schließe die Augen. Es ist genau das, wonach es aussieht.

»Du hättest mich bitten können, dich zu verlassen«, flüstere ich weinend. Dass diese Aktion einen Zweck hat, ist mir bewusst.

»Es tut mir leid«, erwidert er weiterhin kalt. Die unechte Entschuldigung bringt mich dazu, einen Schritt nach hinten zu machen und wild mit dem Kopf zu schütteln. Dass es ihm leidtut, mich zu verletzen, glaube ich ihm. Doch ihn mit dieser Frau erwischt zu haben, tut ihm nicht leid. Nicht einmal ein bisschen. Er wollte von mir erwischt werden, er wollte, dass ich das sehe. Aber warum? Damit ich ihn verlasse? Ist es das, was er möchte? Ein Blick in seine Augen bestätigt meine Annahme. Weinend gehe ich auf ihn zu und bleibe dicht vor ihm stehen.

»Du bist frei«, hauche ich. Er schließt die Augen und atmet fast schon erleichtert aus. Mein Herz bricht bei dieser Reaktion. Will er mich wirklich so sehr aus seinem Leben haben?

»Verlass mein Haus«, sagt er, ohne mich anzusehen. Weinend öffne ich meinen Mund, um etwas zu erwidern, entscheide mich jedoch dafür, seiner Bitte nachzukommen. Nicht für ihn, sondern für mich. Um dieser Situation zu entkommen, um ihm zu entkommen, bevor er erneut den Mund aufmacht und mir noch mehr wehtut.

Kapitel 01

»Du bist wunderschön«, flüstert der Mann über mir, legt seine warme Hand sachte auf meine Wange und streicht darüber. Als er ein weiteres Mal sanft in mich eindringt, unterdrücke ich den Drang, mit den Augen zu rollen, kann mir jedoch einen verzweifelten Seufzer nicht verkneifen. Er aber scheint diese Geste misszuverstehen, denn seine Augen, die sich an meine heften, leuchten vor Erregung und er küsst mich zärtlich, während er weiterhin vorsichtig in mich stößt. Ich nehme seine Hand und lege sie um meinen Hals, in der Hoffnung, dass er zudrückt, doch nichts passiert. Der Mann über mir bewegt sich weiterhin sanft, lässt von meinem Hals ab und streicht mir über das Gesicht. Es ist zum Verzweifeln! Innerlich bete ich, dass er endlich seinen Höhepunkt erreicht und mich von dieser Qual erlöst.

Als hätte das Universum mein stummes Gebet gehört, ergießt sich Kareem nach drei weiteren Stößen in das Kondom und sackt auf mir zusammen. Ein lautloses »Danke« verlässt meinen Mund, ehe ich ihn leicht von mir schiebe, mich erhebe und ins Badezimmer eile.

Mit leeren Augen betrachte ich mich in den Spiegeln und seufze. Meine kupferfarbenen Haare, welche mir vor einem Jahr noch bis zur Taille gingen, sind jetzt schulterlang. Die einst strahlenden grauen Augen haben ihren Glanz verloren und starren mich leblos an. Das ist alles seine Schuld! Er ist gegangen und hat ein Stück von mir mit sich genommen. Zurückgelassen hat er nur eine Hülle, die nicht einmal mehr in der Lage ist, Sex zu genießen. Wie denn auch, wenn er der Einzige ist, der mir das geben kann, was ich brauche?

»Ist alles gut?«, fragt mich Kareem, der durch die Tür kommt. Ich setze ein Lächeln auf, als ich meinen Kopf zu ihm drehe.

»Ja, alles bestens.« Er zieht mich in seine Arme, drückt seine Lippen sanft auf meine und küsst mich zärtlich.

Kurz erwidere ich den Kuss, löse mich aber nach wenigen Sekunden wieder.

»Geht es dir wirklich gut? Du wirkst abwesend.« Er sieht mich besorgt an.

»Alles bestens. Du musst aber jetzt los, da Valencia kommt. Wir sehen uns am Montag bei der Arbeit«, lüge ich.

»Wie wäre es, wenn wir das Wochenende zusammen verbringen?«, schlägt er vor und folgt mir zurück ins Schlafzimmer. Sobald er seine Hände sanft auf meine Haut legt, beiße ich die Zähne zusammen. Warum muss er mich so anfassen?

»Ich habe dir doch gesagt, dass ich Valencia versprochen habe, Zeit mit ihr zu verbringen«, lüge ich erneut und bringe ihn damit zum Seufzen.

»Na gut, dann lass mich dich am Montag ausführen«, gibt er bittend von sich.

»Fein«, erwidere ich. Kareem zieht mich glücklich zu sich heran und küsst meine Wange, bevor er sich endlich anzieht und mein Haus verlässt.

Von mir selbst genervt, greife ich nach meinem Handy, welches sich auf dem Nachttisch befindet, und wähle die Nummer meiner besten Freundin.

»Hallo, meine Schöne«, meldet sie sich, wie immer fröhlich.

»Wie geht es dir?«, erkundige ich mich nach ihrem Wohlergehen.

»Anscheinend besser als dir. Warum klingst du so deprimiert?«, antwortet sie. Ich lasse mich auf meine Couch fallen.

»Kareem war gerade bei mir.« Sie stöhnt genervt auf.

»Warum?«, will sie wissen. Weil er mir die Sicherheit garantiert, nicht verletzt zu werden. Anstatt genau das zu sagen, entscheide ich mich dafür, es lieber für mich zu behalten. Ich kenne bereits ihre Meinung dazu.

»Hast du Zeit?«, wechsele ich das Thema.

»Ich bin gerade im UP. Kommst du vorbei?«, fragt sie mich. Prompt erhebe ich mich und marschiere ins Badezimmer, wo ich die Dusche einschalte.

»Wir sehen uns in einer halben Stunde«, beende ich das Gespräch und stelle mich unter die Dusche. Für einen kurzen Moment spiele ich mit dem Gedanken, mich selbst zu berühren, um mir die Erleichterung, welche mir zuvor nicht gegönnt wurde, zu verschaffen, doch ich lasse es sein. Wozu denn auch? Ich weiß genau, wie es enden wird. Sofort schüttele ich den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden, und wasche mich schnell.

Nach einer kurzen Dusche trockne ich mich ab, creme meine Haut ein und ziehe mir eine schwarze, enge Jeans an. Hastig greife ich nach einer blauen Bluse mit tiefem V-Ausschnitt, streife sie mir über und ziehe anschließend meine schwarzen Stiefeletten an. Fertig angezogen, betrachte ich mich im Spiegel. Meine Augen fixieren sich auf die enge Jeanshose und wie so oft stimmt mich dieser Anblick melancholisch. Es fühlt sich immer noch komisch und falsch an, Hosen zu tragen. Abrupt schüttele ich den Kopf, packe meine Handtasche und verlasse die Wohnung.

Da sich unsere Stammbar keine zehn Minuten von meiner Wohnung entfernt befindet, verzichte ich selbstverständlich auf mein Auto und spaziere zu der Bar, wo Valencia bereits auf mich wartet. Sobald ich jedoch Gabriela, die Cousine meiner besten Freundin, erblicke, überlege ich tatsächlich, wieder umzukehren. Dass ich diese Frau nicht besonders mag, ist ein offenes Geheimnis. Es tut mir zwar für Vale leid, da sie oft zwischen den Fronten steht, aber was soll ich sagen? Gabrielas Anwesenheit irritiert mich!

»Du siehst toll aus«, sagt Valencia, als ich mich lautlos auf dem freien Stuhl neben ihr niederlasse und ihr einen Kuss auf die Wange drücke.

»Gleichfalls«, erwidere ich, drehe meinen Kopf zu ihrer Cousine und gebe mir nicht einmal die Mühe, sie freundlich anzusehen.

»Gabriela«, murmele ich teilnahmslos. Sie sieht mich genauso gleichgültig an, nippt wortlos an ihrem Getränk.

Als der Kellner zu mir kommt, bestelle ich mir einen Martini und sehe wieder zu Valencia, die mich bereits mahnend ansieht.

»Vale, bitte keine Predigt bezüglich Kareem«, jammere ich.

»Lass den armen Mann doch einfach in Ruhe. Wie es aussieht, hast du keinerlei Gefühle für ihn, also warum ihm Hoffnung machen?«, kommt es kühl von Gabriela. Auch wenn es mich unglaublich provoziert, ihre Stimme zu hören, hat sie recht. Von dieser Tatsache genervt, möchte ich dem Kellner meinen Drink abnehmen, lasse aber gleich wieder die Hand sinken.

»Das habe ich nicht bestellt«, gebe ich verwirrt von mir.

»Der Drink ist von dem Herrn dort drüben«, antwortet er mir. Immer noch konfus, sehe ich in die Richtung, in die er zeigt, und erstarre. Meine Augen weiten sich, und genauso wie vor einem Jahr, habe ich das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen.

Unfähig, mich von meiner Starre zu lösen, sehe ich den Mann, der mir den Drink zukommen lassen hat, geschockt an. Wie er lässig dasitzt, mich mit seinen wunderschönen braunen Augen fixiert, pure Provokation! Wütend taxiere ich seine Augen. Augen, die das Talent besitzen, mich mit einem einzigen Blick auf die Knie zu zwingen. Was macht er hier und warum ist er nicht in Europa? Plötzlich wird mein Kopf nach rechts gezogen und ich blicke in Valencias grüne Augen.

»Olympia, geht es dir gut?«, fragt sie dämlich. Nein, es geht mir nicht gut! Wie soll es mir gut gehen, wenn er hier ist?

»Ich dachte, er ist in Europa«, flüstert sie und streichelt sanft meinen Arm.

»Das dachte ich auch«, antworte ich abwesend, greife nach dem roten Cocktail vor mir und erhebe mich. Valencia tut es mir gleich.

»Was hast du vor?«, fragt sie skeptisch und greift sanft nach meiner Hand.

»Ihm das Getränk überschütten«, sage ich ernst und setze mich in Bewegung, als sie etwas erwidern möchte. Jeder einzelne Schritt in seine Richtung fühlt sich schwer an. Dass er mich weiterhin intensiv mustert, treibt meine Wut in die Höhe. Vor ihm angekommen, bleibe ich stehen, hebe das Glas in meiner Hand und möchte die rote Flüssigkeit über ihn gießen.

»Wag es nicht«, zischt er mich an. Ich schließe kurz die Augen und versuche, mich nicht von seiner dominanten Stimme einlullen zu lassen. Dieser Mann hat keine Macht mehr über mich. Nie wieder!

»Hinsetzen«, befiehlt er mir herrisch. Ich öffne die Augen und stelle das Getränk auf den Tisch.

»Erstick an diesem Cocktail«, fauche ich und möchte mich umdrehen.

»Hinsetzen«, wiederholt er. Diesmal klingt seine Stimme verärgert und lässt keinen Raum für Widerspruch. Fassungslos sehe ich ihn an.

»Nein!«, erwidere ich energisch. Seine Hände, welche auf dem Tisch liegen, ballen sich zu Fäusten.

»Olympia, du willst nicht, dass ich mich erneut wiederholen muss«, knurrt er. Sofort verfalle ich in alte Muster, setze mich hin und senke den Kopf. Als mir klar wird, was ich hier gerade gemacht habe, sehe ich ihn wütend an.

»Du bist das Allerletzte! Warum bist du hier?«, frage ich. Mein Inneres zieht sich zusammen und ich kämpfe gegen die aufsteigenden Tränen an.

»Ich bin wieder da«, informiert er mich. Ein freudloses Lachen entflieht meiner Kehle.

»Schade, ich habe dafür gebetet, dass du in Europa verreckst«. Er bildet seine Augen zu Schlitzen.

»Achte auf dein Mundwerk, Olympia«, sagt er und schiebt den Cocktail in meine Richtung.

»Trink«, verlangt er. Ist das sein Ernst? Denkt er tatsächlich, dass er nach einem Jahr zurückkommen kann und einfach da weitermachen kann, wo wir aufgehört haben? Warum sitze ich eigentlich noch hier? Wütend auf mich selbst, erhebe ich mich, gehe zurück zu Valencia und ignoriere seinen wütenden Gesichtsausdruck.

»Alles gut?«, will meine Freundin von mir wissen.

»Ich hasse ihn, ich hasse ihn so sehr«, murmele ich immer und immer wieder und spüre, wie mir eine Träne die Wange hinunterrollt. Er soll wieder verschwinden!

»Warte, ist das Preston?«, fragt Gabriela und sieht begeistert in die Richtung meines Exfreundes.

»Hör auf, ihn so anzusehen«, fahre ich sie an. Ein Grinsen bildet sich auf ihren Lippen.

»Was denn? Ist ja nicht so, als wärt ihr noch zusam-«

»Gabriela, sei still«, unterbricht Vale sie und sieht an mir vorbei.

»Oh, er kommt hierher«, sagt meine Freundin fast schon panisch. Sie weiß ganz genau, welche Art von Beziehung Preston und ich geführt haben. Sofort sehe ich zu meinem Exfreund hoch, der sich links vor mich gestellt hat, und mich voller Zorn anblickt. Er nimmt einen Schluck von dem Cocktail, welchen ich ihm zurückgebracht habe, und stellt das Glas anschließend vor mich. Plötzlich packt er mich an den Haaren, zieht meinen Kopf nach hinten und drückt seine Lippen auf meine. Flüssigkeit dringt in meinen Mund und ich nehme den Geschmack von Kirsche wahr. Gezwungenermaßen schlucke ich das süße Getränk hinunter und unterdrücke den überaus starken Drang, den Kuss zu erwidern. Preston löst sich von mir, zieht noch fester an meinen Haaren und sieht mich weiterhin zornig an.

»Wenn ich sage, dass du trinken sollst, dann tust du gefälligst wie gesagt und trinkst!« Fauchend lässt er von mir ab, entfernt sich wieder von uns. Meine Brust hebt und senkt sich viel zu schnell und ich presse die Beine fest zusammen, um das Kribbeln in meiner Mitte zu unterdrücken.

»Ich hasse ihn«, flüstere ich weinerlich und weiß, dass ich verloren bin.

»Olympia«, schreit Valencia, die mir hinterherrennt. Ich jedoch denke nicht einmal daran, stehen zu bleiben, denn das Einzige, das ich im Sinne habe, ist zu verschwinden. Ich muss hier weg, bevor ich ein weiteres Mal auf diesen Mann treffe. Wir beide wissen, dass er mir bei unserem nächsten Zusammentreffen keine andere Wahl lassen wird. Er wird mich dazu bringen, mich ihm hinzugeben. Aus diesem Grund sollte ich irgendwohin gehen, wo er mich nicht finden kann. Er darf mich nicht finden!

»Olympia, verdammt, bleib endlich stehen!«, schreit sie erneut und betritt ebenso das Gebäude, in dem ich wohne. Schnell eile ich zu meiner Haustür und öffne sie. Sobald ich die Wohnung betrete, renne ich ins Schlafzimmer.

»Olympia, lass uns reden«, fordert sie mich auf. Ich schüttele wild mit dem Kopf, hole einen kleinen Koffer unter dem Bett hervor und öffne ihn.

»Was hast du vor?«, fragt mich meine beste Freundin. Ich ignoriere sie weiterhin, öffne meinen Kleiderschrank und hole einige Kleidungsstücke heraus.

»Olympia!«, schreit Vale laut und hält meine Hände fest. Das Adrenalin, welches ich vor wenigen Sekunden noch verspürt habe, kühlt ab und ich habe das Gefühl, nun hysterisch zu werden.

»Lass mich los, lass mich sofort los!«, verlange ich laut und entziehe ihr meine Hände. Sie fährt sich seufzend durch die Haare.

»Sag mir bitte, was du vorhast«, verlangt sie besorgt.

»Ich muss weg aus dieser Wohnung, denn wir beide wissen, dass er mich holen wird. Aber das lasse ich nicht zu, nie wieder!«, antworte ich, hole mein Handy aus meiner Hosentasche heraus, schalte es aus und werfe es auf mein Bett. Ich kann kein Handy bei mir haben.

»Wieso schaltest du dein Handy aus?«, will sie wissen. Ist das eine ernstgemeinte Frage? Hat diese Frau vergessen, was dieses Arschloch beruflich macht?

»Damit er mich nicht finden kann! Und jetzt hör auf, dämliche Fragen zu stellen, bitte. Bitte lass mich einfach machen«, kommt es schreiend aus meinem Mund.

Die Verzweiflung in meiner Stimme ist nicht zu überhören. Meine Freundin kommt auf mich zu und sobald sie mich ganz fest in ihre Arme zieht, beginne ich bitterlich zu weinen.

»Wieso ist er wieder da? W-wieso konnte er nicht einfach für immer wegbleiben?«, frage ich mit erstickter Stimme. Meine Knie drohen nachzugeben, doch Valencia, die mich fester hält, verhindert, dass ich zu Boden gehe.

»Es wird alles wieder gut, Olympia«, flüstert sie mir zu.

»Ja, sobald ich mich vor ihm versteckt habe«, erwidere ich, löse mich von ihren Armen und schließe meinen Koffer.

»Kann ich bitte deinen Wagen haben? Ich möchte nicht, dass er mich anhand meines Autos findet«, sage ich und wische mir die Tränen weg. Sie seufzt.

»Olympia, wir wissen beide, dass Preston sich in mein Navisystem hacken wird oder es womöglich schon getan hat«, gibt sie vollkommen ernst von sich. Verständlich, immerhin hat er schon öfter ihr Handy geortet, nur weil ich nicht ans Telefon gegangen bin.

»Dann nehme ich eben ein Taxi«, murmele ich, schnappe mir meinen Koffer und gehe an ihr vorbei.

»Olympia, sag mir, wohin du gehst«, ruft sie verzweifelt.

»Das kann ich dir nicht sagen, Preston könnte dich dazu bringen, es ihm zu verraten«, erwidere ich und möchte die Haustür aufmachen, doch sie hält mich davon ab.

»Was, zum Teufel, erwartest du von mir? Du schaltest dein Handy aus und jetzt willst du mir nicht sagen, wohin du gehst? Olympia, wie soll ich mir keine Sorgen machen?«, stellt sie energisch fest. Ich sehe sie flehend an.

»Ich verspreche, dass es mir gut gehen wird. Du kannst mich gern am Montag bei der Arbeit besuchen und dich selbst davon überzeugen. Aber bitte, lass mich jetzt los«, gebe ich weinend von mir.

»Montag? Heute ist Freitag, so lange kann ich nicht warten. Du wirst mich anrufen müssen«, erwidert sie und versperrt mir, zu meinem Glück, nicht mehr den Weg.

»Ich kann dich nicht anrufen, er könnte dein Handy abhören«, argumentiere ich und verlasse mit ihr meine Wohnung. Sobald ich die Tür geschlossen habe, eile ich, von Vale gefolgt, nach draußen.

»Olympia, ich halte das für eine schlechte Idee. Nicht nur, dass ich mir Sorgen machen werde, sondern weil ... ich … Also ...« Ich drehe mich zu ihr um.

»Was?«, zische ich verärgert. Ich ahne, was sie von sich geben möchte.

»Ich halte all dies für Zeitverschwendung, denn Preston wird dich finden und wieder zu der seinen machen. Und außerdem...« Sie hält inne.

»Was?«, schreie ich sie an. Ihre Aussage macht mich wütend, auch wenn ich weiß, dass es der Wahrheit entspricht. Aber nur, weil es stimmt, heißt das doch nicht, dass ich mich selbst auf dem silbernen Tablett präsentieren soll.

»Er starrt uns gerade an«, flüstert sie und sieht an mir vorbei. Prompt sehe ich in die Richtung, in die sie blickt, und erstarre, als ich Preston entdecke, der aus seinem Auto steigt. Seine Augen haften sich auf mich, und ehe sie mich lähmen können, ergreife ich die Flucht. Ich laufe Richtung Taxistand, während Valencia auf ihn zugeht. Er soll wieder verschwinden!

Kapitel 02

Ich weiß, dass es keine gute Idee ist, ausgerechnet hier zu erscheinen. Doch das ist der einzige Ort, den Preston nicht kennt. Weder weiß er etwas über diesen Ort noch über die Person, die hier wohnt.

»Willst du mir erzählen, was los ist?«, fragt mich Kareem, der von meinem Besuch überrascht ist. Verständlich.

»Nichts«, antworte ich leise und starre weiterhin in die Ferne. Er legt eine Hand auf mein Kinn, dreht meinen Kopf zu sich und sieht mich besorgt an.

»Olympia, wir gehen bereits seit fünf Monaten miteinander aus und du bist kein einziges Mal hier gewesen, obwohl ich dich öfter eingeladen habe. Was also hat dich dazu gebracht, hierher zu kommen?«, möchte er, immer noch überrascht, wissen. Auf einmal fühle ich mich schlecht. Dass ich nicht dasselbe für diesen Mann empfinde, ist mir seit einigen Monaten bewusst. Dennoch fällt es mir schwer, es laut auszusprechen, da er wirklich ein toller Mann ist. Ein toller Mann, der leider nicht für mich gemacht ist.

»Er ist wieder da«, flüstere ich. Die Verzweiflung ist mir immer noch nicht von der Seite gewichen.

»Wer ist wieder da?«, fragt er konfus. Kurz sehe ich ihn an und überlege, ob ich es ihm sagen soll. Ich glaube nämlich, dass diese Nachricht ihn verstimmen könnte.

»Preston«, entscheide ich mich dazu, die Wahrheit zu sagen. Sofort verändert sich Kareems Miene. Nun ist er derjenige, der gedankenverloren in die Leere starrt. Verdammt! Ich hätte es doch lieber für mich behalten sollen.

»Kareem«, hauche ich unsicher.

»Bist du deswegen hier? Weil du Angst hast, ihm über den Weg zu laufen?«, fragt er abwesend. Ich weiß genau, was ihm durch den Kopf geht. Zu wissen, dass Prestons Anwesenheit mich nicht kalt lässt, ist nicht wirklich etwas, das er wissen möchte.

»Kann ich bitte hierbleiben?«, ignoriere ich seine Fragen. Er schweigt und ich kann sehen, wie sein Kiefer mahlt.

»Hegst du noch Gefühle für ihn?«, kommt es fast schon fauchend aus seinem Mund. Ich schließe gequält die Augen.

»Bitte, ich flehe dich an. Stell mir keine Fragen zu dieser Person«, erwidere ich flüsternd.

»Beantworte meine Frage, Olympia. Hast du noch Gefühle für diesen Mann«, verlangt er zu wissen. Überfordert erhebe ich mich und fahre mir durch die Haare.

»Bitte tu mir das nicht an. Ich kann diese Unterhaltung jetzt gerade nicht führen. Bitte«, gebe ich weinerlich von mir. Das Letzte, worüber ich sprechen möchte, sind Gefühle. Ganz egal, ob Preston oder ihm gegenüber.

»Wie soll ich dein Verhalten interpretieren, Olympia? Wieso versteckst du dich vor einem Mann, der keine Rolle mehr in deinem Leben spielt?«, schreit er mich plötzlich an und treibt mir Tränen in die Augen.

»Weil ich Angst habe, ihm erneut zu verfallen! Wenn ich diesem Mann nicht aus dem Weg gehe, werde ich wieder die seine werden!«, schreie ich zurück und wünsche mir, ich hätte meine Gedanken für mich behalten können.

»Es tut mir leid«, hauche ich weinend. Kareem nickt und greift nach meinem Koffer.

»Das Badezimmer befindet sich im Gang, die Küche ist die Tür hinter dir und das Schlafzimmer befindet sich hinter mir. Fühl dich wie zu Hause«, sagt er monoton und trägt meinen Koffer in Richtung des Schlafzimmers.

»Oh Gott«, wispere ich und lasse mich wieder auf die Couch fallen. Das ist alles Prestons Schuld! Nur er allein ist für diese Situation verantwortlich! Immer noch weinend, folge ich Kareem und bleibe vor seiner Schlafzimmertür stehen.

»Brauchst du etwas?«, erkundigt er sich. Seine Stimme, die immer noch viel zu monoton klingt, verunsichert mich leicht. Am liebsten würde ich seine Wohnung verlassen, aber ich weiß nicht wohin.

»Kann ich bitte Decke und Kissen haben? Ich würde mich gern schlafen legen«, gebe ich leise von mir. Er schließt kurz die Augen und murmelt etwas, ehe er auf den Platz neben sich deutet.

»Leg dich hin«, sagt er. Auch wenn ich es für eine schlechte Idee halte, lege ich mich neben ihm ins Bett. Das ganze Weinen hat mich erschöpft und ich will einfach nur noch schlafen. Sobald ich mich hingelegt habe, zieht er mich fest an seine Brust.

»Ich werde uns nicht aufgeben. Olympia, ich werde dafür sorgen, dass du diesen Mann vergießt und nur noch mich siehst«, haucht er und küsst meinen Hals. Ich seufze.

Oh, Kareem, du hattest nie eine Chance gegen ihn.

Da ich mich Kareem gegenüber schlecht fühle, bin ich am nächsten Tag ganz früh aufgestanden, um ihm Frühstück zu machen. Das war schon immer meine Art, mich zu entschuldigen. Eine Angewohnheit, die ich definitiv von meiner Mutter übernommen habe. Doch ob eine Entschuldigung etwas an unserer Situation ändern kann, wage ich stark zu bezweifeln. Ich kann mein gestriges Geständnis nicht zurücknehmen. Selbst wenn, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es der Wahrheit entspricht. Nun weiß er, dass ich immer noch etwas für Preston empfinde.

Auch wenn ich froh darüber bin, dass er über meine Gefühle Bescheid weiß, hat er gestern klargemacht, dass er mir nicht von der Seite weichen wird. Also muss ich ihm direkt sagen, dass ich ihn nicht so gernhabe wie er mich.

»Morgen«, begrüßt mich Kareem, als er die Küche betritt und sich an den gedeckten Tisch setzt. Ich nehme ihm gegenüber Platz.

»Hast du gut geschlafen?«, versuche ich, Smalltalk zu führen. Er hebt eine Augenbraue und sieht mich nachdenklich an.

»Ich habe sehr viel über gestern nachgedacht«, sagt er. Ich nicke nur.

»Nun verstehe ich dich. Du empfindest etwas für mich, Olympia. Deswegen willst du ihm nicht begegnen, weil du dir Sorgen machst, er könnte unsere Beziehung gefährden«, kommt es immer noch nachdenklich aus seinem Mund. Bitte, was? Wie, um Himmels Willen, ist er zu dieser Schlussfolgerung gekommen?

»Kareem, so hab-«

»Ich muss gestehen, dass deine Aussage mich verletzt hat. Doch jetzt weiß ich, dass du nur Angst hast. Das brauchst du nicht, Olympia. Wir werden nicht zulassen, dass er dir zu nahekommt, ich verspreche es«, sagt er. Ich schließe die Augen, hole tief Luft und sammle all meinen Mut zusammen, um endlich reinen Tisch zu machen. So kann es nicht weitergehen.

»Hör mir bitte zu, ich will-« Ehe ich weitersprechen kann, ertönt die Hausklingel. Verdammt! Ich war kurz davor, endlich das zu sagen, was ich bereits seit zwei Monaten sagen möchte.

»Moment«, sagt er, erhebt sich und eilt zur Haustür. Ich lehne mich seufzend an den Stuhl zurück, nehme einen Schluck von dem Tee vor mir. Ungeduldig warte ich darauf, dass Kareem zurückkehrt, damit wir die Unterhaltung fortführen, als ich plötzlich jemanden nach mir rufen höre. Augenblicklich erstarre ich, lasse die Tasse in meiner Hand fallen und verschütte die heiße Flüssigkeit über meinen Schenkeln.

»Verflucht!«, zische ich. Doch, ganz egal, wie sehr der heiße Tee meine Haut zum Glühen bringt, gewinnt das Gefühl von Angst die Oberhand. Wieso ist dieser Mann hier? Woher weiß er, wo ich zu finden bin? Panisch mache ich mich auf dem Stuhl klein und wünsche mir, mich in Luft auflösen zu können.

»Verschwinde!«, höre ich Kareem laut sagen.

»Bitte geh, bitte geh«, flüstere ich desperat.

»Olympia«, ruft Preston erneut nach mir und entlockt mir ein Wimmern. Tränen bilden sich in meinen Augen.

»Bitte geh«, wiederhole ich wispernd.

»Entweder verschwindest du von allein oder ich sehe mich dazu gezwungen, dir dabei zu helfen«, fährt Kareem meinen Exfreund an. Oh nein, das sollte er lieber nicht machen. Preston ist ein nachtragendes Arschloch, das uns beide für diese Respektlosigkeit bestrafen würde. Und wie ich ihn kenne, werde ich am meisten darunter leiden. Es herrscht für einige Sekunden Stille, bis ich den Mann, den ich liebe, sprechen höre.

»Ich gebe dir 24 Stunden Zeit, um wieder nach Hause zu kommen. Solltest du dich morgen immer noch hier befinden, sehe ich mich dazu gezwungen, mich von meiner schlimmsten Seite zu präsentieren. Leg es bitte nicht darauf an, Baby«, ruft Preston. Die Warnung in seiner Stimme hat immer noch dieselbe Wirkung auf mich. Es macht mich wütend, da er sich wie ein selbstgefälliger Idiot anhört, doch gleichzeitig füllt sich mein Körper mit Vorfreude. Ich hasse ihn!

Als die Tür voller Wucht ins Schloss fällt, setze ich mich gerade auf, wische mir die Tränen weg und blicke Kareem an, der wütend die Küche betritt.

»Woher weiß er, wo ich wohne, Olympia?«, fragt er mich. Ich mache den Mund auf, um ihm eine Antwort zu geben, doch ich habe keine.

»Olympia!«, ruft er. Kopfschüttelnd erhebe ich mich.

»Ich sollte von hier verschwinden«, sage ich und möchte aus der Küche rennen. Kareem packt mich am Arm, zieht mich zu sich.

»Bleib hier, Olympia. Wir kön-« Ich unterbreche ihn.

»Ich kann nicht hierbleiben, Kareem! Hierzubleiben, würde dich nur in Schwierigkeit bringen, und das möchte ich nicht. Ich bin seine Zielperson, nicht du. Und glaube mir, das ist auch besser so. Du willst Prestons Zorn nicht auf dich ziehen«, schreie ich und entziehe ihm meinen Arm.

»Und was hast du nun vor?«, fragt er ebenso schreiend. Ich wische mir eine weitere Träne weg.

»Es ist egal, was ich vorhabe. Sowohl Preston als auch ich wissen, wie es enden wird. Es ist unvermeidlich«, gebe ich leise von mir. Er schnaubt kopfschüttelnd.

»Das war’s also? Du gehst zurück nach Hause, wo er auf dich warten wird, nur weil er es von dir verlangt hat?«, faucht er mich an. Nun werde ich wütend.

»Es ist besser, von allein zu gehen, als dass er mich holt. Und wer sagt, dass ich nach Hause gehe? Ich werde zu Valencia gehen«, zische ich. Er hebt eine Augenbraue.

»Wo ist der Unterschied, ob du hier bist oder bei Valencia?«, keift er mich an.

»Sie ist meine beste Freundin und bedeutet mir sehr viel. Er würde sie niemals seinen Zorn spüren lassen. Das würde er mir niemals antun. Dich hingegen würde er mit Vergnügen vernichten«, entgegne ich vollkommen ernst. Kareem fährt sich verzweifelt durch die Haare.

»Bleib bei mir. Olympia, bleib hier«, flüstert er und zieht mich erneut zu sich. Ich sehe ihn entschuldigend an, möchte ihm sagen, dass dies nicht geht, als er mich sanft küsst.

Wie so oft, wenn er mich so küsst, rollen sich meine Augen. Es ist nicht seine Schuld, dass ich ihm verschwiegen habe, wie sehr ich all diese Sanftheit verabscheue. Dennoch ist es zum Verrücktwerden! Ich löse mich von ihm und mache einige Schritte rückwärts.

»Hier zu bleiben, wäre nur eine temporäre Lösung von 24 Stunden. Es tut mir leid«, flüstere ich und verlasse die Küche.

Als könnte ich mich so vor allem und jedem verstecken, schlage ich mir die Decke über den Kopf und möchte mich meiner Traurigkeit hingeben. Vergeblich! Valencia entzieht mir die Decke, legt sich anschließend neben mich.

»Du wirst dich nicht verstecken, Olympia. Das ist nicht deine Art«, sagt sie. Ich zucke einfach nur mit den Schultern und kuschle mich in ihre Arme.

»Woher wusste er, dass ich bei Kareem bin?«, frage ich abwesend. Vale seufzt.

»Ich habe schon lange aufgehört, diese Frage zu stellen«, erwidert sie. Schweigend starre ich die weiße Wand vor mir an und überlege, was ich machen soll. Aufgeregt wandern meine Augen zu der Wanduhr und ich schlucke. Noch 17 Stunden. Ich beiße mir auf die Lippe, versuche erneut, meine Vorfreude zu unterdrücken und klammere mich an all die negativen Gefühle, die ich diesem Mann gegenüber empfinde.

»Olympia«, flüstert Vale.

»Hmm.«

»Hältst du es nicht für Zeitverschwendung, gegen Preston anzukämpfen? Ich meine, wir wissen doch beide, wie es enden wird, oder nicht?«, sagt sie vorsichtig. Ich weiß, dass sie recht hat, dennoch möchte ich nicht, dass sie diese Tatsache laut ausspricht.

»Und was soll ich nun, deiner Meinung nach, machen? Mich in seine Arme werfen?«, zische ich und setze mich auf. Sie tut es mir gleich.

»Nein, aber ic-«

»Aber was? Sag mal, bist du etwa auf seiner Seite? Hast du vergessen, was er mir angetan hat?«, frage ich empört.

»Natürlich nicht! Und ich bin immer auf deiner Seite, das weißt du«, versichert sie mir. Ich sehe sie verärgert an.

»Wieso aber habe ich das Gefühl, du würdest dich für ihn rechtfertigen?« Herrgott, was soll das Ganze? Wieso muss ich nun auch mit ihr diskutieren?

»Tue ich doch gar nicht! Ich möchte einfach nur klarstellen, dass du diesen Mann liebst, und all die verkorksten Dinge, die er dir geben kann, vermisst. Wir wissen beide, dass ihr wieder zusammenkommen werdet. Wieso also setzt du dich nicht mit ihm zusammen, damit ihr endlich miteinander redet?«, fragt sie. Wütend erhebe ich mich.

»Ich vermisse gar nichts! Es gibt nichts, was mir dies-«

»Olympia«, unterbricht sie mich seufzend.

»Sag mal, was ist nur los mit dir?«, fauche ich. Verärgert öffne ich meinen Koffer, hole meinen Hausschlüssel heraus, sowie meine Geldbörse.

»Ich gehe nach Hause«, murmele ich. Meine beste Freundin erhebt sich und grinst. Ihr Verhalten irritiert mich.

»Amüsiert dich mein Leid?«, fahre ich sie an.

»Nein. Aber ich genieße es, mitzuerleben, dass du jetzt, seit einem Jahr, wieder Emotionen zeigst und nicht wie eine leblose Hülle herumspazierst. Du bist wütend? Gut! Mir gefällt der Zorn in deinen Augen besser als die Leere, die zu deinem ständigen Begleiter wurde«, erwidert sie und entlockt mir ein Seufzen.

»Ich sollte los«, wispere ich. Sie sieht auf die Uhr.

»Du hast noch 17 Stunden, wieso bleibst du nicht noch hier? Ich fahre dich dann heim«, schlägt sie mir vor.

»Ich möchte allein sein«, erkläre ich, umarme sie kurz und verlasse ihr Haus.

Mit dröhnendem Kopf marschiere ich Richtung Taxistand, während ich versuche, meine Gedanken zu sortieren. Gerade als ich meine Hand heben möchte, um ein Taxi anzuhalten, erblicke ich ihn. Verflucht! Wieso muss er mir folgen? Herrgott, die 24 Stunden sind noch nicht einmal um. Sobald er einen Schritt in meine Richtung setzt, hebe ich den Finger und schüttele den Kopf.

»Nein!«, sage ich energisch. Preston bleibt stehen und legt den Kopf schief.

»Wir werden uns beide wegdrehen und in unterschiedliche Richtungen gehen«, zische ich. Ohne auf eine Antwort zu warten, drehe ich ihm den Rücken zu und eile davon.

»OLYMPIA!«, brüllt er mir hinterher, doch ich denke nicht daran, stehen zu bleiben. Obwohl mir bewusst ist, dass ich keine Chance gegen diesen Mann habe, da mein Herz sich bereits durch seine bloße Anwesenheit erhellt, gebe ich trotzdem nicht nach! Ich möchte gegen ihn kämpfen, in der Hoffnung, tatsächlich über ihn hinwegzukommen.

»Bleib sofort stehen!«, schreit er plötzlich mit einem mir bekannten Ton. Abrupt bleibe ich stehen und schließe gequält die Augen. Gott, wie sehr habe ich mich nach diesem Ton gesehnt? Ein Ton, der die Macht besitzt, mich von meinem Leid zu erlösen, und der mich gleichzeitig auf viele erdenkliche Weisen brechen kann.

»Ich habe dir Zeit gegeben, dich an meine Rückkehr zu gewöhnen. Du aber willst meine Geduld testen. Baby, du hattest, was du wolltest. Jetzt bin ich dran«, sagt er und versetzt meinem Herzen einen Stich. Desperat drehe ich mich zu ihm um und sehe ihn weinend an.

»Ich hatte, was ich wollte? ICH? Nein, Preston, DU hattest, was du wolltest! Du hast mich dazu gebracht, mich von dir zu trennen, bist nach Europa verschwunden und hast mich zurückgelassen, einfach so. Und ich? Ich war ein Haufen Elend, das versucht hat, die Scherben, die du zerbrochen hast, wegzuräumen, ohne sich selbst noch tiefer zu schneiden. I-ich...ich, nein! Du kannst nicht einfach zurückkommen und mich wieder für dich beanspruchen«, schreie ich weinend und ignoriere die gaffenden Menschen.

»Doch, genau das wird passieren! Du wirst mir die Chance geben, alles wieder gutzumachen«, knurrt er und möchte nach mir greifen. Sofort setze ich einen Schritt zurück, drehe mich um und laufe weg.

»Wenn du es anders nicht haben willst, dann eben so!«, schreit er und rennt mir hinterher. Fluchend laufe ich auf ein Taxi zu, welches gerade von einem Mann aufgemacht wird, und steige schnell hinein.

»Hey!«, ruft der Mann empört.

»Verschließen Sie die Tür!«, sage ich panisch. Der Taxifahrer wirkt verwirrt, tut aber wie verlangt, als er meine Panik spürt. Erleichtert lehne ich mich in den Sitz zurück und sehe zu Preston, der mich wütend anblickt.

»Verschwinde aus meinen Leben!«, schreie ich laut, gebe dem verstörten Taxifahrer anschließend meine Adresse und er fährt los.

Verzweifelt halte ich mir die Ohren zu und versuche, das Klingeln meines Telefons zu ignorieren. Unmöglich! Der kleine Apparat klingelt ohne Pause und treibt mich in den Wahnsinn. Wieso, um Himmels Willen, habe ich dieses Handy eingeschaltet? Natürlich könnte ich es wieder ausschalten, aber das würde mir nur Ärger einbringen. Ich hasse es, dass ich mich weiterhin davor fürchte, bestraft zu werden, obwohl wir nicht mehr zusammen sind.

»Hör auf!«, fauche ich wütend, greife nach meinem klingelnden Handy und werfe es gegen die Wand. Was bildet sich das Arschloch eigentlich ein? Wie kommt er dazu, mich mit Anrufen zu terrorisieren, nach allem, was er getan hat? Aufgebracht beginne ich durch meine Wohnung zu tigern, bleibe jedoch gleich wieder stehen, als das Haustelefon zu läuten anfängt. Ich mache mir nicht die Mühe, ranzugehen, da ich genau weiß, dass er es ist. Es läutet so lang, bis der Anrufbeantworter anspringt. Stöhnend lasse ich mich auf die Couch fallen und überlege, was ich machen soll. Er wird mich niemals in Ruhe lassen, niemals!

»Ich weiß, dass du zu Hause bist und mich hörst. Olympia, wenn du nicht rangehst, sehe ich mich gezwungen, zu dir zu kommen. Ich w-« Sofort springe ich auf und nehme den Anruf entgegen.

»WAS?«, brülle ich. Stille.

»Ich gebe dir die Chance, dich zu entschuldigen«, kommt es ruhig von ihm.

»Nein!«, zische ich und weiß ganz genau, dass ich dafür büßen werde. Doch das ist mir egal.

»Baby, warum machst du dir selbst das Leben schwer?« Ich stöhne frustriert auf.

»Was willst du?«

»Du und ich gehen essen, morgen!«, teilt er mir mit.

»Nein!«

»Das war keine Frage, Olympia. Ich hole dich um sechs Uhr ab«, faucht er. Was erlaubt er sich?!

»Ich habe nein gesagt!«, schreie ich.

»Gut, dann komme ich jetzt zu dir!« Was? Nein!

»NEIN«, rufe ich schnell.

»Also sehen wir uns morgen?« Ich seufze. Ich hasse ihn, ich hasse ihn so sehr!

»Was willst du von mir?«, frage ich, obwohl ich die Antwort bereits kenne.

»Für den Moment will ich nur mit dir reden«, antwortet er.

»Dann rede!«

»Morgen im Up. Wehe, du trägst eine Hose. Seit wann trägst du überhaupt wieder Hosen?«, fährt er mich an. Seit du mich verlassen hast, Idiot.

»Preston, ich gehe nirgendwo hin mit dir. Verdammt, ich kenne dich! Du wirst mich vögeln und wieder zu der deinen machen. Also, nein danke, ich verzichte«, sage ich wütend.

»Natürlich werde ich dich vögeln. Es liegt an dir, ob es in der Öffentlichkeit passiert oder nicht«, stellt er klar. Automatisch presse ich die Beine zusammen. Dieses Kribbeln, welches nur er verursachen kann, ist nicht gut. Dieser Mann wird nie wieder Macht über mich haben!

»Du bluffst«, sage ich unsicher. Ein Lachen ertönt.

»Es interessiert mich nicht, ob ich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet werde, und du?«, fragt er. Arschloch!

»Wir treffen uns dort«, knurre ich und lege auf. Fluchend tippe ich die Nummer von Valencia und warte ungeduldig darauf, dass sie rangeht.

»Hallo?«, meldet sie sich.

»Ich hasse ihn!«, schreie ich zornig.