Prinz Friedrich von Homburg - Heinrich Von Kleist - E-Book

Prinz Friedrich von Homburg E-Book

Heinrich Von Kleist

0,0

Beschreibung

Heinrich von Kleist bezieht sich in seinem Drama Prinz Friedrich von Homburg auf die Schlacht von Fehrbellin. Der preußische General Prinz von Homburg erwacht verwirrt aus seinen schlafwandlerischen Träumen: warum hält er den Handschuh von Prinzessin Natalie in der Hand? Während der Prinz seine volle Aufmerksamkeit der geheimnisvollen Trägerin des Handschuhs schenkt, verpasst er in einer Kriegsratssitzung einen wichtigen Auftrag, nämlich den Feind auf keinen Fall ohne expliziten Befehl zu attackieren. Dies bleibt nicht ohne Konsequenzen...-

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 99

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Heinrich Von Kleist

Prinz Friedrich von Homburg

 

Saga

Prinz Friedrich von Homburg

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1822, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728015438

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

Ein Schauspiel

Ihrer Königlichen Hoheit

der Prinzessin

Amalie Marie Anne

Gemahlin des Prinzen Wilhelm von Preußen

Bruders Sr. Majestät des Königs

geborne Prinzessin von Hessen-Homburg.

 

Gen Himmel schauend greift, im Volksgedränge,

Der Barde fromm in seine Saiten ein.

Jetzt trösten, jetzt verletzen seine Klänge,

Und solcher Antwort kann er sich nicht freun.

Doch eine denkt er in dem Kreis der Menge,

Der die Gefühle seiner Brust sich weihn:

Sie hält den Preis in Händen, der ihm falle,

Und krönt ihn die, so krönen sie ihn alle.

Personen:

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg

Die Kurfürstin

Prinzessin Natalie von Oranien, seine Nichte, Chef eines Dragonerregiments

Feldmarschall Dörfling

Prinz Friedrich Arthur von Homburg, General der Reuterei

Obrist Kottwitz, vom Regiment der Prinzessin von Oranien

Hennings, Oberst der Infanterie

Graf Truchß, Oberst der Infanterie

Graf Hohenzollern, von der Suite des Kurfürsten

Rittmeister von der Golz

Graf Georg von Sparren, Rittmeister

Stranz, Rittmeister

Siegfried von Mörner, Rittmeister

Graf Reuß, Rittmeister

Ein Wachtmeister

Offiziere, Korporale und Reuter. Hofkavaliere. Hofdamen. Pagen. Heiducken. Bedienten. Volk jeden Alters und Geschlechts.

Erster Akt

Szene. Fehrbellin. Ein Garten im altfranzösischen Stil. Im Hintergrunde ein Schloß, von welchem eine Rampe herabführt. – Es ist Nacht.

Erster Auftritt

Der Prinz von Homburg sitzt mit bloßem Haupt und offner Brust, halb wachend halb schlafend, unter einer Eiche und windet sich einen Kranz. – Der Kurfürst, seine Gemahlin, Prinzessin Natalie, der Graf von Hohenzollern, Rittmeister Golz und andere treten heimlich aus dem Schloß, und schauen, vom Geländer der Rampe, auf ihn nieder. – Pagen mit Fackeln.

Der Graf von Hohenzollern.

Der Prinz von Homburg, unser tapfrer Vetter,

Der an der Reuter Spitze, seit drei Tagen

Den flüchtgen Schweden munter nachgesetzt,

Und sich erst heute wieder atemlos,

Im Hauptquartier zu Fehrbellin gezeigt:

Befehl ward ihm von dir, hier länger nicht,

Als nur drei Füttrungsstunden zu verweilen,

Und gleich dem Wrangel wiederum entgegen,

Der sich am Rhyn versucht hat einzuschanzen,

Bis an die Hackelberge vorzurücken?

Der Kurfürst.

So ists!

Hohenzollern. Die Chefs nun sämtlicher Schwadronen,

Zum Aufbruch aus der Stadt, dem Plan gemäß,

Glock zehn zu Nacht, gemessen instruiert,

Wirft er erschöpft, gleich einem Jagdhund lechzend,

Sich auf das Stroh um für die Schlacht, die uns

Bevor beim Strahl des Morgens steht, ein wenig

Die Glieder, die erschöpften, auszuruhn.

Der Kurfürst.

So hört ich! – Nun?

Hohenzollern. Da nun die Stunde schlägt,

Und aufgesessen schon die ganze Reuterei

Den Acker vor dem Tor zerstampft,

Fehlt – wer? der Prinz von Homburg noch, ihr Führer.

Mit Fackeln wird und Lichtern und Laternen

Der Held gesucht – und aufgefunden, wo?

(Er nimmt einem Pagen die Fackel aus der Hand.)

Als ein Nachtwandler, schau, auf jener Bank,

Wohin, im Schlaf, wie du nie glauben wolltest,

Der Mondschein ihn gelockt, beschäftiget,

Sich träumend, seiner eignen Nachwelt gleich,

Den prächtgen Kranz des Ruhmes einzuwinden.

Der Kurfürst.

Was!

Hohenzollern. In der Tat! Schau hier herab: da sitzt er!

(Er leuchtet von der Rampe auf ihn nieder.)

Der Kurfürst.

Im Schlaf versenkt? Unmöglich!

Hohenzollern. Fest im Schlafe!

Ruf ihn bei Namen auf, so fällt er nieder.

(Pause.)

Die Kurfürstin.

Der junge Mann ist krank, so wahr ich lebe.

Prinzessin Natalie.

Er braucht des Arztes –!

Die Kurfürstin. Man sollt ihm helfen, dünkt mich,

Nicht den Moment verbringen, sein zu spotten!

Hohenzollern(indem er die Fackel wieder weggibt) .

Er ist gesund, ihr mitleidsvollen Frauen,

Bei Gott, ich bins nicht mehr! Der Schwede morgen

Wenn wir im Feld ihn treffen, wirds empfinden!

Es ist nichts weiter, glaubt mir auf mein Wort,

Als eine bloße Unart seines Geistes.

Der Kurfürst.

Fürwahr! Ein Märchen glaubt ichs! – Folgt mir Freunde,

Und laßt uns näher ihn einmal betrachten.

(Sie steigen von der Rampe herab.)

Ein Hofkavalier(zu den Pagen) .

Zurück! die Fackeln!

Hohenzollern. Laßt sie, laßt sie, Freunde!

Der ganze Flecken könnt in Feuer aufgehn,

Daß sein Gemüt davon nicht mehr empfände,

Als der Demant, den er am Finger trägt.

(Sie umringen ihn; die Pagen leuchten.)

Der Kurfürst(über ihn gebeugt) .

Was für ein Laub denn flicht er? – Laub der Weide?

Hohenzollern.

Was! Laub der Weid, o Herr! – Der Lorbeer ists,

Wie ers gesehn hat, an der Helden Bildern,

Die zu Berlin im Rüstsaal aufgehängt.

Der Kurfürst.

– Wo fand er den in meinem märkschen Sand?

Hohenzollern.

Das mögen die gerechten Götter wissen!

Der Hofkavalier.

Vielleicht im Garten hinten, wo der Gärtner

Mehr noch der fremden Pflanzen auferzieht.

Der Kurfürst.

Seltsam beim Himmel! Doch, was gilts, ich weiß,

Was dieses jungen Toren Brust bewegt?

Hohenzollern.

O – was! Die Schlacht von morgen, mein Gebieter!

Sterngucker sieht er, wett ich, schon im Geist,

Aus Sonnen einen Siegeskranz ihm winden.

(Der Prinz besieht den Kranz.)

Der Hofkavalier.

Jetzt ist er fertig!

Hohenzollern. Schade, ewig schade,

Daß hier kein Spiegel in der Nähe ist!

Er würd ihm eitel, wie ein Mädchen nahn,

Und sich den Kranz bald so, und wieder so,

Wie eine florne Haube aufprobieren.

Der Kurfürst.

Bei Gott! Ich muß doch sehn, wie weit ers treibt!

(Der Kurfürst nimmt ihm den Kranz aus der Hand; der Prinz errötet und sieht ihn an. Der Kurfürst schlingt seine Halskette um den Kranz und gibt ihn der Prinzessin; der Prinz steht lebhaft auf. Der Kurfürst weicht mit der Prinzessin, welche den Kranz erhebt, zurück; der Prinz mit ausgestreckten Armen, folgt ihr.)

Der Prinz von Homburg(flüsternd) .

Natalie! Mein Mädchen! Meine Braut!

Der Kurfürst.

Geschwind! Hinweg!

Hohenzollern. Was sagt der Tor?

Der Hofkavalier. Was sprach er?

(Sie besteigen sämtlich die Rampe.)

Der Prinz von Homburg.

Friedrich! Mein Fürst! Mein Vater!

Hohenzollern. Höll und Teufel!

Der Kurfürst(rückwärts ausweichend) .

Öffn' mir die Pforte nur!

Der Prinz von Homburg. O meine Mutter!

Hohenzollern.

Der Rasende! Er ist –

Die Kurfürstin. Wen nennt er so?

Der Prinz von Homburg(nach dem Kranz greifend)

O! Liebste! Was entweichst du mir? Natalie!

(Er erhascht einen Handschuh von der Prinzessin Hand.)

Hohenzollern.

Himmel und Erde! Was ergriff er da?

Der Hofkavalier. Den Kranz?

Natalie.

Nein, nein!

Hohenzollern(öffnet die Tür) .

Hier rasch herein, mein Fürst!

Auf daß das ganze Bild ihm wieder schwinde!

Der Kurfürst.

Ins Nichts mit dir zurück, Herr Prinz von Homburg,

Ins Nichts, ins Nichts! In dem Gefild der Schlacht,

Sehn wir, wenns dir gefällig ist, uns wieder!

Im Traum erringt man solche Dinge nicht!

(Alle ab; die Tür fliegt rasselnd vor dem Prinzen zu.)

(Pause.)

Zweiter Auftritt

Der Prinz von Homburg(bleibt einen Augenblick, mit dem Ausdruck der Verwunderung, vor der Tür stehen, steigt dann sinnend, die Hand, in welcher er den Handschuh hält, vor die Stirn gelegt, von der Rampe herab; kehrt sich sobald er unten ist, um, und sieht wieder nach der Tür hinauf) .

Dritter Auftritt

Der Graf von Hohenzollern tritt von unten, durch eine Gittertür, auf. Ihm folgt ein Page. – Der Prinz von Homburg.

Der Page(leise) .

Herr Graf, so hört doch! Gnädigster Herr Graf!

Hohenzollern(unwillig) .

Still! die Zikade! – Nun? Was gibts?

Page. Mich schickt –!

Hohenzollern.

Weck ihn mit deinem Zirpen mir nicht auf!

Wohlan! Was gibts?

Page. Der Kurfürst schickt mich her!

Dem Prinzen möchtet Ihr, wenn er erwacht,

Kein Wort, befiehlt er, von dem Scherz entdecken,

Den er sich eben jetzt mit ihm erlaubt!

Hohenzollern(leise) .

Ei, so leg dich im Weizenfeld aufs Ohr,

Und schlaf dich aus! Das wußt ich schon! Hinweg!

(Der Page ab.)

Vierter Auftritt

Der Graf von Hohenzollern und der Prinz von Homburg.

Hohenzollern(indem er sich in einiger Entfernung hinter dem Prinzen stellt, der noch immer unverwandt die Rampe hinaufsieht) . Arthur!

(Der Prinz fällt um.)

Da liegt er; eine Kugel trifft nicht besser!

(Er nähert sich ihm.)

Nun bin ich auf die Fabel nur begierig,

Die er ersinnen wird, mir zu erklären,

Warum er hier sich schlafen hat gelegt.

(Er beugt sich über ihn.)

Arthur! He! Bist des Teufels du? Was machst du?

Wie kommst du hier zu Nacht auf diesen Platz?

Der Prinz von Homburg.

Je, Lieber!

Hohenzollern. Nun, fürwahr, das muß ich sagen!

Die Reuterei ist die du kommandierst,

Auf eine Stunde schon im Marsch voraus,

Und du, du liegst im Garten hier, und schläfst.

Der Prinz von Homburg.

Welch eine Reuterei?

Hohenzollern. Die Mamelucken! –

So wahr ich Leben atm', er weiß nicht mehr,

Daß er der märkschen Reuter Oberst ist?!

Der Prinz von Homburg(steht auf) .

Rasch! Meinen Helm! Die Rüstung!

Hohenzollern. Ja wo sind sie?

Der Prinz von Homburg.

Zur Rechten, Heinz, zur Rechten; auf dem Schemel!

Hohenzollern.

Wo? Auf dem Schemel?

Der Prinz von Homburg. Ja, da legt ich, mein ich –!

Hohenzollern(sieht ihn an) .

So nimm sie wieder von dem Schemel weg!

Der Prinz von Homburg.

– Was ist dies für ein Handschuh?

(Er betrachtet den Handschuh, den er in der Hand hält.)

Hohenzollern. Ja, was weiß ich? –

(Für sich.) Verwünscht! Den hat er der Prinzessin Nichte,

Dort oben unbemerkt vom Arm gerissen! (Abbrechend.)

Nun, rasch! Hinweg! Was säumst du? Fort!

Der Prinz von Homburg(wirft den Handschuh wieder weg) .

Gleich, gleich! –

He, Franz, der Schurke der mich wecken sollte!

Hohenzollern(betrachtet ihn) .

Er ist ganz rasend toll!

Der Prinz von Homburg. Bei meinem Eid!

Ich weiß nicht, liebster Heinrich, wo ich bin.

Hohenzollern.

In Fehrbellin, du sinnverwirrter Träumer;

In einem von des Gartens Seitengängen,

Der ausgebreitet hinterm Schlosse liegt!

Der Prinz von Homburg(für sich) .

Daß mich die Nacht verschläng! Mir unbewußt

Im Mondschein bin ich wieder umgewandelt!

(Er faßt sich)

Vergib! Ich weiß nun schon. Es war, du weißt, vor Hitze,

Im Bette gestern fast nicht auszuhalten.

Ich schlich erschöpft in diesen Garten mich,

Und weil die Nacht so lieblich mich umfing,

Mit blondem Haar, von Wohlgeruch ganz triefend

Ach! wie den Bräutgam eine Perserbraut,

So legt ich hier in ihren Schoß mich nieder.

– Was ist die Glocke jetzo?

Hohenzollern. Halb auf Zwölf.

Der Prinz von Homburg.

Und die Schwadronen, sagst du, brachen auf?

Hohenzollern.

Versteht sich, ja! Glock zehn; dem Plan gemäß!

Das Regiment Prinzessin von Oranien,

Hat, wie kein Zweifel ist, an ihrer Spitze

Bereits die Höhn von Hackelwitz erreicht,

Wo sie des Heeres stillen Aufmarsch morgen,

Dem Wrangel gegenüber decken sollen.

Der Prinz von Homburg.

Es ist gleichviel! Der alte Kottwitz führt sie,

Der jede Absicht dieses Marsches kennt.

Zudem hätt ich zurück ins Hauptquartier

Um zwei Uhr morgens wieder kehren müssen,

Weil hier Parole noch soll empfangen werden:

So blieb ich besser gleich im Ort zurück.

Komm; laß uns gehn! Der Kurfürst weiß von nichts?

Hohenzollern.

Ei, was! Der liegt im Bette längst und schläft.

(Sie wollen gehen; der Prinz stutzt, kehrt sich um, und nimmt den Handschuh auf.)

Der Prinz von Homburg.

Welch einen sonderbaren Traum träumt ich?! –

Mir war, als ob, von Gold und Silber strahlend

Ein Königsschloß sich plötzlich öffnete,

Und hoch von seiner Marmorramp' herab,

Der ganze Reigen zu mir niederstiege,

Der Menschen, die mein Busen liebt:

Der Kurfürst und die Fürstin und die – dritte,

– Wie heißt sie schon?

Hohenzollern. Wer?

Der Prinz von Homburg(er scheint zu suchen) .

Jene – die ich meine!

Ein Stummgeborner würd sie nennen können!

Hohenzollern.

Die Platen?

Der Prinz von Homburg.

Nicht doch, Lieber!