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In Heinrich von Kleists Dramatik 'Prinz Friedrich von Homburg' entfaltet sich ein spannungsgeladener Konflikt zwischen individuellem Ehrgeiz und den Zwängen der Pflicht. Das Werk, das im Jahr 1811 veröffentlicht wurde, ist ein Paradebeispiel für den deutschen Sturm und Drang, gefüllt mit einer emotionalen Intensität, die den inneren Konflikt seines Protagonisten anschaulich thematisiert. Kleist nutzt eine vielseitige Sprache, die sich zwischen Lyrik und Prosa bewegt, um die psychologischen Abgründe seiner Charaktere auszuloten und die Tragik der menschlichen Existenz zu erkunden. Im historischen Kontext der preußischen Kriege thematisiert das Stück auch Fragen von Ehre, Loyalität und den Anforderungen einer von Krieg geprägten Gesellschaft. Heinrich von Kleist, geboren 1777, war ein fundamentaler Vertreter der deutschen Literatur, dessen eigenes Leben von inneren Konflikten und gesellschaftlicher Entfremdung geprägt war. Sein unkonventionelles Denken und seine intensiven persönlichen Erfahrungen, darunter seine Reise zu den Grundlagen der menschlichen Existenz, sind tief in seiner literarischen Arbeit verwoben. Mit 'Prinz Friedrich von Homburg' formulierte er eine subtile Kritik an autoritären Strukturen und dem grundlegenden menschlichen Streben nach Freiheit und Identität. Dieses Drama ist nicht nur ein Meisterwerk der deutschen Literatur, sondern bietet auch tiefe Einblicke in die menschliche Psyche und Fragen der Moral. Es ist eine Pflichtlektüre für alle, die sich mit den Themen Pflicht, Freiheit und dem Kampf um das eigene Ich auseinandersetzen möchten. Durch seine komplexen Charaktere und die stilistische Brillanz wird 'Prinz Friedrich von Homburg' Leserinnen und Lesern unvergessliche Lesestunden bereiten.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Ein Schauspiel
Ihrer Königlichen Hoheitder PrinzessinAmalie Marie AnneGemahlin des Prinzen Wilhelm von PreußenBruders Sr. Majestät des Königsgeborne Prinzessin von Hessen-Homburg.
Gen Himmel schauend greift, im Volksgedränge, Der Barde fromm in seine Saiten ein. Jetzt trösten, jetzt verletzen seine Klänge, Und solcher Antwort kann er sich nicht freun. Doch eine denkt er in dem Kreis der Menge, Der die Gefühle seiner Brust sich weihn: Sie hält den Preis in Händen, der ihm falle, Und krönt ihn die, so krönen sie ihn alle.
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg
Die Kurfürstin
Prinzessin Natalie von Oranien, seine Nichte, Chef eines Dragonerregiments
Feldmarschall Dörfling
Prinz Friedrich Arthur von Homburg, General der Reuterei
Obrist Kottwitz, vom Regiment der Prinzessin von Oranien
Hennings, Oberst der Infanterie
Graf Truchß, Oberst der Infanterie
Graf Hohenzollern, von der Suite des Kurfürsten
Rittmeister von der Golz
Graf Georg von Sparren, Rittmeister
Stranz, Rittmeister
Siegfried von Mörner, Rittmeister
Graf Reuß, Rittmeister
Ein Wachtmeister
Offiziere, Korporale und Reuter. Hofkavaliere. Hofdamen. Pagen. Heiducken. Bedienten. Volk jeden Alters und Geschlechts.
Szene. Fehrbellin. Ein Garten im altfranzösischen Stil. Im Hintergrunde ein Schloß, von welchem eine Rampe herabführt.—Es ist Nacht.
Erster Auftritt
Der Prinz von Homburg sitzt mit bloßem Haupt und offner Brust, halb wachend halb schlafend, unter einer Eiche und windet sich einen Kranz.—Der Kurfürst, seine Gemahlin, Prinzessin Natalie, der Graf von Hohenzollern, Rittmeister Golz und andere treten heimlich aus dem Schloß, und schauen, vom Geländer der Rampe, auf ihn nieder.—Pagen mit Fackeln.
Der Graf von Hohenzollern. Der Prinz von Homburg, unser tapfrer Vetter, Der an der Reuter Spitze, seit drei Tagen Den flüchtgen Schweden munter nachgesetzt, Und sich erst heute wieder atemlos, Im Hauptquartier zu Fehrbellin gezeigt: Befehl ward ihm von dir, hier länger nicht, Als nur drei Füttrungsstunden zu verweilen, Und gleich dem Wrangel wiederum entgegen, Der sich am Rhyn versucht hat einzuschanzen, Bis an die Hackelberge vorzurücken?
Der Kurfürst. So ists!
Hohenzollern. Die Chefs nun sämtlicher Schwadronen, Zum Aufbruch aus der Stadt, dem Plan gemäß, Glock zehn zu Nacht, gemessen instruiert, Wirft er erschöpft, gleich einem Jagdhund lechzend, Sich auf das Stroh um für die Schlacht, die uns Bevor beim Strahl des Morgens steht, ein wenig Die Glieder, die erschöpften, auszuruhn.
Der Kurfürst. So hört ich!—Nun?
Hohenzollern. Da nun die Stunde schlägt, Und aufgesessen schon die ganze Reuterei Den Acker vor dem Tor zerstampft, Fehlt—wer? der Prinz von Homburg noch, ihr Führer. Mit Fackeln wird und Lichtern und Laternen Der Held gesucht—und aufgefunden, wo?
(Er nimmt einem Pagen die Fackel aus der Hand.)
Als ein Nachtwandler, schau, auf jener Bank, Wohin, im Schlaf, wie du nie glauben wolltest, Der Mondschein ihn gelockt, beschäftiget, Sich träumend, seiner eignen Nachwelt gleich, Den prächtgen Kranz des Ruhmes einzuwinden.
Der Kurfürst. Was!
Hohenzollern. In der Tat! Schau hier herab: da sitzt er!
(Er leuchtet von der Rampe auf ihn nieder.)
Der Kurfürst. Im Schlaf versenkt? Unmöglich!
Hohenzollern. Fest im Schlafe! Ruf ihn bei Namen auf, so fällt er nieder.
(Pause.)
Die Kurfürstin. Der junge Mann ist krank, so wahr ich lebe.
Prinzessin Natalie. Er braucht des Arztes—!
Die Kurfürstin. Man sollt ihm helfen, dünkt mich, Nicht den Moment verbringen, sein zu spotten!
Hohenzollern (indem er die Fackel wieder weggibt). Er ist gesund, ihr mitleidsvollen Frauen, Bei Gott, ich bins nicht mehr! Der Schwede morgen Wenn wir im Feld ihn treffen, wirds empfinden! Es ist nichts weiter, glaubt mir auf mein Wort, Als eine bloße Unart seines Geistes.
Der Kurfürst. Fürwahr! Ein Märchen glaubt ichs!—Folgt mir Freunde, Und laßt uns näher ihn einmal betrachten.
(Sie steigen von der Rampe herab.)
Ein Hofkavalier (zu den Pagen). Zurück! die Fackeln!
Hohenzollern. Laßt sie, laßt sie, Freunde! Der ganze Flecken könnt in Feuer aufgehn, Daß sein Gemüt davon nicht mehr empfände, Als der Demant, den er am Finger trägt.
(Sie umringen ihn; die Pagen leuchten.)
Der Kurfürst (über ihn gebeugt). Was für ein Laub denn flicht er?—Laub der Weide?
Hohenzollern. Was! Laub der Weid, o Herr!—Der Lorbeer ists, Wie ers gesehn hat, an der Helden Bildern, Die zu Berlin im Rüstsaal aufgehängt.
Der Kurfürst. —Wo fand er den in meinem märkschen Sand?
Hohenzollern. Das mögen die gerechten Götter wissen!
Der Hofkavalier. Vielleicht im Garten hinten, wo der Gärtner Mehr noch der fremden Pflanzen auferzieht.
Der Kurfürst. Seltsam beim Himmel! Doch, was gilts, ich weiß, Was dieses jungen Toren Brust bewegt?
Hohenzollern. O—was! Die Schlacht von morgen, mein Gebieter! Sterngucker sieht er, wett ich, schon im Geist, Aus Sonnen einen Siegeskranz ihm winden.
(Der Prinz besieht den Kranz.'
Der Hofkavalier. Jetzt ist er fertig!
Hohenzollern. Schade, ewig schade, Daß hier kein Spiegel in der Nähe ist! Er würd ihm eitel, wie ein Mädchen nahn, Und sich den Kranz bald so, und wieder so, Wie eine florne Haube aufprobieren.
Der Kurfürst. Bei Gott! Ich muß doch sehn, wie weit ers treibt!
(Der Kurfürst nimmt ihm den Kranz aus der Hand; der Prinz errötet und sieht ihn an. Der Kurfürst schlingt seine Halskette um den Kranz und gibt ihn der Prinzessin; der Prinz steht lebhaft auf. Der Kurfürst weicht mit der Prinzessin, welche den Kranz erhebt, zurück; der Prinz mit ausgestreckten Armen, folgt ihr.)
Der Prinz von Homburg (flüsternd). Natalie! Mein Mädchen! Meine Braut!
Der Kurfürst. Geschwind! Hinweg!
Hohenzollern. Was sagt der Tor?
Der Hofkavalier. Was sprach er?
(Sie besteigen sämtlich die Rampe.)
Der Prinz von Homburg. Friedrich! Mein Fürst! Mein Vater!
Hohenzollern. Höll und Teufel!
Der Kurfürst (rückwärts ausweichend). Öffn' mir die Pforte nur!
Der Prinz von Homburg. O meine Mutter!
Hohenzollern. Der Rasende! Er ist—
Die Kurfürstin. Wen nennt er so?
Der Prinz von Homburg (nach dem Kranz greifend) O! Liebste! Was entweichst du mir? Natalie!
(Er erhascht einen Handschuh von der Prinzessin Hand.)
Hohenzollern. Himmel und Erde! Was ergriff er da?
Der Hofkavalier. Den Kranz?
Natalie. Nein, nein!
Hohenzollern (öffnet die Tür). Hier rasch herein, mein Fürst! Auf daß das ganze Bild ihm wieder schwinde!
Der Kurfürst. Ins Nichts mit dir zurück, Herr Prinz von Homburg, Ins Nichts, ins Nichts! In dem Gefild der Schlacht, Sehn wir, wenns dir gefällig ist, uns wieder! Im Traum erringt man solche Dinge nicht!
(Alle ab; die Tür fliegt rasselnd vor dem Prinzen zu.)
(Pause.)
Zweiter Auftritt
Der Prinz von Homburg (bleibt einen Augenblick, mit dem Ausdruck der Verwunderung, vor der Tür stehen, steigt dann sinnend, die Hand, in welcher er den Handschuh hält, vor die Stirn gelegt, von der Rampe herab; kehrt sich sobald er unten ist, um, und sieht wieder nach der Tür hinauf).
Dritter Auftritt
Der Graf von Hohenzollern tritt von unten, durch eine Gittertür, auf. Ihm folgt ein Page.—Der Prinz von Homburg.
Der Page (leise). Herr Graf, so hört doch! Gnädigster Herr Graf!
Hohenzollern (unwillig). Still! die Zikade!—Nun? Was gibts?
Page. Mich schickt—!
Hohenzollern. Weck ihn mit deinem Zirpen mir nicht auf! Wohlan! Was gibts?
Page. Der Kurfürst schickt mich her! Dem Prinzen möchtet Ihr, wenn er erwacht, Kein Wort, befiehlt er, von dem Scherz entdecken, Den er sich eben jetzt mit ihm erlaubt!
Hohenzollern (leise). Ei, So leg dich im Weizenfeld aufs Ohr, Und schlaf dich aus! Das wußt ich schon! Hinweg!
(Der Page ab.)
Vierter Auftritt
Der Graf von Hohenzollern und der Prinz von Homburg.
Hohenzollern (indem er sich in einiger Entfernung hinter dem Prinzen stellt, der noch immer unverwandt die Rampe hinaufsieht). Arthur!
(Der Prinz fällt um.)
Da liegt er; eine Kugel trifft nicht besser!
(Er nähert sich ihm.)
Nun bin ich auf die Fabel nur begierig, Die er ersinnen wird, mir zu erklären, Warum er hier sich schlafen hat gelegt.
(Er beugt sich über ihn.)
Arthur! He! Bist des Teufels du? Was machst du? Wie kommst du hier zu Nacht auf diesen Platz?
Der Prinz von Homburg. Je, Lieber!
Hohenzollern. Nun, fürwahr, das muß ich sagen! Die Reuterei ist die du kommandierst, Auf eine Stunde schon im Marsch voraus, Und du, du liegst im Garten hier, und schläfst.
Der Prinz von Homburg. Welch eine Reuterei?
Hohenzollern. Die Mamelucken!— So wahr ich Leben atm', er weiß nicht mehr, Daß er der märkschen Reuter Oberst ist?!
Der Prinz von Homburg (steht auf). Rasch! Meinen Helm! Die Rüstung!
Hohenzollern. Ja wo sind sie?
Der Prinz von Homburg. Zur Rechten, Heinz, zur Rechten; auf dem Schemel!
Hohenzollern. Wo? Auf dem Schemel?
Der Prinz von Homburg. Ja, da legt ich, mein ich—!