Promises - Nur mit dir - Marie Sexton - E-Book

Promises - Nur mit dir E-Book

Marie Sexton

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Beschreibung

Jared Thomas hat sein ganzes Leben in der Kleinstadt Coda in Colorado verbracht. Sosehr er seine Heimat liebt - ein Problem gibt es leider: Der einzige andere dort, der wie er auf Männer steht, ist doppelt so alt wie Jared (und zudem sein ehemaliger Mathelehrer). Als jedoch der attraktive Polizist Matt Richards in die Stadt zieht, ist Jared augenblicklich von ihm fasziniert. Doch kann er ihn davon überzeugen, dass zwischen ihnen mehr ist als nur Freundschaft?

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MARIE SEXTON

PROMISES – NUR MIT DIR

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Michaela Link

Zu diesem Buch

Jared Thomas hat sein ganzes Leben in der Kleinstadt Coda in Colorado verbracht. Sosehr er seine Heimat liebt – ein Problem gibt es leider: Der einzige andere Mann dort, der wie Jared auf Männer steht, ist doppelt so alt wie er (und zudem sein ehemaliger Mathelehrer). Als jedoch der attraktive Polizist Matt Richards in die Stadt zieht, ist Jared augenblicklich von ihm fasziniert. Doch kann er ihn davon überzeugen, dass zwischen ihnen mehr ist als nur Freundschaft?

1

Die ganze Sache hatte wegen Lizzys Jeep begonnen. Wenn der Wagen nicht gewesen wäre, hätte ich Matt vielleicht nicht kennengelernt. Und er hätte vielleicht nicht das Bedürfnis verspürt, sich zu beweisen. Und es wäre vielleicht niemand verletzt worden.

Aber eins nach dem anderen. Wie gesagt, es begann mit Lizzys Jeep. Lizzy ist die Frau meines Bruders Brian, und die beiden erwarteten im Herbst ihr erstes Kind. Lizzy beschloss, dass ihr alter Wrangler, den sie seit dem College fuhr, einfach nicht als Familienauto geeignet war. Also parkte sie ihn mit einem handgeschriebenen Zu-verkaufen-Schild im Fenster vor unserem Laden.

Gegründet hatte den Laden mein Grandpa. Ursprünglich war es ein Eisenwarenladen gewesen, aber irgendwann waren auch Autoteile hinzugekommen. Als mein Grandpa starb, übernahm mein Dad den Laden, und als er starb, ging er an Brian, Lizzy und mich.

Es war ein herrlicher Frühlingstag in Colorado, und ich hatte die Füße auf die Theke gelegt und wünschte, ich könnte draußen den Sonnenschein genießen, als er hereinkam. Er erregte definitiv sofort meine Aufmerksamkeit, einfach weil er nicht von hier war. Ich habe mein ganzes Leben in Coda verbracht, abgesehen von den fünf Jahren, die ich in Fort Collins an der Universität war, und ich kannte jeden in der Stadt. Also besuchte er entweder jemanden in der Gegend, oder er war nur auf der Durchreise. Wir sind keine Touristenstadt, aber manchmal verirrt sich jemand hierher, der entweder auf der Suche nach einer Allradstrecke oder auf dem Weg zu einer der Gast-Ranches ist, die weiter die Straße hoch liegen.

Er sah nicht wie einer dieser Trottel mittleren Alters aus, die die Gast-Ranches besuchten. Er war schätzungsweise Anfang dreißig, ein Stück größer als ich – also knapp über eins achtzig –, hatte militärisch kurz geschnittenes schwarzes Haar und einen dunklen Dreitagebart auf den Wangen. Er trug eine Jeans, ein schlichtes schwarzes T-Shirt und dazu Cowboystiefel. Breite Schultern und kräftige Arme zeigten, dass er trainierte. Er sah toll aus.

»Läuft dieser Jeep?« Seine Stimme war tief und hatte einen ganz leichten Akzent. Kein breites Südstaaten-Amerikanisch, aber die Vokale waren etwas länger gezogen als die von jemandem aus Colorado.

»Darauf können Sie wetten. Er läuft super.«

»Mmmh.« Er schaute aus dem Fenster zu dem Wagen hinüber. »Warum verkaufen Sie ihn?«

»Nicht ich. Meine Schwägerin. Sie meint, sie würde hinten keinen Kindersitz reinbekommen. Sie hat sich stattdessen einen Cherokee gekauft.«

Das schien ihn ein wenig zu verwirren, woraus ich schloss, dass er selbst keine Kinder hatte. »Er fährt also gut?«

»Perfekt. Wollen Sie mal Probe fahren? Ich habe die Schlüssel hier.«

Er zog die Augenbrauen hoch. »Klar! Brauchen Sie ein Pfand oder so was? Ich kann meinen Führerschein hierlassen.«

Ich glaube, an dem Punkt hätte er mich zu allem überreden können. Meine Knie waren ein wenig wacklig. Ich versuchte herauszufinden, ob diese stahlgrauen Augen tatsächlich leicht ins Grünliche gingen, und hoffte, dass ich lässig klang, als ich erwiderte: »Ich komme mit. Ich kenne die Straßen hier in der Gegend. Wir können mit ihm eine der leichten Strecken fahren, dann können Sie das Fahrverhalten ausprobieren.«

»Was ist mit dem Laden? Ich will nicht, dass Sie zur Hauptgeschäftszeit unterbesetzt sind.« Er zog eine Augenbraue hoch, deutete auf den leeren Verkaufsraum, und ein Mundwinkel zuckte kaum merklich nach oben. »Wird Ihr Boss nicht sauer, wenn Sie gehen?«

Ich lachte. »Ich bin einer der Besitzer, daher kann ich es auch mal ruhiger angehen lassen, wenn ich will.« Ich drehte mich um und rief in Richtung Hinterzimmer: »Ringo!«

Unser einziger Angestellter kam misstrauisch nach vorne. In meiner Anwesenheit war er immer ein wenig unsicher, und wenn Lizzy nicht da war, hielt er bewusst Abstand. Ich glaube, er fürchtete, dass ich ihm an die Wäsche gehen könnte. Er war siebzehn, hatte strähniges schwarzes Haar, schlechte Haut und war ein ziemlich dünner Hering. Ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass er nicht mein Typ war.

»Ja?«

»Halt die Stellung. Ich werde in etwa einer Stunde zurück sein.« Ich wandte mich wieder meinem großen, dunklen Fremden zu. »Fahren wir!«

Sobald wir im Jeep saßen, streckte er mir seine Hand entgegen. »Ich bin Matt Richards.«

»Jared Thomas.« Sein Händedruck war stark, aber er war keiner von diesen Kerlen, die einem die Hand brechen mussten, um zu beweisen, was sie für Machos sind.

»Wohin?«

»Biegen Sie links ab. Wir fahren einfach zum Felsen rauf.«

»Was ist das?«

»Das, wonach es klingt – ein verdammt großer Felsen. Es ist nichts Spektakuläres. Die Leute machen da oben Picknick. Und die Teenager fahren natürlich manchmal rauf, um es im Auto zu treiben oder sich mit irgendwelchem Stoff zuzudröhnen.«

Bei diesen Worten runzelte er leicht die Stirn. Ich bekam langsam den Eindruck, dass er nur selten lächelte. Ich dagegen wusste, dass ich von einem Ohr zum anderen grinste. Für ein paar Minuten aus dem Laden zu kommen, vor allem um in die Berge zu fahren, reichte schon, um mir den Tag enorm zu versüßen. Und es konnte sicher nicht schaden, das in Gesellschaft des bestaussehenden Mannes zu tun, den ich seit einer verdammt langen Zeit zu Gesicht bekommen hatte.

»Also, was führt Sie in unsere schöne Metropole?«, fragte ich ihn.

»Ich bin gerade hergezogen.«

»Wirklich? Warum um alles in der Welt sollten Sie das tun?«

»Warum denn nicht?« Sein Ton war beiläufig, obwohl sein Gesicht immer noch ernst wirkte. »Sie leben doch auch hier, oder? Ist es denn so schlimm?«

»Eigentlich nicht. Ich fühle mich hier wohl. Deshalb bin ich auch nie fortgegangen. Aber wissen Sie, die Stadt stirbt. Wir haben mehr Leute, die wegziehen, als Leute, die herziehen. Die Städte entlang der Front Range boomen, aber hier oben will niemand wohnen, weil man dann zur Arbeit pendeln muss.«

»Ich habe gerade beim Police Department von Coda angeheuert.«

»Sie sind Polizist?«

Er sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an und erwiderte belustigt: »Ist das ein Problem?«

»Eigentlich nicht, aber ich wünschte, ich hätte Ihnen nicht gesagt, dass die Jugendlichen hier raufkommen, um sich mit irgendwelchem Stoff zuzudröhnen.«

»Keine Sorge«, sagte er und zog wieder eine Augenbraue hoch. »Ich werde ihnen nicht stecken, dass Sie der Verräter sind.« Der gute Beamte war nicht völlig humorlos. »Sie haben also Ihr ganzes bisheriges Leben hier verbracht?« Er klang nicht neugierig, sondern eher so, als würde er einfach versuchen, eine zwanglose Unterhaltung zu führen.

»So ist es. Bis auf die Jahre, die ich am College verbracht habe.«

»Und der Laden gehört Ihnen?«

»Mir, meinem Bruder und seiner Frau, ja. Es ist nicht gerade eine Goldgrube, aber wir kommen zurecht. Brian ist Steuerberater und hat noch andere Kunden, daher kümmert er sich meistens nur um die Buchhaltung. Lizzy und ich betreiben den Laden.«

»Aber Sie waren auf dem College?« Jetzt klang er aufrichtig neugierig.

»Ja, ich habe die Colorado State besucht. Ich habe einen Lehramtsabschluss in Physik.«

»Warum sind Sie dann nicht Lehrer?«

»Ich wollte Brian und Lizzy nicht im Stich lassen.« Das stimmte nicht ganz, aber ich mochte ihm den wahren Grund nicht verraten: dass ich nicht mit den Konsequenzen leben wollte, die es mit sich brachte, ein schwuler Highschool-Lehrer in einer Kleinstadt zu sein. »Es gibt sonst niemanden, der sich um den Laden kümmern würde. Wir können uns keinen Vollzeitangestellten leisten. Das heißt, wir könnten schon, wenn sie keine Sozialversicherung haben wollten, aber das wollen sie. Also haben wir stattdessen nur Ringo auf Teilzeitbasis. Die Hälfte seines Lohns fließt zu uns zurück, weil er seine Gehaltschecks für Sachen für sein Auto ausgibt, daher funktioniert das ganz gut.« Ich lachte. »Ringo! Das kann doch nicht sein richtiger Name sein.« Mir wurde bewusst, dass ich faselte. »Tut mir leid, ich rede so viel. Ich langweile Sie bestimmt.«

Er sah mir direkt ins Gesicht und sagte ernsthaft: »Ganz und gar nicht.«

Wir hatten das Ende des Weges erreicht. »Sie müssen hier wenden.«

Er hielt den Jeep an und schaute sich argwöhnisch um. Es war kein anderes Auto in der Nähe. »Ich sehe keinen Felsen.«

»Er ist ein kleines Stück weiter den Weg rauf. Wollen Sie hingehen?«

Seine Miene hellte sich ein wenig auf. »Darauf können Sie wetten.«

Also gingen wir den Weg hinauf, zwischen Gelbkiefern, Douglastannen und Espen hindurch, die gerade zu knospen begannen, und erreichten schließlich einen der Felspfeiler, von denen die Rockies ihren Namen bekommen haben mussten. Die Berge Colorados sind voll von diesen riesigen, hoch aufragenden Felsnadeln, die abgerundet und von trockenen, graugrünen und rostfarbenen Flechten bedeckt sind. Dieser hier war hangabwärts etwa sieben Meter hoch. Wenn man von oben kam, konnte man praktisch direkt rauflaufen. Aber wo blieb da der Spaß? Diese Felsen schrien förmlich danach, erklommen zu werden.

Sobald wir oben angelangt waren, setzten wir uns hin. Die Aussicht war von dort nicht viel anders. Wir konnten über den Weg bis zu dem Jeep hinunterblicken, aber davon abgesehen erstreckten sich vor uns lediglich noch mehr Bäume, noch mehr Felsen und noch mehr Berge. Ich liebe Colorado, aber diese Art von Aussicht hat man hier an Hunderten von Stellen. Es überraschte mich, einen zufriedenen Seufzer von Matt zu hören. Als ich ihn ansah, spiegelte sich auf seinem Gesicht Erstaunen wider.

»Mann, ich liebe Colorado. Ich komme aus Oklahoma. Das hier ist besser, glauben Sie mir.«

Er drehte sich zu mir um, und mir stockte beinahe der Atem. Er blinzelte ein wenig in die Sonne. Seine Haut war gebräunt, und seine Augen leuchteten. Sie gingen definitiv ins Grünliche. »Danke, dass Sie mich hier heraufgebracht haben.«

»Gern geschehen.« Und ich meinte es auch so.

2

Am nächsten Tag kam Matt mit Bargeld in der Hand in den Laden, um den Jeep zu kaufen. Es war ein Samstag, einer der Tage, an denen normalerweise mehr los war, daher waren Lizzy und ich beide im Laden.

»Haben Sie Lust auf ein Bier?« Er hatte sich an diesem Morgen rasiert, was ihn um Jahre jünger aussehen ließ. Mann, war der süß.

»Ich würde ja gerne, aber das werden wir verschieben müssen. Ich esse heute Abend mit der Familie.«

»Oh.« Er klang aufrichtig enttäuscht. »Nun, vielleicht ein andermal …«

»Hey!«, unterbrach Lizzy uns. Sie grinste breit. »Warum kommen Sie nicht auch? Wir essen einfach bei uns zu Abend. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie mitkämen.«

Er sagte zu, und wir verabredeten, dass er kurz nach Ladenschluss um fünf wieder herkommen sollte.

Als er gegangen war, vermied ich es gezielt, Lizzy anzusehen, die neben mir stand und das dämlichste Lächeln zur Schau trug, das ich seit einer ganzen Weile gesehen hatte. Sie hat blondes Haar, das bei jeder Bewegung überall herumzufliegen scheint, und blaue Augen, die in diesem Moment vor Aufregung leuchteten. Sie rangiert irgendwo zwischen »reizend« und »zuckersüß«, und ich schwöre, sie könnte mit ihrem Charme die Sterne vom Himmel holen, wenn sie es versuchen würde.

»Und?«, fragte sie schließlich.

»Und was?« Ich wusste, dass ich rot wurde, und hasste mich dafür.

»Du weißt, was ich meine.« Sie schlug mir auf den Arm. »Er ist heiß! Und er hat dich auf ein Bier eingeladen. Bist du nicht aufgeregt?« Tatsache war, dass ich nicht viele Freunde hatte. Die meisten meiner Kumpel von der Highschool waren verheiratet und hatten mittlerweile Kinder. Die unverheirateten waren allesamt Unruhestifter, die ihre Abende damit verbrachten, in der Bar zu trinken. Lizzy war wahrscheinlich die beste Freundin, die ich auf der Welt hatte, und ich wusste, dass sie immer hoffte, dass ich jemanden finden würde.

»Ich glaube nicht, dass er dabei an eine Verabredung gedacht hat.«

Ihr Lächeln ließ ein wenig nach. »Nicht?«

»Findest du, dass er schwul aussieht?«

»Eigentlich nicht. Aber du siehst ja auch nicht schwul aus, also hat das offenbar nichts zu bedeuten, und das weißt du. Er wollte mit dir was trinken gehen und war enttäuscht, dass er dich nun nicht für sich allein haben wird. Ich denke, er ist an dir interessiert.« Das Lächeln erstrahlte jetzt wieder in seiner ganzen Pracht.

Ich spürte, wie sich auch auf meinem Gesicht ein Lächeln ausbreitete. »Ich werde mir keine Hoffnungen machen, aber ich hätte nichts dagegen, wenn du recht hättest.«

Die Leute fragen mich immer, wann mir bewusst wurde, dass ich schwul bin. Sie denken wohl, dass ich irgendeine Erleuchtung hatte – mit Blinklichtern und Gehupe –, aber so war es für mich nicht. Es war eher eine Anhäufung von Ereignissen.

Die ersten Hinweise tauchten schon früh in der Pubertät auf, als ich mich mit meinem Bruder Brian verglich, der zwei Jahre älter ist als ich. Während er Poster von Cindy Crawford und Samantha Fox aufhängte, waren es bei mir nur Autos und die Denver Broncos. Mir war bewusst, dass er Mädchen auf eine Weise verführerisch und faszinierend fand, die ich nicht verstand, aber ich dachte mir nicht allzu viel dabei.

Als ich fünfzehn war, fuhr mein Dad an einem Wochenende zu einem Spiel der Broncos und brachte mir ein Poster der ganzen Mannschaft mit, auf dem die Cheerleader in diversen aufreizenden Posen die Spieler umringten. Brian half mir, das Poster aufzuhängen, und dann standen wir einige Minuten lang da und sahen es uns an.

»Wer sieht deiner Meinung nach am besten aus?«, fragte Brian mich.

»Steve Atwater«, sagte ich, ohne nachzudenken.

Er lachte, aber es war ein nervöses Lachen, als wäre er sich nicht sicher, ob ich ihn auf den Arm nehmen wollte oder nicht. Als ich mich zu ihm umdrehte, schaute er mich mit einem Gesichtsausdruck an, der mir schließlich sehr vertraut werden sollte: eine Mischung aus Erheiterung, Verwirrung und Sorge. Es war mir unangenehm. Ich wusste, dass meine Antwort falsch war, und doch war ich mir nicht sicher, warum.

»Nein«, sagte er. »Ich meinte, welche von den Cheerleaderinnen?« Ich hatte sie ehrlich gesagt kaum wahrgenommen.

Schon bald tauschten meine Freunde untereinander mit zitternden Händen und angeberischem Lachen Nacktmagazine aus. Ich war mir nicht ganz sicher, was sie empfanden, wenn sie sich die Bilder darin ansahen, aber es war eindeutig nicht die gleiche milde Verlegenheit, die ich dabei verspürte.

Erst als ich Tom kennenlernte, wurde mir deutlich bewusst, wie sehr ich mich von den anderen unterschied. Tom spielte mit meinem Bruder Brian Football. Sie waren beste Freunde. Ich war sechzehn, sie waren achtzehn. Von dem Moment an, als er hinter meinem Bruder durch unsere Haustür kam, war ich in ihn verknallt. Ich konnte kaum mit ihm reden, konnte aber auch nicht die Augen von ihm lassen. Sein Lachen genügte, um bei mir körperliche Reaktionen hervorzurufen, die mich dazu veranlassten, immer ein Schulbuch in der Hand zu haben, wenn er im Haus war – nicht weil ich so ein guter Schüler war, sondern weil ich in der Lage sein musste, mich schnell zu bedecken. Ich bewegte mich auf einem schmalen Grat zwischen dem Wunsch, ihn so oft wie möglich zu sehen, und dem Wunsch, ihm aus den Augen zu gehen. Ich wusste, dass Brian mich wieder mit demselben Blick beobachtete, den er mir an dem Tag zugeworfen hatte, an dem ich mit Steve Atwaters Namen herausgeplatzt war: Verwirrung, Belustigung, Sorge und allgemeine Verlegenheit. Es war eine Erleichterung, als die beiden endlich ihren Abschluss machten und aufs College gingen.

Danach war ich mir ziemlich sicher, obwohl ich es nie jemand anders gegenüber erwähnte. Ich mogelte mich durch die Highschool. Ich machte nie ein Probetraining für Football, weil ich Angst vor den Komplikationen hatte, die sich im Umkleideraum ergeben mochten, wenn auch nur in meiner Fantasie. Ich hatte einige Verabredungen mit Mädchen, aber es waren meistens Gruppendates. Wir hielten ein paar Mal Händchen, und zwei von ihnen küssten mich sogar. Die Küsse lösten jedoch zumindest bei mir keinerlei positive Gefühle aus, im Gegenteil, ich fand sie fast schon verstörend, und weiter gingen wir nie.

Sobald ich es aufs College geschafft hatte und weg von zu Hause war, erlaubte ich es mir endlich zu experimentieren. Ich lernte Jungen im Club oder im Fitnessstudio kennen und hatte einige kurze, aber bedeutungslose Affären. Ich habe nie etwas gefunden, das ich als Liebe bezeichnet hätte, aber danach wusste ich ohne jeden Zweifel, dass ich schwul war.

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich nicht geplant hatte, in meinen Dreißigern noch allein zu sein. Aber in einer so kleinen Stadt schwul zu sein, ist nicht einfach. Colorado ist nicht unbedingt das Mekka der Schwulen. Es ist zwar nicht der Bibelgürtel, aber es ist auch nicht San Francisco. Die meisten in der Stadt wissen über mich Bescheid, und die meisten von ihnen akzeptieren mich sogar, aber einige schauen immer noch in die andere Richtung, wenn ich ihnen im Lebensmittelgeschäft über den Weg laufe, oder sie weigern sich, von mir bedient zu werden, wenn sie in den Laden kommen. Die Chancen, in Coda einen Partner zu finden, waren praktisch nicht vorhanden, und die Chancen, dass ich mein Leben allein verbringen würde, schienen deprimierend gut zu stehen.

3

An diesem Abend lernte Matt also meine Familie kennen. Lizzy ging früher von der Arbeit nach Hause, angeblich um rechtzeitig mit dem Kochen anzufangen, aber ich denke, der wahre Grund bestand darin, dass sie auf diese Weise Mom und Brian auf den neuesten Stand bringen konnte, bevor wir eintrafen. Brian war natürlich höflich. Mom unterzog Matt einer gründlichen Musterung, schien aber mit ihm einverstanden zu sein.

»Sind Sie auch ein Mountainbiker?«, fragte sie ihn.

»Ich habe mein Fahrrad verkauft, bevor ich hergezogen bin. Ich bin gern gefahren, aber in Oklahoma gibt es keine Berge, in denen man fahren könnte. Warum?«

»Jared ist an jedem freien Tag da oben. Er fährt allein. Ich sage ihm ständig, dass er das nicht machen soll. Was, wenn er sich verletzt?«

»Mom, immer mit der Ruhe. Habe ich mich je verletzt?«

»Du verletzt dich jedes Mal!«

Oh Mann, jetzt ging das wieder los. Ich widerstand dem Drang, die Augen zu verdrehen. »Mom, blaue Flecken und Prellungen zählen nicht.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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