Rising Storm - Schatten am Horizont - Julie Kenner - E-Book

Rising Storm - Schatten am Horizont E-Book

Julie Kenner

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Beschreibung

Eine Soap-Opera im Serienformat geschrieben von beliebten Romance-Autorinnen

Alles scheint perfekt in der malerischen Kleinstadt Storm in Texas. Aber hinter der Fassade braut sich ein Sturm zusammen - dunkle Geheimnisse, Sex und Skandale drohen das idyllische Leben der Bewohner von Storm zu zerstören. Als Ginny Moreno und ihr bester Freund Jacob Salt auf einer regennassen Straße verunglücken, muss sie sich nicht nur mit Jacobs Tod auseinandersetzen, sondern auch mit der Tatsache, dass sie schwanger ist. Doch wer ist der Vater? Jacob, mit dem sie eine einzige Nacht verbracht hat? Oder ist das Kind das Ergebnis der unrühmlichen Affäre mit einem verheirateten Mann, die sie am liebsten vergessen würde?

"Ich liebe es. Unerwartete Wendungen, Drama, Drama, Drama. Und das als jemand, der noch nicht mal Soaps im Fernsehen schaut." Obsessive Book Nerd Blog

Staffel 1, Episode 1


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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungKapitel einsKapitel zweiKapitel dreiKapitel vierKapitel fünfKapitel sechsKapitel siebenKapitel achtKapitel neunKapitel zehnKapitel elfKapitel zwölfDie AutorinWeitere Episoden in dieser SerieImpressum

JULIE KENNER

Rising Storm

Schatten am Horizont

Roman

Ins Deutsche übertragen von Anika Klüver

Zu diesem Buch

Als Ginny Moreno und ihr bester Freund Jacob Salt auf einer regennassen Straße verunglücken, muss sie sich nicht nur mit Jacobs Tod auseinandersetzen, sondern auch mit der Tatsache, dass sie schwanger ist. Doch wer ist der Vater? Jacob, mit dem sie eine einzige Nacht verbracht hat? Oder ist das Kind das Ergebnis der unrühmlichen Affäre mit einem verheirateten Mann, die sie am liebsten vergessen würde?

Für Dee. Die den Sturm mit mir überstanden hat.

Und für Liz und MJ, die dem Sturm geholfen haben, sich zusammenzubrauen!

Kapitel eins

Prasselnder Regen trommelte auf das Dach von Ginny Morenos zwanzig Jahre altem Toyota Camry. Sie packte das Lenkrad fester und lehnte sich nach vorn, als könnte sie dann besser durch die dichten Regenschleier sehen. Ein Blitz erhellte die Umgebung und verwandelte die windgepeitschten Bäume an der Landstraße für eine Sekunde in gierige Ungeheuer. Ein Donnerschlag erschütterte das Auto. Ginny zuckte zusammen und fluchte, weil sie so nervös war.

Neben ihr nahm Jacob die Füße vom Armaturenbrett. »Soll ich fahren?«, fragte er sanft.

»Ich kann mein verdammtes Auto selbst fahren«, schnauzte sie.

Er hob beschwichtigend die Hände. »Tut mir leid. Ich dachte nur …«

Er verstummte und zuckte mit den Schultern. Doch Ginny wusste genau, was er gedacht hatte. Jacob Salt kannte sie schon ewig und wusste, wie sehr sie Gewitter hasste – und warum. An dem Morgen, an dem Dillon Murphy – damals noch als Hilfssheriff – an ihre Haustür gekommen war, um ihr die Nachricht zu überbringen, war er bei ihr zu Hause gewesen. Ein Sattelzug war auf der regennassen Interstate in San Antonio ins Schleudern gekommen, als ihre Eltern gerade von einem Konzert nach Hause fuhren.

Sie waren sofort tot gewesen.

Ja, Jacob war im Bilde und versuchte nur, ihr die Situation erträglicher zu machen. Das war ihr klar, obwohl sie gerade wütend auf ihn war.

»Es geht mir gut«, log sie. »Ich will nur am Bryson’s Creek vorbei sein, bevor dort alles überflutet ist, okay?« Das war das Problem mit dem Texas Hill Country. Es mochte wunderschön sein, aber durch das Netz aus Bächen und Flüssen waren Sturzfluten an der Tagesordnung, besonders im Sommer, wenn ständig Regenwolken über das Land zogen.

Der Bryson’s Creek kreuzte die Landstraße kurz hinter der Stadtgrenze von Storm, sie hatten es also bald geschafft, aber Ginny wäre am liebsten schon zu Hause. Sie wollte ihren kleinen Bruder Luis sehen. Und ja, sie wollte sogar ihre ältere Schwester Marisol sehen, die halb Erziehungsberechtigte und halb Nervensäge war.

Zum ersten Mal seit Beginn ihres Studiums an der University of Texas freute sich Ginny darauf, die Sommerferien zu Hause zu verbringen. Das Semester war ziemlich schräg gewesen, hauptsächlich wegen der Männer, mit denen sie geschlafen hatte, obwohl sie sich das besser verkniffen hätte. Und ja, »Männer« schloss den Kerl mit ein, der neben ihr saß und auch als ihr bester Freund bekannt war. Und der genau deshalb für sie hätte tabu sein sollen.

Also ja. Sie brauchte eine Verschnaufpause. Sie brauchte Storm.

Und ja, sie verhielt sich gerade zickig. Aber das tat sie nur, weil er in letzter Zeit so ein Idiot gewesen war.

»Wir hätten früher losfahren sollen. Dann wären wir nicht in das Unwetter geraten und schon vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause gewesen.« Er sprach beiläufig, als ob er keine Ahnung hätte, dass sie außer dem Gewitter noch etwas anderes nervös machte. Aber war nicht genau das das Problem? Seit ihrer gemeinsamen Nacht verhielt er sich, als stünde absolut nichts zwischen ihnen.

»Ich musste arbeiten«, sagte Ginny. »Manche von uns haben Jobs an der Uni. Und du musstest schließlich nicht mit mir fahren. Du hast ein eigenes Auto.«

Er legte eine CD ein. »Max wollte es sich ausleihen.« Max war sein Mitbewohner. »Es ist ja nicht so, als würde ich es in Storm brauchen«, fügte er hinzu. Er sprach ein wenig lauter, weil jetzt George Straits beruhigende, attraktive Stimme das Wageninnere erfüllte und mit dem Trommeln des Regens auf dem Dach wetteiferte.

Das Lied war »The Chair«. Es war auch in der Nacht gelaufen, in der sie auf dem Dach gesessen und Tequila getrunken und noch viel mehr getan hatten.

Was zum Teufel war mit ihm los? Wollte er ihr Salz in die Wunden streuen?

»Kannst du das leiser machen? Durch den Regen ist es im Auto schon laut genug.«

»Wir hätten in Fredericksburg Halt machen sollen«, meinte er. Fredericksburg war ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen in Hill Country und lag etwa eine Stunde östlich von Storm. Er drehte die Musik leiser. »Wir hätten in einem der Motels in den Außenbezirken übernachten und am nächsten Morgen weiterfahren können.«

Einen Moment lang drehte sie den Kopf zu ihm. »Ach komm schon, Jacob. Wirklich? Ich meine, wirklich?«

Plötzlich trat er mit einem seiner Converse-Schuhe gegen das Armaturenbrett und erschreckte sie damit fast zu Tode. »Verdammt, Ginny, was ist los mit dir? Du bist jetzt schon seit einer ganzen Weile eine totale Zicke.«

»Herrje, ich frage mich, warum? Vielleicht weil du schon genauso lange ein totales Arschloch bist?«

Er sah sie sprachlos an. Sein harmloses Nachbarjungengesicht spiegelte vollkommene Verwirrung wider. Dann neigte er den Kopf zurück und atmete geräuschvoll aus. Dadurch sah er plötzlich wie sechzehn aus anstatt wie zweiundzwanzig. »Oh verdammt, Gin.« Er klang müde. »Ich dachte, zwischen uns wäre alles cool. Ich meine, wir haben doch darüber geredet«, sagte er leise, sanft. »Ich dachte, zwischen uns wäre alles okay, verstehst du?«

Sie blinzelte hektisch und riss sich zusammen, um nicht zu weinen. »Es war seltsam. Du warst seltsam. Du hast mich zweimal versetzt, als wir zusammen ins Kino wollten. Und als wir letzte Woche im Magnolia zum Brunch verabredet waren, hast du auch abgesagt. Du weichst mir aus, und das gefällt mir nicht, und du warst immer mein bester Freund, und ich habe wirklich, wirklich Angst, dass wir etwas kaputt gemacht haben, als wir …«

»Ach Scheiße, Gin.« Er fuhr sich durchs Haar. »Nein. Nein. Du bist meine beste Freundin. Ich bin dir nicht ausgewichen. Ich habe für organische Chemie gelernt … die hat mich fertiggemacht, und ich musste den Kurs mit einer guten Note bestehen. Ich darf mir meine Aufnahmechancen nicht versauen. Ich will an eine erstklassige medizinische Fakultät.«

»Aber du musst sonst nie lernen.« Ein idiotisches Argument. Das war ihr klar, sowie sie es ausgesprochen hatte.

»Glaub mir, das weiß ich. Ich bin es nicht gewohnt, Hausarbeiten mit den Noten drei oder vier zurückzubekommen.« Er holte Luft. »Es hatte nichts mit dir zu tun. Ich war nur vollkommen durch den Wind.«

Er griff nach ihrer Hand, und sie ließ es zu. Das war für beste Freunde ganz normal.

»Du hättest es mir erzählen sollen.«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich muss doch meine Fassade als brillanter Jahrgangsbester wahren.«

»Mir musst du nichts vorspielen. Das weißt du.«

Er legte den Kopf schief. »Ah ja? Du warst in letzter Zeit auch ein wenig seltsam.«

Sie presste die Lippen zusammen und nickte. Sie kam sich wie eine totale Versagerin vor. Und im Nachhinein total ungerecht. Nicht er war seltsam gewesen, sondern sie. Sie war ausgeflippt, nachdem sie miteinander geschlafen hatten.

Die Nacht hatte ganz okay angefangen. Jacob war traurig und einsam gewesen, weil er mit Wendy Schluss gemacht hatte, und Ginny ein Nervenbündel, weil sie mit dem falschen Kerl ins Bett gegangen war – ein Megageheimnis, von dem nicht einmal Jacob etwas wusste. Am Anfang war alles ganz heiß und aufregend gewesen, doch so war es nicht geblieben. Und Ginny setzte es ungeheuer zu, weil es nicht echt war und weil er verheiratet und sie so wahnsinnig dumm gewesen war, sich auf jemanden einzulassen, der in der Nahrungskette so weit oben stand.

Also war sie mit Jacob, Max und Brittany zu Maggie Mae’s gegangen, teilweise um ihn wegen Wendy zu trösten, aber auch weil sie ebenfalls ein wenig Ablenkung gebrauchen konnte. Und als sie dann mit Jacob geredet hatte, war ihr alles nicht mehr so schlimm vorgekommen. Sie kannten sich schon ewig, sie liebten sich schon ewig, und sie hatten zu viel getrunken. Und obwohl sie seit der Mittelstufe schon dutzende Male im selben Bett geschlafen hatten, führte dieses Mal eins zum anderen, als sie zu Jacob fuhren.

Sie hätte es nicht zulassen dürfen.

Sie hätte sagen sollen, du bist nur traurig wegen Wendy, und wir werden es beide bereuen. Sie hätte sagen sollen, dass sich alles verändern würde, wenn sie miteinander schliefen, weil Sex schließlich alles veränderte, oder nicht?

Aber sie hatte kein Wort gesagt. Weil sie insgeheim vielleicht genau diese Veränderung wollte. Jacob war ihr bester Freund, seit er ihr in der Grundschule sein Erdnussbutter-Bananen-Sandwich gegeben hatte. Und vielleicht, nur vielleicht, hatte sie schon immer mehr gewollt.

Also hatte sie den Dingen einfach ihren Lauf gelassen, als George Straits Musik sie dazu verleitete, miteinander ins Bett zu gehen. Es hatte sich gut angefühlt. Es hatte sich richtig angefühlt. So als könnten sie wie im Märchen leben: glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Und wie dämlich war das? Denn Ginny Moreno wusste besser als jeder andere, dass Märchen in Wahrheit nie gut ausgingen. Die Hexe fraß Hänsel und Gretel. Der Wolf verschlang Rotkäppchen. Und Rapunzel bekam am Ende nur höllische Kopfschmerzen, weil ständig alle an ihren Haaren zogen.

»Also ist zwischen uns alles okay?«, fragte er nun. »Ich will nicht, dass sich alles ändert, weil wir in einer Nacht betrunken und unvernünftig gewesen sind.«

»Natürlich ist zwischen uns alles okay.« Endlich fuhren sie an dem Schild vorbei, auf das sie gewartet hatte: Willkommen in Storm, Texas, der Perle des Hill Country. »Und nichts wird sich ändern.« Nur dass das auch eine Lüge war. Denn die Dinge hatten sich bereits geändert. Und früher oder später musste sie sich eingestehen, dass sie in dieser Nacht lieber nicht betrunken und unvernünftig gewesen wäre. Denn lieber hätte sie sich an eine umwerfende, magische Nacht erinnert.

Aber wenn sie das nicht haben konnte, wollte sie wenigstens ihren besten Freund wiederhaben.

»Gut«, sagte er. »Toll. Nur …«

Er verstummte, und sie drehte sich auf ihrem Sitz herum, um ihn anzusehen. »Was?«

»Nichts«, sagte er, aber ganz klar mit einem neckenden Tonfall.

»Oh Gott. Was heißt ›nur‹?«

»Nur, dass es wirklich fantastisch war. Wir haben immer noch Zeit, um zurück nach Fredericksburg zu fahren und uns ein Zimmer in diesem …«

Sie gab ihm einen Klaps auf den Arm. Und sofort war es zwischen ihnen nicht mehr seltsam – einfach so. »Jacob Salt, du bist ein totaler Idiot«, sagte sie fröhlich, als ein Blitz den Himmel erhellte.

»Verdammt ja, das bin ich. Deswegen liebst du mi… Scheiße! Ginny!«

Er stürzte sich auf das Lenkrad und riss es zur Seite, während sie auf die Bremse trat.

Verwirrt sah sie ein Reh vors Auto springen, dann spürte sie den dumpfen Aufprall, und ihr wurde urplötzlich schlecht, als das Auto ins Schleudern geriet.

Und als ihr Kopf explodierte und sie Blut schmeckte, dachte sie nur eines: dass die Dinge für sie und Jacob niemals wieder okay sein würden.

Kapitel zwei

Schmerzen. Brennende Schmerzen hüllten sie ein.

Und ihr war kalt, so kalt, dass sie unablässig zitterte. Sie zitterte und sehnte sich nach Wärme. Nach Hitze. Nach Trost.

Sie fror. Sie war am Ende.

Todmüde.

Hände zogen an ihr, zogen sie weg von den glühenden Messern, die in sie hineinstachen. Weg von den Scherben, die sie aufschlitzten.

Doch sie durfte nicht gehen – sie durfte nicht von hier weg. Sie musste die Augen öffnen. Sie musste Jacob helfen.

Jacob!

Jacob!

Sie musste ihn retten.

Doch sie war so müde.

So unendlich müde.

»Vitalfunktionen … gut … Schnittwunden …«

»Nächste Angehörige … Vollmacht …«

»Neun Wochen?«

»Keine Eltern … ihre Schwester … holen Sie Marisol …«

»Fetale Herzfrequenz … hundertfünfzig …«

»Keine Anzeichen … Plazentaablösung … Monitor …«

»Glück gehabt …«

»Doktor, ihre Augen …«

»Ginny? Ginny, hier ist Doktor Rush. Du bist in Sicherheit. Du bist im Krankenhaus. Kannst du deine Augen für mich öffnen? Kannst du jetzt zu uns zurückkommen?«

»Ihr Puls …«

»Sie hat Angst. Ist schon gut, Baby. Deine Schwester ist hier – holen Sie Marisol –, alle machen sich Sorgen um dich, aber du machst das gut. Du machst das richtig gut. Jetzt musst du nur noch aufwachen. Jetzt musst du nur noch zurückkommen.«

Die Worte schwebten um sie herum. Ginny versuchte, sie festzuhalten. Sie wollte zurückkommen, aber sie hatte Angst. Große Angst.

Denn mit den Stimmen kamen Erinnerungen. Und als aus dem Schwarz langsam Grau wurde und das Grau in Bilder überging, sah sie, was passiert war. Sie sah es wie einen Film. Sie sah das Reh. Sie sah das Auto schleudern und von der Straße abkommen.

Sie erinnerte sich an das Gefühl zu fliegen. Kopfüber zu hängen. An den Ausdruck auf Jacobs Gesicht. An die Bestürzung und die Angst.

Und dann an den hellroten Fleck, der sich auf seiner Brust ausbreitete.

Ihre Kehle hatte gebrannt, und jetzt begriff sie, dass es vom Schreien kam.

Und sie wollte nicht aufwachen. Sie wollte es nicht, sie wollte es nicht, sie wollte es nicht.

Denn sie wusste, was sie erfahren würde, wenn sie aufwachte:

Jacob war tot.

Kapitel drei

Sheriff Dillon Murphy liebte seine Arbeit, jedenfalls an den meisten Tagen.

Heute war keiner dieser Tage, und der gestrige war auch von vorn bis hinten scheiße gewesen.

Er war als Erster am Unfallort eingetroffen, nachdem ein vorbeikommender Autofahrer den alten Toyota kopfüber im Straßengraben hatte liegen sehen. Seine Schicht wäre in einer Stunde zu Ende gewesen, und er schlenderte über den Platz und plauderte mit den ortsansässigen Ladenbesitzern, wie immer bevor er Feierabend machte. Er wollte gerade in die Bar seines Vaters gehen, um eine Tasse Kaffee zu trinken – das Zeug auf dem Revier schmeckte wie Spülwasser –, als die Meldung reinkam.

Knapp drei Minuten nach ihm kamen sein Bruder Patrick mit dem Rest der Feuerwehrtruppe und das Rettungssanitäterteam dort an. Es gelang ihm, Ginny Moreno aus dem Auto zu ziehen. Für Jacob Salt konnte er jedoch nichts mehr tun. Der arme Junge war bereits tot, und das war eine gottverdammte Katastrophe.

Die Unfallursache herauszufinden war nicht besonders schwer.

Ein Reh und ein Unwetter und vier abgefahrene Reifen, die ihn nicht überraschten, denn schließlich waren Ginny und Jacob beide noch Studenten.

Herrgott, er kannte sie quasi seit ihrer Geburt. Und erst vor zehn Jahren war er nach einer anderen stürmischen Nacht zum Haus der Morenos gefahren, um Marisol mitzuteilen, dass ihre Eltern tot waren. Ginny war damals erst zehn gewesen und Luis sogar noch jünger. Wie kleine Statuen saßen sie an dem Resopaltisch, Marisol mit einem Gesicht, als hätte ihr jemand das Herz herausgerissen. Ja, genau so musste sie sich gefühlt haben.

Sie war gerade erst zwanzig geworden und nun plötzlich für die Erziehung ihrer Geschwister verantwortlich. Und er erinnerte sich noch gut daran, wie der Funke der Jugend und der Unschuld in ihren Augen erlosch, während sie die Nachricht verarbeitete.

Ja, das war ein wirklich schlimmer Tag damals.

Wenigstens konnte er ihr gestern Nacht mitteilen, dass Ginny lebte. Doch da das Mädchen immer noch bewusstlos war, war das nur ein kleiner Segen. Sie hatte ein ernsthaftes Schädeltrauma erlitten, und obwohl sie laut Dr. Rush wie durch ein Wunder keine ernsten Knochenbrüche oder inneren Verletzungen hatte, würde das Mädchen erst über den Berg sein, wenn es aufwachte.

Aber wenigstens gab es für Ginny Hoffnung. Das Gespräch mit Travis und Celeste Salt gestern Abend war sehr viel schmerzhafter gewesen. Um kurz nach zehn klopfte er an ihre Tür, und es zog ihm den Magen zusammen, als Celeste die Tür aufriss und lachend verkündete, es würde aber auch Zeit. Im nächsten Moment schlug die Freude in Schrecken um. Es war die Art vorausahnender Erkenntnis, die er schon viel zu oft bei Eltern gesehen hatte. Celeste sagte nichts, und es brachte ihn fast um, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren. Er fragte, ob Travis zu Hause sei, weil er mit ihnen beiden reden wolle. Und dann teilte er ihnen die niederschmetternde Tatsache mit.

Schon einem Großstadtpolizisten setzte es zu, wildfremden Eltern die Nachricht vom Tod ihres Kindes zu überbringen, umso mehr dem Polizisten einer Kleinstadt wie Storm, der die meisten Leute kannte.

Sie wollten Jacob natürlich sofort sehen, aber Dillon konnte es ihnen ausreden. Er erklärte ihnen, es gäbe vorher noch einige verfahrenstechnische Dinge zu erledigen. In Wahrheit wollte er dem Gerichtsmediziner nur genug Zeit geben, die Leiche ansehnlich herzurichten. Widerwillig stimmten sie zu und warteten.

Nun waren sie seit ein paar Stunden im Krankenhaus. Es war bereits weit nach Mittag, und Dillon konnte sich nicht mal ansatzweise vorstellen, welche Höllenqualen sie in der Zwischenzeit durchgemacht hatten.