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Mit der Einführung von verbindlichen Bildungsstandards fand eine stärkere Verschiebung zum kompetenzorientierten Unterricht statt. Dies stellt Lehrkräfte vor die Schwierigkeit, kompetenzorientierte Aufgaben zu erstellen, die trotz sehr unterschiedlicher Ausgangsvoraussetzungen bearbeitet werden können. Dieser Band zeigt Möglichkeiten und Wege, Schreibkompetenzen in der Fremdsprache unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen zu überprüfen. Er beinhaltet eine Vielzahl an Beispielaufgaben und Benchmarktexten (Leistungsbeispiele) aus Aufgabenerprobungen mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 8 und 9. In Abgrenzung zu anderen Publikationen kommen auch die Darlegung von Rahmenbedingungen und die Berücksichtigung von Kontexten für die Evaluation von Schreibkompetenzen nicht zu kurz. Des Weiteren ist der Band im Gegensatz zu vielen anderen Handbüchern zur (Messung von) Schreibkompetenz konsequent aufgaben- und kompetenzorientiert.
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Seitenzahl: 640
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Schreibkompetenzen in der Fremdsprache
Bettina Akukwe / Rüdiger Grotjahn / Stefan Schipolowski
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
© 2017 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen www.francke.de • [email protected]
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0059-5
Spätestens mit Verabschiedung der BildungsstandardsBildungsstandards für die erste Fremdsprache für den Mittleren Schulabschluss im Jahr 2003 (KMK, 2004a) hat kompetenzorientierter Fremdsprachenunterricht in allgemeinbildenden Schulen mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Insbesondere wird auch die Förderung der Teilkompetenzen HörverstehenHörverstehen und SprechenSprechen mittlerweile verstärkt in den Unterricht integriert. Das Schreiben von Texten in der Fremdsprache stellte dagegen schon immer einen wichtigen Bestandteil des Sprachenlernens in der Schule dar, jedoch lag der Fokus des Schulunterrichts bis vor wenigen Jahren zumeist auf der korrekten Verwendung der Sprache und weniger auf der Erfüllung der kommunikativen Absicht. In Schulleistungsuntersuchungen wie dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) oder dem IQBIQB-BildungstrendLändervergleich/Bildungstrend werden im Fremdsprachenbereich – auch aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwandes – die produktiven KompetenzenKompetenzproduktiv bisher nur selten getestet – trotz ihrer Bedeutung für einen kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht. Jones & Seville machen die Bedeutung gerade auch des Lehrens und Testens der produktiven KompetenzenKompetenzproduktiv deutlich:
In the classroom or the real world the impression of a learner’s overall proficiency level is undoubtedly based primarily on the performance skills – precisely because they are directly apprehended productive skills – rather than the indirectly apprehended receptive skills of reading and listening. This suggests that the performance skills are a more relevant, practical and meaningful target for aligning judgements of level across classroom and large scale assessmentassessment… (Jones & Saville, 2016, S. 74)
Mit der Einführung von verbindlichen Standards im Rahmen eines kompetenzorientierten Unterrichts geht es nicht mehr in erster Linie um die Kenntnis von Fakten und Zusammenhängen, sondern vor allem um Handlungsfähigkeit. Kompetenzorientierter Unterricht geht hierbei einher mit einer lernorientierten Leistungsbeurteilung (learning-orientedassessmentlearning-oriented assessment), die den Fokus nicht nur auf den reinen Output legt, sondern auch den Lernprozess berücksichtigt, der durch Feedback und WeiterarbeitWeiterarbeit konstruktiv gestaltet wird. Für eine lernorientierte Leistungsbeurteilung müssen bestimmte Rahmenbedingungen geschaffen werden, z.B. ein angenehmes Klassenklima, motivierende Unterrichtsinhalte, didaktische und fachliche KompetenzKompetenz der Lehrkraft sowie eine positive Unterrichtsinteraktion, die sich beispielsweise durch gezieltes Nachfragen und unmittelbares respektvolles Feedback auszeichnet (Turner & Purpura, 2016). Die Leistungsbeurteilung erfolgt in der Regel mithilfe von mehr oder minder authentischen AufgabenAufgaben (task-basedassessmenttask-based assessment). Wichtig ist hierbei, dass verschiedene Aufgaben zur Auswahl gestellt werden, sodass sich Lernende entsprechend ihrem KompetenzniveauKompetenzniveau für sie passende Aufgabenstellungen auswählen können. Alternativ kann ein Input mit adäquater ArbeitsanweisungAufgabenArbeitsanweisung gewählt werden, der von Lernenden unterschiedlicher Leistungsniveaus bearbeitet werden kann. Für den Kompetenzbereich Schreiben könnte dies beispielsweise ein Foto von einer Person sein, deren Porträt beschrieben werden soll, oder es wird eine Szene dargestellt, zu der eine Handlung beschrieben werden soll. Hier ist nicht nur die Kreativität der Lernenden gefragt, sondern es wird zugleich das Niveau der Aufgabenbearbeitung durch die Lernenden bestimmt.
Neben der stärkeren KompetenzorientierungKompetenzorientierung im Fremdsprachenunterricht wurde in den zurückliegenden Jahren in verschiedenen Ländern das Schulsystem hin zu einem Zwei-Säulen-Modell und einer größeren Durchlässigkeit reformiert. Infolge dieser Reformen sowie der Bemühungen um eine Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarfsonderpädagogischer Förderbedarf entstehen immer heterogenere Klassenzusammensetzungen, die Unterrichtsmaterialien voraussetzen, die die Lernenden auf ihrem individuellen Niveau fordern und fördern. Dies stellt Lehrkräfte vor die Herausforderung, kompetenzorientierte AufgabenAufgaben zu erstellen, die trotz sehr unterschiedlicher Ausgangsvoraussetzungen von der jeweiligen LerngruppeLerngruppe bearbeitet werden können.
Der vorliegende Band zeigt Möglichkeiten und Wege, um Schreibkompetenzen unter Berücksichtigung verschiedener Voraussetzungen zu überprüfen. Er beinhaltet eine Vielzahl an Beispielaufgaben und Benchmark-Texten (Leistungsbeispiele) aus Aufgabenerprobungen mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 8 und 9. In Abgrenzung zu vielen anderen Publikationen werden auch die Rahmenbedingungen und Kontexte für die Evaluation von Schreibkompetenzen relativ ausführlich thematisiert. Des Weiteren ist der Band im Gegensatz zu vielen anderen Handbüchern zur (Messung von) Schreibkompetenz konsequent aufgaben- und kompetenzorientiert.
Der vorliegende Band ist so gestaltet, dass Lehrkräfte, Fortbildnerinnen und Fortbildner, Studierende und Fachdidaktikerinnen und -didaktiker die Zielgruppe bilden. Dabei sind die Ausführungen nicht sprachspezifisch, sondern können von allen Personen, die Fremdsprachen (inklusive Deutsch als Fremdsprache) lehren oder lernen, sinnvoll genutzt werden. Die Illustration erfolgt anhand von Beispielen für die Fächer Englisch und Französisch.
In Deutschland haben Lehrkräfte einer Fremdsprache in der Regel einen engeren Bezug zu standardisierter Evaluation und zum Testen als Vertreterinnen und Vertreter anderer Fächer. Bedingt durch die Globalisierung und die moderne Arbeitswelt steigt im Kontext des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen auch die Bedeutung formaler Qualifikationsnachweise z.B. in Form des Diplôme d’Études en langue française (DELF) oder des Test of English as a Foreign Language (TOEFL). In diesem Zusammenhang hält die Vorbereitung und Durchführung entsprechender Zertifikatsprüfungen auch immer stärker Einzug in den Bereich der allgemeinbildenden Schulen. Allerdings genügen die regulären LehrwerkeLehrwerke für die Fremdsprachen oft nicht den Anforderungen, Lernende auf kompetenzorientierte TestsEvaluationkompetenzorientiert vorzubereiten, sondern folgen eher einer inhaltlichen oder sprachlichen Progression. Lehrkräfte stehen somit vor der Herausforderung, Unterrichtsmaterialien selbstständig entwickeln zu müssen. Dies erfordert Kompetenzen, die Lehrkräfte in dieser Form ggf. noch nicht erwerben konnten. Aktuelle internationale Studien zeigen: Auf Gebieten wie TestspezifikationenTestspezifikation, Testtheorie, Leistungsbeurteilung der eigenen Klasse, Kriterienerstellung und Testbedingungen mangelt es vielen Lehrkräften noch an notwendigen Kompetenzen (Jeong, 2013).
International ist der Trend zur stärkeren Förderung diagnostischer KompetenzKompetenzdiagnostisch von Lehrkräften für eine (Fremd-)Sprache unter dem Schlagwort language assessment literacyassessmentassessment literacy schon länger festzustellen, wie u.a. Harding & Kremmel (2016) in einer aktuellen Publikation darstellen. Taylor (2013, S. 410) fasst die für Sprachlehrkräfte, Testautorinnen und Testautoren, universitäre Testadministratorinnen und Testadministratoren sowie für professionelle Sprachtesterinnen und Sprachtester relevantesten Kompetenzbereiche wie folgt zusammen:
Sprachpädagogik;
soziokulturelle Werte;
lokaler Kontext;
persönliche Überzeugungen/Einstellungen;
technisches Wissen;
Wissen über Prinzipien und Konzepte;
theoretisches Wissen;
Ergebnis- und Entscheidungsfindung.
Dabei gilt für jede der vier genannten Adressatengruppen ein Kompetenzprofil mit einer unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen Komponenten. In Bezug auf Sprachlehrkräfte bedeutet dies u.a., dass theoretisches Wissen einen eher peripheren Stellenwert einnimmt. Von Taylor nicht aufgeführt, aber nicht weniger wichtig, ist die sehr gute Beherrschung der Fremdsprache. Ebenso sollte die diagnostische KompetenzKompetenzdiagnostisch in Form der reinen Leistungsbeurteilung nie für sich alleine stehen, sondern stets durch ein angemessenes Feedback sowie die Steuerung der Weiterentwicklung durch gezielte WeiterarbeitWeiterarbeit ergänzt werden (Lee, 2015).
Nun ist die Feststellung der für Sprachlehrkräfte relevanten diagnostischen KompetenzKompetenz nur eine Seite der Medaille – viel wichtiger erscheint es jedoch, die Vermittlung dieser Kompetenz auch entsprechend in die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften einfließen zu lassen. Dafür brauchen Lehrkräfte der Studie von Fulcher (2012) zufolge vor allem gut verständliche Einführungen, die theoretisch fundiert, aber zugleich praktisch ausgerichtet und mit Beispielen illustriert sind. Auch die Vermittlung von statistischem Grundlagenwissen ist essenziell für eine adäquate (language) assessment literacyassessmentassessment literacy.
In den USA gibt es bereits seit 1990 Standards für Lehrkräfte, die eine diagnostische KompetenzKompetenzdiagnostisch eindeutig als wichtiges Merkmal der Lehrerkompetenz beinhalten (American Federation of Teachers, 1990). Auch für Deutschland gelten seit 2004 von der Kultusministerkonferenz verabschiedete Standards für die Lehrerbildung (KMK, 2004b), die neben inhaltlichen Schwerpunkten auch Kompetenzen für Lehrkräfte in der theoretischen und praktischen Ausbildung festlegen. Dabei werden die drei Kompetenzbereiche Unterrichten, Erziehen und Beurteilen unterschieden. Die im Kompetenzbereich Beurteilen beschriebene Kompetenz 8 („Lehrerinnen und Lehrer erfassen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe“) beinhaltet konkrete Hinweise auf Fähigkeiten, die im Laufe des Referendariats erworben werden sollen:
Die Absolventinnen und Absolventen …
konzipieren Aufgabenstellungen kriteriengerecht und formulieren sie adressatengerecht.
wenden Bewertungsmodelle und Bewertungsmaßstäbe fach- und situationsgerecht an.
verständigen sich auf Beurteilungsgrundsätze mit Kolleginnen und Kollegen.
begründen Bewertungen und Beurteilungen adressatengerecht und zeigen Perspektiven für das weitere Lernen auf.
nutzen Leistungsüberprüfungen als konstruktive Rückmeldung über die eigene Unterrichtstätigkeit.
(KMK, 2004b, S. 11)
Diese Kompetenzen wurden 2008 von der KMK inhaltlich in Fachprofilen konkretisiert und kürzlich aktualisiert. Für den Bereich Neue Fremdsprachen wird nun noch stärker zwischen Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaft unterschieden. Eine weiterhin zentrale Rolle spielen die „Grundlagen der LeistungsdiagnoseDiagnose und -beurteilung im Fach“ (KMK, 2017, S. 39).
Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass die Ausbildungsmodalitäten sehr vom lokalen Kontext abhängig sind. Die von der Bildungspolitik geforderten Kompetenzen können oder müssen unter Umständen erst nach der eigentlichen Ausbildung erworben werden. Vielerorts fehlt es an entsprechenden Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sodass sich ein nicht unerheblicher Anteil an Lehrkräften mit dem Problem konfrontiert sieht, sich language assessment literacyassessmentassessment literacy durch Selbststudium und learning by doing anzueignen. Das vorliegende Buch spricht insbesondere diese Lehrkräfte, aber auch Lehrkräfte in der Aus- und Weiterbildung, Studierende der fremdsprachlichen Fächer und von Deutsch als Fremdsprache an.
Dieser Band beinhaltet theoretische und praktische Hinweise zu den Rahmenbedingungen der Testung von Schreibkompetenzen, zur AufgabenentwicklungAufgabenentwicklung, zur Bewertung von Schreibleistungen und zum Feedback an Schülerinnen und Schüler. Das Buch ist das Produkt eines längeren Dialogs zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Lehrkräften unter der Moderation des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQBIQB)1IQBBildungsstandardsBildungsstandardsIQB. Die Kapitel dieses Bands sind je nach Themenbereich eher aus einer praktischen oder eher aus einer theoretischen Perspektive geschrieben. Entsprechend ihrer ausgewiesenen Expertise liegt die Verantwortung für einzelne Kapitel bei unterschiedlichen Autorinnen und Autoren. Die Kapitel 2 bis 6 legen die theoretischen Grundlagen zur Messung von Schreibkompetenzen. Die Kapitel 7 bis 9 geben vor allem praktische Hinweise. Insbesondere die Kapitel 2 und 6 sind jedoch auch für Praktikerinnen und Praktiker in hohem Maße relevant.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in den eher praktisch orientierten Kapiteln versucht, die Zahl der Literaturverweise im Fließtext möglichst gering zu halten. Am Ende jedes Kapitels finden sich Hinweise zum Weiterlesen, die detaillierte Angaben zu weiterführender Literatur, z.T. mit einer Kurzbeschreibung, beinhalten. Ein Literaturverzeichnis ist jedem Kapitel angehängt
Neben Lehrplänen und CurriculaCurricula gelten zunehmend die BildungsstandardsBildungsstandards der KMK und der Gemeinsame europäische Referenzrahmen (GER) Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen als Grundlage für die Evaluierung von Schreibkompetenzen. In Kapitel 2 „Rahmenbedingungen für das Evaluieren von Schreibkompetenzen“ wird das Evaluieren von Schreibkompetenz, u.a. auf Basis des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen und der BildungsstandardsBildungsstandards, erläutert. Des Weiteren wird auf Lehrpläne und die Entwicklung von TestaufgabenAufgabenTestaufgabenam IQBIQB eingegangen. Damit Lehrkräfte bei der unterrichtlichen Evaluation mögliche Handlungsspielräume nutzen können und sich als aktiv gestaltende, kompetente Akteure erfahren, sind die Vertrautheit mit den Rahmenbedingungen und eine kritische Reflexion der Vorgaben wichtige Voraussetzungen.
In Kapitel 3 „Typen und Funktionen der Evaluation von Schreibkompetenzen“ wird zunächst auf folgende grundlegende Unterscheidungen und Typen eingegangen: bezugsgruppenorientiertEvaluationgruppenorientiert versus kriteriumsorientiertEvaluationkriteriumsorientiert, summativEvaluationsummativ versus formativEvaluationformativ, informellEvaluationinformell versus formellEvaluationformell. Danach werden eine Reihe weiterer spezifischerer Funktionen und Ziele, die mit Prüfungen verbunden werden, kurz skizziert.
Das Kapitel 4„GütekriterienGütekriterien bei der Evaluation von Schreibkompetenzen“ beschäftigt sich mit Aspekten der Qualitätssicherung. Es nennt eine Vielzahl von Kriterien zur Beurteilung der Qualität der eingesetzten AufgabenAufgaben, der AngemessenheitAngemessenheit des Vorgehens bei der Evaluation sowie der Güte der auf der Basis der Evaluationsergebnisse gezogenen Schlüsse und getroffenen Entscheidungen. Neben den sogenannten HauptgütekriterienGütekriterien der ObjektivitätObjektivität, ReliabilitätReliabilität (Zuverlässigkeit) und ValiditätValidität (Gültigkeit) und deren jeweiligen Unterkriterien wie z.B. Interrater-Reliabilität ReliabilitätBeurteilerreliabilität oder curriculareValiditätcurricular Validität findenValidität sich als weitere GütekriterienGütekriterien u.a. NützlichkeitNützlichkeit, FairnessFairness, Ökonomie, PraktikabilitätPraktikabilität, SchwierigkeitSchwierigkeit, TrennschärfeTrennschärfe, StandardisierungStandardisierung, RückwirkungRückwirkung auf den Unterricht (Washback/Backwash), AuthentizitätAuthentizität, TransparenzTransparenz sowie Handlungs- und KompetenzorientierungKompetenzorientierung. Die GütekriterienGütekriterien werden unter Berücksichtigung ihrer praktischen Relevanz und in engem Bezug zur Schreibkompetenzmessung vorgestellt und diskutiert.
In Kapitel 5„TestkonstruktTestkonstrukt und TestspezifikationenTestspezifikation“ liegt der Fokus auf dem TestkonstruktTestkonstrukt und der Frage, was unter Schreibkompetenz verstanden werden kann und welche Aspekte bei der Überprüfung von Schreibkompetenzen Berücksichtigung finden sollten. Darauf aufbauend wird gezeigt, wie auf der Basis des jeweiligen TestkonstruktsTestkonstrukt Test- und AufgabenspezifikationenTestspezifikation formuliert werden können, die ihrerseits einen Rahmen für die Aufgabenerstellung und die Bewertung von Schreibleistungen abgeben. Da Schreibkompetenz als eine Komponente des übergeordneten Konstrukts kommunikativeKompetenzkommunikativKompetenzKompetenz zu sehen ist, geht der Autor auch kurz auf Modelle kommunikativer KompetenzKompetenzkommunikativ ein.
In Kapitel 6 „Kriteriale Evaluation von Schreibkompetenzen“ wird ein allgemeiner Überblick über die Bewertung von Schreibkompetenzen gegeben. Dazu werden zunächst neben Spezifika einer beurteilergestützten Bewertung von Schreibleistungen auch Faktoren benannt, die die Bewertung in verzerrender Weise beeinflussen können. Anhand von BeispielbewertungsrasternBewertungsraster und Leistungsbeispielen (Benchmarktexten) werden sodann BewertungskriterienBeurteilungskriterien und Vorgehensweisen, z.B. analytisch versus holistisch, diskutiert. Das Kapitel thematisiert abschließend Qualitätsanforderungen an die Bewertung von Schreibleistungen im schulischen Kontext und Möglichkeiten zur Reflexion der eigenen Bewertungspraxis.
Das Kapitel 7 „Entwicklung von TestaufgabenAufgabenTestaufgaben zum Schreiben“ beschreibt zentrale Prinzipien und den prototypischen Verlauf der AufgabenentwicklungAufgabenentwicklung. Es wird u.a. darauf hingewiesen, dass als erste Schritte stets die jeweilige LerngruppeLerngruppe, die mit der Evaluation verfolgten Ziele sowie das TestkonstruktTestkonstrukt zu spezifizieren sind. Die Darstellung mündet in eine Checkliste, mit Hilfe derer man überprüfen kann, inwieweit die erforderlichen Schritte bei der Erstellung von Schreibaufgaben beachtet worden sind. Illustriert wird das Vorgehen anhand von kommentierten AufgabenbeispielenAufgabenbeispiele.
In Kapitel 8 „Evaluation von Schreibkompetenzen mithilfe eines BewertungsrastersBewertungsraster“ wird ein kriteriales Bewertungsinstrument vorgestellt, das am IQBIQB von Expertinnen und Experten entwickelt wurde. Es ist das Ergebnis einer umfangreichen Diskussion und knüpft explizit an Beispiele aus den Ländern und anderen Testinstituten im In- und Ausland an. Das vorgelegte BewertungsrasterBewertungsraster wurde mehrfach erprobt und optimiert. In einem ersten Unterkapitel wird das Raster ausführlich beschrieben. Dabei werden zum einen detaillierte Informationen zu den einzelnen Facetten des BewertungsrastersBewertungsraster angeführt, zum anderen werden praktische Handlungshinweise zur Arbeit mit dem Raster gegeben. Umfangreiche Beispiele von Schreibproduktionen von Schülerinnen und Schülern dienen in einem zweiten Unterkapitel zur Illustration der Nutzung des BewertungsrastersBewertungsraster. Hierzu wird auf drei AufgabenAufgaben für Englisch und vier Aufgaben für Französisch mit zahlreichen Schülerantworten zurückgegriffen. Das dritte Unterkapitel fokussiert Möglichkeiten der WeiterarbeitWeiterarbeit im Unterricht in Bereichen, die den Lernenden bei der Bearbeitung der Aufgaben Probleme bereitet haben.
Kapitel 9 „Feedback zu schriftlichen Lernerproduktionen“ behandelt Möglichkeiten und Formen des Feedbacks im Rahmen eines kompetenzorientierten Schreibunterrichts. Viele Lehrkräfte haben in der Unterrichtspraxis die Erfahrung gemacht, dass Feedback von Lernenden entweder gar nicht rezipiert wird oder nicht im intendierten Sinne. In der Unterrichtsrealität beobachtet man dann häufig, dass Lernende mit bestimmten Situationen völlig anders umgehen als von den Lehrkräften erwartet. Ein wichtiger Bestandteil von Rückmeldeverfahren ist es, die für jede Schülerin und jeden Schüler passende Form des Feedbacks zu finden. Es werden im Detail Möglichkeiten verschiedener Formen des Feedbacks im Rahmen der Arbeit mit Schreibaufgaben aufgezeigt und anhand zahlreicher praktischer Beispiele erklärt. Dabei wird u.a. auch auf Formen des Feedbacks auf der Basis der interaktionistischen dynamischen EvaluationEvaluationinteraktionistisch dynamisch eingegangen.
Im abschließenden Kapitel 10 „Überprüfung von Kompetenzen – aktuelle Trends“ wird sowohl auf allgemeine Trends der Kompetenzmessung als auch auf spezifische Innovationen bei der Messung von Schreibkompetenzen kurz eingegangen. Dabei wird erneut die Wichtigkeit von assessment literacyassessmentassessment literacy herausgestellt.
Der vorliegende Band ist im Dialog zwischen unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren entstanden. Die außergewöhnliche Zusammensetzung der Autorengruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung und Praxis spiegelt sich in den Autorenschaften der Einzelkapitel wider. Jedoch sind letztlich alle Kapitel in einem regen Austausch und einer lebhaften Diskussion aus unterschiedlichen Perspektiven entstanden. Im Folgenden werden die Autorinnen und Autoren in alphabetischer Reihenfolge kurz vorgestellt.
Bettina Akukwe ist seit 2013 Koordinatorin des VERA-ProjektsVergleichsarbeitenam IQBIQB und übergreifend für die Arbeitsbereiche VERA-3 Deutsch und Mathematik sowie VERA-8 Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch zuständig. Von 2010 bis 2013 arbeitete sie im Arbeitsbereich Französisch Sekundarstufe I und hat seitdem einen engen Bezug zum Testen der 1. Fremdsprache.
Rüdiger Grotjahn ist Professor für Sprachlehrforschung an der Ruhr-Universität Bochum. Besondere Bekanntheit erlangte er durch seine Arbeiten zum Testen und Evaluieren, u.a. im Bereich des C-Tests, sowie durch Arbeiten zur Forschungsmethodologie. Sein langjähriges Engagement im Bereich Testen konzentrierte sich u.a. auf TestentwicklungsprojekteTestentwicklung wie den Test Deutsch als Fremdsprache (TestDaF) oder die VergleichsarbeitenVergleichsarbeiten für die 8. Jahrgangsstufe (VERA-8) im Fach Französisch.
Karin Kleppin ist Professorin für Sprachlehrforschung an der Ruhr-Universität Bochum. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind das selbstgesteuerte Sprachenlernen und das Thema Fehlerkorrektur. Gemeinsam mit Rüdiger Grotjahn arbeitet sie im Bereich von TestDaF und VERA-8Vergleichsarbeiten in Französisch. Karin Kleppin war längere Zeit in China, Frankreich und Marokko tätig und führt bis heute Fort- und Weiterbildungen in vielen Ländern durch. An der German Jordanian University in Amman ist sie als full professor für den Studiengang Deutsch als Fremdsprache mitverantwortlich.
Elke Philipp ist Lehrkraft für Englisch und Französisch an einer Berliner Gesamtschule. Sie agiert zudem als Vorsitzende des Berliner Landesverbands der Französischlehrkräfte und organisiert und gestaltet in dieser Funktion zahlreiche Veranstaltungen wie den jährlichen Fremdsprachentag. In ihrer Tätigkeit für das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) ist sie u.a. für Fortbildungen und die Erarbeitung von didaktischen Materialien zuständig.
Stefan Schipolowski ist wissenschaftlicher Leiter der Ländervergleichs- bzw. BildungstrendstudienLändervergleich/Bildungstrendam IQBIQB. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Struktur, Messung und Entwicklung kristalliner kognitiver Fähigkeiten, insbesondere individueller Unterschiede im deklarativen Wissen und in sprachlichen Fähigkeiten. Im Rahmen seiner Tätigkeit im Arbeitsbereich Deutsch Sekundarstufe I in den Jahren 2009 bis 2014 hat er sich umfassend mit der DiagnostikDiagnose und Struktur sprachlicher Kompetenzen beschäftigt und zur Schreibkompetenz in der Erstsprache gearbeitet.
Günther Sommerschuh war Studienleiter und Landesfachberater für das Fach Englisch in Schleswig-Holstein. In seiner auch internationalen Tätigkeit als Lehreraus- und ‑fortbildner widmet er sich bis heute besonders den Themen Binnendifferenzierung und schüleraktivierender Unterricht. Er beteiligte sich zudem an der Erarbeitung der KMK-Abiturstandards für das Fach Englisch und arbeitet als Berater für Schulbuchverlage.
Ganz herzlicher Dank gilt Frau Amira Yassine, ehemalige Fachkoordinatorin des Arbeitsbereichs Englisch Sekundarstufe I am IQBIQB, für ihr Engagement und die langjährige Begleitung des Buchprojekts. Des Weiteren danken wir Frau Petra Burmeister, Professorin für Sprachliches Lehren und Lernen im Fach Englisch an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, für ihre Arbeit am BewertungsrasterBewertungsraster und Überlegungen zur vorliegenden Publikation.
An der Erarbeitung des BewertungsrastersBewertungsraster waren weitere Personen beteiligt, denen die Herausgeber danken möchten:
den Aufgabenentwicklerinnen und Aufgabenentwicklern für VERA-8Vergleichsarbeiten Englisch und Französisch für die Entwicklung und Erprobung von Schreibaufgaben sowie die Kommentierung des BewertungsrastersBewertungsraster;
Rita Green, Testexpertin und Dozentin an der Lancaster University, für die Aufgabenbewertung und ihre Rückmeldungen zum BewertungsrasterBewertungsraster;
den (ehemaligen) wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen am IQBIQB, Jessica Maluch, Camilla Rjosk, Karoline Sachse und Maike Wäckerle, für Vorüberlegungen zum BewertungsrasterBewertungsraster.
Schließlich möchten wir Petra Stanat, Direktorin und wissenschaftlicher Vorstand des IQBIQB, sowie Hans Anand Pant, ehemaliger Direktor des IQBIQB, für die institutionelle Unterstützung danken.
Konzepte einer lernorientierten Leistungsbeurteilung (learning-orientedassessmentlearning-oriented assessment) beschreiben Turner & Purpura (2016) sowie Jones & Saville (2016). Beispiele für task-basedassessmenttask-based assessment finden sich in Norris (2016).
Auf den Seiten des IQBIQB finden sich zahlreiche Beispiele für TestaufgabenAufgabenTestaufgaben (https://www.iqb.hu-berlin.de/vera/aufgaben) und LernaufgabenAufgabenLernaufgaben (https://www.iqb.hu-berlin.de/bista/teach).
Einen umfassenden Überblick über Lehrerkompetenzen bei der Evaluation von Fremdsprachen geben Harding & Kremmel (2016).
Rogier (2014) beschreibt sehr praxisnah die für eine assessment literacyassessmentassessment literacy notwendigen Fertigkeiten.
Für den deutschsprachigen Raum empfiehlt sich die Lektüre des Sonderhefts der Zeitschrift für Pädagogik zum Thema Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrkräften (Allemann-Ghionda & Terhart, 2006).
Das DFG-Projekt Professionelle KompetenzKompetenz von Lehrkräften, kognitv aktivierender Unterricht und die mathematische Kompetenz von Schülerinnen und Schülern (COACTIV) mündete in einem 2011 veröffentlichten Bericht (Kunter, Baumert, Blum, Klusmann, Krauss & Neubrand, 2011).
Allemann-Ghionda, Cristina & Terhart, Ewald. (Hrsg.). (2006). Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 51. Weinheim: Beltz. [abrufbar unter http://www.pedocs.de/volltexte/2013/7367/pdf/ZfPaed_Beiheft_51_Komplett.pdf]
American Federation of Teachers, National Council on Measurement in Education & National Education Association. (1990). Standards for teacher competence in educational assessment of students. Educational Measurement: Issues and Practice, 9(4), 30–32. [abrufbar unter http://files.eric.ed.gov/fulltext/ED323186.pdf]
Fulcher, Glenn. (2012). Assessment literacy for the language classroom. Language Assessment Quarterly, 9(2), 113–132. doi: 10.1080/15434303.2011.642041
Harding, Luke & Kremmel, Benjamin. (2016). Teacher assessment literacy and professional development. In Dina Tsagari & Jayanti Banerjee (Hrsg.), Handbook of second language assessment (S. 413–427). Boston: De Gruyter.
Jeong, Heejeong. (2013). Defining assessment literacy: Is it different for language testers and non-language testers? Language Testing, 30(3), 345–362. doi: 0.1177/0265532213480334
Jones, Neil & Saville, Nick. (2016). Learning Oriented Assessment. A systemic approach. Cambridge: Cambridge University Press.
KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland]. (Hrsg.). (2004a). Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den Mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 04.12.2003. München: Luchterhand. [abrufbar unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_12_04-BS-erste-Fremdsprache.pdf]
KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland]. (Hrsg.). (2004b). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss vom 16.12.2004. [abrufbar unter http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_ beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf]
KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland]. (Hrsg.). (2017). Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung. Beschluss vom 16.10.2008 i.d.F. vom 16.03.2017. [abrufbar unter http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2008/2008_10_16-Fachprofile-Lehrerbildung.pdf]
Kunter, Mareike, Baumert, Jürgen, Blum, Werner, Klusmann, Uta, Krauss, Stefan & Neubrand, Michael. (Hrsg.). (2011). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann.
Lee, Yong-Won. (2015). Diagnosing diagnostic language assessment. Language Testing, 32(3), 299–316. doi: 0.1177/0265532214565387
Norris, John M. (2016). Current uses for task-based language assessment. Annual Review of Applied Linguistics, 36, 230–244. doi: 10.1017/S0267190516000027
Rogier, Dawn. (2014). Assessment literacy: Building a base for better teaching and learning. English Language Teaching Forum, 52(3), 2–13. [abrufbar unter https://americanenglish.state.gov/ resources/english-teaching-forum-2014-volume-52-number-3#child-1783]
Taylor, Lynda. (2013). Communicating the theory, practice and principles of language testing to test stakeholders: Some reflections. Language Testing, 30(3), 403–412. doi: 0.1177/0265532213480338
Turner, Carolyn E. & Purpura, James E. (2016). Learning-oriented assessment in second and foreign language classrooms. In Dina Tsagari & Jayanti Banerjee (Hrsg.), Handbook of second language assessment (S. 255–273). Boston: De Gruyter.
Für eine Evaluierung von Schreibkompetenzen an deutschen Schulen gelten allseits anerkannte (ministerielle) Vorgaben wie der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen, die für die Bundesländer verpflichtenden nationalen BildungsstandardsBildungsstandards, länderspezifische Unterrichtsvorgaben u.a. in Form von CurriculaCurricula, Lehrplänen, Richtlinien und Bildungsplänen sowie die jeweils zugelassenen LehrwerkeLehrwerke. Dabei sind allerdings für das Handeln der Betroffenen nicht notwendigerweise die in den Vorgaben genannten objektiven Sachverhalte entscheidend, sondern vielmehr deren subjektive Wahrnehmung und Interpretation in Form von Überzeugungen und persönlichen Theorien, die häufig nur sehr eingeschränkt mit den objektiven Sachverhalten übereinstimmen. Ein Beispiel ist die nicht selten anzutreffende Interpretation der Ausführungen im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen im Sinne präskriptiver Vorgaben trotz eindeutig gegenteiliger Aussagen der Autoren des Referenzrahmens (vgl. z.B. Europarat, 2001, S. 8).
Damit Lehrkräfte bei der unterrichtlichen Evaluation mögliche Handlungsspielräume auch nutzen können und sich als aktiv gestaltende, selbstwirksame und kompetente Akteure erfahren, ist eine Vertrautheit mit den Rahmenbedingungen und eine kritische Reflexion der Vorgaben eine wichtige Voraussetzung (vgl. auch Harding & Kremmel, 2016).
Wie auch in den meisten anderen Ländern Europas orientieren sich deutsche Bildungspolitiker, CurriculumCurricula- und Lehrplanersteller, LehrwerkautorenLehrwerke und Testersteller im Hinblick auf die Vermittlung von Fremdsprachen und die Evaluation fremdsprachlicher Kompetenzen zunehmend am Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER; Europarat, 2001). Dabei spielen auch die zahlreichen den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen begleitenden und ergänzenden Materialien und Aktivitäten eine wichtige Rolle, wie z.B. bei professionellen Testanbietern das vom Europarat online zur Verfügung gestellte Handbuch Relating Language Examinations to the Common European Framework of Reference for Languages (Council of Europe, 2009; vgl. auch z.B. Cambridge University Press, 2013; Europarat & ALTE, 2012; Hilpisch, 2012; Kecker, 2016; North, 2014). Auch die BildungsstandardsBildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch), auf die wir im Folgenden noch genauer eingehen, sowie die kürzlich vorgelegten BildungsstandardsBildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch/Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife nehmen expliziten Bezug auf den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen. Insgesamt ist der GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen unter Einschluss seiner zahlreichen Ergänzungen zu einem zentralen – allerdings nicht präskriptiv gedachten – Instrument der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bereich des Evaluierens fremdsprachlicher Kompetenzen geworden (vgl. auch Kapitel 5 und 6).
Die meiste Beachtung haben die GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen-NiveaustufenbeschreibungenNiveaustufe (A1-C2) zu den kommunikativen Aktivitäten und sprachlichen Kompetenzen gefunden. Diese sind zumeist als Kann-Aussagen formuliert und basieren auf der Vorstellung, dass die sprachliche Handlungsfähigkeit das Hauptziel fremdsprachlichen Unterrichts darstellt. Die Lernenden sollen durch den Fremdsprachenunterricht vor allem befähigt werden, in unterschiedlichen Situationen und Lebensbereichen sprachlich zu handeln, also kommunikativeKompetenzkommunikativ Aktivitäten auszuführen. Das heißt, sie sollen andere verstehen und sich anderen gegenüber verständlich machen können. Sie sollen mit Menschen anderer Kulturen sprachlich angemessen umgehen und am gesellschaftlichen Leben im zielsprachlichen Kontext teilnehmen können. Wie gut diese sprachlichen Handlungen jeweils ausgeübt werden können, wird an den unterschiedlichen Beschreibungen der KompetenzniveausKompetenzniveau deutlich. Insgesamt gesehen werden Handlungs-, KompetenzKompetenz- und Aufgabenorientierung damit zu zentralen Prinzipien beim Unterrichten und Überprüfen von Fremdsprachen. Auf die genannten Prinzipien wird in Kapitel 5„TestkonstruktTestkonstrukt und TestspezifikationenTestspezifikation“ noch weiter eingegangen.
Die Autoren des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen weisen im Zusammenhang mit den vertikalen NiveaustufeNiveaustufen nachdrücklich darauf hin, dass Lernfortschritt allerdings mehr ist als das „Vorankommen auf einer vertikalen Skala“ (Europarat, 2001, S. 28). Lerner können auch Fortschritte machen, indem sie ihre Sprachkompetenzen auf einer bestimmten Stufe verbreitern und vertiefen, z.B. im Hinblick auf Flüssigkeit und Umfang der eingesetzten sprachlichen Mittel. Zudem verbreitert sich das Spektrum der Aktivitäten, Fertigkeiten und sprachlichen Mittel mit aufsteigendem Skalenniveau. Deshalb sind die GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen-NiveausNiveaustufe auch nicht als eine lineare Mess-Skala zu interpretieren. Entsprechend werden Niveaustufenskalen zuweilen als Diagramm im „Eistütenformat“ illustriert, d.h. als ein dreidimensionaler Konus, der nach oben breiter wird (vgl. Europarat, 2001, S. 29 sowie die entsprechende Abbildung in Grotjahn & Kleppin, 2015, S. 23).
Gerade im unterrichtlichen Kontext benötigt man häufig noch weitere, feinere Differenzierungen innerhalb der sechs GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen-Stufen A1-C2. Für entsprechende Zwecke haben die Autoren des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen ein flexibles Verzweigungsmodell vorgesehen (vgl. Europarat, 2001, S. 40–42), in dem die Stufen jeweils in zwei oder mehr Unterstufen wie z.B. A1.1 und A1.2 oder B1 und B1+ aufgeteilt werden. Dieses System hat bisher vor allem in der Schweiz Verwendung gefunden (vgl. z.B. EDK, 2011); es wird aber zunehmend auch im deutschen Kontext eingesetzt, so z.B. in den vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQBIQB) vorgelegten integrierten KompetenzstufenmodellenKompetenzstufenmodell (siehe Kapitel 2.3).
Speziell zum Schreiben findet man im GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen an unterschiedlichen Stellen eine Reihe von Skalen, in denen z.T. ebenfalls innerhalb einer Stufe zwischen einem unteren und einem oberen NiveauNiveaustufe unterschieden wird. Auf einige dieser Skalen werden wir in den Kapiteln 5 und 6 noch genauer eingehen.
BildungsstandardsBildungsstandards definieren verbindliche Zielerwartungen und dienen der Orientierung u.a. der Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie der bildungspolitischen Entscheidungsträger. Sie bilden die Basis für Leistungsüberprüfungen, um z.B. im Fall von festgestellten Defiziten Maßnahmen zur Unterrichtsentwicklung und zur individuellen Förderung ergreifen zu können. Insgesamt sollen sie zur Weiterentwicklung eines handlungsorientierten, auf interkulturelleKompetenzinterkulturellkommunikativeKompetenzkommunikativ Kompetenzen abzielenden Fremdsprachenunterrichts beitragen (vgl. IQBIQB, 2014, S. 2f.; KMK, 2005a sowie auch Fulcher, 2016; Harsch, 2016).
Für den Fremdsprachenunterricht hat die Kultusministerkonferenz (KMK) bisher bundesweit geltende BildungsstandardsBildungsstandards für folgende spezifische Kontexte vorgelegt:
2003: Mittlerer SchulabschlussMittlerer Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10) in Englisch/Französisch als erste Fremdsprache (KMK, 2004)
2004: HauptschulabschlussHauptschulabschluss (Jahrgangsstufe 9) in Englisch/Französisch als erste Fremdsprache (KMK, 2005b)
2012: Allgemeine Hochschulreife in Englisch/Französisch als fortgeführte Fremdsprache (KMK, 2014)
Die genannten Dokumente beziehen sich explizit auf den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen und dessen Kann-Beschreibungen. Für den Mittleren Schulabschluss gilt als angezieltes NiveauNiveaustufe B1/B1+, wobei beim LeseverstehenLeseverstehen auch Teilkompetenzen auf dem NiveauNiveaustufe B2 genannt werden. Für den HauptschulabschlussHauptschulabschluss wird das NiveauNiveaustufe A2 angezielt. Für die Allgemeine Hochschulreife gilt schließlich das NiveauNiveaustufe B2, wobei für Englisch in den rezeptiven KompetenzenKompetenzrezeptiv auch teilweise das NiveauNiveaustufe C1 erwartet wird. Da im vorliegenden Band der Schwerpunkt auf Schreibkompetenzen im Bereich der GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen-NiveausNiveaustufe A2/B1 liegt, werden wir auf die BildungsstandardsBildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife nur am Rande eingehen.
Es handelt sich dabei jeweils um einen sogenannten Regelstandard. Darüber hinaus lassen sich auch noch ein Regelstandard plus, ein Mindeststandard (zuweilen auch als Basisstandard oder Grundkompetenz bezeichnet) und ein Optimalstandard (zuweilen auch als Maximalstandard bezeichnet) unterscheiden. Eine empirisch begründete Zuordnung der genannten Standards zu den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen-Stufen hat Ende 2014das IQBIQB in der Form integrierter KompetenzstufenmodelleKompetenzstufenmodell für den HauptschulabschlussHauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss jeweils für die Teilkompetenzen HörverstehenHörverstehen und Leseverstehen im Fach Englisch vorgelegt (siehe auch KMK, 2010, S. 12). HörverstehenHörverstehen und LeseverstehenLeseverstehen unterscheiden sich dabei lediglich in den Punktwerten, die für die Zuordnung zu einer bestimmten Stufe gelten. Die Stufenzuordnungen sind in Tabelle 1 aufgeführt.
In diesem fünfstufigen Modell bezieht sich der Mindeststandard „auf ein definiertes Minimum an Kompetenzen, das alle Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Bildungsabschnitt erreicht haben sollen“ (IQBIQB, 2014, S. 13). Der Optimalstandard definiert dagegen ein Anspruchsniveau, das nur „unter sehr guten bzw. ausgezeichneten individuellen Lernvoraussetzungen und der Bereitstellung gelingender Lerngelegenheiten innerhalb und außerhalb der Schule erreicht werden kann …“ (KMK, 2010, S. 12).
KompetenzstufenmodellKompetenzstufenmodell für den
Stufe
Unterstufe
HauptschulabschlussHauptschulabschluss
Mittleren Schulabschluss
A1
A1.1
unter Mindeststandard
unter Mindeststandard
A1.2
Mindeststandard
A2
A2.1
Regelstandard
A2.2
Regelstandard plus
Mindeststandard
B1
B1.1
Optimalstandard
B1.2
Regelstandard
B2
B2.1
Regelstandard plus
B2.2
Optimalstandard
C1
Integriertes KompetenzstufenmodellKompetenzstufenmodell Englisch HörverstehenHörverstehen/LeseverstehenLeseverstehen für den HauptschulabschlussHauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss (IQBIQB, 2014)
Für die vorliegende Publikation sind die BildungsstandardsBildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss und für den HauptschulabschlussHauptschulabschluss von zentraler Bedeutung. Beide Dokumente differenzieren unter Bezug auf den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen zwischen funktionalen kommunikativen KompetenzenKompetenzkommunikativ, interkulturellen KompetenzenKompetenzinterkulturell und methodischen Kompetenzen. Die funktionalen kommunikativen KompetenzenKompetenzkommunikativ umfassen die kommunikativen Teilkompetenzen Hör- und Hör-/Sehverstehen, LeseverstehenLeseverstehen, SprechenSprechen, Schreiben und SprachmittlungSprachmittlung sowie „die Verfügung über die sprachlichen Mittel“ WortschatzWortschatz, GrammatikGrammatik, Aussprache, Intonation und OrthografieOrthografie. Wichtig ist, dass betont wird, dass die sprachlichen Mittel eine „grundsätzlich dienende Funktion“ haben und „im Vordergrund … die gelungene Kommunikation“ stehe (KMK, 2004, S. 14).
Interkulturelle KompetenzenKompetenzinterkulturell beziehen sich u.a. auf soziokulturelles Orientierungswissen und die praktische Bewältigung interkultureller Begegnungssituationen. Im Zusammenhang mit den methodischen Kompetenzen werden z.B. Lernstrategien, Präsentation und Mediennutzung, sowie Lernbewusstheit und Lernorganisation genannt (siehe KMK, 2004, S. 8 und S. 14).
Außerdem wird eine Reihe von Kann-Beschreibungen zur näheren Charakterisierung der Kompetenzen aufgeführt. Im Zusammenhang mit der Beschreibung fremdsprachlicher Schreibkompetenzen werden lebensweltlich relevante SchreibaktivitätenSchreibaktivitäten, TextsortenTextsorte und Kontexte sowie sprachliche Mittel und Aspekte von Methodenkompetenz benannt. Kommentierte AufgabenbeispieleAufgabenbeispiele illustrieren, wie bestimmte Kompetenzen überprüft werden können (vgl. auch Kapitel 5 im vorliegenden Band). Weitere Hinweise zu interkultureller kommunikativer KompetenzKompetenzkommunikativ, Text- und Medienkompetenz, Sprachbewusstheit sowie Sprachlernkompetenz finden sich in den BildungsstandardsBildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (siehe KMK, 2014, S. 20–26).
GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen und nationale BildungsstandardsBildungsstandards bestimmen in entscheidender Weise auch die in den Bundesländern für den Bereich Fremdsprachen geltenden curricularenCurricula Vorgaben, wobei die Ausführungen in den CurriculaCurricula, Lehrplänen, Bildungsplänen oder anderen funktional äquivalenten Dokumenten allerdings an den spezifischen Schulkontext und die jeweiligen Schülergruppen angepasst werden (vgl. hierzu auch KMK, 2010, S. 26f.). In den aktuellen Dokumenten wird dabei in der Regel nicht mehr, wie früher weithin üblich, beschrieben, wie man genau vorgehen muss, um ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis zu erreichen, und es werden auch nicht die zu vermittelnden Inhalte bis ins Detail festgelegt. Es handelt sich bei den entsprechenden Dokumenten vielmehr um so genannte RahmencurriculaCurricula, Kernlehrpläne oder Rahmenpläne. Diese enthalten mehr oder minder breite auf den GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen und die BildungsstandardsBildungsstandards bezogene Kompetenzbeschreibungen und zumeist auch Ausführungen zu PrüfungsaufgabenAufgabenPrüfungsaufgaben und zur Leistungsbewertung.
Die bundesländerspezifischen CurriculaCurricula, Lehrpläne und Bildungspläne sind wiederum eine zentrale Grundlage bei der Entwicklung und Anerkennung von LehrwerkenLehrwerke, die die kompetenzorientierten curricularenCurricula Vorgaben allerdings nicht immer zufriedenstellend umsetzen. Da insbesondere Prüfungen, die auf die Feststellung von Lernfortschritten zielen, sich in den Themen, Teilkompetenzen und sprachlichen Mitteln auf die im Unterricht eingesetzten LehrwerkeLehrwerke beziehen, sind auch LehrwerkeLehrwerke ein wichtiger Einflussfaktor – vor allem im Kontext des unterrichtsnahen Prüfens.
Wir gehen nun kurz exemplarisch auf den Kernlehrplan Englisch für das Gymnasium (G8) in Nordrhein-Westfalen ein (MSW, 2007).1 Dort wird als allgemeine Kompetenzerwartung am Ende der Jahrgangsstufe 8 die „Kompetenzstufe A2des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen mit Anteilen an der Kompetenzstufe B1“ (S. 29) genannt. Speziell im Hinblick auf das Schreiben lauten die Kompetenzerwartungen am Ende der Jahrgangsstufe 8:
Die Schülerinnen und Schüler können einfache zusammenhängende Texte zu ThemenThemen ihres Interessen- und Erfahrungsbereichs in beschreibender, berichtender, erzählender und zusammenfassender Form verfassen. Sie können einfache zusammenhängende Texte schreiben und darin begründet Stellung nehmen, wenn ihnen die TextsorteTextsorte und das ThemaThemen vertraut sind.
Sie können
Sachverhalte gemäß vorgegebenen TextsortenTextsorte darstellen (u.a. Personenbeschreibungen, inhaltliche Zusammenfassungen, Stellungnahmen mit Begründung),
in persönlichen Stellungnahmen (u.a. Leserbriefen, E-Mails) ihre Meinungen, Hoffnungen und Einstellungen darlegen,
einfache Formen des kreativen Schreibens einsetzen (u.a. Texte ergänzen, eine Figur in einer kurzen Erzählung umgestalten).
(MSW, 2007, S. 30f.; Hervorhebung im Original)
Es werden sodann in Form einer einseitigen Liste „Beispiele für Aufgabentypen zur Ermittlung von einzelnen kommunikativen KompetenzenKompetenzkommunikativ“ (S. 45) genannt. Unter „Schreiben“ finden sich folgende drei Aufgabentypen: a) „Impuls- oder fragegestütztes Schreiben (z.B. kurze Infotexte, E-Mail)“; b) „Verfassen eines adressatengerechten und textsortenkonformenTextsorte Textes anhand einer Vorlage und Überarbeiten anhand einer Checkliste“; c) „Freies argumentatives Schreiben“.
In den sich im Kernlehrplan anschließenden Ausführungen zur Leistungsbewertung (S. 46–49) wird u.a. auf das Prinzip der HandlungsorientierungHandlungsorientierung sowie auf die BildungsstandardsBildungsstandards verwiesen. Außerdem wird auf die Notwendigkeit hingewiesen,
dass die Kriterien für die NotengebungBenotung den Schülerinnen und Schülern transparent sind und die jeweilige Überprüfungsform den Lernenden auch Erkenntnisse über die individuelle Lernentwicklung ermöglicht. Die Beurteilung von Leistungen soll demnach mit der DiagnoseDiagnose des erreichten Lernstandes und individuellen Hinweisen für das Weiterlernen verbunden werden. Wichtig für den weiteren Lernfortschritt ist es, bereits erreichte Kompetenzen herauszustellen und die Lernenden – ihrem jeweiligen individuellen Lernstand entsprechend – zum Weiterlernen zu ermutigen. Dazu gehören auch Hinweise zu erfolgversprechenden individuellen Lernstrategien. Den Eltern sollten im Rahmen der Lern- und Förderempfehlungen Wege aufgezeigt werden, wie sie das Lernen ihrer Kinder unterstützen können. (MSW, 2007, S. 46)
Abschließend werden im Kernlehrplan auf den Seiten 50–62 relevante ReferenzniveausNiveaustufe aus dem GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen aufgeführt, darunter auch die Skalen „Schriftliche Interaktion allgemein“ und „Schriftliche Produktion allgemein“.
Mit der Forderung nach TransparenzTransparenz der NotengebungBenotung sowie nach DiagnoseDiagnose und motivierender Rückmeldung des individuellen Lernfortschritts an die Schülerinnen und Schüler unter Einschluss von Hinweisen für das Weiterlernen sprechen die Autoren des Kernlehrplans wichtige Aspekte an, auf die wir in den folgenden Kapiteln noch eingehen werden.
Auch die TestentwicklungTestentwicklungam IQBIQB in den Sprachen Englisch und Französisch orientiert sich explizit an den BildungsstandardsBildungsstandards und dem GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen. Dabei geht es um Tests und AufgabenAufgaben für folgende Kontexte: a) die alle sechs Jahre stattfindenden Ländervergleiche/BildungstrendsLändervergleich/Bildungstrend der fremdsprachlichen Kompetenzen in Englisch und Französisch als erster Fremdsprache bei Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe; b) die jährlich stattfindenden schriftlichen Vergleichsarbeiten (VERA)Vergleichsarbeiten, die in den jeweils beteiligten Bundesländern den Lernstand in Englisch und Französisch als erster Fremdsprache in der 8. Jahrgangsstufe überprüfen (VERA-8)Vergleichsarbeiten. Insbesondere im Fach Französisch wird in VERA-8 zunehmend auch in der vorgezogenen zweiten Fremdsprache getestet.
Die ersten Vergleiche zwischen den Bundesländern fanden 2008 für Französisch und 2009 für Englisch statt. Dabei wurden Lese- und HörverstehenskompetenzenHörverstehen überprüft (https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/LV08_09). Auch im BildungstrendLändervergleich/Bildungstrend von 2015 wurden lediglich Lese- und HörverstehenskompetenzenHörverstehen gemessen. Allerdings wurden bereits 2007 und 2008 im Rahmen der Implementierung und Normierung der BildungsstandardsBildungsstandards für Englisch und Französisch als erste Fremdsprache auch Schreibaufgaben entwickelt, empirisch in den Jahrgangsstufen 8, 9 und 10 erprobt und auf einem vorläufigen KompetenzstufenmodellKompetenzstufenmodell verortet (vgl. z.B. Porsch, 2010a, 2010b; Porsch & Köller, 2010; Porsch & Tesch, 2010; Rupp, Vock, Harsch & Köller, 2008). Auf diese Arbeiten werden wir in den Kapiteln 5„TestkonstruktTestkonstrukt und TestspezifikationenTestspezifikation“, 6 „Kriteriale Evaluation von Schreibkompetenzen“ und 7 „Entwicklung von TestaufgabenAufgabenTestaufgaben zum Schreiben“ noch eingehen.
Auch im Rahmen von VERA-8Vergleichsarbeiten wird bisher lediglich HörverstehenHörverstehen und/oder LeseverstehenLeseverstehen getestet. Im Gegensatz zur ländervergleichendenLändervergleich/Bildungstrend Überprüfung der BildungsstandardsBildungsstandards zielt VERA-8 dabei allerdings primär auf eine an den BildungsstandardsBildungsstandards orientierte, evidenzbasierte Unterrichts- und Schulentwicklung (vgl. https://www.iqb.hu-berlin.de/vera), wobei jedoch in einigen Bundesländern auch eine Evaluation der Schulen auf Klassenebene stattfindet.
Eine weiterführende Darstellung der Bedeutung des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen und der Prinzipien der Handlungs- und KompetenzorientierungKompetenzorientierung für das Prüfen, Testen und Evaluieren findet sich u.a. in Grotjahn & Kleppin (2015, Kap. 2) und Ende, Grotjahn, Kleppin & Mohr (2013, Kap. 1).
Die englische und französische Originalversion des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen aus dem Jahre 2001 ist zugänglich unter:
http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Cadre1_en.asp
http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Source/Framework_FR.pdf
Einen kurzen Überblick über Aspekte der Standardorientierung beim Lernen und Lehren von Fremdsprachen an deutschen Schulen gibt Harsch (2016).
Eine Vielzahl von Informationen zu BildungsstandardsBildungsstandards/Kompetenzstandards sowie z.T. auch Beispiele für TestaufgabenAufgabenTestaufgaben finden sich auf den Websites der folgenden für die Entwicklung und Implementation der Standards zuständigen Institutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQBIQB) in Berlin (http://www.iqb.hu-berlin.de/bista), das Institut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) (https://www.bifie.at/bildungs standards) sowie die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) (http://www.edk.ch/dyn/12930.php).
Einen kurzen informativen Überblick zu CurriculaCurricula und Lehrplänen geben Hallet & Königs (2010).
Problematische Aspekte von fremdsprachlichen BildungsstandardsBildungsstandards und KompetenzorientierungKompetenzorientierung diskutieren Caspari, Grünewald, Hu, Küster, Nold, Vollmer & Zydatiß (2008), Caspari, Kötter, Rossa, Schramm, Tesch, Vollmer & Zydatiß (2012) und De Florio-Hansen (2015). Zur Auswirkung von BildungsstandardsBildungsstandards und zentralen Prüfungen auf den Fremdsprachenunterricht in Deutschland vgl. Rossa (2016). Aus einer internationalen Perspektive wird das Thema von Pižorn & Huhta (2016) behandelt.
Die Evaluation sprachlicher Kompetenzen im Rahmen der standardbasierten Reform des Bildungswesens in englischsprachigen Ländern wird kritisch diskutiert in Menken, Hudson & Leung (2014) und Fulcher (2016).
Hinweise zur Bedeutung von Überzeugungen und subjektiven Theorien für das unterrichtliche Evaluieren gibt z.B. Yin (2010).
Cambridge University Press. (2013). Introductory guide to the CEFR for English language teachers. Cambridge: Cambridge University Press. [abrufbar unter http://www.englishprofile.org/images/pdf/GuideToCEFR.pdf]
Caspari, Daniela, Grünewald, Andreas, Hu, Adelheid, Küster, Lutz, Nold, Günter, Vollmer, Helmut J. & Zydatiß, Wolfgang. (2008). Kompetenzorientierung, Bildungsstandards und fremdsprachliches Lernen – Herausforderungen an die Fremdsprachenforschung. Positionspapier von Vorstand und Beirat der DGFF, Oktober 2008. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 19(2), 163–186. [abrufbar unter http://www.dgff.de/fileadmin/user_upload/dokumente/Sonstiges/Kompetenzpapier_DGFF.pdf]
Caspari, Daniela, Kötter, Markus, Rossa, Henning, Schramm, Karen, Tesch, Bernd, Vollmer, Helmut J. & Zydatiß, Wolfgang. (2012). Mindeststandards für Fremdsprachen am Ende der Pflichtschulzeit. Ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF). Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 23(2), 243–268. [abrufbar unter http://www.dgff.de/filead min/user_upload/dokumente/Sonstiges/2013-Mai-Caspari.et.al_Positionspapier_final.pdf]
Council of Europe. (2009). Relating language examinations to the Common European Framework of Reference for Languages: Learning, Teaching, Assessment (CEFR): A manual. Strasbourg: Council of Europe, Language Policy Division. [abrufbar unter http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Manuel1_EN.asp]
De Florio-Hansen, Inez. (2015). Standards, Kompetenzen und fremdsprachliche Bildung: Beispiele für den Englisch- und Französischunterricht. Tübingen: Narr.
EDK [Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren]. (2011). Grundkompetenzen für die Fremdsprachen: Nationale Bildungsstandards. Freigegeben von der EDK-Plenarversammlung am 16. Juni 2011. Bern: EDK. [abrufbar unter http://www.edk.ch/dyn/12930.php]
Ende, Karin, Grotjahn, Rüdiger, Kleppin, Karin & Mohr, Imke. (2013). Curriculare Vorgaben und Unterrichtsplanung. München: Klett-Langenscheidt.
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Europarat & ALTE. (2012). Handbuch zur Entwicklung und Durchführung von Sprachtests. Zur Verwendung mit dem GER. Erstellt von ALTE im Auftrag des Europarats – Abteilung für Sprachenpolitik. Frankfurt am Main: telc GmbH. [abrufbar unter http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Source/ManualAlte_Allemand.pdf]
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Harsch, Claudia. (2016). Standardorientierung im Kontext des Lernens und Lehrens von Sprachen. In Eva Burwitz-Melzer, Grit Mehlhorn, Claudia Riemer, Karl-Richard Bausch & Hans-Jürgen Krumm (Hrsg.), Handbuch Fremdsprachenunterricht (6., völlig überarb. und erweiterte Aufl., S. 88–92). Tübingen: Francke.
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In der Fachliteratur, aber auch in der Praxis, werden die Begriffe Prüfen und Testen zum Teil synonym, zum Teil aber auch unterschiedlich verwendet. Dies gilt auch für das Englische (examination, test) und das Französische (examen, test). Ein gemeinsames Merkmal von Prüfen und Testen ist, dass die Prüflinge durch eine klare und eindeutige Aufgabenstellung zu Handlungen bzw. Reaktionen veranlasst werden. Sie sollen z.B. gesteuert durch Vorgaben wie Bilder, Graphiken oder kurze Texte dazu gebracht werden, einen eigenen Text zu verfassen (vgl. auch Rossa, 2016b, S. 399). Zur Vereinfachung werden im vorliegenden Band die Begriffe Prüfen und Testen synonym verwendet.
Der Begriff Evaluieren bzw. Evaluation wird ebenfalls mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. In diesem Band wird von einem weiten Verständnis von Evaluation im Sinne einer gängigen Bedeutung von assessmentassessment im amerikanischen Englisch ausgegangen. Evaluieren/Evaluation ist damit ein Oberbegriff zu Prüfen und Testen und bezieht sich auch auf unterrichtliche Bewertungsformen wie (informelle) Beobachtungen, Korrekturen, Lob und Tadel, Einsatz von Portfolios (vgl. Grotjahn & Kleppin, 2015, S. 15 sowie auch Purpura, 2016, S. 191).
Weiterhin findet man im Zusammenhang mit Prüfen, Testen und Evaluieren häufig den Begriff der DiagnoseDiagnose. In Bezug auf diesen Begriff sind eine enge und eine weite Verwendungsweise zu unterscheiden. Ein weiter Begriff von DiagnoseDiagnose liegt z.B. der Pädagogischen und Psychologischen DiagnostikDiagnose zugrunde und entspricht weitgehend der Verwendungsweise von Evaluation im vorliegenden Buch. Beim fremdsprachlichen Testen und Evaluieren wird der Begriff DiagnoseDiagnose dagegen zumeist in einem engeren Sinne verwendet. DiagnoseDiagnose zielt dann insbesondere auf das Aufdecken und in vielen Fällen auch das Rückmelden spezifischer Stärken und Schwächen der Lernenden (vgl. Alderson, Brunfaut & Harding, 2015; Jang & Wagner, 2014; Lee, 2015 sowie auch Kapitel 9.2.2). Sie kann sich dabei auf eher spezifische Aspekte von Schreibkompetenz, wie etwa auf die Fähigkeit zur Verwendung bestimmter kohäsionsstiftenderKohäsion Merkmale richten, oder auf allgemeinere Schreibkompetenzen zielen, wie etwa sozio-pragmatische Fähigkeiten.
Es können eine Reihe von Funktionen und Typen der Evaluation von sprachlichen Kompetenzen und damit auch von Schreibkompetenzen unterschieden werden. Wir gehen zunächst auf folgende grundlegende Unterscheidungen und Typen ein: bezugsgruppenorientiertEvaluationgruppenorientiert versus kriteriumsorientiertEvaluationkriteriumsorientiert, summativEvaluationsummativ versus formativEvaluationformativ, informellEvaluationinformell versus formellEvaluationformell. Danach werden wir eine Reihe weiterer spezifischerer Funktionen/Ziele, die mit Prüfungen verbunden werden, kurz skizzieren (vgl. zum Folgenden auch Grotjahn, 2008; Grotjahn & Kleppin, 2015, Kap. 3.1).
Im Rahmen von schulischen Prüfungen orientieren sich Lehrkräfte bei der Beurteilung der Schülerinnen und Schüler mehr oder weniger explizit am Leistungsstand der jeweiligen Bezugsgruppe – zumeist die Klassen oder Kurse, aus denen die entsprechenden Schülerinnen und Schüler stammen. Lehrkräfte bringen dann die Teilnehmenden in eine Rangfolge, wie z.B.: Schülerin A ist leistungsstärker als Schüler B; oder auch: Schülerin C gehört zu den fünf leistungsstärksten in der Gruppe. Ein solches Vorgehen bezeichnet man als bezugsgruppenorientierteEvaluationgruppenorientiert oder auch normorientierte Evaluation (vgl. auch Kapitel 6.3). Mit der Orientierung an einer sozialen Bezugsnorm ist allerdings ein entscheidendes Problem verbunden: Die Bewertung der Leistung als „schwach“ oder „stark“ oder auch als „schlechter“ oder „besser“ hängt vom Leistungsstand in der jeweiligen Gruppe sowie von der SchwierigkeitSchwierigkeit der jeweiligen PrüfungsaufgabenAufgabenPrüfungsaufgaben ab. Eine Aussage, an welcher Position jemand in einer Gruppe steht, bietet weder der Person selbst noch anderen Personen Informationen darüber, in welchen Situationen die jeweilige Person sprachlich adäquat handeln kann und über welche spezifischen sprachlichen Kompetenzen sie verfügt. Die Rangposition sagt damit nichts über den absoluten Leistungsstand einer Person aus.
Häufig will man nicht lediglich relative Aussagen bezogen auf den Leistungsstand in der jeweiligen LerngruppeLerngruppe, sondern absolute Aussagen zu globalen und/oder spezifischen Kompetenzen formulieren. In diesem Fall muss man eine (zusätzliche) Beurteilung auf der Basis von vorher festgelegten Kriterien durchführen, eine so genannte kriteriumsorientierteEvaluationkriteriumsorientiert/kriteriale Evaluation, auf die in Kapitel 6 und 8 noch ausführlich eingegangen wird. Eine solche kriteriumsorientierteEvaluationkriteriumsorientiert Evaluation ist absolut und damit von unmittelbarer inhaltlicher Aussagekraft. Häufig hat eine entsprechende Evaluation die Form einer Kann-Beschreibung im Sinne des GERGemeinsamer europäischer Referenzrahmen. Ist das Kriterium als Lern- oder Lehrziel formuliert, dann spricht man auch von lernziel- bzw. lehrzielorientierter Evaluation. Eine kriteriale, an transparenten Lernzielen orientierte Evaluation kann für viele Schülerinnen und Schüler eine motivierende Funktion haben, da sie genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Wenn allerdings alle an den gleichen Kriterien gemessen werden, kann eine solche Evaluation gerade bei schwächeren Lernenden auch demotivierend wirken.
Insgesamt gilt, dass sich in der Mehrzahl der Fälle eine bezugsgruppenorientierteEvaluationgruppenorientiert und eine kriteriumsorientierteEvaluationkriteriumsorientiert Interpretation ein und derselben Prüfungsergebnisse keineswegs ausschließen. So ist ein Kennzeichen der NotengebungBenotung im Unterricht, dass häufig gleichzeitig bezugsgruppenorientiertEvaluationgruppenorientiert und kriterial bewertet wird.
Weiterhin kann eine Evaluation summativEvaluationsummativ oder formativEvaluationformativ erfolgen, d.h., sie kann punktuell und produkt-/ergebnisorientiert am Ende eines Lernabschnitts stattfinden (summativEvaluationsummativ) oder kontinuierlich und prozessorientiert in den Unterricht integriert und zur Steuerung des weiteren Lernens genutzt werden (formativ). Die summativeEvaluationsummativ Evaluation der Leistungen der Schülerinnen und Schüler kann dabei in weitgehender Eigenverantwortung intern an einer Schule stattfinden oder anhand externer Maßstäbe und Verfahren erfolgen. Ein typisches Beispiel einer internen summativen EvaluationEvaluationsummativ der Schülerleistungen sind die am Ende eines Halbjahres oder Jahres in der Schule vergebenen ZeugnisnotenBenotung. Ein Beispiel für eine externe, eher summativEvaluationsummativ angelegte Evaluation ist VERA-8Vergleichsarbeiten. SummativeEvaluationsummativ Evaluation zielt auf (punktuelle) Qualitätskontrolle und ist häufig verbunden mit Funktionen wie NotengebungBenotung oder den Vergleich von Bildungseinheiten wie Schulen oder Klassen. Entsprechend wird in der englischsprachigen Literatur die summativeEvaluationsummativ Evaluation häufig als assessmentassessment of learning, also als Evaluation des Lernens charakterisiert.
Das zentrale Unterscheidungsmerkmal zwischen summativerEvaluationsummativ und formativer EvaluationEvaluationformativ ist, dass bei der formativen EvaluationEvaluationformativ die Ergebnisse direkt in die Planung und Optimierung des Unterrichts zurückfließen. Deshalb wird diese auch als assessment for learningassessmentassessment for learning, d.h. als Evaluation im Dienste des Lernens charakterisiert. Formative EvaluationEvaluationformativ erfolgt üblicherweise kriteriumsorientiertEvaluationkriteriumsorientiert und vermeidet dadurch einen bezugsgruppenorientierten VergleichEvaluationgruppenorientiert der Lernenden untereinander. Zudem werden die Lernziele und BewertungskriterienBeurteilungskriterien transparent gemacht und soweit möglich von den Lehrkräften und Lernenden gemeinsam verantwortet. Während es sich bei summativen EvaluationenEvaluationsummativ häufig um high-stakes Evaluationen handelt, d.h. um Evaluationen, die mit weitreichenden Konsequenzen für die Betroffenen verbunden sind, ist eine formative EvaluationEvaluationformativ in der Regel low-stakes. Wichtig ist, dass Rückmeldungen beim formativen EvaluierenEvaluationformativ