Schwarzer König - Weiße Dame - Gesine Sidan - E-Book

Schwarzer König - Weiße Dame E-Book

Gesine Sidan

4,4

Beschreibung

David, ein junger Kinderarzt, ist schön wie Apoll und hat jede Menge Sex! Ein Leben, um das ihn so mancher Kollege im Krankenhaus beneidet. Schade nur, dass Sex allein auch nicht glücklich macht: Nach einem desaströsen Weihnachtswochenende muss David sich eingestehen, dass er zutiefst einsam ist und Angst vor der Liebe hat. Nicht viel besser ergeht es Vera, die sich immer in die falschen Männer verknallt und von der Liebe die Nase voll hat. Doch als Vera und David einander begegnen, funkt es gewaltig. Beide werfen sämtliche Ängste über Bord und landen prompt auf Wolke sieben. Nur wie bleibt man da oben? Gar nicht. Man fällt tief - sobald das alte Misstrauen wieder erwacht, und die Eifersucht ihr schnödes Haupt erhebt. Mehr und mehr verheddern sich die beiden Angsthasen in kindische Spielchen und Lügen. So sausen David und Vera geradewegs vom Himmel in die Hölle... Ein Komödien-Drehbuch, zum Heulen romantisch, zum Schreien komisch. Wer den Kult-Film "Harry und Sally" liebt, wird von dieser rasanten Liebesgeschichte begeistert sein.

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Inhaltsverzeichnis

Blaue Weihnacht

Affenliebe

Himmel

Hölle

Masken

Kuscheltiere

1. BLAUE WEIHNACHT

1.

INNEN – SCHOKOLADENFABRIK – TAG

Legionen von "nackten", braunen Weihnachtsmännern aus Schokolade ruckeln über ein Fließband, werden binnen Sekunden einer nach dem anderen mit buntem Glanzpapier umhüllt und auf dem Fließband weitergeschoben, an dessen Ende schon eine Armee von verpackten Weihnachtsmännern in Paletten zusammengeschoben wird.

2.

INNEN – SUPERMARKT - TAG

Weihnachtsmusik dudelt durch die Verkaufsräume. Eine VERKÄUFERIN baut die gleichen Schokoladen-Weihnachtsmänner zu einer gigantischen Pyramide auf, neben der bereits andere Türme mit Weihnachts-Produkten stehen.

An der Kasse scannt eine andere VERKÄUFERIN den gleichen Weihnachtsmann ein und schiebt ihn weiter.

3.

INNEN - KRANKENHAUS/FLUR -TAG

Ein Pappteller mit Keksen, in dessen Mitte der gleiche Schokoladenweihnachtsmann prangt. Eine Frauenhand greift danach, wickelt ihn aus dem Glanzpapier und beißt ihm den Kopf ab.

Es ist Oberschwester INGRID.

Ingrid ist um die Fünfzig, rundlich und stark geschminkt.

Sie sitzt an ihrem Schreibtisch im Stationsbüro.

Der Krankenhaus-Flur und das Büro sind weihnachtlich geschmückt.

An der Wand hinter Ingrid hängt ein Kalender, der den 24. Dezember 2006 anzeigt, eine Uhr daneben zeigt 13.05. Darum herum an den Wänden Fotos von Kindern und krakelige Kinderzeichnungen.

Ingrid lässt jetzt einen aufziehbaren Plastik-Weihnachtsmann den Schreibtisch entlang tuckern, fängt ihn im allerletzten Moment, bevor er von der Tischkante stürzt, in ihrer hohlen Hand, um ihn dann in die andere Richtung tuckern zu lassen.

In der Stille ist nur das Schnarren der Weihnachtsmann-Füßchen zu hören.

Jetzt dringt aus dem Ärztezimmer nebenan das gedämpfte, aber doch unverkennbare, rhythmisch anschwellende Stöhnen einer Frau, die sich dem Orgasmus nähert, in den Flur. Oberschwester Ingrid ignoriert das Stöhnen vollständig und lässt unbeirrt den Plastik-Weihnachtsmann tuckern.

Zwei junge KRANKENSCHWESTERN laufen jetzt den Flur entlang und kommen am Stationsbüro vorbei, ohne mit Schwester Ingrid auch nur einen Blick zu tauschen.- Genauso gleichmütig gehen sie am Ärztezimmer vorbei, ohne dem gut hörbaren Stöhnen auch nur die allergeringste Beachtung zu schenken.

4.

INNEN – KRANKENHAUS/ÄRZTEZIMMER - NACHT

Dämmerlicht. Auf dem Schreibtisch ein elektrisch blinkendes Weihnachtsbäumchen und ein PC, auf dem ein Dienstplan leuchtet.

Auf dem Sofa neben dem Schreibtisch liegt bäuchlings Assistenzarzt DAVID, unter ihm seine Kollegin MARIE.

David ist Anfang dreißig und außergewöhnlich schön.

Marie ist ebenfalls Anfang dreißig, nicht so attraktiv wie David, aber sehr sexy.

Beide tragen noch ihre aufgeknöpften Arztkittel und haben nur ihre Jeans und Unterhosen herunter geschoben.

Auf dem Gesicht von Marie ein wohliges, erlöstes Lächeln.

David hat sein Gesicht an ihrem Hals in ihren langen Haaren vergraben.

Er schluchzt leise auf.

Sie nimmt seinen Kopf in die Hände, will sein Gesicht sehen, aber David wehrt ab.

Davids Handy klingelt. Jetzt muss er sich aufsetzen.

Er dreht sich beiseite und wischt sich schnell die Tränen von den Wangen.

DAVID

Pädiatrie: Ja. Ich komme.

Marie rappelt sich ebenfalls auf und steckt ihr Haar hoch. Sie streift ihn mit neugierigen, belustigten Seitenblicken. Sie betrachtet Davids außergewöhnlich schönes, aber todtrauriges Gesicht.

David sitzt jetzt vor ihr, umklammert sie und drückt sein Gesicht an ihren nackten Bauch.

Marie schiebt ihn sanft von sich und zieht ihre Hose hoch. David schnieft verlegen.

DAVID

Hat nichts mit dir zu tun…

Sie lächelt.

MARIE

Weiß ich doch.

DAVID (irritiert)

Was!!!?

MARIE

Na: dass das nichts mit mir zu tun hat.

David umklammert sie wieder. Sie schiebt ihn weg und knöpft ihren Kittel zu. Er sieht sie fragend an.

MARIE

Hach mein Gott: das spricht sich doch herum. Du schläfst dich durch sämtliche Stationen. Durch Sämtliche! Und: du weinst jedes Mal danach. In der Ambulanz, da nennen sie dich den weinenden Womanizer -

Beide ziehen sich jetzt rasch an.

MARIE

Und in der Psychiatrie...warte mal: Ach ja: den depressiven Don Juan.

David stöhnt auf. Marie mustert ihn skeptisch.

MARIE

Wie wär's mal mit Therapie?

Sexsucht und Depression: Das kann man doch behandeln.

David winkt wieder ab. Marie knöpft ihm fürsorglich einen Kittelknopf zu und wuschelt ihm durchs Haar. David wehrt ihre Hand ab. Marie zuckt die Achseln und geht zur Tür.

MARIE

Dann eben nicht. Im Grunde wär's auch schade. Um den Sex.

5.

INNEN – KRANKENHAUS/PERSONALRAUM – TAG

David, jetzt in Jeans und Winterjacke, stellt seine schwarze Sporttasche auf den Boden neben eine andere, sehr ähnliche schwarze Tasche.

Er kramt im Medikamentenschrank, holt einige Päckchen Tabletten heraus und stopft sie hastig in seine Jackentaschen. Die Tür geht auf und Schwester Ingrid kommt herein.

David schreckt ertappt zusammen, schließt schnell die Schranktür, geht auf Ingrid zu und umarmt sie heftig und lange.

Sie schiebt ihn von sich, fixiert ihn fragend.

David zuckt die Achseln und drückt sie wieder an sich.

DAVID

Du Ingrid: hab ich dir schon mal gesagt, was für eine wunderbare Kollegin du bist?

Ingrid nickt und schmunzelt. David umarmt und drückt sie immer noch.

DAVID

Doch, das bist du! Wirklich. Danke. Danke für alles. Du warst die Einzige, die nie Sex von mir wollte.

Ingrid grinst, schiebt ihn energisch von sich und sieht jetzt, dass David Tränen in den Augen hat.

INGRID (liebevoll, besorgt)

Dir geht's nicht so, hm?

David wird verlegen. Er reißt Ingrid wieder an sich und umarmt sie lange. Endlich macht Ingrid sich los und gibt ihm einen liebevollen Klaps auf den Jeans-Hintern.

INGRID

Nun mach schon, dass du weg kommst.

David greift, ohne es zu bemerken, die „falsche“ schwarze Sporttasche und schleicht mit hängenden Schultern zur Tür. Ingrid sieht ihm besorgt hinterher.

INGRID

Du: um Acht bin ich hier fertig! Wenn dir die Decke auf den Kopf - Also: wenn du nicht weißt, wohin - Ruf an! Ich bin da!

David nickt und lächelt verzagt.

6.

INNEN – FAHRSTUHL/KRANKENHAUS - TAG

David und ein junger KOLLEGE, ebenfalls in Winterjacke, warten gemeinsam vor dem Fahrstuhl.

David sieht sehr verzagt aus. Der Kollege gähnt leidenschaftlich, guckt dann auf seine Armbanduhr und stöhnt.

KOLLEGE

Na toll: und um drei kommen schon Annas Eltern!

Die Fahrstuhltür öffnet sich. Drinnen stehen die beiden jungen Krankenschwestern aus der Pädiatrie-Station, jetzt in Mänteln. Eine von ihnen zeigt der anderen gerade sexy "Weihnachts-Unterwäsche", rot mit weißem Pelz-Besatz. Die andere pfeift durch die Zähne.

KRANKENSCHWESTER

Wow. Und was trägt er? Kondome mit Zimtgeschmack?

David und sein Kollege drängen sich mit in den Fahrstuhl. Die beiden Krankenschwestern kichern. Der Kollege streift die beiden jungen Frauen, die jetzt unverhohlen David anhimmeln, mit Seitenblicken und schlägt David derb auf die Schulter.

KOLLEGE (gähnend)

Du Glücklicher: Kannst tun, was du willst: Party machen...Ausschlafen...!

David taumelt unter dem Schlag des Kollegen und nickt verzagt.

7.

INNEN – FRISEURSALON - TAG

VERA sitzt auf einem Stuhl am Fenster und betrachtet zufrieden ihre Frisur im Spiegel.

Vera ist Ende Zwanzig, sehr hübsch, aber eindeutig der schüchterne Typ Frau, der sich dessen gar nicht bewusst ist.

Ladenbesitzer MARIO nimmt ihr den Umhang ab und bürstet an ihr herum. Mario ist Ende Dreißig, gebräunt und ein maskuliner Typ.

Draußen klopft MONI, die Wirtin der Karaoke-Bar "Herzdrei" an die Fensterscheibe. Moni ist Mitte Vierzig, sehr sexy und trägt einen knallroten Mantel. Sie winkt Vera und zeigt mahnend auf ihre Armbanduhr.

Vera springt auf und zieht ihre Jacke an.

Mario fixiert Vera neugierig.

MARIO

Du strahlst ja so -

VERA

Na ja: Lars kommt! Ich bin total aufgeregt.

Mario tauscht einen besorgten Blick mit seinem Lebensgefährten RICHARD, der am Nebenplatz eine KUNDIN frisiert. Richard ist um die Vierzig, sehr gepflegt, dezent feminin.

MARIO

Lars? Wow! Der trennt sich von seiner Frau? Echt?

Vera kramt in ihrer Brieftasche, sieht Marios besorgten Blick und verdreht die Augen.

VERA

Diesmal wirklich!

8.

INNEN – KAUFHAUS – TAG

Vera und Moni stehen im Kundengedränge vor einem Regal mit Weihnachtskugeln.

VERA

Für die ersten Wochen, da wohnt Lars erst mal bei mir. Und im Januar sucht er sich dann was Eigenes. Na ja: wir wollen es langsam angehen lassen.

Moni nickt, guckt aber sehr besorgt. Vera entdeckt jetzt blaue Kugeln im Regal.

VERA

He: Das wär's doch: Alles in Blau! Hach. Ich kann's selber kaum glauben: Mein erstes gemeinsames Weihnachten mit Lars.

Moni nickt und entfernt sich ein Stück von Vera, um in einem anderen Regal zu suchen.

Gleichzeitig drängt sich ein MANN IM WEIHNACHTS-MANN-KOSTÜM mit Geschenke-Sack durchs Gewühl zu Vera durch und nimmt jetzt Monis vorigen Platz neben Vera ein.

Da der „Weihnachtsmann“ ebenso knallrot gekleidet ist, wie Moni, merkt Vera, die beim Reden den Blick nicht von den Christbaumkugeln lässt, von all dem nichts - und spricht unverdrossen weiter.

VERA

Du, das wird himmlisch. Zuerst koch ich uns was Schönes.

Vera sucht weiter nach Kugeln und knufft den Weihnachtsmann nebenbei mit dem Ellenbogen in die Seite.

VERA (kichert)

Und danach?? Sex! Was sonst.

Der Weihnachtsmann nickt dazu.

VERA

Dann packen wir die Geschenke aus.

Und dann? Wieder Sex. Im Bett, unterm Weihnachts baum und -

Der Weihnachtsmann nickt wieder glücklich. Vera merkt noch immer nicht, wer neben ihr steht. Jetzt drängt sich Moni wieder zu Vera durch, schiebt den Weihnachtsmann energisch zur Seite, packt Vera am Arm und zieht sie mit sich.

MONI

Jetzt mach endlich! Nimm die Blauen.

Vera lässt sich mitziehen. Der Weihnachtsmann folgt ihnen, verliert sie aber im Gedränge.

9.

INNEN – HH/HAUPTBAHNHOF – TAG

Vera und Moni, mit Einkaufstüten beladen, im Strom der Passanten. Vera und Moni umarmen sich. Moni verschwindet Richtung Bahnsteig. Vera geht jetzt allein weiter, mit lächelndem Gesicht und beschwingtem Schritt, wie von dem Menschenstrom um sie herum getragen.

Einige Schritte hinter Vera kämpft sich jetzt auch David durchs Gewühl, im Gegensatz zu Vera aber wie gegen den Menschenstrom schwimmend: ständig muss er jemandem ausweichen oder wird angerempelt.

Er hat die Schultern frierend hochgezogen und macht ein finsteres Gesicht.

Vera kommt an einem HEILSARMEE-GRÜPPCHEN in blauen Uniformen vorbei. Eine ÄLTERE FRAU reicht ihr eine Broschüre. Vera nimmt sie lächelnd entgegen und geht weiter.

HEILSARMEE-FRAU(ruft ihr nach)

Jesus liebt dich...

VERA

Ich weiß...

Jetzt kommt auch David an der Heilsarmee-Gruppe vorbei. Die ältere Frau hält ihm ebenfalls eine Broschüre hin. David wehrt unwirsch ab und drängt sich weiter.

HEILSARMEE-FRAU

Jesus liebt dich...

DAVID

...zu spät!

David drängt sich jetzt an Vera vorbei und wird im gleichen Moment von einem entgegenkommenden PASSANTEN so unsanft angerempelt, dass er im Gedränge mit Vera zusammenstößt. Veras Einkaufstasche platzt und lauter blaue Christbaumkugeln rollen über den Boden. David bückt sich schuldbewusst und hilft ihr, die Kugeln wieder einzusammeln.

David und Vera, beide in der Hocke, beim Kugeln Aufheben und in die Tüte stecken, schauen einander jetzt erst richtig an. Auf der Stelle verklären sich ihre Blicke. Beide erstarren in der Bewegung und lassen die Kugeln sein.

DAVID

Deine Mütze, kannst du die mal abnehmen?

Vera nimmt wie in Trance ihre Mütze ab und schüttelt ihre Locken.

David betrachtet sie versonnen.

VERA

Jetzt du!

David, ebenfalls wie in Trance, nimmt seine Mütze ab. Vera betrachtet sein schönes, volles, halblanges Haar. Vera und David hocken mitten im Strom der Passanten, ohne sich davon stören zu lassen. Sie betrachten einander lange, verzückt und nachdenklich zugleich.

DAVID

Und wie klar und blau deine Augen sind...

VERA

Und wie tief und schwarz sind deine...

Vera erwacht plötzlich aus ihrer Trance, packt schnell die restlichen Kugeln in die Tüte zurück und wendet sich zum Gehen.

DAVID

Warte doch -

Vera winkt ab.

VERA

Frohe Weihnachten. Ich muss weiter-

Vera, die Einkaufstasche jetzt fest im Arm, verschwindet eilig im Menschenstrom. Hinter ihr David, der ihr traurig hinterher sieht, jetzt wieder mit eingefallenem Gesicht und hängenden Schultern. David findet am Boden eine von Vera vergessene blaue Kugel. Er zögert und steckt sie schließlich in seine Jackentasche.

10.

AUSSEN - HH/MÖNCKEBERGSTRASSE- NACHT

Vor allen großen Kaufhäusern und Einkaufszentren werden jetzt jeweils von kräftigen WACHMÄNNERN die schweren Glastüren zusammengeschoben und abgeschlossen.Im Inneren der Läden jetzt die schwächere Nachtbeleuchtung. Einige wenige PASSANTEN mit Einkaufstüten eilen noch die Straße entlang.

11.

AUSSEN – HH/MÖNKEBERGSTRASSE - NACHT

Die weihnachtlich beleuchtete, aber von Menschen verlassene Mönckebergstraße in absoluter Stille. Kein Auto, kein einziger Passant mehr. Jetzt das Schlittergeräusch eines leeren Pappbechers, den der Wind durch die menschenleere Straße treibt. Danach wieder völlige Stille.

12.

AUSSEN - VOR MICHAELISKIRCHE - NACHT

Der ohrenbetäubende, alles erfüllende Lärm der monumentalen „Michel“-Kirchenglocken, die den Heiligabend einläuten.

Ein Strom von Menschen drängt in der Dunkelheit auf den Kircheneingang zu, darunter viele FAMILIEN mit KLEINEN KINDERN.

13.

INNEN – WOHNZIMMER/DAVID – NACHT

David schleudert achtlos die schwarze Sporttasche in die Ecke.

Er holt die Tablettenschachteln aus den Jackentaschen und wirft sie allesamt auf die ausgeklappte Schlafcouch. David findet in seiner Jackentasche jetzt auch die blaue Weihnachtskugel, dreht sie unschlüssig in der Hand.

Das Zimmer ist kaum möbliert, die Bücherregale sind leer, es gibt keine Bilder an den Wänden und überall stehen Umzugskisten herum. Eine davon dient David als Nachttisch. Auf dem Nachttisch steht eine Schneekugel-Spieluhr als einziger Schmuck. David legt die blaue Kugel jetzt neben die Spieluhr.

David geht zum Fenster und schaut hinaus in die Dunkelheit.

In den hell erleuchteten Fenstern des gegenüber liegenden Nachbarhauses überall außen Lichterketten und innen Weihnachtsbäume, an denen Kerzen brennen.

Von überall her läuten Kirchenglocken.

David lässt mit einem Ratsch die Jalousie herunter.

14.

AUSSEN - STRASSE WOHNHAUS/VERA – NACHT

Die abendliche Straße vor Veras Wohnhaus. In allen Fenstern blinkende Lichter von Weihnachtsbäumen und Lichterketten.

Auch Veras Wohnung ist hell erleuchtet. Durchs Fenster sieht man sie die Kerzen am Weihnachtsbaum anzünden.

In der Wohnung über Vera hebt gerade Richard sein kleines Kind hoch, damit es den Baum berühren kann, während Mario die Kerzen anzündet.

In der Wohnung darüber die alte HAUSMEISTERIN, um die Siebzig, rundlich, altmodische Dauerwelle, mit ihrem EHEMANN beim Essen.

Veras verheirateter Liebhaber LARS, Ende Dreißig, winterlich in Schal und Mütze, mit Geschenk unterm Arm, kommt jetzt eilig die Straße entlang und klingelt unten an der Tür.

Vera läuft raus.

Durchs Fenster sieht man sie mit Lars zurück ins Wohnzimmer kommen. Vera deutet strahlend auf den Baum. Lars, im Mantel, steht verlegen da und legt das Geschenk zögernd auf den Tisch.

Vera umarmt ihn. Lars legt die Hände auf ihre Schultern und schiebt sie von sich. Er redet auf Vera ein, mit schuldbewusstem Blick.

Lars sieht sich verlegen im Zimmer um. Guckt auf seine Uhr. Vera stürzt sich auf ihn, schubst ihn an den Schultern durchs Zimmer. Er macht beschwichtigende Gesten, will sie umarmen. Vera schluchzt und stößt ihn von sich. Sie streiten.

Lars will gehen. Vera klammert sich an ihm fest und schluchzt in seinen Mantel. Lars macht sich mühsam los und geht.

Lars kommt aus der Haustür.

Oben hat Vera die Balkontür geöffnet und wuchtet den geschmückten Weihnachtsbaum über die Brüstung. Er kracht knapp hinter ihm auf die Straße.

VERA(schluchzend)

Dann hau doch ab! Hau doch ab!

Lars guckt schuldbewusst nach oben und verschwindet dann in der Dunkelheit.