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Eigentlich waren Cameron McKays Leben und Karriere klar vorgezeichnet. Genau wie seine Brüder hätte er einen Platz auf der Farm seiner Familie gehabt. Doch Cam wählte einen anderen Weg und wurde Soldat. Schwer verletzt kehrt er aus dem Krieg zurück und arbeitet von nun an als Polizist. Seine dunkelsten Erinnerungen hat er verdrängt und er ist skeptisch, ob er jemals die Frau finden kann, die einen Mann wie ihn, mit seinen speziellen Sehnsüchten und kriegsversehrt, akzeptieren kann. Domini Katzinski ist aus der Ukraine in die USA immigriert und wuchs unter schwierigen Umständen auf. Sie ist nicht bereit, eine Beziehung einzugehen, dennoch sehnt sie sich nach einem sexuellen Arrangement, bei dem sie loslassen und die Führung ganz ihrem Partner überlassen kann. Als Cam und Domini sich näherkommen merken sie, dass sie besser zusammenpassen könnten, als sie zunächst dachten, aber sind sie in der Lage, die Dämonen ihrer Vergangenheit zu bezwingen und sich aufeinander einzulassen?
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Seitenzahl: 460
Rough Riders 8
Lorelei James
© 2019 Sieben Verlag, 64823 Groß-Umstadt© Covergestaltung Andrea GunscheraAus dem Englischen von Sylvia PrangaEnglische Originalausgabe © Lorelei James 2016
ISBN Taschenbuch: 9783864438301ISBN eBook-mobi: 9783864438318ISBN eBook-epub: 9783864438325
www.sieben-verlag.de
Für alle Männer und Frauen in Uniform – für euren Einsatz und eure Opfer stehen wir in eurer Schuld. Und für alle Familien von Militärangehörigen, die zu Hause alles zusammenhalten … dieses Buch ist auch für euch …
Prolog
Kapitel eins
Kapitel zwei
Kapitel drei
Kapitel vier
Kapitel fünf
Kapitel sechs
Kapitel sieben
Kapitel acht
Kapitel neun
Kapitel zehn
Kapitel elf
Kapitel zwölf
Kapitel dreizehn
Kapitel vierzehn
Kapitel fünfzehn
Kapitel sechzehn
Kapitel siebzehn
Kapitel achtzehn
Kapitel neunzehn
Kapitel zwanzig
Kapitel einundzwanzig
Kapitel zweiundzwanzig
Kapitel dreiundzwanzig
Kapitel vierundzwanzig
Kapitel fünfundzwanzig
Epilog
Die Autorin
Wumm.
Knall.
Rumms, rumms, rumms.
Stille.
Ein weiteres lautes Knallen folgte dem unverkennbaren Zerbrechen von Glas.
Nicht gut.
Als das ganze Gebäude unter der nächsten Kombination von Krachen und Knallen zu erzittern schien, geriet Domini Katzinski in Panik.
Ruf die Polizei, Dummkopf.
Guter Plan.
Sie tastete nach dem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Dann wählte sie und kauerte sich unter der Decke zusammen, während sie die Klingeltöne zählte.
Geh dran. Bitte geh dran.
„Domini?“, fragte Cam McKay überrascht. „Was ist los?“
Der tiefe Klang seiner Stimme ermöglichte es ihr, sich auf etwas anderes als ihre Angst zu konzentrieren. „Ich glaube, jemand bricht ins Restaurant ein. Es hat mehrmals gekracht und Glas ist zerbrochen …“
„Bist du in deiner Wohnung? Ist die Tür abgeschlossen?“
„Ja. Soll ich …“
„Nein. Rühr dich nicht von der Stelle. Bleib, wo du bist. Verstanden?“
Domini wollte antworten, aber er kam ihr zuvor. „Bleib, wo du bist, und sei leise, bis du von mir hörst. Behalt das Telefon dicht bei dir. Versprich es mir.“
„Ich verspreche es.“
„Gut. Ich bin unterwegs.“ Klick.
Die nächste halbe Stunde verbrachte Domini zusammengekauert in ihrem Bett. Sie hasste es, dass dieser Zwischenfall die Erinnerung an die schlaflosen Nächte ihrer Kindheit in ihr weckte. Sie hatte die Gewalt in den Straßen gehört, und in der Entfernung die Sirenen.
Während die Angst wie ein lebendes Tier, das sich seinen Weg nach draußen kämpfen wollte, in ihrer Brust hämmerte, begriff sie, dass sie das verängstigte kleine Mädchen nicht ausgetrieben hatte. Kein Ort auf der Welt war weit genug von diesen schrecklichen Erinnerungen entfernt, denn sie trug sie in sich.
Dominis Handy vibrierte in ihrer Hand, und sie hätte fast aufgeschrien. Im Display stand der Name Cam. Gott sei Dank. „Hallo?“
„Ich stehe vor deiner Wohnung. Lass mich rein.“
Sie schlug die Überdecke zurück und rannte ins Wohnzimmer. Nachdem sie die Riegel zurückgeschoben hatte, öffnete sie die Tür. Eine riesige Silhouette schob sich ins Zimmer, und sie wich instinktiv zurück, weil der Mann sehr viel Platz einnahm.
Cameron McKay war imposant, selbst in fast völliger Dunkelheit. Ein Alphatier. Der ultimative Beschützer. Ein Fels in der Brandung. Ein echter Krieger. Sein Stirnrunzeln und der scharfe Blick waren rein geschäftlich. „Ist alles in Ordnung?“
Jetzt ja. „Ich denke schon.“
Er sah sie weiterhin an, als erwartete er, dass sie hysterisch wurde. „Domini …“
„Es geht mir gut. Wirklich. Ich bin nur etwas zittrig. Ich … äh … mache uns Tee.“
Tee? Wie lahm. Aber sie war durch ihre Angst und Cams Anwesenheit hier so durcheinander, dass sie nicht klar denken konnte.
„Vielleicht brauchst du etwas Whiskey“, murmelte er, während er ihr in die Küche folgte.
Vielleicht brauche ich etwas von dir, um mich zu beruhigen.
Domini füllte den Kessel und stellte den Herd an. Ihre Hand zitterte wie verrückt, als sie Jasmin-Teebeutel in die Tassen hängte. Dann sah sie ihn an, wobei sie sich bewusst war, dass sie ruhiger wirkte als sie war. „Ich habe keine Sirenen gehört. Heißt das, dass es keinen Einbruch gegeben hat?“
Cam sah sie aufmerksam an und schüttelte den Kopf.
Ihre Erleichterung mischte sich mit Frustration. „Ich habe mir die Geräusche nicht eingebildet. Ich bin nicht die Art Frau, die einfach …“, sie gestikulierte verunsichert und suchte nach dem richtigen Ausdruck, „Die einfach aus einer Laune heraus die Polizei anruft.“
Aber Domini hatte nicht den Notruf gewählt. Sie hatte Deputy McKay angerufen. Zu Hause. Glaubte Cam, dass sie ihn ausgetrickst hatte, damit er allein um Mitternacht in ihrer Wohnung auftauchte? In einer Nacht, in der er keinen Dienst hatte, wie sie wusste? Ihr Kinn senkte sich auf ihre Brust.
„Hey.“ Cam schob sich näher zu ihr. Seine warmen Finger hoben ihr Gesicht an. „Denkst du, ich weiß nicht, dass du nie falschen Alarm schlagen würdest? Glaubst du, ich weiß nicht, was für eine Art Frau du bist, Domini?“
Nein. Ich glaube, dass du keine Ahnung hast.
„Du hast dir nichts eingebildet. Du hast gehört, wie jemand etwas in den Müllcontainer warf. In dem Container liegen zerbrochenes Glas und verrottetes Holz von alten Fensterrahmen. Entweder ist der Container weggerollt, als sie die größeren Teile hineinwarfen, oder sie haben ihn als Autoscooter benutzt, denn er steht mitten in der Gasse.“
„Wirklich?“
„Ja. Es sind an der Stelle, wo der Container auftraf, ein paar größere Stücke aus dem Sandstein gebrochen.“
Sie blinzelte. „Und das war alles?“
„Kann man so sagen.“
„Du denkst wahrscheinlich, dass ich eine von diesen paranoiden Frauen bin, die überreagiert.“
„Nicht mal ansatzweise. Ich habe die Angst in deiner Stimme gehört, als du mich angerufen hast. Und das hat mich so verdammt schnell hierhergebracht.“
Trotz ihres Entschlusses, keine Schwäche zu zeigen, warf sich Domini an ihn. Sie schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihr Gesicht an seine breite Brust, während sie vor Erleichterung zitterte.
Cam brauchte einen Moment, um zu reagieren. Dann strich er mit einer Sanftheit, die nicht zu seiner Größe passen wollte, über ihr Haar und legte die andere Hand auf ihre Hüfte.
Mit eins achtundsiebzig hatte Domini immer als groß gegolten. Aber an Cams großen breiten Körper geschmiegt kam sie sich tatsächlich winzig vor. Umgeben von seiner Wärme und seinem Duft fühlte sie sich völlig … sicher.
Keiner von ihnen sagte ein Wort. Aber ihre Körpersprache sprach Bände. Cams Herz klopfte wild unter ihrem Ohr. Ihre Atmung war genauso rasch wie seine.
Domini legte langsam den Kopf zurück. Sie wollte ihn nicht davon abbringen, sie zu berühren. Als er spürte, dass sie ihn ansah, hoben sich diese sündig langen Wimpern, und er musterte sie unter halb geschlossenen Lidern.
Das ist deine Chance. Nutze sie.
Sie stellte sich auf Zehenspitzen, bis ihrer Münder nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. „Danke, dass du hergekommen bist, Cam.“ Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, strich Domini mit ihren Lippen über seine. Beim ersten Mal langsam. Dann sogar noch gemächlicher. Beim dritten Mal beabsichtigte sie, ihren Mund auf seinen gedrückt zu lassen, um zu sehen, ob er ihren Kuss erwiderte.
Aber Cam stahl ihr diesen dritten Kuss. Seine samtige Zunge schlüpfte heraus und fuhr die Linie ihrer Lippen nach. Sie keuchte, als diese geschickte Zunge direkt in ihren offenen Mund tauchte.
Schon so lange hatte sie sich gefragt, wie Cam wohl schmeckte. Jetzt wusste sie es – lecker. Heiß, nach Moschus, und so männlich. Sein Kuss war nicht aggressiv, sondern ein neugieriger Tanz spielender Zungen und gleitender Lippen. Als Cam sanft an ihrer Zunge saugte, verschwand ihre Neugier und wurde durch Verlangen ersetzt.
Cams Finger vergruben sich in ihrem Haar. Er bog ihren Kopf zurück und bedeckte ihren Mund mit saugenden Küssen. Die Hand an ihrer Hüfte glitt um sie herum und liebkoste ihren Rücken. Die Hitze seiner rauen Handfläche auf ihrer nackten Haut war wie eine starke elektrische Entladung, als seine Hand unter ihre Pyjamahose glitt. Sein Mittelfinger nutzte die Spalte ihres Hinterns als sinnliche Führung, bis seine Fingerspitze auf ihrem Steißbein innehielt. Dann drängte er ihr Becken dichter an seins, indem er auf diesen Knochen drückte.
Der seltsame Druck auf dieser erogenen Zone in Kombination mit Cams gierigen Küssen setzte ihr Blut in Flammen. Dieser Mann konnte ihren ganzen Körper mit nur einem Finger in Brand stecken.
Er löste kurz seine Lippen von ihren. „Mehr“, knurrte er an ihrem Mund. „Gib mir alles von dir.“ Cam küsste sie heftiger. Wilder. Presste ihren Körper gegen seinen. Rieb ihre Hüften mit roher sexueller Kraft aneinander. Er stachelte ihr Verlangen immer mehr an, erregte sie mit jedem verzehrendem Kuss mehr.
Ja, ja, ja. Das war es, wonach sie sich so gesehnt hatte.
Domini grub die Fingernägel in seine Kopfhaut, revanchierte sich für seine Leidenschaft. Dann ließ sie ihre begierigen Hände die kantigen Linien seines Kopfes hinabgleiten, bis sie sein Gesicht umfasste. Sie fuhr die Form seiner Ohren nach. Als sie mit dem Daumen über die aufgeworfene Haut der Narbe auf seiner linken Wange strich, drehte er schnell den Kopf weg.
Der Teekessel pfiff, und Cam ließ sie abrupt los.
Ohne ihn anzusehen wusste sie, dass der Vorstoß in die Gefilde als Liebende vorbei war.
„Domini, ich …“
Entschuldige dich nicht. Wage es nicht, dich zu entschuldigen.
„Hör mal, ich wollte nicht, dass das passiert.“
„Aber es ist passiert.“
Schweigen.
„Tut mir leid. Das hätte ich nicht tun sollen“, sagte Cam angespannt.
Toll. Er hatte sich wieder in Cam, den hilfsbereiten Deputy, verwandelt, der so weit entfernt war von dem leidenschaftlichen Mann, der sie gerade mit einem einfachen Kuss völlig verrückt gemacht hatte. Jetzt würde er weglaufen. Lief er vor ihr davon? Oder vor sich selbst? Und würde sie ihn einfach gehen lassen?
Nachdem Domini den Kessel vom Herd genommen hatte, brachte sie den Mut auf, ihm in die Augen zu sehen. „Ich gehe davon aus, dass du nicht zum Teetrinken bleibst?“
Cam schüttelte den Kopf.
„Dann danke dafür, dass du um diese Zeit zu mir gekommen bist. Ich weiß es zu schätzen.“
„Kein Grund mir zu danken, Prinzessin. Das ist mein Job.“
„Tut mir leid, dass ich das sage, aber dein Job nervt.“
„Du hast keine Ahnung, wie sehr deine Äußerung gerade zutrifft.“
Cams Blick wanderte von ihren schlafzerzausten Haaren bis zu ihren nackten Zehen. Er rieb mit den Knöcheln über seinen Mund, fast so, als wollte er ihren Kuss von seinen Lippen und aus seiner Erinnerung wischen.
Das reicht.
Domini hielt ihre Gefühle unter Kontrolle, als sie ins Wohnzimmer ging. Sie blieb ostentativ neben der Tür stehen.
Cam sagte: „Hör mal, ich …“
„Ich weiß, was du sagen willst, Deputy McKay. Ich vergesse nicht, die Tür hinter dir abzuschließen.“
„Das wollte ich nicht …“ Er seufzte. „Okay. Gute Nacht.“
Sobald Cam durch den Türrahmen getreten war, knallte sie die Tür zu, schob die Riegel vor und stampfte in ihr Schlafzimmer zurück.
Dieser idiotische Mann. Er wollte sie. Sie wollte ihn. Was war also sein Problem?
Was ist dein Problem? Warum kannst du ihm nicht sagen, dass du ihn willst?
Das habe ich! Ich habe ihn zuerst geküsst.
Und das hatte nichts geändert – außer es zählte, wie schnell er vor ihr weglaufen konnte. Offenbar bedeuteten Taten nicht mehr als Worte.
Vielleicht sollte sie einfach Geduld haben. Nachdem sie jetzt den ersten Schritt gemacht hatte, würde Cam vielleicht an Bord springen und ihren Flirt auf die nächste Stufe heben. Oder sie anspringen.
Domini hoffte nur, dass es nicht noch zwei Jahre dauern würde.
In Zeiten wie diesen hatte Deputy Cameron McKay den Verdacht, dass sein Leben einfacher gewesen wäre, wenn er ein einfacher Cowboy geblieben wäre.
Wusch.
Es gelang ihm, den wilden rechten Haken der Frau davon abzuhalten, im Gesicht des Mannes zu landen. Er schnappte ihre Faust und riss ihr die Arme hinter den Rücken. „Ein Angriff vor den Augen eines Beamten bringt dich für heute Nacht in eine Zelle, Opal, garantiert, also hör auf.“
„Ich kenne dich, seit du in den Windeln gelegen hast, Junge, also rede nicht so mit mir“, erwiderte Opal.
Ja, allein in der Prärie mit Tieren, die keine Widerworte gaben. Manchmal bedauerte es Cam, das Angebot abgelehnt zu haben, in den Viehbetrieb seiner Familie einzusteigen. Er verlagerte das Gewicht von seinem hinteren Bein, um an die Handschellen zu kommen, wobei sich seine Waffe in seine Hüfte grub.
„Opal, lass den armen Deputy in Ruhe”, blaffte der Mann hinter ihm.
„Warum verhaftest du nicht ihn?“, wollte Opal wissen. „Er hat damit angefangen!“
„Habe ich nicht, du verrückte alte Schnepfe.“
„Siehst du? Er beschimpft mich schon wieder.“
Cam sah den grauhaarigen Mann an, der einen Eisbeutel an die Beule an seiner Stirn hielt. „Ralph, du weißt, dass ich solche Ausdrücke nicht toleriere.“
„Ha! Ich habe dir gesagt, dass er auf meiner Seite sein wird“, sagte Opal schadenfroh.
Ralph brummelte.
„Hier gibt es keine Seiten, Opal. Ich habe niemanden festgenommen. Noch nicht. Nicht solange mir niemand sagt, was eigentlich passiert ist.“
„Sie …“
„Er …“, begann das Paar gleichzeitig, und dann fingen sie wieder an, sich zu streiten.
Cam bemühte sich, der hitzigen Auseinandersetzung zuzuhören, aber die Beschuldigungen, die hin und her flogen, hatten nichts mit dem aktuellen Problem zu tun: Opal Stancil hatte Ralph, mit dem sie seit über fünf Jahrzehnten verheiratet war, mit einem Regenschirm geschlagen. Warum Opal einen Regenschirm zur Hand hatte, obwohl Crook County seit den letzten zehn Jahren unter einer Dürre litt, war ihm ein Rätsel.
Anrufe wegen familiärer Streitigkeiten waren allerdings kein Rätsel oder auch nur ungewöhnlich. Die meisten Unstimmigkeiten klärten sich schnell auf, sobald die Streithähne gezwungen waren, vor einem unvoreingenommenen Dritten miteinander zu reden.
Es half auch, dass Cam bewaffnet war.
Aber Opal und Ralph waren zu sehr damit beschäftigt, sich anzuschreien, als dass sie aufeinander hörten, und auf ihn schon gar nicht.
Cam stieß einen ohrenbetäubenden Pfiff aus. „Ich verliere die Geduld. Ralph, da du verletzt bist, steigst du vorne bei mir ein. Opal, ich lege dir Handschellen an, und du fährst hinten mit.“
Schweigen. Dann ganz kleinlaut: „Du meinst, du willst uns festnehmen? Uns beide?“
„Ja.“ Cam wartete. Im Büro des Sheriffs von Crook County hielt sich das Gerücht, dass Opal und Ralph an ihrem Hochzeitstag immer denselben Streit hatten, jeden Sommer, seit vierundfünfzig Jahren. Aber da es keine Vernehmungsprotokolle gab, wollten seine Kollegen das weder bestätigen noch bestreiten. Sie lachten nur, als der Anruf während seiner Schicht hereinkam.
„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie in den Knast geht.“ Ralph ließ den Eisbeutel sinken und senkte das Doppelkinn auf seine Brust. „Oh, Opal, du weißt doch, dass ich es nicht so meinte, als ich sagte, dass ich besser Marion Lutter geheiratet hätte. Sie kann dir in Sachen Aussehen doch nicht das Wasser reichen.“
„Und sie kann auch überhaupt nicht kochen“, sagte Opal.
„Da fragt man sich, warum sie so unheimlich dick ist, was?“ Ralph sah sie mit einem Hundeblick an.
Opal kicherte schadenfroh. „Du bist so gemein, Bärchen.“
„Tut mir leid, Törtchen. Ich hätte in unserer besonderen Nacht den Whiskey weglassen sollen“, sagte Ralph.
Bärchen? Törtchen? Du meine Güte. Er würde sich lieber Stöcke in die Ohren rammen, als dieses Seniorenvorspiel mitanhören.
„Gut, dass ich nicht mehr so gut zielen kann wie früher.“
„Dazu sage ich nur Amen.“ Ralph blinzelte Cam zu. „Ich denke, dass du sie jetzt loslassen kannst, Deputy, denn ich werde keine Anzeige erstatten.“
„Bist du sicher?“
„Ja.“ Ralph klopfte auf das Sofakissen mit floralem Muster. „Warum kommst du nicht her, meine schöne, errötende Braut, damit wir uns küssen und es uns so richtig bequem machen können?“
Opal warf Ralph eine Kusshand zu. „Gib mir eine Minute, ich begleite ihn nur zur Tür.“ Sie schob Cam praktisch raus auf die Veranda. „Tut mir leid, dass wir deine Zeit beansprucht haben, Deputy. Grüß deine Familie von uns.“
Dann knallte sie ihm die Tür vor der Nase zu.
Entgeistert stand Cam auf der Treppe. Aber als durch das geöffnete Wohnzimmerfenster Kichern, Grunzen und das Geräusch von Klapsen auf nackter Haut zu ihm drangen, rannte er quasi zu seinem Dienstwagen.
Staub wirbelte hinter ihm auf, als er wegfuhr. Schnell. Sein Funkgerät knackte, bevor er sehr weit gekommen war. „McKay.“
„Deputy, das ist dringend. Brauchen Sie Verstärkung für … Törtchen und Bärchen?“ Tiefes Lachen und Kussgeräusche erklangen im Hintergrund.
Blödmänner.
Cam dachte daran, dass jeder mit einem Scanner seine Antwort über Funk hören konnte, und sagte daher: „Das ist ein Zehn-Vier“, statt des üblichen „Ihr könnt mich mal.“
„Eine andere Sache ist gerade reingekommen.“
„Um was geht es?“
„Drüben beim Twin Pines gibt es Probleme.“
„Was für eine Art von Problemen?“
„Sieht nach einer Kneipenschlägerei aus.“
Das passte. Cowboys liebten nichts mehr als eine ordentliche Prügelei. „Ich bin unterwegs.“ Colt machte eine Kehrtwendung. Vielleicht blieb er auf einen Schnaps, nachdem er die Schlägerei beendet hatte. Gott wusste, dass er jetzt einen brauchte.
„Einen Toast.“ Keely McKay hielt ihre Flasche Bud Light in die Mitte des Tisches. „Auf Hudson McKay, den neuesten Familienzuwachs. Der kleine Liebling von Colt und Indy. Er ist hübsch und gesund, aber verdammt, ich wünschte, eine von euch würde mir eine Nichte gebären.“
Gelächter erklang, als Flaschen und Gläser aneinander klirrten.
„Das Letzte, was wir brauchen, ist noch ein wildes McKay Mädchen“, sagte Skylar trocken.
„Aber neun Jungs hintereinander? Zehn, wenn man Chassies süßen Westin mitzählt? Kommt schon. Irgendetwas ist ganz sicher im Wasser von Sundance.“ Keely bedachte ihre Schwägerinnen Channing, Macie und AJ mit einem kritischen Blick. „Vielleicht solltet ihr euch alle eure Ehemänner schnappen – meine geliebten Brüder – und mit ihnen für ein, zwei Nächte rüber nach Moorcroft fahren, wenn ihr wieder vorhabt, schwanger zu werden.“
„Hüte deine Zunge, Keely McKay“, sagte AJ und lachte.
„Oh nein. Wir sind für eine Weile fertig“, sagte Macie. „Für eine lange Weile.“
Channing stimmte zu: „Wir auch.“
„Klar. Wenn ihr drei zum Ende des Jahres nicht wieder schwanger seid, küss ich ein Schwein.“
„Ist das eine Herausforderung?“
„Ja. Aber denkt dran, dass nicht alle Schweine zu den Paarhufern gehören.“ Keely grinste und trank ihr Bier aus.
Domini nippte an ihrer Cola mit Rum und freute sich heimlich darüber, dass sie zu der ersten jährlichen „Cowgirl’s Night Out“, eine Idee der wilden Keely, eingeladen worden war.
Keely hatte die Zusammenkunft an einem halbprivaten Tisch im Hinterzimmer organisiert und sowohl die Frauen ihrer Brüder – Channing, Macie, AJ und India – eingeladen, als auch die Frau ihres Cousins Kade, Skylar. Domini kannte weder Quinn McKays Frau Libby noch Lukes Frau Jessie. Die arme Jessie sah genauso überwältigt aus wie Domini sich fühlte.
Die Gruppe umfasste außerdem noch Keelys Cousinen Chassie West Glanzer, Ramona West, und Ginger Paulson, eine lokale Anwältin, die mit Libby und Dr. Joely Monroe befreundet war. Domini war froh, dass die geschwätzige Ärztin am anderen Ende des Tisches saß. Die Frau hatte von Anfang an bei ihr angeeckt.
Falsch. Du bist nur eifersüchtig, weil du denkst, dass sie ein Auge auf Cam McKay geworfen hat, und zwar nicht in ihrer offiziellen medizinischen Funktion, auch wenn er behauptet, dass sie nur Freunde seien.
Klar, Cam schien mit allen nur ‚befreundet‘ zu sein.
Cam. Er hatte vor ein paar Monaten mit diesem erstaunlich leidenschaftlichen Kuss ihre Welt aus den Angeln gehoben. Und dann? Nichts. Deputy McKay erschien weiterhin jeden Tag im Dewey’s, freundlich wie eh und je. Ihre Reaktion war, sich in der Küche zu verstecken, was sie mehr bekümmerte als seine Gelassenheit. Warum konnte sie nicht den Mut aufbringen, ihm einen Vorschlag zu machen?
Weil du den ersten Schritt gemacht hast und er abgehauen ist wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hat. Ganz offensichtlich ist er nicht an dir interessiert. Komm drüber weg und leb dein Leben.
Die dumme Stimme der Vernunft. Sie starrte düster in ihren Drink und wünschte sich, es wäre purer Rum.
India warnte sie: „Mach ein fröhliches Gesicht, Domini, sonst fängt Keely mit ihren Partyspielen an.“
„Oh nein.“
„Oh doch. Keely und Carolyn haben die fatale Neigung, bei Familienzusammenkünften jeden zu Spielen zu zwingen. Gott bewahre uns davor, noch eine Runde von Steck den Schwanz an den Cowboy ertragen zu müssen.“
„Spielen sie das wirklich?“
„Wenn Keely das Kommando hat, ja.“
Domini zeigte India ein komplett aufgesetztes strahlendes Lächeln. „Besser?“
„Yep. Nur weiter so.“
„Gegen wen verschwört ihr beide euch?“, fragte Macie.
„Gegen niemanden. Wir haben nur unheimlich viel Spaß“, antwortete India.
Dominis angestrengtes Lächeln wurde noch breiter, und sie zeigte Macie beide Daumen hoch.
„Es ist mir egal, was ihr beide vorhabt. Das hier macht Spaß.“ Macie trank ihr Glas aus. „Es ist Ewigkeiten her, dass ich mit Erwachsenen aus war.“
„Und es gibt keine Platzdeckchen, die man ausmalen kann und überall Luftballons“, fügte Channing hinzu.
„Hört doch auf, ihr wollt es doch gar nicht anders haben“, warf Keely ein. „Habe ich recht?“ Sie stieß AJ, die gerade einen weiteren Schnaps kippte, mit dem Ellbogen an.
„Absolut. Ich liebe meine Jungs, aber ich musste mich zwingen, nicht zur Tür rauszustürmen, weil ich mich so auf diesen Mädelsabend gefreut habe. Das Zeug ist verdammt gut. Was ist das?“
„Eine Kirschbombe. Blake hat mich mit denen im Rusty Spur angefixt.“
„Gefällt es Blake in Nebraska?“, fragte Doc Monroe Keely.
„Ja. Er hat sich in die Bar eines Kumpels eingekauft. Und er ist total in Willow verliebt. Sie ist ein echter Knaller. Als er zurückkam, um seine Sachen zu holen, hat er so zufrieden wie nie zuvor ausgesehen. Er verdient es.“
„Amen“, sagte Ramona West und hob ihr Glas.
Keely bestellte zu Blakes Ehren noch eine Runde und bestand darauf, dass alle außer India austranken.
Alle beugten sich Keelys Willen. Niemand wagte sich Keely McKay zu widersetzen, sie war ein Wirbelwind von Spaß, eine Frau, die das Leben bei den Hörnern packte und tat, was ihr gefiel. Nicht zum ersten Mal wünschte sich Domini, mehr wie Keely zu sein. Freier. Lockerer. Mutiger. Bereit für das zu kämpfen, was sie wollte.
Bereit, um Cam zu kämpfen.
Klar. Als ob das jemals passieren würde. Domini hatte in ihrem Leben schon viele Dinge gemeistert. Doch Schüchternheit gehörte nicht dazu.
Jemand drehte die Musik auf. Sie standen alle auf und tanzten. Der Alkohol floss in Strömen und ihr Lachen wurde immer befreiter, während sie immer lockerer wurden. Aber selbst ein halbprivater Raum hielt nicht jeden anwesenden Cowboy davon ab, herüber zu schlendern und mit Keely zu flirten, die zurückflirtete. Mit absolutem Selbstbewusstsein. Domini hätte sie gehasst, wenn man mit ihr nicht so viel Spaß gehabt hätte.
Als Keely die Telefonnummer eines weiteren Cowboys in ihre Jeanstasche schob, sagte Chassie: „Du bist so böse.“
Das böse Mädchen klimperte mit den Wimpern. „Warum? Was meinst du bloß?“
„Wie viele Männer hast du jetzt an der Angel?“
„Und das von einer Frau, die mit zwei Männern zusammenlebt“, schoss Keely zurück.
Ramona zuckte zusammen und sagte: „Oh, autsch.“
Chassie stieß Keely mit der Schulter an. „Ich lebe mit drei Männern zusammen, wenn du mein süßes Baby Westin mitzählst. Er ist gerade in so einer niedlichen Phase. Trev und Ed sind immer …“
„Lass stecken, Chass. Kein Gerede über Babys heute Abend, erinnerst du dich?“
„Okay. Aber die meisten von uns hier haben Babys.“
„Was ist mit dir, Jessie?“, fragte Skylar. „Habt du und Luke über Kinder gesprochen?“
Jessie zuckte mit den Schultern. „Immer mal wieder. Im Moment nicht. Wir haben ein paar echt süße Baby-Lamas. Du solltest uns mit den Mädchen besuchen, damit sie sie sehen können.“
„Lamas?“, wiederholte Domini.
„Jessie war die Rettung für die Lamas, die Chase bei einem Rodeo letzten Herbst gewonnen hat. Er hat sie bei seiner Familie abgeladen und erwartet, dass Charlie und Vi sich um sie kümmern würden.“ Libby hob ihre Bierflasche. „Zum Glück hat dein Schwiegervater nicht seinen Willen durchgesetzt. Quinn hat erzählt, dass er sauer war, weil ihr sie behalten habt.“
„Casper ist immer sauer auf mich, weil ich etwas getan oder nicht getan habe.“ Sie runzelte die Stirn und senkte den Kopf zu ihrem Drink, sodass ihr Haar ihr Gesicht verdeckte.
Die Zeit verging, begleitet von vielen Drinks, und Domini konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Spaß gehabt zu haben. Selbst India, die sonst nie einen Fuß in Bars oder Clubs setzte, war Stunden später immer noch da.
Domini hörte ihren Namen und unterbrach ihr Gespräch mit Jessie, um sich auf Skylar und India zu konzentrieren.
„Auch wenn du meine Schwester bist und ich deinen ausgefallenen Sinn für Humor mag, kannst du gemein sein.“
„Wann bin ich jemals gemein?“, fragte India.
„Was du mit Kade gemacht hast, war gemein“, tadelte Skylar. „Kade hat den Leuten tatsächlich erzählt, dass Domini ein Flüchtling ist, weil sie Bosnien wegen politischer Verfolgung verlassen musste.“
„Aber Kade hat es ausgeschmückt, indem er behauptete, dass sie kaum Englisch spräche. Also hat er jeden Scheiß, den er für falsche Informationen bekommt, absolut verdient“, erwiderte India. „Und die Leute hier kennen nicht den Unterschied zwischen Bosnien, der Ukraine und Timbuktu. Ein Ausländer ist ein Ausländer.“
Das war nur zu wahr. Da Domini sich ein Haus mit ihrer Freundin Nadia geteilt hatte, die aus Bosnien emigrierte, nahm jeder an, dass sie aus demselben Land stammte. Jeder außer Cam. Cam hatte sofort ihren Akzent und damit ihr Herkunftsland erkannt. Nicht, dass das etwas zu bedeuten hatte.
„Kade war nicht der Einzige, dem India diesen Streich gespielt hat. Sie hat Lettie vom Golden Boot erzählt, dass Domini eine entthronte russische Prinzessin sei und man vor ihr niemals das Wort Wodka erwähnen solle, weil sie sonst in Tränen ausbrechen und Amok laufen würde.“
Domini lächelte. Das war ein guter Streich gewesen. Tatsächlich hatte Cam deswegen angefangen, sie Prinzessin zu nennen – und der Spitzname blieb an ihr haften, auch als er die Wahrheit herausgefunden hatte.
„Das war nicht so schlimm wie das, was sie Dewey erzählt hat.“ Macie beugte sich vor. „India hat behauptet, dass Domini eine ehemalige Spionin der Sowjetunion sei, die sich als Köchin ausgibt. Und dass sie sich in Wyoming vor ihrer bewegten, mörderischen Vergangenheit mit der russischen Mafia versteckt.“
India schnaubte. „Also echt, könnt ihr mir das zum Vorwurf machen? Die Leute haben über sie getratscht. Ich habe den Tratsch nur … farbenfroher gemacht. Ich habe ihr ein virtuelles Tattoo verpasst, wenn ihr so wollt.“
Skylar stöhnte. „Muss in deiner Welt jeder tätowiert sein?“
„Ja. Es macht die Welt so viel bunter.“
„Hat irgendjemand je die Wahrheit erraten?“, fragte Jessie. „Oder glauben alle, dass du eine abgesetzte russische Prinzessin bist, die einst eine messerwerfende sowjetische Spionin war und aus Bosnien vertrieben wurde?“
Domini wand sich unter den vielen neugierigen Blicken. Sie war es nicht gewohnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. „Wenn jemand fragt, erzähl ich, dass ich mit achtzehn mit einer Kirchengruppe aus der Ukraine in die USA immigriert bin, was die langweilige Wahrheit ist. Darum hatte ich nichts dagegen, dass India ein spannenderes virtuelles Tattoo für mich erschaffen hat.“
„Zumindest habe ich für dich keine Vergangenheit als heiße ukrainische Katalogbraut erfunden“, sagte India.
Dr. Monroes Pager piepste, und sie musste gehen. Dann wurde Jessie kalkweiß, als eine Frauengruppe ins Restaurant polterte. Sie bestand darauf, sofort zu gehen. Skylar verabschiedete sich, weil sie die längste Heimfahrt hatte. Kurz darauf ging Libby.
Keely seufzte. „Sieht so aus, als ginge es mit der Stimmung bergab. Vielleicht sollte ich …“, sie grub in ihrer Tasche und zog ein gefaltetes Stück Papier hervor, „Davis’ Angebot für ein Mitternachtsdate annehmen. Es ist wirklich blöd, allein nach Hause zu fahren.“
„Da sagst du was“, seufzte Ramona. „Auch wenn ich bestimmt an viel mehr Abenden allein nach Hause fahre als du, kleine Cousine.“
„Du wärst überrascht, wie wenig diese Äußerung auf die letzten beiden Jahre zutrifft“, sagte Keely sanft. „Besonders da ich nicht allein wohne, wenn ich in Sundance bin. Ich bin ziemlich sicher, dass Dad jeden Mann ausweiden würde, den er dabei erwischt, dass er in meinem Schlafzimmer wilden Sex mit mir hat.“
„Ich schlage euch beide“, sagte Domini. „Ich bin mit keinem Mann nach Hause gegangen, seit ich nach Sundance gezogen bin. Und ich habe nie wilden Sex gehabt.“
Schweigen.
Verdammt. Sie hätte wohl ihren Mund halten sollen.
Keelys grüblerischer Ausdruck verschwand. „Also ist da nichts zwischen dir und Cam? Ihr seid nicht mal so was wie Fickfreunde?“
„Keely!“, mahnte Macie.
„Ignorier sie“, fügte AJ hinzu. „Das machen wir alle so.“
„Nein, Domini, ich meine es ernst. Wann immer ich mit Cam im Diner bin, kann er den Blick nicht von dir abwenden. Und du starrst ihn auch an und fängst an zu stottern. Also was ist los?“ Sie machte eine nachdenkliche Pause. „Ist seine Behinderung ein Problem für dich?“
„Keely!“ Dieses Mal kam der Protest von Channing.
Doch Keely ignorierte ihre Schwägerin und konzentrierte sich nur auf Domini. „Findest du ihn denn kein bisschen attraktiv?“
Domini nickte.
„Was ist dann das Problem?“
„Warum fragst du das nicht ihn?“, sagte Domini monoton.
Es wurde ganz still.
„Hör doch auf. Der große, starke, mutige Cam, der immer alles unter Kontrolle hat?“
„Ist so unbeständig wie eine kaputte Kuchenform, wenn es um Domini geht“, sagte Macie trocken.
Keely verdrehte die Augen. „Ich hatte gehofft, wenigstens einen Bruder zu haben, der kein kompletter Dummkopf ist, wenn es um Frauen geht.“
Channing, Macie, AJ und India bewarfen Keely mit Knabberzeug und buhten sie aus.
„Was ist mit Cam passiert, dass er vor dir zurückscheut? Denn, Schätzchen, du bist klasse. Und süß. Außerdem hast du diesen sexy, rätselhaften Akzent. Zum Teufel, du kannst sogar kochen. Du bist perfekt für ihn.“
„Keely, lass Domini in Ruhe”, warnte India.
Doch Keely ließ sich nicht beirren. „Wenn dich die ganzen schmutzigen Einzelheiten nicht interessieren, Indy, solltest du vielleicht ein virtuelles Ich-wurde-flachgelegt-Tattoo für sie erfinden“, erwiderte Keely. „Ich will jedoch wissen, warum sie und Cam nicht miteinander schlafen.“
Für Domini gab es keine Möglichkeit, diesem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Vielleicht war das gar nicht so schlecht. Trotz ihrer Verlegenheit erzählte sie ihnen, wie Cam sich zurückzog, nachdem er sie geküsst hatte, sich entschuldigte und sich ihr nie wieder näherte.
Zuerst herrschte fast eine Minute Schweigen, dann schnatterten alle zugleich los.
„Cam hat es schlimm erwischt, das ist mal sicher“, sagte Chassie.
„Oh ja. Kein Wunder, dass er ständig trainiert. Er muss die ganze sexuelle Frustration abbauen“, sagte AJ.
Ginger Paulson schüttelte den Kopf. „Hat Cam deswegen die Kochstunden, die er mit dir gewonnen hat, an Buck und Hayden weitergegeben? Weil er …“
„Bei dem Gedanken zurückzuckt, mit mir allein zu sein?“
„Die bessere Erklärung ist vielleicht, dass er Angst hat, dass er nicht die Hände von dir lassen kann, wenn ihr miteinander allein seid“, konterte Ginger.
Keely sah India an. „Hat Cam Colt irgendwas über die Sache mit Domini erzählt?“
„Machst du Witze? Gespräche unter Männern sind heilig. Colt würde mir nichts erzählen, besonders wenn es um vertraute Details über seinen kostbaren verwundeten, heldenhaften Bruder Cameron geht.“
AJ nickte. „Cam erzählt Cord auch nichts.“
„Colby auch nicht“, fügte Channing hinzu.
Wow. Vielleicht hatte Cams Ablehnung nichts mit ihr zu tun. Es klang so, als ginge er auch zu seiner Familie auf Distanz, was keinen Sinn ergab, denn seine Familie war toll.
„Carter könnt ihr auch auf diese Liste setzen. Ich bin jedoch beeindruckt, dass du professionell bleiben kannst, wenn er im Diner ist, Domini“, sagte Macie.
„Total professionell. Ich will den Mann jedes Mal anspringen, wenn er durch die Tür kommt“, murmelte Domini.
Ramona grinste. „Dann tu es doch. Schnapp seine Hand, zieh ihn die Treppe hoch und zwing ihn, das zu beenden, was er angefangen hat.“
„Weißt du, dass ist keine schlechte Idee“, sagte Keely nachdenklich. „Du bist eine moderne Frau. Übernimm die Führung.“
Domini verstand, was diese hilfsbereiten, erfahrenen Frauen ihr sagen wollten. Theoretisch. Aber in Wahrheit brauchte sie es, dass Cam die Führung übernahm. Das hatte sie an ihm von Anfang an so anziehend gefunden. Seine kühne, dominierende Art.
Es hagelte von allen Seiten Ratschläge. Keely beugte sich vor und sprach sehr leise nur zu Domini. „Ich setze eine Million Dollar darauf, dass ihr beide dasselbe wollt. Cam hält sich in dem fehlgeleiteten Versuch von dir fern, dich zu beschützen – wahrscheinlich vor ihm selbst. Sag ihm, was du brauchst, Domini, und er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um es dir zu geben.“
„Und wenn er mir nicht glaubt?“ Oder mich nicht will?
„Da sagen Taten mehr als Worte. Unterschätz nie die Macht des Nacktseins. Sieh zu, dass du mit allein bist, zieh dich splitternackt aus und ich garantiere dir, dass er nicht wegsehen wird – und schon gar nicht weggehen.“ Keely warf jemandem hinter Domini einen düsteren Blick zu. „Hat Cam heute Abend Dienst?“
„Nein. Warum?“
„Nur so.“ Keely wies auf Dominis leeres Glas. „Bist du bereit für einen weiteren Drink? Etwas mit mehr Kick?“
Der Themenwechsel war bizarr, aber das war nun einmal typisch für Keely, also sagte Domini nichts dazu. „Äh, klar.“
„Cool. Wo zum Teufel ist unsere Kellnerin?“
„Das habe ich mich auch schon gefragt“, sagte Ramona.
„Keine Sorge. Bin gleich zurück.“ Keely sprang auf und verschwand im Hauptteil der Bar.
Während sie weg war, gaben ihr die Frauen detailliertere Ratschläge, wie sie mit Cam umgehen sollte. Einige der anzüglicheren Vorschläge brachten Domini zum Erröten, waren aber sehr interessant. Vor allem weil diese vorgeblich sanftmütigen Mütter offensichtlich große sexuelle Erfahrungen mit den McKay-Männern hatten. Es war schwierig, deswegen nicht noch neidischer auf sie zu werden.
Keely kehrte mit einer Gruppe unfreundlicher Frauen auf ihren Fersen zu ihnen zurück. Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und drehte sich zu den ungebetenen Gästen um.
Ramona zeigte ihre Unterstützung, indem sie aufsprang. „Was zur Hölle machen die denn hier?“
„Grasen“, sagte Keely.
„Hier findet also das Schlampentreffen statt“, spottete eine mollige Blondine.
„Wir haben dir einen Platz freigehalten, aber ich glaube nicht, dass dein dicker Hintern auf den Stuhl passt“, schoss Keely zurück.
India hustete, um ihr Lachen zu verstecken.
„Du kannst dich aber jederzeit hinknien“, schlug Ramona vor, „denn wir wissen alle, dass das eine natürliche Haltung für dich ist.“
„Du kannst uns mal, Ramona. Dein Mundwerk ist schon immer größer als dein Hirn gewesen“, schnappte eine andere Frau.
„Du glaubst, dass ich nur rede, Margo? Stell mich auf die Probe.“
Du lieber Himmel. Domini war noch nie in eine echte Kneipenschlägerei geraten, geschweige denn, dass sie gesehen hätte, wie Frauen sich in einer Bar prügelten.
Die spöttische Blondine, Amanda, verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich könnte dich immer noch wie einen Zweig zerbrechen. Aber ich erspare dir den Schmerz und die Demütigung vor deinen Freundinnen.“
„Wie großmütig von dir. Aber du bist eine verdammte Idiotin, wenn du glaubst, dass ich jetzt Angst vor dir habe. Ich bin nicht mehr länger nett, weil Gott und Mommy sagen, dass ich muss.“
Domini unterdrückte ein Lachen. Mann. Die Behauptung unterstützte sie voll und ganz.
Amanda schob sich näher heran. „Nur zu. Ich schulde dir sowieso noch was.“
„Wofür denn?“, fragte Ramona unschuldig.
„Tu nicht so, als hättest du es vergessen, nachdem du es mir noch Monate danach unter die Nase gerieben hast.“
Ramona zuckte mit den Schultern. „Es ist ganz schön traurig, dass du immer noch nicht darüber hinweg bist. Schnee von gestern, Amanda.“
„Über was hinweg?“, fragte Ginger.
„Ramona und ich haben vor ein paar Jahren mit ihren Freunden geschlafen“, sagte Keely. „Sie hegen deswegen einen Groll gegen uns.“
„Ryan und ich waren praktisch verlobt!“, rief Margo.
„Nicht, wenn es nach ihm ging. Außerdem ist es nicht mein Problem, wenn dein Süßer seinen Kleinen nicht in der Hose behalten konnte“, gurrte Ramona.
Amandas Oberlippe kräuselte sich vor Abscheu. „Schlampen.“
Keely und Ramona tauschten einen Blick und lachten. „Sollte das eine Beleidigung sein?“
„Nur eine McKay würde das als Kompliment empfinden“, sagte Margo. „Jeder im gesamten Staat weiß, dass ein McKay oder West alles fickt, was Beine hat.“
„Offensichtlich abgesehen von dir“, erwiderte Keely. „Wie vielen meiner Brüder und Cousins hast du dich angeboten? Und wie viele haben dir rundheraus einen Korb gegeben? Alle.“
„Nicht alle.“ Margo lächelte hässlich. „Offensichtlich hast du in letzter Zeit nicht mit Luke gesprochen. Wo ist die süße kleine Jessie? Ist sie nach Hause gerannt? Weiß sie überhaupt, wo ihr Mann ist?“
Die Gruppe Frauen hinter den beiden brach in schallendes Gelächter aus.
Keelys Haltung und Mimik änderten sich – zu rasender Wut. „Geh mir verdammt nochmal aus den Augen, Margo, oder ich schlage dich zusammen.“
„Ach, ich weiß nicht. Die Chancen stehen ziemlich gut.“ Margos Blick wanderte über die Frauen, die am Tisch saßen. „Keine deiner ‚Freundinnen‘ ist aufgesprungen, um zu verhindern, dass dir wegen deiner frechen Schnauze in deinen dummen Hintern getreten wird.“
„Das liegt daran, dass Keely weiß, dass wir ihr den Rücken freihalten“, sagte AJ und stand an der anderen Seite von Keely auf.
Amandas Augen weiteten sich, als sie sie erkannte. „Amy Jo Foster. Immer noch eine Mitläuferin der McKays, wie ich sehe. Wie armselig.“
Chassie sprang auf die Füße. „Niemand hier interessiert sich einen Dreck für deine Meinung. Also kriech in den Sumpf zurück, aus dem du gekommen bist.“
„Die kleine Squaw darf also sprechen?“, sagte Margo und schnalzte mit der Zunge. „Aber ich sehe, dass sie dich immer noch dazu zwingen, hinten am Tisch zu sitzen.“
Domini hielt Chassie auf, als diese Margo eine reinhauen wollte.
Mehr Gelächter.
„Warum nimmst du nicht deine Freakshow-Freundinnen“, Margo wies mit dem Kopf auf India, „und haust hier endlich ab.“
Keely wich nicht zurück. „Zwing mich doch.“
„Denk daran, dass du das gesagt hast, wenn du nach deiner Mami schreist, McKay.“
Niemand rührte sich.
Das würde sehr hässlich werden.
„Hast du Angst, zuerst zuzuschlagen?“, spottete Margo.
Ginger sagte beiläufig: „Darf ich einen Vorschlag machen, Keely?“
„Sicher.“
„Versohl ihr den Hintern. Ich zahle deine Kaution.“
Und dann brach die Hölle los.
Keely stürzte sich auf Margo. Ramona griff Amanda an. Stühle wurden beiseite gestoßen. Tische stürzten um. Trinkgläser und Bierflaschen zerbrachen auf dem Boden. Schreie, Grunzen, das Geräusch von Körpern, die auf Körper trafen, Rufe und Flüche hallten von den Betonwänden wider.
AJ, Chassie und India schrien Keely Ermutigungen zu, während Domini, Channing und Macie den Kreis schlossen und so Margos Freundinnen daran hinderten, in die Schlägerei einzugreifen.
Jemand stieß Domini von hinten an. Sie drehte sich um, und eine Faust landete auf ihrem Kiefer. Statt auch die andere Wange hinzuhalten, knallte sie ihre Hände auf die Schultern der Frau, stieß sie weg und schrie dabei: „Rühr mich nicht an!“
Macie sagte: „Whoa. Bist du okay?“
„Ja.“ Domini berührte ihr Kinn und zuckte zusammen. „Wahrscheinlich.“
Der Kampf dauerte nicht lange. Der Lärm ließ das Personal des Restaurants herbeilaufen, um die Schlägerei zu beenden.
Aber da hatte Keely McKay Margo schon zusammengeschlagen. Margos Haare standen in alle Richtungen ab. Ihr Rock war zerrissen. Ihre Lippe blutete. Sie hatte sich auf dem Boden zu einer Kugel zusammengerollt. Und sie weinte, nicht Keely.
Ramona hatte Amandas Arme hinter ihren Rücken gebogen. Irgendein Mann trennte die beiden und drängte Ramona sofort durch die Menschenmauer, die sich um die beiden kämpfenden Gruppen gebildet hatte.
Als Keely zurückwich, stieß ihr Kopf gegen Dominis Kiefer, und Domini sog überrascht die Luft ein. Verdammt, tat das weh.
„Tut mir leid.“
„Vielleicht solltest du dich hinsetzen.“ Domini schnappte eine Serviette und reichte sie Keely. „Deine Nase blutet.“
„Danke.“ Keely sank taumelnd zu Boden. Sie tätschelte den Platz neben sich. „Deine erste Kneipenschlägerei?“
„Ja.“ Domini ließ sich neben ihr nieder.
„Sie werden mit der Zeit leichter.“ Als Keely zu lächeln versuchte, zog sie scharf den Atem ein, und Blut lief aus ihrem Mund. „Verdammt. Ich werde zu alt für diesen Mist.“
Der Raum brummte vor Verwirrung und Aufregung.
Ramona schlenderte mit einem selbstzufriedenen Lächeln zu ihnen. Sie sah immer noch aus, als wäre sie gerade einem Magazin für Westernmode entstiegen. Keine Knitterfalte in der Kleidung, keine rotbraune Locke war verrutscht. Ihre braunen Augen funkelten siegestrunken. „Bist du okay, Keely?“
„Hab mich nie besser gefühlt. Und du?“
„Fantastisch. Ich habe Ewigkeiten darauf gewartet, das zu machen.“
„Ich auch. Hat sich gut angefühlt. Verdammt gut. Und wir waren diejenigen, die ihnen noch was schuldeten.“
Bei Dominis fragendem Blick erklärte Keely: „Diese Rivalität besteht schon ewig. Wir sind nicht in dieselbe Schule gegangen, waren aber in derselben Kirche. Das Sommercamp der Kirche war Folter. Unsere Mütter zwangen uns, jedes Jahr dahin zu gehen, bis wir rausgeschmissen wurden.“
„Ihr wurdet aus einem Kirchencamp geworfen?“
„Yep.“ Keely und Ramona gaben sich einen High Five.
„Sich mit denen zu prügeln ist die Zeit im Gefängnis so was von wert.“
Keely warf Ramona einen düsteren Blick zu. „Gefängnis? Wovon zur Hölle redest du?“
„Du hast verdammtes Glück, wenn ich dich nur ins Gefängnis schleife, kleine Schwester.“
Domini sah auf.
Ein wütender Cam ragte über ihnen auf.
„Ich kann das erklären“, sagte Keely.
Cam hob eine Hand. „Spar dir das.“
„Aber …“
„Kein Wort mehr, Keely West McKay, oder bei Gott, ich werde dir Handschellen anlegen und dich knebeln.“
Ramona kicherte.
Er wirbelte zu ihr herum. „Hast du etwas zu sagen, Miss West?“
„Nein, Cam. Äh, ich meine Deputy, Sir.“ Ramona nahm Haltung an und tat so, als würde sie ihre Lippen mit einem Reißverschluss verschließen.
Chassie kicherte.
Cams Blick umfasste den bunt gemischten Trupp Frauen, die sich die größte Mühe gaben, nüchtern zu wirken. „Himmel nochmal. Seid ihr alle betrunken?“
„Hey. Das war eine Party. Wir sind in einer Bar. Das kannst du dir doch wohl selbst ausrechnen“, antwortete Keely mit einem lauten Schluckauf.
Das ließ alle in hysterisches Gelächter ausbrechen.
„Ich bin nicht betrunken“, sagte India.
AJ wackelte mit einem Finger. „Ich schon.“
„Ich auch.“ Macie lachte. „Diese Kirschbomber waren der Knaller, Keely.“
„Aber echt.“ Channing wankte, als sie den Hals reckte, um zum Tresen zu sehen. „Glaubt ihr, wir können noch einen Absacker kriegen? Um auf Keelys Sieg anzustoßen?“
„Keine von euch trinkt noch mehr Schnaps“, bellte Cam. Er sah Domini scharf an. „Was ist mit dir?“
„Was soll mit mir sein?“
Sein Blick fiel auf die Beule an Dominis Kinn. Ganz kurz richtete er seine Aufmerksamkeit auf ihren sinnlichen Mund – blöde Idee – und seine Eier zogen sich vor Lust zusammen. „Warst du auch in dieser Kneipenschlägerei?“
Sie presste die vollen, rosigen Lippen aufeinander. Ihre aquamarinblauen Augen wurden zu Eis. „Verwechsle niemals ruhig mit schwachem Willen. Ich stehe für meine Freunde ein. Ich laufe nicht weg.“
Ein weiblicher Chor von oooooh erklang.
„Also gut. Ihr bleibt alle hier, während ich das in Ordnung bringe.“ Er warf einen schnellen Blick über die Schulter und senkte die Stimme. „Und nur unter uns? Herzlichsten Dank. Glaubt ihr, ich will meine Brüder anrufen und ihnen sagen, dass ihre Frauen sich heute Abend betrunken haben und in eine Kneipenschlägerei geraten sind? Während ich im Dienst war?“
Schweigen.
Dann fielen sie wie ein Rudel Hyänen über Cam her.
AJ bohrte ihm einen Finger in die Brust. „Zu deiner Information, Deputy McKay, ich bin ein großes Mädchen. Und wenn ich mich betrinken will, dann betrinke ich mich. Also hör auf damit.“
„Wag es bloß nicht, Carter in Canyon River anzurufen oder, bei Gott, ich erteile dir lebenslanges Hausverbot bei Dewey’s“, warnte Macie ihn.
„Ja“, fiel Channing ein. „Wenn du es Colby verrätst, bevor ich die Chance hatte, es ihm zu erklären, rufe ich deine Mutter an und schlage ihr wöchentliche statt monatliche McKay Familienessen vor.“
Chassie schwankte vor ihm. „Nimm was sie sagten mal zwei, denn ich habe zwei störrische Typen, mit denen ich fertigwerden muss.“
Domini blinzelte nur mit diesen herrlichen eisblauen Augen zu ihm hoch.
Die verdammten Frauen hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Es war einfacher gewesen, als Keely noch die einzige Frau in der Familie war. Da hatten sich die McKay Männer gegen sie verbünden können.
Klar. Keely hatte immer die Oberhand gehabt. Das wusste sie, und sie spielte es aus. Und jetzt waren sie in der Überzahl.
Cam stakste davon, aber er hörte sehr wohl, wie sie sich High Fives gaben und siegestrunken johlten.
Es war keine Überraschung, dass niemand Anzeige erstattete. Und den Schaden festzustellen, dauerte nicht lange. Er reichte seiner Schwester ein Blatt Papier.
„Was ist das?“
„Sie behalten deine Kaution für die Party ein, und du hast im Twin Pines auf unbestimmte Zeit Hausverbot.“
Keely zuckte mit den Schultern und faltete das Papier zusammen. „Das Essen hier ist sowieso miserabel. Und wenn Margo und Amanda Stammgäste sind, dann ist auch die Kundschaft mies.“
Cam nahm India beiseite. „Da du die einzige Nüchterne bist, könntest du den Rest deiner betrunkenen Waffenschwestern nach Hause bringen? Mir wurde ja verboten, ihre Männer anzurufen, damit sie sie abholen.“
„Sicher. Ich nehme auch Chass mit, da wir Nachbarn sind.“ Indias Blick wanderte zwischen Cam und Domini hin und her. „Sorgst du dafür, dass Domini sicher nach Hause kommt, wenn sie zu Fuß geht?“
Er schnaubte. „Domini geht nicht zu Fuß nach Hause. Ich nehme sie mit, wenn ich Keely und Ginger absetze.“
„Warum?“
„Damit ich Zeugen dafür habe, dass ich meine kleine Schwester für ihre neuste Missetat nicht umgebracht und ihre Leiche in der Wildnis vergraben habe.“
India pfiff und leitete die Frauen, die in ihrem SUV mitfahren sollten, durch die Seitentür. Sie sah Cam scharf an. „Sei nicht dumm, Cameron McKay. Du hast sie lange genug an der Nase herumgeführt. Entweder du meinst es ernst, oder du lässt sie in Ruhe. Aber es ist selbstsüchtig, beides gleichzeitig zu versuchen.“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern drehte sich auf dem Absatz um und ging.
Es war auch keine Erklärung nötig. Nur eine Frau brachte ihn vollkommen durcheinander. Sein Blick wanderte automatisch zu ihr.
Domini starrte ihn bereits an.
Er krümmte den Finger in ihre Richtung.
Ohne zu zögern schlenderte sie zu ihm. „Ja?“
Cam fiel das Atmen schwer, wenn sie ihn so ansah. Als ob sie alles tun würde, worum er sie bat. Alles, was er von ihr forderte. Sein Blick glitt über ihr hübsches Gesicht. Mit ihren majestätischen Zügen hätte sie eine Prinzessin sein können: vorstehende Wangenknochen, eine hohe Stirn, eine schmale Nase und ein feines Kinn. Helle Haut, helle Augen, helles Haar. Domini hätte verwaschen aussehen sollen. Sie hätte mit dem Hintergrund verschmelzen sollen. Aber das tat sie nicht – sie war ein Leuchtfeuer von Schönheit in der Dunkelheit.
„Cam? Kann ich jetzt gehen?“
„Nein.“ Er konzentrierte sich wieder auf ihre eisblauen Augen. „Du fährst mit mir.“
„Ich kann zu Fuß nach Hause gehen. Außer es gibt ein Gesetz dagegen?“
Mein Gott. Allein ihre Stimme konnte ihn in Ekstase versetzen. Die gewählte Ausdrucksweise in Kombination mit dem sexy, rauen Anflug ihrer Muttersprache. Schrie sie auf Englisch oder auf Ukrainisch, wenn sie kam?
„Hör auf, mich anzustarren, Deputy.“
„Keine Chance. Komm mit.“
Keely und Ginger warteten bei der Tür.
„Wo ist Ramona?“
„Ein Freund hat sie mitgenommen.“
Draußen öffnete Cam die hintere Tür des Dienstwagens. „Ihr beide steigt hinten ein.“
Ginger kletterte ohne Einwände auf den Rücksitz. Aber nicht seine großmäulige kleine Schwester. Sie protestierte. „Hey, das ist nicht fair …“ Der Rest ging unter, als Cam die Tür zuknallte.
Er lächelte und schob den Schlüssel ins Schlüsselloch an der Beifahrerseite. Sein Magen machte einen Hüpfer, als Domini eine Hand auf seinen Arm legte.
„Ich kann meine Tür selbst aufmachen.“
„Nicht ohne Schlüssel, das geht nicht. Aus Sicherheitsgründen ist sie selbstschließend.“
„Oh.“
Cam sah den störrischen Zug um ihren Mund. Sein Magen zog sich beim Anblick der Beule auf ihrem Kinn zusammen. Ohne nachzudenken legte er eine Hand auf ihren Nacken und strich mit dem Daumen über die angeschwollene Stelle. „Halt dich das nächste Mal aus der Schusslinie raus, Prinzessin.“
„Ist das ein Befehl, Deputy?“
„Ja.“ Er fuhr noch einmal sanft über die Erhebung, nur weil er es konnte. „Ich bin dominant. Das ist eine Gewohnheit, fürchte ich.“
„Das mag ich an dir. Wie leicht du die Führung übernimmst.“
Er sah nicht weg, auch wenn sein Kopf ihn zum Rückzug aufforderte und sein Schwanz hinter dem Reißverschluss pulsierte.
Domini sah auch nicht weg. „Hat das etwas zu bedeuten? Wie du mich berührst?“
„Was denn zum Beispiel?“
„Als ob du nicht aufhören willst.“
Gott hilf mir, ich will nicht aufhören.
„Willst du, dass es etwas bedeutet, Domini?“
„Ja.“ Ihre Wimpern flatterten. „Vielleicht gibt mir der Alkohol den Mut, das zu sagen, aber weißt du, wie oft ich mir die verschiedenen Arten vorgestellt habe, auf die du mich berührst? Sanft. Fest. Süß. Rau.“
Cams Herz schlug eine Million Mal schneller. Er wollte sie an sich ziehen und ihren Mund in Besitz nehmen. Er wollte jede ihrer Kurven erkunden und dabei jedem Grübchen und jeder Kuhle sorgfältige Aufmerksamkeit widmen. Und er wollte sehen, wie ihre geschmeidigen Finger seinen Körper mit derselben Neugier erkundeten.
Vier laute Schläge gegen die Heckscheibe holten ihn in die Realität zurück. Widerwillig ließ er die Hand von ihrem Gesicht gleiten und öffnete Dominis Tür.
Ginger und Keely quasselten während der Fahrt ununterbrochen. Domini sagte kein Wort, sah aus dem Fenster in die Dunkelheit. Die Hände hatte sie im Schoß gefaltet. Sie war ein Sinnbild der Anmut, Unschuld oder auch Perfektion. Und sie war so verdammt heiß.
Das mag ich an dir. Wie leicht du die Führung übernimmst.
Halb fürchtete, halb hoffte er, dass sie die Wahrheit gesagt hatte.
„Bieg hier ab“, sagte Ginger.
Gingers einstöckiges Farmhaus hatte an einer Seite eine freistehende Garage, eine Rollstuhlrampe führte um das ganze Haus herum. Beim Anblick der Rampe zog sich Cams Magen zusammen, und das Wort niemals hallte in seinem Kopf wider.
Keely sagte: „Hey, ist das nicht Kanes Wagen?“
„Was? Ja. Aber er sollte eigentlich mit Hayden campen.“ Ginger riss am Türgriff. „Verdammt, lass mich raus!“
„Moment.“ Cam verschob sein Gewicht. Mit seinem künstlichen Bein aus dem Auto zu steigen war schwieriger, als einzusteigen. Als er die Tür öffnete, war Kane schon beim Dienstfahrzeug angelangt.
Ginger rannte Kane fast über den Haufen. „Wo ist er? Was ist passiert?“
Kane legte Ginger die Hände auf die Schultern. „Langsam, Red, beruhige dich. Es ist alles in Ordnung. Hayden hatte wieder Probleme mit dem Magen, also haben wir den Campingausflug abgebrochen. Keine große Sache. Ich habe ihm eine 7-Up und ein paar Cracker gegeben. Er schläft in seinem Zimmer.“
„Warum bist du dann immer noch hier?“
„Hayden hat sich Sorgen um dich gemacht. Er sagte, dass du nie ausgehst. Er hat viel Theater um das Wort nie gemacht.“
Sie murmelte: „Die kleine Petze.“
„Na ja, jedenfalls habe ich ihm versprochen, dass ich warte, bis du wieder heil zu Hause bist.“ Kane warf einen Blick auf den Dienstwagen. „Vielleicht solltest du mir sagen, warum mein Cousin dich in einem Polizeiauto nach Hause bringt.“
„Na ja, ich habe mit den Frauen deiner Cousins etwas getrunken, und dann kam es zu dieser Kneipenschlägerei …“
Kane verengte die Augen zu Schlitzen. „Winkt mir Keely vom Rücksitz aus zu?“
Cam nickte.
„Das erklärt alles. Danke, dass du Red zurückgebracht hast. Ich übernehme von hier.“ Kane führte Ginger auf die Terrasse zu. Sie versuchte, sich seinem Griff zu entziehen, aber er hielt sie fest an seinen Körper gedrückt und sagte etwas in ihr Ohr.
Sobald Cam wieder im Dienstwagen saß, bombardierte Keely ihn mit Entschuldigungen, Erklärungen und Rechtfertigungen, bis er sagte: „Es reicht.“
Sie seufzte verzweifelt. „Hör mal, ich weiß, dass du im Moment stinksauer auf mich bist, Cam.“
„Ja.“
„Und dass ich kein Recht habe, dich um etwas zu bitten.“
„Nein.“
„Würdest du mich anhören? Bitte?“
„Also gut. Du hast kein Recht, mich um was zu bitten?“
„Um einen Gefallen.“
Er lachte.
„Ich meine es ernst.“ Keely sprach durch das Stahlgitter. „Obwohl ich erwachsen bin, wenn ich betrunken, blutend und verletzt bei Mom und Dad auftauche, kriegen beide einen Anfall. Sie werden eine riesige Szene machen, und das kann ich heute Abend nicht ertragen.“
„Und was erwartest du von mir? Soll ich dir den Rücken freihalten, Miss Erwachsen?“
„Nein! Lass mich bei dir schlafen. Bitte? Nur für eine Nacht? Ich bin so müde, dass ich wahrscheinlich sofort einschlafe und ich verspreche, dass ich dir keinen Ärger mache …“
„Wo du bist, gibt es immer Ärger. Also keine Chance.“
„Ich weiß, dass dein Haus dein Rückzugsort ist, Cam, aber du hast ein extra Schlafzimmer, das niemand benutzt. Du merkst nicht mal, dass ich da bin, versprochen.“
„Keely …“
„Domini, hilf mir doch“, bat Keely.
Domini sah ihn an. „Ich denke, du solltest auf sie hören, weil sie dich vom Haken lässt.“
„Warum lässt sie mich vom Haken, wenn ich ihr erlaube, bei mir zu schlafen?“
„Wenn du sie beim Haus deiner Eltern rauslässt, werden sie verärgert sein, weil du nicht reingekommen bist und erklärt hast, warum Keely betrunken und verletzt ist. Wenn du sie ins Haus bringst, werden deine Eltern dennoch verärgert sein und von dir eine Erklärung erwarten, warum sie betrunken und verletzt ist. Also ist sie anzurufen und zu sagen, dass Keely bei dir bleibt die beste Lösung von allen.“
Diese verdammten Frauen hielten immer zusammen.
„Siehst du? Das ergibt absolut Sinn“, sagte Keely. „Außer dass ich nicht so schlimm betrunken und verletzt bin.“
„Klar.“
„Cam? Bitte? Ich werde dich nie wieder um etwas bitten.“
„Nein.“
„Bitte?“
Er gab nach. Das tat er immer, wenn es um Keely ging. „Okay. Du kannst eine Nacht bleiben. Aber wenn du in meinem Haus etwas durcheinanderbringst oder ich eine andere Person außer dir erwische, dann werde ich der ganzen Familie und dem ganzen verdammten County erzählen, was ich auf dem Hochzeitsempfang von Colt und Indy gesehen habe.“
Keely keuchte. „Das würdest du nicht tun!“
„Oh, sogar ganz bestimmt. Mit dem größten Vergnügen.“ Cam lächelte sie frech an. „Haben wir also einen Deal, kleine Schwester?“
„Ja, aber ich fühle mich berechtigt zu sagen, dass du viel gemeiner als meine anderen Brüder bist.“
„Nein, ich lasse mich nur nicht so leicht einschüchtern wie sie.“
Keely schnaubte und verhielt sich auf dem Rest der Fahrt ungewöhnlich still.
Als Cam auf die Auffahrt zu seinem Haus fuhr, erfasste ihn Freude, Stolz und ein Gefühl des Friedens. Dieses Haus war die erste Sache, die ganz und gar ihm gehörte. Es bot ihm endlich den Platz, die Freiheit und die Einsamkeit, die er während seiner Jahre bei der Army aufgegeben hatte. Er hatte seine Erwachsenenjahre damit verbracht, in Baracken oder Zelten zu wohnen, wo ihm nur eine Pritsche und eine Truhe gehörten. Mahlzeiten, duschen und, verdammt nochmal, selbst der Schlaf war eine Gruppensache.
Aber nicht hier. Cam hatte selten Besuch, und das gefiel ihm so. Manchmal streckte er sich an seinen freien Tagen auf der Couch aus und starrte bei absoluter Stille die Wände an, einfach weil er es konnte. Er hatte eine Insel des Friedens für sich erschaffen, auch wenn die turbulente See seiner Familie sie umgab.
Er parkte auf der betonierten Auffahrt, und das Licht im Hof schaltete sich an. Sein Hund Gracie rannte am Zaun auf und ab und winselte aufgeregt. Cam wandte sich an Domini. „Bleib sitzen. Ich bin gleich zurück und bringe dich nach Hause, okay?“
„Ich wusste nicht, dass du einen Hund hast.“
„Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt, Prinzessin.“
„Dasselbe könnte man über mich sagen, Deputy“, murmelte sie.
War das eine … Herausforderung? Von der süßen Domini?
„Lässt du mich jetzt raus oder was?“, beschwerte sich Keely. „Ich muss pissen wie ein Pferd.“
„Sehr niveauvoll, Keely.“ Murrend stieg Cam so schnell wie möglich aus dem Auto und zuckte bei dem scharfen Schmerz in seinem Bein zusammen. Als er die hintere Tür öffnete, hörte er: „… was ich über das Nacktsein gesagt habe.“
Frag Keely nicht, wovon sie da quatscht. Es ist besserfür dich, wenn du es nicht tust.
An der Haustür rasselte er herunter: „Geh nicht in mein Schlafzimmer. Auch nicht in mein Bad. Bleib von der Hausbar weg. Spiel nicht an meinem Fernseher rum. Lass Gracie draußen. Ich kümmere mich um sie, wenn ich nach Hause komme.“
„Du musst dich nicht beeilen, Cam. Ich kann mich um Gracie kümmern.“ Keely trat in die Eingangshalle. „Tatsächlich hoffe ich, dass ich dich frühestens nach Sonnenaufgang wiedersehe.“
„Freches Gör.“