Single Bells: Ein Sportler zum Verlieben - Aurelia Velten - E-Book

Single Bells: Ein Sportler zum Verlieben E-Book

Aurelia Velten

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Beschreibung

Gegensätze ziehen sich bekanntlich an ... oder aus? Pixie Eigentlich hatte ich nie vor, ausgerechnet dem Eishockeystar unserer Uni Nachhilfe zu geben, doch als ich meinen Kellnerjob verlor, blieb mir keine andere Wahl. Zac Goldwin war ein Hüne von Mann, muskulös, hatte ein perfektes Lächeln und wurde von Groupies umschwärmt. Und ich? Ich war genau das Gegenteil: Physikgenie, stolze Besitzerin von Superhelden-T-Shirts und pechschwarzem Humor. Dem dämlichen Sportler Nachhilfe zu geben, konnte ja heiter werden! Aber vielleicht tat ich ihm Unrecht … Zac Wenn ich meine Noten nicht in den Griff bekäme, würde ich nicht mehr spielen dürfen. Allein die Vorstellung war ein Albtraum für mich, denn ich strebte nach der Uni eine Profikarriere in der NHL an. Laut meines Professors war Pixie die Beste, also tat ich alles, damit sie meine Tutorin wurde. Seltsamerweise hatte mein Charme keinerlei Effekt auf sie, ihre bissigen Kommentare waren aber einfach zum Schreien komisch. Je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, desto häufiger fragte ich mich, ob mir die kleine, leicht verrückte Frau schon immer gefehlt hatte, um meine Träume zu erreichen. Dies ist der 2. Band der "Single Bells"-Reihe. Die vier Bände der »Single Bells«-Reihe spielen zeitgleich in New York während der Weihnachtszeit. In jedem Band geht es um ein anderes Pärchen, sie können also unabhängig voneinander gelesen werden, es gibt aber wiederkehrende Figuren.

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Ähnliche


Liebesroman

Single Bells

Ein Sportler zum Verlieben

von Aurelia Velten

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Dezember 2019

Copyright © der Originalausgabe 2019 by Aurelia Velten, c/o Hippomonte Publishing e.K. (Impressumservice), Gradmannstraße 7, 88213 Ravensburg

Coverdesign: Hippomonte Publishing e.K.

Covermotiv: Hintergrund ©️ by malija, www.bigstockphoto.com (Stockfoto-ID: 280217302); Mann ©️ by Kirichayphoto, www.bigstockphoto.com (Stockfoto-ID: 292497778)

Illustrationen im Buchinnern: Weihnachtsglocken © by Clker-Free-Vector-Images, www.pixabay.com/photos/36241

Korrektorat: SW Korrekturen e.U., www.swkorrekturen.eu

Satz: Hippomonte Publishing e.K.

Alle Rechte vorbehalten – Nachdruck ist auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin Aurelia Velten gestattet. Dieses Buch ist ein Werk der Fiktion. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen, lebenden oder toten Personen ist rein zufällig. Die in diesem Buch erwähnten Markennamen und Warenzeichen sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Lesergruppe & Newsletter

Danksagung

Über die Autorin

Leseprobe aus „Single Bells“ Band 3

Kapitel 1

Pixie

„Wenn Sie ihre Noten nicht verbessern, können Sie nicht länger für das Eishockeyteam spielen.“

Mist, das hätte ich bestimmt nicht hören sollen. Es klang nach einem mehr als ernsten, vor allem privaten Gespräch. Aber ich hatte ja auch nicht absichtlich gelauscht, war lediglich auf dem Weg zu meiner Mathematikvorlesung und welcher Vollidiot ließ seine Bürotür offen?

„Coach, das können Sie nicht ernst meinen!“

Bei der Überheblichkeit in der Männerstimme schüttelte ich den Kopf, es war so typisch. Die Sportler an der Uni glaubten immer, für sie würden andere Regeln gelten, weil sie Gottes Geschenk an den Sport und die Frauen seien. Beinahe hätte ich gelacht, schließlich konnten sie mir persönlich gestohlen bleiben.

Innerlich gab ich mir einen Ruck, denn ich sollte wirklich nicht länger lauschen, und ging weiter. Kaum hatte ich drei Schritte gemacht, erklang jedoch ein energisches „Miss Wolf!“.

Wie angewurzelt blieb ich stehen. War das Professor Smith? Und meinte er etwa mich? Etwas verwirrt legte ich den Kopf schief und sah in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Sofort fiel mein Blick durch eine offen stehende Tür in ein Büro … Nein, es war eher ein Konferenzraum. Gleich drei Augenpaare richteten sich auf mich, eines gehörte zu Professor Smith, ein anderes zu Coach Parker, und das dritte zu keinem anderen als dem an der Columbia University berühmten Star-Eishockeyspieler Zac Goldwin. Ausnahmsweise trug der blonde, muskulöse Hüne kein arrogantes Lächeln zur Schau, dafür schien die Situation zu ernst zu sein.

„Miss Wolf, kommen Sie herein.“ Professor Smith winkte auffordernd, sah mich geradezu glücklich an. Was zur Hölle war hier eigentlich los? Er hasste mich, seit ich es gewagt hatte, ihn während einer Vorlesung auf einen Fehler hinzuweisen. Warum grinste er nun dann so? War das Häme in seinem Blick?

Misstrauisch verschränkte ich die Arme vor der Brust, kurz darauf betrat ich den Konferenzraum. „Was gibt’s, Professor Smith?“

„Sie kennen bestimmt Zac Goldwin.“ Der grauhaarige, perfekt frisierte Mann zeigte auf meinen Mitstudenten, der mich zu mustern schien. Vermutlich hatte der o-so-tolle Zac noch nie eine Frau gesehen, die bei seinem alleinigen Anblick nicht zu sabbern anfing. Innerlich verdrehte ich die Augen.

„Jeder kennt Zac Goldwin“, gab ich schließlich zu, wobei ich mir ein Zähneknirschen nur gerade so verkneifen konnte – vor allem, als Zacs rechter Mundwinkel zuckte. Sein Ego zu streicheln, war echt das Letzte, was ich wollte.

„Wunderbar! Wenn Sie sich schon kennen, dann sind das ja die besten Voraussetzungen, um ihm Nachhilfe zu geben.“

„Was?“ Coach Parker riss die Augen auf, warf unserem Mathematikprofessor einen ungläubigen Blick zu.

Ein gemeines Grinsen breitete sich auf meinen Zügen aus, schließlich wusste ich, was sein Problem war: Ich sah nicht gerade aus wie eine Musterstudentin, meine Haare waren lilagrau gefärbt, zu einem Pixie-Cut kurz geschnitten, meine Nase war gepierct und ich trug meine heiß geliebten schwarzen Lederboots. Mit den Kampfstiefeln fühlte ich mich unbesiegbar, was wichtig war angesichts der Tatsache, dass ich nur ein Meter fünfundfünfzig groß war. Im Leben hatte man mir schon viele Steine in den Weg gelegt, aber ich hatte früh beschlossen, sie zur Seite zu kicken, anstatt mich von ihnen aufhalten zu lassen.

„Lassen Sie sich nicht täuschen, Miss Wolf ist trotz ihres …“ Professor Smith geriet ins Stocken, machte eine ausschweifende Handbewegung in meine Richtung.

„Trotz meines hammermäßigen Gespürs für Mode?“, schlug ich vor, sodass er das Gesicht verzog – mein Grinsen verbreiterte sich nur noch.

Er nickte. „Trotz dessen ist Miss Wolf unsere beste Mathe- und Physikstudentin.“

„Wirklich?“ Mit plötzlichem Interesse sah Coach Parker wieder mich an. „Dann kann sie unserem Zac bestimmt auf die Sprünge helfen.“

„Auf die Sprünge helfen?“, wiederholte Zac, wobei er eine Braue hochzog.

„Nichts für ungut, Zac“, murmelte der Coach, sodass der Drang, zu lachen, immer stärker in mir wurde. „Also, Miss Wolf, dann sind Sie ab sofort Zacs Tutorin.“

Moment mal. Binnen eines Sekundenbruchteils fiel das Grinsen von meinen Zügen, im Augenwinkel bemerkte ich, wie dieser dumme, arrogante Eishockeyspieler die Arme vor der Brust verschränkte, sich in seinem Stuhl zurücklehnte und mir ein selbstzufriedenes Lächeln schenkte.

„Nein, bestimmt nicht.“ Wild schüttelte ich den Kopf, dann fiel mir jedoch ein, dass ich mit Coach Parker sprach, der im Gegensatz zu Professor Smith Höflichkeit meinerseits verdient hatte. „Entschuldigen Sie, aber ich habe bereits einen Job und keine Zeit.“

„Verstehe.“ Zwar wirkte er etwas enttäuscht, nickte mir aber zu.

„Miss Wolf, das wäre genau die richtige Aufgabe für Sie“, widersprach Professor Smith jedoch, sodass ich die Häme von zuvor endlich zuordnen konnte. Die Vorstellung, ich müsse mich mit einem dämlichen Sportler herumärgern, schien ihm große Genugtuung zu bescheren. Noch ein Grund, warum ich den Tutorenjob keinesfalls annehmen würde.

„Tut mir leid, ich kann meinen Arbeitgeber nicht einfach hängen lassen“, sagte ich, auch wenn ich meinen Chef aus dem Café, in dem ich arbeitete, in Wahrheit nicht einmal leiden konnte. „Sie finden bestimmt jemanden, der Zac helfen kann.“ Damit drehte ich mich auf dem Absatz um und stampfte in meinen Lieblingsstiefeln davon, um jeglicher Widerrede auszuweichen.

Hinter mir schien eine Diskussion auszubrechen, aber ich hörte gar nicht mehr hin, beschleunigte meine Schritte, um diesem Wahnsinn zu entfliehen. Nachhilfe geben. Zac Goldwin. Dass ich nicht lache! Kopfschüttelnd holte ich mein Handy aus der Hosentasche, wollte gerade eine Nachricht an meine Freundinnen schicken, als mich jemand an der Schulter packte.

Reflexartig wirbelte ich herum, mein Herz galoppierte los, schließlich war ich in einer New Yorker Nachbarschaft aufgewachsen, in der Überfälle an der Tagesordnung standen. Natürlich schrillten all meine inneren Alarmglocken.

„Wow, wow …“, murmelte eine tiefe Männerstimme in beruhigendem Ton, sodass ich nach oben … und noch weiter nach oben sah.

Nun, da ich meinen Kopf komplett in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können, wurde mir erst so richtig bewusst, wie groß Zac Goldwin eigentlich war.

„Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Er schenkte mir sein perfektes, schneeweißes Zahnpastalächeln, welches zugegebenermaßen sexy war, das er sich aber sonst wohin stecken konnte. Denn es war doch so: Wenn er nicht etwas von mir brauchen würde, hätte er mich nie beachtet. Falsche Freundlichkeit konnte ich nicht leiden, ich selbst war ehrlich, manche würden es schonungslos nennen, aber persönlich war mir die Wahrheit immer lieber als irgendeine Notlüge.

„Was willst du?“, fragte ich und sah ihm fest in die Augen. Meine Komm-mir-ja-nicht-dumm-Ausstrahlung hatte ich mir während der Highschool zugelegt, schon bald hatten sie mich zufriedengelassen.

„Du weißt, was ich will.“ Er zwinkerte mir zu.

„Dein Spruch ist pornoreif. Wolltest du das hören?“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf schief und blickte ihn gespielt interessiert an.

So etwas wie Verwirrung huschte durch seine Augen, aber ich konnte mich auch irren, denn der Ausdruck war blitzschnell wieder verschwunden. Stattdessen lächelte er nur noch breiter. „Pornoreif? Hast du da Erfahrung?“

Beinahe hätte ich gekichert, denn solche Schlagfertigkeit hatte ich ihm gar nicht zugetraut. Ich schaffte es, meine Miene ausdruckslos zu halten, als ich meine liebste Taktik anwandte, um Menschen loszuwerden: unnütze Fakten aufzählen, um die Leute so lange zu nerven, bis sie gingen, oder so sehr aus dem Konzept zu bringen, dass ich unbemerkt verschwinden konnte.

„Wusstest du, dass jährlich über elftausend Verletzungen in den USA verzeichnet werden, die durch Experimentierfreude beim Sex entstehen?“

Er blinzelte. Einmal. Zweimal. „Was?“

Mit einem Winken drehte ich mich um und ging. „Tüdelü.“

Meine Vorlesung bei Professor Smith begann in zwanzig Minuten. Eigentlich hatte ich mir geschworen, ihn nie wieder vor allen anderen zu verbessern, aber nachdem er mir Zac Goldwin auf den Hals gehetzt hatte …

Kapitel 2

Zac

Verletzungen durch Experimentierfreude beim Sex? Was zur Hölle? Zu selben Teilen verwirrt wie belustigt sah ich der kleinen, verrückten Frau mit ihren lilagrau gefärbten Haaren hinterher.

Ich hatte schon einige verrückte Dinge erlebt, ob nun die Zwillinge Polly und Shelly, die sich nach einem Spiel in mein Bett geschlichen hatten, um dort nackt auf mich zu warten; wildfremde Frauen, die sich mir in Bars auf den Schoß setzen … selbst die Mutter eines Mitspielers hatte mir schon mehr als deutlich gesagt, dass ich nicht nur auf dem Eishockeyfeld, sondern auch in ihrem Bett Tore landen könnte.

Allerdings verblassten diese Erfahrungen angesichts Miss Wolf. Wie hieß sie mit Vornamen? Sie war offensichtlich schlauer als unser Mathematikprofessor, sonst hätte Mr. Smith sie wohl nicht mit meiner Wenigkeit quälen wollen. Dabei hatte der Kerl schon x Preise in seinem Fachgebiet gewonnen, also musste die Kleine in ihren Kampfstiefeln ein wortwörtliches Genie sein.

Nerds hatte ich mir immer anders vorgestellt, schüchtern, vom Kleidungsstil eher brav, vielleicht mit Brille, aber keinesfalls mit schwarzen Army-Stiefeln, stolzer Haltung und einem stechenden Blick, der einen geringeren Mann bestimmt in die Knie zwingen konnte.

Für einen Moment starrte ich ihr ungläubig hinterher, war zu baff, um zu reagieren, weil ich noch nie jemanden wie sie kennengelernt hatte. Sobald mir wieder einfiel, warum ich unbedingt ihre Hilfe brauchte, eilte ich ihr jedoch hinterher.

Coach Parker würde mich auf die Bank setzen müssen, wenn ich meine Noten nicht in den Griff bekäme.

Allein die Vorstellung rief Grauen in mir hervor, zumal das Semester bald zu Ende war und ich danach nur noch ein weiteres lang studierte, bis ich meinen Abschluss haben würde. Danach wollte ich in die National Hockey League, NHL, einsteigen, meine Karriere als Profieishockeyspieler beginnen. Das wäre natürlich nur möglich, wenn ich in der College-Liga Eindruck schinden konnte. Ich musste spielen. Sonst wären meine Zukunftspläne dahin.

Im Umkehrschluss bedeutete das alles, dass ich die Kleine mit den helllila Haaren brauchte.

Wenn mir jemand bei den Statistikrechnungen für meine BWL-Vorlesung helfen konnte, dann das Genie, das selbst schlauer als der Professor war. Für mich war die Sache klar, und wenn ich etwas wollte, dann setzte ich meinen Kopf in der Regel durch.

„Warte eine Sekunde“, rief ich ihr nach, wobei ich joggend zu ihr aufschloss. Über die Schulter warf sie mir einen gelangweilten Blick zu.

„Du bist ja immer noch da.“

Ich schenkte ihr mein bestes Lächeln, normalerweise konnte ich damit jedes Frauenherz erweichen. „Ich muss meine Noten aufbessern, um weiterhin spielen zu können. Du kannst mir dabei helfen.“

„Du bist hartnäckig.“ Sie blieb nicht einmal stehen, stiefelte einfach weiter, was beinahe süß aussah, weil sie so winzig, ihr Gesichtsausdruck aber so verbissen war. „Hartnäckig wie Ungeziefer.“

Lachend presste ich für einen kurzen Moment eine Hand über mein Herz. „Das tat weh, Miss Wolf, also wirklich.“

„Auch Kakerlaken sind hartnäckig, aber sie können neun Tage lang ohne Kopf leben. Dann verhungern sie.“ Sie verengte die Augen. „Kannst du das auch?“

Schmunzelnd sah ich zu ihr. „Willst du mir sagen, dass du mich einen Kopf kürzer machst, wenn ich dich nicht in Ruhe lasse?“

„Du bist schlauer, als ich dachte.“ Sie besaß den Nerv, mir die Brust zu tätscheln, als wäre ich ein dummer, kleiner Junge. Um sie zu ärgern, legte ich blitzschnell eine Hand über die ihre und hielt sie dort fest. Unter unseren Fingerspitzen spürte ich mein Herz viel zu schnell schlagen, es verriet mich, schließlich hing meine ganze Zukunft davon ab, wie die Kleine sich entscheiden würde.

„Kündige deinen Job, ich bezahle das Doppelte.“

„Auch noch ein reicher Sportler? Du bist wirklich das laufende Klischee.“ Sie versuchte, mir ihre Hand zu entziehen, doch ich hielt sie fest, wollte ihr zeigen, dass ich mindestens so hartnäckig wie eine verfluchte Kakerlake ohne Kopf war.

„Ich hab keine Zeit für so was, manche Menschen müssen arbeiten, um sich das Studium zu finanzieren.“ Plötzlich schoss ein scharfer Schmerz durch die Zehen meines rechten Fußes, sodass ich die junge Frau automatisch losließ und zurückstolperte. Ich hätte es wohl ahnen müssen. Sie war mir mit voller Wucht auf die Zehen getreten.

Diesmal konnte ich ihr jedoch nicht hinterhereilen, denn sie verschwand im nächsten Vorlesungssaal. Verflucht.

„Das ist noch nicht vorbei!“, rief ich ihr nach.

Erst zurück in meiner Wohnung bemerkte ich, dass weiterhin ein ungläubiges Grinsen auf meinen Zügen klebte. Ich musste herausfinden, wie sie hieß und wie ich sie dazu überreden konnte, meine Tutorin zu werden.

Pixie

 

Nach der Vorlesung hatte ich so schnell es ging zusammengepackt, um zum Café gegenüber der Uni zu eilen, wo ich arbeitete. Abgesehen von meinem Horror-Chef hatte ich den perfekten Job gelandet, denn die Lage war einfach genial – nahe der Vorlesungen und nur zehn Gehminuten von unserem Verbindungshaus entfernt. Meine besten Freundinnen und ich gehören der Studentenverbindung Sororis Amor an, wir hatten uns vor allem gefunden, weil wir nicht zu den anderen passten. Auch wenn die restlichen Frauen in der Verbindung mir teils vorkamen, als hätten sie eine Gehirnwäsche hinter sich, denn sie schienen alle dieselben Interessen zu haben und perfektes Aussehen war das Wichtigste überhaupt für sie, aber ein Gutes hatte die Verbindung: Wir konnten kostenlos in dem Haus von Sororis Amor leben, was sauber und halbwegs modern war, was man von manch anderem stinkenden Wohnheim auf dem Campus nicht sagen konnte. Nichtsdestotrotz war ich froh, dass ich nicht die Einzige war, die hervorstach.

Als Bailey, Lea und Jamie das Café betraten, warf ich ihnen über die Theke ein Lächeln zu und deutete auf einen der freien Tische. Bailey nickte verstehend, warf ihre blonde Mähne über eine Schulter und steuerte die Fensterseite an. Lea hingegen war mal wieder so in ihren Gedanken vertieft, dass sie meine Begrüßung nicht bemerkt hatte, sodass Jamie sie kurzerhand an den Schultern packte und in die richtige Richtung bugsierte. Innerlich grinste ich, denn ich musste an einen unserer Physikprofessoren denken. Er war erst Ende dreißig, aber ein Vorreiter in seinem Fachgebiet, nur seinetwegen hatte ich das Stipendium an der Columbia University angenommen. Lea und ich saßen in der Vorlesung immer nebeneinander, auch dann war sie verträumt und würde Professor Clay Davis noch in den Wahnsinn treiben.

„Penelope!“

Ich zuckte zusammen und verzog das Gesicht, als ich die knatschige Stimme in meinem Rücken hörte. Egal, wie oft ich meinem Chef erklärt hatte, dass er mich Pixie nennen solle, er blieb bei Penelope – ein Name, der so gar nicht zu mir passte und der mich immer an meine Mutter erinnern würde oder daran, was sie sich wohl für mich gewünscht hätte. Aber das würde ich nie erfahren.

Mit einem Seufzen drehte ich mich um. „Ja, Mr. Pritchett?“, fragte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Meine Wangenmuskulatur verkrampfte sich, aber verdammt, ich brauchte den Job!

Mit rot angelaufenem Kopf kam er schnaubend vor mir zum Stehen, der Mann hatte absolut keine Kondition, schon der Gang von seinem Büro im hinteren Bereich des Cafés nach vorn in den Gastraum strengte ihn an.

„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst die Tagesspezialität auf die Tafel schreiben?“

„Tut mir leid, aber …“

„Kein Aber!“, unterbrach er mich sofort, dabei hatte ich ihm gerade erklären wollen, dass er mir nie mitgeteilt hatte, was die heutige Tagesspezialität war. „Muss ich es wohl selbst machen.“

Ich hatte schwören können, Baileys scharfe Stimme zu hören. Er sollte es sich wirklich selbst machen, hat es bitter nötig. So verklemmt.

Über die Schulter warf ich meinen Freundinnen einen Blick zu, die kichernd über ihrem Tisch hingen. Meine Mundwinkel zuckten, doch ich riss mich zusammen und reichte Mr. Pritchett die Kreide, damit er die Beschriftung der Tafel vornehmen konnte.

„Na los, kümmere dich um die Gäste!“ Als wolle er ein paar Hühner vertreiben, machte er eine scheuchende Handbewegung. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um ihm nicht zu sagen, was für ein unfreundliches Sackgesicht er war.

Weil jedes weitere Wort verschwendete Energie gewesen wäre, ging ich tonlos zu meinen Freundinnen an den Tisch – die anderen Gäste waren schließlich längst versorgt. „Hey ihr, heute schon jemanden umgebracht?“

Bailey grinste schief. „Du kennst mich zu gut. Mein Boss hat den Tag fast nicht überlebt. Heute hatte ich die perfekte Möglichkeit, ihn vom Hochhaus zu stürzen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen.“ Sie zuckte mit den Schultern, ihre blauen Augen blitzten humorvoll auf. „Aber ich habe es nicht getan.“

„Bin stolz auf dich.“ Ihr zuzwinkernd gab ich ihr die Faust.

Sie arbeitete seit bald einem Jahr in einem renommierten Architekturbüro. Zum Glück war das Praktikum bezahlt und würde sich später super in ihrem Lebenslauf machen, sonst wäre es den ganzen Ärger mit ihrem Boss aus der Hölle nicht wert. Bailey nannte ihn zumeist nur Satan.

„Und dein Chef lebt auch noch, wie ich sehe“, merkte Jamie an, wobei sie eine perfekt geschwungene schwarze Augenbraue hob und Mr. Pritchett einen Blick voller Abscheu zuwarf. Deswegen liebte ich meine Mädels so sehr – sie verstanden mich und meine verrückten Mordfantasien.

„Ich sollte mir einen Chemiestudenten anlachen und ihn überreden, mir irgendeine Designerdroge zusammenzubrauen, die es nach einem Herzinfarkt aussehen lässt und die natürlich nicht nachweisbar ist.“ Amüsiert grinste ich in mich hinein, danach schnappte ich mir meinen Notizblock und sah meine Freundinnen erwartungsvoll an.

„Du musst dir keinen Chemiker anlachen, Jamie, unser Rockergirl, kann bestimmt einen … überreden, uns zu helfen.“ Bailey schlug vielsagend mit einer Faust in ihre offene Handfläche, woraufhin Jamie den Kopf lachend in den Nacken legte. Ihren Eltern gehörte eine Biker-Bar, natürlich durfte sie sich bei den feinen Ladys unserer Studentenverbindung regelmäßig irgendwelche Vorurteile anhören.

„Ihr seid alle schon ein bisschen krank“, murmelte Lea blinzelnd, als wäre sie soeben aus einem ihrer Tagträume aufgewacht.

„Deswegen magst du uns ja so“, sagten wir restlichen drei wie im Chor.

„Stimmt.“ Lächelnd schüttelte sie den Kopf über uns, wobei ihr rotes, langes Haar hin und her wehte. „Was schmeckt heute am besten?“, fragte sie wenig später, wobei sie mal wieder bewies, wie höflich sie war, denn die Wahrheit war, dass alles im Café Pritchett vom Vortag und vertrocknet oder einfach pfui war. Hinzu kam der unfreundliche Besitzer, der seine Angestellten in den Wahnsinn trieb.

Warum er noch nicht pleite war? Jedes Semester gab es neue Studenten, die ihre Lektion erst noch lernen mussten, und wenn man zwischen den Vorlesungen nur wenig Zeit hatte, war Café Pritchett nun mal eines der nächsten, sodass uns manchmal kaum eine andere Wahl blieb.

„Ich glaube, die Zimtschnecken sind fast frisch.“

„Also von gestern?“, fragte Jamie geradeheraus.

In hilflosem Ton sagte ich: „Immerhin nicht von vorgestern.“

„Dann nehmen wir die, oder?“, wollte Lea wissen, woraufhin die anderen beiden nickten. „Für mich einen Café macchiato, bitte.“

„Capuccino“, sagte Bailey.

„Und für dich einen Kaffee – schwarz, wie deine Seele.“ Grinsend wandte ich mich an Jamie, die mir in die Seite boxte, aber nickte. Kaum dass ich mich abwenden wollte, erklang plötzlich das Zetern meines Chefs.

„Penelope!“

Erneut verzog ich das Gesicht, als ich meinen vollen Namen hörte, was meine Freundinnen natürlich zum Schmunzeln brachte. Allerdings konnte ich dabei zusehen, wie die belustigten Ausdrücke sich in Stirnrunzeln wandelten, weswegen ich mich kaum umdrehen und Mr. Pritchett entgegenblicken wollte. Offenbar verhieß sein Gesichtsausdruck nichts Gutes, wenn Jaime, Bailey und Lea so besorgt wirkten.

„Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nicht immer mit deinen Freundinnen sprechen, sondern arbeiten?“ Das brüllte der Kerl ernsthaft durch das ganze Café. In diesem Moment war ich nicht sicher, ob ich vor Demütigung im Erdboden versinken wollte, schließlich bekamen es auch die anderen Kunden mit, oder ihn vor Wut über seine falsche Anschuldigung anschreien sollte.

Tief durchatmend wandte ich mich schließlich zu ihm, mittlerweile war sein Gesicht sogar noch röter als zuvor. „Ich habe lediglich die Bestellungen aufgenommen.“ Meine Stimme war ruhig, ich brauchte den Job, hatte zwar ein Stipendium, aber die ganzen Lehrbücher waren teuer, außerdem wollte ich auch noch ein Leben haben – mal ins Kino gehen, nicht ausschließlich in der Cafeteria essen, und ich musste sparen, damit ich wenigstens einen kleinen Puffer auf dem Konto hatte, wenn mein Studium vorbei war. Ich war komplett auf mich allein gestellt, also musste ich auch auf mich selbst aufpassen.

„Unzählige Male habe ich es dir schon gesagt!“, brüllte Mr. Pritchett, so als hätte ich gar nichts gesagt. „Du bist gefeuert.“

Den Mund öffnend und wieder schließend, ohne auch nur einen Ton von mir gegeben zu haben, wusste ich gar nicht, was ich erwidern sollte. Der Kerl hatte eine Schraube locker, vielleicht feuerte er seine Angestellten auch systematisch, um Lohnkosten zu sparen, wer wusste das schon? Er würde immer neue Bedienungen finden, verzweifelte Studenten wie mich gab es zur Genüge.