Sinnliche Küsse - gefährliches Geheimnis - Annette Broadrick - E-Book

Sinnliche Küsse - gefährliches Geheimnis E-Book

Annette Broadrick

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Beschreibung

So charmant und beharrlich wie von dem überaus attraktiven John ist Carina zuvor von keinem Mann umworben worden. Schnell kommen sie sich näher, und Carina kann schon sehr bald an nichts anderes mehr denken als an die sinnlichen Küsse und Berührungen ihre

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Seitenzahl: 207

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Annette Broadrick

Sinnliche Küsse - gefährliches Geheimnis

Impressum

BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Tel: +49(040)60 09 09-361 Fax: +49(040)60 09 09-469 E-Mail: [email protected]

Geschäftsführung: Thomas Beckmann

Redaktionsleitung: Claudia Wuttke

Cheflektorat: Ilse Bröhl (verantw. f. d. Inhalt)

Grafik: Deborah Kuschel, Birgit Tonn, Marina Grothues

© 2005 by Annette Broadrick

Originaltitel: „Double Identity“

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./ S.àr.l

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA

Band 1382 (26/1) 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG Hamburg

Übersetzung: Camilla Kneschke

Fotos: Harlequin Enterprises, Schweiz

Veröffentlicht im ePub Format im 06/2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN 978-3-86494-220-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

BACCARA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert ein-gesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

JULIA,ROMANA, BACCARA, TIFFANY, MYSTERY, MYLADY, HISTORICAL

1. Kapitel

John Crenshaws Telefon klingelte um sieben Uhr in der Frühe und riss ihn aus dem Tiefschlaf. Er griff nach dem Hörer, ohne die Augen zu öffnen.

"Crenshaw", murmelte er mühsam.

"Hier ist das Büro von Miss Kincaid. Einen Moment, bitte." Jackie Kincaid war Johns Vorgesetzte bei der National Security Agency.

John arbeitete seit vier Jahren beim Geheimdienst. Gleich nachdem er den Dienst in der Army quittiert hatte, wo er in einer Spezialeinheit gedient hatte, wollte ihn die Agency haben. Bis vor sechs Monaten war er dort im Außendienst gewesen. Dann hatte man ihn befördert.

Er hatte keinen blassen Schimmer, warum Jackie Kincaid ihn so frühmorgens zu Hause anrief. Er setzte sich seufzend auf und schwang die Beine aus dem Bett.

"John? Hier ist Jackie. Tut mir Leid, Sie um diese Zeit zu stören, aber gestern waren Sie nicht zu erreichen. Ich konnte nicht mal eine Nachricht hinterlassen."

"Ich war in den letzten zwei Wochen an der Westküste und bin erst heute Nacht zurückgekommen."

"Ich weiß, Sie haben diese Woche Urlaub, aber es hat sich etwas ergeben. Wir brauchen Sie."

"Ein Personalproblem?"

"Nein. Sie müssen in zwei Stunden an einer Besprechung mit einem anderen Dienst teilnehmen."

Er verzog das Gesicht. "Mit welchem?"

"DEA."

"Die Drogenbehörde? Das soll wohl ein Witz sein."

"Keineswegs. Können Sie rechtzeitig hier sein?"

John gähnte. "Sicher."

"Großartig. Bis dann."

John stand auf und streckte sich. Sein Körper war immer noch auf Pazifikzeit eingestellt, und das bedeutete, dass es für ihn jetzt vier Uhr nachts war.

Er ging in die Küche und setzte Kaffee auf. Im Bad stellte er dann fest, dass er einen neuen Haarschnitt bitter nötig hatte.

In Südkalifornien war er viel in der Sonne gewesen, so dass seine Haut jetzt tiefbraun und sein blondes Haar ausgebleicht war.

John duschte, rasierte sich, zog sich an und holte sich dann seinen Kaffee. Nach der ersten Tasse goss er den Rest in eine Thermoskanne, um ihn auf dem Weg zur Arbeit zu trinken.

Sein Porsche verbrachte viel mehr Zeit in der Garage als auf der Straße. John hatte sich auf ein paar freie Tage gefreut, um den Wagen mal so richtig ausfahren zu können. Dieses Auto war die Liebe seines Lebens, und warum auch nicht? Es wartete immer zu Hause auf ihn, wenn er kam, beschwerte sich nie darüber, dass er so spät dran war, verlangte keine Aufmerksamkeit und warf auch nicht sein Geld zum Fenster raus, wenn er weg war.

Als er den Motor startete, lächelte er unwillkürlich. Es klang fast wie das Schnurren einer Katze – Musik in seinen Ohren.

John fuhr zur Niederlassung der NSA und trank während der Fahrt seinen Kaffee. Als er angekommen war, ging er erst mal in sein Büro, um nach seiner Post zu sehen. Dann machte er sich auf den Weg zu Miss Kincaids Büro.

Ihre Assistentin sah gerade die Post durch und schaute auf, als John hereinkam. "Willkommen zurück. So braun gebrannt gefallen Sie mir noch besser. Ich wünschte, ich hätte nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag am Strand zu liegen."

John hob eine Augenbraue. "Das wünsche ich mir auch. Aber ich habe einen Termin bei Jackie."

"Gehen Sie gleich rein. Hm, diese Bräune steht Ihnen wirklich gut. Wahrscheinlich laufen Ihnen die Frauen in Scharen nach."

Er grinste. "Das muss mir entgangen sein."

Justine war Mitte dreißig, glücklich verheiratet und hatte drei kleine Töchter. Sie zog John immer damit auf, dass er ihre erste Wahl als Schwiegersohn wäre, wenn er bloß warten könnte, bis ihre Töchter erwachsen waren.

Er klopfte an Jackies Tür und trat ein.

Drei Männer und eine Frau saßen vor Jackies Schreibtisch. Sie drehten sich alle zu John um.

Einer der Männer stand auf.

Er war um die fünfzig, und sein dunkles Haar wurde bereits grau. Wahrscheinlich trainierte er mehrmals in der Woche, denn er wirkte sehr fit. So wie er John musterte, entging ihm vermutlich überhaupt nichts, und John hätte sich am liebsten die Schuhe mal eben an den Hosenbeinen poliert.

"John, das ist Sam Watson von der DEA. Und dies sind drei seiner Agenten: Jerry Greene, Hal Pennington und Ruth Littlefield." Die Agenten standen auf, und John schüttelte allen die Hände.

"Nun da wir vollzählig sind, schlage ich vor, dass wir in den Konferenzraum gehen. Da haben wir mehr Platz." Jackie ging voraus.

Sobald alle am Konferenztisch Platz genommen hatten, sagte Jackie: "Sam, erklären Sie doch John, warum Sie ihn sehen wollten."

Watson lächelte. Das verwandelte sein Gesicht völlig, und John kam zu dem Schluss, dass er wohl doch jünger war, als es auf den ersten Blick aussah.

"Danke, Jackie." Watson wandte sich an John. "Ich habe ein Problem mit meinem Büro in San Antonio. Einer meiner Männer wurde letzte Woche getötet, und es sieht so aus, als wäre ein anderer Agent dafür verantwortlich."

"Verdammt, das ist hart." John drehte sich zu den anderen Agenten um. "Man muss sich doch wenigstens auf seine Kollegen uneingeschränkt verlassen können."

Die drei machten eine finstere Miene.

"Ich muss jemanden hinschicken, der für uns verdeckte Ermittlungen anstellt. Und auf der Suche nach einem geeigneten Mann, dem ich vertrauen kann, bin ich auf Sie gestoßen. Sie haben ja jahrelang undercover gearbeitet."

"Das stimmt."

"Und Sie stammen aus Texas."

John grinste. "Das kann ich kaum leugnen."

"Ich habe außerdem erfahren, dass Ihre Familie dort gut bekannt ist."

"Na ja, wir sind ziemlich zahlreich."

"Sie wären der ideale Mann für mein Vorhaben."

John wartete.

"In den letzten Monaten haben wir Ermittlungen über eine Familie namens Patterson angestellt. Ihnen gehört eine Import/Export-Firma, und wir vermuten, dass es sich dabei um eine Tarnfirma handelt, die Waffen, Drogen und andere illegale Waren in die Vereinigten Staaten schmuggelt. Gregg, der Agent, der gestorben ist, sammelte Beweise gegen die Pattersons. Sie scheinen uns immer einen Schritt voraus zu sein, egal was wir unternehmen, also haben sie offenbar einen Informanten in unseren Reihen. Bei verschiedenen Razzien haben wir nichts gefunden, und man hat uns vorgeworfen, unschuldige Geschäftsleute zu belästigen."

Watson goss sich aus einem Krug Wasser ein. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, fuhr er fort: "Zwei Tage vor seinem Tod hat Gregg Kontakt mit mir aufgenommen und dabei seinen direkten Vorgesetzten übergangen. Er sagte, er hätte zwei Agenten in Verdacht. Offenbar wären wesentliche Informationen nicht weitergegeben worden. Er wollte herausfinden, was da los war. Ich habe ihn gebeten, mir Bescheid zu geben, sobald er mehr weiß. Das war das Letzte, was ich von ihm gehört habe. Zwei Tage danach kam er bei einem Autounfall um."

"Das klingt ja fast so, als hätte bei dem Anruf noch jemand mitgehört."

"So sehe ich das auch. Ich habe so getan, als würde ich an einen Unfall glauben, und die Agenten dort angewiesen, die Nachforschungen einzustellen. Die Pattersons müssen jetzt also annehmen, dass niemand mehr hinter ihnen her ist."

John verzog das Gesicht. "Wie komme ich da ins Spiel?"

"Wir brauchen jemanden, der engen Kontakt zu der Familie Patterson aufnehmen kann, ohne Verdacht zu erregen. Nachdem ich Ihre Akte gelesen hatte, habe ich Jackie gefragt, ob ich Sie für ein paar Monate ausleihen kann. Jerry, Hal und Ruth stammen aus dem Büro in Virginia. In Texas kennt sie niemand. Sie werden mit Ihnen zusammenarbeiten."

John kratzte sich am Kinn. "Es ist eine Weile her, seit ich zuletzt verdeckt ermittelt habe."

"Ich bezweifle, dass Sie Ihren Job verlernt haben. Sie waren verdammt gut."

"Wenn ich Sie richtig verstehe, soll ich in San Antonio als ich selbst auftreten, Kontakt mit der Familie Patterson aufnehmen und Beweise für illegale Aktivitäten sammeln."

"Genau."

"Haben Sie eine Vorstellung, wie ich nah an diese Leute herankommen soll?"

"Allerdings. Zu der Patterson-Familie gehört auch eine unverheiratete fünfundzwanzigjährige Tochter. Wenn sie sich mit ihr treffen, wird der Rest der Familie sich an Ihre Gegenwart gewöhnen und keinen Verdacht schöpfen."

"Sie wollen, dass ich mit ihr anbändle?"

"Richtig."

"Was ist, wenn sie kein Interesse hat?"

"Oh, bei Ihrem Charme, Ihrem Aussehen und der Tatsache, dass Sie aus einer sehr bekannten texanischen Familie stammen, wird es Ihnen sicher nicht schwer fallen, ihr Interesse zu wecken. Danach müssen Sie improvisieren. Je öfter Sie sie sehen, umso besser."

John sah erst Jackie an, dann die anderen. Ruth sah amüsiert aus. "Ich mag ja ein guter Undercover-Agent sein, aber wenn es um Charme und gutes Aussehen geht, fehlt mir doch einiges. Ich bin wirklich kein Ladykiller."

"Dann sollten Sie besser lernen, einer zu werden", meinte Watson. "Denn so werden Sie dort auftreten. Wir haben ein großes Haus für Sie vier gemietet."

John musterte seine Hände. "Ein Ladykiller soll ich also sein, ja?"

"Sie werden ein Playboy sein, der viel zu viel freie Zeit hat. Lassen Sie sich mit schönen Frauen sehen und treten Sie als Kunstmäzen auf."

"Kunst? Das soll wohl ein Witz sein?"

"Die Tochter – sie heißt Carina – ist Pianistin. Sie war im dritten Studienjahr auf der berühmten Juilliard School, als ihr Vater krank wurde. Da ist sie nach Texas zurückgekehrt und hat sich in San Antonio ein Apartment gemietet. Im nächsten Jahr will sie ihr Studium wieder aufnehmen. Sie müssen Interesse an Musik zeigen, Geld spenden und sich etwas ausdenken, wie Sie an sie herankommen. Eine enge Freundschaft mit ihr ist unbedingt nötig, wenn wir die Familie hinter Gitter befördern wollen."

"Ist Carina an dem Schmuggel beteiligt?"

"Schon möglich. Auch das sollen Sie herausfinden."

John nickte. "In Ordnung. Ich tue mein Bestes."

"Gut." Sam stand auf. Jackie, John und die drei Agenten taten das ebenfalls. Watson stellte seinen Aktenkoffer auf den Tisch, klappte ihn auf und reichte John eine dicke Akte. "Hier sind die Unterlagen über die einzelnen Familienmitglieder."

"Wann soll ich anfangen?" fragte John.

Sam lächelte. "Gestern?"

John nickte. "Verstanden."

2. Kapitel

Sechs Monate später

John bemerkte sie, sobald sie den Ballsaal betrat.

Carina Patterson war klein und zierlich. Sie trug ein kurzes, knallrotes, ärmelloses Kleid, das sich von ihrer hellen Haut und ihrem dunklen Haar effektvoll abhob. Der Lippenstift passte genau zum Kleid.

Sie war in Wirklichkeit viel schöner als auf den Fotos, die John von ihr hatte. Er beobachtete, wie sie sich mit mehreren Gästen unterhielt, und fand, dass ihre lebhafte Art und ihr strahlendes Lächeln wesentlich zu ihrer Schönheit beitrugen.

Er genoss es, ihr zuzusehen, als sie den Raum durchquerte. Es war, als würde sie sich zum Rhythmus einer Musik bewegen, die nur sie selbst hören konnte.

John stand mit mehreren wichtigen Persönlichkeiten von San Antonio an der Bar, konzentrierte sich aber nur halb auf das Gespräch. Alles im Saal schien zu glänzen – von dem teuren Kronleuchter bis zu den erlesenen Juwelen der Frauen. Das allgemeine Stimmengemurmel übertönte die leise Musik des kleinen Orchesters.

"John, wir können Ihnen gar nicht genug danken für das, was Sie heute für das Symphonieorchester getan haben", sagte Graham Scott, der Bürgermeister von San Antonio. "Es musste so lange ums bloße Überleben kämpfen."

"Es freut mich, dass diese Wohltätigkeitsveranstaltung so viel eingebracht hat", antwortete John. "Mit dem Erlös aus den Kartenverkäufen und der stillen Auktion müsste das Symphonieorchester seine Ausgaben für das kommende Jahr decken können."

"Als wir zuerst über diese Veranstaltung gesprochen haben, dachten wir, wir müssten die Kosten, die dabei entstehen, vom Erlös abziehen", erklärte Glenn Kingston, ein Geschäftsmann. "Aber durch Ihre Großzügigkeit kommt jetzt das gesamte eingenommene Geld dem Symphonieorchester zugute. Dadurch stehen wir tief in Ihrer Schuld, Crenshaw."

John grinste. "Keine Sorge. Ich kann es mir leisten."

Die anderen drei Männer lachten. Natürlich konnte er das. Immerhin war er ein Crenshaw.

Seit John in San Antonio eingetroffen hat, hatte er sich bemüht, ein Image als reicher, spendabler Playboy aufzubauen. Er hatte Kunstausstellungen, Museen und Konzerte besucht und dafür gesorgt, dass er immer mit einer schönen Frau gesehen wurde, bei jeder Veranstaltung mit einer anderen. Dadurch war ziemlich oft ein Foto von ihm in der Zeitung erschienen.

Inzwischen war sein Ruf gefestigt. Nicht einer dieser Männer hielt besonders viel von seinem Lebensstil. Aber sie alle stellten sich gut mit ihm. Keiner wollte sich mit einem Crenshaw anlegen, selbst wenn dieser keinen großen Ehrgeiz hatte. Deshalb wurde er überall empfangen und war auch im Country Club zugelassen worden, wo er mit mehreren Mitgliedern Golf spielte.

Jetzt wurde es Zeit, sich an Carina heranzumachen.

Er beobachtete sie weiter, als sie zu ihrem Tisch ging. Ein Mann und eine Frau saßen bereits dort, und John erkannte Carinas Eltern. Er wartete auf eine Pause im Gespräch. Dann fragte er lässig: "Wer ist denn diese dunkelhaarige Frau in dem roten Kleid?" Er deutete auf Carina.

Clint Jackson, ein Lokalpolitiker, antwortete: "Das ist Carina Patterson. Sie ist die einzige Tochter von Christopher Patterson. Er und seine Frau Connie lassen sich nur selten auf Veranstaltungen sehen. Ich bin froh, dass sie hier sind."

John tat so, als müsste er nachdenken. "Der Name sagt mir nichts. Wer ist er denn?"

"Bis zu seinem Schlaganfall vor ein paar Jahren war er sehr aktiv. Seine Firma importiert Waren aus aller Welt. Möbel, Teppiche, Statuen, so was in der Art. Wegen seiner Krankheit hat er das Geschäft seinen Söhnen Al und Ben übergeben."

"Carina sieht ihrer Mutter sehr ähnlich. Sie haben beide so etwas Exotisches."

"Connie Patterson stammt aus einer reichen Familie in Mexico City", erklärte Clint. "Es heißt, Chris habe sich damals auf den ersten Blick in sie verliebt."

"Kein Wunder. Sie sieht eher wie Carinas Schwester als wie ihre Mutter aus. Und Carina ist umwerfend. Wissen Sie, ob sie liiert ist?"

"Ich glaube nicht", sagte Clint. "Aber für den Fall, dass Sie Ihr Glück versuchen wollen, möchte ich Sie warnen. Al und Ben sind einige Jahre älter als Carina und haben einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Sie können zweifellos sehr unfreundlich werden, wenn ihr jemand wehtut."

3. Kapitel

John öffnete die Akte über die Familie Patterson. Sie enthielt so viele Einzelheiten, dass er wahrscheinlich mehr über die Familie wusste als die einzelnen Mitglieder übereinander.

Er wusste, dass Alfredo de la Cruz Patterson in Houston eine Geliebte hatte, der er ein Penthouse bezahlte.

Er wusste, dass Benito einen großen Teil seiner Zeit im Ausland verbrachte, wo er Waren kaufte und verkaufte. Sie mussten allerdings noch herausfinden, was er kaufte und von wem.

John hoffte, dass nur die beiden Brüder in das Schmuggelgeschäft verwickelt waren und dass der Rest der Familie keine Ahnung davon hatte. Es wäre eine Schande gewesen, Christopher Patterson festnehmen zu müssen.

John stand auf und streckte sich. Dann schaltete er das Licht aus und ging nach oben ins Bett. Er fühlte sich gut. Endlich hatte er Kontakt hergestellt, und Carina war bereit, mit ihm auszugehen.

Am Donnerstag darauf traf Carina sich mit ihrer Schwägerin Marisa in einem ihrer Lieblingscafés.

"Danke, dass du mich eingeladen hast", sagte Marisa. "Ich muss mit jemandem reden, dem ich trauen kann."

"Hast du Probleme mit Al?" Carina trank einen Schluck von ihrem Kaffee.

"Ich glaube, wir haben gar nichts anderes mehr. Ich überlege, ob ich mich scheiden lasse."

Carina griff nach Marisas Hand. "So schlimm?"

"Er behandelt mich jetzt schon seit Monaten wie Luft, und das ist eigentlich schlimm genug. Aber jetzt sind ihm sogar die Kinder gleichgültig geworden, und es bricht mir das Herz zu sehen, wie sie sich um seine Aufmerksamkeit bemühen und er sie immer wieder abweist."

Der sechsjährige Christopher war das erste Enkelkind und nach seinem Großvater benannt worden. Seine Schwester Tina Maria war vier. Carina liebte beide über alles, ebenso wie Beth, die Tochter von Ben und Sara.

"Ich glaube, da ist eine andere Frau im Spiel", erklärte Marisa leise.

"Aber nein, bestimmt nicht", widersprach Carina. "Wie kommst du denn auf so was?"

"Er behauptet, er wäre dauernd unterwegs, um Waren zu kaufen, aber das hat er früher doch immer Benito überlassen. Sara meint, dass Benito auch immer noch das Meiste tut. Ich habe sogar daran gedacht, einen Privatdetektiv zu engagieren."

"Sei vorsichtig", riet Carina ihr. "Alfredo kann sehr wütend werden. Ich möchte nicht, dass er dich verletzt."

"Ich habe ihm gestern Abend gesagt, dass ich mich scheiden lassen will. Da hat er nur gelacht und gefragt, ob ich ein höheres Haushaltsgeld herausschlagen will. Er nimmt mich nicht einmal mehr ernst."

"Was würdest du denn tun, wenn es wirklich eine andere Frau gäbe?"

Marisa seufzte. "Ich würde akzeptieren, dass meine Ehe gescheitert ist, und mit den Kindern wegziehen. Meine Mutter wünscht sich schon lange, dass ich sie in Dallas besuche. Vielleicht werde ich das tun."

"Ich will, dass du und die Kinder glücklich seid, Marisa. Und ich habe ein schlechtes Gefühl, weil ich dich Alfredo damals vorgestellt habe."

Zum ersten Mal an diesem Morgen lächelte Marisa. "Du hast mich doch nicht gezwungen, ihn zu heiraten. Das habe ich ganz allein entschieden." Sie aß ein Stück von ihrem Kuchen. "Es tut mir Leid, dass ich dir das aufladen muss. Du bist ja nicht nur meine Freundin, sondern auch Alfredos Schwester. Und eigentlich will ich nicht, dass du zwischen die Fronten gerätst."

"Sei nicht albern. Du und ich sind ja schon seit der High School befreundet. Daran wird sich nichts ändern, auch nicht durch eine Scheidung."

"Sag deinen Eltern nichts, so lange ich mich noch nicht entschieden habe. Jedenfalls glaube ich, dass ich eine Weile weg muss, um über alles nachzudenken. Ich bin froh, dass die Sommerferien schon angefangen haben. Vielleicht werde ich Chris für das nächste Schuljahr in Dallas anmelden."

"Tu, was du tun musst, Marisa. Und denk daran, dass ich immer für dich da bin." Carina schaute für einen Moment weg. "Keine von uns schneidet besonders gut ab, was Männer angeht, was?"

"Immerhin hast du gewusst, dass Dan dich liebt."

"Ach ja? Hatte er deshalb in der Nacht, als er getötet wurde, eine Frau bei sich? Es war dumm von mir zu denken, er würde mich lieben und nicht bloß den Namen Patterson. Al hätte ihn nie eingestellt, wenn er nicht mein Verlobter gewesen wäre. Das weißt du."

"Ich schätze, du hast Recht. Alle Männer sind Mistkerle, und ohne sie sind wir besser dran." Marisas Gesicht blieb ganz ausdruckslos.

Carina lachte, und Marisa lachte mit. Nachdem sie den Kuchen aufgegessen und mehr Kaffee bestellt hatten, sagte Carina: "Wahrscheinlich ist das keine gute Zeit, es zu erwähnen, aber ich habe wohl am Samstagabend eine Verabredung mit John Crenshaw."

Marisa starrte sie ungläubig an. "Er hat dich gefragt, ob du mit ihm ausgehen willst?"

"Tu nicht so schockiert. Er hat mich gefragt, als wir auf der Wohltätigkeitsveranstaltung miteinander getanzt haben."

"Ich finde noch viel schockierender, dass du darauf eingegangen bist. Und dass du es jetzt erst erwähnst, obwohl du es schon tagelang weißt. Also, du schlägst aber auch gleich richtig zu. John Crenshaw ist einer der bekanntesten Frauenhelden der Stadt. Wie viele Herzen mag er schon gebrochen haben, seit er hierher gezogen ist?"

Carina schüttelte den Kopf. "Das spielt keine Rolle. Meins wird er nicht brechen. Seit Dans Tod habe ich bloß in meinem Apartment gesessen und mich selbst bemitleidet. Es ist Zeit weiterzuleben und zu akzeptieren, dass ich nun mal einen schlechten Geschmack habe, was Männer angeht. John ist für mich so was wie der erste Schritt. Dadurch gebe ich sozusagen bekannt, dass ich wieder auf dem Markt bin."

"Ich kenne zwei Frauen, die mit ihm ausgegangen sind. Sie haben beide das Gleiche erlebt. Er hat sie ein paar Mal getroffen. Sie haben sich gut verstanden, hatten Spaß, und dann hat er sie einfach nicht mehr angerufen, ohne erkennbaren Grund. Er hat keiner von ihnen etwas erklärt. Als Nächstes haben sie dann gehört, dass er sich mit einer anderen getroffen hat. Er ist offenbar nicht der beständige Typ."

"Gut. Genau das will ich ja auch. Ich gebe zu, dass ich etwas geschmeichelt bin, weil er mich überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Eigentlich scheint er doch auf große Blondinen zu stehen. Ich war noch nicht mit vielen Männern verabredet, und außer mit Dan war es mir mit niemandem wirklich ernst. Deshalb fehlt mir einfach die Erfahrung, was Verabredungen angeht."

"Ganz zu schweigen von einem Sexleben."

Carina grinste. "Das auch. Womöglich werde ich nicht viel Widerstand leisten, wenn Mr. Crenshaw beschließen sollte, mich zu verführen."

"Vielleicht brauche ich ja auch einen Freund", meinte Marisa. "Ich scheine gar kein Sexleben mehr zu haben."

Sie sahen sich an und fingen wie auf Kommando an zu lachen.

Dann wechselte Carina das Thema, und sie sprachen die restliche Zeit über das Symphonieorchester.

Nach einer Weile sah Marisa auf die Uhr. "Zeit, die Kinder abzuholen. Erzähl mir, wie deine Verabredung gelaufen ist, ja?" Sie standen auf und gingen zur Tür.

"Das mache ich. Grüß die Kinder von mir."

Marisa seufzte. "Natürlich." Auf dem Bürgersteig blieben sie noch mal stehen. "Weißt du, Carina, manchmal habe ich das Gefühl, Al gar nicht zu kennen. Er ist so anders als der Mann, den ich geheiratet habe."

Carina drückte ihr die Hand. "Ich weiß, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst."

Als Carina sich am Samstag für ihre Verabredung mit John fertig machte, überlegte sie, wie der Abend wohl verlaufen würde. Würde John sie furchtbar langweilig finden?

Carina sank auf ihr Bett und strich über die bestickte Decke, die ihre Großmutter vor einigen Jahren für sie in Mexiko hatte anfertigen lassen. Dann schloss sie die Augen und dachte an John, an seine blonden, teuer gepflegten Haare und diese tollen blauen Augen.

Er war viel größer als sie. Danny hatte sie bloß um ein paar Zentimeter überragt, wenn sie hohe Absätze getragen hatte. Aber John reichte sie selbst mit ihren High Heels kaum bis zur Schulter.

Er war so sanft mit ihr umgegangen, fast als hätte er Angst, sie könnte zerbrechen. Aber wenn er sie besser kennen lernte, würde er schnell entdecken, dass sie alles andere als zerbrechlich war. Sie hielt sich mit Tai Chi und Yoga fit.

Natürlich war John attraktiv. Und reich. Und eine Art Playboy. Aber es machte Carina wirklich nichts aus, dass er mit so vielen Frauen ausging, denn sie war ja nicht auf der Suche nach einer festen Beziehung.

Carina sah auf die Uhr. John würde bald hier sein, und sie wollte ihn nicht warten lassen. Womöglich würde er auch gar nicht auf sie warten wollen. Wahrscheinlich hatte er eine ganze Liste von Frauen, die er kurzfristig anrufen konnte, um sich mit ihnen zu treffen. Carina lächelte über diese Vorstellung. Würde sie selbst auch bald auf dieser Liste stehen?

John hielt vor dem Tor des Patterson-Besitzes, der im Bezirk Alamo Heights lag. Einige dieser alten Herrenhäuser gehörten seit Generationen denselben Familien.

John drückte auf einen Klingelknopf, und sofort meldete sich eine männliche Stimme: "Identifizieren Sie sich bitte."

"John Crenshaw. Ich möchte zu Carina Patterson."

Nach einer kurzen Pause ging das schmiedeeiserne Tor auf. John fuhr hindurch und die Einfahrt hinauf bis zum Haus.

Das Grundstück der Pattersons nahm einen ganzen Block ein. John bemerkte zwei andere Häuser, vermutlich Gästehäuser. Der Besitz war so groß, dass auch ein Golfplatz noch bequem Platz gefunden hätte.

John parkte vor dem Haus aus der Vorkriegszeit und stieg aus. Noch bevor er die Stufen zur Veranda hinaufgestiegen war, ging die Tür auf. Der Mann im Eingang sah eher wie ein Expolizist als wie ein Butler aus.

"Guten Abend, Mr. Crenshaw", sagte er. "Carina ist im Musikzimmer. Gehen Sie dort an der Treppe vorbei. Dann ist es die erste Tür rechts."

Die Halle war so breit wie das Haus. Eine geschwungene Treppe führte in den ersten Stock hinauf. John blickte nach oben und bemerkte eine Glaskuppel.

Als er die Tür des Musikzimmers erreichte, sah John Carina am Flügel sitzen, mit dem Rücken zu ihm. John blieb stehen und hörte zu. Weil in Carinas Akte stand, wie leidenschaftlich sie sich für Musik interessierte, hatte er in den letzten Monaten ein paar Konzerte besucht. Nun stellte er beeindruckt fest, dass Carina sehr gut spielte, obwohl er persönlich Countrymusic bevorzugte.

Und nun hatte er sich als Förderer der schönen Künste einen Namen gemacht.