Sommergras 108 -  - E-Book

Sommergras 108 E-Book

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Beschreibung

SOMMERGRAS ist die alle drei Monate erscheinende Zeitschrift der Deutschen Haiku Gesellschaft (DHG). Die Ausgabe 108 (März 2015) enthält u. a ausgewählte Haiku, Tanka, Haiga, Haibun, Rengay, Tan-Tenga und Kettengedichte der Mitglieder, RezensionenBerichte und die Vorstellung der neuen SOMMERGRAS-Redaktion.

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Seitenzahl: 79

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Deutsche Haiku-Gesellschaft e.V.

Die Deutsche Haiku-Gesellschaft e.V.1 unterstützt die Förderung und Verbreitung deutschsprachiger Lyrik in traditionellen japanischen Gattungen (Haiku, Tanka, Haibun, Haiga und Kettendichtungen) sowie die Vermittlung japanischer Kultur. Sie organisiert den Kontakt der deutschsprachigen Haiku-Dichter/-innen untereinander und pflegt Beziehungen zu entsprechenden Gesellschaften in anderen Ländern. Der Vorstand unterstützt mehrere Arbeits- und Freundeskreise in Deutschland sowie Österreich, die wiederum Mitglieder verschiedener Regionen betreuen und weiterbilden.

Der Mitgliedsbeitrag beträgt 40 € im Jahr und beinhaltet die Lieferung der Zeitschrift.

Anschrift:

Deutsche Haiku-Gesellschaft e.V., z. Hd. Stefan Wolfschütz, Postfach 202548, 20218 Hamburg Web:

http://www.deutschehaikugesellschaft.de

E-Mail:

[email protected]

Ehrenpräsidentin:

Margret Buerschaper, Auenstraße 2, 49424 Goldenstedt

Info/DHG-Kontakt und Redaktion:

Claudia Brefeld, Auf dem Backenberg 17, 44801 Bochum, Tel.: 0234/70 78 99 E-Mail:

[email protected]

[email protected]

Protokoll:

Horst-Oliver Buchholz, Wöhlerstraße 20, 63454 Hanau-Kesselstadt, Tel.: 06181/66 80 162 E-Mail:

[email protected]

Kassenwart:

Georges Hartmann, Ober der Jagdwiese 3, 57629 Höchstenbach, Tel.: 02680/760 E-Mail:

[email protected]

Webmaster:

Stefan Wolfschütz, Curschmannstraße 37, 20251 Hamburg, Tel.: 040/477965

[email protected]

Internationale Kontakte:

Klaus-Dieter Wirth, Rahserstraße 33, 41747 Viersen, Tel.: 02162/12243

[email protected]

Bankverbindung:

Landessparkasse zu Oldenburg, BLZ 280 501 00, Kto.-Nr. 070 450 085 (BIC: BRLADE21LZO IBAN: DE97 2805 0100 0070 450085). Die finanzielle Unterstützung der DHG quittieren wir mit Spendenbescheinigungen.

1Mitglied der Federation of International Poetry Associations (assoziiertes Mitglied der UNESCO), der Haiku International Association, Tôkyô, der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V., Leipzig, Ehrenmitglied der Haiku Society of America, New Orleans.

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

heute darf ich Sie hier zum ersten Mal in meiner neuen Eigenschaft als Redaktionsmitglied begrüßen und zur Lektüre der Märzausgabe von SOMMERGRAS einladen. Im Dezember entließ Claudia Brefeld Sie an dieser Stelle mit guten Wünschen für die Winterzeit und das Jahr 2015. Inzwischen wissen wir, dass schon die ersten Tage des neuen Jahres mit Schreckensnachrichten aus Paris aufwarteten, aber auch aus Nigeria, wo die Terrormiliz Boko Haram im Namen eines falschen Islams Massaker verübte. Nun haben wir Anfang März und nähern uns noch einmal einem Zeitpunkt im Jahr, den wir mit hoffnungsvollen Gedanken verbinden: dem Frühling. Mit Freude werden wir seine ersten Zeichen in der Natur beobachten, und die Haiku-Dichter unter uns wird er aufs Neue inspirieren. Allerdings werden uns auch weiterhin persönliches Schicksal, Leid in der Familie, im Freundeskreis, das Leid in der Welt berühren und sich im Haiku wiederfinden. Das Leben in seiner ganzen Vielfalt findet Platz in diesen drei Zeilen, aber neben Empörung und Trauer immer auch die Hoffnung. Und bisweilen gelingt es sogar, diese widersprüchlichen Gefühle in einem Haiku zu vereinen. So möchte ich Sie in den Frühling entlassen mit einem Haiku von Vincent Hoarau:

Tag der Trauer

das Kind beginnt

eine neue Zeichnung

Ihre Eleonore Nickolay

Je suis Charlie

Ein herzliches Dankeschön an die 37 DHG-Mitglieder, die dem Aufruf der Sommergras-Redaktion folgten und sich in 85 Einsendungen mit den Opfern des Anschlages auf Charlie Hebdo solidarisch erklärten. Claudia Brefeld, Eleonore Nickolay und Maren Schönfeld haben 13 Haiku ausgewählt.

Sturmböen … ganz fest in der Hand Stift und Papier

auf dem Schachbrett die Felder verschwommen qui suis-je?

Christa Beau

Gerd Börner

Schlagwörter ihr Schattenwurf im Sonnenlicht

Re(d)aktionssch(l)uss andere stehen bereit vor weißen Blättern

Brigitte ten Brink

Ralf Bröker

Bleistiftskizze auf der Schulzeitung heute bin ich …

der stift vorsichtig gespitzt weiche miene …

Claudius Gottstein

Ruth Guggenmos-Walter

gespitzt, auch an der Bruchstelle nach-richten

verzweifelte Nacht mit angespitztem Bleistift Tränen malen

Gabriele Hartmann

Friedrich Kelben

Charlie Hebdo ausverkauft – noch fällt kein Schnee

Charlie bin ich nicht aber an deiner Seite rinnen mir Tränen

Eva Limbach

Peter Rudolf

Je suis Charlie – den Trauermarsch begleiten Mohammeds Tränen

Schweigeminute – Geschosse der Schneeflocken vor meiner Scheibe

Jörg Schaffelhofer

Angelica Seithe

der Große Bruder nimmt dich nicht in den Arm wenn du weinst

Traude Veran

Haiga: Eleonore Nickolay

Inhalt

EDITORIAL

Eleonore Nickolay

Je suis Charlie

Haiga: Eleonore Nickolay

Die Redaktion stellt sich vor

Haiga: Ramona Linke

AUFSÄTZE/ESSAYS

Klaus-Dieter Wirth: Grundbausteine des Haiku (XXII) – Frage

Haiga: Ion Codrescu und Martina Heinisch

Traude Veran: Was ist denn jetzt wirklich ein Haiku?

NEUE DHG-MITGLIEDER

Haiga: Gabriele Hartmann

BERICHTE

Georges Hartmann: Die französische Ecke

Haiga: Ramona Linke

Claudia Brefeld: Japanische Haiku

Silvia Kempen: Ein Porträt – Klaus-Dieter Wirth

Ralf Bröker: Morgens im Zwielicht. Facebook-Haiku-Gruppe

Claudius Gottstein: Haiku-Wettbewerb Monet, Gauguin, van Gogh …

Volker Friebel: An der Kastalischen Quelle

LESERTEXTE

Ausgezeichnete Werke

Haiku- und Tanka-Auswahl

Haibun

Tan-Renga

Rengay

Kettengedichte, Sequenzen

HAIKU UND TANKA AUS DEM INTERNET

LESERBRIEFE

REZENSIONEN

Silvia Kempen: Haiku-Verse von Johannes Ahne

Silvia Kempen: Grenzort von Otmar Matthes

Eleonore Nickolay: Mitten ins Gesicht von Dominique Chipot

Claudia Brefeld: Eefeljold – Eifelgold von Rita Rosen

MITTEILUNGEN

Claudia Brefeld, Eleonore Nickolay und Maren SchönfeldDie Redaktion stellt sich vor

Maren SchönfeldBegegnung im Buch

Seit 22 Jahren bin ich Lyrikautorin und immer auf der Suche nach der präzisen, kürzesten Ausdrucksform. Ich fand es schon immer reizvoll, mit Gedichtformen zu experimentieren, und wandte mich früh den Formen Rondell, Sonett und Fünfzeilige Strophe zu, schrieb jedoch auch immer freie Gedichte. Der Reiz besteht für mich darin, zwischen Formen zu wechseln. Als ich in die Erwachsenenbildung ging, um kreatives Schreiben zu lehren, stieß ich in einem Buch des Autors Lutz von Werder auf das Haiku. Aus dem ersten Ausprobieren entstand eine Leidenschaft, die ich auch an einige Kursteilnehmer/-innen weitergeben konnte. Für mich ist es das Schönste, ein ganz knappes, nur ein oder zwei Zeilen umfassendes Haiku zu schreiben. Ich mag es auch sehr, mit anderen in einen lyrischen Dialog in Form einer Partnerdichtung zu kommen.

Eleonore NickolayBegegnung im Park

Ich kam im wahrsten Sinne des Wortes zum Haiku: Es lockte mich an einem goldenen Herbsttag im November 2012 im Park „Tête d’Or“ in Lyon mit einer japanischen Melodie. Mit meinem Sohn, der sein Studium weit von zu Hause in dieser uns beiden noch fremden Stadt begonnen hatte, erkundete ich zum ersten Mal den wunderschönen Park. Neugierig näherten wir uns der fremden Musik und erreichten ein Podium, wo soeben im Rahmen eines von der Französischen Haiku-Gesellschaft veranstalteten Herbstfestes Preise für die besten Haiku vergeben worden waren. „Was ist denn ein Haiku?“, fragte mein Sohn, und um ihm eine präzise Auskunft geben zu können, recherchierte ich im Internet und schrieb noch am selben Abend mein erstes Haiku, das mehr schlecht als recht den gemeinsamen Spaziergang in jenem Park wiedergab. Seitdem bin ich in seinem Bann. Mein einziges Bedauern ist, es nicht früher kennengelernt zu haben. Seit über dreißig Jahren schreibe ich Kurzgeschichten, seit dreißig Jahren lebe ich in Frankreich. Dreißig Jahre lang habe ich das Schreiben als ein einsames „Geschäft“ empfunden und mich dazu in Frankreich auch sprachlich isoliert gefühlt. Dank des Haiku lernte ich zum ersten Mal eine Zugehörigkeit kennen, einen unmittelbaren Austausch, zum ersten Mal auch mit Franzosen, denn ich schreibe Haiku auch auf Französisch. Es kam zu Begegnungen in Frankreich und Deutschland, es knüpften sich freundschaftliche Bande in beiden Ländern. Im Sommer 2013 trat ich beiden Haiku-Gesellschaften bei. Das Haiku hat mein Leben bereichert, ja, (noch) spannender gemacht, literarisch und menschlich!

Claudia BrefeldBegegnung mit Kürze

Ich schaute auf die Vase mit dem grünen Zweig, die unsere Seminarleiterin mitten auf den Tisch gestellt hatte. Dazu gab es die knappe Erläuterung: „Versucht, ein Haiku schreiben. Für diejenigen unter euch, die dieses japanische Kurzgedicht nicht kennen: Ein Haiku ist ein Dreizeiler mit der Silbenaufteilung 5-7-5, und es beschreibt eine Naturbetrachtung.“ Da saß ich nun und fühlte mich völlig überfordert. Dabei schrieb ich schon seit vielen Jahren Lyrik, versuchte mich immer wieder und besonders gerne an Kurz- und Kürzestgeschichten und hatte in Seminaren in Wolfenbüttel und Unna an meinem Stil gefeilt. Schnell merkte ich, die Kürze lag mir, das Ringen um jedes einzelne Wort empfand ich als großartige Herausforderung. Aber ein Haiku? Die ersten Versuche misslangen mir gründlich, und ich war völlig enttäuscht. Das schaffst du nie, dachte ich bei mir. Wochen später schob mir eine Bekannte ein Exemplar von „Haiku mit Köpfchen“ über den Tisch, ich blätterte darin und wurde sogleich von diesen Werken mit ihrem eigenen, flüchtigen und zugleich tiefen Charme, der mich Lesende öffnete und mitnahm, derart angezogen, dass ich zu recherchieren begann und in den Sog der Haiku-Werkstatt auf haiku.de geriet – dort wollte und durfte ich eine Menge lernen. Das war vor zwölf Jahren! Es folgte dann eine intensive Mitarbeit am Saijiki-Projekt auf haiku.de, und als ich Mitglied der DHG wurde und später im Vorstand saß, sammelte ich noch einmal neue Erfahrungen in dieser Haiku-Welt mit ihren vielen – auch internationalen – Kontakten. Ich entdeckte meine besondere Vorliebe für gemeinsame Kettendichtung – ein herrliches und bereicherndes Miteinander – und dem Haiga, das mir die Möglichkeit gibt, die Fotografie – meine besondere Leidenschaft – mit einzubeziehen!

den Weg teilen

Rengay

stiller Tann

ich teile den Weg

mit einer Rehspur

zwei Krähen fliegen auf

hinterlassen einen Schrei

wirbelnde Flocken –

am fernen Hang

gleiten Kobolde

Zweige knacken

… langsam steigt der graue Mond

in der Senke

ein See aus weißer Gischt

wird Skulptur

wir beide gebannt

Aug’ in Aug’

CB: 1, 4 / MS: 2, 5 / EN: 3, 6

Haiga: Ramona Linke

Aufsätze und Essays

Klaus-Dieter Wirth

Grundbausteine des Haiku (XXII)dargestellt an ausgewählten fremdsprachlichen Beispielen

Frage