Spannung für kalte Tage und dunkle Nächte Herbst 2021 -  - kostenlos E-Book

Spannung für kalte Tage und dunkle Nächte Herbst 2021 E-Book

0,0
0,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ausgewählte Krimi-Leseproben aus dem Goldmann Verlag

Reinschnuppern und loslesen! Ein Lesebuch mit den aktuellsten Thrillern bekannter Bestsellerautoren und -autorinnen und packenden Neuentdeckungen:
Christa von Bernuth begibt sich auf die Spur eines wahren Mordfalls, der Schwede Håkan Östlundh zieht im Auftakt seiner Trilogie alle Register der skandinavischen Thrillerkunst, und Sören Sveistrups »Kastanienmann« – der Nr.-1-Bestseller aus Dänemark – garantiert Gänsehaut-Lektüre. Juan Gómez-Jurado schickt seine »rote Jägerin« in Spanien auf Mörderjagd, Kaja Malanowska, Spannungs-Meisterin aus Polen, lässt ihre Ermittler durch den Nebel Warschaus tappen, und im zweiten historischen Krimi von Elsa Dix wird die adelige Seebadgesellschaft auf Norderney durch einen Mord aufgestört. Neues gibt es auch von Max Bentow, dessen Berliner Kommissar Trojan in eine albtraumartige Mordserie gerät. Für Andreas Gruber ist das Team um BKA-Profiler Maarten S. Sneijder in Norwegen im Einsatz, und Stuart MacBride schickt seine Detectives wieder in Schottlands Abgründe. Joy Fielding blickt in die dunkelsten Ecken der menschlichen Seele, und die Bestsellergaranten Harlan Coben und C.J. Tudor beweisen in ihren neuen Thrillern, dass nichts tödlicher ist, als die Vergangenheit …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 425

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © Oktober 2021 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur GmbH, München

Umschlagfoto: FinePic®, München

ISBN 978-3-641-29214-0V001

Besuchen Sie uns auch auf www.penguinrandomhouse.de

Reinschnuppern und loslesen! Ein Lesebuch mit den aktuellsten Thrillern bekannter Bestsellerautoren und -autorinnen und packenden Neuentdeckungen:

Christa von Bernuth begibt sich auf die Spur eines wahren Mordfalls, der Schwede Håkan Östlundh zieht im Auftakt seiner Trilogie alle Register der skandinavischen Thrillerkunst, und Sören Sveistrups »Kastanienmann« – der Nr.-1-Bestseller aus Dänemark – garantiert Gänsehaut-Lektüre.

Juan Gómez-Jurado schickt seine "rote Jägerin" in Spanien auf Mörderjagd, Kaja Malanowska, Spannungs-Meisterin aus Polen, lässt ihre Ermittler durch den Nebel Warschaus tappen, und im zweiten historischen Krimi von Elsa Dix wird die adelige Seebadgesellschaft auf Norderney durch einen Mord aufgestört.

Neues gibt es auch von Max Bentow, dessen Berliner Kommissar Trojan in eine albtraumartige Mordserie gerät.

Für Andreas Gruber ist das Team um BKA-Profiler Maarten S. Sneijder in Norwegen im Einsatz, und Stuart MacBride schickt seine Detectives wieder in Schottlands Abgründe.

Joy Fielding blickt in die dunkelsten Ecken der menschlichen Seele, und die Bestsellergaranten Harlan Coben und C.J. Tudor beweisen in ihren neuen Thrillern, dass nichts tödlicher ist, als die Vergangenheit …

Haben Sie Lust gleich weiterzulesen? Dann lassen Sie sich von unseren Lesetipps inspirieren.

Christa BernuthTief in der ErdeKriminalroman nach einer wahren Begebenheit

Kostenlos reinlesen

1981, ein Dorf in Oberbayern. Die zehnjährige Annika Schön ist mit dem Fahrrad auf dem Heimweg von einer Freundin, doch sie kommt nie zu Hause an. Tage des qualvollen Wartens verstreichen, bis die Polizei einen erschütternden Fund macht – eine Kiste, vergraben im Wald, darin die Leiche des Mädchens, das dort erstickt ist. Eine mögliche Spur in das nahe gelegene Internat wird nur halbherzig verfolgt. Jahre später verurteilt man einen Verdächtigen, doch es bestehen Zweifel an seiner Täterschaft. Basierend auf dieser wahren Geschichte und ihren eigenen Recherchen hat Christa von Bernuth, selbst ehemalige Internatsschülerin, einen Roman geschrieben, der den alten Fall neu aufrollt – auf der Suche nach der Wahrheit, was damals wirklich geschah.

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Håkan ÖstlundhDer Winter des ProphetenThriller - Die Elias-Krantz-Trilogie 1

Kostenlos reinlesen

In einem Hotel in Sarajevo verbringt die schwedische Diplomatin Ylva Grey ein Schäferstündchen mit ihrem Kollegen Anders Krantz. Kurz darauf trennen sich die beiden, sodass Anders allein in der Lobby ist, als dort eine Bombe explodiert. Unterdessen versucht im winterlichen Uppsala der Student Elias Krantz verzweifelt, seinen Vater zu erreichen – und muss von dessen Tod erfahren. Ylva, die mit dem Leben davongekommen ist, nimmt Kontakt zu Elias auf. Gemeinsam wollen sie herausfinden, was hinter dem heimtückischen Anschlag steckt. Und müssen im Kreuzfeuer von Geheimdiensten, Regierungen und mächtigen Unternehmern sehr bald um ihr Leben laufen …

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Elsa DixDer tote RittmeisterEin Seebad-Krimi - Viktoria Berg und Christian Hinrichs ermitteln 2

Kostenlos reinlesen

Norderney 1913: Im glanzvollen Seebad, wo der Adel des Kaiserreichs die Sommerfrische genießt, herrscht anlässlich des Thronjubiläums eine feierliche Stimmung. Doch dann überschatten bestürzende Ereignisse die sommerliche Idylle: Ein Rittmeister der kaiserlichen Kavallerie wird ermordet, und ein kleines Mädchen aus dem nahen Seehospiz verschwindet spurlos. Die unerschrockene Viktoria Berg begibt sich mit dem Journalisten Christian Hinrichs auf die Suche nach der Wahrheit und entdeckt in der feinen Seebadgesellschaft Abgründe, tief und geheimnisvoll wie die Nordsee …

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
C.J. TudorSchneewittchen schläftThriller

Kostenlos reinlesen

Das Mädchen sagt nur ein Wort: »Daddy«. Sie blickt Gabe von der Rückbank des Autos vor ihm an. Dann ist der fremde Wagen verschwunden und mit ihm Gabes fünfjährige Tochter Izzy. Er wird sie nie mehr wiedersehen. Drei Jahre später verbringt Gabe seine Tage und Nächte noch immer damit, die Autobahn abzufahren, besessen von der Hoffnung, sie zu finden. Auch Fran und ihre Tochter Alice sind unterwegs auf den Straßen Englands. Aber sie sind nicht auf der Suche, sie sind auf der Flucht. Denn Fran kennt die Wahrheit. Sie weiß, was damals mit Izzy geschah. Und was ihre Verfolger tun werden, wenn Alice und sie ihnen in die Hände fallen ...

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Juan Gómez-JuradoDie rote JägerinThriller

Kostenlos reinlesen

DU HAST NOCH NIE JEMANDEN WIE SIE GETROFFEN.Antonia Scott ist speziell. Sehr speziell. Sie ist keine Polizistin und trägt keine Waffe. Und dennoch hat sie Dutzende Verbrechen aufgeklärt. Seit einem tragischen Vorfall weigert sie sich jedoch, ihre Wohnung in Madrid zu verlassen. Aber genau dazu soll Inspector Jon Gutiérrez sie bewegen. Denn Antonia ist die vielleicht intelligenteste Frau der Welt und die Einzige, die den aktuellen Fall lösen kann: Ein skrupelloser Täter hat es auf die Reichsten und Mächtigsten des Landes abgesehen. Er hinterlässt keinerlei Spuren, und die Polizei ist völlig ratlos. Doch Antonia ist keine Polizistin, sie ist besser ...DU HAST NOCH NIE EINEN THRILLER WIE DIESEN GELESEN.

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Joy FieldingHome, sweet homeRoman

Kostenlos reinlesen

Nach einem traumatischen Erlebnis zieht Maggie mit ihrer Familie nach Palm Beach Gardens in Florida. Sie hofft, in der gepflegten Gegend mit den freundlichen Nachbarn ihre Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen. Doch dann verlässt sie ihr Mann, und auch die Idylle ihres Viertels erweist sich als trügerisch: Eine lautstarke Auseinandersetzung im Haus gegenüber, zwielichtiger Besuch nebenan, spitze Bemerkungen bei einem gemeinsamen Grillfest. Schnell gerät Maggie zwischen die Fronten und muss um ihre und die Sicherheit ihrer Kinder fürchten. Und als an einem heißen Sommermorgen der Knall eines Schusses die Stille zerreißt, ist allen klar: Hier ist mehr passiert als ein gewöhnlicher Nachbarschaftsstreit …

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Harlan CobenNichts bleibt begrabenThriller

Kostenlos reinlesen

Vor über zwanzig Jahren wurde Patricia Lockwood während eines Raubüberfalls entführt und schwer misshandelt. Ihr gelang die Flucht, doch ihr Peiniger wurde nie gefasst. Auch die damals gestohlenen Gemälde blieben verschollen. Bis in einem New Yorker Apartment neben einer Leiche eines der Bilder gefunden wird – und der Koffer, den der Entführer Patricia zu packen zwang. Zeit für Patricias Cousin, Windsor Horne Lockwood III, den Dingen auf den Grund zu gehen: Win, wie seine wenigen Freunde ihn nennen, ist hochintelligent, skrupellos und wild entschlossen, den Fall zu lösen. Einen Fall, der die dunkelsten Geheimnisse seiner Familie ans Tageslicht zu bringen droht ...

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Max BentowDer EisjungeEin Fall für Nils Trojan 9. Psychothriller

Kostenlos reinlesen

Nils Trojan ist eben zurück von seiner Auszeit auf einer Insel, da wird er schon an einen neuen Tatort gerufen. Im ersten Moment glaubt er, in einen absurden Albtraum geraten zu sein: Es sieht aus, als würde ein Tier über dem Opfer kauern, denn der Mörder hat das Fell eines Rehs über die getötete junge Frau drapiert. Wenig später ereignet sich der zweite Mord, und wieder sind Mensch und Tier auf makabre Weise ineinander verschlungen. Aber was will der Täter mit seiner grausamen Botschaft mitteilen? In einem verlassenen Haus im Umland von Berlin stößt Trojan auf eine Fährte – und erkennt zu spät, dass er in eine mörderische Falle geraten ist ...

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Andreas GruberTodesschmerzMaarten S. Sneijder und Sabine Nemez 6 - Thriller

Kostenlos reinlesen

Mitten in den brisanten Ermittlungen um einen Verräter in den eigenen Reihen werden BKA-Profiler Maarten S. Sneijder und sein Team abgezogen und nach Norwegen geschickt, um den Mord an der deutschen Botschafterin aufzuklären. Doch das Motiv bleibt rätselhaft, und die norwegische Polizei verweigert die Zusammenarbeit. Sneijder muss kreativ werden – und macht damit einen besonders mächtigen Gegner auf sich aufmerksam. Als dann noch ein erstes Mitglied von Sneijders Team einem kaltblütigen Killer zum Opfer fällt, steht Sneijder vor seiner bisher größten Herausforderung …

Anmeldung zum Random House Newsletter
Stuart MacBrideDer Garten des SargmachersThriller - Detective Constable Ash Henderson 3

Kostenlos reinlesen

Als ein Sturm über die schottische Küste hinwegfegt, stürzt ein Teil der Klippen ins Meer. Auch der Garten von Gordon Smith gehört zur abgebrochenen Landzunge, die nun enthüllt, was auf dem Grundstück vergraben war: zahllose Tote. Das Unwetter verhindert eine Bergung der Leichen und vernichtet wichtige Beweise. So weiß niemand, wie viele Menschen Smith getötet hat. Doch Ex-Detective Inspector Ash Henderson ahnt: Er wird weitermorden. Henderson ist entschlossen, Smith in den Highlands aufzuspüren und zu stoppen, selbst wenn er dafür Regeln brechen muss. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ein junges Mädchen ist bereits in der Gewalt des Killers ...»Breitwandkino in Technicolor, atmosphärisch und fesselnd! Eine fantastische Lektüre, die das höchste Gütesiegel verdient.« Lovereading

Anmeldung zum Random House Newsletter
Leseprobe im E-Book öffnen
Kaja MalanowskaNebeltageKriminalroman

Kostenlos reinlesen

Buch

1981, ein Dorf in Oberbayern. Die zehnjährige Annika Schön ist mit dem Fahrrad auf dem Heimweg, doch sie kommt nie an. Tage des qualvollen Wartens verstreichen, bis die Polizei einen erschütternden Fund macht – eine Kiste, vergraben im Wald, darin die Leiche des Mädchens, das dort erstickt ist. Eine mögliche Spur in das nahe gelegene Internat wird nur halbherzig verfolgt. Jahre später verurteilt man einen Verdächtigen, doch der bestreitet bis heute seine Schuld. Basierend auf dieser wahren Geschichte und ihren eigenen Recherchen hat Christa von Bernuth, ehemalige Schülerin des Internats, einen Roman geschrieben, der den alten Fall neu aufrollt – auf der Suche nach der Wahrheit, was damals geschah.

Christa von Bernuth ist Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Romane »Die Stimmen«, »Untreu«, »Damals warst du still« und »Innere Sicherheit« wurden mit Mariele Millowitsch und Hannah Herzsprung in den jeweiligen Hauptrollen verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt. »Tief in der Erde« ist ihr erster Kriminalroman, der von tatsächlichen Ereignissen inspiriert wurde. Weitere True-Crime-Krimis der Autorin sind bei Goldmann in Planung.

Christa von Bernuth

Tief in der Erde

Kriminalroman nach einer wahren Begebenheit

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Originalausgabe März 2021

Copyright (c) 2021 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Gestaltung des Umschlags: © UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: © plainpicture/BY

Redaktion: Regina Carstensen

BH · Herstellung: Han

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-26820-6V002

www.goldmann-verlag.de Besuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz:

Die Autorin hat im vorliegenden Roman tatsächliche Ereignisse aufgegriffen, die sich in einer bestimmten Gegend zu einer bestimmten Zeit abspielten. Zahlreiche tatsächliche Abläufe und handelnde Personen sind verändert, ergänzt und in ihren Verschränkungen sämtlich romanhaft gestaltet.

Dieses Buch ist also ein Werk der Fantasie, in dem Fakten und Fiktion, Geschehenes wie Erfundenes, eine untrennbare künstlerisch verfremdete Einheit bilden.

Nicht nur die Autorin zweifelt nach intensiver Befassung mit dem historischen Prozessstoff daran, dass der richtige Täter verurteilt wurde. Gleichwohl sind alle Schlussfolgerungen, wer die wahren Täter sein könnten, notwendigerweise spekulativ und alle Ausführungen dazu im vorliegenden Roman ebenfalls rein fiktiv.

Rück mit dem Stuhl heran Bis an den Rand des Abgrunds. Dann erzähl ich dir meine Geschichte. Scott Fitzgerald

TEIL EINS

28. Mai 2010 Julia Neubacher, Journalistin

Ich weiß nicht, wo ich bin.

Es ist dunkel und heiß. Ich sitze auf einem Brett, meine rechte Schulter schmerzt. Es riecht würzig nach Holz und gleichzeitig scharf nach etwas Chemischem, vielleicht frischer Farbe oder Lack. Vor meinem inneren Auge sehe ich die sieben Scharniere, mit denen die Kiste – mein Sarg – verschlossen wurde.

Ich weiß also genau, wo ich bin.

Ich höre nichts außer meinem eigenen panischen Keuchen, einem kläglichen, heiseren Stöhnen, das nicht zu mir zu gehören scheint. Ich versuche mich zu bewegen und stoße mit dem Kopf, mit dem Rücken und mit der linken Schulter an etwas Hartes, aber doch nicht so hart wie Beton.

Holz.

Mein Brustkorb füllt sich mit Angst. Sie wächst aus mir heraus wie eine Schlingpflanze. Sie legt sich um meinen Hals und drückt mir die Luft ab. Um mich herum wird es enger und enger. Ich atme mühsam ein und aus, mein Atem ist grün und violett. Ich bin ein Kind. Ich laufe davon, hinter mir ein brennendes Haus, dessen Flammen mich verfolgen wie lange heiße Zungen. Ich strenge mich an wie verrückt, doch ich komme nicht voran. Meine Beine sind schwer und schwach, es ist, als bewege ich mich durch Sirup.

Ich will zurückspringen in die Wirklichkeit mit ihrem nüchternen Tageslicht, ihren klaren Kanten und Begrenzungen, wo sich Geister auflösen und verschwinden. Doch stattdessen falle ich in eine andere verwirrende Wahnwelt und dann wieder in eine andere und so fort. Ich versuche, mich zu bewegen, mich zu fühlen – mein Ich zu fühlen –, aber es gibt mich gar nicht, mein Körper gehört nicht mir, ich spüre ihn nicht, und in dieser kompromisslosen Schwärze um mich herum vergesse ich sogar, wo oben und unten ist.

Die Angst, loszulassen, sich selbst loszulassen.

So muss es sein, wenn man stirbt.

Und genau das werde ich tun, nicht nur weil dieser Zustand unerträglich ist.

Sondern auch weil die Belüftungsanlage der Kiste nicht funktionieren wird, der nötige Luftaustausch wird nicht stattfinden, weshalb mich das sich langsam anreichernde Kohlendioxid vergiften wird.

Und dann wache ich auf und bin doch nicht tot.

Ich heiße Julia Neubacher und bin am Leben. Ich bin Journalistin, siebenundvierzig Jahre alt, nach zehn Jahren Beziehung frisch getrennt. Ich muss mir das klarmachen, damit der Traum verschwindet und die Angst aufhört, das Gefühl, nicht mehr ich zu sein, sondern Annika Schön, die vielleicht einen Mann, einen Beruf und Kinder hätte, wenn sie nicht vor fast dreißig Jahren in einer Kiste erstickt wäre. Ich bin nicht Annika Schön, ich werde nur über den Fall berichten. Sonst nichts. Im Gegensatz zu Annika durfte ich erwachsen werden, Liebe, Erfolg, Angst, Frust, Glück, Kummer und Ärger erfahren, die Welt sehen in all ihrer Schönheit, Durchtriebenheit, Großartigkeit und Schrecklichkeit.

Ich schaue auf den Wecker. Es ist halb sieben. Es wird Zeit. Ich muss mich fertig machen. Die Verhandlung – der Freistaat gegen Karl Leitmeir – beginnt um zehn.

Einen Moment lang vergesse ich, dass Jonas nicht neben mir liegt, nie mehr neben mir liegen wird, dass ich allein bin und bleibe. Dann kommt der vertraute Schmerz, der mich jeden Morgen wie ein Stein in den Magen trifft und dort den Druck langsam verstärkt, bis mir endgültig übel wird. Aber immerhin ist der Schmerz keine Kopfgeburt, keine Chimäre verrücktspielender Synapsen. Jonas hat mich verlassen, er wird nicht zurückkommen, das ist Fakt. Er hat aufgehört, mich zu lieben, einfach so.

Vorsichtig versuche ich den Kater von meinem Bauch zu schieben, wo er sich wie jeden Morgen niedergelassen hat. Der Kater heißt Magnum, wie Tom Selleck, weil er einen erstaunlich buschigen Schnurrbart hat. Magnum sieht mich prüfend an, als wollte er mir tief in die Seele schauen. Obwohl er Hunger hat, mag er es nicht, wenn man aufsteht, bevor er sich dazu entschlossen hat. Dann wird er richtig sauer, kratzt und beißt.

Ich streichle ihn. Er schnurrt und sabbert dabei ein bisschen wie alle Katzen, die nicht mehr die Jüngsten sind, aber es stört mich nicht. Ich bin froh, dass er da ist.

Entführung mit Todesfolge, so lautet die Anklage. Das Opfer heißt Annika Schön, der Täter, so glaubt zumindest die Staatsanwaltschaft, heißt Karl Leitmeir. Die Tat fand vor fast dreißig Jahren statt. Ein Cold Case.

Es hätte auch jemand anders machen können, niemand in der Redaktion hätte mir das übel genommen. Aber ich wollte es unbedingt, es sollte mein Fall werden.

Mein Fall. Ich werde dranbleiben, schon weil ich mich mit etwas beschäftigen will, das viel schlimmer ist als der Verlust meiner großen Liebe, viel katastrophaler als meine Einsamkeit. Aber das ist nicht der einzige Grund. Es gibt etwas, das mich mit diesem Fall verbindet. Darüber will ich nicht nachdenken, auch wenn ich weiß, dass ich das irgendwann muss.

Aber nicht jetzt.

Ich schiebe Magnum endgültig vom Bett, was er erwartungsgemäß mit einem zornigen Fauchen quittiert. Ich schlappe in die Küche und mache ihm sein Futter zurecht, eine Dose mit Nassfutter, obwohl er Trockenfutter lieber mag. Aber Trockenfutter macht dick, hat die Tierärztin gesagt, und Magnum ist zumindest auf dem Weg dahin. Er frisst betont widerwillig, immer mit einem Blick zu mir nach oben, ob da nicht doch noch was Besseres kommt.

Ich frühstücke ein halbes Marmeladenbrötchen, das wie süßliche Pappe schmeckt, und trinke den Kaffee schwarz und ohne Zucker. Simplen Filterkaffee, weil ich es nicht über mich bringe, die Espressomaschine zu benützen, was immer Jonas’ Aufgabe war. Es wäre besser gewesen, er hätte sie mitgenommen. Aber ich habe sie bezahlt, sie gehört mir.

Ich quetsche mich in irgendeine Jeans, krame irgendein Shirt aus dem Schrank und ziehe einen leidlich schicken Blazer darüber. Jonas ist weg, und ich bin mir selbst egal.

Hastig krame ich meine Unterlagen zusammen und laufe durch windiges Regenwetter zur Tram. Der Fall beansprucht mich vollkommen, Jonas wird zur Randfigur, und so soll es die nächsten Monate bleiben.

Alle Recherchen, die bisher möglich waren, habe ich gemacht, habe mit jedem gesprochen, der mir nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen hat, habe Akten gewälzt, die ich gar nicht einsehen durfte, und sämtliche Artikel aus dem Jahr von Annikas Tod so gut ausgewertet, wie ich nur konnte. Allmählich habe ich mir ein Bild des Verdächtigen gemacht.

War er es?

Hat Karl Leitmeir Annika am 15. September 1981 entführt und sie dann sterben lassen?

Und wenn ja, warum so und nicht anders?

15. September 1981 Traubenhain, 6:05 Uhr Die Täter

Die Kiste ruht im Waldboden, stabil, aber unsichtbar. Die Täter haben Mitte August Grassamen einer schnell wachsenden Sorte über die Stelle gesät, und tatsächlich spitzen schon viele zartgrüne Halme aus der dunklen, moosigen Erde. Niemandem ist dieser Ort aufgefallen, zumindest waren in den letzten Tagen keine Fußspuren sichtbar. Spaziergänger, selbst Pilzsammler kommen hier in der Regel nicht her, der Weg ist zu beschwerlich. Nach der Tat werden sie erneut Gras säen und noch weitere Vorkehrungen treffen, damit die Kiste so unauffindbar wie möglich bleibt.

Das ist der Plan.

Die Nacht war kurz, die Täter haben fast gar nicht geschlafen, bloß ein wenig gedöst. Nicht nur weil sie aufgeregt sind, sondern auch weil sie – jeder für sich – alle Arbeitsschritte noch einmal penibel durchgegangen sind. Alle notwendigen Requisiten, einschließlich der Waffe, der Tarnkleidung und dem Betäubungsmittel, liegen im Versteck bereit. Abends haben sie den Wetterbericht geschaut, der für heute gut aussieht, aber nicht für die nächsten Tage. Schon in der Nacht ist Regen angesagt, der sich von Norden aus bis zu den Alpen ausbreiten wird und über eine Woche anhalten soll. Und aus einer Regenwoche können leicht zwei werden, und dann … Aber das ist nicht der einzige Grund.

Sie wissen, dass es heute passieren muss, am ersten Schultag nach den großen Ferien. Das ist nicht ganz ideal. Am ersten Schultag ist alles immer etwas chaotisch, feste Termine können sich nach hinten oder vorn verschieben, doch abzuwarten ist auch keine echte Option. Wenn sie jetzt nicht handeln, tun sie es vielleicht überhaupt nicht mehr.

Sie sind auf alles vorbereitet. Sie können noch nicht recht glauben, was sie in den letzten Wochen und Monaten geschafft haben. Sie können, finden sie, wirklich stolz auf sich sein. Wenn die Sache funktioniert – und das wird sie! –, werden sie bald nicht nur reich, sondern auch berühmt sein. Presse und Fernsehen werden darüber berichten, es wird zahlreiche Artikel und mindestens eine Aktenzeichen XY … ungelöst-Sendung geben, vielleicht zeigen sogar internationale Medien Interesse! Sie lachen übermütig bei der Vorstellung, es klingt ein wenig atemlos, denn ein bisschen unheimlich ist ihnen die Sache schon. Das alles, dieser ganze Rattenschwanz an möglichen Konsequenzen, birgt natürlich Gefahren, es ist also besser, gar nicht so lange darüber nachzudenken, denn zu viel Denken macht nervös. Es fallen einem dann hundert Dinge ein, die nicht passen, viel zu viele Eventualitäten, die man nicht bedacht hatte, nicht bedenken konnte.

Ein Abenteuer erwartet sie mit allen Chancen und Risiken. Ein großes Spiel mit maximalem Einsatz. Danach, das ist ihnen klar, wird das Leben nie wieder so sein wie vorher. Sie werden andere Menschen sein. Stärker, selbstbewusster. Sie werden Kämpfer sein.

Die Täter sagen sich selbst, dass diese letzte Aktion nach all den Vorbereitungen nur noch das Tüpfelchen auf dem i ist, die Krönung ihrer Bemühungen. Wie Hochleistungssportler haben sie dennoch Angst, auf den allerletzten Metern zu versagen. Der Spurt am Ende eines Rennens: Darauf kommt es an. Das wissen sie und verdrängen es gleich wieder, denn diese Erkenntnis schwächt den Elan.

Nicht denken.

Handeln. Schritt für Schritt, wie sie es geübt haben.

In zwölf Stunden ist es so weit. Dann beginnt die Sache. Der erste Dominostein wird umgestoßen, die Kettenreaktion in Gang gesetzt. Es gibt keinen Weg zurück, der Geist ist dann aus der Flasche, und das heißt, dass sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr alle Entwicklungen in der Hand haben werden. Bis zur Stunde X muss ihr Tag deshalb so normal wie möglich verlaufen, denn das zumindest können sie beeinflussen. Menschen müssen sie sehen, mit ihnen sprechen, mit ihnen lachen, sich später an ihre Anwesenheit erinnern. Menschen, die keinen wie auch immer gearteten Verdacht schöpfen dürfen, sonst war alles umsonst.

Sie stehen auf, duschen wie jeden Morgen, spritzen sich kaltes Wasser ins Gesicht, damit sie frisch und munter wirken. Nicht übermüdet und aufgeregt.

Sei unauffällig. Das wird heute und in den nächsten Tagen ihr Mantra sein.

Salbrunn, 6:45 Uhr Gabi Schön, Annikas Mutter

Der See ist an diesem Morgen so blau wie der Himmel. Im Radio laufen die Nachrichten von Bayern 3, in denen sonniges Wetter mit ein paar harmlosen Wolken angekündigt wird. Spätsommerlich warm, sagt der Moderator und klingt so vergnügt, als hätte er selbst gleich frei. Aus dem Küchenfenster kann Gabi zwischen den Bäumen hindurch einen kleinen Ausschnitt der glitzernden, von leichten Böen geriffelten Wasserfläche sehen. Sie zündet den Gasherd an und stellt den gusseisernen Kessel auf die Kochplatte, betrachtet die blauen Flämmchen, die an dem massiven Boden lecken, langt schließlich in das Schränkchen über der Spüle und holt den Porzellanfilter und die Kaffeedose heraus.

Gabi liebt den erdig-aromatischen Duft gemahlenen Kaffees, das bittere Gebräu selbst findet sie dagegen nur mit viel Milch und Zucker genießbar. Sie seufzt, ohne es zu merken und ohne zu wissen, dass sie das jeden Morgen tut. Immer beim Kaffeekochen.

Gabi hält sich selbst für eine zufriedene Frau, aber manchmal hat sie das Gefühl, dass das Schicksal ihr etwas Wesentliches vorenthält, das nämlich, was sie brauchen würde, um auch eine glückliche Frau zu werden. Und wenn sie in so einer Stimmung ist, vergisst sie ihre normale Fröhlichkeit und wird streitsüchtig, und dann hat ihr Mann Stephan nichts zu lachen, und ihre Kinder beschweren sich über ihre Ungerechtigkeit.

Dabei ist ihr Leben genau so, wie sie es sich immer gewünscht und vorgestellt hat. Stephan verdient gut. Sie sind nicht reich, aber sie haben ein hübsches Haus und vier durchaus wohlgeratene Kinder. Annika ist mit ihren zehn Jahren die Jüngste, es folgen der zwölfjährige Jo, der achtzehnjährige Martin und die zwanzigjährige Franzi. Wie die Orgelpfeifen, sagt Stephan manchmal, und er klingt so stolz, als ob er die Kinder selbst auf die Welt gebracht hätte. Gabi erklärt ihm dann gern, wie es sich wirklich verhält – ihr war in den ersten drei Monaten schlecht, sie hatte den dicken Bauch und die Schmerzen bei den Geburten. Woraufhin Stephan oft dreist erwidert, ob sie nicht ganz schnell noch ein fünftes Kind machen wollen, und Gaby lacht und antwortet: »Spinnst du, vier reichen ja wohl!«

Und das findet sie wirklich. Andererseits ist sie letztes Jahr vierzig geworden, weshalb sich die Frage nach einer weiteren Schwangerschaft bald komplett erübrigt haben würde, und das ist ihr dann ebenso wenig recht. Den Geburtstag hat sie jedenfalls als Einschnitt empfunden. Sie ist zwar noch nicht alt, aber auch nicht mehr jung. Und immer wieder beschleicht sie das Gefühl, etwas versäumt zu haben, selbst wenn sie nicht weiß, was das genau sein soll.

In solchen Phasen liest sie sich weg von hier. Zum Beispiel nach England, wo die Wiesen so sattgrün sind und die Dörfer mit ihren blumenumrankten Cottages ganz alt und romantisch und die Bewohner auf witzige Weise schrullig. Manchmal sehnt sie sich auch nach Italien. Sie kennt zwar keine italienischen Bücher, aber einige Filme mit Sophia Loren und Adriano Celentano, und ihre Freundin Sybille hat ihr kürzlich erzählt, dass es dort immer warm ist, nicht nur an einzelnen Tagen wie an der Nordsee, wo sie die letzten zwei Ferienwochen verbracht haben. Italien ist mit dem Auto viel näher, trotzdem waren sie noch nie dort. Das Land stellt sie sich licht und leicht vor. Man kann dort bis in den späten Abend bunte Sommerkleider tragen, und die Menschen sind temperamentvoll und charmant.

Der nächste Urlaub, hat sie sich vorgenommen, soll dorthin gehen. Nicht mehr an die Nordsee wie dieses Jahr. Dort sind die Menschen zwar nett, aber wortkarg. Der Dialekt klingt streng, und an den Humor muss man sich gewöhnen. Außerdem war das Meer so kalt, dass die Kinder schon nach fünf Minuten Baden blaue Lippen und Gänsehaut bekamen und Jo sich in der Folge einen Schnupfen einfing. Dann gab es zwei Tage lang eine regelrechte Qualleninvasion – riesige glibberig-eklige Dinger waren das –, und zwei weitere Tage regnete es fast ununterbrochen. Dafür hat Annika den Aufenthalt genossen, und das ist das Wichtigste, denn Annika ist das Sorgenkind in der Familie, seitdem der Heilpraktiker erzählt hat, dass sie in seiner Praxis in Tränen ausgebrochen ist.

Sie hat geweint?

Ja.

Warum denn?

Haben Sie häufiger Streit mit Ihrer ältesten Tochter?

Mit der Franzi?

Ja, wenn das Ihre ältere Tochter ist. Streiten Sie oft mit ihr?

Das kommt schon mal vor, aber die Franzi lebt gerade gar nicht bei uns, sie ist ja schon zwanzig.

Dann hat das wohl bei Annika einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wie auch immer – Annika leidet, wenn Sie sich streiten, Frau Schön. Nur dass Sie das wissen.

Aber …

In Ihrer Familie ist sonst alles in Ordnung, oder?

Ja! Warum weint sie? Ich versteh’s nicht!

Nun …

Was hat sie denn?

Es gibt wohl noch einen weiteren Grund … Annika findet offenbar keine Freundinnen in der Schule.

Keine Freundinnen? Das kann nicht sein!

Wussten Sie das nicht?

Sie sagt ja nie was! Warum sagt sie denn nichts!

Darauf wusste der Heilpraktiker keine Antwort. Er drückte sich vielmehr etwas gewunden aus, und Gabi bekam im Nachhinein das Gefühl, dass er ihr irgendetwas verschwiegen hatte. Zumindest hatte er einen Ortswechsel vorgeschlagen, weswegen sie an die Nordsee gefahren sind.

Im Radio läuft »Popcorn«, ein bestimmt zehn Jahre altes Stück, das Gabi von früher kennt und sehr mag. Sie wiegt sich in den Hüften und summt mit. Hinter ihr hört sie den Boden im Flur knarzen. Stephan wird gleich hinter sie treten und ihr einen Kuss auf den Nacken geben. Worauf sie sich freut. Sie ist nämlich immer noch ein bisschen verliebt in ihren Mann, obwohl sie letztes Jahr ihren zwanzigsten Hochzeitstag gefeiert haben.

Aber das sagt sie ihm nicht, er soll sich nur nichts einbilden.

»Morgen, Schatz«, sagt Stephan und küsst sie tatsächlich in den Nacken. Er riecht frisch rasiert und nach dem teuren Aftershave, das Gabi ihm zu seinem zweiundvierzigsten Geburtstag geschenkt hat. Sie lächelt versonnen, aber dann fällt ihr etwas ein, und ihr Körper versteift sich, weil sie die Abfuhr schon ahnt.

»Ich fänd’s gut, wenn du die Annika heute zur Schule fährst«, sagt sie betont beiläufig und schenkt ihm Kaffee ein. »Es ist ihr erster Schultag in Thalgau«, fügt sie hinzu. Die Sonne wirft schüchterne Strahlen auf den alten, verkratzten Holzesstisch, den ihr Mann immer wieder hingebungsvoll abschleift und so lange einölt, bis er goldbraun schimmert.

»Geht nicht«, sagt Stephan und bestreicht seine beiden Semmelhälften mit Butter. Langsam und sorgfältig, wie es seine Art ist, was Gabi manchmal nervös macht.

»Wieso nicht?«

»Weil’s nicht geht. Das hättest du mir gestern sagen müssen, dann wär ich früher aufgestanden. Jetzt muss ich gleich los.« Stephan ist Lehrer an der Realschule in Hag, einem Nachbarort.

»Du bist doch früh dran«, wendet Gabi ein.

»Ich muss noch was vorbereiten. In der ersten Stunde ist die Begrüßungsveranstaltung, und dann …«

»Es ist Annis erster Schultag im Gymnasium«, sagt Gabi noch einmal.

»Schon, aber sie kann doch den Bus nehmen.«

»Dennoch …«

»Die anderen Kinder fahren auch Bus, oder? Sie braucht keine Extrawurst.«

»Bitte«, sagt Gabi. Wobei es kein Problem sein sollte. Annikas Brüder Jo und Martin können sie mitnehmen, die auch in Thalgau aufs Gymnasium gehen. Außerdem ist sie durchaus in der Lage, allein in einen Schulbus zu steigen.

Später soll Gabi denken, dass sie sich schon um diese Zeit so merkwürdige Sorgen gemacht hat.

»Was ist denn los?«, fragt Stephan erstaunt.

»Nichts«, antwortet Gabi. Er hat ja recht. In Stephans Mundwinkel glänzt ein Rest Butter, und Gabi will ihn schon darauf aufmerksam machen, aber da rumpelt irgendwas im ersten Stock. Sie hört Martin schimpfen, dass es kein heißes Wasser mehr gibt, weil Jo wieder zu lange geduscht hat.

»Ruhe!«, ruft Stephan nach oben. Dann steht er auf, wischt sich mit der Stoffserviette den Mund ab, legt sie ordentlich neben den Teller, küsst nochmals seine Frau und geht in die Garage. Eine Minute später hört sie ihn wegfahren. Sie fühlt sich plötzlich allein und ganz leer, ohne dass es dafür den geringsten Grund gibt.

Salbrunn, 7:05 Uhr Annika Schön

Während ihr Bruder Jo aus der Dusche steigt, putzt sich Annika im dampfigen Bad die Zähne. Der Spiegel über dem Waschbecken ist beschlagen, aber er hängt sowieso zu hoch. Selbst auf Zehenspitzen kann sie nur die obere Hälfte ihres Gesichts sehen. Die hellblauen Augen mit den blonden Wimpern, die schmale Stirn und die halbe Nase. Aber das ist egal, denn meistens schaut sie sowieso nicht hinein. Man kann Annika einiges vorwerfen – dass sie ein Träumerchen und oft unpünktlich ist, dass sie bockig sein kann, dass sie nicht richtig zuhört und meistens zu wenig Klavier übt –, aber eitel ist sie nun wirklich nicht.

Sie spuckt den Zahnpastaschaum aus und spült hinterher, mit den Gedanken, wie so oft, ganz woanders, und zwar diesmal an der Nordsee. Sie erinnert sich an den Wind, der nach Salz schmeckte und ein bisschen nach Fisch roch und die Luft so frisch machte, dass sie britzelte, an das Meer, so wild und schön, wie es ein See nie sein kann.

Der Höhepunkt war ein Regentag, an dem sie einen Bauernhof besuchten, der aussah wie im Märchen. Die roten Backsteinwände waren mit lauter gelben Rosen bewachsen, und das Dach war mit einer unglaublich dicken Lage Stroh gedeckt, Schilfrohr, das man Reet nannte und fast bis auf den Boden ging. Man hätte heraufklettern können, was man allerdings nicht durfte. Jedenfalls hatte auf dem Hof vor Kurzem eine Kuh gekalbt, und Annika hat das Kälbchen, das noch wacklig auf seinen staksigen Beinen stand, streicheln dürfen. Das Kälbchen hat mit seiner rauen Zunge ihre Hand geleckt.

Das hat sie zu Hause noch nie gemacht – einen Stall besucht, obwohl es mehrere Bauernhöfe rund um Salbrunn gibt. Aber da geht man nicht einfach so rein und streichelt irgendein Tier, keiner tut das. In der Volksschule hat sie in den ganzen vier Jahren nicht eine Freundin gefunden, die auf einem der Höfe wohnte und sie einmal mitgenommen hätte. Stattdessen haben die anderen Kinder sie gepiesackt, und da Annika sehr schnell beleidigt ist, ist sie das willkommene Opfer gewesen. Ganz furchtbar wurde es, als sich ihre Mutter bei den Lehrern für sie einsetzen wollte und Disziplinierungsmaßnahmen verlangte, da wurde Annika unterstellt, dass sie gepetzt hätte.

Ihre Mutter hatte es nur gut gemeint, das ist Annika klar, aber gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Das ist einer der Sprüche von Martin, und der stimmt hundertprozentig.

Martin ist schon achtzehn und wird von Annika sehr bewundert, weil er so gut aussieht und so ruhig und gelassen ist. Wenn sie in seiner Nähe ist, strengt sie sich an, um von ihm bemerkt zu werden. Ganz anders ist ihr Verhältnis zu ihrem anderen Bruder. Bei Jo fühlt sie sich einfach wohl. Obwohl sie ein Mädchen und anderthalb Jahre jünger ist, verbringen sie viel Zeit miteinander. Jo versteht sie, ohne dass sie viel erklären muss. Er redet wenig, aber manchmal spürt sie, wie es in ihm brodelt, und dann versteht sie ihn. Bei ihm hat sie das Gefühl, ganz sie selbst sein zu können, mit all ihren Fehlern, und trotzdem gemocht zu werden.

»Anni!«

Das ist ihre Mutter. Martin ist mürrisch, denn Jo hat wie üblich zu lange geduscht. Das warme Wasser ist aufgebraucht und Martin der Leidtragende, weil er heute als Letzter duschen wollte.

»Ja-aa!«

»Kommst du frühstücken?«

»Gleich!«

Annika geht in ihrem blauen Bademäntelchen ins Schlafzimmer, das sie mit Jo teilt, und schaut in den Kleiderschrank.

»Anni, Herrgott, wo bleibst du denn!«

»Ja«, ruft Annika nach unten. Die Zeit hat einen Hüpfer gemacht, und sie hat es gar nicht richtig mitgekriegt. Immerhin hat sie sich mittlerweile fertig angezogen, aber vielleicht ging das zu langsam, sie hat nicht gleich ihre Lieblingshose gefunden – die grüne Cordhose –, und eine andere wollte sie auf keinen Fall anziehen. Ja, sie ist ein bisschen spät dran, aber nur ein bisschen, glaubt sie. Doch im Esszimmer stellt sie fest, dass Jo schon dabei ist aufzubrechen. Ihre Mutter wirkt gereizt über ihre Unpünktlichkeit, aber da ist noch etwas anderes in ihren Augen, in ihrer Stimme, ihren hektischen Gesten, mit denen sie Jo anweist, doch zu warten, und Annika antreibt, schneller zu frühstücken.

Ihre Mutter ruft nach Martin, aber Martin antwortet nicht.

»Hast du den Martin gesehen?«

»Nur vorhin im Bad.«

»Ist er schon weg? Wieso hat er nicht gefrühstückt?«

»Weiß ich doch nicht!«

Ihre Mutter seufzt. Es ist sehr warm in der Küche, die Sonne scheint jetzt direkt hinein, und ihre Mutter hat winzige Schweißperlen auf der Oberlippe. Jo hat keine Geduld mehr und verlässt das Haus ohne Annika.

Das macht sie traurig. Warum will er nicht mit ihr zusammen fahren?

»Lauf ihm hinterher«, sagt ihre Mutter.

»Ja-aa.«

»Los, Anni! Dann holst du Jo noch ein.«

Ein paar Minuten später radelt Annika durch die Unterführung ins Dorfzentrum. Tatsächlich sieht sie Jo vor sich, aber er ist zu schnell. Obwohl sie nach ihm ruft, ignoriert er sie. Manchmal tut er das, wenn er mit gleichaltrigen Freunden Fußball spielt. Dann ist es beinahe so, als wäre ihm seine jüngere Schwester peinlich.

Annika fällt zurück, wird langsamer. Die Reifen summen über den Asphalt, die runde Betondecke wirft die Geräusche zurück wie ein Echo in den Bergen. Sie fühlt sich plötzlich sehr klein. Über ihr dröhnt und rauscht der Verkehr auf der B 12. Annika beeilt sich und erreicht den Busparkplatz hinter der Kirche am Feuerwehrhaus. Sie sperrt ihr Rad ab und stellt dann fest, dass da nicht ein Bus, sondern drei stehen, was sie irritiert. Sie hält Ausschau nach ihren Brüdern, speziell nach Jo, aber offensichtlich haben sie einen früheren Bus genommen und sind schon weg. Überall laufen kreischende und sich balgende Kinder herum, die sie zum Teil aus der Volksschule kennt, aber nicht ansprechen mag.

Sie lässt den Kopf hängen. Sie ist noch nie mit dem Schulbus nach Thalgau gefahren und kennt sich nicht aus. Sie traut sich nicht, die Busfahrer zu fragen, welcher der richtige ist. Vorne an den Windschutzscheiben steht nichts und an den Seiten auch nicht. Sie umkreist die Busse mehrmals – kein Schild mit dem Zielort, nirgends. Schließlich startet der erste Bus und hinterlässt eine stinkende Dieselwolke.

Annika fährt wieder nach Hause, obwohl sie weiß, was sie dort erwartet. Ihre Mutter wird schimpfen, weil sie sich benimmt wie ein Kleinkind, und wird ihr Nesthäkchenallüren vorwerfen, einen Ausdruck, den sie in letzter Zeit häufiger benutzt und mit dem Annika überhaupt nichts anfangen kann. Sie weiß nicht mal genau, was ein Nesthäkchen sein soll. Sie radelt langsam den Grünanger entlang, die Sonne wirft flackernde goldene Flecken durch die dicht belaubten Eichen auf die gekieste Straße. Das sieht schön aus, ist aber heute kein Trost. Die neue Schultasche erscheint ihr doppelt so schwer wie die alte, sie zieht ihren Rücken nach hinten, und der rechte Riemen kneift an ihrer Schulter. Keuchend fährt sie die Stichstraße hoch zum Haus, die Steigung ist ziemlich steil.

Glücklicherweise kommt alles ganz anders als gedacht. Ihre Mutter ist anfangs zwar etwas verärgert, aber beruhigt sich recht schnell, denn Martin frühstückt ganz gemütlich im Esszimmer, weil er auf seinen Schulfreund Benedikt wartet. Der nämlich will ihn mit seinem Auto abholen. Und Annika kann mitfahren. Es ist alles in Ordnung. Sie wird rechtzeitig in ihrer neuen Klasse sein.

»Meine Anni«, sagt ihre Mutter, streichelt ihr über die neuerdings kurzen Haare und wirkt dabei – Annika kann sich nicht recht erklären, warum – fast erleichtert. Daran wird sich Gabi Schön übrigens später erinnern. An diese Erleichterung, die sich auf nichts gründete. Die sogar fatal war, weil die echte Gefahr ganz woanders lauerte. Sie wird sich die bittersten Vorwürfe machen, was niemand nachvollziehen kann, der nicht selbst Kinder hat und weiß, dass eine Mutter immer die Schuld bei sich sucht. Egal, was passiert.

Annika selbst wird nie älter als zehn Jahre werden. An ihrem letzten Morgen ahnt sie nichts davon, und doch verdüstert sich ihre Stimmung auf der Autofahrt nach Thalgau. Während sie auf der Rückbank in Benedikts altem weinrotem Renault sitzt und sich die beiden Achtzehnjährigen vor ihr über Dinge unterhalten, die sie nicht interessieren und bei denen sie nicht mitreden kann, fühlt sie sich überflüssig und allein.

Sie denkt an das Kälbchen und seine raue Zunge. Sie macht die Augen zu und nickt ein.

Aufkirchen, 12:45 Uhr Franzi Schön, Annikas Schwester

Kurz vor der Mittagspause sitzt Annikas Schwester Franzi, die eine Töpferlehre in Aufkirchen absolviert, breitbeinig vor einem grauen Tonklumpen, aus dem eine mittelhohe konische Vase werden soll. Sie liebt diese Arbeit, das Hantieren mit dem schweren, feucht-klebrigen Material, das sirrende Geräusch der Töpferscheibe, das Gefühl, wenn es klappt und der Ton genau das macht, was man will und was er soll. Sie formt aus dem Klumpen eine Kugel, platziert sie sorgfältig in der Mitte der Scheibe, betätigt den Fußhebel, der die Scheibe zum Drehen bringt, und drückt ihre beiden Daumen in die Kugel.

Die Kugel beginnt zu eiern und rutscht nach außen. Franzi seufzt und hält die Scheibe an, der Meister dreht sich um und gibt ihr schweigend zu verstehen, dass sie von vorn anfangen muss. Das Material also noch mal kneten, damit es warm und weich wird, es wässern, damit es geschmeidig bleibt und nicht vorzeitig aushärtet. Und dann einen neuen Versuch starten. Ja, das wird sie tun. Meinetwegen noch hundertmal. So lange, bis da eine Vase draus geworden ist. Drehen ist eine Kunst. Franzi will sie beherrschen, und vor allem will sie diesmal dranbleiben, nicht gleich wieder aufgeben und was Neues ausprobieren, so wie in den vergangenen Jahren.

Plötzlich denkt sie an Annika und erinnert sich, dass sie heute ihren ersten Schultag auf dem Gymnasium hat. Ob sie gut zurechtkommt? Mehr Freundinnen findet als in der Volksschule? Wenn man ehrlich ist, stellt sich Franzi solche mitfühlenden Fragen normalerweise nicht. Sie liebt ihre Schwester, wie man halt seine jüngste Schwester liebt, aber manchmal vergisst sie sie fast, weil Annika so ein stilles Mädchen ist, während Franzi schon immer erheblich mehr Wind um sich gemacht hat.

Eine Woche vor Annikas Verschwinden, während der Rest der Familie noch an der Nordsee Ferien gemacht hat, ist Franzi in der Dämmerung von Hag nach Salbrunn durch den Traubenhain geradelt, ein Waldstück, das so heißt, ohne dass ein Mensch weiß, warum. Trauben gibt es hier jedenfalls nicht.

Franzi war zu Besuch bei einer Freundin, die in Hag wohnt. Der holprige Pfad zwischen beiden Orten ist die Fortsetzung des Grünangers, wo Franzi, die normalerweise in Aufkirchen lebt, während der Abwesenheit ihrer Eltern auf das Haus aufpasst. Er führt am See entlang durch den Wald und ist an beiden Enden jeweils mit einer Schranke für den Autoverkehr gesperrt. Franzi und die anderen sind hier schon Tausende Male durchgeradelt, Kinder wie Erwachsene. Sie kennen jede Windung, jeden Stein, jede Wurzel und jeden Baumstumpf: Sie würden sich blind zurechtfinden. Es ist die kürzeste Verbindung zwischen dem Grünanger in Salbrunn und der Seestraße in Hag. Autofahrer müssen durch die Unterführung ins Zentrum Salbrunns fahren, dann rauf auf die Bundesstraße, bei Keltenberg wieder runter, und anschließend sind es noch drei Kilometer auf der Landstraße bis Hag.

Mit dem Rad geht es zehnmal schneller.

Franzi ist kein furchtsamer Mensch, zum Leidwesen ihrer Eltern. Sie ist viel zu gutgläubig und vertrauensselig, dazu noch abenteuerlustig, eine Kombination, die sie schon häufiger in Schwierigkeiten gebracht hat. Franzi hatte Freunde, die ihre Eltern gar nicht schätzten und die sie enttäuscht haben, weil hinter dem ganzen Getue nichts gesteckt hat. Franzi war lange auf der Suche nach etwas, das sie erfüllt. Sie traf auf Punks mit stachlig-bunten Frisuren, schwarzen Klamotten und zerrissenen schwarzen Netzstrumpfhosen unterm Ledermini, auf Späthippies mit schwarz-weißen Palästinensertüchern, die auf Demos gingen und sich vormachten, dass Drogen ihr Bewusstsein erweiterten. Das alles war nicht zufriedenstellend. Sie ist schließlich ein paar Monate durch Indien gereist, hat in Poona haltgemacht und – was ihre Eltern glücklicherweise nicht ahnen – an sexuell ausschweifenden Sannyasin-Orgien teilgenommen, bis ihr das Ganze zu wild wurde und zu psycho. Auch hier fand sie nicht das, wonach sie sich sehnte: einen Sinn im Leben. Etwas, das über das pure Dasein hinausging. Sie war dann ein halbes Jahr in London gewesen, um ihre künstlerischen Ambitionen auszuleben, hat dort aber im Wesentlichen planlos in den Tag hinein gefaulenzt.

Diese Zeiten sind schon ein paar Monate vorbei, seit sie mithilfe eines Freundes Gott gefunden hat und sich endlich angekommen, angenommen fühlt. Gott ist Liebe. Man muss ein paar Regeln befolgen, um sich seine Liebe zu verdienen. Tut man das, füllt einen die Liebe wie ein Gefäß und macht alles rund und schön. Franzi hat sich verändert. Sie ist ruhiger geworden, gelassener, weniger schnell gereizt.

Was geblieben ist: ihre Furchtlosigkeit.

Bis jetzt.

Mitten im Traubenhain, ein paar Hundert Meter vor dem Grünanger entfernt, sträuben sich ihr plötzlich die Nackenhaare. Ihr ist, als hätte sich da jemand im Unterholz versteckt, als würde sie jemand beobachten. Sie traut sich aber nicht, genau hinzuschauen. Ein paar Sekunden lang ist sie so erschrocken, dass ihre Beine den Dienst versagen. Das Rad schlingert, Franzis Körper kribbelt, gleichzeitig fühlt sie sich wie gelähmt. Schließlich atmet sie tief durch, tritt wieder wie besessen in die Pedale, verliert fast das Gleichgewicht wegen einer dieser tückisch knotigen Wurzeln, die aus dem Erdreich ragen, fängt sich in letzter Sekunde und findet sich schließlich unter einer Straßenlaterne. In diesem Moment geht sie mit einem Knacken an und umfängt sie mit einem tröstlichen Lichtschein.

Franzi weiß nicht, was das eben gewesen ist, ob sie sich da was eingebildet hat, sie weiß nur, dass es vorbei ist.

Sie steigt ab und schiebt ihr Rad nach Hause. Ihre Knie zittern noch ein bisschen, aber sie glaubt zu spüren, dass alles wieder in Ordnung ist.

Später ruft sie ihre Freundin an und erzählt ihr davon. Sie sitzt auf dem harten Boden im Flur, weil das dunkelgrüne Familientelefon nur eine kurze Schnur hat. Mittlerweile ist es halb neun und fast dunkel. Die Freundin kennt den Weg genauso gut wie sie. Nie ist hier irgendwas passiert. Nie hat es Grund gegeben, sich Sorgen zu machen. Man sollte also nicht ohne Not damit anfangen, Furcht und Misstrauen unter den Menschen zu säen. Das sagt ihr die Freundin mit einer gewissen Strenge in der Stimme, die typisch für sie ist, und Franzi merkt, dass es vielleicht wirklich besser ist, nicht mehr darüber nachzugrübeln. Wer zu viel grübelt, erklärt die Freundin, kann Dämonen wecken. Die Freundin gehört zu dem Gebets- und Meditationskreis, dem sich Franzi angeschlossen hat.

»Aber wenn Gott mich warnen will?«, gibt Franzi zu bedenken.

»Vielleicht war es ja gar nicht Gott«, erwidert die Freundin.

»Du meinst …«

»Satan kennt viele Tricks, um uns vom richtigen Weg abzubringen.«

»Jetzt hör aber auf!«

»Das ist so!«

Franzi widerspricht nicht weiter, und der Rest des Gesprächs dreht sich um die Frage, ob Rolf, der zum Gebetskreis gehört, eine feste Freundin hat oder nicht. Die beiden kommen zu keinem Ergebnis, aber als Franzi eine Stunde später auflegt, ist sie vollends beruhigt und geht ins Bett.

In den nächsten Tagen wiederholen sich ihre rätselhaften Ängste nicht, auch nicht, als sie wieder durch den Wald radelt. Als ihre Familie nach Hause kommt, hat sie das Ereignis fast vergessen.

Sie erinnert sich auch jetzt, an Annikas letztem Lebenstag, nicht daran. Sie denkt einfach nur intensiver über ihre kleine Schwester nach, die so liebenswert ist und auch geliebt wird, aber trotzdem immer ein bisschen unglücklich wirkt.

Salbrunn, 14:05 Uhr Hannes Berg, Martin Schöns bester Freund

Nach der Schule lümmeln Martin Schön und Hannes Berg mit ausgestreckten Beinen dicht nebeneinander in der letzten Reihe des Schulbusses. So nah, dass sich ihre Schultern berühren. Es fühlt sich gut an, und Hannes ist sehr glücklich, wie fast jedes Mal, wenn er mit seinem besten Freund zusammen ist. Zu dieser Zeit ist ihm noch nicht vollkommen bewusst, dass es von seiner Seite aus viel mehr als Freundschaft ist. Eine Anziehung, die weit darüber hinausgeht. Er hat Fantasien, die ihm selbst ein bisschen komisch vorkommen. Zum Beispiel träumt er manchmal davon, sich von Martins langen Haaren ein Kissen zu machen, um ihm auch nachts nah sein zu können.

Natürlich erzählt er Martin nichts davon.

Martin wirkt zurückhaltend. Nur Hannes spürt seine untergründige emotionale Wildheit, und in solchen Momenten möchte er ihn umarmen und küssen, tut aber nichts dergleichen. Hannes schämt sich nicht seiner Gefühle, er denkt auch nicht groß darüber nach. Aber ihm ist klar, dass Martin nicht so empfindet wie er. Meistens jedenfalls. Hin und wieder gibt es ein Fünkchen Hoffnung, und dann ist Hannes euphorisch, als würde ihn eine kleine heiße Sonne von innen wärmen und nach außen strahlen.

So ein Tag ist heute. Sie sind einander sehr verbunden. Am späteren Nachmittag laufen sie über eine Wiese voller Apfelbäume neben dem Haus, in dem Hannes’ ehemalige Freundin Saskia mit ihren Eltern wohnt. Hannes mag Saskia immer noch sehr gern. Als er mit ihr Schluss gemacht hat, hat er ihr geschworen, dass sie nichts Falsches getan hat. Aber mit ihr war es nicht so wie mit Martin. Niemand kommt an Martin heran.

Saskia will heute Apfelstrudel backen. Sie hat ihm und Martin einen großen Korb gegeben, und so ernten sie gemeinsam die rotbackigen Sommeräpfel, und dann ist der Korb irgendwann voll mit den süß-säuerlich duftenden Früchten. Viel zu viele für einen Apfelstrudel, aber das ist den Jungs egal. Die Schatten werden bereits länger, als sie den Korb an beiden Henkeln fassen und ihn gemeinsam über die Wiese schleppen. Sie schwingen ihn hin und her, lachen dabei, lachen sich an.

...Ende der Leseprobe
Mit einem Klick bestellen

Buch

Uppsala: Der Student Elias Krantz geht durch die verschneite Universitätsstadt, nachdem er im Krankenhaus eine beunruhigende Diagnose erhalten hat. Verzweifelt versucht er, seinen Vater Anders zu erreichen – vergeblich.

Sarajevo: Die schwedische Diplomatin Ylva Grey verbringt mit ihrem verheirateten Kollegen Anders Krantz ein Schäferstündchen in ihrem Hotelzimmer. Kurz darauf trennen sich die beiden, und Anders geht in die Hotellobby. In diesem Moment explodiert dort eine Bombe.

Stockholm: In der verschneiten schwedischen Hauptstadt trifft Elias auf Ylva. Sie hat den heimtückischen Anschlag überlebt, bei dem sein Vater getötet wurde. Worin war Anders verstrickt? Gemeinsam wollen Elias und Ylva die Wahrheit herausfinden – und müssen schon bald im Kreuzfeuer von Geheimdiensten, Regierungen und mächtigen Unternehmern um ihr Leben laufen …

Weitere Informationen zu Håkan Östlundh sowie zu lieferbaren Titeln des Autors finden Sie am Ende des Buches.

HÅKAN ÖSTLUNDH

DERWINTER

DES

PROPHETEN

DIE ELIAS-KRANTZ-TRILOGIE 1

Thriller

Aus dem Schwedischen von Katrin Frey

Die schwedische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Profetens vinter« bei Bokförlaget Polaris, Stockholm.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Abdruck des Zitats erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags Kiepenheuer & Witsch: Zadie Smith, Swing Time. In der Übersetzung von Tanja Handels. © 2017, Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Köln.

Deutsche Erstveröffentlichung April 2021

Copyright © Håkan Östlundh 2018

by Agreement with Grand Agency

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2021

by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotive: Arcangel/Alexandre Cappellari, Des Panteva; FinePic®, München; GettyImages/Johner Images

Redaktion: Maike Dörries

KS · Herstellung: kw

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-24957-1V001

www.goldmann-verlag.de

Besuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz

Der Arzt im weißen Kittel über der blauen OP