Sterben ohne Leiden. Selbstbestimmt dank Patientenverfügung - Swenja Rolfes - E-Book

Sterben ohne Leiden. Selbstbestimmt dank Patientenverfügung E-Book

Swenja Rolfes

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Beschreibung

In Würde zu sterben ist der Wunsch eines jeden Menschen. Und möglichst frei von Leiden soll es sein. An Maschinen angeschlossen zu sein und so am Leben erhalten zu werden, ist für viele Menschen eine Horrorvorstellung, gepaart mit der Angst, das Selbstbestimmungsrecht bei der Behandlung zu verlieren. Mit einer Patientenverfügung können Sie selbst festlegen, wie Sie sterben möchten. Doch wie funktioniert das genau? Für wen und wann ist sie sinnvoll? Dieses Buch klärt die wichtigsten Fragen rund um Patientenverfügungen und ihre rechtlichen Grundlagen. Aus dem Inhalt: Definition der Patientenverfügung, Historische Entwicklung, Rechtliche Grundlagen, Anforderungen an eine Patientenverfügung, Autonomie des Patienten.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum:

Copyright © 2013 ScienceFactory

Ein Imprint der GRIN Verlags GmbH

Coverbild: morguefi le.com

Sterben ohne Leiden

Selbstbestimmt dank Patientenverfügung

Die Patientenverfügung als Regelungsgegenstand des Betreuungsrechts von Swenja Rolfes

Einleitung

Grundsätzliches zur Patientenverfügung

Die Patientenverfügung als Regelungsgegenstand des Betreuungsrechts

Welche Gründe haben zur Aufnahme der Regelungen zur Patientenverfügung in das Betreuungsrecht geführt?

Fazit

Quellenverzeichnis

Patientenverfügungen nach dem neuen Recht von Andreas Otto

Vorwort

Problemstellung und Vorgehensweise

Patientenverfügung im Detail

Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Untersuchung der Verständlichkeit von Patientenverfügungen im Hinblick auf die Ermöglichung einer autonomen Entscheidung von Daniel Fischer

Einleitung

Die Autonomie des Patienten

Die Patientenverfügung

Anforderungen an schriftliche Beratungsmaterialien

Darstellung der Untersuchungsmethoden

Darstellung der Untersuchungsergebnisse

Schlussfolgerungen

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang

Die Patientenverfügung als Regelungsgegenstand des Betreuungsrechts von Swenja Rolfes

2011

Einleitung

„Michael K. hat aufgrund zahlreicher Berichte in den Medien beschlossen, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Nach einem schweren Motorradunfall im Sommerurlaub fällt er ins Koma. Die behandelnden Ärzte sehen keine Chance, dass für Michael K. eine Verbesserung des Gesundheitszustands eintritt bzw. er jemals wieder aus dem Koma erwacht. Die Ehefrau von Michael K, Petra K., wird als rechtliche Betreuerin bestellt. Sie legt den Ärzten die Patientenverfügung des Michael K. vor, die besagt, dass im Fall einer unumkehrbaren Bewusstlosigkeit und keiner Aussicht auf Änderung dieses Zustands von lebensverlängernden Maßnahmen abgesehen werden und auch keine künstliche Ernährung erfolgen soll“ (Sander, 2010, S.140).

Durch einen Unfall oder einer schweren Erkrankung kann es überraschend schnell zu der Situation kommen, dass der eigene Wille nicht mehr geäußert werden kann. Um diesem Fall vorzubeugen, besteht die Möglichkeit eine Patientenverfügung aufzusetzen, mit der vorab Einfluss auf die medizinische Weiterbehandlung genommen werden kann (vgl. Gerken/Zippel, 2009, S.487). Viele Menschen bekommen Angst bei der Vorstellung, dass ihr Leben nur noch von Apparaten aufrechterhalten wird. Durch das Aufsetzen einer Patientenverfügung können der eigene Wille und die eigenen Vorstellungen – sofern sie nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen – durchgesetzt werden, auch wenn man ggf. nicht mehr ansprechbar ist und sich nicht äußern kann. Der Patientenwille ist von zentraler Bedeutung, bringt aber auch Grenzen und Hürden bei der Erhebung, Interpretation oder Anwendung der Patientenverfügung mit sich. Die gesetzliche Neuregelung zur Patientenverfügung, die seit dem 01.09.2009 in Kraft getreten ist, stärkt den Patientenwillen und bietet zudem mehr Rechtssicherheit im Gesundheitswesen für Arzt, Pflegepersonal und auch Betreuer bzw. Bevollmächtigten (vgl. Frewer u.a., 2009, S.12).

Der oben dargestellte Fall dient als Beispiel, wie so etwas ablaufen könnte, wenn man eine Patientenverfügung aufgesetzt hat und sich selbst um einen rechtlichen Betreuer, in diesem Fall die Ehefrau, gekümmert hat. Nicht selten kommt es aber vor, dass ein rechtlicher Betreuer bestellt wird, der dem Patienten unbekannt ist und der sich um den Schutz der persönlichen Angelegenheiten und in diesem Rahmen, um das Durchsetzen der Patientenverfügung kümmern muss.

Thematisch befasst sich diese Ausarbeitung mit der Patientenverfügung als Regelungsgegenstand des Betreuungsrechts. Hier werden schwerpunktmäßig die rechtlichen Aspekte der Patientenverfügung behandelt. Was überhaupt eine Patientenverfügung ist, sowie im Anschluss deren Inhalt, Grenzen und Ziele werden zuvor im folgenden Teil dargestellt. Im dritten Abschnitt wird es dann zentral um die neuen gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung gehen. Hier wird im Rahmen von Art. 2 GG, Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht genommen. Zudem werden die §§ 1901a ff. BGB Inhalt dieser Arbeit werden, wobei der § 1901a BGB eine zentrale Stellung einnimmt und näher beleuchtet wird. Außerdem wird geschaut, wann eine Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich ist. Bevor es dann zu guter Letzt zum Fazit dieser Arbeit kommt, werden die Gründe, die zur Aufnahme der gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung in das Betreuungsrecht geführt haben, aufgezeigt.

Grundsätzliches zur Patientenverfügung

Was ist eine Patientenverfügung?

Nach § 1901a Abs. 1, Satz 1 BGB handelt es sich bei der Patientenverfügung um eine schriftliche Festlegung, im Fall einer Einwilligungsunfähigkeit einer volljährigen Person, ob diese in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (vgl. Stascheit, 2010, S.1044).

Für den Fall, dass eine Entscheidungs- und Einwilligungsunfähigkeit eintritt, besteht die Möglichkeit vorab eine Patientenverfügung aufzusetzen. Durch sie kann Einfluss auf die medizinische Weiterbehandlung genommen werden (vgl. Gerken/Zippel, 2009, S.487). Es handelt sich somit um eine vorsorgliche Willensäußerung. Denn sie „enthält Anweisungen an Ärzte und alle anderen, die an einer Behandlung und Betreuung teilnehmen, wie z.B. in der Sterbephase, nach einem Unfall oder bei einem nicht aufhaltbaren schweren Leiden, bleibendem Verlust der Kommunikationsfähigkeit, z.B. bei Demenz“ (ebd., S.487f.) oder wie bei Hirnschädigungen, vorgegangen werden soll.

Nach Spickhoff dürfe die Patientenverfügung nicht als Willenserklärung im rechtstechnischen Sinne verstanden werden. Es handle sich genau genommen um eine Sonderform der Einwilligung, die daher (durch die gesetzlich hinzugekommenen Besonderheiten) deren Rechtsnatur teilt (vgl. Spickhoff, 2009, S.1950). „Einer Einordnung als Willenserklärung im Sinne der §§ 116 ff. BGB steht bereits entgegen, dass das Gesetz nicht auf die Geschäftsfähigkeit, sondern auf die Einwilligungsfähigkeit abhebt, wobei zusätzlich […] die Volljährigkeit verlangt wird“ (ebd.). Demnach und laut § 1901a Abs. 1, Satz 1 BGB, ist die Patientenverfügung als eine schriftliche Festlegung und rechtlich nicht als Willenserklärung anzusehen, auch wenn die Verfügung vom persönlichen Willen des Betreuten handelt.

Was beinhaltet sie und wo liegen ihre Grenzen?

„Die inhaltliche Ausgestaltung der Patientenverfügung kann der Verfasser grundsätzlich nach seinem Willen frei bestimmen. Seiner Willensfreiheit sind jedoch Grenzen gesetzt, soweit die in der Patientenverfügung geäußerten Behandlungswünsche gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen“ (Lenz/Roglmeier, 2009, S. 18). In einer Patientenverfügung können u.a. eine künstliche Beatmung, künstliche Ernährung oder auch sämtliche Wiederbelebungsmaßnahmen untersagt werden (vgl. Gerken/Zippel, 2009, S.488). Auch können Ergänzungen in Form von Bitten an das ärztliche Team oder der Betreuung vorgenommen, sowie persönliche Wertvorstellungen, Einstellungen zum eigenen Leben und Sterben und religiöse Anschauungen, die zur Auslegung der Patientenverfügung hilfreich sein können, hinzugefügt werden. Auf diese Weise kann Einfluss auf eine eventuelle spätere Behandlung genommen werden. Zudem bietet die Patientenverfügung damit auch die Chance sein Selbstbestimmungsrecht zu wahren, vor allem wenn es zu Situationen kommt, in denen man nicht mehr ansprechbar und einwilligungsfähig ist (vgl. BMJ, 2010, S.9). Eine aktive Sterbehilfe und somit ein strafbares Handeln kann vom Arzt nicht verlangt werden. Derweil sind die Maßnahmen, die eine passive bzw. indirekte Sterbehilfe begünstigen, zulässig. Hierzu zählen u.a. die Untersagung von Wiederbelebungsmaßnahmen oder auch die Einwilligung in eine Schmerztherapie, die eine Beschleunigung des Todeseintritts zur Folge hat (vgl. Lenz/Roglmeier, 2009, S.18f.).

„Die Patientenverfügung richtet sich in erster Linie an die Ärztin oder den Arzt und das Behandlungsteam. Sie kann sich zusätzlich an eine bevollmächtigte oder gesetzliche Vertreterin oder einen […] Vertreter richten und Anweisungen oder Bitten zur Auslegung und Durchsetzung der Patientenverfügung enthalten“ (BMJ, 2010, S.9). Wenn man selbst eine bevollmächtigte Person bestellt hat, ist diese nach § 1901a Abs. 1 Satz 2 BGB genauso wie ein gesetzlich bestellter Betreuer verpflichtet, die Patientenverfügung zu prüfen, den Behandlungswillen festzustellen und ihm Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Dabei darf die Person nicht ihren Willen an die Stelle des Patientenwillen setzen (vgl. ebd., S.12). In dem zu Anfang dargestellten Fall um Michael K. war die Ehefrau als rechtliche Betreuerin bestellt, was in anderen Fällen sicherlich auch schon zu Konflikten geführt hat. Denn wenn bspw. Familienmitglieder oder enge Vertraute als bevollmächtigte Personen eintreten, besteht hier die Gefahr eines Gewissenkonfliktes oder auch die Gefahr, dass bei fälligen Entscheidungen nicht objektiv entschieden werden kann. Deshalb ist es wichtig, vor Eintritt dieser Situation und der Einwilligungsunfähigkeit sich untereinander darüber auszutauschen. Dann ist es sicherlich auch von Vorteil, wenn man eine vertraute Person in solchen Fällen als Bevollmächtigte zur Seite stehen hat und keine „fremde“ Person über weitere Maßnahmen entscheiden muss.

Damit die Patientenverfügung beachtet werden kann, müssen die darin erhaltenden Erklärungen und Wünsche zudem ohne Druck aufgesetzt worden sein (vgl. ebd.).

Im Wesentlichen sind folgende Ziele einer Patientenverfügung festzuhalten:

• Für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit soll durch das Aufsetzen einer Patientenverfügung eine individuelle und frühzeitige Festlegung medizinischer und begleitender Maßnahmen erfolgen.

• Eine Berücksichtigung der Wertvorstellungen des Patienten, vor allem aber von Beweggründen, die Hinweise zur Einleitung, zum Umfang oder zur Beendigung bzw. Ablehnung von Maßnahmen enthalten.

• Die Patientenverfügung bietet die Möglichkeit, schon frühzeitig bestimmte Vorgaben für bestimmte persönliche Situationen, die eintreten bzw. eintreten können zu machen, z.B. im Falle einer unheilbaren Erkrankung oder für die Zeit der Sterbephase.

• Zudem kann durch das Aufsetzen einer Patientenverfügung eine Zurückweisung von schwerwiegenden medizinischen Eingriffen wie z.B. künstliche Ernährung, künstliche Beatmung oder einer Organtransplantation erfolgen.

• Außerdem besteht die Chance eine vertrauenswürdige Person zu bestimmen, die durch entsprechende Bevollmächtigung im Einzelfall, für zusätzliche Einwilligungen oder auch für die Durchsetzung der Patientenverfügung, als Ansprechpartner dient (vgl. Geckle, 2009, S.14f.).

Je detaillierter die Patientenverfügung aufgesetzt ist, desto besser lässt sich die Ernsthaftigkeit der Patientenverfügung nachvollziehen. Deshalb kann es für den behandelnden Arzt, genauso wie für den gesetzlichen Betreuer oder der bevollmächtigten Person hilfreich sein, persönliche Auffassungen im Detail zu kennen. Besonders, wenn es zu Auslegungsproblemen in Bezug auf den Patientenwillen kommt oder wenn die konkrete Situation nicht der entspricht, die in der Patientenverfügung beschrieben wurde, kann eine schriftliche detaillierte Festlegung der eigenen Wertvorstellungen wichtig sein (vgl. BMJ, 2010, S.13).

Die Patientenverfügung als Regelungsgegenstand des Betreuungsrechts

Rechtliche Grundlagen der wirksamen Patientenverfügung

„Unsere Rechtsordnung beruht auf Autonomie der freien Willensentscheidung. Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 2 I GG im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die freie Entfaltung der Persönlichkeit, wozu auch das Selbstbestimmungsrecht zu zählen ist“ (Kammeier, 2009, S.66). In Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG heißt es zudem, dass jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat und dass die Freiheit der Person unverletzlich ist (vgl. Stascheit, 2010, S.18). In Bezug auf die Patientenverfügung bzw. auf das Behandlungsverhältnis zwischen medizinischem Personal und Patient bedeutet dies, „dass jeder Mensch frei darüber entscheiden kann, ob er ärztlich behandelt werden möchte oder nicht und vor allem: wie er behandelt werden möchte. Dies gilt auch dann, wenn die Ablehnung einer Behandlung aus medizinischer Sicht unvernünftig erscheint. Die Rechtsprechung stellt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten höher als dessen Wohl“ (Ambrosy, 2006, S.20). Somit darf gegen den Willen des Patienten nicht gehandelt/behandelt werden. Für jeden Eingriff und jede Behandlung bedarf es der Einwilligung des einzelnen Patienten. Bei Verstoß würde sich der Arzt wegen Körperverletzung nach §§ 223 ff. StGB strafbar machen. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um lebenserhaltende Maßnahmen gehandelt hat. Daher benötigt der Arzt immer einen Rechtfertigungsgrund, der entweder in der ausdrücklichen oder mutmaßlichen Zustimmung des Patienten oder bei Gefahr für Körper oder Leben im rechtfertigenden Notstand liegen (vgl. ebd.). „Ebenso wie jeder Mensch einen Anspruch auf absoluten Schutz seines Lebens hat, hat er im Gegensatz dazu das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben. Das bedeutet, dass der Patient, der sowohl in den Beginn als auch in die Weiterführung einer lebenserhaltenden oder lebensverlängernden Behandlung einwilligen muss, diese auch ablehnen kann“ (ebd.). In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob eine medizinische Indikation vorliegt und ob die Erkrankung bereits so weit fortgeschritten ist, dass ein tödlicher Verlauf nicht mehr aufzuhalten ist. Voraussetzung für die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts ist die Einwilligung bzw. die Einwilligungsfähigkeit des Patienten (vgl. ebd., S.20f.).

„Nach der Legaldefinition in § 1901a I BGB liegt eine Patientenverfügung vor, wenn ein (1) einwilligungsfähiger (2) Volljähriger (3) für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit (4) schriftlich eine Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in eine (5) bestimmte, (6) noch nicht unmittelbar bevorstehende (7) ärztliche Maßnahme getroffen hat“ (Seichter, 2010, S.157).

Als einwilligungsfähig ist der Patient anzusehen, wenn er sich über Art, Bedeutung, Tragweite und auch über die Risiken seiner Erklärung bewusst ist und danach seinen Willen ausrichten kann. Sobald jemand dazu nicht mehr in der Lage ist, kann eine wirksame Patientenverfügung nicht mehr aufgesetzt werden (vgl. ebd.). „Die Einwilligungsfähigkeit muss für jeden ärztlichen Eingriff gesondert festgestellt werden. Die Feststellung ist eine Frage des Einzelfalls und kann durch Zuhilfenahme verbaler oder nonverbaler Äußerungen, Biografien und bisherigem Verhalten des Betroffenen erfolgen. […] Liegen danach Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten vor, so ist seine Entscheidung maßgeblich“ (Ambrosy, 2006, S.22).

Eine weitere Voraussetzung für eine wirksame Patientenverfügung ist nach § 1901a Abs. 1 BGB der Aspekt der Volljährigkeit. Die Frage, was mit einwilligungsfähigen Minderjährigen im Alter von 16 oder 17 Jahren ist und ob diese unbeachtet bleiben, drängt sich hier nun auf. Durch Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG hat die Einwilligung als Ausübung der Patientenautonomie direkten Verfassungsbezug (vgl. Spickhoff, 2009, S.1950). „Ist ein Minderjähriger entsprechend grundrechtsmündig, ist es daher verfassungsrechtlich durchaus nicht unbedenklich, wenn § 1901a Abs. 1 BGB den Eindruck erweckt, einem einwilligungsfähigen Minderjährigen, der Chancen und Risiken des konkreten potenziellen Eingriffs intellektuell erfassen und voluntativ bewerten kann, stünde eine Selbstbestimmung durch Patientenverfügung nicht zu“ (ebd.). Der Haftungssenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat einwilligungsfähigen Minderjährigen gegenüber medizinischen Maßnahmen ein Vetorecht zugesprochen. Demnach stehen positive medizinische Maßnahmen zusätzlich weiterhin unter dem Vorbehalt der Einwilligung durch die Sorgeberechtigten. Im Konfliktfall, also wenn es um die Ausübung des Vetorechts geht, kann im Rahmen von § 1901a Abs. 2 BGB ein Ergebnis zugunsten der Entscheidung des Minderjährigen erzielt werden. Denn da keine (wirksame) Patientenverfügung nach § 1901a Abs. 1 BGB vorliegt und das Vetorecht die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation betrifft, kann nach Prüfung die Entscheidung des Minderjährigen den Ausschlag geben (vgl. ebd., S.1950f.). Somit kann ein Minderjähriger zwar keine wirksame Patientenverfügung errichten, aber über das Vetorecht besteht zumindest eine Chance seinen eigenen Willen durchzusetzen. Allerdings ist es fraglich, ob § 1626 Abs.2 BGB den gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen verpflichtet, ggf. im gleichen Umfang gegen ihre eigene Überzeugung zu handeln (vgl. Rieger, 2010, S.1603). „Bei Minderjährigen besteht ein im Betreuungsrecht nicht auftretendes Spannungsverhältnis zum elterlichen Sorgerecht und unter Umständen zur subsidiären staatlichen Fürsorgepflicht, das der Rechtsähnlichkeit als Voraussetzung für eine pauschale Analogie zu den betreuungsrechtlichen Vorschriften entgegensteht“ (ebd.). Jedoch sollte an anderer Stelle noch diskutiert werden, wie die erforderliche Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit bei einem Minderjährigen hundertprozentig festzustellen ist.

Die in § 1901a Abs. 1 BGB verlangte Schriftform beschränkt sich auf die Notwendigkeit einer handschriftlichen Unterschrift, somit bedeutet es nicht, dass die gesamte Patientenverfügung handschriftlich verfasst sein muss (vgl. Seichter, 2009, S.157). Für Betroffene die schreibunfähig sind, ist zu beachten, dass „die notarielle Beurkundung unter Hinzuziehung von Schreibzeugen in entsprechender Anwendung des § 25 BeurkG der einzige Weg zur Niederlegung einer Patientenverfügung i.S. des § 1901a Abs. 1 BGB ist“ (Rieger, 2010, S.1602).

Bei der Patientenverfügung handelt es sich um eine Erklärung, die vor Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit aufgesetzt wird und erst ab Eintritt wirkt. Die Gesetzesbestimmung für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit im § 1901a Abs. 1 BGB weist darauf hin, dass die Patientenverfügung eine Vorsorgemaßnahme, für den Fall einer Einwilligungsunfähigkeit, ist. Solange der betroffene Patient noch einwilligungsfähig ist zeigt seine Patientenverfügung keinerlei Wirkung (vgl. Seichter, 2010, S.158).

Außerdem wird nach dem Gesetz eine Entscheidung über bestimmte ärztliche Maßnahmen verlangt. Für Rieger ist es ungeklärt und bereits strittig, wie weit dieses Bestimmtheitsgebot geht. „Reicht z.B. die Ablehnung einer künstlichen Ernährung oder muss zusätzlich die Form der Ernährung (z.B. durch Magensonde) genannt sein? Ist der Wunsch, lebenserhaltende Maßnahmen im Gegensatz zu reinen Pflegemaßnahmen und Maßnahmen der Schmerzbekämpfung zu unterlassen, bestimmt genug oder darf keinerlei fachlich-medizinische Subsumtion mehr erforderlich sein?“ (Rieger, 2010, S.1603).

Nach Seichter wären Verfügungen wie das Legen einer PEG-Sonde[1], der Verzicht auf Reanimation oder auch die Gabe von Antibiotika bspw. bei einer Lungenentzündung, ausreichend bestimmt. Dagegen wären Äußerungen wie „würdevoll sterben dürfen“ oder „keine Apparatemedizin“ zu allgemein gefasst (vgl. Seichter, 2010, S.158). Hier liegt es dann nun nahe, sich die Frage zu stellen, wie denn Personen, die sich in den medizinischen Behandlungsdetails überhaupt nicht auskennen, diesen Teil der Patientenverfügung ohne ärztliche Beratung ausfüllen können. Eine ärztliche Aufklärung und Beratung ist nach dem Gesetz keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Patientenverfügung. Nach diesen Bestimmungen aber durchaus empfehlenswert und „kann zur qualitativen Verbesserung von Verfügungen, gerade im Hinblick auf die bestimmte Beschreibung der Behandlungssituation und vorzunehmender bzw. zu unterlassender ärztlicher Maßnahmen führen“ (Rieger, 2010, S.1604f.). Rieger fügt hier noch hinzu, dass „[j]e mehr eine Verfügung entsprechend den Vorgaben des § 1901a Abs. 1 BGB bestimmte ärztliche Maßnahmen aufführt, umso dringender ist die ärztliche Aufklärung über die tatsächlich mit diesen Maßnahmen verbundenen Konsequenzen“ (ebd., S.1605). Zudem stehen die getroffenen Entscheidungen über bestimmte ärztliche Maßnahmen zusätzlich unter dem Vorbehalt der Prüfung, die der Betreuer bzw. der Bevollmächtigte auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu leisten hat. Hier befindet sich der Betreuer bzw. Bevollmächtigte nicht selten in einem Konflikt. Denn es geht bei der Prüfung auf der einen Seite um die Einschätzung zwischen der Verbindlichkeit einer Patientenverfügung – die unter Umständen relativ allgemein gehalten wurde – und auf der anderen Seite um den Grundsatz „im Zweifel für das Leben“. Wobei der Betreuer bzw. Bevollmächtigte immer zu prüfen und abzuschätzen hat, welcher Wille der nicht mehr einwilligungsfähige Patient aktuell vertritt (vgl. Spickhoff, 2009, S.1951f.). Nach „§ 1904 Abs. 4 BGB ist eine Genehmigung des Betreuungsgerichts (nur!) dann nicht erforderlich, wenn zwischen dem Betreuer und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dem Willen des Betreuten entspricht“ (ebd., S.1952).

Die Bestimmung, dass die ärztliche Maßnahme nicht unmittelbar bevorstehen darf, gilt etwa für den Fall, dass ein einwilligungsfähiger Patient im Vorfeld einer bevorstehenden Operation erklärt, dass er bei Herzstillstand nicht widerbelebt werden möchte. Seichter spricht dieser Klausel in § 1901a Abs. 1 BGB deshalb keine sonderlich praktische Bedeutung zu, da diese „zeitnahe substantiierte Bestimmung für eine konkrete Situation […] schon nach allgemeinem bürgerlichen Recht unmittelbar wirksam“ (Seichter, 2010, S.158) ist. Somit ist dies kein Fall für eine Patientenverfügung. „Durch die Herausnahme dieser Fälle aus dem Regelungsbereich der Patientenverfügung sollte dies einfach nur klargestellt und vermieden werden, dass eine solche Erklärung den Bestimmungen über die Patientenverfügung unterworfen und damit in ihrer Wirksamkeit in Frage gestellt werden könnte“ (ebd.).

Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass die Beschränkung auf ärztliche Maßnahmen nicht außer Acht gelassen werden darf. Das bedeutet, dass die Basispflege z.B. Flüssigkeitszufuhr und das Stillen von Hunger auf natürlichem Wege einschließlich des Anreichens und der Mundpflege, durch die Patientenverfügung nicht ausgeschlossen werden können (vgl. ebd.). „Das Legen einer PEG-Sonde stellt dagegen auch dann eine ärztliche Maßnahme dar, wenn es nicht der Medikamentenversorgung, sondern lediglich der Flüssigkeits- und/oder Nahrungszufuhr dient“ (ebd.). Somit kann das Legen einer PEG-Sonde durch das Aufsetzen einer Patientenverfügung ausgeschlossen werden.

Regelungen zur unwirksamen oder fehlenden Patientenverfügung

„Auch der Fall, dass eine Patientenverfügung unwirksam ist (etwa weil der Verfügende nicht mehr einwilligungsfähig war, sie nicht schriftlich erstellt oder der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eingehalten ist) oder dass die Bestimmungen der Patientenverfügung auf die aktuelle Situation nicht zutreffen, ist jetzt im Gesetz geregelt. Eine nach §1901a I BGB unwirksame oder für die eingetretene Situation unzutreffende Patientenverfügung ist nicht etwa unbeachtlich! Sie hat nur nicht die Bindungskraft der wirksamen und zutreffenden Patientenverfügung“ (Seichter, 2010, S.161).

Laut § 1901a Abs. 2 BGB hat der Betreuer oder der Bevollmächtigte (§ 1901a Abs. 5 BGB) die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (vgl. Stascheit, 2010, S.1044).

Sofern eine unwirksame oder unzutreffende Patientenverfügung vorliegt, kann der Betreuer bzw. Bevollmächtigte zunächst auf diese zurückgreifen. Gemäß § 1901b Abs. 1, Satz 2 BGB muss er die Frage nach dem mutmaßlichen Willen mit dem behandelnden Arzt erörtern. Außerdem soll, nach § 1901b Abs. 2 BGB, nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Patienten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist. Zudem hat der Betreuer bzw. Bevollmächtigte gemäß § 1901a Abs. 2 Satz 3 BGB, frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen des Patienten, sowie dessen ethischen und religiösen Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Patienten, zu berücksichtigen (vgl. ebd.). „Hauptregel ist, dass der mutmaßliche Willen des Patienten aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln ist § 1901a II 2 BGB. Dadurch soll vermieden werden, dass anstelle nach dem wirklichen mutmaßlichen Willen aufgrund bloßer Mutmaßungen über den Willen entschieden wird“ (Seichter, 2010, S.162).

Was passiert nun, wenn der Patient nicht in der Lage ist, eine wirksame Einwilligung abzugeben?

Dann „bedarf es einer Fremdentscheidung, durch einen ausreichend ermächtigten Vertreter oder das Betreuungsgericht, aber nicht durch Angehörige als solche erklärt werden kann“ (Pardey, 2009, S.122). Nach Pardey ist es so, dass ein Betreuer/in im Gesundheitsbereich nur dann entscheiden kann, wenn die betreute Person einwilligungsunfähig ist und der Betreuer diesem Aufgabenkreis zugewiesen ist. Dabei ist zu beachten, dass die alleinige Zuweisung des Aufgabenkreises nicht genügt. Denn es können in diesem Bereich nur Entscheidungen getroffen werden, wenn die betreute Person auch wirklich einwilligungsunfähig ist. Zudem benötigt der Betreuer in diesem Bereich ggf. eine Genehmigung[2] des Betreuungsgerichts nach § 1904 BGB. Folglich sind zusammenfassend drei wichtige Aspekte zu erfüllen, bevor eine wirksame Einwilligung des Betreuers vorliegt: Einwilligungsunfähigkeit der betreuten Person, Übertragung des Aufgabenkreises und ggf. die Genehmigung des Gerichts nach § 1904 BGB (vgl. ebd.). „Anders als bei der wirksamen Patientenverfügung liegt in all diesen Fällen keine zureichende eigene Entscheidung des Patienten über Weiterführung oder Unterlassung ärztlicher Maßnahmen vor. Damit beschränkt sich hier die Aufgabe des Betreuers […] nicht darauf, die bereits getroffene Entscheidung des Betroffenen umzusetzen, er muss selbst entscheiden, § 1901a II 1 BGB“ (Seichter, 2010, S.162).

Genehmigung des Betreuungsgerichts

In bestimmten Fällen benötigt der Betreuer für die Einwilligung die Genehmigung des Betreuungsgerichts. Als neutrale Instanz entscheidet dann das Betreuungsgericht, wenn Zweifel am Patientenwillen bestehen, […] bei Missbrauchsgefahr (vgl. Sander, 2010, S.141) oder „wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet (§ 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB)“ (BMJ, 2009, S.15). Missbrauchsgefahr liegt vor, wenn der Verdacht besteht, dass der Betreuer bzw. Bevollmächtigte nicht im Sinne des Patienten entscheiden will. In diesem Fall besteht für jeden die Möglichkeit eine Überprüfung beim Betreuungsgericht zu erwirken (vgl. Spickhoff, 2009, S.1952). Ein Genehmigungsverfahren hat auch den Zweck, dass der Betreuer in schwerwiegenden Fällen mit seiner Verantwortung für den Patienten nicht alleine gelassen wird. Eine begründete Todesgefahr im Sinne von §1904 Abs. 1 BGB besteht z.B. wenn bei einer Operation, die damit verbundenen Risiken den allgemeinen – wie etwa bei jeder Narkose – übersteigen würden. Ein schwerer und lang andauernder Schaden (nach § 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB) wäre z.B. der Verlust der Sehkraft, eine drohende Amputation oder nachhaltige Persönlichkeitsveränderungen, die durch die ärztliche Maßnahme riskiert werden würde. Die Gefahr für derartige Beeinträchtigungen muss konkret und naheliegend sein. Hypothetische oder unwahrscheinliche Risiken lösen keine Genehmigungspflicht aus. Sofern Zweifel bestehen, sollte sich der Betreuer über das Betreuungsgericht absichern. Falls mit dem Aufschub der ärztlichen Maßnahme Gefahr für das Leben des Patienten verbunden wäre, besteht nach § 1904 Abs. 1 Satz 2 BGB keine Genehmigungspflicht (vgl. BMJ, 2009, S.15).

Welche Gründe haben zur Aufnahme der Regelungen zur Patientenverfügung in das Betreuungsrecht geführt?

Durch das 3. BtÄndG, was am 01.09.2009 in Kraft getreten ist, ist in § 1901a BGB der Begriff der Patientenverfügung erstmals im Gesetz aufgenommen und die Verbindlichkeit dieser Verfügung erstmals gesetzlich geregelt worden (vgl. Seichter, 2010, S.156). „Ausgangspunkt für die Anerkennung der Patientenverfügung ist der seit langem bestehende Rechtssatz, dass keiner, der zu einer freien Willensbildung in der Lage ist gegen seinen Willen ärztlich behandelt werden darf, auch wenn die Behandlungsverweigerung objektiv unvernünftig ist und möglicherweise zum Tode führt. („Freiheit zur Krankheit“)“ (ebd.). Der geäußerte Wille des Patienten/der betreuten Person hat immer oberste Priorität und muss vom ärztlichen Personal und vom Betreuer bzw. Bevollmächtigten respektiert und befolgt werden (vgl. Sander, 2010, S.140).

Da es immer wieder Fragen und Verunsicherungen in Bezug auf die Verbindlichkeit der Patientenverfügung gegeben hat, wurden gesetzliche Regelungen zur Wirksamkeit und Reichweite der Patientenverfügung beschlossen und seit dem 01.09.2009 sind diese auch im Gesetz fest verankert. Betreuer und Bevollmächtigte sind hiernach an die Patientenverfügung gebunden. Zudem besteht für sie die Pflicht zu prüfen, ob die Festlegungen, die in der vorliegenden Patientenverfügung getroffen wurden, der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen. Anschließend sind Betreuer und Bevollmächtigte verpflichtet, den Willen des Betroffenen durchzusetzen und somit Ausdruck und Geltung zu verschaffen (vgl. ebd.).

Das Auseinanderdriften der Entscheidung eines Strafsenates des BGH einerseits und des Familiensenates des BGH andererseits, hatte besonderen Druck auf den Gesetzgeber ausgelöst, tätig zu werden (vgl. Spickhoff, 2009, S.1949). „Während der Strafsenat im Falle des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen ausnahmslos die Genehmigung eines (damals noch: Vormundschafts-)Gerichts für erforderlich gehalten hatte, meinte der Familiensenat des BGH, im Falle der übereinstimmenden Entscheidung des behandelnden Arztes und des Betreuers zugunsten des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen, also zugunsten des Todes, sei eine (vormundschafts-)gerichtliche Genehmigung nicht einzuholen. Die dadurch ausgelöste Rechtsunsicherheit, die eben auch bis ins Strafrecht hineinreichte, schien in der Tat schwer erträglich zu sein. Allerdings half das OLG München insoweit mit der Annahme eines – sonst eher selten attestierten – unvermeidbaren Rechtsirrtums“ (ebd.). Alles in allem hat sich der Gesetzgeber dem Familiensenat angeschlossen. Durch die seit dem 01.09.2009 neue gesetzliche Regelung wird festgelegt, dass der früher geäußerte mutmaßliche Wille des einwilligungsunfähigen Patienten maßgeblich für die Durchführung ärztlicher Maßnahmen ist. Es geht dabei nicht darum, katalogartig bestimmte ärztliche Maßnahmen durchzugehen und über diese Entscheidungen zu treffen, vielmehr soll die Möglichkeit geschaffen werden, sich vom Zwang zur Lebenserhaltung durch diverse ärztliche Maßnahmen zu befreien (vgl. Rieger, 2010, S.1608). Daher hat der Gesetzgeber auch klargestellt, „dass der Patientenwille maßgeblich ist und wie dieser zu ermitteln ist, sodass im Anwendungsbereich des § 1901a Abs. 2 BGB ebenfalls die Bindung an den feststellbaren Patientenwillen besteht und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gewahrt bleibt“ (ebd.).

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die neuen gesetzlichen Regelungen vom 01.09.2009 mehr Rechtssicherheit für alle Betroffenen erreicht wurde. Trotz des Entscheidungsspielraums, den der Gesetzgeber dem Betreuer bzw. dem Bevollmächtigten ausgesprochen hat, hat die Bindung an den Willen des Patienten oberste Priorität und das Selbstbestimmungsrecht bleibt gewahrt.

Damit bietet die Patientenverfügung die Möglichkeit schon frühzeitig Vorkehrungen für den Eintritt in die Einwilligungsunfähigkeit zu treffen, sowie im Fall von Michael K. In dem zu Anfang dargestellten Fallbeispiel musste die Patientenverfügung von den behandelnden Ärzten berücksichtigt werden. Dadurch, dass sie sehr konkret und umfassend formuliert wurde, gab es keinen Grund mehr die lebenserhaltenden Maßnahmen weiter zu führen. Dadurch, dass Michael K. diese Vorkehrung getroffen hat und sich gegen die lebenserhaltenden Maßnahmen ausgesprochen hat, verstarb er etwa ein knappes halbes Jahr nach dem Unfall (vgl. Sander, 2010, 142).