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Unglaubliche Vorgänge im Universum – anschaulich und unterhaltsam erzählt
Harald Lesch, Astrophysiker aus Leidenschaft und über viele Jahre das Gesicht der Fernsehsendung »alpha-Centauri«, und sein Co Autor Jörn Müller laden zu einem weiteren Spaziergang durchs Universum. Diesmal stellen sie wundersame Objekte und Ereignisse vor, die selbst Wissenschaftler immer wieder in Staunen versetzen. Man lernt Sterne kennen, die tausende Male leuchtkräftiger und heißer sind als unsere Sonne, begreift mit leichtem Gruseln, wie winzig die Zufallsspanne zwischen Sein und Nichtsein ist, liest die Wetterkarte anderer Planeten oder lässt sich verführen, den Urknall für einen Augenblick links liegen zu lassen.
Mit diesen ungewöhnlichen »Sternstunden des Universums« beweisen Harald Lesch und Jörn Müller einmal mehr, dass wissenschaftliches Denkabenteuer und Lesevergnügen bestens harmonieren können.
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Seitenzahl: 301
Harald Lesch / Jörn Müller
Sternstunden des Universums
Von tanzenden Planeten und kosmischen Rekorden
C. Bertelsmann
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© 2011 by C. Bertelsmann Verlag, München, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Umschlaggestaltung: R·M·E Roland Eschlbeck und Rosemarie Kreuzer
Bildredaktion: Dietlinde Orendi
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-05686-5V002
www.cbertelsmann.de
Prolog
Haben Sie schon mal die Show eines Magiers besucht? Was dort vorgeführt wird, lässt die Zuschauer an ihrem Verstand zweifeln. Da verschwinden oder erscheinen Dinge wie von Zauberhand, Tauben flattern aus augenscheinlich leeren Kisten, und manchmal wird sogar ein Mensch mit einer Guillotine enthauptet, nur um sich kurz darauf wieder munter vom Schafott zu erheben. Für einen guten Zauberkünstler ist es anscheinend ein Leichtes, unsere Sinne »hinters Licht zu führen«. Unmittelbar vor unseren Augen ereignen sich Dinge, die aller Logik zu widersprechen scheinen. Wie ist das möglich? Unser Verstand fühlt sich schlichtweg betrogen. Meist reagieren wir auf solche Vorführungen mit hilflosem Staunen, so, als wäre ein Wunder geschehen. Im täglichen Leben kommen derartige Seltsamkeiten ja nicht vor. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass jedes Ereignis eine Ursache hat. Die Badewanne läuft über, weil jemand vergessen hat, den Wasserhahn zuzudrehen. Das ist einsichtig und logisch zugleich. Doch welches Geheimnis steckt hinter den Vorführungen des Illusionisten? Wie hat der »Zauberer« das bloß geschafft?
Ja, wie? In den Naturwissenschaften ist dieses unscheinbare Wörtchen »wie« von zentraler Bedeutung. Mit einem »wie« beginnen nahezu alle Verständnisfragen. Wie funktioniert das? Wie läuft dieser Prozess ab? Wie kann man sich das erklären? Am Anfang aller Bemühungen um Erkenntnis steht dieses simple Fragewort. Das gilt auch für die wohl älteste Wissenschaft der Menschheit, die Astronomie. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, grundlegende Fragen zum Universum und unserer Existenz zu klären: Wie konnte aus dem sogenannten Urknall, der »Initialzündung« allen Seins, das Universum entstehen, in dem wir heute leben, und wie laufen die Prozesse ab, die noch immer den Kosmos gestalten?
Antworten liefern im Wesentlichen zwei Verfahren. Zum einen stellt die Astronomie mithilfe geeigneter Experimente Fragen an die Natur. Die andere Methode beruht auf der gezielten Beobachtung der Vorgänge im Kosmos. Hier kommen sowohl auf der Erde als auch im Weltraum stationierte Teleskope zum Einsatz. Beide Methoden sind empirischer Natur, und beide leiden darunter, dass sich uns die Dinge nicht so darstellen, wie sie wirklich sind. Die Wahrnehmung unserer Umwelt ist zwangsweise durch unser Erkenntnisvermögen eingeschränkt. Insbesondere die Experimente laufen unter idealisierten Bedingungen ab und spiegeln die Wirklichkeit nur unzureichend wider. Folglich sind die gewonnenen Erkenntnisse nicht mit der Wahrheit gleichzusetzen. Die Astronomie, aber auch alle anderen unter dem Begriff »Naturwissenschaft« vereinten Disziplinen können prinzipiell nicht herausfinden, ob ihre Theorien und Modelle richtig sind. Sie können bestenfalls feststellen, inwieweit daraus abgeleitete Vorhersagen nicht falsch sind. Was die Naturwissenschaften jedoch so glaubhaft macht, ist die Falsifizierbarkeit ihrer Theorien. Das heißt: Naturwissenschaftliche Theorien müssen sich an Beobachtungsergebnissen und der Erfahrung messen lassen. Ob eine Theorie nicht falsch ist, darüber entscheidet als letzte Instanz das Experiment. Ziel astronomischer Forschung ist es daher nicht, die Wahrheit in Erfahrung zu bringen, sondern die Wirklichkeit mit den Mitteln der empirischen Wissenschaften zu untersuchen und immer neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Trotz ihrer enormen Bandbreite sind die Naturwissenschaften nicht für alle Fragen zuständig. Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Die Frage »Wie kommt es, dass überhaupt etwas ist und nicht nichts?« ist eine der Kernfragen der Astronomie. In einem eigenen Kapitel werden wir dem noch ausführlich nachgehen. Die Situation ändert sich jedoch grundlegend, wenn man die Frage abändert zu: »Warum ist überhaupt etwas und nicht nichts?« Aus der Seinsfrage wird so urplötzlich eine Sinnfrage! Eine Frage nach dem Grund, dem Zweck, ja, nach dem tieferen Sinn dessen, was geschieht. Sinnfragen sind Fragen der Metaphysik. Diese Disziplin der Philosophie versucht Antworten zu geben auf die primären Fragen des Seins: »Gibt es einen letzten Sinn?«, »Warum existiert überhaupt die Welt?« oder »Gibt es einen Gott – und wenn ja, was können wir über ihn wissen?« Darauf vermögen die Naturwissenschaften nicht zu antworten. Fragen dieser Art stehen außerhalb der rationalen Erfahrungswelt, gehen über das Wahrnehmbare hinaus und sind einer empirischen Untersuchung unzugänglich. Der große Philosoph Immanuel Kant hat in seiner Kritik der reinen Vernunft dazu sinngemäß gesagt: Schicksal der menschlichen Vernunft ist es, mit derartigen (also metaphysischen) Fragen belästigt zu werden, mit Fragen, die sie nicht abweisen kann, da sie ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben sind. Aber sie kann sie nicht beantworten, denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft. In diesem Sinne sind die modernen Naturwissenschaften für Fragen, denen ein »Warum« voransteht, der falsche Adressat.
Wie ein Magier uns immer wieder in Erstaunen versetzen kann, so präsentiert uns auch das Universum ungewöhnliche Objekte und verwirrende Vorgänge. Da gibt es Sterne, die sich regelmäßig aufblähen und wieder zusammenziehen und dabei ihre Leuchtkraft periodisch ändern. Oder aus den Tiefen des Alls erreicht uns urplötzlich ein nur Sekunden andauernder Strahlungsblitz, der mehr Energie transportiert, als unsere Sonne während ihres rund zehn Milliarden Jahre langen Sternenlebens erzeugt. Und es gibt Sterne, die einige zehntausend Male leuchtkräftiger und heißer sind als unsere Sonne. Einige sind so groß, dass selbst der Mars darin verschwinden würde, könnte man sie an die Stelle der Sonne setzen. Auch die Tatsache, dass das Element Kohlenstoff, der Grundbaustein allen Lebens, in ausreichender Menge im Universum vorkommt, verdankt sich im Grunde einem glücklichen Zufall.
All das hat nichts mit einem Wunder zu tun. Und dennoch, die Phänomene sind höchst verwunderlich. In den folgenden Kapiteln wollen wir einige merkwürdige Objekte und bizarr erscheinende Vorgänge vorstellen. Meist hat es die Astrophysiker viel Mühe gekostet, zu verstehen, was sich da tut. Nicht immer ist alles klar. Noch immer bedürfen viele Theorien einer Bestätigung durch Experiment oder Beobachtung. Der Faszination tut das jedoch keinen Abbruch (Abb. 1).
Abb. 1: Illusion oder Wirklichkeit? – Nicht immer fällt die Entscheidung leicht. Die Natur konfrontiert uns stets aufs Neue mit irrational erscheinenden Vorgängen. Nicht selten bedarf es jahrelanger Forschung, um die Phänomene zu entzaubern.