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Gibt es lebende Drachen? Ja, im 18. Jahrhundert war das Drachennest im Kloster Fa Men Si in China mit fünf Glücksdrachen besetzt! Der Drachenmeister Shi Yan und sein Freund Hong Li, der Enkel des chinesischen Kaisers Kang Xi, wachten als Novizen über die Drachen. Nach der Inthronisation von Hong Li zum 4. Qing-Kaiser Qian Long verhalfen ihm die Drachen zu großem Reichtum. Nie war das Volk und das Land größer. Mit dem Verlust seiner großen Liebe und seines erklärten Thronfolgers veränderte sich aber das Wesen des Kaisers. Er zerstörte die Drachengemeinschaft und Leid kam über die Menschen. Die Drachen flohen zurück ins Nirwana. Hat eine Neuordnung mit einer neuen Generation von Glücksdrachen eine Chance, die verlorene Harmonie im Reich wieder herzustellen?
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Seitenzahl: 712
Inhalt
Impressum 6
Erklärung 7
Vorwort 8
Gibt es echte Drachen?
Kapitel I 10
Der Drachenkult
1.01 Der Novize Shi Yan Liang 10
Kloster FA MEN SI Xian/China im Frühjahr 1720
1.02 Hong Li, der Neue 19
Kloster FA MEN SI, im Frühjahr 1720
1.03 Der Tod des Kaisers Kang Xi am 20.12.1722 27
Reise nach PEKING im Winter 1722
1.04 Der Umweg über CHANGZHI 45
LINFEN, 23. Dezember 1722
1.05 Der Kampf vor TAIYUAN 47
ZHANGLANZHEN, 26. Dezember 1722
1.06 Die Verbotene Stadt 54
PEKING, Januar 1723
1.07 Inthronisation des 5. Qing-Kaisers Yong Zheng 76
PEKING, 5. Februar 1723
1.08 Rückkehr zum Kloster FA MEN SI 84
TAIYUAN, LINFEN, FA MEN SI, Anfang März 1723
1.09 LONG TAI TOU 89
FA MEN SI, 13. März 1723
1.10 Die Suche nach dem CHI 103
Hong Li bereist ganz China im Frühjahr 1724
1.11 Das Eheversprechen von Hong Li und Xiao Xian 108
PEKING im September 1724
1.12 Hong Lis Heimkehr in das Kloster 115
FA MEN SI, im November 1724
1.13 Die Prüfungen 121
FA MEN SI, im Dezember 1724 und Februar 1725
1.14 LONG TAI TOU 123
FA MEN SI, 12. März 1725
1.15 Die Sanierung der Gewölbe 133
FA MEN SI, April 1724 bis Februar 1725
Kapitel II 136
Die Drachenbrut
2.01 LONG TAI TOU 136
FA MEN SI, 11. März 1725
2.02 Die Dracheneier 143
FA MEN SI, 12. März 1725
2.03 Das Drachennest 147
FA MEN SI, 16. März 1725
2.04 Ein außergewöhnlicher Fund 154
FA MEN SI, 25. Mai 1725
2.05 Das Geheimnis vom Tempel DAWANG 161
FA MEN SI, 6. Juli 1725
2.06 Hoher Besuch von Prinz Bao und Xiao Xian 185
FA MEN SI, 10. September 1725
2.07 Die Nacht auf dem Berg 192
FA MEN SI, 25. September 1725
2.08 Die Drachenverordnung 201
FA MEN SI, Herbst 1725
2.09 Die Abnahme der Sanierungsmaßnahmen durch den Kaiser 209
FA MEN SI, 9. März 1726
2.10 LONG TAI TOU 1726 215
FA MEN SI, 10. März 1726
2.11 Die Drachenbrut 217
FA MEN SI, 10. März 1726
Kapitel III 226
Glück und Unglück
3.01 Die Drachenschule 226
FA MEN SI, 16. März 1726
3.02 Die Fähigkeiten der Drachen 237
FA MEN SI, Juni 1726
3.03 Die fünf Charaktere der Drachen 241
FA MEN SI, August 1726
3.04 LONG-TAI-TOU-Fest 1727 246
FA MEN SI, 6. März 1727
3.05 Die Einladung zur Hochzeit 249
FA MEN SI, 1. August 1727
3.06 Die Freisprechung 264
PEKING, 20. Mai 1727
3.07 Die Hochzeit 271
PEKING, 3. September 1727
3.08 Die Hochzeitsnacht 276
PEKING/FA MEN SI, 03.-04. September 1727
3.09 Die glücklichen Jahre 281
PEKING/FA MEN SI, im Sommer 1727 bis Sommer 1728
3.10 Der frühe Tod von Xiao Xian 288
PEKING/FA MEN SI, im Frühjahr 1748
3.11 Die Fehleinschätzung des Günstlings He Shen 296
PEKING, Sommer 1775
3.12 Der Streit mit Shi Yan 298
PEKING/FA MEN SI, Sommer 1785
3.13 Die Neue Ordnung 304
FA MEN SI, Sommer 1785
3.14 Der Überfall auf FA MEN SI 317
FA MEN SI, Herbst 1787
3.15 Der neue Drachenmeister 319
FA MEN SI, Winter 1787
3.16 LONG-TAI-TOU-Fest 1788 323
FA MEN SI, 26. Februar 1788
3.17 Die Eskalation und Qian Longs Tod 327
PEKING, Sommer 1790–1799
Kapitel IV 333
Der Glücksdrache
4.01 Das Erwachen des Drachen LONG ZHEN 333
Frankfurt, 20. März 2019, 220 Jahre später
4.02 Willy, der FENG-SHUI-Meister 337
Würzburg/Frankfurt, 25. April 2019
4.03 WU GUI, die vermittelnde Schildkröte 341
Würzburg, 5. Mai 2019
4.04 Die Transformation der Drachen – Erklärungen von WU GUI 348
Würzburg, 6. Mai 2019
4.05 Ein Draht zum Geistwesen – Weitere Erklärungen von WU GUI 357
Würzburg, 7. Mai 2019
4.06 Was auch WU GUI noch nicht wusste 360
Würzburg, 7. Mai 2019
4.07 Die Symbionten 368
Würzburg, 12. Mai 2019
4.08 Die Konferenz der Drachen 383
Würzburg, 15. Mai 2019
4.09 Rückblick auf die Odyssee des Drachenmeisters Shi Yan 390
FA MEN SI, 1765 bis 2020
4.10 LONG LI findet ihren reinkarnierten Meister Hong Li 392
Würzburg, 19. Mai 2019
4.11 Die Reise nach FA MEN SI 397
Frankfurt, 20. Juli 2019
4.12 Ein Wiedersehen nach langer Zeit 413
XIAN, China, 22. Juli 2019
4.13 Das neue Drachennest 423
FA MEN SI, 23. Juli 2019
4.14 Der magische Kreis 426
FA MEN SI, 23. Juli 2019
4.15 Das magische Nest 433
FA MEN SI, 23. Juli 2019
4.16 Die Aufklärung der chinesischen Freunde 437
QIAN, 24. Juli 2019
4.17 Die Nacht auf dem Plateau 450
FA MEN SI, 30. Juli 2019
4.17 Aufgaben und Lösungen 464
FA MEN SI, 1. Aug 2019
Protagonisten und Charaktere aus dem 18. Jahrhundert 479
Protagonisten und Charaktere aus dem 21. Jahrhundert 482
Drachen und deren Charaktere 484
Nachwort 486
Dank 487
Vorschau 488
Impressum
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© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe:978-3-99130-013-7
ISBN e-book: 978-3-99130-014-4
Lektorat:Dr. Annette Debold
Umschlagfoto:Wladimir Petrichev; Shao-chun Wang, Hugolacasse | Dreamstime.com
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Innenabbildung:Charles William Widtown
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Erklärung
Tag der Drachen, auch LONG TAI TOU genannt, wird in China, nach dem Mondkalender, jeweils amzweiten Tag des zweiten Mond-Monats eines Jahres gefeiert. Übersetzt heißt LONG TAI TOU „Der Drache zeigt sein Haupt“, damit ist gemeint, dass der grüne Holzdrache, der auch den Frühling verkörpert, die Winterzeit vertreibt und für gutes, feuchtes Wetter und für eine gute Ernte sorgt.
LONG TAI TOU war bis vor 200 Jahren mit das wichtigste Fest im chinesischen Jahr. Der grüne Drache ist der König der Insekten. Das LONG-TAI-TOU-Fest wird deshalb in einer Zeit begangen, in der die nützlichen Insekten aus ihrem Winterschlaf erwachen, um die Pflanzen zu bestäuben.
Dieses Fest ist traditionell sehr wichtig, weil eine gute Ernte davon abhängt. Zusammen mit den Opfergaben im Tempel des Drachenkönigs wurden, in alten Zeiten, die Häuser mit Rauch von schädlichen Insekten befreit, gründlich gereinigt und nützliche Insekten mit Pflanzenschmuck ins Haus gelockt. Ein wichtiges Ritual auch für den amtierenden Kaiser.
Am Tag der Drachen werden noch heute große Papierdrachen durch die Straßen gewunden, begleitet von Bienen- und Ameisenkostümen.
Vorwort
Gibt es echte Drachen?
Nun, es gibt viele Geschichten rund um die Drachen. In der westlichen Hemisphäre ist der Begriff „Drache“ meist negativ besetzt. Oft bewacht er einen großen Schatz. Oft überfällt er menschliche Ansiedlungen und brennt sie nieder. Deshalb wird er bekämpft von speziellen Drachentötern.
In der östlichen Hemisphäre ist der Drache ein Freund des Menschen, ein Helfer und Beschützer. Auch hier beschützt er oft einen Schatz. Es ist aber meistens das Glück des Menschen, das er in einer symbolischen Perle beschützt.
In China spricht man von Glücksdrachen. Man spricht vom Drachensohn, der auf dem Drachenthron sitzt, und meint damit den Kaiser. In der Verbotenen Stadt in Peking steht vor dem Palast der Ruhe und Langlebigkeit (Palast der Drachen) eine Schutzwand mit neun großen Drachendarstellungen, und alleine nur in diesem Palast wurden genau 13842Drachen dargestellt. In vielen buddhistischen Klöstern spricht man von fünf Glücksdrachen, die entsprechend der Fünf-Elemente-Lehre des alten KAN YU (Feng Shui) unterschiedliche Aufgaben haben. So verkörpert z.B. der Holzdrache den Frühlingsanfang, der die Knospen öffnet und das Wachstum einleitet.
Egal welche Hochkulturen man untersucht und egal welche Zeitreisen man dabei bewältigt, der Begriff des Drachen, ob böse oder gut, ist allgegenwärtig.
Dies alles ist Grund genug zu glauben, dass es zumindest früher einmal echte Drachen gab, die über das Glück der Menschen wachten.
Kapitel I
Der Drachenkult
1.01 Der Novize Shi Yan Liang
Kloster FA MEN SI Xian/China im Frühjahr 1720
Es war bitterkalt, als sich Shi Yan aus seiner warmen Koje schälte. Er hasste den Klang des Chau-Gongs, mit dem sein Meister Baihu allmorgendlich die Klostergemeinschaft weckte. Oft war Shi Yan schon mit dem ersten Krähen des Hahnes wach. In diesem Fall wusste er aber, dass ihm noch ein paar Minuten blieben und dass er sich noch einmal in die warme Felldecke einkuscheln konnte. Beim Klang des 3. Chau-Gongs war es dann aber wirklich spät. Da blieb nur noch Zeit für eine Katzenwäsche, den Sprung in die dunkelgraue Wollhose und den hastigen Überwurf des gelborangenen Winterumhangs, der im Laufschritt schnell mit einem Gürtel umgebunden wurde.
Es war nicht weit bis zum Versammlungshof des Klosters FA MEN SI, und doch war Shi Yan einer der letzten Novizen, die sich schnell vor der schon anwesenden Klostergemeinschaft ausrichteten. Der höchste Mönch, Abt Chen Zheng Wei, begann mit den ersten Mantras, die von der Klostergemeinschaft nachgesungen wurden. Die Novizen kannten inzwischen die Texte der Mantras und plapperten den Sprechgesang kleinlaut nach.
Shi Yan war ein fleißiger Klosterschüler und ein guter und auch lauter Sänger, der den dumpfen Klang des Männerchors mit hellen Tönen auffrischte. Wenn Shi Yan einen guten Tag hatte, dann musste ihn Chen Zheng Wei mit einer Handbewegung daran erinnern, dass der Gleichklang der Mantras nicht durch Einzelstimmen gestört werden sollte. Auch der Mönch Baihu hatte die laute Stimme seines Schülers herausgehört. Vor mehr als drei Jahren hatte er den damals 6jährigen Jungen weinend am Klostertor aufgefunden, mit zwei Töpfchen Salz in der Hand. Seine Eltern hatten ihn dort abgesetzt, weil sie ihn nicht ernähren konnten. Das Salz war wohl die Beigabe oder als Mitgift der Familie gemeint. In einem Kloster konnte auch ein 3. oder 4. Sohn einer Familie zu Wissen und zu Ehren kommen, und er konnte dort vor allen Dingen überleben.
Shi Yan Liang, „der mit zwei Töpfchen Salz“, so hatte ihn sein Meister genannt, weil er ihn so fand. Baihu ließ ihn zum Tor herein und übernahm damit die Verpflichtung, Shi Yan als ZEN-buddhistischen Mönch auszubilden. Er hatte dies bisher nicht bereut. Shi Yan war ein arbeits- und lernwilliger Schüler. Neugierig und interessiert für alles, was Baihu ihm erklärte. Er konnte viel von dem Mönch lernen, denn Baihu war auch Meister des KAN YU, und er gehörte, als Mönch in FA MEN SI, auch dem uralten Drachenkult an.
Ja, in den alten Zeiten Chinas gab es noch lebende Drachen, die den Menschen als Glücksboten zwischen Erde und Himmel dienten. Früher wurden etwa alle 180 Jahre ein Drachennest neu besetzt mit fünf verschiedenfarbigen Eiern, aus denen, nach einem Jahr intensiver Nestpflege, die Drachenbrut schlüpfte. Fünf unterschiedliche Drachen mit unterschiedlichen Funktionen und Aufgaben. Leider waren aber lebende Drachen auch in China selten geworden.
Drachennester gab es nur an ganz wenigen, speziellen Orten, an sogenannten Kraftplätzen, die sehr viel Magie ausstrahlten. Auch in der Nähe des Klosters FA MEN SI war so ein Platz, der aber, den Aufzeichnungen nach, schon 514 Jahre nicht mehr mit Eiern gesegnet war. Die Klostergemeinschaft hatte den Glauben an die glücksbringenden Drachen jedoch nie aufgegeben und pflegte deren Nestplatz in der Hoffnung, sie würden irgendwann wiederkehren.
Deshalb hatte sich der Drachenkult in FA MEN SI erhalten und auch noch weiter entwickelt. Der Tag des Drachen, „LONG TAI TOU“, war der höchste Feiertag im Kloster und wurde alljährlich am zweiten Tag des zweiten Monats des chinesischen Kalenderjahres gefeiert. Das war vergangene Woche. Baihu war der Organisator des Festes, und Shi Yan hatte ihm dabei mit großem Einsatz geholfen.
Das Drachenfest war für das ganze Land so bedeutend, dass selbst der Kaiser Kang Xi daran teilgenommen hatte. Der Abt war darüber sehr stolz, denn die Anwesenheit des Kaisers gab nicht nur dem Fest, sondern auch dem Kloster eine hohe Stellung im ganzen Land. Und Chen Zheng Wei erkannte daran auch eine Verbundenheit des Kaisers mit dem alten Drachenkult des Klosters.
Shi Yan schreckte auf. Er war wohl mit dem Gleichklang der Mantras eingenickt. Alle Mönche und Novizen standen still im Hof und erwarteten die Morgengrüße des Abtes, der anschließend auch die Arbeiten im Kloster verkündete und verteilte. Zum Schluss bat er Baihu und Shi Yan nach dem Frühstück in die Schreibstube zu kommen.
Es war noch dunkel. Die drei Talgkerzen auf dem Schreibpult des Abtes reichten gerade aus, um sein Gesicht gespenstisch aufflackern zu lassen. Shi Yan war noch nicht oft im Büro des Abtes gewesen, und obwohl er kein schlechtes Gewissen haben musste, war ihm etwas mulmig. So war ihm auch nicht aufgefallen, dass Baihu schon auf der Bank in der hinteren Ecke Platz genommen hatte.
„Da ist ja unser fleißiger Novize Shi Yan.“ Die Stimme des Abtes klang freundlich. „Ich beobachte dich schon lange, und ich muss sagen, du machst mir große Freude. Auch Meister Baihu ist mit dir und deinen Ergebnissen sehr zufrieden und auch damit, wie du dich im Klosterleben einbringst. Deshalb möchte ich dir eine zusätzliche, wichtige Aufgabe geben. Dein Meister hat dem schon zugestimmt und dich als dafür geeignet eingestuft.“
Der Abt machte eine Pause, wohl um dem Nachfolgendem mehr Bedeutung zu geben. „Es ist eine Aufgabe, über die du mit keinem sprechen darfst. Ein Geheimnis, das keiner erfahren darf. Kannst du das für dich behalten?“ Shi Yan war überrascht. Was sollte das für ein Geheimnis sein? „Gerne will ich ein Geheimnis für mich behalten, ehrwürdiger Abt, aber um was geht es hierbei?“
Obwohl Shi Yan erst 10 Jahre alt war, war er doch sehr selbstbewusst und traute sich zu fragen, wenn er etwas wissen wollte. Seine Augen gewöhnten sich an das diffuse Licht, und erst jetzt konnte er seinen Meister in der Ecke erkennen. „Hast du schon von Hong Li gehört?“, fragte Baihu. Shi Yan kannte ihn nicht. „Wer ist Hong Li?“ Der Abt übernahm das Wort: „Hong Li, lieber Shi Yan, ist ein Enkel des Kaisers Kang Xi. Man sagt, er sei sein Lieblingsenkel und er möchte ihm eine Spezialausbildung zukommen lassen, das KAN YU unseres Klosters FA MEN SI, dem unser Kaiser immer wohlgesonnen war.“
„Niemand darf wissen, dass der Novize Hong Li des Kaisers Enkel ist. Der Kaiser selbst erwartet, dass Hong Li keinerlei Privilegien im Kloster erhält. Er muss sich, wie jeder andere Schüler, in das Klosterleben einfügen und neben KAN YU auch Bescheidenheit, Pflichtbewusstsein und Hilfsbereitschaft erlernen, ebenso wie absolute Zuverlässigkeit.“ Baihu ergänzte: „Wir haben Hong Li auch noch nicht kennengelernt, aber er muss dein Alter haben, also neun oder zehn Jahre.“ „Traust du dir zu, Hong Li als Freund zu gewinnen, ihn zu unterstützen und ihn auf den richtigen Weg eines ZEN-Buddhisten zu führen?“ Egal, was Shi Yan nun sagte, der Abt war sich sicher, dass Shi Yan der einzige Novize war, dem das gelingen konnte. Er hatte ein großes Herz, einen gesunden Menschenverstand und auch das Selbstvertrauen, das man einem Prinzen gegenüber brauchte. Auch Baihu sollte sich Hong Li annehmen, als zweiten Schüler neben Shi Yan.
Baihu nahm seinen besten Schüler in den Arm und versprach dem Abt: „Gemeinsam werden wir das schaffen“, und Shi Yan bestätigte: „Sicher, ehrwürdiger Abt, wir geben unser Bestes.“ Damit war die Sprechstunde beendet, und Schüler, Meister und Abt gingen wieder ihrer Arbeit nach. Baihu und Shi Yan machten sich auf den beschwerlichen Weg hinauf zum Drachennest, während der Abt noch einmal über das Gespräch mit dem Kaiser nachdachte.
Der alte Kaiser Kang Xi hatte zu diesem Zeitpunkt über einhundert Enkelkinder, und die meisten davon kannte er gar nicht. Doch Hong Li erweckte seine Aufmerksamkeit bereits während einer kaiserlichen Hetzjagd, als ein Bär den jungen Prinzen angriff. Statt lauthals zu fliehen, stellte sich Hong Li zwischen den Bären und seinen Großvater, zog einen Pfeil und schoss auf das Tier. Der Pfeil prallte jedoch am dichten Fell des Bären ab. Gerade zur rechten Zeit kamen die Jäger und fingen den Bären kurz vor Hong Li mit ihren Lanzen ab. Stolz erzählte Kaiser Kang Xi dem Abt von diesem Vorfall und erklärte so seine tiefe Zuneigung zu diesem Enkel. Seitdem behielt er ihn bei sich am kaiserlichen Hof. Dort bemerkte er auch die schnelle Auffassungsgabe, den großen Wissensdurst und den sportlichen Ehrgeiz. Der alte Kaiser beschloss, dass der Prinz einer „besonders ausführlichen Ausbildung“ unterworfen werden sollte. FA MEN SI war bekannt für seine Künste und Lehren in der Kalligrafie, der Medizin, den Philosophien und im KAN YU. Der Kaiser wollte seinen Enkel aber auch mit dem Drachenkult bekannt machen und mit dem achtfachen Pfad der Erleuchtung des ZEN-buddhistischen Glaubens. Eine hochdisziplinäre Ausbildung zu Furchtlosigkeit, Ehrlichkeit, Fürsorge, Mitgefühl und zur Lebensfreude, Liebe und Achtung aller Lebewesen auf Erde.
Shi Yan hatte nun schon eine zweite „Spezialaufgabe“. Baihu war im Kloster auch verantwortlich für das Drachennest und für den magischen Platz, auf dem das Drachennest angelegt war. Shi Yan durfte ihm außerhalb seiner Studien- und Arbeitszeit helfen, den Platz von Gestrüpp und Unrat, der nach einem Sturm oder nach dem Schneefall herumlag, zu säubern. Das Drachennest hatte es Shi Yan angetan. Es war eine Aufgabe, die er gerne erledigte, und eine Spezialaufgabe deshalb, weil auch dieser Platz geheim gehalten werden sollte. Nur Baihu und er durften ihn besuchen.
Er lag gut versteckt und gut geschützt in den verzweigten Tälern und gefalteten Hängen der nördlich Berge, oberhalb von FA MEN SI. Das Plateau war von einer steilen Felsenreihe umarmt. Vom Kloster aus waren es ungefähr 500 m auf der Straße nach Norden, dann 1500 m auf einem Weg dem Bachlauf entlang weiter Richtung Norden. Ab da verlief ein kleiner Pfad Richtung Nordwest, annähernd 1500 m durch ein ausgewaschenes Flussbett, dann ging es weiter, 1500 m steil nach oben, über große Felsbrocken hinweg, durch tiefe Wassergumpen und an Wasserfällen vorbei, in ein enges, stark zerklüftetes Tal Richtung Nordost. Nach weiteren 1500 m über bewachsene Felsenklippen hinweg und nach mehr als 500 Höhenmetern, kam man endlich auf das Plateau. Der Aufstieg war für Baihu und Shi Yan jedes Mal eine Herausforderung an die körperliche Fitness. eineinhalb Stunden mussten sie für den Anstieg und eine Stunde für den Abstieg rechnen.
Der Pfad war so verschlungen, dass sie sich in dunklen Nächten oft verliefen und dann noch mehr Zeit brauchten. Aber der Blick vom „Adlerhorst“, wie Baihu das Plateau nannte, hinunter in das weite Tal und auf das Kloster FA MEN SI, das man an der hohen Pagode gut erkennen konnte, war spektakulär. Umgekehrt war das Nest vom Kloster aus nicht zu erkennen. Im Norden waren die Felsen steil aufsteigend. Seitlich, nach Ost und West dagegen, nahmen sie in der Höhe ab. Wie eine Umarmung umfassten die Felsen das Plateau. Nur nach Süden hin war der Blick frei auf die weite Flusslandschaft.
Nach dem Abzug der letzten Drachen hatten Mönche auf der Westseite des Plateaus den kleinen Erinnerungs- und Ehrentempel DAWANG erbaut. Oft setzten sich Baihu und Shi Yan auf die inzwischen abgenutzten Tempelstufen und unterhielten sich über den Sinn des Lebens und über Gott und die Welt. Und oft vergaßen sie dabei Zeit und Raum und blieben bis spät in die Nacht in den Bergen. Beide genossen die besondere Stimmung, die Ruhe, Kraft und Ausstrahlung, die dieser Platz hatte. Der Abt Chen Zheng Wei kannte natürlich den Platz. Oft hatte er dort meditiert, und natürlich wusste er, dass dieser von Baihu und von Shi Yan regelmäßig gepflegt wurde. Er selbst war zu alt und zu gebrechlich, um den mühsamen Aufstieg ohne Hilfsmittel noch einmal zu wagen. Er glaubte fest an die Rückkehr der Drachen. Und er hoffte, dass er diesen Tag noch erleben durfte. Auf den Stufen des Tempels unterhielten sich Meister und Schüler oft darüber, wie die Drachen wohl aussahen. Die Rückwand des Tempels war innenseitig bemalt, und fünf Drachen waren nebeneinander abgebildet. Im Laufe der Jahrhunderte waren die Gemälde verwittert und verblasst, man konnte sie aber noch gut erkennen. Man sah den Drachen des Ostens, der den Menschen Lebenskraft und Zuversicht bringen sollte. Den Drachen des Südens, der den Menschen Freude und Frohsinn bringen sollte. Der Drache des Westens war zuständig für Wohlstand und Erfolg. Der Drache des Nordens sollte den Menschen Wissen und Weisheit bringen, und der Drache der Mitte Fürsorge und Zufriedenheit.
Auf dem Holz war noch deutlich erkennbar, dass jeder Drache eine andere Grundfarbe und auch ein anderes Aussehen hatte. So war der Drache des Südens als einziger mit Flügeln dargestellt, und er konnte Feuer speien, wie man erkennen konnte.
Baihu erklärte seinem Schüler, dass die Drachen die fünf Elemente verkörperten. Diese waren Bestandteil der Lehre KAN YU, und es war, nach Meister Baihu, die wichtigste Lehre, auf der alle anderen Philosophien basierten. Egal, ob es sich um die chinesischen Kampfsportarten handelte oder um die chinesische Medizin, um Astrologie oder Numerologie, um die Lehre des BA ZI, SAN HE, SAN YUAN oder BA ZHAI, immer waren es die fünf Elemente, die in Harmonie zueinander gebracht werden mussten, um gute Ergebnisse zu erwirken, die letztlich zu Erfolg und Anerkennung führten. Und die Harmonie der Drachen übertrug sich, wie ein Spiegel, auf die Menschen, ja auf die ganze Menschheit.
KAN YU war das Lieblingsfach von Shi Yan, und er hatte gelernt, wie die fünf Elemente ins Gleichgewicht gebracht werden konnten. Von Disharmonie zu Harmonie, aber auch wieder zurück zur Disharmonie. Gleichgewicht war ein Prozess, der laufend den Entwicklungen nach angepasst werden musste, und zwar sehr behutsam. Shi Yan wusste auch schon, welcher Drache welches Element verkörperte. Die Richtung war dabei ausschlaggebend. Der Ostdrache verkörperte das Holzelement. Der Süden gehörte zum Feuerelement, der Westen zu Metall, der Norden verkörperte Wasser, und die Mitte war dem ausgleichenden Erddrachen untergeordnet.
Baihu nahm sich vor, seinem fleißigen Schüler demnächst die heiligen Kellergewölbe unter dem Kloster zu zeigen. Dort waren alle alten Aufzeichnungen und Geschichten über die fünf Drachen aufbewahrt. Shi Yan war reif für diese Offenbarung. Es wurde kälter, und nachdem der Mond aufgegangen war, entschied Baihu, den Weg zurück ins Kloster anzutreten. Sie blickten noch einmal über den verschneiten Platz, der von einem silbernen Licht überflutet war. Er strahlte Glück, Frieden und Harmonie aus.
Guten Mutes machten sich Meister und Schüler auf den Heimweg. Spät nach dem Abendgebet kamen die beiden im Kloster an. Im Büro des Abtes brannte noch Licht. Chen Zheng Wei wartete auf sie und bat sie kurz in die Stube. „Ich habe Nachricht vom Kaiser bekommen. In zwei Tagen erreicht uns eine ‚unauffällige‘ Reisegruppe, die Hong Li hierher begleitet. Wir müssen bis dahin noch einiges vorbereiten. Wo schläft Hong Li, welche Aufgaben soll er vorerst verrichten, ja wie begegnen wir ihm überhaupt? Über all das müssen wir reden. Es ist schon spät, und doch bitte ich euch, noch etwas bei mir zu bleiben.“
Baihu und Shi Yan erkannten die Dringlichkeit im Nachdruck des Abtes und blieben gerne auf eine Tasse heißen Tees, den Chen Zheng Wei freundlich anbot. Baihu kam gleich zum Thema, während er sich wieder auf die Bank in der hinteren Ecke setzte und seine Hände an der Tasse wärmte: „Auf der einen Seite dürfen wir die Klostergemeinschaft nicht aufrütteln oder verunsichern, auf der anderen Seite hat der Kaiser eine bestimmte Vorstellung von der Ausbildung, und auch Hong Li wird eine Vorstellung haben, was ihn hier alles erwartet.“ Der Abt nickte und schlug vor Hong Li als einfachen Jungen zu behandeln, der von seiner Familie ins Kloster gebracht wurde, um hier zu lernen. „Nur wie verhält sich Hong Li den Mitbrüdern gegenüber? Er war, nein, er ist immerhin ein kaiserlicher Nachfolger, wahrscheinlich verwöhnt und von seinen Mitmenschen nur mit Ehrfurcht behandelt.“ Das war Shi Yans größte Sorge. Würde der Prinz die klösterliche Hierarchie anerkennen und sich unterordnen? „Am besten schläft Hong Li mit Shi Yan in seiner Klosterzelle. Es ist noch Platz für eine Koje, und ein zweites Studierpult passt auch noch hinein.“ Shi Yan nahm den Vorschlag an. Es war ohnehin ein Privileg, dass er eine eigene Zelle hatte. Das war der Unterschied zwischen einem Schüler, der nach der Schule das Kloster wieder verließ, und einem Novizen des Klosters, wie Shi Yan, der auf Lebzeiten im Kloster bleiben wollte. KAN YU war eine Ausbildung, die nur den Klosterbrüdern zukam. Und auch der Drachenkult war eine Spezialausbildung, die nur die Mönche von FA MEN SI erfahren durften. Der Abt stimmte zu. „So können sich die zwei auch besser von den anderen Schülern absetzen, wenn sie zum Beispiel das Drachennest pflegen müssen.“ Dem Kaiser lag sehr daran, dass sein Enkel bei der Ausbildung im KAN YU den Status eines Großmeisters erreichen würde. Zu den Meistern am kaiserlichen Hof hatte er kein Vertrauen mehr, was er dem Abt im Geheimen mitteilte.
Shi Yan hatte seine Aufgaben für die nächsten Tage schon erhalten, und Hong Li sollte ihn dabei einfach nur unterstützen, damit er sich an die neue Situation gewöhnen konnte, zum Beispiel auch an das frühe Aufstehen, dass auch Shi Yan noch Probleme bereitete.
Deshalb verabschiedete sich Shi Yan vom Abt und von seinem Meister. Es war schon sehr spät. Der Abt wollte Baihu noch ein paar Instruktionen geben, um sich dann selbst zurückzuziehen. Shi Yan ging noch einiges durch den Kopf, aber der anstrengende Marsch zum Drachennest und zurück und die Neuigkeiten beim Abt hatten ihn müde gemacht.
1.02 Hong Li, der Neue
Kloster FA MEN SI, im Frühjahr 1720
Nachdem die Einrichtung der Klosterzelle um eine Koje und ein Studierpult erweitert worden war, warteten alle auf die Ankunft von Hong Li. Das heißt nicht alle, für die Klostergemeinschaft gab es keinen Unterschied zu den anderen Tagen. Sie wussten nichts von der Ankunft eines Mitgliedes des kaiserlichen Hofes. Der Kaiser selbst hatte sich mit Chen Zheng Wei abgesprochen und die Anreise so unauffällig wie möglich gestaltet. Ein paar Elitesoldaten aus der kaiserlichen Garde begleiteten, als Bauern verkleidet, den Zug. Er bestand aus zwei Ochsenfuhrwerken, die mit einfachen, schmutzigen Leinen überspannt waren. Die Soldaten mussten in einiger Entfernung vom Kloster ihre Pferde stehen lassen und zu Fuß die Fuhrwerke begleiten, damit ja kein Verdacht aufkam. Im vorderen Wagen hielten sich Hong Li und seine Mutter auf. Im hinteren Wagen waren zwei Zofen untergebracht, die sie begleiteten. Alles war möglichst einfach und schlicht gehalten, gar nicht kaiserlich.
Als sie am Tor des Klosters FA MEN SI ankamen, wurde der Abt gerufen. Baihu übernahm für ihn die Abendmesse. Es war schon spät, und es war dem Abt ganz recht so. Alle Mönche und Novizen hielten sich im Versammlungshof auf. Keiner nahm Notiz von der Reisegruppe, und es kam öfters vor, dass der Abt das hohe Amt an Baihu weitergab, wenn Wichtigeres für ihn anlag. Chen Zheng Wei ging vor das Tor und begrüßte die Reisegruppe. Er wurde in den vorderen Wagen gebeten, wo ihn die Mutter von Hong Li begrüßte. Xiao Sheng Xian war die kaiserliche Gemahlin des künftigen Kaisers Yong Zheng, dem Vater von Hong Li, der dem alten Kaiser Kang Xi auf den Thron folgen sollte.
Chen Zheng Wei erschrak, denn damit hatte er nicht gerechnet. „Kaiserliche Hoheit, Sie haben den unbequemen und unsicheren Weg auf sich genommen, um uns Ihren Sohn zu übergeben? Das ist eine große Ehre für uns. Und doch hat der Kaiser darum gebeten, Hong Li möglichst unauffällig im Kloster zu integrieren.“ „Ich weiß“, stimmte Xiao Sheng Xian ein, „Sie erkennen an unseren Kostümen, dass wir inkognito reisen. Ich möchte aber wissen, dass mein Sohn gut im Kloster angekommen ist. Hong Li ist mein wertvollster Schatz, und ich möchte die kennenlernen, die für die nächsten Jahre für sein Wohl verantwortlich sind.“ „Die Sorge einer liebenden Mutter. Ich verstehe das, und ich segne Sie hierfür.“ Der Abt wollte der künftigen Kaiserin damit nicht schmeicheln. Ein Mensch der behütet und geliebt seine Kindheit verbrachte, war selbst fähig starke Gefühle auf andere zu übertragen. Leider war in China das finanzielle Kalkül oft vorrangig, wenn es um die Frage ging, wie viele Kinder eine Familie „vertrug“. Die künftige Kaiserin hatte Hong Li als ihren größten Schatz bezeichnet, und sie meinte das von ganzem Herzen. „Ich danke Ihnen, werter Abt, Sie haben mein Vertrauen mit ein paar wenigen Worten gewonnen.“ Sie drehte sich zur Seite und gab den Jungen hinter sich frei. „Das ist Hong Li.“
Fast wie ein scheues Reh ruckte Hong Li der Mutter nach, um hinter ihrem Umhang Schutz zu finden. Als er den alten Abt sah, gewann auch er Vertrauen und rutschte nach vorn. „Hallo Hong Li, ich habe schon viel von dir gehört. Auch dass du schon einen Bären erlegt hast. Dein Großvater hat mir das voller Stolz erzählt.“ Hong Li antwortete erst zögerlich, dann aber mit fester Stimme: „Nein, ich war es nicht. Die Jäger haben den Bären erlegt. Mein Pfeil und mein Bogen waren zu schwach. Hätte ich aber einen echten Bogen und einen richtigen Pfeil gehabt, dann wäre der Bär gelegen. So musste er durch die Lanzen von 6Jägern sterben. Ich hätte den Bären lieber gefangen und dressiert, zur Freude meines Großvaters, des Kaisers Kang Xi.“ „Und wie hättest du das machen wollen?“ Der Abt war gespannt. „Die Jäger hatten Netze dabei. Sie hätten den Bären auch fangen können. Aber sie hatten Angst um mein Leben und wohl auch um ihr eigenes. Sie haben in der Not falsch entschieden.“
Chen Zheng Wei war über diese Antwort sehr überrascht. Der Kaiser hatte recht. Ein Knabe mit einem messerscharfen Verstand, großem Mut und schneller Auffassungsgabe. „Lieber Hong Li, dein Großvater möchte dir etwas wirklich Großes schenken. Es ist ein sehr wertvolles Wissen, dass du bei uns erhältst. Wir können es dir aber nur dann vermitteln, wenn du dich im Kloster wie ein ganz normaler Novize verhältst. Dort darf keiner von deiner Herkunft erfahren. Und alle Mönche und Mitschüler werden dich wie ihresgleichen behandeln. Hat dich deine Mutter darüber aufgeklärt?“ „Ja, wir haben die ganze Reise darüber gesprochen. Ich denke, Hong Li ist gut gewappnet für diese Aufgabe.“ Die Mutter nahm ihren Sohn fest in die Arme und drückte ihn, als wäre es das letzte Mal.
Chen Zheng Wei hatte eine passende Mönchsmontur dabei. Er hatte sich an Shi Yans Größe orientiert. Hong Li musste aus dem Bauernkostüm schlüpfen, das für einen echten Landjungen viel zu sauber war. Die Größe des Beinkleides und der Umhang passten. Die Pelzmütze wurde weit über den Kopf gezogen, sodass keiner erkennen konnte, wer hier den Wagen verließ und hinter den Klostermauern verschwand. Die Reisegruppe wollte bis zum Morgengrauen vor den Toren des Klosters rasten und dann den Heimweg antreten. Mutter und Sohn, zwei Seelen, verbunden durch ein starkes Band, mussten nun Abschied nehmen.
Der Abt brachte Hong Li, ohne auf andere Mönche zu treffen, in die Klosterzelle, wo Shi Yan und Baihu schon warteten. Shi Yan konnte sich noch gut an seine ersten Tage im Kloster erinnern. Auch er hatte Angst, war unsicher und hatte großes Heimweh. Er begrüßte Hong Li deshalb sehr herzlich und freundschaftlich. Auch Baihu erkannte die Tränen in Hong Lis Augen, obwohl er diese mit aller Macht unterdrücken wollte. Es war schon wieder sehr spät, und ohne lange Reden verabschiedeten sich alle und gingen in die Kojen. Shi Yan bemerkte, dass Hong Li noch lange am Fenster stand, und dass er ab und zu die Nase hochzog, zeigte Shi Yan, dass Hong Li noch immer mit den Tränen kämpfte.
Mit dem ersten Krähen des Klosterhahnes war Shi Yan wach. Er stand dieses Mal auch gleich auf und sah, dass Hong Li ruhig in der Koje schlief. Er weckte ihn trotzdem, und nur mürrisch wurde Hong Li wach. „Zieh dich an, ich will dir was zeigen“, flüsterte er. Die beiden schlichen aus der Zelle. In der Nähe des Klostertors stiegen sie auf die Mauer. Gerade rechtzeitig, um die Abreise der Reisegruppe zu sehen. Die Karren hatten schon gewendet und aus der Rückwand schaute Hong Lis Mutter sorgenvoll und traurig in Richtung Kloster. Da erkannte sie Hong Li, der auf der Mauer stand, und neben ihm hielt ein Freund seine Hand, Shi Yan. Sie winkten sich zu, und alle wussten, dass das Band der Liebe alle Entfernungen überbrücken würde und je weiter man fortging, umso stärker wurde das Band. Xiao Sheng Xian war beruhigt. Ihr Sohn Hong Li war nicht alleine. Er hatte einen Freund gefunden.
Shi Yan hatte mit dieser einfachen und kleinen Geste Hong Li als Freund gewonnen. Er konnte seiner Mutter noch einmal zuwinken. Mit sehr viel mehr Zuversicht und guten Mutes kamen sie rechtzeitig zum Morgengebet, dessen Texte Hong Li erst noch lernen musste. Offiziell wurde Hong Li den Novizen und Mönchen als einfacher Bauerssohn vorgestellt, der von einem reichen Onkel die aufwendige Ausbildung zum KAN YU Meister geschenkt bekam. Er war damit zwar ein privilegierter, aber doch ein einfacher Schüler, wie jeder andere auch. Baihu und der Abt waren erstaunt, wie schnell zwei Kinder Freundschaften schließen konnten. Die beiden vertrauten sich und halfen sich bei jeder Gelegenheit.
Hong Li war wissensdurstig und lernte schnell. Mantra-Texte schien er aufzusaugen, und die schulischen Ergebnisse waren bald besser als bei Shi Yan. In den Wettbewerben der Kampfkünste WU SHU schloss Hong Li nicht nur in seiner Altersgruppe als Bester ab, auch mancher ausgewachsene Mönch flog durch Hong Li auf die Matte. Die zwei stachelten sich gegenseitig an. Wenn es auf den Berg ging, so nannte Hong Li das Drachennest, dann konnte Baihu schon lange nicht mehr mithalten und kam keuchend eine halbe Stunde später an.
Im Spätsommer erfüllte Baihu sein Versprechen und führte Hong Li und Shi Yan in die heiligen Gewölbe des Klosters. Nur ganz wenige Mönche hatten Zutrittserlaubnis. Chen Zheng Wei war der oberste Wächter dieses Heiligtums, und er ließ es sich nicht nehmen, die drei zu begleiten. Es war kein Misstrauen gegenüber Baihu. Nein, er war selbst schon lange nicht mehr in den Gewölben und wollte dies nun nachholen. Das Erdgeschoss des Klosters war, wie auch die komplette Ummauerung des Klosters, mit Stein und Lehm verbaut. Die Obergeschosse wurden mit Fachwerken auf die schweren Balkendecken aufgesetzt. Die Ausfachungen wurden mit senkrechten, eingeschobenen Stakhölzern gehalten, mit Weidenruten umflochten und dann mit Lehm beworfen. Das Wahrzeichen des Klosters war aber die achteckige, 12stufige Pagode, die mit geschlagenen Bruchsteinen bis unter das Dach gemauert war. Alle Kellerräume des Klosters waren aus dem Fels gehöhlt. Der Zugang erfolgte über die Pagode und war achteckig aus dem Felsen geschlagen. In sieben Meter Tiefe waren nach allen vier Himmelsrichtungen Gewölbebögen ausgeschlagen, die mit schweren Holztoren gesichert waren. Hinter den Toren folgten tiefe Gewölbeaushöhlungen, die in Breite, Länge und Höhe beeindruckend waren. Die Böden der Gewölbe waren noch einmal ein bis zwei Meter tiefer ausgeschlagen und über Treppenstufen zu erreichen. Der Hauptraum war nach Norden orientiert.
Dieser Hauptraum war mindestens dreimal so lange wie die drei übrigen Seitengewölbe. Diese waren zwar auch beeindruckend, aber sie waren mit Holzlattenwänden unterteilt, sodass man nicht sehen konnte, was sich dahinter verbirgt. Jedes Gewölbe hatte einen Mittelgang und auf jeder Seite vier nebeneinander angereihte Archivräume mit Regalen und Tischen. Nur der große Hauptraum war leer und diente wohl für Versammlungen oder Studien. Alle Räume konnten mit Fackeln beleuchtet werden. Entlüftungsschächte sorgten für den Abzug des Rauches.
Chen Zheng Wei war immer wieder beeindruckt, wenn er in die Gruft hinunterging. Es sollte das größte Gewölbe des chinesischen Reiches sein. Am Anfang seiner Amtszeit wollte er diese Räume als Ausstellung nutzen und sie für Pilger aus dem ganzen Reich öffnen. Er bemerkte aber, dass der Fels große Risse aufwies, und er traute der Statik nicht. Die aufsitzende Pagode musste einen großen Druck auf den Fels ausüben, und ab und zu erschütterten kleine Erdbeben die Region. Die Gefahr eines Einsturzes war dem Abt zu groß. Irgendwann würde ein Kaiser die Mittel freigeben und den Fels auf seine Tragkraft hin prüfen. Chen Zheng Wei würde das in seiner verbleibenden Amtszeit wohl nicht mehr schaffen.
Das Kloster FA MEN SI hatte einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. Es war das bedeutendste Kloster des ZEN-Buddhismus in China wegen der im südlichen Gewölbe aufbewahrten Reliquien von Buddha. Ein Fingerknochen. Die einzige Reliquie Buddhas in ganz China. Was aber die wenigsten wussten, war die Tatsache, dass in keinem anderen Kloster so umfangreiche Aufzeichnungen über den Drachenkult und über die Drachen selbst gesammelt wurden. Im Ostgewölbe waren Schalenreste von Dracheneiern gelagert, die Ältesten waren mehr als 2320 Jahre alt. Die Jüngsten sollten von den letzten Drachen sein, die FA MEN SI besucht hatten, also 514 Jahre alt, aus dem Jahr 1206. Auch Drachenzähne und Drachenschuppen wurden dort aufbewahrt.
Im Westgewölbe lagerten wertvolle Pilgergeschenke von Kaiser und Königen, aus anderen Klöstern und aus fernen Ländern. Was unter der Pagode ruhte, war ein unbezahlbarer Schatz, und es war der letzte Beweis für lebende Drachen auf Erden und viele Anleitungen, wie diese im Kloster FA MEN SI gezähmt wurden.
Mit jeder Fackel, die Baihu anzündete, leuchteten die Augen der beiden Novizen intensiver. Chen Zheng Wei erklärte alles, was er über den Drachenkult wusste, und er bestätigte das Gesagte, indem er die entsprechenden Aufzeichnungen herausholte und aufrollte. Leider hatten er und viele seiner Vorgänger keine lebenden Drachen mehr gesehen, und seine Chancen schwanden mit jedem Jahr seines Alters.
Die „Regeln des Drachenmeisters“, eine ganze Sammlung von Schriftrollen, erklärten, wie die Drachen zu bändigen waren. Der wichtigste Augenblick war der Zeitpunkt der Prägung. Der Mensch, der dem Drachen aus dem Nest half, den der Drache zuerst erblickte, der wurde von ihm als sein Meister anerkannt. Dem diente er sein Leben lang. Es wurde auch beschrieben, wie sich die Drachen untereinander verhielten und wie man Streitigkeiten unter den Drachen schlichten konnte. Die charakterlichen Eigenschaften, die Stärkeverhältnisse, die Zuordnungen, die Zuständigkeiten und die Abhängigkeiten, all das kam Shi Yan bekannt vor und klang nach der Lehre der fünf Elemente. Eine Lehre, die Hong Li noch nicht kannte.
Der Abt erklärte Baihu, dass er das alles noch ordnen wollte, bevor er sein Amt an seinen Nachfolger übergeben musste. „Baihu, das wäre doch eine interessante Arbeit für unsere Novizen. Zwei Tage in der Woche sind sie auf dem Plateau, zwei Tage im Keller. Da bleiben noch 3Tage für die Schule. Shi Yan, ist das zu schaffen?“ Hong Li meinte: „Ja, selbstverständlich schaffen wir das. Ich habe noch Reserven. Und du?“ Er meinte Shi Yan. Das waren die kleinen Spitzen, die Hong Li gerne einsetzte, um sich von anderen abzuheben. Keiner wusste, wie viel Arbeit in dieser Aufgabe lag, und er wollte diese Aufzeichnungen nicht nur sortieren und ordnen. Shi Yan wollte sie auch verstehen und erlernen.
Vom ersten Tag an, an dem er mit Baihu den Kraftplatz und das Drachennest gesehen hatte, war es sein erklärtes Ziel, Drachenmeister im Kloster FA MEN SI zu werden. Ihm ging es nicht darum, eine Arbeit so schnell wie möglich zu erledigen. Er wollte sie so gut wiemöglich machen und mit dem größten Nutzen für alle, für seine Mitmenschen, für das Kloster, ja, auch für Chen Zheng Wei und letztlich auch für sich selbst. „O. k., wir werden sehen.“ Damit war es beschlossen.
Für die nächsten Tage war aber erst Nestpflege angesagt. Hong Li wollte, wie immer, der Erste auf dem Berg sein. Baihus Kräfte waren schnell am Ende, und er ließ die zwei vorauslaufen.
Auch er hielt den Ehrgeiz von Hong Li für übertrieben, und er wollte den beiden eine Lehrstunde geben. Bisher waren Shi Yan und er immer die gleiche Strecke zum Plateau gegangen, wenn sie sich nicht verlaufen hatten. Baihu kannte aber auch noch andere Wege zum Plateau. Und als die beiden außer Sichtweite waren, bog er nach rechts ab, um die Strecke abzukürzen. Die Strecke war zwar kürzer, jedoch nicht befestigt, quer durch die Wildnis. Hier musste man sich auskennen. Baihu kannte aber jeden Felsen, jeden Baum, jedes Rinnsal. Oben angekommen, legte er sich auf die Stufe vor den Tempel und stellte sich schlafend. Er hörte die Jungen schon von Weitem.
„Ich bin der Erste“, rief Hong Li. „Stimmt nicht, du hast mir ein Bein gestellt, das ist unfair“, erwiderte Shi Yan. Da erschraken sie. Baihu lag schlafend auf den Tempelstufen. „Baihu, wie hast du das gemacht?“ Baihu dehnte sich und fragte: „Was meint ihr denn?“ „Du warst hinter uns“. „Ja und?“, meinte Baihu gelassen. „Während ihr eure Füße eingesetzt habt, habe ich meinen Kopf eingesetzt und… wer war schneller?“ Hong Li ärgerte sich, weil er verloren hatte. Shi Yan ärgerte sich, weil er Baihus Geheimnis noch nicht kannte.
1.03 Der Tod des Kaisers Kang Xi am 20.12.1722
Reise nach PEKING im Winter 1722
Fast drei Jahre war Hong Li nun schon im Kloster. Es war Winter, in dem sie nur einmal pro Woche nach dem Nest schauten und dafür einen Tag mehr die Drachenaufzeichnungen studierten konnten. Wie Shi Yan vermutete, war diese Aufgabe so komplex, dass es noch Jahre dauern würde, bis sie damit fertig waren.
Der Platz mit dem Drachennest war vom Schnee bedeckt, wie mit einem weißen Tuch. Sie hielten sich heute nicht so lange auf. Nur der Tempel war von einer Schneewehe zu befreien. Der Abstieg vom Berg war wie eine lustige Rutschpartie. Deshalb kamen sie heute rechtzeitig zum Abendgebet ins Kloster. Nach dem Abendessen hatte der Abt Baihu und seine Novizen in die Schreibstube gebeten. Die Knaben brachten dies mit einem Wettstreit im Hof des Klosters in Verbindung, wo sie auf meditierende Mönche Schneebälle warfen und oft auch trafen. Sie erwarteten nun eine Belehrung durch den Abt. Leider war es aber ein anderer Grund.
„Hong Li, ich muss dir eine traurige Nachricht übermitteln. Unser geliebter Kaiser Kang Xi ist vor zwei Tagen verstorben. Er ist sanft eingeschlafen, nachdem er deinen Vater Yong Zheng noch als Nachfolger bestimmen konnte. Es tut mir sehr leid, und wir alle teilen deine Trauer um den Großvater.“ Es wurde drückend still im Raum, bis der Abt mit seiner Nachricht weiterfuhr: „Hong Li, du musst zurück zum kaiserlichen Hof. Dein Vater erwartet, dass du der Trauerfeier beiwohnst sowie der darauffolgenden Inthronisierung des Kaisers.“ Der Abt erklärte weiter: „Baihu und Shi Yan, ihr begleitet Hong Li. Verhaltet euch unauffällig, und beeilt euch. Der Depesche nach, kommt euch eine Truppe Soldaten entgegen.“ Der Abt wirkte sehr aufgeregt. „Bis LINFEN sind es ca.500km, diese Strecke müsst ihr zu Fuß schaffen. In 8–10 Tagen trefft ihr dort auf die berittenen Soldaten, die euch die restlichen 750km nach PEKING bringen.“ Baihu verstand als Erster. „Also, dann auf, wir müssen uns vorbereiten, damit wir morgen mit den ersten Sonnenstrahlen die Reise antreten können.“
Das war ein großes Abenteuer für Shi Yan. Er durfte in die Verbotene Stadt, zu Kaiser Yong Zheng und zu Xiao Sheng Xian, der Mutter von Hong Li. Außer auf dem Berg hatte er die Mauern des Klosters noch nie verlassen, und nun durfte er in die Großstadt PEKING. Er war sehr aufgeregt, aber Baihu, sein Meister, und Hong Li waren dabei. Auch er hatte nicht damit gerechnet, so schnell wieder in die Heimat zu kommen. Natürlich wog die Trauer um seinen geliebten Großvater schwer, aber auch die Freude auf ein Wiedersehen mit seiner Mutter. Hong Li war hin- und hergerissen. Und konnte diese Nacht nur schlecht einschlafen.
Auch für Baihu war das eine großer Herausforderungen. Auch er hatte nur selten die Klostermauern verlassen, und wenn, dann nicht weiter, als bis nach QIAN oder nach XIAN. Das waren 50 oder 100 km. Nun stand eine Reise an, die über 1250 km ging. Im Archiv des Klosters hatte er sich noch über eine Stunde Kartenmaterial angeschaut und sich stichpunktartig die Route nach Peking aufgeschrieben. Bis XIAN kannte er den Weg.
Von da an ging es weiter über WEINAN nach HUAYIN, bis an die Ufer des Gelben Flusses. Den Fluss nach Norden folgen, bis HEJIN. Dort lässt sich der mächtige Fluss gut überqueren. Bis XINJIANG nach Osten, um von dort nach Norden abzubiegen, bis LINFEN, das man früher PINGYANG nannte. Von da an vertraute Baihu auf die berittene Begleitung, die die Strecke ja schon kennen mussten. Nur die groben Richtungen wollte er sich merken. Und … es war ja Winter, und alles war verschneit. So notierte er auch die Erhebung und Landmarken, an denen er sich orientieren konnte.
Von LINFEN aus ging es weiter nach Norden über LINGSHI nach BAYOU, PINGYAO, HEBEI und BAODING und dann nach PEKING. Immer Richtung Nord und Nordost. Hinauf in die klirrende Kälte. Sie mussten sich was Warmes mitnehmen. Endlich legte auch er sich zur Ruhe, und der Hahn ließ ihm nicht viel Zeit zur Erholung.
Der Abt stand schon am Tor, um die drei Reisenden rechtzeitig zum ersten Sonnenstrahl zu verabschieden und ihnen den Segen mit auf die Reise zu geben. „Gebt auf euch acht. Meidet Menschen. In der Nacht löst ihr euch zur Wache ab. In der Provinz SHANXI, um LINFEN herum, soll es aufständische Gruppen geben, die mit der Thronfolge nicht einverstanden sind. Gebt euch also unter keinen Umständen zu erkennen. Hong Li würde sein Leben verlieren. Überlegt euch einen anderen Namen für Hong Li. Je weiter ihr nach Norden kommt, umso bekannter ist dieser Name.“
Baihu verstand die Warnung seines Abtes. Er hörte schon von den Machtkämpfen innerhalb der kaiserlichen Familie. „Hong Li, ab jetzt heißt du „Xiaochanchu“, das bedeutet kleine Kröte …und keine Diskussion darüber.“ Shi Yan grinste über beide Backen, vermied es aber zu lachen. Hong Li kochte innerlich, erkannte aber den Ernst der Lage und schluckte diese „Kröte“.
Sie kamen gut voran. Es hatte schon lange nicht mehr geschneit, und die Wege waren ausgetreten. Im Laufschritt folgten Hong Li und Shi Yan dem Mönch und Meister. Schon vor Mittag kamen sie in QIAN an, wo Baihu seinen alten Meister Shi Yong besuchen wollte. Sie hatten sich schon lange nicht mehr gesehen. Nach der Ausbildung von Baihu hatte sich der Meister aus dem Shaolin-Kloster in DENGFENG zu seiner Familie nach Qian zurückgezogen und sich zur Ruhe gesetzt. Als sie am Haus ankamen, dampfte die Luft über ihren Körpern. Eine alte Frau mit langem Haarzopf öffnete die Tür. „Baihu, welche Ehre, welche Freude, dass du uns wieder einmal besuchst. Ich hoffe, es geht dir gut.“ Baihu bedankte sich und fragte nach seinem SHAOLIN-Meister. Shi Yan und Hong Li waren überrascht. Sie hatten Baihu nie bei Bewegungsübungen für KUNG FU beobachtet. Und selbst bei den Übungen des WU SHU, das in FA MEN SI gelehrt wurde, haben sie Baihu nur selten gesehen. „Er ist in seinem Ahnenraum. Wo sonst könntest du ihn finden.“ Nachdem Baihu seine Begleitung vorgestellt hatte, gingen sie durch die Hütte in einen kleinen, tempelartigen Raum. In der Mitte stand ein alter Mann, der gerade mit einem großen Pinsel Blumen auf ein ebenso großes Seidenpapier zeichnete.
Der Mann war zwar abgemagert, aber doch noch sehnig. Die Haare waren grauweiß und hingen lang und kranzförmig um eine Glatze herum. Ein Bart folgte in der gleichen Länge und rahmte das Gesicht ein. Die Augenbrauen hingen fast ebenso lang nach unten und schienen eins zu werden mit dem Oberlippenbart. Mit fester Stimme grüßte er: „Ich habe dich schon gehört, Baihu, mein liebster Schüler, und ich freue mich über deinen Besuch. Was führt dich zu dieser Jahreszeit nach QIAN? Und wen hast du bei dir?“ Die Bewegungen des alten KUNG-FU-Meisters waren trotz seines Alters von über 85 Jahren noch sehr geschmeidig. „Das ist Shi Yan und das Hong Li, die ich auf einer Reise nach LINFEN begleite. Unser Abt sendet sie zu einer KAN-YU-Prüfung, die zum Jahreswechsel dort stattfindet.“ Mit dieser Notlüge konnte er die Neugier seines früheren Meisters befriedigen.
„Das sind unsere besten Novizen im Kloster, und Chen Zheng Wei, den du ja kennst, möchte auch in diesem Jahr den Sieg nach FA MEN SI einholen.“ „Ach ja, Chen Zheng Wei, der Drachenmeister. Er müsste so alt sein wie ich. Geht es ihm gut?“ Baihu konnte diese Frage bejahen.
Die Frau von Meister Shi Yong lud zu einer wärmenden Tasse Tee ein und anschließend zu einer stärkenden Hühnersuppe. Dabei unterhielten sich Baihu und Shi Yong über die alten Zeiten. Die Novizen erfuhren so, dass Baihu die schwarze Schärpe im höchsten Grad des KUNG FU erworben hatte, im 12. Grad. Aus einem Grund, den keiner wusste, hatte er sich aber dem Drachenkult angeschlossen, um in FA MEN SI das KAN YU zu erlernen. „Ja, so hat Baihu den einen und anderen Muskel verloren und dafür ein Bäuchlein gewonnen, so, als ob man Wissen im Bauch einlagern würde.“ Shi Yong klopfte dabei Baihu auf den wohlgenährten Bauch. Alle lachten über diesen Witz, nur Baihu nicht. Er drängte zum Aufbruch. Nicht weil die Gruppe weitermusste, nein, er wusste, dass sein alter Meister, schon damals bei seiner Ausbildung, nach dem Essen einen Mittagsschlaf pflegte, und diese Tradition wollte er nicht unterbrechen.
„Das war eine schöne Stunde, in der wir uns aufwärmen, stärken und Geschichten hören konnten. Wie geht es euch nun?“ Hong Li wusste, worauf Baihu abzielte. „Uns geht es hervorragend. Wir können gerne im Laufschritt weiter, oder macht Shi Yan schlapp?“ „Von wegen. Ich möchte nur auf Baihu Rücksicht nehmen.“ „Nun, ihr werdet ohne mich nicht weit kommen, oder kennt einer von euch den Weg? Deshalb darf ich den Takt vorgeben. Also marsch!“
Baihu wollte im Norden um die große Stadt XIAN herumgehen. Die Strecke war zwar etwas weiter, aber er wollte nicht durch das Menschengewühl in XIAN, und die Torwächter hätten sie sicher ausgefragt. Es wurde zwar schon Dunkel, aber der Schnee reflektierte das Mondlicht und die Sterne. Baihu war froh, dass bisher kein Schneesturm aufgekommen war. So konnte er sich am Stand der Sterne orientieren. Nachdem sie nun wohl eine Strecke doppelt so weit wie nach Qian hinter sich gebracht hatten, sahen sie die Fackellichter eines Dorfes. „Der Größe nach müsste das JINGYANG sein. Wir werden vorher etwas abseits des Weges im Freien übernachten und bei Morgenanbruch den Ort durchqueren. Wir wollen kein Risiko eingehen.“ Die Nacht war kalt. Eine Feldmauer bot etwas Schutz. Die durchschwitzte Kleidung konnte am Lagerfeuer getrocknet werden. Für das Bettlager sammelten sie Reisig. Die Felldecken schützten vor Bodenkälte, und in die Wolldecken konnten sie sich einwickeln. Die erste Wache übernahm Baihu, dann sollte Shi Yan auf das Feuer achten und dann Hong Li. Wegen der Wildtiere und der Wärme durfte das Feuer nicht ausgehen. Sehr früh wachten sie auf. Die inzwischen trockenen Kleidungsstücke waren schnell übergezogen. Selbst auf eine Katzenwäsche wurde verzichtet. Die Felle und Decken, etwas Werkzeug und ein kleiner Kessel, in dem die spärliche Verpflegung eingelegt wurde, all das musste in den drei Steigen verstaut werden. Wasser wurde aus dem Schnee oder Eis im Kessel über dem Feuer geschmolzen. Sie waren froh, dass sie nun wieder in Bewegung kamen. Schnell war die Kälte aus dem Körper gearbeitet. Baihu überlegte, ob er für die nächste Nacht nicht eine Scheune aufsuchen sollte. Die zwei Novizen waren sehr tapfer, aber die Kälte in der Nacht machte ihnen zu schaffen, auch wenn es keiner zugeben wollte.
Der Ort JINGYANG war noch nicht aufgewacht, so kamen sie unbemerkt auf die andere Seite, in Richtung WEINAN. Sie begegneten nur wenig Leuten, meist Bauern, die nach ihren Feldern oder Tieren schauten. Reisende waren keine unterwegs. Die Strecke, die Baihu ausgesucht hatte, zog sich durch ein weites Tal in Richtung Nordosten. Mehrere kleine Flüsse zwischen den nördlichen und südlichen Bergen haben diese Landschaft geformt. Die Flüsse waren dick zugefroren, sodass die Knaben schlittern konnten. Baihu hat dies auch versucht, war aber wegen des Übergewichtes seiner Steige, zur Belustigung der Buben, hingefallen. Am Ende des weiten Tales mündete alles Wasser im Gelben Fluss HUANG HE, der an diesem Punkt nach Osten abbog. Und genau an dieser weiten Biegung bei HUAYIN mussten sie dem großen Fluss Chinas, gegen seine Fließrichtung, etwas mehr als zwei Tagesstrecken nach Norden folgen. Der HUANG HE war sehr mächtig und mehrere Kilometer breit.
Nur am Rande war er dick genug gefroren, sodass man hier gut vorankommen konnte. Baihu war bisher mit den Tagesstrecken und mit dem Verlauf der Reise sehr zufrieden. Sie hatten kaum Menschenkontakt. Das Wetter hielt bisher. Ein paar Bauern, die sie als wandernde Mönche erkannten, spendeten ihnen Wasser und Reis, der am Abend aufgekocht wurde. Für die Nachtlager haben sie verlassene, halbverfallene Scheunen gefunden, die mehr Wärme boten als der freie Himmel. Rechtzeitig vor dem fünften Sonnenuntergang erreichten sie HANCHENG. Eine bedeutende Grenzstadt mit einer Brücke über den Gelben Fluss. Die westliche Seite gehört zur Provinz SHAANXI, die östliche Seite zur Provinz SHANXI. Hong Lis Großvater, der 4. Qing-Kaiser KANG XI, hatte diese Gebiete reorganisiert und die Grenzen dabei etwas verschoben. Oft geschah das mit dem Einverständnis der verwaltenden Feudalherrschaft, manchmal aber auch gegen deren Willen. Während die Behörden der Provinz SHAANXI dem Kaiserhaus der QING-Dynastie treu ergeben waren, lehnten sich die Behörden der Provinz SHANXI gegen diese Willkür und gegen die dabei entstandene Machteinschränkung auf.
Als Kaiser Kang Xi dann auch noch das alte Machtzentrum PINGYANG in eine bezirksfreie Stadt umwandelte und mit einem neuen Namen LINFEN versehen hatte, war der Protest laut und der Streit bis heute nicht beigelegt. Dieses Gebiet ist ein wahres Pulverfass. Und nun, gerade nach dem Tod des Kaisers Kang Xi, wollten die Feudalherren die Machtverhältnisse neu ordnen.
Baihu war sich im Klaren. Jeder, der über die Brücke, also über die Grenze ging, wurde genauestens untersucht. Er entschloss sich deshalb die Nacht noch in der Provinz SHAANXI zu verbringen. Sie hatten nur noch zwei Tagesstrecken, bis sie die berittene Truppe treffen sollten. Nur noch über XINJIANG und XIANFENG bis nach LINFEN, aber diese Strecke war die gefährlichste. Erschwerend kam hinzu, dass der rebellierende Prinz in SHANXI ein Onkel von Hong Li war. Der ältere Bruder des neuen Kaisers. Hong Li kannte seinen Onkel Yun Reng. Er war der zweite Sohn von Kaiser Kang Xi. Er war aber vor seinem Vater in Ungnade gefallen, weil er einen entscheidenden Befehl nicht befolgt hatte. So wurde ihm der Titel Prinz LI aberkannt. Mit der Reform der Provinzen wurde ihm die nun kleinere Provinz Shanxi zugesprochen.
Vordem war Misihan Fuca der Verwalter von SHANXI. Er war dem Kaiser immer wohlgesonnen und diente ihm lange Zeit als Finanzminister. Er entstammte dem alten und mächtigen Landadel der FUCA. Nachdem nun die Familie Fuca die Verwaltung SHANXIs an den Bruder des Kaisers abgeben musste, diente der Sohn Lirong Bao Fuca als Präfekt der Stadt LINFEN. Er war damit direkt Yun Reng unterstellt und nicht mehr dem Kaiser. Hong Li kannte den Präfekten noch aus Zeiten, wo die Fuca den Kaiser Kang Xi im Palast in TAIYUAN, der Hauptstadt von SHANXI trafen.
Damals war sein Vater noch Prinz Yinzhen, und er mochte den Sohn des Finanzministers Lirong überhaupt nicht. Aber Hong Li mochte seine Tochter, mit der er immer spielen konnte, während die Väter alle vor dem Kaiser saßen, und obwohl er damals erst acht Jahre alt war, hatte er sich in sie verliebt. Sie verstanden sich so gut, und XIAO CHUN, die kleine Reine, wie sie hieß, roch immer so gut nach Blumen, nach Frische. Hong Li wusste, dass die Familie Fuca seit dem Machtwechsel nun in LINFEN wohnte. Gerne würde er sie besuchen. Aber das ging jetzt wohl nicht.
Auf der Brücke über den breiten Fluss sammelten sich schon mehrere Menschengruppen. Offensichtlich war die Grenze auf der gegenüberliegenden Seite gesperrt. Erst nach dem Aufgang der Sonne kam Bewegung in die Menschenschlange. Baihu überlegte sich noch, ob er sich einer größeren Händlergruppe anschließen sollte, ließ diesen Gedanken aber schnell wieder fallen. Genau in der Mitte der Brücke saßen zwei Beamte hinter einem schweren Tisch, der den Durchgang auf die andere Seite des Flusses einengte. Links und rechts des Tisches waren Soldaten postiert, in voller Montur mit Bogen und Lanze. Der Tisch stand genau auf einer breiten schwarzen Linie, die die Grenze darstellte. „Name, Beruf, Zielort“, bellte der rechte Beamte den Menschen entgegen, während der linke die Angaben aufschrieb. Datum und Zeit fügte er mit an. Mindestens 50 m weit hörte man diesen Schreihals.
Endlich waren sie an der Reihe. „Wir sind Mönche auf der Wanderschaft“, sagte Baihu freundlich. Aber noch lauter als vorher schrie der Beamte: „Ich frage nur noch einmal: Name, Beruf, Zielort?“ Mit fester und ebenso lauter Stimme antwortete Baihu: „Ich heiße Baihu. Ich bin Shaolin-Mönch und auf der Reise nach DENGFENG zu meinem Shaolin-Kloster. Und ich möchte heute Morgen keinen Ärger haben.“ Das wirkte. Der Beamte schrak auf. „Entschuldige, Shaolin, ich habe schlecht geschlafen und muss aber doch meine Arbeit hier machen.“ Baihu zeigte eine wohlwollende Geste und fügte an: „Und dies sind meine Novizen Shi Yan und Xiaochanchu. Diese Nichtsnutze sollen im Kloster DENGFENG Abhärtung und Disziplin erfahren.“ Der Beamte blickte kurz auf und musterte die beiden. „Und Sauberkeit. Auch junge Männer müssen lernen sich zu pflegen. Ihr zwei stinkt wie ein ganzer Schweinestall.“ Der Beamte hielt sich dabei die Nase zu.
„Von wo kommt ihr denn? Und über welche Strecke wollt ihr weiter?“ Baihu erschrak nicht. Er hatte mit dieser Frage gerechnet. „Wir kommen aus HUANGLONG und wollen über YUANQU und LUOYANG nach DENGFENG. Oder kennst du einen besseren Weg?“ „Nein, das ist der schnellste Weg, damit die beiden ein Bad bekommen. Ihr dürft weitergehen, bevor sich meine Nase auflehnt und ich diese ‚Kröte‘ ins Wasser werfe.“ Baihu drückte Shi Yan und Hong Li am Tisch vorbei und schritt mit festen, aber nicht zu schnellen Schritten über die Brücke. Der Beamte fragte seinen Schreiber: „Hast du alles aufgeschrieben?“, und schrie weiter: „Name, Beruf, Zielort?“
Baihu war erleichtert. „Das ging leichter als gedacht.“ Shi Yan fragte Baihu. „Du warst mit Shi Yong in DENGFENG?“ „Ja, ich war Shaolin-Mönch und habe dort 15 Jahre KUNG FU erlernt.“ „Und warum bist du zum Drachenkult gewechselt?“ Baihu blieb diese Antwort schuldig. Shi Yan kannte seinen Meister sehr gut und wollte nicht tiefer in eine offenbar größere Wunde bohren. Wenn er darüber reden wollte, dann hätte er es auch getan. Hong Li wollte wissen, wie Baihu auf HUANGLONG kam. „Nun, kleine Kröte, DENGFENG liegt im Südosten, und HUANGLONG ist die einzige Stadt, die ich in Nordwesten kenne. Hätte ich gesagt, dass wir aus XIAN kommen, dann hätten wir ja einen riesen Umweg nach DENGFENG gemacht. Das wäre dem Beamten sicher aufgefallen.“ „Ahhhh …das war sehr klug“, lobte Hong Li, „mich aber ohne Not Xiaochanchu zu nennen, das ist sehr unklug und könnte mal eine blutige Nase kosten. Doch mal im Ernst, stinken wir wirklich so sehr?“ „Ich rieche nichts“, bestätigte Shi Yan. „Na ja, Lotus riecht sicher besser. Wen das aber stört, der kann ja hier gleich im Gelben Fluss baden. Ich könnte euch dann als Eiszapfen hinter mir herziehen.“ Der Gedanke gefiel Baihu. „Aber Spaß beiseite, es könnte wirklich nicht schaden, wenn wir in XIANFENG, kurz vor LINFEN, ein Badehaus besuchen. Eine Rasur meines Kopfes und Bartes wäre auch angebracht.“
Baihu mutmaßte: „Wer weiß, wer uns in LINFEN abholt. Vielleicht ist sogar Hong Lis Mutter, die neue Kaiserin dabei.“ Der Gedanke an die neue Kaiserin holte alle wieder in die Realität zurück. Ein Tagesmarsch nach Ost und dann noch einen Tagesmarsch nach Nord mitten durch gefährliches Feindesland. Noch mehr als in der Provinz SHAANXI achteten sie nun darauf, Menschen zu meiden und lieber neben den Straßen und Wegen zu gehen. Das kostete zwar etwas Zeit, weil die drei durch den noch unberührten Schnee stapfen mussten, vermied aber, dass sie zufällig auf Schergen trafen. Es war schon Nacht, als sie nördlich an XINJIANG vorbeischlichen. Der Nachthimmel zeigte deutlich, dass sich die Wetterlage bald änderte. „Lasst uns noch eine Stunde weitergehen. Morgen Mittag zieht ein Schneesturm auf.“ Sie zogen weiter, bis sich eine eingefallene Hütte als Unterkunft andiente. Es konnten nicht mehr als noch 40 km bis LINFEN sein, und ungefähr auf halber Strecke lag XIANFENG. Mindestens bis dahin wollte Baihu es schaffen, bevor der Schneesturm einsetzte. Baihu schlief unruhig. Was wird morgen passieren? Wie schnell würden sie auf die Soldaten treffen?
Mit den ersten Sonnenstrahlen war Baihu aufgewacht. Das Tal lag friedlich vor ihnen. Schnell machte er das Feuer aus und weckte die tapferen Novizen. Da hörten sie unweit Pferde. Die Reiter unterhielten sich laut. Baihu erkannte, dass sie in der Nacht ganz nahe an der Straße übernachtet hatten. Er hätte die Umgebung besser erkunden sollen, aber gestern war auch er einfach viel zu müde. Sie duckten sich hinter einem Wall, der zwischen ihnen und der Straße aufgeworfen war. Die Reiter sahen aus wie reiche Händler, nicht wie Soldaten oder Schergen. Sie warteten, bis die Truppe nicht mehr zu sehen war, und gingen dann die Straße entlang. Die Pferde hatten die Straße eben getreten, sodass wieder gut zu laufen war. Einige Eisplatten auf der Straße machten Shi Yan und Hong Li viel Spaß beim Schlittern. Nach zwei Stunden merkten sie, dass sie die Händler eingeholt hatten. Dies konnte aber nicht sein.