Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Vier junge Frauen in ihrem Kampf für das Gute - in einer Welt, in der kein Platz für sie ist. Zwanzig Jahre sind vergangen, seit Wallor der Eroberer die Herrschaft über den Kontinent Krycal eingenommen hat. Dunkle Zeiten sind über die Königslande eingebrochen. Doch nicht alle Ecken des Landes stehen unter seinem Regime. Und während junge Mädchen im ganzen Land ermordet werden und Elben vor der Verfolgung fliehen, begehren vier junge Frauen gegen ihr Schicksal auf: die Tochter eines Fürsten, die vor ihrer Hochzeit flieht, eine Gefangene, die im höchsten Turm der Hauptstadt ihre magischen Fähigkeiten entdeckt, eine Prinzessin, die gegen die Machenschaften ihres Onkels ankämpft. Und ein Bauernmädchen, das aus seiner Heimat fliehen muss, um sie alle vor dem Untergang zu retten... Der Auftakt der großen Fantasy-Saga!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 880
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Dominic Spinner
Tochter der Freiheit
Dominic Spinner
Tochter der Freiheit
Die Krycal-Saga – Band 1
Tochter der Freiheit
© 2021 Dominic Spinner
Umschlag, Illustration: Dominic Spinner unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock (FXQuadro, NextMarsMedia)
Lektorat, Korrektorat: Susanne Spinner, Alisa Spinner, Nicolas Spinner, Martin Spinner
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback
978-3-347-29413-4
Hardcover
978-3-347-29414-1
e-Book
978-3-347-29415-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Für Mama.Die mir die Liebe zum Buchin die Wiege gelegt hat.
Prolog
Aramanth
Mit einem lauten Krachen zerbarst das Stadttor. Horden von Leibern drängten sich durch das offene Tor, während die Soldaten, Ritter und Bauern verzweifelt versuchten, der anstürmenden Macht Einhalt zu gebieten. Das Tor war wie eine offene Wunde und es schien, als würde man immer und immer mehr Salz hineinstreuen. Der Mond erhellte die klare Nacht, doch viel heller waren die lodernden Feuer in allen Ecken der Hauptstadt. Flammende Pfeile flogen über die Stadttore und setzten Strohdächer in Brand, Steinbrocken wurden mit Katapulten in die Menschenmassen geschleudert.
König Edward drehte sich vom Geländer seines Balkons weg. Nun war die Stadt verloren. Nun war alles verloren. Sie würden die Verteidigung gegen dieses scheinbar unendliche Heer aus Schattenreitern, Orks und Trollen nicht aufhalten können. Wallor der Eroberer würde den Thron besteigen. Dunkelheit über das ganze Land bringen. Krycal würde ab morgen anders aussehen.
Zornig ballte er die Hand zur Faust, als er den Thronsaal betrat. Der Saal war langgezogen und sah ohne Bedienstete, Ritter und die Mitglieder des hohen Rates sehr leer aus. Am linken Ende auf einer kleinen Empore stand der Thron der Königslande, ein imposantes Konstrukt aus Weißgold, aus dessen oberem Teil mehrere Zacken in alle Himmelsrichtungen wiesen, was entfernt an einen Stern erinnerte.
Wie hatte es nur so weit kommen können? Eine Aneinanderreihung falscher Entscheidungen, Intrigen und Machtkämpfen hatten die Völker Krycals schwach und Wallor und seine dunkle Gefolgschaft stark gemacht. Dieses Ungleichgewicht hatten sie auch in dieser entscheidenden Schlacht nicht mehr auf ihre Seite zu bringen vermocht.
Während Edward noch in Gedanken versunken inmitten seines leeren Thronsaals stand, flog die große Tür am Eingang des Saals auf. Ein Mann in voller Rüstung Anfang dreißig kam mit schnellen Schritten herein, seinen Helm unter den Arm gepackt.
„Eure Majestät, das Tor ist gefallen. Wir müssen Euch so schnell wie möglich aus der Stadt bringen.“
Edward machte eine abwehrende Handbewegung und sah sein Gegenüber eindringlich an: „Baldas, es ist nicht die Zeit für eine Flucht. Nicht mehr. Nie mehr. Dieses Blutvergießen, dieses Abschlachten Unschuldiger, das muss ein Ende haben. Und Wallor wird es erst beenden, wenn er auf dem Thron der Königslande sitzt.“
Baldas war stehen geblieben, während Edward geredet hatte, setzte sich nun aber wieder in Bewegung und lief zu einem der Fenster, die in die Prachtstraßen der Königsstadt Aramanth zeigten. „Aber Majestät, Ihr seid der letzte Funke Hoffnung, der noch geblieben ist. Lasst ihn Aramanth gewinnen. Lasst ihn sich in Sicherheit wiegen. Wir bringen Euch tief in die Westlande, nach Wiedengraben oder Ellesmera und bauen von dort eine Armee auf.“ Er deutete durch das Fenster nach unten und machte eine ausschweifende Handbewegung. „Sollen diese Männer umsonst sterben? Soll das alles umsonst sein? Ich weiß, selbst mir als rechte Hand des Königs gebietet es nicht, so mit Euch zu sprechen, aber…“
„Ihr wisst, ich lege immer viel Wert auf Eure Meinung“, unterbrach ihn der König. „Auch wenn diese nicht meiner entspricht.“ Er atmete tief durch und ging ein paar Schritte auf Baldas zu. „Baldas, ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich werde mein Volk nicht im Stich lassen und bis zuletzt kämpfen.“
„Majestät“, versuchte Baldas auf ihn einzuwirken, doch dieser lies nicht mit sich reden.
„Für Euch habe ich eine besondere Aufgabe. Bringt meine Frau Lucinda und meine Tochter hier raus. Bringt sie an einen sicheren Ort, ganz egal wo. Sorgt für sie. Das Mädchen ist mein Fleisch und Blut, in ihr fließt das Blut der Herrscherfamilie derer aus dem Hause Aldereign. Ich will, dass sie ein gutes Leben hat und behütet aufwächst. Denkt an die Prophezeiungen Grungmirs. Lasst nur etwas Wahres daran sein. Dann steht die Zukunft unter einem besseren Stern.“
„Wenn Ihr das so wünscht, so werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, die Herrscherfamilie zu beschützen und die beiden in Sicherheit bringen. Ich habe einen Eid geschworen.“ Er klopfte sich mit der Faust auf die Brust und rief „Oris Majestix! Oris Mohendis!“ Lang lebe der König. Lang leben die Völker.
„Oris Mohendis“, stieg Edward in ruhigen Worten mit ein und blickte aus dem Fenster. Seine Truppen wurden immer weiter zurückgedrängt. Mittlerweile hatten die Angreifer schon fast die ersten Wohnhäuser erreicht, die Menschen versuchten weiter in Richtung Palast zu fliehen, während alle Männer, die nur annähernd kämpfen konnten, versuchten, ihre Familien zu verteidigen.
Ein auswegloses Unterfangen.
In der Ferne sah Edward tausende und abertausende Kämpfer auf Seiten Wallors des Eroberers, die vor den Toren der Stadt voller Fleischeslust auf ihren Kampf warteten.
Er drehte sich wieder zu Baldas um und legte eine Hand auf seine Schulter. „Danke für alles, was Ihr in den letzten Jahren für mich getan habt.“ Dann streckte er ihm die Hand hin und sein Gegenüber schlug ein.
Baldas nickte seinem König noch einmal ehrfurchtsvoll zu, ehe er sich umdrehte und ging. Mit einer Aufgabe im Gepäck, deren er sich nicht sicher war, ob er sie jemals einhalten konnte.
Und Edward bereitete sich auf sein letztes Gefecht vor.
Teil 1
Eine neue Hoffnung
Kapitel 1
In der Nähe von Lasperonas
Sie wurden mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen, als ein lautes Klopfen an der Tür des kleinen Hauses auf den Lärm von Pferdehufen folgte. Rohen schreckte auf und saß kerzengerade im Bett. Er blickte zur Tür. Ein Leuchten am Boden verriet ihm, dass jemand eine Kerze angemacht hatte. Vermutlich war Vater schon aufgestanden, ehe das Klopfen überhaupt begonnen hatte. Für ihn reichten kleinste Geräusche draußen, um wach zu werden, so sehr hatte sein Beschützerinstinkt sich in all den Jahren daran gewöhnt, auf Ungewöhnliches zu reagieren.
Das kleine Haus, das Rohen und seine Familie bewohnten, lag abseits eines kleinen Dorfes inmitten der Natur. Sein Vater hatte früher als Soldat bei der Stadtwache in Lasperonas gedient, war aber nach einer folgenschweren Verletzung vor einigen Jahren aus dem Dienst geschieden und versuchte seither, seine Familie durch den Verdienst aus seinen Handwerksarbeiten zu versorgen. Seit diesem schicksalshaften Tag, als eine Trollherde Lasperonas angegriffen hatte, war Vater nicht mehr der gleiche. War er früher ein lebensfroher Mann gewesen, der nach dem Dienst mit seinen Kameraden noch das ein oder andere Kräuterbier in den Tavernen der Stadt zu sich genommen hatte, um dann den Rest des Tages mit seiner Familie zu verbringen, so hatte sich dies nun ins Gegenteil gewandt.
Vater war seither verschlossen. Redete nicht mehr, als er musste und Rohen konnte sich nicht daran erinnern, wann er ihn das letzte Mal lachen gesehen hatte. Nicht einmal, als Rohens Zwillingsschwester Viana vor einigen Monaten an der alten Universität in Lavella aufgenommen wurde, hatte Vater gelacht.
Und das, obwohl Vianas Traum in Erfüllung gegangen war. Sie hatte schon seit jeher Interesse gehabt, anderen Menschen zu helfen und hatte schon als kleines Kind Kräutersude und andere Mixturen gebraut, um kranken Familienmitgliedern zu helfen. Mit großem Talent. Im Alter von vierzehn Jahren hatte sie bereits einige der Dorfbewohner von schier unheilbaren Krankheiten befreit und sich so ein hohes Ansehen in der Gemeinde erarbeitet. Die Aufnahme am altehrwürdigen Lehrstuhl für Heilkunst an der Universität in Lavella, der einzigen in ganz Krycal, hatte sie überglücklich gemacht. In wenigen Tagen sollte es soweit sein, sie würde gemeinsam mit Vater nach Lavella reiten, um dort für die nächsten Jahre zu leben.
Rohen hörte, wie die Tür sich öffnete. Das Knarzen der alten Holztür hallte durch den Aufenthaltsraum, in dem man sich direkt nach Betreten des Hauses befand. Er öffnete seine Tür einen Spalt weit und sah, dass die Tür im Nebenzimmer ebenso etwas geöffnet worden war – Viana war also auch wach.
„Ein Klopfen an der Tür – mitten in der Nacht. Ich hoffe, Eure Angelegenheit ist dessen angemessen“, brummte Vater.
Rohen hatte einen guten Blick und sah, dass sich mehrere Männer in schwarzen Rüstungen vor der Tür drängten. Einer mit langen schwarzen Haaren trat vor. Er musste etwa dreißig Jahre alt sein, hatte ein kantiges Gesicht mit einer Narbe unter dem rechten Auge. Es musste sich wohl um den Anführer des Trupps handeln.
„Ich hoffe, Ihr bereut Eure zynischen Kommentare nicht, alter Mann“, entgegnete der Anführer streng. „Wir sind im Auftrag des Königs, Wallor dem Ersten, unterwegs und auf der Suche nach einem Mädchen von etwa zwanzig Lenzen. Habt Ihr Kinder, alter Mann?“
Schergen des Königs suchten ein Mädchen? Warum das? Wallor der Erste war zwar König, aber in den Westlanden weiterhin nur wenig akzeptiert. Er herrschte mit harter Hand, kannte keine Gnade und das gemeine Volk war für ihn nichts wert. Überall in den Königslanden waren seine Schattenreiter unterwegs - Ritter, Söldner, Raufbolde - und versetzten die Menschen in Angst und Schrecken. Wie die Situation in Aramanth, der Hauptstadt aussah, wollte sich Rohen gar nicht erst ausmalen. Hier waren sie glücklicherweise weit genug entfernt von dessen Machenschaften.
Bis heute.
Rohen wusste, dass dies Schattenreiter waren. Er lauschte weiter aus seinem scheinbar sicheren Zimmer der Unterhaltung und warf Viana einen bestimmenden Blick zu, sie solle sich zurückziehen, doch die war vollkommen auf die Szenerie an der Haustür konzentriert und nahm Rohen in dem Moment gar nicht wahr.
„Ich habe keine Kinder, nein. Meine Frau konnte keine gebären, so leben wir hier alleine.“ Während Vater dies sagte bemerkte Rohen, wie Mutter an ihm und Viana vorbei in Richtung Tür lief. Sie trug ihren Morgenmantel und hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt. Rohen versuchte noch, sie mit der Hand festzuhalten, doch er kam etwas zu spät und glitt an den Resten ihres Morgenmantels ab. Was zur Hölle tat Mutter da? Sie sollte sich nicht auch noch in Gefahr bringen.
„Das stimmt. Leider“, bestätigte sie ihren Mann.
„Wie ist Euer Name, alter Mann?“ erkundigte sich der Anführer des Trupps.
„Balen. Balen Isdorn, Mylord. Meine Familie lebt seit unzählbaren Generationen hier.“
„Dann, Balen Isdorn, wird der Name Dalio Rolin der letzte sein, den Ihr auf den Lippen haben werdet…“ Es waren nur Sekundenbruchteile und die ganze Szenerie hatte sich verändert. Rolin, der Mann mit der Narbe unter dem Auge, zog blitzschnell einen Dolch aus seinem Umhang und stach zu. Balen brach in sich zusammen und hielt sich die Stelle am Bauch, an der Rolin zugestochen hatte. Blut lief in Strömen heraus, Mutter ging ebenso wie Vater auf die Knie, einen stummen Schrei auf den Lippen, und versuchte Balen zu helfen. Rohen und Viana mussten sich beide zurückhalten, um nicht loszuschreien und Rohen war ob seiner Hilflosigkeit in dieser Situation der Verzweiflung nahe. „Euer Familienstammbaum wird ja ohnehin nicht fortgeführt, wo Ihr keine Kinder bekommen könnt. Wozu dann noch weiterleben?“ Ein schelmisches Grinsen hatte sich auf Rolins Gesicht breit gemacht, der die ganze Szene sichtlich genoss. Er hatte die volle Kontrolle über die Situation und dieses Gefühl der Macht peitschte ihn nur noch mehr an.
Balen atmete noch, doch sein Atem ging stockend, dennoch bekam er noch ein Wort über die Lippen. „Wi-wieso?“ Es war mehr eine Mischung aus einem Flüstern und einem Röcheln, doch es war in der Stille, die eingesetzt hatte, selbst für Rohen und Viana gut hörbar.
„Ihr hättet Euch vor Euren Lügen Gedanken machen sollen. Vier Krüge auf dem Esstisch, die seit dem Abendessen wohl nicht verräumt wurden? Alter Mann, nicht mit mir.“
Rohens Blick ging sofort zum Esstisch, auf dem tatsächlich noch vier Krüge standen. Die ansonsten spärliche Einrichtung des Aufenthaltsraumes gab keinen Anlass auf weitere Spekulationen, doch genügte dies dem Schattenreiter zu einer solch ungeheuerlichen Tat.
„Wir hatten Freunde zu Besuch“, versuchte Mutter die Situation zu retten, doch ehe sie sich versah hatte Rolin sie nach oben gezogen und hielt sie am Kragen ihres Morgenmantels fest. Er zog sie dicht an sich heran, so dass ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Mutter musste seinen Mundgeruch riechen können, denn sie drehte den Kopf weg, ihr Gesicht war vor Ekel und Wut verzerrt.
„Sieh dich vor, meine Liebe“, Rolins Stimme kam drohend, während er mit einem Finger Mutters Gesicht wieder langsam in seine Richtung drehte, „meine Männer sind schon lange unterwegs und es ist Tage her, dass wir irgendwo eingekehrt sind. Geschweige denn, dass sie eine Frau aus nächster Nähe zu Gesicht bekommen haben.“ Dann stieß er sie weg und Mutter fiel zu Boden, ihr Kopf kam unsanft auf, so dass ein dumpfer Ton zu hören war. Mutter blieb erstmal liegen.
Das war für Viana endgültig zu viel.
Sie rannte los und schrie „Nein!“ und ehe Rohen sich versah, kniete Viana über Mutter und versuchte ihr aufzuhelfen. Ihr Instinkt als Heilerin hatte über alle Risiken und Gefahren hinweg gesiegt, sie konnte nicht tatenlos zusehen, wie der Schattenreiter erst ihren Vater und dann noch ihre Mutter tötete.
Vater lag immer noch an den Türrahmen gelehnt da und drehte langsam seinen Kopf zu Viana, trotz seines Todeskampfes lag Bestürzung in seinem Blick. Und Angst um seine Tochter.
„Ja wen haben wir denn da?“ Rolin machte einen Schritt nach vorne und befahl mit einer kurzen Geste seinen Männern, ihm zu folgen. Zwei davon traten nach vorne und lupften Viana unsanft in die Höhe.
„Nein, lasst mich in Ruhe.“ Sie schlug um sich und traf den einen an der Nase, der daraufhin nur noch fester zupackte. „Das tut weh!“ ereiferte sie sich, doch sie konnte gegen die starken Griffe der beiden Soldaten nichts tun.
„Wen haben wir denn da“, wiederholte Rolin genugtuerisch. „Keine Kinder. Ihr hattet wohl recht, alter Mann, Ihr hattet wohl recht.“ Er fing lauthals an zu lachen und drehte sich zu Balen um. „Diese Schönheit ist wahrlich kein Kind mehr. Es wäre nur zu schön, sie heute Abend in meinem Bett zu wissen.“ Die Männer hinter Rolin lachten nun ebenso laut auf und Viana versuchte verzweifelt, dem Griff der beiden Soldaten zu entfliehen.
Rohen unterdessen rang mit sich selbst. Was sollte er nur tun. Nach vorne zu Viana zu rennen und ihr beizustehen, kam einem Selbstmordkommando gleich. Er überlegte fieberhaft, welche Optionen sich ihm boten. In seinem Zimmer hatte er noch seine Wurfsterne, mit denen er gerne im Wald an Bäumen seine Fähigkeiten übte. Vater hatte es zwar nicht gerne gesehen, doch Rohen hatte sich mit seinen fünf Sternen, die er von einem Reisenden einst geschenkt bekommen hatte, oft in den Wald geschlichen, um zu üben.
Doch auch die würden nicht genügen, um die Situation zu retten. Dennoch schlich er sich kurz zurück in sein Zimmer, um die Wurfsterne zu holen – für den Fall der Fälle konnte er sich so immerhin verteidigen.
Die andere Option wäre, durch das Schlafzimmer seiner Eltern nach draußen in die dunkle Nacht zu fliehen. Aber alleine würde er dies nicht machen. Er würde seine Familie nicht so einfach im Stich lassen, das würde er sich für jetzt und alle Zeit nicht verzeihen.
Blieb also nur eine Mischung aus beidem. Er musste versuchen, Viana mit den Wurfsternen zu befreien, so dass diese so schnell wie möglich zu ihm rennen konnte. Mutter lag immer noch auf dem Boden, war aber frei. Er musste also hoffen, dass sie schnell reagieren und aufstehen konnte. Im Wald, der unweit ihres Hauses bereits anfing, würden sie die Schattenreiter abschütteln können, sie kannten jeden Abhang, jede kleine Höhle, jeden umgekippten Baumstamm. Später würden sie wiederkommen, um Vater zu retten. Er musste einfach so lange überleben. Er musste.
Also fasste er einen Entschluss. Sein Plan stand fest.
„Zu schade, dass ich mir diesen Wunsch nicht erfüllen kann“, Rolin lief genüsslich von einer Seite zur anderen an Viana entlang, während die beiden Soldaten sie weiter fest im Griff hatten. Er nahm ihr Kinn in seine Hand und schaute ihr direkt in die Augen. „Zu schade. Denn ich habe eine Anweisung des Königs, die muss ich leider befolgen. Und weißt du wie die lautet?“
Von Viana kam keine Reaktion, während Rolin darauf wartete. Er drückte das Kinn fester und Viana stieß einen Schmerzenslaut aus. „Weißt du es?“ stieß er bedrohlich zwischen seinen Zähnen hervor, um seiner Frage Nachdruck zu verleihen.
Viana schüttelte langsam den Kopf.
Er lächelte boshaft. „Ich werde es dir sagen. Kein Mädchen im Alter von ungefähr zwanzig Jahren darf leben. So einfach ist das.“
„Nein!“ Mutter war mit einem lauten Schrei urplötzlich aufgestanden und hatte sich auf Rolin geworfen, der wurde jedoch nur zwei Schritte nach hinten gestoßen, zu schwach war Mutters Angriff gewesen. Dennoch hatte es ihn aus dem Gleichgewicht gebracht und die Soldaten waren für den Moment abgelenkt.
Jetzt oder nie, dachte sich Rohen und warf seinen ersten Wurfstern. Der traf direkt in die Schulter des einen Soldaten, der Viana hielt. Dieser schrie auf und ließ Viana prompt los. Keine Sekunde später traf der andere Wurfstern mitten zwischen die Schulterblätter des zweiten Soldaten, der ohne einen Mucks sofort in sich zusammenbrach. Viana war frei und Rohen rief: „Viana, komm schnell!“
Die Ereignisse überschlugen sich. Von draußen drängten die restlichen Soldaten in den Aufenthaltsraum, es waren weitere acht an der Zahl, und liefen hinter Viana her. Die war auf Rohens Worte sofort losgerannt und befand sich nun schon auf halbem Weg. „Rohen, wir müssen Mutter helfen!“
Schon hatte Rohen seinen dritten Wurfstern gezückt und warf ihn in Rolins Richtung, doch der war hellwach und duckte sich weg, während er Mutter in seine Gewalt brachte. Er stand nun direkt hinter ihr und zog ihre Haare zur Seite, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, als er ihre spitzen Ohren wahrnahm. „Sie ist nicht nur todesmutig, sondern auch noch eine Elbin.“ Er zückte sein Schwert und hielt es Mutter an den Hals. „Sag Lebewohl zu deinen Wirrblut-Kindern.“ Dann schnitt er ihr die Kehle durch und ließ sie fallen.
„Elendes Gesindel.“ Mit diesen Worten stieg er über ihren Leichnam und machte sich auf den Weg den anderen hinterher.
Rohen und Viana hatten es mittlerweile ins Schlafzimmer ihrer Eltern geschafft und öffneten gerade die Fensterläden, als die ersten Schattenreiter ebenfalls das Zimmer betraten. Rohen half Viana nach draußen, warf dann während er selbst durch das Fenster kletterte einen Wurfstern und traf einen der Soldaten tödlich.
Doch was dann geschah, damit hatte er nicht gerechnet. Ein Wurfstern flog in entgegengesetzter Richtung an ihm vorbei.
Und traf Viana mitten im Rücken.
Die rannte bereits über die Wiese mitten im Wald, als der Stern sie traf. Ihr Körper bäumte sich auf und wenige Augenblicke später lag sie auf dem Boden. Blut rannte aus ihrem Rücken und es bildete sich bereits eine kleine Lache um ihren Körper. Der Anblick ließ keine Zweifel zu.
Rohen drehte sich um und sah, wer den Stern geworfen hatte. Es war der Schattenreiter, den er als Erstes getroffen hatte – aber nur in die Schulter. Er musste den Stern herausgezogen haben und den anderen hierher gefolgt sein. Rohen zögerte nicht lange und feuerte voller Wut seinen letzten Wurfstern in die Menge der Schattenreiter und traf einen weiteren, der sofort zu Boden sank. Unterdessen hatte Rohen schon einige Meter hinter sich gebracht und war fast auf Vianas Höhe.
Die Schattenreiter aber folgten ihm nicht. Rolin war ins Zimmer gekommen und hatte gesehen, dass Viana tot war. „Lasst ihn“, sagte er ruhig und steckte sein blutverschmiertes Schwert zurück in die Scheide. „Mädchen und Elben heißt der Befehl. Der Junge wird nun genug leiden.“
Damit verschwanden die Schattenreiter so schnell aus dem Hause der Isdorns wie sie gekommen waren. Doch sie hatten Tod und Trauer über die Familie und das Haus gebracht.
Und während Rohen über Viana kniend bittere Tränen weinte, schoben sich dunkle Wolken vor den Mond und tauchten die Szenerie nun gänzlich ins Dunkel.
Er wiegte den Wurfstern, mit dem Viana getötet worden war, in seiner Hand und schwor sich eines, nur eines, das den Rest seines Lebens nun seine Aufgabe sein sollte. Rache. Dario Rolin sollte für diese Tat bluten.
Kapitel 2
Samila
Samila war nichts weiter als eine Aneinanderreihung kleiner Bauernhäuser. Im mittleren Westen des Kontinents gelegen lag die kleine Siedlung fernab jeder Zivilisation am Rande des Rabenwaldes auf einer Anhöhe. Kein Kartograph hatte diese Siedlung je auf einer Landkarte vermerkt. Genau genommen existierte Samila nicht einmal.
Keine hundert Einwohner umfasste die Siedlung und man sagte sich gerne, wer hier geboren wurde, der starb auch hier. Ein Leben für das eigene Überleben auf den Äckern im so fruchtbaren Umland des Dorfes. Denn die Einwohner versorgten sich mit allem was sie benötigten, überwiegend selbst. Für alles andere besuchte man diese wenigen Male die Märkte in Lasperonas, der nächstgrößeren Stadt.
Auf dem kleinen Platz im Zentrum der Siedlung wurden Waren getauscht, daneben gab es noch ein kleines Wirtshaus und eine Schmiede.
Niemand fand hier freiwillig her.
Der letzte Fremde, der ins Dorf kam – das lag schon Jahre zurück.
Umso mehr war der kleine Junge auf der Hut, als er auf einem Felsvorsprung sitzend auf dem einzigen Pfad, der ins Dorf führte, einen einsamen Reiter auf einem schwarzen Pferd die Anhöhe hinaufreiten sah. Der Junge wischte sich seine langen dunklen Haare aus dem Gesicht und hielt bei seiner Schnitzarbeit inne.
Der Pfad schlängelte sich am Waldrand entlang in Serpentinen die Anhöhe hinauf. Mehrere Kilometer weit sah man von diesem Felsvorsprung. Normalerweise saß der Junge hier und beobachtete Hirsche, Wildschweine oder Silberfüchse. Er hatte noch nie einen Menschen auf diesem Pfad gesehen, außer Garius, den Händler, der mit seinem Karren nach Lasperonas ritt, um auf den Märkten Handel zu betreiben.
Der Reiter war noch weit weg und der Junge kniff die Augen zusammen, um ihn genau zu fokussieren. Schwarz und rot schimmerte die Kleidung des Mannes, ein schwarzer Umhang wehte im Wind. Ein langes Schwert steckte in einer Scheide an seiner Taille.
Der Junge wartete nicht länger. Er stand auf, nahm sein Messer und das Holzstück und rannte ins Dorf.
*
„Ein Fremder, ein Fremder“, rief der Junge, als er auf dem kleinen Platz im Zentrum der Siedlung ankam.
Killion, der Schmied, war als erster auf dem Platz, weitere folgten, bis sich eine kleine Ansammlung aus einem halben Dutzend Männern eingefunden hatte.
Baldas, der in Samila ein kleines Bauernhaus bewohnte, war ebenfalls in der Nähe des Platzes gewesen und ging ein paar Schritte auf den Jungen zu. „Ein Fremder? Wie weit entfernt? Was hast du gesehen, Jaris?“
Der kleine Jaris war noch völlig außer Atem und spuckte die Worte zwischen einigen Atemschüben nach und nach aus. „Schwarze und rote Rüstung … schwarzer Umhang …langes Schwert … schwarzes Pferd …“
Ein Schattenreiter, durchfuhr es Baldas und Erinnerungen an dunkle Zeiten keimten in ihm auf. Er war einer der wenigen Bewohner des Dorfes, der nicht seit seiner Geburt hier lebte. Er war einst im Zuge eines geheimen Auftrages hierhergekommen. Dies lag schon Jahre zurück. Er hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde, der Tag, an dem sich sein jetziges Leben verändern würde. Er hatte nur immer geglaubt, er könne diesen Tag noch etwas hinauszögern.
Killion, der Schmied, und die anderen Dorfbewohner unterhielten sich angeregt und schmiedeten die verrücktesten Ideen, was ein Fremder hier zu suchen haben könnte. Doch dies hielt nicht lange an, denn am Ende der kleinen Straße kam der Reiter bereits die Anhöhe hinauf. Sein schwarzes Pferd war mit einer schwarz-roten Schabracke bedeckt, die Rüstung des Reiters schien schlachterprobt, das Langschwert an seiner Seite baumelte hin und her. Der Reiter schüchterte die Bewohner zudem alleine durch seine Körperhaltung ein.
„Schattenreiter“, stellte Killion fest und trat einen Schritt nach vorne. Die anderen taten es ihm gleich und versperrten dem Reiter den Weg. Dieser hielt an, sagte aber kein Wort.
„Was führt einen Fremden auf solch verlassene Wege?“ begann Killion das Gespräch.
Der Schattenreiter blickte sich erst in aller Ruhe um, stieg aber nicht vom Pferd ab, sondern blieb an Ort und Stelle sitzen.
„Ich bin im Auftrag des Königs Wallor dem Ersten hier“, begann er nach einer schier ewig erscheinenden Stille. „Herr über die Westlande, Herr über die Ostlande und Gesandter der ersten Menschen. Ich will alle Mädchen sehen, die in diesem Dorf leben. Der König will es so.“
In Baldas schrillten die Alarmglocken und auch die anderen schienen nicht gewillt zu sein, auch nur eine ihrer Töchter auf den Platz zu holen, um sie dem Schattenreiter zu zeigen.
„Wozu das Ganze, wenn ich fragen darf“, ergriff Baldas das Wort. „Ich sehe keine Veranlassung, weswegen Ihr unsere Mädchen zu Gesicht bekommen solltet.“
„Wenn Euch Euer Leben lieb ist, so folgt Ihr besser den Wünschen Eures Königs“, erwiderte der Reiter.
„Er ist nicht mein König. Wallor, der Eroberer, der sich den Thron unrechtmäßig ergaunert hat…“ Baldas musste sich zurückhalten, um den Reiter nicht zu provozieren und einen Kampf anzuzetteln. Er beruhigte sich und ergänzte dann in sachlicherem Ton: „Den Wünschen können wir leider nicht Folge leisten. Unsere Mädchen stehen nicht zur Verfügung.“
„Genau“, stimmte Killion mit ein und die anderen nickten. „Was wollt Ihr überhaupt mit ihnen?“
„Ihr kommt nicht von hier, habe ich Recht“, wandte sich der Reiter an Baldas und ignorierte Killions Frage. „Die Westlande sind nicht Eure Heimat. Das hört man. Woher kommt Ihr?“
Baldas fühlte sich ertappt und sorgenvolle Gedanken an Elaina kamen auf. Sollte sein Dialekt ihn etwa verraten? „Wo ich herkomme hat niemanden zu interessieren. Wo ich bin, das ist wichtig.“ Seine Antwort kam ruhig von den Lippen, auch wenn er fühlte, dass sie etwas zitterten. Zorn, Furcht, er konnte nicht sagen, was die Oberhand behielt.
„Geheimnisse sind kein guter Boden für Vertrauen“, erwiderte der Reiter.
„Und wenn dem so wäre, wäre ein Schattenreiter der letzte, dem ich so etwas anvertrauen würde!“ In Baldas begann es zu brodeln. Was erdreistete sich dieser arrogante Scherge des dunklen Königs?
„Ein Mann aus fremden Gefilden inmitten eines Bauerndorfes in den Westlanden. Was verheimlicht Ihr mir? Und nochmal. Ich will alle Mädchen sehen, die in diesem Dorf leben.“
„Schert Euch hinfort, Fremder. Ihr werdet niemanden zu Gesicht bekommen“, ergriff Baldas das Wort und hinter ihm stimmten Vereinzelte mit ein. „Ja, hinfort mit ihm“, „Vielleicht müssen wir ja etwas nachhelfen“ und „Macht, dass Ihr Land gewinnt“.
Der Schattenreiter merkte, dass die Situation zu eskalieren begann und er keine Oberhand mehr hatte. Seine Hand glitt langsam und scheinbar unmerklich in Richtung seiner Hüfte zum Griff seines Schwerts.
„Wagt es nicht“, mahnte Baldas ihn. Er selbst war unbewaffnet; in Samila war es in der Regel nicht notwendig, eine Waffe bei sich zu tragen.
Ein verschmitztes Grinsen trat auf das Gesicht des Schattenreiters. „Sonst was? Wollt Ihr Eure Armee aus Bauern auf mich hetzen?“
Plötzlich zischte etwas am Kopf des Reiters vorbei und schlug einige Meter weiter hinten im trockenen Lehmboden ein. Ein Messer hatte sich in den rötlichen Untergrund gegraben, nachdem es zuvor hautnah am Helm des Reiters vorbei geschliddert war. Dieser drehte sich zunächst nach hinten um, um zu sehen, was geflogen war, hob dann den Blick nach vorne in Richtung des Werfers.
„Sonst trifft das nächste sein Ziel!“ Ein junger Mann stand auf dem Dach einer Hütte einige Meter hinter den Dorfbewohnern und drehte lässig ein weiteres Messer zwischen den Fingern. Er mochte etwa Anfang zwanzig sein, trug eine braune Tunika und hatte schwarzes, lockiges Haar.
„Das wird dir noch leidtun, Bursche!“ spie der Reiter aus, der nun voller Zorn war. Er zog sein Schwert aus der Scheide und zeigte auf den jungen Mann auf dem Dach.
Baldas griff ein und sprach den Reiter ruhig an. „Macht lieber, dass Ihr fortkommt – dies war keine leere Drohung. Haal ist unser bester Werfer. Und wenn es irgend möglich wäre, der beste Werfer der ganzen Königslande.“
„Dieser Bauerntölpel? Dass ich nicht lache.“ Kaum hatte der Reiter sein letztes Wort ausgesprochen, zischte das nächste Messer haarscharf an ihm vorbei, diesmal an der anderen Seite. Der Reiter ergriff seine Zügel und brachte sein Pferd zum Wenden. Mit einem „Das werdet Ihr bereuen“ gab er seinem Pferd die Sporen und ritt aus dem Dorf.
Baldas atmete innerlich tief aus. Doch beruhigt war er noch lange nicht. Er hatte den Schattenreiter nicht nur misstrauisch gemacht, Haal hatte ihn zudem provoziert. Eine gefährliche Mischung.
Von da an wusste er, dass dies sein letzter Tag in Samila gewesen war.
Er musste fort. Und Elaina musste mit.
*
Bevor Baldas zurück in seine Hütte ging, um Elaina zu holen, machte er noch einen schnellen Abstecher zu Garius, dem Händler. Vielleicht hatte er auf seinen Handelsreisen nach Lasperonas etwas mitbekommen. Baldas hatte eine dunkle Vorahnung, wollte diese aber bestätigt wissen. Was wollte der Schattenreiter mit Mädchen des Dorfes? Warum kam er überhaupt nach Samila, in eines der entlegensten Dörfer des Kontinents?
Garius lebte etwas abseits des einzigen Pfades, der durch Samila führte. Er war der wohlhabendste Einwohner der Siedlung und hatte sich ein stattliches kleines Haus am Rande der Anhöhe errichtet. Schon beim Betreten seines Geländes hatte Baldas einen traumhaften Blick in die Ebene nach Lasperonas und über den riesigen Rabenwald.
„Baldas, alter Freund, was führt dich zu mir?“ Garius kam bereits zur Tür seines Hauses heraus, um Baldas zu begrüßen.
„Keine guten Nachrichten, wie ich fürchte. Wir hatten soeben Besuch von einem Fremden. Schattenreiter“, begann Baldas und sah sofort die Überraschung in Garius‘ Gesicht.
„Bei Hargins Bart, was wollte der hier?! Komm herein und setz dich.“
Sie setzten sich an einen runden Tisch in der Mitte von Garius‘ einladender Stube. Garius stellte zwei Gläser Kräuterbier bereit, was Baldas eigentlich gar nicht gelegen kam. Er wollte so schnell wie möglich weg aus Samila, konnte aber vor Garius auch nicht mehr sagen, als ihm recht war. Der Händler war nicht nur bekannt dafür, ein guter Verkäufer zu sein, sondern eben auch für sein loses Mundwerk. Schon manche Abreibung hatte er sich dafür in den Schenken Lasperonas‘ eingeholt, war aber diesbezüglich nicht wirklich lernfähig. Zu groß war seine Liebe zum Kräuterbier und den Dirnen in den Straßen der Rabenstadt, wie Lasperonas auch genannt wurde.
Also trank Baldas in großen Schlücken, der Höflichkeit halber, um das Kräuterbier schnell zu leeren. Unterdessen schilderte er Garius die Ereignisse von gerade eben.
„Bei Hargins Bart, verdammt, mit der Ruhe in Samila scheint es vorbei zu sein!“
„Garius, ich brauche ein paar Auskünfte von dir. Hast du in der letzten Zeit in Lasperonas etwas gehört? Warum kommt ein Schattenreiter in unsere Siedlung und will alle Mädchen sehen?“
Sein Gegenüber lehnte sich etwas zurück und seufzte. Erste graue Haare zeichneten sich an dessen Kopf ab und er rieb sich gedankenverloren über seinen Dreitagebart. „Nun ja, ich wollte es erst nicht glauben. In den Schenken gehen Gerüchte herum, dass der dunkle König auf der Suche nach einem Mädchen ist. Einem einzigen Mädchen…wie viele dafür bereits sterben mussten – niemand weiß es…“
„Du meinst, er lässt diese Mädchen töten?“
Garius nickte langsam. „Grausame Geschichten gehen herum über Familien, die ihre Kinder verlieren, über Bordelle, die gestürmt werden und über junge Mädchen, die an Bäumen aufgehängt werden.“ Er nahm einen langen Schluck Kräuterbier und stellte den Krug laut tönend auf dem Tisch ab. „Ich habe es hautnah erlebt. Leni hat panische Angst, ihre Mädchen weiter in ihrem Bordell arbeiten zu lassen. Mehrere Schattenreiter wurden bereits in Lasperonas gesichtet, kein Wunder…“
Garius‘ Ausflüge in Lenis Bordell waren in Samila bekannt. Der Händler hatte nie das Verlangen nach nur einer einzigen Frau gehabt, er liebte das Leben zwischen den Schenken und Lenis Bordell Westliebe im Süden von Lasperonas. Ein Wunder eigentlich, dass er immer noch in Samila lebte und nur zeitweise seine Wege nach Lasperonas antrat.
„Gibt es Anhaltspunkte, aus welchem Grund all das geschieht?“
„Leni erzählte mir neulich von einem Reisenden aus den Ostlanden, der bei ihr zu Gast war. Er war sehr gesprächig, insbesondere, nachdem er mehrere Gläser Beerenwein getrunken hatte. Ich glaube, sie meinte, er käme aus Petroya, wohin viele Einwohner Aramanths in letzter Zeit geflohen waren. Nun ja, dieser Reisende war scheinbar in der Gerüchteküche Petroyas wohl informiert. Es gäbe Anzeichen, dass Edwards Tochter noch am Leben sein soll. Stell dir das mal vor! All die Jahre dachte ganz Krycal, dass König Edwards Tochter mit ihm und Lucinda in dieser schwarzen Nacht vor fast zwanzig Jahren ums Leben gekommen war. Und nun verhärten sich die Gerüchte, sie wäre noch am Leben.“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass der Krug sich etwas anhob und ein bisschen Kräuterbier herausschwappte. Es war wohl nicht sein erstes an diesem Tag. „Bei Hargins Bart, wenn die Prinzessin wirklich lebt, dann gibt es tatsächlich noch so etwas wie Hoffnung in diesen Zeiten.“
Baldas nickte unmerklich. Je mehr Garius erzählte, umso alarmierter wurde er. Es war also so gekommen, wie er befürchtet hatte. Er musste Mellin schnellstmöglich informieren. Und dann von hier verschwinden.
„Danke Garius, du hast mir sehr geholfen.“ Er begann aufzustehen und trank im Aufstehen den letzten Schluck Kräuterbier. „Sehr guter Tropfen.“
„Kommt aus Eldryn, ein Geheimtipp unter den Experten“, grinste Garius und Baldas wandte sich zur Tür.
„Ach Garius, eins noch“, Baldas drehte sich in der offenen Tür noch einmal um, „hast du eine Ahnung, wie der Schattenreiter nach Samila gefunden hat. Ich meine, in all den Jahren hat kein Fremder den Weg hierher gefunden und nun ausgerechnet ein Anhänger des dunklen Königs?“
Garius blickte verschämt zu Boden. „Nun ja, Samila liegt nun wirklich nicht auf irgendwelchen Handelsrouten.“
„Garius…“
„Und du weißt ja, dass Kräuterbier gesprächig macht. Wenn man dann noch eines von Lenis Mädchen auf dem Schoß hat und in geselliger Runde sitzt…“
„Garius, raus mit der Sprache, ich habe nicht ewig Zeit!“ Baldas wurde ungeduldig. Er hatte kein gutes Gefühl. Er musste zu Elaina.
„…es kann sein, dass ich vielleicht von der Ruhe und der Abgeschiedenheit geprahlt habe…“ Garius schaute nun genau in Baldas‘ Augen. Das schlechte Gewissen lag in seinem Blick. „Und vielleicht habe ich auch angemerkt, wenn ich jemanden verstecken müsste, dass ich das auf jeden Fall in Samila machen würde. Niemand würde denjenigen finden.“
„Verdammt Garius, du und dein loses Mundwerk!“
„Baldas, versteh doch. Da war ja nichts dabei…vor allem, wir kennen ja alle Einwohner hier in Samila, was soll uns schon passieren. Wir haben ja nichts zu verbergen.“
„Glaub mir, ich wünschte, ich könnte das glauben. Kanntest du alle in deiner geselligen Runde?“
Garius schüttelte den Kopf. „Nein, das war ein bunt gemischter Haufen. Kaufleute aus Tabaîn und Aldastan.“
Baldas drehte sich um und ging den kleinen Pfad von Garius‘ Haus mit schweren Schritten entlang. Im Gehen wandte er sich noch einmal um und rief: „Garius, ich glaube, uns droht Gefahr. Sammle alle Bewohner und wappnet euch für einen Angriff.“
Garius war sichtlich getroffen. „Aber…“
„Und ich denke, es wäre besser, wenn du die nächste Zeit keinen Fuß mehr nach Lasperonas machst. In den Straßen sind mir zu viele offene Ohren.“
Damit wandte er sich um und rannte los.
Kapitel 3
Aschnapur
Die Hitze war unerträglich. Die Sonnen standen am Zenit und die Wüste um ihn herum flimmerte, soweit er nur blicken konnte. Die Pferde wirbelten den Sand unter ihren Hufen auf, so dass Rodrick sich ein Tuch vor den Mund gebunden hatte, um nicht den ganzen Staub einzuatmen. Seine drei Begleiter, die neben ihm her ritten, hatten es ihm gleichgetan.
Eigentlich war der Weg vom Hafen in Port Lanis bis nach Aschnapur nicht weit, doch die Hitze machte selbst diesen Zweistundenritt zu einer anstrengenden Tortur. Je weiter sie ins Innere der Sanda-Insel im tiefen Südosten Krycals ritten, desto schlimmer wurde es. Glücklicherweise lag Aschnapur direkt am Ufer des Shaqall-Sees, der durch den gleichnamigen Fluss mit dem Meer im Norden der Insel verbunden war. Dieser brachte nahezu ununterbrochen eine leichte Brise und frische Meeresluft in die Metropole, so dass das Leben dort sehr erträglich war.
Zudem war der Fluss das Lebenselixier der Stadt und ihrer Einwohner. Vor hunderten von Jahren war all der Reichtum Aschnapurs durch die Mondsilberminen in den Sanda-Bergen gekommen. Der Abbau von Mondsilber für nahezu unzerstörbare Schwerter oder Werkzeuge war Jahrhunderte der Quell scheinbar nie versiegenden Reichtums gewesen, doch eines Tages waren die Minen erschöpft, das Mondsilber war nicht mehr zu finden. Aschnapurs wichtigster Wirtschaftszweig war von einem Tag auf den anderen weggefallen. Der Shaqall rettete die Stadt und erhielt ihren Reichtum bis heute. Er machte das Land rings um seine Ufer fruchtbar und die Bewohner bauten dort vor allem Gewürze an. Gewürze, die sonst nirgends anders in Krycal wuchsen und die mit täglich mehreren Schiffsladungen auf das Festland und in die Märkte der Städte exportiert wurden.
Anders als Aschnapur erging es dabei der kleinen Stadt Alabastia direkt am Fuße der Sanda-Berge. Sie lag inmitten der Wüste, konnte auf kaum ein anderes lukratives Geschäftsfeld ausweichen. Alabastia verkam binnen weniger Wochen zu einer verrufenen Stadt, in der Plünderer, Diebe und Tagelöhner lebten und für die die Berge einzig noch zum Abbau von Eisenerz dienten. Der Ruf dieser Stadt war in ganz Krycal bekannt und man sagte sich, es wäre noch nie eine Stadt so schnell vom Reichtum in die Armut verfallen, wie es Alabastia ergangen war.
Am Horizont tauchten bereits die vier Türme des Regentenpalastes auf und Rodrick atmete innerlich auf. Der Schweiß rann ihm in Strömen vom Körper und seinen Begleitern, drei Rittern der Palastwache, ging es ähnlich, das merkte er. Die Kuppeln der vier Türme waren rund, endeten in langgezogenen Spitzen – sie wurden auch Zwiebeltürme genannt – und ragten weit über Aschnapur hinaus. Sie kündigten das Ende ihrer Reise an.
Die freie Stadt Aschnapur war eine der sechs freien Städte im Südosten des Landes. Sie waren einzelne Republiken, hatten keine adligen Herrscher, sondern wählten ihre Stadtoberhäupter demokratisch aus dem Volk. Neben Aschnapur gehörten noch Valantis, die Oasenstadt Idris, Portalega, Sant Daka und Diamar zu den freien Städten. Aus letzterer kam Rodrick gerade. Er war der gewählte Regent Aschnapurs und deshalb regelmäßig in den anderen Städten zu Gast, um im Konzil der freien Städte Aschnapur zu vertreten. Sie hatten sich trotz ihrer Unabhängigkeit voneinander zu einer Einheit zusammengeschlossen, um den Wirren der aktuellen Zeit zu trotzen. Was kein einfaches Unterfangen war und von Tag zu Tag schwieriger wurde. Insbesondere aus Aramanth, der Hauptstadt Krycals und Sitz des dunklen Königs, Wallor des Eroberers, kamen immer wieder Zeichen des Unfriedens in den Südosten des Landes. Die freien Städte waren ihm ein Dorn im Auge, da sie ihm nicht die Gefolgschaft versprochen hatten. Rodrick fürchtete schon lange, dass der dunkle König bald angreifen würde. Doch so sehr hatten sich die Anzeichen glücklicherweise noch nicht verdichtet.
Während Rodrick seinen Gedanken nachhing, kam nun auch die Stadtmauer Aschnapurs am Horizont zum Vorschein. Die prächtige Stadt nahm nahezu das Gesamte Sichtfeld Rodricks in Beschlag. Die Stadtmauer war mehrere Meter hoch, in regelmäßigem Abstand ragte ein kleiner Zwiebelturm auf, in dem die Wachen ihre Aufstellung hatten.
„Wir haben es geschafft, die silberne Stadt hat uns wieder!“ Rodricks Freude über die Rückkehr in die Heimat war ihm anzuhören.
„Es ist immer wieder schön nach Hause zu kommen“, antwortete darauf der Reiter, der direkt rechts neben Rodrick ritt.
„Du sagst es, Gomis. Heute haben wir uns eine kühle Erfrischung im Palast mehr als verdient.“
Das mächtige, mit schwungvollen Ornamenten verzierte Stadttor wurde bereits geöffnet, als die vier Reiter noch mehrere hundert Meter entfernt waren. Der Regent war zurückgekehrt. Vier Tage war er nun nicht in Aschnapur gewesen. Er hoffte, dass es aus der Heimat keine schlechten Neuigkeiten gab. Die Themen im Konzil waren schon schlimm genug gewesen.
Sie ritten durch das Stadttor und entlang der gepflasterten Hauptstraße der silbernen Stadt. An den Rändern der Straßen kamen die Einwohner zum Stehen und grüßten Rodrick und seine Gefolgschaft freudig. Es herrsche ein quirliges Treiben in den Straßen und Gassen der Stadt, Marktschreier machten lauthals auf sich aufmerksam, Kinder rannten tobend umher, Pferdewagen voller Waren rollten über die Straßen. Aschnapur war lebendig wie eh und je.
Rodrick war wieder zuhause.
*
„Willkommen zurück.“ Ein Mann Mitte dreißig begrüßte Rodrick und seine Begleiter am Eingang des Regentenpalastes, der sich auf einer Anhöhe in der Mitte der Stadt befand. Er trug ein weißes Gewand und hatte ein Langschwert an seiner Taille hängen. „Ich hatte dich nicht so früh erwartet.“
Rodrick stieg vom Pferd ab und sofort kamen mehrere Stallburschen, um die vier Pferde in ihre Obhut zu nehmen. Rodrick nickte ihnen anerkennend zu und wandte sich dann an den Mann im weißen Gewand. „Wir haben das Konzil frühzeitig abgebrochen“, erklärte er. Sie gingen Seite an Seite durch die Tore des Palastes, in einigen Metern Abstand gefolgt von Gomis und den beiden Reitern, „ich erzähle dir mehr, wenn wir oben sind. Gab es in Aschnapur irgendwelche Vorkommnisse?“
„Nichts Nennenswertes, es war ruhig in deiner Abwesenheit“, beschied sein Gegenüber, während sie eine lange Wendeltreppe hinaufgingen. „Auf dem Shaqall haben wir ein Flüchtlingsschiff mit fünfzehn Elben aufgetrieben, die habe ich erst mal auf den Höfen im Norden untergebracht, so dass sie bei der Gewürzernte helfen können.“
„Man kann einen Wincent Carlei also alleine zuhause lassen.“ Rodrick lachte. „Gut gemacht, mein Freund. Ich hatte gehofft, Aschnapur wieder so vorzufinden, wie ich es verlassen hatte.“
„Dein unendliches Vertrauen ehrt mich“, grinste Wincent und öffnete die Tür zum großen Regentensaal, in dem Rodrick und seine Regierung regelmäßig tagten. Sie waren nun alleine, Gomis und die beiden Reiter hatten sich schon vorher verabschiedet.
Rodrick atmete tief durch und setzte sich ans Ende einer langen Tafel. Wincent schenkte aus einer Karaffe zwei Krüge mit Wasser voll und setzte sich zu Rodrick an die Tafel.
Wincent Carlei war seit mehreren Jahren die rechte Hand Rodricks. Er hatte ihn schon bei seiner Wahl zum Regenten Aschnapurs unterstützt und war schnell zu einem guten Freund Rodricks geworden. Sie vertrauten sich gegenseitig blind. Sie hatten sich einst in den Straßen Aschnapurs kennen gelernt und waren sich schnell sympathisch geworden. Wincent war es damals gewesen, der Rodrick dazu gebracht hatte, sich zur Wahl aufzustellen. Sein taktisches Geschick in politischen Themen war ihm schnell aufgefallen. Sie hatten oft in den Tavernen an der Uferpromenade des Shaqall-Sees gesessen und bei einem Glas Gewürzwein die aktuelle politische Lage des Kontinents besprochen. Rodrick war ein Naturtalent, noch dazu mit den Gaben der Ruhe und der Geduld gesegnet. Er war ein Mann des Volkes und das merkte man in seinen Taten als Regent. Aschnapur konnte sich ob seines Herrschers glücklich schätzen.
Rodrick trank einen tiefen Schluck aus dem Wasserkrug und begann dann zu erzählen. „Aus Diamar bringe ich weniger erfreuliche Neuigkeiten mit.“
„Warum habt ihr das Konzil abgebrochen? Gab es Streitigkeiten?“
„Nein, es war recht harmonisch. Bis auf ein paar Ausbrüche Beoins waren wir grundsätzlich einer Meinung. Am zweiten Tag kam frühmorgens ein Adler mit einer Botschaft am Palast an. Mellin hatte ihn geschickt – er beruft den Rat der sieben Völker ein. Und das so schnell wie möglich. Wir hatten also keine große Wahl, als einen nach Grünhain zu entsenden.“
„Beoin scheint mir in den letzten Monaten immer sonderbarer zu werden. Was ist nur mit ihm los?“ warf Wincent ein. „Und da ich dich hier sehe, frage ich mich, wer statt deiner nach Grünhain geschickt wurde?“
„Tja, ich habe kein gutes Gefühl dabei“, seufzte Rodrick, „wir haben Beoin geschickt.“
„Warum das? Ihr hättet jeden anderen schicken können. Isinbaia, Marlos, wen auch immer. Aber Beoin…?“
„Wir hatten fast keine Wahl. Beoin hat sich schnell in den Vordergrund gerückt und da es sehr eilte, war dies die schnellste Möglichkeit. Er befindet sich bereits an Bord der Windflöte, die ihn nach Elavista bringt. Die Windflöte war startklar und sollte ohnehin nach Westen fahren. Er hatte alle Argumente auf seiner Seite. Leider.“
Wincent spielte mit seinem Krug. „Hätte nicht Isinbaia mit der Veracruz direkt in den Westen reisen können, statt nach Valantis zu fahren? Du warst ja auch vor Ort mit der Goldsturm?“
„Ich sagte ja, er hatte seine Argumente auf seiner Seite. Wir waren lediglich zu viert dort, Isinbaia hatte nur ihren Berater dabei. Die Crews der Schiffe waren nicht auf solch lange Reisen ausgelegt.“
„Und was erwartest du nun von Beoin? Warum hat Mellin den Rat eigentlich einberufen?“
„Das stand leider nicht in der Nachricht. Nur dass es dringend ist und kein Aufschub möglich ist. Ich habe ein Gefühl, was der Grund sein könnte. Ich erwarte nicht viel vom alten Grafen, ich hoffe nur, er hält sich zurück.“ Er stand auf und lief im Saal umher. „Der dunkle Tag jährt sich bald zum zwanzigsten Mal… du hast ja von der Prophezeiung gehört.“
„Meinst du, sie lebt noch?“ Wincent war ebenfalls aufgestanden, sie standen nun nebeneinander an einem der Rundbogenfenster und blickten nach Osten über die Dächer der Stadt und den angrenzenden Shaqall-See.
„Ich hoffe es. Und Mellins Einladung gibt Grund zur Hoffnung. Warum sonst sollte er so dringend einladen? Zudem ist Wallor momentan auch nicht gerade untätig. Marlos erzählte von Schattenreitern, die im ganzen Land unterwegs sind und nach jungen Mädchen suchen. Sie töten alle, die sie finden können. Wallor geht ohne Skrupel vor – die richtige wird schon irgendwann dabei sein.“
„Dieser Teufel!“ entfuhr es Wincent. „Ich hoffe, seine Regentschaft hat bald ein Ende. Was soll ihm ein Mädchen schon antun?“
„Er weiß von der Prophezeiung. Und er will kein Risiko eingehen, dass sie ihm gefährlich werden könnte. Ähnlich verfährt er ja seit Jahren mit den Elben. Die wären in ihrer Gesamtheit mit einer großen Armee ernstzunehmende Gegner. Also lässt er sie umbringen, wohin seine Schattenreiter auch kommen. Die Elben, die im ganzen Land verstreut sind, fliehen momentan alle in die Randgebiete des Kontinents. Die ersten sind ja auch schon bei uns angekommen, die du in Empfang genommen hast.“
„Es ist ein Trauerspiel, was momentan auf dem Festland vor sich geht. Gibt es Bestrebungen, dass sich die Völker zusammentun, um gemeinsam gegen den dunklen König zu ziehen?“
Rodrick machte eine ausladende Handbewegung und deutete von links nach rechts über die Dächer der Stadt. „Wenn das so einfach wäre. Schau dir allein das Konzil der freien Städte an. Selbst wir sind uns in vielen Fragen uneinig. Die einen sind froh, wenn der dunkle König sie in Ruhe lässt und die Situation so bleibt, wie sie ist. Beoin in Diamar scheint sich mittlerweile sogar zu Wallor hingezogen zu fühlen. Andere sind rebellischer und würden sofort einen Aufstand planen, alleine ist das aber nicht möglich. Und auf dem Festland ist es noch schwerer. Der dunkle König hat viele Landstriche in seiner Gewalt, die Völker sind keine Einheit. Die Elben und Zwerge sind mit sich selbst beschäftigt und von Santaquona bis Maradea herrschen die verschiedensten Ansichten über ein mögliches Vorgehen.“ Er seufzte abermals. „Die Politik spielt Wallor dermaßen in die Karten und er kann langsam eine Provinz nach der anderen mehr in seine Gewalt bringen. Er hat dabei scheinbar alle Zeit der Welt…“
„Dann wollen wir hoffen, dass Mellin den Rat der sieben Völker zur Einheit bewegen kann.“
„Und genau deshalb ist dieses Mädchen so gefährlich für den dunklen König“, warf Rodrick wieder ein. „Wenn sie wirklich noch lebt, kann sie Hoffnung für alle Völker dieses Kontinents stiften. Wincent, sie weiß gar nicht, welche Macht sie hat. Weder Zauberkräfte noch physische Stärke sind es, die dem dunklen König gefährlich werden. Es ist alleine die Macht der alten Prophezeiung und die Tatsache, dass sie womöglich lebt. Die Hoffnung kann die Völker zusammenführen.“
„Dann bleibt nur zu hoffen, dass die Schattenreiter sie nicht in ihre Gewalt kriegen. Oder möglicherweise schon haben.“
„Wenn sie wirklich noch lebt, war sie fast zwanzig Jahre so gut versteckt wie kein anderer Mensch auf diesem Kontinent. Sie haben sie noch nicht.“
„Glaubst du, dass sie noch lebt?“ fragte Wincent.
Rodrick blickte mit hoffnungsvollem Blick in die Weiten der Sanda-Insel. Seine Augen leuchteten bei seinen nächsten Worten, voller Hoffnung, Vorfreude und Vertrauen in das, was noch kommen sollte. Dann sprach er mit ruhiger und überzeugter Stimme: „Sie ist irgendwo da draußen. Bald - bald wird dieses Land wieder von seiner rechtmäßigen Königin regiert.“
Kapitel 4
Samila
Die Tür sprang krachend auf, so stürmisch betrat Baldas die kleine Hütte, in der er und Elaina seit fast zwei Jahrzehnten lebten. Außer dem kleinen Aufenthaltsraum, der gleichzeitig als Küche diente und in dem er jetzt stand, gab es noch zwei kleine Schlafzimmer. Mehr bot die Hütte nicht, mehr benötigten die beiden aber auch nicht. Zum Waschen gingen sie entweder an den kleinen Bachlauf unterhalb des Hanges, auf dem die Hütte stand, oder sie wuschen sich in einem Zuber in ihren Zimmern.
Baldas blickte sich im Aufenthaltsraum um, ging dann schnellen Schrittes weiter zu Elainas Zimmer, dessen Tür offenstand. Sie war nicht da.
Es war später Nachmittag, sie konnte überall sein. Zum Waschen am Bachlauf, in geselliger Runde mit den wenigen gleichaltrigen Dorfbewohnern oder im Wald beim gespielten Schwertkampf mit Brick, ihrem besten Freund.
Doch Baldas entdeckte schnell, dass der Zuber fehlte und ebenso einiges an Geschirr, das sie die letzten Tage benutzt hatten. Sie war wohl am Bach. Innerlich atmete er kurz auf. Die Situation hatte schnell seinen Beschützerinstinkt geweckt und für ihn konnte es jede Sekunde zu spät sein.
Er wollte Elaina nicht mehr alleine lassen. Zu groß war die Gefahr für sie geworden, seit der Schattenreiter Samila betreten hatte. Ihre so behütete Kindheit und Jugendzeit hatten nun ein Ende, das musste sich Baldas eingestehen. Er hatte es ja gewusst, hatte aber den Tag mit aller Macht herauszögern wollen. Sie war in all den Jahren für ihn wie sein eigenes Kind geworden und aus einer Mission war sein Leben geworden.
Doch die Mission war noch nicht beendet. Baldas wollte direkt zum Bach weitergehen, um Elaina zu holen, als ihm noch etwas einfiel. Er ging in sein Zimmer, das spärlich möbliert war, außer einem kleinen Schreibtisch, einem Kleiderschrank und einem Bett war das Zimmer leer. Er zog eine Schublade des Schreibtisches auf und holte ein altes Buch hervor. Es hatte einen dunkelbraunen Ledereinband und war mit einer Schnur umwickelt, die er schnell aufband. Er öffnete das Buch, dessen weiße Pergamentseiten gänzlich leer waren.
Es war ein Runenbuch – eines der seltenen Exemplare, von denen es nur wenige in ganz Krycal gab. Er hatte es vor Jahren von Mellin erhalten, der ihm eines Tages mitten im Wald in der Nähe von Samila über den Weg gelaufen war. Der alte Zauberer hatte ein langes Gespräch mit Baldas geführt und ihm zum Abschluss das Runenbuch gegeben.
Nun war der Moment gekommen, es zu verwenden.
Baldas holte eine Feder, die auf dem Schreibtisch stand und tauchte sie in ein volles Tintenfässchen. Dann schrieb er nur ein Wort auf eine Seite mitten im Buch. Schattenreiter.
Wie von Zauberhand verfärbte sich die Tinte langsam. Aus dem anfänglichen dunklen Blau wurde immer mehr ein leuchtendes orange, als würde die Buchseite glühen. Dann verblasste die Schrift langsam, bis die Buchseite wieder leer war.
Nun hieß es warten.
Baldas kamen wenige Sekunden schon wie Minuten vor, so sehr hatte er sich ob der Situation unter Druck gesetzt. Er saß wie auf glühenden Kohlen und wollte eigentlich so schnell wie möglich zum Bach rennen.
Da wurde er auch schon erlöst. Ähnlich schnell, wie sein Wort verblasst war, kam nun ein kurzer Satz zum Vorschein. Auch dieser nahm zunächst die Farbe glühenden Oranges an, ehe er in blauer Tinte geschrieben stand. Kommt unverzüglich nach Grünhain.
Es hatte tatsächlich funktioniert! Mellin hatte über sein eigenes Runenbuch eine Antwort verschickt. Glücklicherweise hatte der Baldas‘ Nachricht mitbekommen. Wie auch immer dies funktionierte. Wie besprochen? schrieb Baldas nun, nachdem Mellins Nachricht wieder verblasst war. Sie war nur wenige Sekunden sichtbar gewesen.
Die Himmelsstürmer wartet in Lasperonas. Das genügte Baldas. Er klappte das Buch zu, packte es eiligst mit ein paar Habseligkeiten in seine Satteltasche, die im Aufenthaltsraum lag und rannte dann querfeldein in Richtung Bach.
*
Elainas blondes Haar schimmerte im tiefstehenden Sonnenlicht des späten Nachmittags fast goldfarben. Um sie herum flogen Schmetterlinge, Vögel sangen ihre Lieder, das Rauschen des kleinen Baches stimmte in die harmonische Symphonie mit ein.
Hier war sie gerne, um ihren Gedanken nachzugehen oder um an heißen Sommertagen ihre Füße ins kühle Nass des Baches zu halten. Es war ihr Rückzugsort, wenn ihr die Welt auf den Kopf fiel, was zugegebenermaßen in einem solch kleinen Dorf wie Samila nur selten passierte. Ab und an kam sie mit Brick hierher, um über die Welt zu philosophieren, manchmal kam sie aber einfach nur alleine hierher, um solch irdische Dinge wie den Abwasch vorzunehmen.
Sie saß vornübergebeugt an einer flachen Stelle und hielt Töpfe und Teller ins Wasser, während sie diese mit einem Tuch abwischte. Ihre weiße Tunika hatte sie lose um ihren Körper gebunden, ihre ledernen Sandalen lagen neben ihr im saftig grünen Gras. Die Bäume an beiden Seiten des Ufers schützten sie größtenteils vor der direkten Einstrahlung der starken Nachmittagssonne.
Sie hing ihren Gedanken nach, als sie am gegenüberliegenden Ufer des kleinen Baches ein leises Rascheln vernahm. Sie schaute erschrocken auf, sah aber zunächst niemanden. War etwa jemand am anderen Ufer? Noch nie hatte sie hier einen anderen Menschen angetroffen, als die Leute, die in Samila lebten. Wollte Brick ihr etwa einen Streich spielen? Sähe ihm ähnlich. Doch auch diesen Gedanken verwarf sie alsbald, nachdem sie einige Sekunden gewartet hatte, in denen nichts passierte.
Sie widmete sich wieder ihrer Arbeit, als sie wenig später erneut das Rascheln hörte. Sie blickte schnell auf und sah tatsächlich eine Bewegung. Ein Farn wackelte noch. Es musste tatsächlich jemand oder etwas dort drüben sein. Aber vielleicht war es auch nur eine Maus oder ein Vogel.
Sie machte das Spielchen noch ein oder zwei Mal mit, dann war sie sich aber ziemlich sicher, dass es sich um kein Nagetier oder Vogel handelte. Wer auch immer dort drüben lauerte, er hatte Geduld.
Elaina fasste einen Plan. Insgeheim gefiel ihr die kleine Spielerei, sie lenkte sie von der doch recht eintönigen Arbeit ab und war so etwas wie ein kleiner Lichtschimmer im Alltag. So komisch das auch klang. Sie nahm wieder ihr Tuch in die Hand und rieb einen Topf ab, hielt den Kopf zwar gesenkt, den Blick aber weiterhin fest ans andere Ufer.
Dann sah sie es.
Sie blickte direkt in zwei dunkelbraune Knopfaugen, die sich zwischen einem kleinen Strauch versteckten. Als sich ihre Blicke trafen, waren die Augen in Windeseile verschwunden. Das Geschöpf musste aber noch hinter dem Strauch lauern, es hatte keine Anstalten gemacht, zu verschwinden. Wer bist du? fragte sich Elaina.
Es war nicht das erste Mal, dass sie beobachtet wurde, dessen war sie sich sicher. Sie hatte es in den letzten Wochen in diversen Situationen gespürt. Augen, die auf ihrem Rücken klebten, das dumpfe Gefühl, nicht allein zu sein und die Anwesenheit eines anderen Geschöpfes zu wissen. Sie hatte es lange abgetan als Hirngespinste, doch vor mehreren Tagen hatte sie es das erste Mal gesehen. Ein rötliches, etwa einen halben Meter großes Tier. Es war am Rande der kleinen Waldlichtung gewesen, auf der im Herbst immer das Gabenfest zu Ehren Hargins stattfand. Sie war mit Baldas dort zum Holzspalten gewesen und schon alleine vorgegangen, da hatte sie das kleine Tier gesehen. Es hatte sie beobachtet. Wie so oft wohl in den letzten Wochen. Wieso nur?
Sie wusste immer noch keine Antwort darauf, wollte nun aber Kontakt aufnehmen. Gefahr hatte sie nie in Anwesenheit des Tieres verspürt, sie vertraute da auf ihre Instinkte.
Auch wenn sie selbst noch nie einer Gefahr ausgesetzt gewesen war.
„Ich kann dich sehen“, rief sie in Richtung der anderen Uferseite. Sie versuchte keine schnellen Bewegungen zu machen, um das Tier nicht zu erschrecken.
Nichts regte sich.
Sie setzte sich auf und spielte mit einem Finger etwas im lauen Wasser des Bachlaufs herum. Sie drehte leichte Kreise, während ihre Augen völlig auf das andere Ufer fixiert waren.
„Hab keine Angst, ich werde dir nichts tun!“ Ihre Stimme spiegelte in sämtlichen Tönen das Gesagte wider.
Eine kleine Regung auf der anderen Seite. Zwischen zwei Farnen kamen langsam die wachen Augen des Tieres zum Vorschein. Verstand es etwa, was Elaina gesagt hatte? Konnte es die Sprache der Menschen sprechen?
Eine nasse, schwarze Schnauze, weißes und rotbraunes Fell und die lieblichen Knopfaugen kamen zum Vorschein. Ängstlich, aber doch neugierig blickte das Wesen sie an. Es schien, als gäbe es irgendeine Verbindung zwischen ihnen beiden, denn Elaina spürte sofort enges Zutrauen.
„Du hast mich schon öfters beobachtet, habe ich recht?“ Ein Lächeln lag in ihrem Gesicht. Die Freude, dass sie es tatsächlich geschafft hatte, dass sich das Wesen zeigte. Sie hatte solch ein Wesen noch nie gesehen. Entfernt ähnelte es einem Hund oder so etwas in der Art, doch war es keiner.
Sie wusste, dass es etwas Besonderes war, das sah sie in dessen Augen. Sie schienen fast eine menschliche Intelligenz auszustrahlen. Was bist du?
Gerade in dem Moment, als das Tier einen Schritt nach vorne machen wollte und eine dunkelbraune Tatze zum Vorschein kam, erschien Erschrecken in den Augen des Tieres. Es zögerte nicht lange, zog die Tatze zurück, drehte sich um und verschwand.
Elaina drehte sich gerade in dem Moment um, als Baldas auftauchte. Er kam den kleinen Pfad von der Anhöhe hinunter, auf der ihr Haus stand. Elaina war enttäuscht, dass die Begegnung mit dem geheimnisvollen Wesen so abrupt endete. Und so erfolglos.
Baldas kam schnellen Schrittes auf sie zu. „Elaina!“ rief er schon aus mehreren Metern Entfernung. „Elaina, komm! Wir müssen gehen!“
„Gehen? Wohin?“
„Das erzähle ich dir unterwegs. Wir satteln Sturmwind und Eisenschweif und reiten los.“ Baldas hockte sich neben sie ins Gras. Sein Blick war aufgewühlt, ließ aber keine Zweifel zu. Er meinte es vollkommen ernst.
Elaina fühlte sich vor den Kopf gestoßen und nahm einen Teller aus ihrem Zuber, um diesen zu waschen. „Was? Ich verstehe nicht, Baldas. Warum sollten wir aus Samila fort?“
„Es ist nicht mehr sicher hier. Ein Schattenreiter war soeben hier. Wir müssen verschwinden. Sie werden zurückkommen.“
„Und was ist mit den anderen?“
Baldas schüttelte den Kopf. „Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich wappnen. Doch wir müssen fort von hier. Deine Sicherheit steht auf dem Spiel.“ Er stand auf. „Los, komm, wir dürfen keine Zeit verlieren.“
„Wir können doch nicht fliehen und die anderen ihrem Schicksal überlassen, falls diese Schattenreiter wirklich hier angreifen sollten. Warum sollten sie das tun?“ Elaina machte keine Anstalten, sich irgendwohin zu bewegen.
„Das ist eine lange Geschichte, die ich dir unterwegs erzählen werde. Und jetzt komm mit!“ Er fasste sie am Arm und wurde ungeduldiger, doch sie entzog sich seinem Griff.
„Erzähl mir, was los ist, Baldas. Ich werde nicht meine besten Freunde im Stich lassen und von hier verschwinden.“ Sie klopfte ins Gras an die Stelle, an der Baldas soeben noch gesessen hatte. Seufzend ergänzte sie: „Ohne triftigen Grund.“
Sie sah Baldas seinen innerlichen Konflikt regelrecht an. Doch eine Seite siegte und er setzte sich tatsächlich noch einmal neben sie ins Gras. Dann begann er mit leiser Stimme zu erzählen.
„Was ich dir jetzt erzählen werde, wird alles, was du bisher von deiner Welt gedacht hattest, zu wissen, in den Grundfesten erschüttern, liebe Elaina. Du musst mir versprechen, dass, egal, was ich dir jetzt erzähle…, dass du dann mit mir mitkommen wirst. Ohne zu zögern. Kannst du das versprechen?“
Elaina zögerte kurz, antwortete dann aber mit einem entschlossenen „Ja“. Was auch immer Baldas ihr zu erzählen hatte, so schlimm konnte das doch nicht sein.
„Also gut. Wie du ja weißt, hat der König, Wallor der Eroberer, vor fast zwanzig Jahren die Macht über Krycal an sich gerissen. Die Geschichten seiner Feldzüge, Intrigen und Machtspiele wurden schon oft an den Lagerfeuern erzählt. Beim letzten Feldzug des dunklen Königs erschlug er König Edward in dessen Thronsaal im königlichen Palast in Aramanth. Und wie die Geschichten erzählen, auch dessen Frau Lucinda und deren Tochter, die Prinzessin, die gerade mal eineinhalb Jahre alt war.“ Während er erzählte, blickte er gedankenvoll über das Wasser des rauschenden Baches. Es schien ihn zu beruhigen, während er leicht zitternd weitererzählte. „Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Edward vertraute sich an jenem dunklen Abend, als er in das Antlitz einer schier unfassbaren Armee blickte - manch einer sagt, es waren mehr Krieger, als die Sondorwüste Sandkörner hat – seinem engsten Vertrauten an. Noch in jener Nacht ritten zwei Pferde aus Aramanth hinfort, tief in die Westlande. Es waren des Königs engster Vertrauter – und Königin Lucinda mit ihrer Tochter.“
„Das hat noch nie jemand erzählt! Dann leben die Königin und die Prinzessin ja noch!“ entfuhr es Elaina mitten in Baldas‘ Erzählung hinein. „Aber das ist ja fantastisch!“