Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording - Tanja Janz - E-Book
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Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording E-Book

Tanja Janz

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Beschreibung

Entspannt in den Tod: Mord in der Sauna!  Im beschaulichen St. Peter-Ording ist das Unfassbare passiert: Schauspieler Titus Frank, der eigentlich die Premiere seines jüngsten Films feiern sollte, wird tot in der Sauna seines Ferienhauses aufgefunden. Dass es Mord war, steht schnell fest – schließlich kann der Mann die Tür von außen ja nicht selbst verriegelt haben. Zu allem Überfluss bekommen Ernie, Fred und Ilva auch noch Konkurrenz – Freds Vater, ein Kommissar im Ruhestand, mischt sich ein und stößt auch prompt auf eine erste Spur ... und die ist ganz schön heiß. Wer den Kultort St. Peter-Ording liebt, wird viel Spaß mit diesen humorvollen Krimis haben, bei denen das Gute trotz Pleiten, Pech und Pannen immer siegt! Strand-Feeling und Sommer-Laune ist hier garantiert.

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Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording

Bestsellerautorin TANJA JANZ begeistert ihre Leserinnen und Leser auch mit ihren gefühlvollen Romanen vor der traumhaften Kulisse von St. Peter-Ording. Bevor sie mit Mitte dreißig begann, selbst Romane zu schreiben, hat sie mehrere Jahre als Pädagogin gearbeitet und leidenschaftlich gelesen. St. Peter-Ording ist ihr Sehnsuchtsort und seit vielen Jahren ein Fixpunkt in ihrer Urlaubsplanung.

Von der Autorin ist in unserem Hause außerdem erschienen:Wilkommen in St. Peter-(M)OrdingFiese Briese in St. Peter-(M)Ording

Tanja Janz

Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording

Ein Küstenkrimi

Ullstein

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Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage Mai 2024© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024

Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®, MünchenKarte: © Peter Palm, BerlinAutorenfoto: © mobbys-pics.comE-Book powered by pepyrusAlle Rechte vorbehalten.Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.ISBN 978-3-8437-3127-0

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Rezepte

Karte von St. Peter-Ording

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Widmung

Für alle Krimifans,die Ilva, Ernie und Fredin ihre Herzen geschlossen haben.

Kapitel 1

Zwei Wochen zuvor am Strandabschnitt St. Peter-Bad, Mitte Juni, bei 24 Grad, leichter Brise und strahlendem Sonnenschein

»Und Action!«, schallte eine resolute Männerstimme aus einem Megafon.

Ich linste über die Seiten meines Buchs, mit dem ich es mir in einem der ein wenig abseits des Geschehens aufgestellten Strandkörbe gemütlich gemacht hatte. Doch nicht zu weit entfernt, um das Treiben gut im Blick zu haben. Der Krakeeler mit dem Sprachrohr stand schätzungsweise zwanzig Meter von mir entfernt, in unmittelbarer Nähe zum Restaurant Arche Noah, das in einem der hiesigen Pfahlbauten untergebracht war. Er trug eine gelbe Schirmkappe und eine verspiegelte Sonnenbrille. Um ihn herum war ein Teil des Strandes mit rot-weißen Plastikbändern abgesperrt, hinter denen sich Schaulustige die Füße platt standen. Der Wind wehte aus einer günstigen Richtung. Dadurch gelangten immer wieder Satzfetzen an meine Ohren, und ich musste mich nicht sonderlich darum bemühen, um etwas von der Show mitzubekommen. Das ging fast automatisch.

»Da isser!«, rief eine verzückte Frauenstimme.

Ich beugte meinen Oberkörper etwas vor und blickte nach rechts, wo ein Stück weiter ebenfalls ein Strandkorb stand, auf dessen Dach sich eine Möwe niedergelassen hatte. Eine dralle Blondine in einem grünen Badeanzug zeigte mit einem Finger in Richtung des Pfahlbaus. In der anderen Hand hielt sie ein Fernglas, durch das sie angestrengt schaute. Der Sonnenbrand ihres Dekolletés hob sich knallrot von ihrem sonst eher käsigen Teint ab.

Ich folgte mit meinem Blick ihrem Fingerzeig, der direkt auf einen der bekannten Schauspieler deutete.

»Oh! Ich will ihn auch sehen«, meldete sich daraufhin eine weitere Frauenstimme aus dem benachbarten Strandkorb zu Wort. Eine Hand griff nach dem Fernglas, und kurz darauf erschien der Kopf einer Rothaarigen, deren schon fast weiße Haut mit unzähligen Sommersprossen bedeckt war.

»Das isser ja wirklich«, stellte sie kurz darauf fast ein wenig erstaunt fest und beobachtete mit offenem Mund das Schauspiel. »Der ist aber viel kleiner als im Fernsehen«, sagte sie und gab der anderen Frau den Feldstecher zurück.

Ich legte das Buch weg und setzte mir stattdessen eine Sonnenbrille auf, um nicht von dem grellen Sonnenlicht geblendet zu werden – außerdem hatte ich so unauffälliger alles im Blick. Mit schräg gelegtem Kopf beobachtete ich eine Weile den besagten Schauspieler, der sich nun schon das dritte Mal ungelenk in den Sand warf und danach wieder umständlich aufrichtete. Für Entzückung wie bei meinen Strandkorbnachbarinnen sorgte dies bei mir jedoch nicht. Seine besten Jahre hatte er zweifellos hinter sich gelassen. Windböen zerzausten immer wieder sein dünnes graues Haar. Selbst sein trainierter Körper wirkte eher mager als gesund. Manche Männer wurden in ihrer zweiten Lebenshälfte trotz Sport hager, und dies schien auch auf ihn zuzutreffen. Obwohl eine gewisse Distanz zwischen uns lag, konnte ich dies erkennen. Die Behauptung, dass die Leute vor der Kamera im Fernsehen oder auf der Kinoleinwand immer fülliger wirkten, als sie es in Wirklichkeit waren, traf auch auf ihn zu. Doch Mitleid hatte ich mit ihm keineswegs. Ein gewisses Unbehagen machte sich in mir breit, ein Gefühl, das ich nicht das erste Mal spürte. Ich wandte meinen Blick von ihm ab und schaute über den Strandabschnitt. Dabei blieben meine Augen an der Menschentraube hängen.

Nicht jeder hatte das vermeintliche Glück gehabt, einen Strandkorb zu ergattern, um eine gute Sicht auf die Dreharbeiten zu haben. Eine kleinere Frau mit einem Strohhut auf ihrem Kopf bemühte sich verzweifelt, einen Blick auf die Schauspieler zu erhaschen. Sie reckte ihren Hals, verbog ihren Oberkörper und versuchte, an den Leuten seitlich vorbeizuschauen. Doch diejenigen, die vor ihr standen, waren nicht nur mindestens zwei Köpfe größer als sie, sie wichen auch nicht einen Zentimeter zur Seite und ließen ihr keine Möglichkeit, irgendetwas vom Geschehen mitzubekommen. Schließlich stellte sie sich auf die Zehenspitzen und hielt mit gestrecktem Arm ein Handy in die Höhe. Vermutlich hoffte sie, so wenigstens ein paar wackelige Aufnahmen von den Schauspielern machen zu können.

Kopfschüttelnd packte ich das Buch in meine Tasche. Was für ein Theater wegen ein paar Schauspielern, die vorgaben, Ermittler oder Ganoven in einem Krimi zu sein. Ich fragte mich, ob das Interesse der Leute genauso groß wäre, wenn sie die Akteure jenseits ihrer Arbeit kennenlernen würden. Vermutlich nicht. Wie dem auch sei. Ich hatte jedenfalls genug gesehen. Außerdem erinnerte mich mein Magen daran, dass es höchste Zeit für ein Mittagessen war.

Ich erhob mich und schulterte meine Tasche. Mit den Sneakers in der Hand stapfte ich durch den knöcheltiefen Sand. Langsam näherte ich mich den Schaulustigen. Die arme Frau versuchte nach wie vor, einen Blick auf das Geschehen zu werfen. Kurzerhand blieb ich neben ihr stehen und zog die Buchungsbestätigung des Strandkorbs aus einem Seitenfach meiner Tasche. »Entschuldigung«, sprach ich sie an.

»Ja?«, fragte sie mit erstauntem Blick und ließ das Handy sinken.

Freundlich lächelte ich sie an. »Ich habe für heute einen Strandkorb gemietet, brauche ihn aber nicht mehr. Er steht gleich da drüben.« Ich deutete auf die Sitzgelegenheit mit dem blau-weißen Bezug. »Wenn Sie möchten, überlasse ich ihn Ihnen. Er ist bis heute Abend gebucht. Von dort aus können Sie die Dreharbeiten problemlos verfolgen.«

»Wirklich?« Sie lächelte ein wenig ungläubig und legte eine Hand auf ihren Brustkorb.

Ich nickte und hielt ihr die Buchungsbestätigung entgegen. »Der Strandkorb hat die Nummer 1066.«

Sie nahm die Buchungsbestätigung und warf einen Blick darauf. »Ich weiß gar nicht, ob ich das annehmen kann. Lassen Sie mich Ihnen wenigstens einen Teil der Kosten erstatten.«

Ich hob abwehrend beide Hände. »Bitte nicht. Ich freue mich, wenn Sie sich freuen.«

»Dann sage ich Danke.« Die Frau blickte wieder auf die Bestätigung.

»Gerne. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Beobachten der Dreharbeiten«, sagte ich zum Abschied. An einer Bank auf der Seebrücke machte ich halt, um meine Schuhe anzuziehen. Mit einem Taschentuch entsandete ich meine Füße und schlüpfte in die Sneakers. Bevor ich meinen Weg zurück zur Promenade fortsetzte, schaute ich mich noch einmal um. Nach wie vor standen etliche Schaulustige an dem rot-weißen Band, und bestimmt warfen sich Schauspieler weiterhin in den Sand, so wie es ihre Rolle von ihnen verlangte. Die kleine Frau mit dem Strohhut konnte ich nicht mehr ausmachen. Mit einem Lächeln schritt ich über die Brücke. Ich hatte einen Plan und war davon überzeugt, dass er dieses Mal funktionieren würde. Mein Unbehagen war verflogen.

Kapitel 2

Ende Juni in der Aula der Nordseeschule, bei schwülen 26 Grad mit einzelnen Wolken am Himmel

Ilva drückte die Tür nach innen auf und machte sofort reflexartig einen Schritt zurück. »Puh!« Stickige Luft schlug ihr wie ein Brett entgegen und trieb sogleich Schweißperlen auf ihre Stirn.

»Was eine Affenhitze!«, bemerkte ihre Freundin Ute ungerührt, die mit einer Schülergruppe aus dem Deutschkurs der elften Klasse gleich hinter ihr ging und genau wie sie als Lehrerin in der Nordseeschule tätig war. In ihren Händen hielt sie große Papierbögen. Zwei weitere Teilnehmer des Kurses trugen ebenfalls Bögen in verschiedenen Farben.

Ilva und Ute kannten sich bereits aus dem Sandkasten. Sie waren beide in St. Peter-Ording aufgewachsen und hatten später selbst gemeinsam die Schulbank an der Nordseeschule gedrückt. Nach ihrem Abitur waren sie zum Studium nach Hamburg gegangen und hatten dort in einer WG zusammengewohnt. Doch nach dem bestandenen Ersten Staatsexamen hatten sich ihre Wege getrennt. Ute war als Referendarin für Kunst und Biologie zurück an die Nordseeschule gegangen, während Ilva an einem Hamburger Gymnasium ihr Referendariat in den Fächern Englisch und Deutsch absolviert hatte. Erst vor zwei Jahren hatte es Ilva zurück in ihren nordfriesischen Heimatort verschlagen, um ihre Mutter bei der Genesung von einem Oberschenkelhalsbruch zu unterstützen und ihren Vater zu entlasten, der mit der ungewohnten Situation überfordert gewesen war. Zwar wohnte Ilvas Bruder Ernie auch in St. Peter-Ording, doch war er als Krankenpfleger ebenso ungeeignet wie ihr Vater. Als hiesiger Kommissar hatte er ohnehin alle Hände voll damit zu tun, verirrten Touristen den Weg zu ihren Unterkünften zu erklären, Parksünden zu ahnden oder ältere Herrschaften sicher von einer zur anderen Straßenseite zu geleiten. Kam es ganz dicke, musste er auch schon mal den Feuerlöscher zücken und einer brennenden Mülltonne den Garaus machen oder in jüngster Vergangenheit sogar Mordfälle aufklären. Nein, Ernie war damals keine Hilfe für ihre Mutter gewesen, und so hatte Ilva die Möglichkeit beim Schopfe gepackt, als eine Stelle als Lehrerin an der Nordseeschule frei geworden war.

Seitdem war alles wieder fast wie früher. Sie war mit ihrer Familie vereint und mit ihrer besten Freundin Ute ein Herz und eine Seele. Sogar zwischen Eike und ihr, ihrer großen Jugendliebe, hatte es wieder gefunkt, und sie waren nach vielen Jahren abermals ein Paar geworden – inzwischen sogar verlobt. Manchmal erschien Ilva ihre Zeit in Hamburg wie ein unwirklicher Traum, und sie fragte sich, wie sie es nur so lange ohne ihr geliebtes St. Peter-Ording ausgehalten hatte.

Mit großen Schritten durchquerte sie nun den Raum und zog die schweren Vorhänge mit einem kräftigen Ruck beiseite. Danach riss sie sämtliche Fenster des Schulsaals auf, um frische Luft hereinzulassen.

»So!« Sie lächelte Ute und den Schülern zu. »Damit wir nicht ersticken.«

»Hier bekommt man ja Kopfschmerzen«, moserte eine Schülerin, die einen Rucksack geschultert hatte.

»In zehn Minuten dürfte es hier schon ein wenig erträglicher sein, Lara. Sauerstoff hilft immer!«

»Na, wenn Sie das sagen, Frau Feddersen, dann wird’s stimmen«, gab die Schülerin wenig überzeugt zurück und legte ihren Rucksack auf einem der Stühle ab.

Die Tür der Aula wurde weiter geöffnet, und kurz darauf kam Celina Töpfer, eine junge Studentin im Schulpraktikum, mit weiteren Schülern des Deutschkurses herein. Sie trugen große Plastiktaschen, in denen sich verschiedene Stoffe auf Rollen, Farben und Pinsel und weiteres Bastelmaterial befanden.

»Na, wunderbar!« Ute nahm der jungen Kollegin eine der Taschen ab und schaute hinein. »Damit dürften wir alles für das Bühnenbild haben.«

Sie stellten die Plastikbeutel vor der rot gestrichenen Wand ab.

»Wie schön, dass wir nun alle beisammen sind und es endlich losgeht«, begrüßte Ilva die anwesenden Schüler, die sich in einem Halbkreis vor ihr, Ute und der Studentin aufgestellt hatten. »Bei dem schönen Wetter wären sicher einige von euch lieber am Strand.«

Ein paar Schüler nickten zustimmend.

»Beim Surfen«, fügte Mik hinzu und fuhr sich mit einer Hand durch sein blondes kinnlanges Haar.

»Ich wäre lieber bei den Dreharbeiten dabei«, meinte Lara.

»Angeblich werden noch Statisten gesucht«, wusste ihre Freundin Jessy zu berichten.

»Umso mehr wissen wir euer Engagement zu schätzen«, versicherte Ute.

»Ich habe auch zuerst in Theaterstücken mitgewirkt«, meldete sich nun Celina Töpfer zu Wort. »Danach war ich häufiger als Komparsin bei Fernsehproduktionen dabei, und einmal hatte ich sogar eine kleine Sprechrolle.«

»Wirklich?« Aus Laras Blick sprach Bewunderung. »Welche Rolle haben Sie denn gespielt?«

Die junge Studentin lächelte und zuckte mit den Schultern. »Eigentlich war es bloß ein ganz kleiner Auftritt. Ich war Kundin in einer Bäckerei und habe vier Brötchen bei der Verkäuferin bestellt. Und am Ende wurde die Szene aus dem Fernsehfilm rausgeschnitten.«

»Das ist ja voll fies.« Jessy schüttelte entsetzt den Kopf. »Ich wäre so was von enttäuscht gewesen.«

»Das war ich auch. Trotzdem war es eine wertvolle Erfahrung für mich. Danach habe ich mich wieder ausschließlich auf Bühnenstücke konzentriert. Da kann man nichts rausschneiden.«

»Da trifft es sich doch gut, dass wir uns auf ein Theaterstück vorbereiten wollen«, lenkte Ute das Gespräch auf das eigentliche Thema zurück.

»Stimmt genau!«, fand auch Ilva. »Ihr habt ja alle das Stück Die Physiker gelesen. Hat jemand von euch schon konkrete Ideen für das Bühnenbild?«

»Nicht für das Bühnenbild, aber für meine Rolle«, sagte Mik, der in dem Theaterstück die Figur des angeblich geisteskranken Physikers Möbius darstellen sollte. Er zog den Reißverschluss an einer Sporttasche auf und beförderte daraus einige Kleidungsstücke zutage. »Alles originale Klamotten von meinem Opa Kurt. Mindestens älter als dreißig Jahre. Vielleicht sogar vierzig.« Er band sich eine altmodische karierte Krawatte um den Hals und schlüpfte in ein braunes Cord-Sakko mit Schulterpolstern, das ihm mindestens zwei Nummern zu groß war. Zum Schluss setzte er sich noch eine Nickelbrille ohne Gläser auf und strich seine Haare zu einem glatten Scheitel nach rechts. »Na? Wie ist das?« Er breitete die Arme aus und drehte sich dann einmal um die eigene Achse.

Die umstehenden Schüler begannen zu kichern.

»Krass! Dein eigener Opa würde dich als durchgeknallter Physiker nicht erkennen!«, johlte Levin und klopfte Mik anerkennend auf eine Schulter.

Ilva und Ute konnten ebenfalls nicht ernst bleiben. »Da trifft es sich gut, dass es sich bei dem Theaterstück um eine Komödie in zwei Akten handelt«, schmunzelte sie. »Du wirst die Lacher definitiv auf deiner Seite haben.«

»Bravo!« Ute klatschte in die Hände. »Du siehst wirklich aus wie ein verrückter Professor.«

»Vielleicht ziehst du dir noch ein Hemd an, das du falsch zuknöpfst«, schlug Celina Töpfer vor.

»Eine sehr gute Idee. Damit machst du darüber hinaus einen zerstreuten Eindruck auf die Zuschauer.« Ilva nickte erst Mik, dann der Kollegin zustimmend zu.

»Nun aber zurück zum Bühnenbild«, forderte Ute mit Blick auf ihre Armbanduhr. Als Kunstlehrerin begleitete sie die ästhetische Umsetzung der Kulisse, und jeder, der sie an der Schule kannte, wusste, dass sie sich nur mit einer formvollendeten Gestaltung zufriedengeben würde. Sie breitete ein großflächiges weißes Papier auf dem Boden aus, auf das sie Stifte legte. »Lasst uns mal anfangen, Ideen zu sammeln. Sonst ist gleich unsere Zeit vorbei, und wir haben nichts geschafft.« Sie hockten sich im Kreis um das unbeschriebene Blatt und griffen nach den Stiften. »Hat jemand schon Vorschläge?«

Eine Stunde später räumten sie wieder alles zusammen. Ute brachte das Plakat mit der Skizze für das vorläufige Bühnenbild ins Lehrerzimmer.

»Lass ruhig. Wir bringen die Stoffe und Bastelsachen wieder zurück in den Kunstraum«, sagte Celina Töpfer, bevor Ilva nach den Taschen greifen konnte.

»Danke.« Ilva lächelte die junge Kollegin an und blickte ihr hinterher, während diese die Aula zusammen mit drei weiteren Schülern verließ, die beim Tragen halfen. Ilva blieb allein zurück, schloss die Fenster wieder und zog die Vorhänge zu. Vor ihrem nächsten Treffen wollte sie mindestens eine Stunde gut durchlüften. Im Sommer staute sich schnell die Wärme in dem Saal. Das war schon zu ihrer Schulzeit so gewesen. Nachdem sie die Tür zum Schulsaal abgeschlossen hatte, spürte sie eine Vibration auf Höhe ihrer Hüfte. Sie griff in ihre Tasche, die sie über der Schulter trug, und zog ihr Handy heraus. Es blinkte und signalisierte den Eingang einer Nachricht. Ilva wischte über das Display.

Hey IlvaIch schaffe es leider nicht, dich von der Schule abzuholen.In Ording ist die Hölle los!Ich muss unsere Dünen vor den Wahnsinnigen retten!Brauche dringend deine Verstärkung.Bis hoffentlich gleich.Eike

Ilva schüttelte belustigt den Kopf. In ihrer Fantasie konnte sie Eike förmlich sehen, wie er mit hochrotem Kopf und wild gestikulierend zwischen den Dünen hin- und herrannte. Sie tippte eine Antwort an ihn.

Halte durch, mein Lieber!Ich eile zu deiner Rettung – und der der Dünen!Ilva

Sie schickte die Nachricht ab und steckte das Telefon zurück in die Tasche. Es musste wahrhaftig Land unter in Ording sein, wenn Eike nicht zu ihrer Verabredung erschien. Normalerweise hielt er sein Wort und war zuverlässig. Doch die Dünen und deren Bewohner waren wehrlos und auf Eikes Verteidigung angewiesen. Sie entdeckte Ute in der Halle vor dem Schuleingang. Sie unterhielt sich mit Mik, der immer noch die Krawatte seines Opas um den Hals trug. Das Sakko hatte er über einen Arm gelegt und die Brille in seine Haare hochgeschoben. Ilva stellte sich zu ihnen.

»Ich könnte einen alten Schaukelstuhl besorgen«, sagte er. »Meine Großeltern haben so ein uraltes Teil im Schuppen stehen. Der knarrt bei jeder Bewegung und ist bestimmt schon mindestens hundert Jahre alt.«

»Ist er nicht zu sperrig zu transportieren?«, fragte Ute stirnrunzelnd.

Mik schüttelte den Kopf. »Das geht schon. Mein Opa hat auch einen großen Bollerwagen, da passt der Schaukelstuhl locker rein. Ich kann ihn dann hinter mir herziehen.«

Ilva nickte wissend. »Opas haben so was. Meiner hatte auch einen kleinen Anhänger für sein Fahrrad. Damit hat er sämtliche Einkäufe bei jedem Wind und Wetter befördert. Sogar Kästen mit Getränken. Und nie ist was kaputtgegangen.«

»Also gut. Bring den Stuhl gerne beim nächsten Mal mit. Als Requisit wird er sich im Theaterstück bestimmt gut machen.«

»Das mache ich.«

»Vielleicht kann der Hausmeister ihn bis zur Vorstellung im Schulschuppen unterbringen«, überlegte Ute. »Ich werde ihn morgen gleich fragen.«

»Okay. Ich muss dann jetzt mal los.« Mik schien es auf einmal eilig zu haben.

»Du willst bestimmt auch wegen einer Statistenrolle zum Drehort?«, vermutete Ute.

»Nee, das ist nichts für mich. Eher was für die Mädchen.« Er winkte ab. »Ich gehe lieber noch eine Runde surfen. Bis morgen dann!« Er beeilte sich, das Schulgebäude zu verlassen.

Ilva guckte zu ihrer Freundin. »Na, er konnte jetzt aber auch nicht schnell genug wegkommen, oder?«

»Er will doch surfen.«

»Oder er ist geflüchtet.« Ilva zog die Augenbrauen hoch und schaute in die Richtung, aus der sich ihnen Schritte näherten.

»Er ist definitiv geflüchtet«, raunte Ute ihr zu, als sie ihren Kollegen, den Chemielehrer Hajo Schröter, erspähte. Dass er und Mik seit geraumer Zeit im Clinch lagen, war kein Geheimnis. Spätestens seit einer lautstarken Auseinandersetzung im letzten Winter auf dem Schulflur wusste die ganze Schule Bescheid. An der bevorstehenden Chemienote hing nicht weniger als Miks Versetzung. Da er in Deutsch ebenfalls keine Leuchte war, hatte er sich gleich mächtig ins Zeug gelegt, um die Rolle des Möbius in der Theateraufführung zu bekommen, denn die Leistung floss zu einem Großteil in die Endnote ein. Trotz Miks mäßiger Deutschnoten hatte Ilva einen guten Draht zu dem Jungen. Ganz im Gegensatz zu Hajo Schröter.

»Moin!« Er blieb bei ihnen stehen.

»Moin!«, grüßten Ilva und Ute zurück.

»Habt ihr Nachmittagskurse?«, fragte er.

»Die Vorbereitungen für das Theaterstück sind gestartet«, erklärte Ilva.

Er steckte seine Hände in die Vordertaschen seiner Jeans. »Ach ja. Welches Stück wird noch mal dieses Jahr aufgeführt?«

»Die Physiker von Dürrenmatt«, informierte Ute ihn.

»Stimmt ja. Wären es Die Chemiker, hätte ich es mir wohl gemerkt«, machte er einen schwachen Witz.

Ilva und Ute lächelten höflich.

»Zur Aufführung sind aber auch Chemiker willkommen«, meinte Ute.

»Hat der Carstens etwa auch was damit zu tun?«, wollte er wissen und nickte in die Richtung, in die Mik zuvor verschwunden war.

Ilva nickte. »Oh ja! Mik übernimmt sogar eine Hauptrolle. Und ich glaube, er wird seine Sache richtig gut machen. Er war heute sehr engagiert.«

»Na, das wäre ja mal was ganz Neues. Von Engagement kann ich in meinem Unterricht nichts merken. Ich habe ihm letztens sogar gedroht, dass er von mir null Punkte bekommt, wenn er nicht bald etwas Qualitatives zum Unterricht beiträgt.«

»Oje.« Ute wirkte bestürzt. »Dann könnte er noch nicht einmal eine Nachprüfung machen.«

Hajo Schröter gab einen schnaubenden Laut von sich. »Was er sich ganz allein eingebrockt hätte.«

»Na ja, wir kennen doch alle Jugendliche in dem Alter«, versuchte Ilva, an sein pädagogisches Verständnis zu appellieren.

»Na und? Andere Schüler schaffen es doch auch, sich am Unterricht zu beteiligen und gute Beiträge beizusteuern. Ich kann jedenfalls keine Noten verschenken, und durch bloße Anwesenheit bekommt man bei mir keinen Punkt.« Hajo Schröter redete sich in Rage.

»Vielleicht kriegt er ja doch noch die Kurve«, versuchte Ute, die Wogen zu glätten.

Der Lehrer verschränkte die Arme vor der Brust. »An Wunder glaube ich nicht. Nicht bei Mik Carstens.« Hajo Schröter machte kein Geheimnis daraus, dass er seinen Schüler nicht sonderlich leiden konnte.

Deswegen war es für Ilva kaum verwunderlich, dass Mik es plötzlich eilig gehabt hatte, als sein Chemielehrer aufgetaucht war. Wer hätte es ihm verdenken können? »Ich habe gehört, dass deine Frau beim Gewinnspiel das große Los gezogen hat«, wechselte sie das unerfreuliche Thema.

»Jo.«

»Was denn für ein Gewinnspiel?«, wollte Ute wissen.

»Na, das Gewinnspiel, von dem ganz St. Peter redet«, half Ilva ihr auf die Sprünge.

Utes Augen wurden größer. »Doch nicht die VIP-Einladung zur Kinopremiere mit anschließendem Essen mit Titus Frank und den anderen Schauspielern?«

»Jo«, sagte Hajo Schröter erneut.

»Das ist ja ein Ding! Meine Nachbarin hat so gehofft, dass das Los auf sie fallen würde. Sie ist ein Riesenfan der Krimiserie 54° Mord und würde für so eine Chance morden. Äh … ich meine natürlich, nicht wirklich morden, aber irgendwie schon. Ich glaube, sie ist sogar heimlich in Titus Frank verliebt. Das darf ihr Ehemann nur nicht spitzkriegen.«

»Dass Frauen immer so ein Theater machen müssen.« Er schüttelte verständnislos den Kopf.

»Na, dich scheint die Tatsache, dass deine Frau mit einem der beliebtesten Schauspieler Deutschlands ein Date hat, ja nicht sonderlich zu beunruhigen«, stellte Ilva fest.

Hajo Schröter zuckte mit den Achseln. »Warum auch? Erstens ist es kein Date, und zweitens hat Carola ja bloß bei einem Gewinnspiel gewonnen. Vielleicht sieht sie den Typen nur von Weitem – wenn überhaupt.«

»Wie dem auch sei. Sie kann froh sein, dass du es mit der nötigen Gelassenheit siehst.« Ute zwirbelte eine Strähne ihres roten Haares um einen Finger.

»So habe ich auch mal Zeit für mich. Vielleicht treffe ich mich dann mit einem Kollegen. Der letzte Männerabend liegt schon eine Weile zurück.« Er nahm sein Handy aus der Gesäßtasche und warf einen Blick darauf. »Ich würde ja gerne noch länger mit euch quatschen, aber ich muss noch was im Chemieraum für morgen vorbereiten.«

Ilva machte einen Schritt zur Seite. »Lass dich von uns nicht aufhalten. Wir müssen auch gleich los.«

»Dann bis morgen.« Hajo Schröter ging zur Treppe und war bald darauf verschwunden.

»Glaubst du, er gibt Mik wirklich null Punkte?«, fragte Ute zweifelnd.

»Zutrauen würde ich es ihm. Aber wer weiß, vielleicht sind seine Sprüche auch bloß heiße Luft. Null Punkte sind schon ziemlich hart, und besonders beliebt würde er sich damit nicht machen – auch nicht bei den anderen Schülern.«

»Hoffen wir mal das Beste für Mik. Gehen wir zu den Rädern?«

»Klar.«

Sie verließen das Schulgebäude. »Wollte Eike dich nicht abholen?«

»Ach! Das hat sich zerschlagen.« Ilva winkte ab. »In Or­ding scheint Ausnahmezustand zu herrschen. Er hat geschrieben, dass er die Dünen beschützen muss.«

»Das hat bestimmt was mit den Dreharbeiten zu tun«, vermutete Ute.

»Den Verdacht habe ich auch.« Ilva blieb stehen und hob einen Finger. »Apropos Dreharbeiten, nimmst du Hajo eigentlich seine Lässigkeit ab?«

»Du meinst, wegen seiner Frau und ihrem Date mit dem Schauspieler?«

»Ja, genau.«

Ute hob die Achseln. »Weiß ich nicht. Er ist ja schon sehr lange mit ihr verheiratet.«

»Na und?« Ilva stellte sich näher zu Ute und senkte die Stimme. »Mich würde es schon wurmen, wenn Eike einen Abend mit einer anderen Frau verbringen würde. Sie müsste noch nicht mal prominent sein. Aber so ein bisschen Eifersucht gehört doch dazu, oder?«

»Vielleicht sehen Männer das nüchterner als Frauen?«, überlegte Ute.

Ilva schüttelte den Kopf. »Also, wäre ich an Carolas Stelle, und Eike würde nur emotionslos mit den Schultern zucken, wenn ich mit einem der begehrtesten Männer Deutschlands eine Verabredung hätte, dann wäre ich definitiv beleidigt und mindestens besorgt.«

Ute musste lachen. »Das mag ich so an dir, Ilva. Du bist immer gnadenlos ehrlich, selbst wenn du dabei eine heimliche Schwäche offenbarst.«

»Das erzähle ich auch nur dir«, meinte Ilva grinsend und strich sich eine blonde Haarsträhne hinter das Ohr.

»Oh, da fühle ich mich glatt geehrt.«

»Kannst du auch. Und Hajos Verhalten ist in jedem Fall komisch. Man könnte fast glauben, seine Frau und er stecken in einer Ehekrise.«

»Ja, Miss Marple.« Ute verdrehte lächelnd die Augen. »Ich glaube eher, du bist auf Entzug. Unsere letzten Ermittlungen liegen schon fast ein Jahr zurück.«

»Haha!«, machte Ilva und streckte ihrer Freundin die Zunge raus.

Sie liefen weiter zu den Rädern, die sie an einem der Ständer angekettet hatten. Dort trafen sie auf Celina Töpfer, die ebenfalls im Begriff war, ihr Fahrrad aufzuschließen.

»Ach, hallo, Celina. Ich dachte, du seist schon längst weg.« Ilva schaute sie freundlich an.

»Das wollte ich eigentlich auch sein. Aber ich habe mich vorhin mit Lara und Jessy festgequatscht. Sie wollten unbedingt wissen, wie das damals beim Fernsehen so war, und haben mich um Tipps gebeten, wie sie am besten an eine Statistenrolle kommen«, erklärte sie. »Viel konnte ich ihnen zwar nicht dazu sagen, aber ich habe sie ermutigt, einfach mal am Filmset nachzufragen.« Sie schob ihr Fahrrad aus dem Ständer.

»Das werden die Mädels bestimmt umgehend in die Tat umsetzen«, war sich Ute sicher.

»Garantiert. Hätten wir in der elften Klasse doch bestimmt auch gemacht. Wenn schon ein Hauch von Hollywood durch St. Peter weht …« Ilva zwinkerte ihrer Freundin zu und wandte sich dann an die junge Studentin. »Du hast dich heute wirklich hervorragend mit deinen Ideen eingebracht. Man merkt, dass du Theatererfahrung hast.«

»Wir können von Glück sagen, dass du an unserer Schule dein Praktikum machst.« Ute war ebenfalls voll des Lobes. »Dein Einfall mit den Gardinen für das Bühnenbild war wirklich kreativ.«

»Vielen Dank! Ich freue mich, wenn ich brauchbare Gedanken beisteuern kann. Lara, Jessy und Anne wollen mit mir zusammen die Vorhänge nähen.«

»Können die Mädchen denn nähen?«, fragte Ilva überrascht. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass eine ihrer Schülerinnen sich für Handarbeit interessierte.

»Noch nicht«, bestätigte Celina Töpfer Ilvas Vermutung. »Aber ich werde es ihnen beibringen. So schwer ist es nicht, eine Nähmaschine zu bedienen, und ein paar Vorhänge sind ein guter Einstieg. Das werden sie ganz schnell lernen. Ich habe früher oft mit meiner Mutter Kostüme für Aufführungen genäht.«

»Du bist in jedem Fall eine große Bereicherung für uns und die Schule.« Ute schob ihr Rad rückwärts aus dem Ständer und wartete auf Ilva.

»Das ist wirklich nett von dir. Einen schönen Nachmittag noch und bis morgen.« Celina Töpfer schwang sich in den Sattel und winkte ihnen zum Abschied zu.

»Und was machst du jetzt, wo Eike nicht kommt?« Ute setzte ihren Fahrradhelm auf und schloss den Riemen unter ihrem Kinn.

»Ich fahre kurz nach Hause und dann weiter zum Tatort Ording, um ihn zu unterstützen. Dünen verteidigen. Willst du mitkommen?«

»Nein.« Ute schüttelte den Kopf. »Ich bin mit meiner Mutter im Tatort Garten zur Obst- und Gemüseernte verabredet. Bei dem Wetter wächst doch alles wie Unkraut.«

»Grüß sie mal lieb von mir.«

»Mach ich«, versprach Ute. »Und du grüß mir Eike. Schade, dass ich keine Nervenkekse dabeihabe. Die hättest du ihm sonst mitnehmen können.«

»Hätte ich glatt gemacht.« Ilva lachte und stellte einen Fuß auf die Pedale ihres Fahrrads. »Also, tschüss dann!«

Kapitel 3

Zur selben Zeit, etwa drei Kilometer nördlich, in der Polizeistation im Deichgrafenweg 4

Hauptkommissar Ernie Feddersen warf seine Polizeimütze auf den Tisch und ließ sich kurz darauf auf den Bürostuhl fallen. Dann öffnete er hastig die Papiertüte, die er zuvor auf der Fensterbank neben seinem Schreibtisch abgelegt hatte, und biss gierig ein Stück von seinem Fischbrötchen ab. Dabei schloss er die Augen und gab einen genüsslichen Grunzlaut von sich. »Endlich!«

Kommissar Fred Glabotki betrat das Büro der Polizeiwache. Im Schlepptau hatte er den jungen Kollegen Pannenbäcker, der im dritten Jahr in Folge die Polizei von St. Peter-Ording im Rahmen des Bäderersatzdienstes verstärkte. In den Sommermonaten wurden stets einige Kollegen von anderen Standorten in die Ferienorte an der Küste geschickt, um die spärlich besetzten Kommissariate zu unterstützen, wenn dort die Touristen einfielen.