Too Close, Too Much, Too Distant - Kajsa Arnold - E-Book

Too Close, Too Much, Too Distant E-Book

Kajsa Arnold

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Beschreibung

Dystopischer Liebesroman ...

2164 - Die Welt ist nicht mehr die, die sie mal war. Das Wettrüsten der Industrienationen hat zu einem Krieg mit verheerenden Folgen geführt. Die Weltbevölkerung wurde durch einen tödlichen Virus mehr als halbiert. Nur die Starken haben überlebt. Länder wurden abgeschafft, Aerias neu erschaffen.

Caity Eyres ist eine dieser starken Frauen. Sie hat es geschafft, sich durchzuschlagen. Sie lebt in Burningheart, einer neuen Stadt, die die Grenzen des ehemaligen Lower Manhattan bis Midtown umfasst. Dort ist sie Tänzerin in einem Club. Als sie Jackson Carmichael begegnet, ist ihr sofort klar, der Typ bedeutet Ärger. Trotzdem lässt sie sich auf ihn ein. Doch bald erwacht sie aus ihren Träumen, denn Jackson scheint verheiratet und Ehebruch steht in Burningheart unter Todesstrafe. Oder ist Jack ein ganz anderer, als er vorgibt zu sein? Als sie erkennt, dass Jackson ein Saver ist, will sie nichts mehr von ihm wissen, denn die Saver entscheiden über Leben und Tod. Doch so einfach wird sie ihn nicht los, denn Jackson scheint sie zu kennen, nur kann Caity sich nicht an ihn erinnern, wie an so vieles nicht ... Eine Dystopie, die spannende Überraschungen parat hält ...

Das Taschenbuch hat 210 Seiten

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Too Close Too Much Too Distant

Kajsa Arnold

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Danksagung

Leseprobe

Deutsche Erstveröffentlichung

Copyright © 2020 Kaja Arnold

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet

1. Auflage

Foto: © khorzhevska – bickstock.com

© Grandeduc – Depositphotos

Kajsa Arnold ./. Andrea Wölk

Lutherstr. 16. 46414 Rhede

www.mybooklove.de

Kapitel 1

Jahr 2164

Der Sturm hatte zugenommen.

Das amoklaufende Klima war nicht der Auslöser der Katastrophe gewesen. Schuld war ein Virus, der das große Sterben auslöste, so sagte man. Und mit jedem Menschen, der sein Leben an den Erreger verlor, nahm das Wettrüsten Fahrt auf. Es kam zum großen Krieg. Ost gegen West, Nord gegen Süd, bis zum Schluss keine Macht mehr übrig blieb.

Das Sterben hatte die Erde bereits bedenklich entvölkert, aber die Klimakatastrophe und der große Krieg machten weite Teile vollends unbewohnbar. Südlich des Äquators wurde es so heiß, dass dort die Menschen, wenn sie nicht am Virus starben, vor Hitze umkamen. Die Gebiete von Europa, Russland und China waren ebenso atomar verseucht wie einige auf dem amerikanischen Kontinent. Staaten wie die USA und Kanada hatten einfach aufgehört zu existieren.

Wer überlebte, war zunächst auf sich gestellt, der Rest der Welt interessierte niemanden mehr. Aber die Menschen rafften sich auf und begannen von vorne. Da auch auf dem nordamerikanischen Kontinent bewohnbares Land kostbar geworden war, wurde es der neuen Regierung unterstellt, die die Überlebenden gründeten. Man nannte sie Entire World und sie schuf aus den Trümmern neu, was neu geschaffen werden konnte.

Doch das alles lag schon so lange zurück, dass bereits Generationen herangewachsen waren, die nur das Leben in der Neuen Welt kannten, von dem manche der Alten sagten, es sei besser als vor der Katastrophe. Andere wiederum erzählten gelegentlich eine ganz andere Geschichte und riskierten damit ihr Leben.

Um sich vor dem kalten Wind zu schützen, der durch die Straßenschluchten von District Burningheart wehte, schloss Caity Eyres ihren langen Wollmantel und band sich einen dicken grauen Schal so um, dass er ihre untere Gesichtshälfte vollkommen verdeckte.

Sie musste drei Häuserblocks weit laufen, um zum Club Heartbeat zu gelangen, in dem sie tanzte. Exotische Tänzerin war der genaue Begriff dafür. Sie tanzte an der Stange oder in einem der Käfige, behielt dabei aber ihre knappe Kleidung an. Strippen war schon lange verboten.

Die Lordships führten ein strenges und sehr konservatives Regime. Sie bedienten sich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung der Saver. Sie waren allgegenwärtig und wurden von dem First Saver, ihrem Hauptmann eines Districts, geführt.

In der Vergangenheit hätte man die Saver wohl Polizisten genannt. Mittlerweile hatten sie an Macht gewonnen, denn sie hatten Gewalt über Leben und Tod erlangt. Sie verurteilten und bestraften und waren auch die Einzigen, die offiziell Waffen tragen durften, denn nach dem großen Krieg wurden alle Schusswaffen verboten. Was auf dem Schwarzmarkt zu bekommen war, stand auf einem anderen Blatt.

Wie auch immer, einem Saver ging man besser aus dem Weg. Gründlich. Denn sie verfügten über wenig Humor, waren stark, entschlossen und autoritär. Von ihnen hielt man sich also lieber fern und Caity ging ihnen nur zu gerne aus dem Weg.

Sie hätte auch die Hochbahn nehmen können, doch der Preis von drei Enti, war ihr einfach zu hoch. Es ging auf den Dreißigsten des Monats zu, da wurden ihre Entis knapp.

Da es nur noch bargeldlose Zahlungen gab, die über einen QR-Code am Handgelenk eines jeden Bürgers abgerechnet wurden, gab es auch keine Trinkgelder mehr, von denen die Alten so schwärmten. So verfügte Caity nur über das, was ihr einmal im Monat als Vergütung über den Strichcode ihres PIC gutgeschrieben wurde. Dieser PIC - Personal Identification Code - wurde jedem Menschen nach der Geburt implantiert. Damit wurde man registriert und überwacht. Der PIC sonderte aber auch über seinen Chip die lebensnotwendigen Stoffe ab, die vor dem tödlichen Virus schützten. Ohne einen gültigen PIC war man verloren. Starb nach wenigen Tagen an dem Virus, der die Lungen befiel und den gesamten Organismus verseuchte. Es wurde kein Sauerstoff mehr zum Herzen transportiert und man erlag nach wenigen Stunden der Krankheit. Sobald ein PIC von einem Saver deaktiviert wurde, war dies ein Todesurteil.

Quietschend öffnete Caity die Hintertür des Nachtclubs und schlüpfte schnell hinein. Missmutig dachte sie bereits jetzt schon an den Rückweg gegen drei Uhr nachts, wenn sie Feierabend hatte. Die Kälte würde dann so beißend sein, als lebte sie in der Arktis. Die Winter waren so kalt, dass die Gefahr bestand, zu erfrieren. Sie Sommer so heiß, dass man fast verglühte. Das war das neue Leben und man musste sich damit abfinden. Ein anderes gab es nicht. Ein anderes hatte Caity nie kennengelernt.

Sie zog den schwarzen Lederbikini an, drehte ihr dunkles Haar durch einen Lockenstab, sodass eine wellige Mähne entstand, und schminkte sich Smokey Eyes. Dunkelrote Lippen taten ihr Übriges dazu, sie wie einen Vamp aussehen zu lassen. Das turnte die Kerle an und vielleicht gab ihr einer einen Drink aus, denn selbst dafür musste Caity im Club bezahlen.

»Hi, Caity! Ab in die Tretmühle«, scherzte Mabel, eine ihrer Kolleginnen.

Mabel war eine dralle Blondine, die sich gerne von einem der Kerle abschleppen ließ. Sie hatte den Körper einer Sexbombe, aber den scharfen Verstand eines Buchhalters. Sie kam nicht nur körperlich bei diesen Treffen auf ihre Kosten, sie ließ sich auch gut dafür bezahlen. Denn wenn in der Neuen Welt etwas zählte, dann waren es Entis. Irgendwie war doch jede Welt gleich, egal wie ihr Name lautete.

»Komm, lass uns die Kerle verrückt machen.« Mabel riss Caity an sich und küsste sie auf beide Wangen. Sie trug das gleiche Kostüm wie Caity, sah darin aber noch heißer aus, wie Caity neidlos zugeben musste. Aber sie war nicht hier, um den Kerlen zu gefallen. Sie brauchte nur eins, und das begann mit dem Buchstaben E.

»Halte dir die Kerle vom Hals«, rief Mabel und öffnete die Tür, die in den Club führte. Luft, die man schneiden konnte, schlug ihnen entgegen und die Sicht war schlecht.

»Mann, wann repariert Dwayne endlich die Nebelmaschine? Das alte Ding ist schon seit Wochen kaputt, ich bekomme noch einen Asthmaanfall.« Mabel begann zu husten und sprang mit einem Satz auf die Bühne, um mit ihrer Show zu beginnen. Die Männer grölten und klatschten begeistert in die Hände.

Caitys Blick schweifte über die Menge. Mabel würde auch heute Abend wieder die freie Auswahl haben. Sie konnte sicher sein, dass es sich bei den männlichen Besuchern nur um ledige Männer handelte, denn Verheirateten war der Zutritt in diese Art Etablissements verboten. Die Lordships hatten ein Gesetz erlassen, das verheirateten Männern verbot, Clubs aufzusuchen. So versuchten sie, die Untreue einzudämmen, auf die die Todesstrafe stand. Sobald der Bund des Lebens geschlossen war, färbte sich der Code am Handgelenk dunkelrot, sodass für Außenstehende sofort sichtbar war, dass ein Mann oder eine Frau vergeben war. Die Türsteher achteten penibel darauf, wirklich nur Ledige einzulassen. Niemand wollte sich dem Vorwurf der Kuppelei aussetzen, die Strafen dafür waren einfach zu hart. Wer bei dem Versuch der Untreue erwischt wurde, dessen PIC wurde deaktiviert und was das bedeutete, lag auf der Hand.

»Hi, Honey, du bist spät dran!« Dwayne gab Caity einen Kuss auf die Wange. Der Besitzer des Heartbeat steuerte auf die siebzig zu. Zumindest nahm Caity es an, denn sein wirkliches Alter verriet Dwayne nicht. Mit seinem wettergegerbten Gesicht war er nicht leicht einzuschätzen.

»Wann lässt du die Nebelmaschine reparieren, Dwayne? Oder willst du, dass die Gäste ersticken?«, fragte Caity genervt.

»Na, wer wird denn gleich so kritisch sein?« Die Hände vor der breiten Brust verschränkt, oberhalb seines dicken Bauchs, grinste er, und half ihr auf die Bar. Sie hatte heute die Außenstange auf dem Tresen. Hier hingen immer die Typen rum, die sich in Ruhe volllaufen ließen und gerne mal mit der Hand nach einer Tänzerin griffen. Daher tanzten hier nur die Mädchen mit Erfahrung. Caity war eine von ihnen. Sie machte den Job fast schon zu lange. Die Mädchen hielten meist nicht lange durch. Einige tanzten ein paar Monate, dann verschwanden sie. Caity war bereits seit mehr als einem Jahr dabei. Etwas anderes war für sie nicht in Aussicht und irgendwie musste sie ihre Miete bezahlen. Hinzu kam, dass Dwayne gut auf seine Mädels achtete, es gab wirklich schlimmere Jobs als diesen hier.

Lasziv begann sie, sich auf ihren High Heels auf dem blanken Tresen zu bewegen, schlang ihre langen Beine um die Stange. Die Musik war rhythmisch, anregend. Sie beugte sich rücklings nach hinten, ließ ihr schwarzes Haar herunterhängen, bis es den Tresen berührte.

Als einer der Gäste unsanft in ihre Mähne griff, schrie sie auf. Eher vor Schreck als vor Schmerz. Sie wollte sich hochziehen, doch der Typ hielt sie unbeirrt fest, sodass sie sich nicht rühren konnte. Erschrocken verharrte sie in ihrer schmerzhaften Lage und rief laut nach der Security.

»Lass sie los!« Eine schwarz behandschuhte große Hand schoss vor und umfasste das Handgelenk des Typen, der Caity im Griff hatte. Aus ihrer Position konnte sie nicht sofort erkennen, wer ihr zu Hilfe kam, aber sie war ihm auf jeden Fall dankbar. Als der betrunkene Gast endlich ihr Haar losließ, richtete sich Caity mit einem Ruck wieder auf und drehte sich wutentbrannt um.

»Hast du sie noch alle?«, fauchte sie und winkte Dwayne zu sich, der direkt mit zwei Securitys anrückte, um den Gast nach draußen zu befördern. Er hatte wohl Liquidrom eingeschmissen, eine Designerdroge, die für wenige Entis erhältlich war.

»Wer sich nicht benimmt, fliegt raus!« Dwaynes donnernde Stimme übertönte die laute Musik und der betrunkene Gast wurde zur Tür bugsiert. Dwayne fuhr sich über seinen grauen Bart. »Mach ne kurze Pause, Caity«, sagte er und nickte ihr zu.

Caity sprang von der Bar und kam auf ihren hohen High Heels ins Straucheln. Wäre da nicht dieser Typ gewesen, der sie auffing und damit schon wieder rettete, wäre sie der Länge nach auf die Nase gefallen.

»Vielen Dank! Ich weiß auch nicht, was heute los ist«, meinte Caity stöhnend und bedankte sich bei dem Fremden, den sie nun erst richtig wahrnahm. Obwohl die Luft vom Pfefferminzduft erfüllt war, ein Duft den die Nebelmaschine versprühte, nahm sie seinen sauberen Duft wahr, der sie an Leder und dunkle Tannen erinnerte. Ihr Blick glitt von den Bikerstiefeln über die schwarze Lederhose hinauf zu der schwarzen Lederjacke. Das dunkelgrüne Shirt, das er darunter trug, unterstrich die Farbe seiner Augen, die Caity als azurblau beschrieben hätte.

»Wow!«, entfuhr es ihr leise. Der Fremde hatte schwarzes glattes Haar, dunkle Augenbrauen, die er fragend zusammenzog, eine gerade Nase und volle dunkelrote Lippen. Nicht weiblich, sondern männlich sinnlich.

»Caity also?«, fragte er und schaute an ihr herunter.

Sie spürte, wie ihr unter seinem Blick heiß wurde.

»Wir scheinen wohl beide auf Leder zu stehen«, meinte er mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und blickte auf ihren Lederbikini.

»Ja, aber ich bezweifele, dass du in deinen Sachen tanzt«, gab sie frech zurück. »Darf ich dich für deine Hilfe auf einen Drink einladen?«

Er nickte und wandte sich wieder der Bar zu.

»Zwei Wodka-Martini. Gehen aufs Haus«, bestellte sie.

Der Barkeeper machte sich, ohne zu zögern, an die Arbeit und bereitete die Getränke zu. Er hatte den Vorfall wohl mitbekommen.

»Bist du zum ersten Mal hier? Ich habe dich noch nie gesehen.«

Liam, der Barkeeper, stellte die Gläser auf den Tresen und wanderte zum anderen Ende der Bar, wo bereits Gäste darauf warteten, ihre Bestellung aufzugeben.

»Kann man so sagen.«

»Wie ist dein Name?«

»Jackson.«

»Du redest wohl nicht viel?«

Er zuckte mit den Schultern. »Wohl eher nicht.«

Caity griff nach ihrem Glas und trank es in einem Zug aus. »Sorry, ich muss wieder rauf.« Sie nickte zur Stange, hielt sich an seinem Arm fest, um auf die Bar zu klettern. Dabei schob sie unabsichtlich den Schaft seines Handschuhs zurück und legte seinen PIC frei. Erschrocken schaute sie auf und begegnete Jacksons Blick - der PIC war rot.

Kapitel 2

Er war also verheiratet, und dass er den Club besuchte, ließ nur eine Schlussfolgerung zu - er war ein Saver! Nur ein Saver hatte auch dann noch Zutritt zu einem Club, wenn er verheiratet war.

Schade. Caity kletterte weiter auf die Bar und stellte sich in Pose, begann sich zur Musik zu bewegen. Immer wieder glitt ihr Blick dabei zu dem Saver. Er hatte etwas an sich, das ihr bekannt vorkam, doch sie war sich sicher, dass sie ihm noch nie begegnet war. An einen Mann wie ihn hätte sie sich mit Sicherheit erinnert.

Er gehörte also zur Regierung. Die Frage war: Was wollte er hier? Was wollte er von ihr? Oder war es nur reiner Zufall, dass er ihr geholfen hatte und im richtigen Moment zur Stelle war?

Als sie sich das nächste Mal um die Stange drehte und wieder zu Jackson schaute, war sein Platz leer. So, wie er aus dem Nichts aufgetaucht war, war er wieder verschwunden.

Während ihrer drei Pausen wanderte Caity immer wieder durch den Club, doch sie konnte ihn nirgendwo entdecken. Er war wirklich gegangen. Es kam ihr vor, als hätte sie etwas Wertvolles verloren. Es war verrückt, aber die Gefühle, die er bei ihr hervorgerufen hatte, hatte sie schon lange nicht mehr verspürt. Dieses Kribbeln, die Gefahr, die von ihm ausging.

»Puh, war das heute wieder ein Hexenkessel«, stöhnte Mabel, als sie aus der Dusche kam und ihren Körper mit einem Handtuch abtrocknete.

»Das kannst du laut sagen.« Caity griff nach ihrer Handtasche.

»Was ist los, willst du nicht duschen?«

»Nein, ich dusche zu Hause. Ich will hier nur noch weg. Sag mal, Mabel, kann ich dich etwas fragen?«

Mabel fuhr fort, ihren Körper abzutrocknen, dann zog sie ihre Unterwäsche an. »Klar, schieß los.«

»Glaubst du, es wäre möglich, dass ein verheirateter Mann in den Club gelangen könnte?«

»Nein, eigentlich nicht. Hast du einen gesehen?«, fragte Mabel überrascht.

»Nein«, log Caity und fühlte sich nicht gut dabei, ihre Freundin zu belügen.

»Die Kontrollen sind streng«, sinnierte Mabel weiter, »die Einzigen, die ohne hier hereinkommen, sind die Saver.«

Das bestätigte Caitys Annahme und sie nickte beruhigt. »Ich wollte es nur wissen. Wir sehen uns am Sonntag, ich habe morgen frei.«

»Tschüss, meine Süße!« Mabel küsste Caity auf beide Wangen, als sie sich verabschiedete. Tief in Gedanken verließ sie den Club. Keine Ahnung, warum dieser Jackson sie so sehr beschäftigte. Er hatte ihr geholfen, okay, aber ansonsten war er doch auch nur ein Kerl wie jeder andere, oder etwa nicht?

Für den Weg nach Hause band Caity ihren Schal fester als sonst um den Kopf, es war wie erwartet bitterkalt geworden, gefühlt sogar kälter als sonst. Sie sollte sich eines der elektrischen Taxis gönnen, jetzt mitten in der Nacht. Obwohl die Straßen einigermaßen sicher waren, zog sie es vor, um diese Uhrzeit nicht zu Fuß nach Hause zu laufen. Sie konnte es gar nicht abwarten, bis das Wetter endlich umschlug und es wieder milder wurde. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg. In den Monaten April bis Juni herrschten die Orkane vor. Erst ab Juli beruhigte sich das Wetter wieder, allerdings wurde es dann oft so heiß, dass man tagelang das Haus nicht verlassen konnte. Der einzige Vorteil der Erderwärmung war, dass sämtliche Energie, die Entire World benötigte, über die Sonne geliefert wurde. Es gab Gebiete, in denen sich die Solarpaneele bis zum Horizont erstreckten. Gebiete, die nicht mehr bewohnt wurden. In der Zeit vor dem Virus, war alles bebaut und bewohnt, da gab es keine Solarparks. Dafür war der Platz zu gering, um solch riesige Flächen für Energie zu nutzen. Der Planet war so groß, dass wo früher einmal bis zu acht Milliarden Menschen lebten, jetzt weniger als zwei Milliarden übrig geblieben waren, die sich auf wenige Städte verteilten. Nur ganz wenige lebten allein auf Farmen, waren zu Einsiedler geworden und versorgten sich selbst. Die meisten Menschen lebten in großen Städten, die dennoch leer wirkten, weil ein Miteinander nicht mehr funktionierte. Misstrauen und Argwohn herrschte bei den Menschen vor. Zu tief saß die Angst vor weiteren Kriegen.

Noch bevor Caity sich in Richtung der wartenden Taxis umwandte, die ohne menschliche Fahrer aber mit automatischer Fahrkartenkontrolle an jeder Straßenecke bereitstanden, spürte sie einen Schlag ins Gesicht, der sie zu Boden gehen ließ. Etwas Warmes lief über ihre Haut, es konnte nur Blut sein.

»Verdammt, was soll das?«, rief sie, als ein Tritt in ihren Rücken sie aufschreien ließ.

»Du blöde Schlampe, das ist für dich!« Eine Hand riss an ihrem Haar, sodass sie den Kopf heben musste, um die Schmerzen auf ihrer Kopfhaut erträglich zu machen. Sie nahm den üblen Geruch von Alkohol wahr und wusste, es war der betrunkene Gast, der sie bereits vorhin im Club auf der Theke an den Haaren herumgerissen hatte.

»Ich werde dich jetzt skalpieren, du Miststück!«, rief er aufgebracht und hielt ihr ein Messer vor das Gesicht.

Sie wollte sich still verhalten, doch die Angst übermannte sie und ein Stöhnen entwich ihr. Caity zappelte mit den Beinen, sofort wurde der Griff stärker.

»Du kannst wohl einfach nicht hören, oder? Ich habe dir doch vorhin schon gesagt, dass du die Frau loslassen sollst!«

Im selben Augenblick, als die vertraute Stimme ertönte, ließ der Griff nach und Caity konnte sich wieder frei bewegen. Stöhnend drehte sie sich auf den Bauch und hob mühevoll den Kopf. Sie sah zwei Paar schwarze Stiefel, die zu Männern in der Uniform der Saver gehörten.

»Bringt ihn ins Hole. Elf Monate wegen Angriffs auf eine Bürgerin und Widerstand gegen einen Saver.«

»Jawohl, Commander.«

Die beiden Saver nahmen den Angreifer in Gewahrsam und Caity legte kraftlos den Kopf auf den Asphalt.

»Wie geht es dir?« Jacksons warme Stimme drang von weit her zu Caity durch. »Warte, ich helfe dir auf.«

Zwei starke Arme zogen sie in die Höhe, halfen ihr auf die Beine, die jedoch gleich wieder nachgaben.

»Hey, bleib hier.«

Sie spürte, wie er sie auf die Arme nahm. Wärme umfing sie, sein heißer Atem strich über ihr Gesicht und sie fühlte sich geborgen. Wohlig geborgen. Das war auch das Letzte, was sie registrierte, danach wurde es ihr schwarz vor Augen und sie verlor das Bewusstsein.

Einen Moment lang hatte er überlegt, sie zu einer Notklinik zu bringen. Notfalls hätte er sogar die Bezahlung übernommen, aber ihre Verletzungen schienen nicht lebensbedrohlich zu sein und so hatte er sie stattdessen mit in seine Wohnung genommen.

Nun lag sie bewusstlos auf seinem Bett und er tupfte ihr das Blut von der Wange. Sie hatte eine kleine Platzwunde an der Schläfe und einige Schrammen an Nase und Kinn. Sie sah ganz schön mitgenommen aus. Dabei war sie wunderschön. Als er ihre Wunde mit einer kühlenden Salbe versorgte, die die Blessuren in Kürze verschwinden lassen würde, kam sie langsam wieder zu Bewusstsein.

»Wo bin ich?«, fragte sie leise und schlug die Augen auf, die ihr aber gleich wieder zufielen.

»Ruh‘ dich aus«, murmelte Jackson und strich ihr ein paar schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie waren feucht, weil ihr Kopf in einer Pfütze gelandet war. Mit einem Lappen hatte er sie bereits gesäubert.

Eine halbe Stunde später rührte Caity sich erneut. Sie öffnete die Augen und schaute sich erschrocken um.

»Wo bin ich? Das ist nicht meine Wohnung«, sagte sie verwirrt und versuchte, sich aufzusetzen. »Oh Mann, mein Kopf.« Ergeben ließ sie sich wieder ins Kissen fallen.

»Du solltest noch etwas liegen bleiben.« Jackson trat zu ihr ans Bett und schaute auf sie hinunter.

»Was ist denn nur passiert?«, fragte sie erschöpft.

»Dieser betrunkene Gast aus dem Club hat dir aufgelauert und dich niedergeschlagen.«

Sie nickte. »Ja, er … er wollte mich skalpieren, dieser verrückte Kerl«, flüsterte sie angestrengt. »Was ist mit ihm geschehen?«

»Ich habe ihn verurteilt und für elf Monate ins Hole geschickt. So schnell wird er nicht wieder auftauchen und dir Schwierigkeiten machen. Er war so vollgepumpt mit Liquidrom, dass er sich bestimmt nicht mehr an dich erinnert, wenn er das Hole wieder verlässt.«

»Dann bist du also wirklich ein Saver?« Caity setzte sich in dem Bett auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfende. Sie nahm das Schlafzimmer genauer in Augenschein. Danach schaute sie Jackson eindringlich an, musterte ihn von Kopf bis Fuß.

Jackson nahm wahr, dass sie plötzlich weiß wie die Wand wurde.

»Verdammt mir wird schlecht«, stöhnte sie. Sie riss die Decke zur Seite und sprang auf. »Wo ist das Bad?«

»Die Tür hier links.« Jackson lief vor, zeigte ihr den Weg.

»Licht an!«, rief er laut und sofort flammte gedimmtes Licht auf.

Caity beugte sich über die Schüssel und erbrach sich gleich mehrmals. Er hockte sich zu ihr, hielt ihr langes Haar nach hinten, damit es nichts abbekam. Beruhigend strich er ihr über den Rücken.

»Lass alles raus. Gleich geht es dir besser«, sprach er fürsorglich auf sie ein.

Nach kurzer Zeit beruhigte sich Caitys Magen offenbar wieder. »Es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest.« Sie schaute Jackson entschuldigend an.

»Kein Problem, glaub mir, ich habe als Saver schon Schlimmeres gesehen.«

Aus einem Schrank holte er zwei Lappen, befeuchtete einen und wischte Caity über das Gesicht. Dann tupfte er es trocken, ehe er mit dem anderen Tuch die Toilette reinigte.