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Wissen ist Macht – das war schon den Menschen der Antike bewusst. Und so verwundert es wenig, dass die Arbeit von Spionen sich viele Jahrtausende in der Menschheitsgeschichte zurückverfolgen lässt. Schon immer waren Machthaber an militärischen, politischen oder wirtschaftlichen Informationen sowohl von anderen Reichen als auch aus dem Inneren des eigenen Landes interessiert. Während sich also die Gründe für Spionagetätigkeiten im Laufe der Zeit kaum veränderten, haben sich die Mittel und Methoden von Agenten und Spionen stark weiter entwickelt. Aus der Reihe der Top-Spione haben wir einige der Dammen und Herren ausgewählt, die sehr erfolgreich spioniert und Spionaorgansatin betrieben haben. Bei den Damen handelt es sich um Elizabeth Van Lew, Sophie Potocka und Mata Hari; bei den Herren um Robert Cecil, Kardinal Richelieu, Francis Walsingham sowie Thomas Cromwell.
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Seitenzahl: 164
Walter Brendel
Top-Spione der Geschichte
Spione, Informanten und Doppelagenten - Geheimdienste
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Walter Brendel
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhalt
Einführung
Elizabeth Van Lew
Francis Walsingham
Kardinal Richelieu
Robert Cecil
Thomas Cromwell
Sophie Potocka und Mata Hari
Quellen
Wissen ist Macht – das war schon den Menschen der Antike bewusst. Und so verwundert es wenig, dass die Arbeit von Spionen sich viele Jahrtausende in der Menschheitsgeschichte zurückverfolgen lässt. Schon immer waren Machthaber an militärischen, politischen oder wirtschaftlichen Informationen sowohl von anderen Reichen als auch aus dem Inneren des eigenen Landes interessiert. Während sich also die Gründe für Spionagetätigkeiten im Laufe der Zeit kaum veränderten, haben sich die Mittel und Methoden von Agenten und Spionen stark weiter entwickelt.
Die ersten Großreiche der Antike boten mit ihrem umfangreichen Beamtenapparat beste Voraussetzungen zur Spionage. Die Ägypter bezeichneten in der Phase des »Neuen Reiches« (1550-1070 v. Chr.) die für solche Aufgaben zuständigen Beamten als »die Augen des Pharao«. Ganz ähnlich wird für den Perserkönig Kyros den Großen (ca. 590-530 v. Chr.) berichtet, er habe »viele Augen und Ohren« gehabt, also Agenten, die für ihn Informationen sammelten. Die Bedeutung, welche der Spionage bereits früh beigemessen wurde, zeigt sich auch in der Tatsache, dass der chinesische General Sunzi (ca. 554-496 v. Chr.) diesem Thema in seiner bis heute bedeutenden Schrift »Die Kunst des Krieges« ein eigenes Kapitel widmete.
Natürlich bedienten sich auch Griechen und Römer geheimdienstlicher Mittel. Dabei haben allerdings gerade die für ihr vorausschauendes Organisationstalent bekannten Römer erst nach einigen empfindlichen Niederlagen gegen den karthagischen Feldherrn Hannibal den Wert präventiver Spionagearbeit schätzen gelernt. Einige der wichtigsten Ausdrücke zu diesem Thema leiten sich aus der römischen Sprache ab: Das Wort Spionage stammt von dem lateinischen spicere (sehen, schauen, spähen) und auch die Bezeichnung für das Wort »Agent« findet sich in römischer Zeit: Beamte, die geheimdienstliche Aufgaben wahrnahmen, hießen agentes in rebus, was man in etwa mit »Beauftragte in allgemeinen Angelegenheiten« übersetzen könnte.
Im Mittelalter dienten den Herrschern in Europa vor allem Geistliche als Agenten. Die Voraussetzungen dafür waren ideal: Die Kirche verfügten über ein europaweites Netz aus Standorten wie Bischofssitzen oder Klöstern, die über ein Kuriersystem verbunden waren. Die Geistlichen waren zudem des Schreibens mächtig und beherrschten zum Teil mehrere Sprachen.
Ab dem 15. Jahrhundert wurde Spionage immer professioneller betrieben, nachdem die Agenten zuvor primär meist in anderer Funktion (etwa als Kaufmann oder Soldat) unterwegs waren und eher »nebenbei« spionierten. In England entstand unter Königin Elisabeth I. (1533-1603) der erste institutionalisierte englische Geheimdienst. In Frankreich überwachte Kardinal Richelieu (1585-1642) mit dem »Cabinet Noir« den Briefwechsel von Diplomaten und politisch verdächtigen Personen. Dieses frühe System der Postüberwachung wurde schließlich durch die »Geheime Ziffernkanzlei« in Wien, die von ca. 1716 bis 1848 bestand, perfektioniert.
Neue technische Entwicklungen wie Telegraf, Telefon und Fotografie veränderten ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Arbeit der Geheimdienste nachhaltig. Nicht nur, dass Informationen nun auf völlig neue Art, etwa durch bildgebende Verfahren, gesammelt werden konnten, zudem beschleunigte sich die Übertragung der Daten immens. Der Mensch als Quelle trat dabei im Laufe der Zeit immer mehr in den Hintergrund, die technische Informationserfassung gewann zunehmend an Bedeutung.In den beiden Weltkriegen erwiesen sich die Geheimdienste oft als das entscheidende Mittel, um den Kriegsverlauf zu beeinflussen – etwa durch das Entschlüsseln der deutsche Chiffriermaschine „Enigma“ durch den britischen Geheimdienst. Der anschließende Kalte Krieg war geprägt von massiven Spionage-Operationen sowohl von westlicher als auch von östlicher Seite. Neben der militärischen Aufklärung wurden Geheimdienste in dieser Zeit auch intensiv zum Machterhalt politischer Regime genutzt.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks in den frühen 90er Jahren hat sich die Aufgabenverteilung für Geheimdienste deutlich verschoben. Neben der Wirtschafts-Spionage entwickelte sich spätestens seit den Angriffen auf die USA am 11. September 2001 die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu einem der wichtigsten Arbeitsfelder. Dieses dient den Regierungen oft als Argument für die spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 bekannten Programme zur automatisierten Massenüberwachung. Doch neben den neuen Möglichkeiten zur Spionage stellt das Medium Internet durch die stetig anwachsende Menge an Informationen, die mit der alltäglichen Nutzung durch viele Milliarden Menschen entsteht, eine extreme Arbeitsbelastung für Geheimdienste dar.
Spionage ist also die meist verdeckte, mit nachrichtendienstlichen Mitteln und Methoden betriebene Beschaffung von Staatsgeheimnissen oder anderen Informationen über politische, militärische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und andere Themen meist durch ausländische Nachrichtendienste oder in deren Auftrag. Sie dient in der Regel dem Erkenntnisgewinn und der frühzeitigen Erkennung von Gefahren, um diese abwehren zu können. Eine Person, welche Spionage betreibt, nennt man Spion. Ein besonders früher häufig gebrauchter deutscher Begriff ist Kundschafter (zum Beispiel in der ehemaligen DDR euphemistisch ergänzt zu „Kundschafter des Friedens“).
Aus der Reihe der Top-Spione haben wir einige der Dammen und Herren ausgewählt, die sehr erfolgreich spioniert und Spionaorgansatin betrieben haben. Bei den Damen handelt es sich um Elizabeth Van Lew, Sophie Potocka und Mata Hari; bei den Herren um Robert Cecil, Kardinal Richelieu, Francis Walsingham sowie Thomas Cromwell.
Robert Cecil ist ein Mann, der einen ehrgeizigen Terroranschlag vereitelte und damit König Jakob I. das Leben rettete. Denn 1605 sollte bei der so genannten "Pulververschwörung" das britische Parlament in die Luft gesprengt und dabei die gesamte Regierung getötet werden.Er zählt zu den gefürchtetsten Spionage-Chefs Englands.
Auch im Frankreich des 17. Jahrhunderts baute ein Mann sein Geheimdienstnetz aus, um den König zu schützen. Kardinal Richelieuzeigt uns, wie seine Informanten den Geistlichen vor zahlreichen Verschwörungen bewahren.
Francis Walsingham lässt uns wissen, wie er inm England die Königin Elisabeth I. vor Verschwörungen der Maria Stuart bewahrte und Thomas Cromwell schließlich den Vater der erwähnten Königin, Heinrich VIII. Mir seiner Spionageorganisation schützte und dabei auch im Betten herumschnüffelte.
Dass auch Frauen gute Spione abgeben, zeigt sich bei Elizabeth Van Lew die dazu beitrug, den amerikanischen Bürgerkrieg zu beenden.
Sophie Potocka und Mata Hari verkauften als Doppelagentinnen ihre Informationen an den Höchstbietenden.
Elizabeth van Lew, geboren am 17. Oktober 1818 in Richmond, Virginia, war eine US-amerikanische Abolitionistin und Spionin. Selbst gebürtig aus den Südstaaten, spionierte sie während des Amerikanischen Bürgerkrieges für die Nordstaaten und gründete den ersten Spionagering der Union, den Richmond Underground. Zu ihren berühmtesten Taten gehört die Einschleusung ihrer afroamerikanischen Bediensteten Mary Bowser in den Haushalt von Jefferson Davis, Präsident der Konföderierten Staaten. Aufgrund der Anfeindungen ihrer Landsleute nach dem Krieg wird sie bis heute oft fälschlicherweise als Crazy Bet bezeichnet.
Sie gehörte zu denmutigsten Spioninnen der Nordstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg und war eine der tapfersten Frauen in der amerikanischen Geschichte. Sie ließ alle ihre Slaven schon vor dem Bürgerkrieg frei, darunter die junge Mary Bowser, die sie sogar in Philadelphia zur Schule schickte. Zusätzlich kaufte sie Verwandte und Kinder ihrer ehemaligen Sklaven und ließ diese ebenfalls frei. Dennoch blieben die meisten von ihnen als Bedienstete bei ihr, sowohl während des Krieges als auch bis in ihre späteren Lebensjahre.
Die freigelassenen Sklaven wurden zumeist hinten den Linien der Südstaaten von ihr als Spione eingesetzt. Ihre an die Generäle der Union weitergeleiteten Informationen haben wahrscheinlich dazu beigetragen, diesen brutalen Krieg zu gewinnen. Dies ist von Elizabeth van Lew, die Geschichte der Spionagemeisterin hinten den feindlichen Linien und mitten im Herzen des Feindes.
Ihre Taten war erstaunlich und wirden befeuert von ihrer Menschlichkeit und ihren leidenschaftlichen Glauben, dass sich Verhältnisse in den Vereinigten Staaten besserten. Man war sich im Generalstab im klaren darüber, dass ihre Informationen die Besten waren und entscheident auch für den Sieg. Sie war sehr mutig, sie hatte vielleicht nur den Körper einer schwachen Frau, aber sie hatte den Verstand eines Mannes, trotz ihrer Herkunft.
Elizabeths Vater John Van Lew stammte aus einer ursprünglich niederländischen Familie auf Long Island. Er kam im Alter von 26 Jahren nach Richmond und machte dort als Haushaltswarenhändler ein Vermögen. Ihre Mutter Elizabeth Baker war die Tochter Hilary Bakers, der von 1796 bis 1797 Bürgermeister von Philadelphia war. Das Paar bewohnte ein herrschaftliches Anwesen auf Church Hill, gegenüber der berühmten St. John’s Episcopal Church, und hatte insgesamt drei Kinder. Elizabeth wurde als die Zarteste von ihnen beschrieben, aber auch die Willensstärkste. Die Familie war in Richmond hoch angesehen; in ihrem Haus waren Berühmtheiten wie die Sängerin Jenny Lind und der Schriftsteller Edgar Allan Poe zu Gast.
Nach John Browns (Bekannt ist Brown vor allem wegen des Überfalls auf das Waffenarsenal in Harpers Ferry. Unter seiner Führung wollte eine Gruppe von 19 Personen mit diesem Überfall die Befreiung und Bewaffnung von Sklaven erreichen. Der Versuch, einen Sklavenaufstand zu initiieren, misslang und Brown wurde nach einem Prozess hingerichtet.) Nach der Hinrichtung im Jahr 1859 verschärfte sich der Konflikt zwischen den Sklavenhalterstaaten und den freien Staaten innerhalb der Union. Elizabeth beschrieb die Zustände in Richmond als „dauerhaften Kriegszustand“ und beobachtete mit wachsender Unruhe, wie ihre Landsleute auf die Sezession Virginias drängten. Sie selbst war trotz ihrer Geburt in den Südstaaten überzeugte Befürworterin der Union und betrachtete die Loslösungsbestrebungen der Sklavenhalterstaaten als Verrat an den Vereinigten Staaten. Aus diesem Grund begann sie Generälen und der Regierung in Washington, D.C. in Briefen zu berichten, was vor Ort geschah.
Trotz ihrer hohen gesellschaftlichen Stellung im Süden pflegten die van Lews nach wie vor ihre Beziehungen in den Norden und schickten Elizabeth in Philadelphia zur Schule. Von dort kehrte sie als überzeugte Abolitionistin zurück. Dabei sah sie sich in der alten Tradition Virginias, gegen die Knechtschaft des Menschen zu rebellieren. Als sie fünfundzwanzig Jahre alt war, starb ihr Vater. Während ihr Bruder John das Geschäft übernahm, überzeugte Elizabeth ihre Mutter in den 1850ern, ihre Sklaven freizulassen. Mit ihrem Erbe, was heute umgerechnet etwa 200.000 Dollar betragen würde, kaufte sie auch deren Verwandte frei.
Am 17. April 1861 sagte sich Virginia von den Vereinigten Staaten los und Elizabeth erkannte schnell, dass sie ihre privilegierte Stellung in der Richmonder Gesellschaft für die Nordstaaten nutzen konnte. Während die Südstaaten von Anfang an Sympathisanten wie Rose O’Neal Greenhow an strategisch wichtigen Stellen in der Union hatten, gab es in der Konföderation zunächst keine etablierten Strukturen und Ministerien, die gezielt ausspioniert werden konnten. Zu Beginn des Krieges waren weder die militärischen Führungspersönlichkeiten noch der zukünftige Regierungssitz der Südstaaten bekannt.
Daher waren die Nordstaaten auf Informationen einzelner Sympathisanten angewiesen. Elizabeth van Lew gründete mit dem Richmond Underground den ersten bekannten Spionagering für die Union. Zu ihren Spionen gehörten hauptsächlich alteingesessene, angesehene Bürger der Stadt, darunter auch Martin M. Lipscomb, der für das Amt des Bürgermeisters kandidierte.
Sie stand eindeutig auf der Seite der Vereinigten Staaten, der Union, gegen die Konförderierten, angetrieben von ihren moralischen Überzeugungen als Quäkerin. Als 1861 der amerikanische Bürgerkrieg ausbricht, steht sie als eine überzeugte Anhängerin der Union in einer Stadt in den Südstaaten ganz alleon dar. Aber das ändert ihre Ansichten nicht im Geringsten, im Gegenteil. Sie beschließt ihre Situation auszunutzen mit Erfolg.
Sue versammelt die Sklaven und Familien, die sie befreit hat und baut ein einfaches aber wirkungsvolles Spionagnetz auf. Obwohl Elizabeth niemals eine Ausbildung als Spionin erhalten hatte, ging sie äußerst professionell vor. So organisierte sie selbstständig fünf sichere Stationen auf der Route von Richmond nach Norden, besetzte sie mit von ihr freigelassenen früheren Sklaven und leitete auf diese Weise Nachrichten ins Unionsgebiet weiter, gelegentlich in ausgehöhlten Eiern oder den Schuhsohlen ihrer Bediensteten versteckt. Dabei achtete sie darauf, Nachrichten stets in mehreren verschlüsselten Teilen und über verschiedene Kuriere zu versenden. Zudem waren die Nachrichten mit einer unsichtbaren Tinte geschrieben, die erst beim Kontakt mit Milch lesbar wurde. Damit ihre Bediensteten unauffällig die Stadt verlassen konnten, besorgte Elizabeth ihnen Pässe der Militärbehörden, mit der Begründung, sie müssten sich um den Bauernhof der van Lews außerhalb Richmonds kümmern.
Elizabeth van Lew
Eine alleinstehende Frau, die in Richmond, der Haptstadt der Konföderation, lebt und mit der Union symphatisiert. Es ist unglaublich, dass sie nicht ermordet, ihr Haus niedergebrannt wurde, vor allem, weil sie jeden offen erzählte, dass sie an die Union glaubte und total gegen die Sklaverei war. Diese Frau war einfach unglaublich.
Elizabeth van Lew erhielt die Erlaubnis, die kriegsgefangenen Soldaten der Union im Libby-Gefängnis zu besuchen, die sie medizinisch versorgte und deren Informationen sie weiterleitete, u. a. an Benjamin Franklin Butler, den Kommandanten von Fort Monroe. Das Wohlwollen des Aufsehers David H. Todd, eines Halbbruders der Präsidentengattin Mary Lincoln, sicherte sie sich mit Geschenken von Buttermilch und Pfefferkuchen. In Konserven versteckte Dietriche und Waffen wurden unter den Augen der Wachen an die gfangenen Soldaten der Unionstruppen übergeben und deren Flucht vorbereitet.
Der Geheimdienst der Union berichtete später: „Dank ihrer reizenden Manieren und ihrem großzügigen Gebrauch von Geld erlangte sie rasch Kontrolle über das Rebellengefängnis.“ Als ihr verboten wurde, mit den Gefangenen zu sprechen, ließ sie ihnen stattdessen Bücher überbringen, in die die Unionssoldaten mit Nadeln militärische Informationen einstachen. Im Februar 1864, als über hundert von ihnen aus dem Gefängnis ausbrachen, versteckte sie mehrere von ihnen in geheimen Zimmern in ihrem Haus, u. a. den Oberst Paul Revere. Trotz aller Durchsuchungen wurden weder die Räume noch Elizabeths Schützlinge jemals gefunden. Am alten Mühlteich wurde ein weiterer Treffpunkt vorbereitet.
Das Libby-Gefängnis im April 1865
Mit ihrer Hilfe für die gefangenen Unionssoldaten machte sich Elizabeth allerdings Feinde in der Bevölkerung. Die Zeitung Richmond Enquirer brandmarkte sie und ihre Mutter in einem Artikel öffentlich als Helfer der „Schurken, die in unser heiliges Land einmarschiert sind“. Die van Lews sahen sich daraufhin Anfeindungen und Todesdrohungen ausgesetzt. Die Zeitung Richmond Dispatch drohte offen, sie als „ausländische Feinde des Landes zu offenbaren und zu behandeln“. Trotz aller Anfeindungen und Spitzel, die auf sie angesetzt wurden, gelang es ihr jedoch stets, Schwierigkeiten mit der Obrigkeit zu vermeiden. Als ein neuer Gefängnisaufseher nach Richmond kam und keinen Wohnraum finden konnte, ließ sie ihn und seine Frau in ihrem Haus wohnen, so dass ihre Besuche im Gefängnis gesichert waren und die verärgerten Bürger Richmonds sie in Ruhe ließen.
Dennoch musste sie im Laufe der Jahre auch Fehlschläge hinnehmen. So spielte sie im Frühjahr 1864 dem Norden Informationen über eine groß angelegte Gefangenenüberführung in Richmond zu mit dem Hinweis, dass die Stadt ein leichtes Ziel sein würde. Das führte zu einem Angriff der Unionstruppen unter Hugh Judson Kilpatrick und Oberst Ulric Dahlgren, bei dem die Union schwere Verluste erlitt. Kilpatrick musste sich zurückziehen, Dahlgren fiel. Sein Körper wurde verstümmelt, zur Schau gestellt und auf Befehl von Jefferson Davis bei Nacht heimlich anonym inmitten anderer Unionssoldaten bestattet. Allerdings hatte einer von Elizabeths schwarzen Bekannten die Bestattung gesehen und das Grab markiert. Ihre Helfer gruben den Sarg nachts wieder aus, schmuggelten ihn unter einer Ladung Pfirsichbäume aus Richmond und bestatteten ihn auf einem Bauernhof außerhalb der Stadt.
Ein bedeutender Erfolg war die Einschleusung ihrer Bediensteten Mary Bowser ins konföderierte Weiße Haus. Mary, die sich als Analphabetin ausgab, arbeitete für Jefferson Davis und dessen Frau Varina als Hausmädchen. Somit konnte sie liegen gelassene Papiere lesen und sogar bei Sitzungen des konföderierten Senats ungehindert ein- und ausgehen. Was sie erfuhr, trug sie Elizabeth zu, die es an die Union weiterleitete. Elizabeth berichtete über Mary: „Wenn ich am Morgen die Augen öffne, frage ich das Dienstmädchen, ‚Was gibt es Neues, Mary?‘ und meine Informantin versagt niemals! Meistens erhalten wir die verlässlichsten Informationen von den Schwarzen und sie beweisen Klugheit, Diskretion und Besonnenheit, was wunderbar ist.“
Ulysses S. Grant, 1864
Nachdem Ulysses S. Grant im März 1864 den Oberbefehl über die Streitkräfte der Union erhalten hatte, spionierte Elizabeth für seinen Nachrichtenoffizier General George H. Sharpe, den Leiter des Bureau of Military Information. Unter anderem arbeitete sie mit dem Telegrafisten J. O. Kerbey zusammen, der an einer Bahnstation arbeitete, über die die Telegrafenkabel nach Richmond verliefen. Somit konnte er den gesamten Telegrafenverkehr in die Hauptstadt der Konföderation mitlesen. Ihr Netzwerk war so effektiv, dass sie Grant während dessen Konfrontation mit Robert Edward Lee bei Richmond nicht nur mit Nachrichten, sondern täglich ungehindert mit frischen Blumen versorgen konnte. Sharpe schrieb über sie: „Für lange, lange Zeit verkörperte sie alles, was von der Macht der Regierung der Vereinigten Staaten in der Stadt Richmond übrig geblieben war.“ Wie zur Bestätigung seiner Worte hisste sie im April 1865 trotz eines wütenden Mobs wenige Stunden vor Einmarsch der Unionstruppen in Richmond eine gewaltige Unionsflagge auf dem Dach ihres Hauses. Grant dankte ihr bei einem persönlichen Besuch mit den Worten: „Ihr habt mir die wertvollsten Nachrichten gesandt, die wir während des Krieges aus Richmond erhielten.“
Obwohl sie aufgrund ihrer Verdienste um die Union unter Grants persönlichem Schutz stand, gestaltete sich die Nachkriegszeit sehr schwierig für Elizabeth. Ihre Mutter und ihr Bruder waren inzwischen gestorben; nur ihre Nichte Lizzie lebte noch bei ihr. Da sie ihre Spionagetätigkeit und ihre Hilfe für die Kriegsgefangenen der Union aus eigener Tasche bezahlt hatte, war sie praktisch verarmt, als das Geschäft der Familie nach dem Tod ihres Bruders schließen musste. Hinzu kam der Zorn der Richmonder Bürger auf sie. 1866 bat sie aus Gründen des Selbstschutzes das Kriegsministerium um die Herausgabe aller mit ihr zusammenhängenden Papiere, die sie anschließend vernichtete. Sie beschrieb ihre Lage in Richmond mit den Worten: „Ich lebe hier in vollkommener Isolation. Niemand geht auf der Straße mit uns, niemand begleitet uns irgendwohin und es wird schlimmer und schlimmer, während die Jahre verstreichen und die, die ich liebe, sich zu ihrer langen Ruhe begeben.“
Noch in den 1870ern wurde Kindern beigebracht, Elizabeth als Hexe zu betrachten. Möglicherweise tauchte während dieser Anfeindungen das erste Mal der Spitzname Crazy Bet (dt. verrückte Bet) auf, da bald Gerüchte kursierten, Elizabeth hätte während des Krieges Wahnsinn vorgetäuscht, um bei ihren Aktivitäten unbehelligt zu bleiben. Obwohl dieser Spitzname auch in modernen Publikationen verwendet wird, gibt es keinen zeitgenössischen Beleg für diese Vorgehensweise Elizabeths.
Unter Grants Präsidentschaft erhielt Elizabeth schließlich das Amt des Postmeisters von Richmond und behielt es während seiner gesamten Amtszeit. Sie war maßgeblich daran beteiligt, das Postsystem zu modernisieren und stellte auch afroamerikanische Arbeiter ein. Für sie förderte sie eine afroamerikanische Bibliothek, die 1876 in Richmond eröffnet wurde. Unter Rutherford B. Hayes verlor sie ihren Posten und wurde stattdessen Angestellte im Postamt. Grant versuchte mehrfach vergeblich, ihr ihren alten Posten wieder zu verschaffen oder ihr zumindest ein Geldgeschenk der Regierung als Anerkennung ihrer Dienste im Krieg zukommen zu lassen. Stattdessen war Elizabeth letztendlich auf die Spenden ihrer befreiten Bediensteten und dankbarer Unionssoldaten angewiesen. Ihre letzten Jahre verbrachte sie damit, sich für Frauenrechte einzusetzen. Unter anderem weigerte sie sich, Steuern zu zahlen, da sie als Frau auch nicht wahlberechtigt war.
Sie starb am 25. September 1900 in Richmond. Erst auf dem Sterbebett gab sie die Existenz ihres Tagebuchs bekannt und vermachte es John P. Reynolds, einem Neffen Paul Reveres, den sie in ihrem Haus versteckt hatte. An ihrer Beerdigung auf dem Shockoe Hill Cemetery nahmen ausschließlich ihre Bediensteten und Verwandte eines Unionssoldaten teil. Paul Reveres Nachkommen stifteten einen Grabstein, der auf einer Bronzeplatte die Inschrift trägt:
„Sie riskierte alles, was dem Menschen lieb ist − Freunde, Vermögen, Komfort, Gesundheit, das Leben selbst, alles für das eine Verlangen ihres Herzens − die Sklaverei abzuschaffen und die Union zu erhalten.“
Für ihre Verdienste um die Union wurde Elizabeth van Lew 1993 in die Military Intelligence Hall of Fame (Nachrichtendienst der Armee der Vereinigten Staaten. Zudem ist er ein Teil der im Jahr 1981 gegründeten United States Intelligence Community, der Gesamtheit aller Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten. Army Intelligence übernimmt nachrichtendienstliche Aufgaben insbesondere für den Bedarf und den Schutz der Armee, aber auch für die anderen Teilstreitkräfte und die ganze Nachrichtendienstgemeinde. Der Army Intelligence ist Teil der Defense Intelligence Agency des US-Verteidigungsministeriums. Die Nachrichtendienstabteilung der United States Army wurde im Jahr 1885 als Military Intelligence Division (MID) gegründet.) aufgenommen.