Traudes Hochzeitsabend - Walther Kabel - E-Book

Traudes Hochzeitsabend E-Book

Walther Kabel

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Beschreibung

Damals in dem verregneten Juli befand sich mein Freund Harald Harst zumeist in miserabelster Laune.
Wir hatten als Detektive absolut nichts zu tun. Die allgemeine Geschäftsflaute und Geldknappheit wirkte auch auf unser »Handwerk« zurück. Wenn wir nicht unseren Garten gehabt hätten, der mit zu dem alten Harstschen Familiengrundstück in Schmargendorf-Berlin, Blücherstraße, gehört, wären wir vor langer Weile umgekommen, denn zum Verreisen hatten wir keine Lust, zumal Haralds Mutter etwas kränkelte. —
Während ich diese einleitenden Sätze zu Traudes Hochzeitsabend niederschreibe, liegen meine Notizen und noch etwas neben mir — etwas sehr Merkwürdiges und doch auch sehr Alltägliches: Eine Kokosnuß, — das heißt zwei Kokosnußschalen, in der Mitte durchgesägt.
Amalgis Ahnengalerie.
Ich rauchte ein paar Züge … Berichtete: von der Fahrt nach Werder, von dem Weißbier, von Gertruds Warnung, von dem Schuß in die Veranda, der natürlich auf Torellis Konto kam … Und fügte hinzu:
»Unbegreiflich ist mir, weshalb der Zirkusdirektor mir ans Leben wollte …«
»So?! Unbegreiflich?! — Lieber Alter, es lag da eine Kokosnußfaser auf dem Teppich in meinem Arbeitszimmer … Ich schaute durch den Spion vom Schlafzimmer aus euch beiden zu. Torelli bemerkte die gelbbraune Faser, kurz, bevor er sich verabschiedete … Da wußte er, daß wir die Nuß im Besitz und geöffnet hatten … Da telephonierte er seiner Frau, dich in Werder festzuhalten, zu betäuben, hoffte, daß er auch mich … ausschalten könnte …«

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 181

Traudes Hochzeitsabend

1926

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837343

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Traudes Hochzeitsabend.

Die Glücksnuß.

Der Bestohlene.

Gertrud winkt …

Die Insel.

Der Spiegel.

Amalgis Ahnengalerie.

Amalgis künstliche Ohren …

Flucht.

Auf dem Grunde des Weihers.

Die Brille auf der Nuß.

Der treue Hubert.

 

 

 

Traudes Hochzeitsabend.

1. Kapitel.

Die Glücksnuß.

Damals in dem verregneten Juli befand sich mein Freund Harald Harst zumeist in miserabelster Laune.

Wir hatten als Detektive absolut nichts zu tun. Die allgemeine Geschäftsflaute und Geldknappheit wirkte auch auf unser »Handwerk« zurück. Wenn wir nicht unseren Garten gehabt hätten, der mit zu dem alten Harstschen Familiengrundstück in Schmargendorf-Berlin, Blücherstraße, gehört, wären wir vor langer Weile umgekommen, denn zum Verreisen hatten wir keine Lust, zumal Haralds Mutter etwas kränkelte. —

Während ich diese einleitenden Sätze zu Traudes Hochzeitsabend niederschreibe, liegen meine Notizen und noch etwas neben mir — etwas sehr Merkwürdiges und doch auch sehr Alltägliches: Eine Kokosnuß, — das heißt zwei Kokosnußschalen, in der Mitte durchgesägt.

Diese Nuß war einst unversehrt, trug auch noch Ihre dicke Basthülle …

Und diese Nuß fand ich am Vormittag des 15. Juli mit einem Bindfaden an einen Ast unseres schönsten Birnbaums angebunden.

Ganz zufällig entdeckte ich sie …

Starrte empor zu der bräunlichen Kugel und rief dann Harald herbei, der fünf Schritt weiter Radieschen säte …

»Harald, komm doch mal her … Hier im Birnbaum hängt eine Kokosnuß …«

Er schaute auf …

»Du bist verrückt,« entfuhr es ihm … »Wenn du nicht bessere Witze machen kannst, so …«

Und schwieg …

Er hatte nun die braune Kugel ebenfalls gesehen …

Sprang elastisch auf …

»Entschuldige, mein Alter … Ich bin verrückt, nicht du, — verrückt vor schlechter Laune …! — Entschuldige — und bleibe stehen … Wir müssen mal die Umgebung des Birnbaumes genau mustern. Gestern abend hing die Nuß bestimmt noch nicht dort oben, denn als ich die vom Winde herabgewehten halbreifen Birnen nach dem Abendbrot aufsammelte, hätte ich das Ding bemerken müssen. Also hat man sie nachts dort festgebunden … — Aha, hier sind Fußstapfen in dem Mohrrübenbeet … Hm — seltsam … Was hältst du von den Spuren?«

»Ein Weib … « erklärte ich. »Zierliche Schuhe mit hohen Absätzen … Ein Füßchen, kein Fuß …«

»Ja — und ein zierliches, geschmeidiges Persönchen dazu. Die Spuren sind flach. Die Donna kann kaum 110 Pfund wiegen. — Sehen wir, wie sie den stark gekalkten Birnbaum erklettert hat …«

Nach einigen Minuten meinte er:

»Die Frau oder das Mädchen muß Akrobatin von Beruf sein … Bitte, hier hat sie sich in die Höhe geschnellt, hat den untersten Ast ergriffen und sich mit Klimmzug emporgeschwungen … Das bringt nur ein trainierter Körper fertig … — Nun hole mal eine Leiter, mein Alter. Wir wollen uns die Sache bequemer machen.«

Dann hatte er die Kokosnuß in den Händen und trug sie in sein Arbeitszimmer, wo er in meiner Gegenwart die matt glänzende Haut der Basthülle sogar mit einem Vergrößerungsglase musterte.

Ich stand dicht neben ihm …

»Begreifst du das?« fragte er … »Die Hülle ist absolut unverletzt … Nirgends etwas Auffälliges — nirgends … Sehr merkwürdig! Ich glaubte, in der Basthülle könnte in einer Spalte ein Zettel stecken … Nichts davon!«

Er schüttelte den Kopf …

Er war jetzt wie ausgewechselt … Seine üble Laune verflogen. Er witterte ein Problem, und das genügte ihm, die alte geistige und körperliche Spannkraft wiederzugewinnen.

»Hm … komisch!« murmelte er wieder. »Zwecklos wird die Frau die Nuß nicht in dem Birnbaum festgeknüpft haben! — Was bedeutet dies also?«

»Wollen vorsichtig sein,« riet ich. »Man kann nicht wissen, ob nicht vielleicht …«

»… Sprengmasse darin ist?! Attentat?! — Ausgeschlossen! Diese Hülle ist unverletzt, nicht etwa wieder kunstvoll zusammengefügt und festgeklebt … Nur etwas ist möglich: daß auf der braunen mattblanken Außenhaut etwas mit Geheimtinte geschrieben ist. Versuchen wir, ob dies stimmt …«

Es gibt zahlreiche Verfahren, unsichtbar gewordene Schrift wieder sichtbar zu machen.

Harst erwärmte die Nuß vor unserer elektrischen Sonne — ohne Erfolg.

Dann begann er die Behandlung mit Säuren — mit vorsichtigem Überpinseln.

Siehe da: schon Alaunlösung brachte Schriftzüge in Hellblau zum Vorschein!

Wir entzifferten folgendes:

Herr Harst, Sie werden im Kern dieser Nuß das Honorar für Ihre von mir erbetenen Bemühungen finden. — Es handelt sich um folgendes: Am 15. April dieses Jahres verschwand aus dem Wanderzirkus Torelli, der damals in dem kleinen nördlichen Orte Grünheide gastierte, der Jongleur und Kunstreiter Gerhard Berner, genannt Signor Mailoka. Die Nachforschungen der Polizei blieben erfolglos. Man fand lediglich am Ostufer des Werlsees, an dem Grünheide liegt, seinen Alltagsanzug und seine Leibwäsche. Trotzdem ist es ausgeschlossen, daß er etwa ein Freibad genommen hat und dabei ertrunken ist. Seine Leiche hätte doch gefunden werden müssen. — Ich habe ein Interesse daran, diese Angelegenheit aufzuklären. Da mir die Mittel fehlen, ein anderes Honorar zu bieten, habe ich Ihnen diese Nuß zukommen lassen, die eine besondere Rarität darstellt. Schneiden Sie den harten Kern mit einer Säge auf, und Sie werden in der Kokosmilch das entdecken, was Sie reichlich bezahlt. Geben Sie mir bitte, sobald Sie etwas festgestellt haben, postlagernd unter E. S. 1000 nach dem Postamt W 72 (im Kammergericht am Kleistpark, Berlin) sofort Nachricht. Ich flehe Sie an, mit Ihren Nachforschungen sofort zu beginnen, denn Leben und Tod eines Menschen hängt von dem Erfolg Ihrer Bemühungen ab. Meinen Namen kann ich nicht nennen. Bitte suchen Sie auch nicht zu ergründen, wer ich bin. Ich möchte Sie auch noch warnen, denn ich fürchte, Gerhard Berner ist heimtückisch beseitigt worden von einem Menschen, der über Leichen geht, um sein schamloses Ziel zu erreichen. Vielleicht rechnet dieser Mann damit, daß Sie und Ihr Freund sich mit dem Verschwinden des Jongleurs einmal befassen könnten. Merkt er, daß Sie hinter ihm her sind, wird er auch Mittel und Wege finden, Sie beide stumm zu machen. Fahren Sie auf keinen Fall als Harst und Schraut nach Grünheide und … beachten Sie den Turm in der Waldstraße.

»Hm — allerhand!!« meinte Harald, als er nun die Aufschrift auf dem Stück Papier übertrug. »Bitte mein Alter, hole Handwerkszeug … Wir werden die Nuß öffnen und — einen Edelstein finden.«

»Edelstein?!« Ich glaubte mich verhört zu haben …

»Gewiß — Edelstein! Du bist doch oft genug auf Ceylon gewesen, und doch scheint dir der Aberglaube der dortigen Singhalesen, daß eine Kokosnuß mit Edelstein Glück bringe und Krankheiten fernhalte, unbekannt zu sein.«

»Ich bitte dich — jetzt machst du Witze!! Wie kann ein Edelstein in eine fest geschlossene Kokosnuß hineingelangen?! Unmöglich!«

»Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort, Max Schraut, — zuweilen auch das Alter! — Die Singhalesen bohren in unreife Früchte ein kleines Loch, schieben den Edelstein hinein, verschmieren das Loch mit Harz, die Frucht wächst weiter, das Loch schließt sich und — — die Rarität ist fertig!«

Ich sagte gar nichts mehr, holte ein Beil und eine Säge und … fünf Minuten drauf lag in meiner Handfläche ein Diamant von der Größe einer kleinen Haselnuß, von tadellosem Schliff und wunderbarer Feinheit, Wert mindestens 20 000 Mark!

»Unglaublich!« meinte ich nur …

Harald nickte … »Zum ersten Male sehe ich nun einen dieser Nußdiamanten … Wer weiß, wie die Unbekannte, die für den Jongleur Interesse hat, zu dieser Rarität gekommen ist. Vielleicht hat sie sie … gestohlen, um uns zu bezahlen, — — nicht ausgeschlossen, denn sie betont ja, das sie arm sei.«

Dann schloß er den Edelstein und die Teile der Nuß in den Tresor ein, während ich mit einem Besen die auf den Teppich gefallenen Fasern des Bastes zusammenfegte.

Kaum hatte ich die Fasern weggeschafft, als es an der Vordertür läutete.