Traummänner bleiben nicht zum Frühstück - J. Gerhardt - E-Book
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Traummänner bleiben nicht zum Frühstück E-Book

J. Gerhardt

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Beschreibung

Kuchen, Küsse und andere Katastrophen
Der humorvolle Liebesroman mit viel Herz und Gefühl

Emma ist über ihren Exfreund hinweg. Wirklich. Diesem Mistkerl weint sie keine Träne mehr nach. Na ja, vielleicht noch eine. Oder auch zwei. Doch von Männern hat sie vorerst die Nase voll und eine neue Beziehung kommt sowieso nicht in Frage. Mit diesem felsenfesten Entschluss sollte ihr eigentlich der unbekannte Typ in der WG-Küche nicht gefährlich werden, der Emma plötzlich ins Wanken bringt. Paul stellt sich nämlich nicht nur als gewitzt und ziemlich gutaussehend heraus, er ist auch der letzte One-Night-Stand von ihrer Mitbewohnerin. Zum Glück ist er gar nicht Emmas Typ, denn er würde ihr vermutlich das Herz brechen. Doch als die beiden sich immer wieder über den Weg laufen, scheint es wie ein Wink des Schicksals …

Erste Leser:innenstimmen
„Der locker-leichte Schreibstil und die humorvolle Liebesgeschichte bieten ein großes Lesevergnügen!“
„Charmanter Liebesroman voller Chaos, Humor und Romantik.“
„Verliebt in den One-Night-Stand deiner Mitbewohnerin – witzige Romantic Comedy mit super sympathischen Charakteren.“
„Schöner Wohlfühlroman für entspannte Lesestunden.“

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Seitenzahl: 383

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Über dieses E-Book

Emma ist über ihren Exfreund hinweg. Wirklich. Diesem Mistkerl weint sie keine Träne mehr nach. Na ja, vielleicht noch eine. Oder auch zwei. Doch von Männern hat sie vorerst die Nase voll und eine neue Beziehung kommt sowieso nicht in Frage. Mit diesem felsenfesten Entschluss sollte ihr eigentlich der unbekannte Typ in der WG-Küche nicht gefährlich werden, der Emma plötzlich ins Wanken bringt. Paul stellt sich nämlich nicht nur als gewitzt und ziemlich gutaussehend heraus, er ist auch der letzte One-Night-Stand von ihrer Mitbewohnerin. Zum Glück ist er gar nicht Emmas Typ, denn er würde ihr vermutlich das Herz brechen. Doch als die beiden sich immer wieder über den Weg laufen, scheint es wie ein Wink des Schicksals …

Impressum

Überarbeitete Neuausgabe März 2023

Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-98637-547-8 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98637-860-8

Copyright © 2020, Ullstein Buchverlage GmbH. Berlin 2020 Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2020 bei Ullstein Buchverlage GmbH. Berlin 2020 erschienenen Titels Fast geküsst ist halb verliebt (ISBN: 978-3-95818-395-7).

Covergestaltung: Jasmin Kreilmann unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com: © the8monkey, © Adopik depositphotos.com: © victoruler, © tartila.stock.gmail.com Korrektorat: Cara Kolb

E-Book-Version 16.05.2024, 11:00:12.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Traummänner bleiben nicht zum Frühstück

Kapitel 1

-Emma-

»Also, ich an deiner Stelle würde ihn vergessen und aufhören, ihm nachzuweinen«, meint Rebecca, während sie einen perfekten Lidstrich zeichnet. So gut wie meine beste Freundin bekomme ich das nie hin. Ich kann froh sein, wenn ich mir bei dem Versuch nicht den Kajalstift ins Auge bohre.

»Ich weine ihm nicht nach«, wehre ich mich und verschränke die Arme vor der Brust.

»Machst du, Süße.« Rebecca dreht sich zu mir um und zeigt mit der Mascarabürste in meine Richtung. Seufzend lasse ich mich auf ihrem Bett nach hinten in die Kissen sinken, breite die Arme aus und starre an die Zimmerdecke. Ich weine wirklich nicht mehr. Zumindest ist es in den letzten Wochen deutlich besser geworden als zu Anfang, nachdem ich frisch von Stefan getrennt war.

»Wenn du ihn schon vergessen hättest, dann würdest du ganz sicher nicht so in meinem Zimmer hocken, sondern heute Abend mit mir mitkommen. Es wird bestimmt lustig auf Lauras Party!«

Mit so meint meine Freundin die alte Jogginghose und den Hoodie mit dem Glitzereinhorn, den ich trage. Und klar, Lauras Partys sind immer lustig, das bezweifle ich nicht, denn ich habe meine Mitbewohnerin und beste Freundin schon oft genug begleitet. Doch heute ist mir einfach nicht nach Ausgehen. Außerdem bin ich mit meinem Kumpel Marius verabredet. Er hat mir versprochen, einen Filmabend zu machen, um mich wegen der Trennung abzulenken. Einen gemütlichen Abend auf der Couch mit meinem besten Freund, dem ich die Ohren vollheulen kann. Okay, jetzt fürchte ich, Becks könnte doch recht haben. Ich sollte aufhören, mir so viele Gedanken wegen Stefan zu machen, und ihn endlich vergessen.

Ich drehe mich auf die Seite, stütze mein Gesicht in die Handfläche und beobachte Rebecca dabei, wie sie in ein hautenges, rotes Kleid steigt, das ihr nur ganz knapp bis zu den Knien reicht.

»Ich habe heute schon etwas vor, Becks. Das habe ich dir doch bereits gesagt«, bleibe ich standhaft. Aktuell habe ich wirklich keinen Nerv dazu, mich genauso aufzubrezeln wie meine Freundin.

»Natürlich hast du das«, entgegnet Rebecca grinsend, dann kommt sie zu mir rüber. »Hilfst du mir bitte mit dem Reißverschluss?«

Ich setze mich auf und schließe das Kleid.

»Ja, habe ich«, entgegne ich mit Nachdruck, denn das ist die Wahrheit. Ich freue mich, meinen besten Freund wiederzusehen.

»Sicher, Emma, ich kann mir deine Abendplanung schon bildhaft vorstellen. Du wirst dir mit Marius irgendeinen schlechten Liebesfilm ansehen und Kuchen essen. Ich kenne dich. Du solltest lieber rausgehen, um dich zu amüsieren, solange du noch jung bist. Wenn du immer nur mit Marius rumhängst, findest du keinen Mann fürs Leben.«

Ich schnaube. Einen Mann fürs Leben! Den hatte ich, bis ich vor zwei Wochen rausgefunden habe, dass er mich mit einer anderen betrügt. Stefan hat mich wirklich enttäuscht, weshalb ich erst mal die Nase voll von Beziehungen habe. Der Mann fürs Leben kann mir echt gestohlen bleiben.

Rebecca steigt in ihre roten High Heels und schnappt sich die Handtasche.

»Wer sagt, dass ich mit Marius nicht ins Pink Paradise gehe?«, entgegne ich trotzig. Nur ungern würde ich zugeben, dass sie mit ihren Worten genau ins Schwarze getroffen hat.

»Natürlich! Aber da findest du eher einen passenden Mann für ihn als für dich selbst, Em.« Becks kichert, während sie sich noch einmal im großen Spiegel betrachtet. Da hat sie vermutlich recht. Aber das ist mir gleich, ich habe die Nase voll von Beziehungen! Ich erhebe mich vom Bett und folge meiner Freundin in den Flur, um sie zu verabschieden.

»Hab viel Spaß, aber übertreib es nicht wieder«, ermahne ich sie, während sie mich kurz umarmt.

Rebecca lacht. »Keine Sorge, Süße. Diesmal musst du mich nicht abholen. Ich nehme ein Taxi.«

»Meinst du, der Taxifahrer hält dir die Haare, wenn du dich übergeben musst?«, necke ich sie, und zum ersten Mal seit Wochen ist da wieder so etwas wie ein Lächeln in meinem Gesicht. Jetzt lacht meine Mitbewohnerin noch mehr.

»Nein. Das würde nur eine beste Freundin machen. Grüß mir Marius. Und wehe, morgen ist nichts von seinem Kuchen da, wenn ich ausgeschlafen habe!« Sie winkt, dann stöckelt sie schon die Treppe hinunter. Kopfschüttelnd ziehe ich die Wohnungstür hinter Rebecca zu und gehe in mein eigenes Zimmer.

Prüfend werfe ich einen Blick in den Spiegel und zupfe den Einhornpulli zurecht. Hat meine Freundin recht und ich sollte wirklich etwas Anderes anziehen? Ach was, für Marius muss ich mich nicht herausputzen. Marius mag mich auch in ausgebeulten Jogginghosen, mit zerzausten Haaren und Ringen unter den Augen. Genau deshalb ist er ja mein bester Freund.

Ich fahre mir mit den Fingern durch meine roten Haare, dann fasse ich sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Das Klingeln an der Wohnungstür kündet bereits meinen besten Freund an.

»Hey, Em«, begrüßt er mich und tritt in den Flur. »Du siehst richtig gut aus, dafür, dass du vor Kurzem verlassen wurdest. Ich hab’s mir schlimmer vorgestellt, als du ins Telefon geheult hast.«

»Ich habe nicht geheult, sondern geflucht«, korrigiere ich ihn. »Das ist ein kleiner Unterschied.« Wie sehr mich die Trennung immer noch mitnimmt, versuche ich mir nicht anmerken zu lassen. Natürlich habe ich geheult, mich jedoch bemüht, dies vor meinen Freunden zu verbergen, damit sie sich nicht allzu sehr um mich sorgen. Haben sie aber trotzdem. Marius war gerade im Urlaub auf Mallorca, als ich ihn mitten in der Nacht heulend aus dem Bett geklingelt habe. Und ich fürchte, ich habe ihn gestört, denn er war damals nicht allein auf seinem Hotelzimmer.

»Natürlich, Süße.« Marius zwinkert mir zu, während er mir ins Wohnzimmer folgt. »Aber keine Sorge, ich habe das beste Mittel gegen Liebeskummer dabei. Danach vergisst du den Kerl sofort.«

Fragend schaue ich ihn an. Erst jetzt bemerke ich, dass er einen Korb in der Hand hält, den er auf dem Couchtisch abstellt. Neugierig linse ich hinein.

»Eis, Alkohol und eine Schnulze«, verkündet er mit breitem Grinsen, als er den Korb auspackt. Er hat extra mein Lieblingseis von Ben & Jerry’s mitgebracht. Das mit den Keksen drin. Dazu eine Flasche Sekt und Love, Rosie auf DVD. Gott, ich habe bei dem Film schon im Kino geheult wie ein Schlosshund, weil mich die Liebesgeschichte von Rosie und Alex so bewegt hat. Danach hat sich Marius gleich die DVD bestellt, da ihm der Film ebenfalls gut gefiel.

»Marius?« Ich sehe ihn mit großen Augen an.

»Ja?«

»Heiratest du mich?« Tränen steigen in mir auf, die ich nur schwer herunterschlucken kann. Er ist so lieb, dass es mir die Kehle zuschnürt. Nur ein wahrer Freund kommt mit Eis vorbei, um einen über seinen Liebeskummer hinwegzutrösten.

»Würde ich auf der Stelle, wäre ich nicht schwul. Dir fehlt da ein entscheidender Körperteil zwischen den Beinen, schon vergessen?«, antwortet er sanft und schließt mich in seine Arme. Schluchzend presse ich mein Gesicht in sein Shirt. Seine Wärme und Nähe tun mir gerade verdammt gut. Erneut lasse ich meinen Tränen freien Lauf und heule wie ein kleines Kind, um all den Kummer endlich loszuwerden. Ich habe Stefan wirklich geliebt …

Marius streicht mir beruhigend über den Rücken. »Komm, Em, setzen wir uns, ja? Wenn du dein Eis nicht bald isst, schmilzt es.«

»Ich mag’s sowieso lieber, wenn es ein wenig matschig ist«, entgegne ich und ziehe geräuschvoll die Nase hoch. Mein bester Freund kramt in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch. Was würde ich dafür geben, einen Mann wie Marius kennenzulernen. Doch so einen gibt es vermutlich kein zweites Mal auf der Welt. Die besten Männer sind nun mal alle schwul oder schon vergeben.

»Alternativ hätte ich auch noch Brownies dabei, falls du kein Eis magst. Außerdem könnte ich uns heiße Schokolade mit Pfefferminzlikör machen. Schmeckt dann so wie heiße After Eight«, zählt Marius mit einem besorgen Blick auf, weil ich nicht aufhöre, zu schluchzen. Ich schenke ihm ein schiefes Lächeln und wische mir mit dem Handrücken über die Augen.

»Ich nehme den Likör. Ohne die Schokolade.«

»Zum Glück hast du deinen Humor nicht verloren, Em.« Lachend zaubert er den Likör aus seinem Korb, bevor er in der Küche verschwindet, um trotzdem Kakao für uns zu kochen. Ich stibitze einen Brownie und das Eis, dann setze ich mich mit meiner Beute aufs Sofa. Ich liebe es, wenn Marius jedes Mal leckeren Kuchen mitbringt. Er ist eben der beste Tortenbäcker, den ich kenne.

»Schmeckt himmlisch!«, schwärme ich nach dem ersten Bissen.

»Oh, das freut mich wirklich.« Er kommt zu mir rüber und drückt mir eine Tasse mit heißem Kakao in die Hand. »Dann merkt man also nicht, dass ich Avocado in den Teig gemischt habe?«

Fragend hebe ich eine Augenbraue und schaue erst ihn und dann den Brownie in meiner Hand an.

»Avocado?«

»Ja«, verkündet er stolz und setzt sich zu mir. »Habe das Rezept von der Arbeit. Mein Chef war auch ganz begeistert.« Marius backt für sein Leben gern, nicht nur auf der Arbeit. Sein Traum ist es, eine eigene Konditorei zu eröffnen. Deshalb macht er eine Lehre zum Konditor und nutzt seine Freizeit, um die tollsten Torten zu backen. Ein wenig beneide ich Marius darum, dass er schon so einen perfekten Plan hat, was seine Zukunft betrifft. Ich hingegen weiß noch nicht so recht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Mein Job als Buchhalterin in dem kleinen Malerbetrieb wird mich vermutlich auf Dauer nicht glücklich machen.

»Dass du auch immer Gemüse hineinmogeln musst.« Ich schüttele lachend den Kopf und stecke mir das letzte Stück Brownie in den Mund. Dann öffne ich die Eispackung und nehme Marius den Löffel ab, den er mir aus der Küche mitgebracht hat. Meine Tränen sind bereits vergessen.

»Gemüse ist nun mal gesund und sollte eigentlich ein sehr wichtiger Bestandteil deiner Ernährung sein, Emma«, erklärt er in einem Ton, den sonst nur meine Großmutter draufhat.

»Wollen wir nun den Film schauen? Ich kann es kaum erwarten, Sam Claflin anzuschmachten«, meint Marius schließlich, um die Stimmung aufzulockern. Auf mein Nicken hin schiebt er die DVD in den Player. Dann setzt er sich wieder neben mich und startet den Film. Schweigend nippen wir an unserem Kakao, während Rosie auf ihrem Abschlussball tanzt.

»Mit dir ist es ganz anders als mit den anderen Männern«, murmele ich und lehne meinen Kopf an Marius’ Schulter.

»Das liegt bestimmt daran, weil wir nie zusammen im Bett waren«, mutmaßt Marius nachdenklich. Seine Worte bringen mich zum Lächeln. Ich rücke etwas von ihm weg und boxe ihm spielerisch gegen den Oberarm.

»Waren wir. Hast du die Klassenfahrt in der Achten vergessen? Da hast du dich unter meiner Decke vor Frau Müller versteckt, weil sie dich mit Alkohol erwischt hast. Und dann bist du eingeschlafen«, erinnere ich ihn. Natürlich weiß ich, was er meint. Aber es macht einfach Spaß, völlig ungezwungen mit Marius herumzualbern. Nur mit ihm kann ich so ausgelassen, so vollkommen ich selbst sein. Stefan hat meinen Sinn für Humor nie verstanden. Allmählich frage ich mich, warum ich so lange mit ihm zusammen gewesen bin.

»Ach … Ich fühle mich total wohl bei dir. Ich kann mit dir zusammen Kuchen essen und so viele Liebesschnulzen schauen, wie ich will, ohne dass du dich darüber beschwerst. Außerdem stört es dich nicht, wenn ich im Schlabberlook auf der Couch sitze. Stefan hat so etwas nie mitgemacht.«

»Tja, ich bin eben ein Traummann. Aber frag jetzt bloß nicht, ob wir uns gegenseitig die Fußnägel lackieren können«, entgegnet Marius mit ernster Stimme, doch seine Mundwinkel zucken dabei verräterisch, als würde er sich ein Lachen nur mit Mühe verkneifen können.

»Würdest du? Rebecca hat so eine hübsche neue Farbe …«, necke ich ihn.

»Nein! Ich finde es gar nicht toll, von dir in eine Schublade gesteckt zu werden, Em. Außerdem schaue ich viel lieber Actionfilme, und ich hasse Einhörner.« Lachend wuschelt er mir durchs Haar und ich schmiege mich enger an ihn.

»Die besten Männer sind nun mal schwul«, stelle ich seufzend fest.

»Keine Ahnung.« Er zuckt mit den Schultern. Marius ist schon eine ganze Weile Single. Seinen letzten Freund habe ich nur flüchtig kennengelernt, weil die Beziehung nicht lange gehalten hat.

»Lass uns einen Mann für dich finden«, schlage ich vor. Ich stehe total auf Liebesgeschichten, solange es nicht meine eigene ist. Wenn ich meinem besten Freund zu seinem Glück verhelfen könnte, würde es mich von meinem Liebeskummer ablenken, davon bin ich fest überzeugt.

»Untersteh dich!«, wehrt Marius sofort ab. »Als ob ich mir von dir einen Mann andrehen lasse. Sorry, Em, du bist zwar meine beste Freundin, doch um mein Liebesleben kümmere ich mich lieber selbst.«

***

Gähnend betätige ich den Knopf der Kaffeemaschine und beobachte, wie die schwarze Flüssigkeit in meinen Lieblingsbecher läuft. Gestern Abend wurde es ziemlich spät. Nach Love, Rosie haben Marius und ich uns noch The best of me angesehen, wobei ich fast durchgängig geheult habe. Weil der Film einer meiner Lieblingsfilme ist und ich, obwohl ich es nicht wollte, irgendwie trotzdem die ganze Zeit an meinen Ex-Freund denken musste. Eigentlich dürfte ich ihm keine einzige Träne nachweinen. Doch als ich dann neben meinem besten Freund auf dem Sofa saß und schon einige Becher von dem heißen Kakao mit Schuss intus hatte, konnte ich die Tränen einfach nicht zurückhalten. Dafür geht es mir heute deutlich besser. Der Schmerz in meinem Herzen ist nicht mehr so schlimm wie die Tage zuvor.

Die Kaffeemaschine piept und macht mich darauf aufmerksam, dass mein Kaffee fertig ist. Ich setze den Becher an die Lippen. Auf der Arbeitsplatte neben mir stehen noch zwei übrig gebliebene Brownies von gestern Abend, mit denen mich Marius getröstet hat. Eigentlich habe ich beide für Rebecca aufgehoben, aber wenn die Gute so lange schläft, kann ich mir genauso gut einen davon zum Frühstück gönnen.

Genießerisch beiße ich in den Brownie, ehe ich ihn wieder auf den Teller lege und im Schrank nach der Zuckerdose suche. Diese Dinger sind aber auch lecker. Hätte Marius mir nicht verraten, dass er Avocado unter den Teig gemischt hat, ich hätte es nie und nimmer herausgeschmeckt.

Gemächlich rühre ich Zucker in meinen Kaffee und beiße noch mal in den Brownie, ehe ich mich mit meinem Frühstück an den Küchentisch setze. Wenn meine Freundin nicht bald aufsteht, bleibt für sie nichts mehr übrig. Dabei ist sie vielleicht ein noch größerer Fan von Marius’ Backkünsten als ich. Vermutlich hätte Rebecca meinen besten Freund auf der Stelle geheiratet, um täglich von seinen leckeren Kuchen zu naschen. Aber ich glaube, nicht mal dem Kuchen zuliebe könnte Becks es länger mit einem Mann aushalten. Sie ist nicht gerade beständig, was die Liebe angeht. Ihre recht kurze Beziehung zu Kevin ist schon fast einen Monat her, seitdem hatte sie einige One-Night-Stands und ist anscheinend ganz zufrieden damit. Vermutlich will sie einfach nur Spaß, statt sich an jemanden zu binden. Zumindest im Moment. Ich hingegen kann mir nicht vorstellen, immer wieder neue Männer für eine Nacht kennenzulernen. Das ist nicht mein Stil.

Nach dem letzten Schluck Kaffee erhebe ich mich, um mir einen weiteren zu machen. Schritte ertönen hinter mir.

»Willst du auch einen Kaffee, Becks?«, frage ich gut gelaunt, ohne mich von der Maschine wegzudrehen.

»Gern. Gegen Kaffee hätte ich absolut nichts einzuwenden«, antwortet eine mir unbekannte, männliche Stimme, die definitiv nicht Rebecca gehört. Erschrocken fahre ich herum und kann gerade noch verhindern, dass ich den Kaffee über den Fußboden kippe. Die Flüssigkeit schwappt bedrohlich über den Rand des Bechers und auf meine Finger. Im Türrahmen steht ein großer, blonder Mann, der mich aus dunkelblauen Augen belustigt mustert. Seine Arme hat er vor der Brust verschränkt, die Haare fallen ihm zerzaust in die Stirn und das Shirt ist ziemlich zerknittert. Obwohl ich auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen bin, habe ich nicht bemerkt, wie meine Freundin Besuch von der Party mitgebracht hat.

»Einhörner und Hasen sind eine etwas gewagte Kombination, findest du nicht?«, meint er grinsend. Sein prüfender Blick wandert über meinen Körper. Seine Stimme ist tief und ein bisschen heiser, was mir einen Schauer über den Rücken jagt. Ich erstarre und mein Herzschlag setzt für einen Moment aus. Scheiße! Stellt euch vor, ein totaler Traumtyp steht vor euch und ihr seht aus wie ich: wie gekaut und wieder ausgespuckt, mit fettigen Haaren, dunklen Augenringen und einem schrecklichen Schlafanzug! Dieser Gedanke schießt mir augenblicklich durch den Kopf, als ich den Mund öffne, um etwas zu erwidern. Zu meinem Bedauern bekomme ich keinen Ton heraus. Als hätte ich bei seinem Anblick meine Zunge verschluckt. Ich bin von seiner Ausstrahlung total fasziniert. Sein Grinsen wird breiter, er lehnt sich lässig gegen den Türrahmen und macht keine Anstalten, zu verschwinden. Wer zur Hölle ist das und warum starrt er mich so an?

Mein Gesicht glüht. Warum muss ich gerade dann wie ein Idiot aussehen, wenn ein so attraktiver Mann in unserer WG auftaucht? Hätte mich Becks nicht wenigstens mit einer Nachricht vorwarnen können? Em, bitte zieh dir eins meiner hübschen Nachthemden an, Brad Pitt bleibt zum Frühstück, oder so ähnlich? Ich meine, es ist zwar keine Seltenheit, dass hier Männer auftauchen, die was mit Rebecca haben, und es interessiert mich eigentlich auch nie wirklich, aber … auf einmal ist es irgendwie anders. Sein Anblick löst etwas in mir aus, das mich zunehmend verwirrt und mir den Atem verschlägt.

Und er hat völlig recht. Mein Aufzug ist furchtbar. Zu meiner weiten Flanellpyjamahose mit den kleinen Hasenköpfen trage ich den Einhornpullover von gestern Abend. Sonntags laufe ich immer so herum, wenn wir keinen Besuch haben. Dann kommt es oft vor, dass Becks und ich bis zum späten Nachmittag im Schlafanzug auf dem Sofa vor dem Fernseher lümmeln und Serien auf Netflix schauen.

Der Mann mustert mich immer noch interessiert. Ich schlucke und schließe den Mund wieder. Seine Erscheinung macht etwas mit mir, das mich gerade total überfordert. Dass dieser Kerl ein Frauenmagnet ist, bezweifele ich nicht. Ich kann mich der Wirkung seines Aussehens und vor allem seiner Ausstrahlung nicht entziehen, obwohl ich gerade alles andere als gut auf Männer zu sprechen bin. Doch dieses freche Grinsen macht ihn leider unwiderstehlich. Kein Wunder, dass Rebecca ihn mit nach Hause genommen hat. Dieses Grinsen beschert mir weiche Knie und ein ganz komisches Gefühl in der Magengegend. Ich umklammere meinen Kaffeebecher etwas fester mit der einen Hand, um das Zittern meiner Finger zu verbergen. Wenigstens kann ich so tun, als würde der Becher mir irgendwie Halt geben, wenn meine Beine schon ihren Dienst versagen.

»Mein Anblick hat ihr wohl die Sprache verschlagen, was?«, stellt er fest und wendet sich meiner Freundin zu, die nun ebenfalls unsere Küche betritt und sich katzengleich an seine Seite schmiegt. Rebecca trägt ein kurzes, hauchdünnes Satinnachthemd, das ihre Figur unglaublich gut betont. Selbst ihre blonden Haare wirken so, als habe sie sie aufwendig gestylt, um diesen gewissen Schlafzimmerlook hinzubekommen. Ich hingegen sehe aus, als hätte ich in eine Steckdose gefasst. Vermutlich steht mein langer Pony gerade schräg vom Kopf ab. Das tut er immer, wenn ich ihn nicht glätte und mit Haarspray fixiere. Nach der Trennung von Stefan habe ich mir mein blondes Haar feuerrot gefärbt. Als Becks mich mit dem Haarfärbemittel über der Badewanne hocken sah, ist sie vor Schreck fast umgekippt. Danach hat sie ziemlich lange geflucht und gemeckert, warum ich mich wegen eines Kerls nur so verunstalten würde. Trotzdem hat sie mir beim Haarefärben geholfen. Der Anblick der beiden trifft mich wie eine kalte Dusche. Mist, sie sehen so gut zusammen aus. Wie Brad und Angelina, wie Rhett Butler und Scarlett O’Hara, wie … ein scheißperfektes Liebespaar! So haben Stefan und ich nie zusammen ausgesehen.

Ich nehme einen kleinen Schluck Kaffee, um meine trockene Kehle irgendwie zu befeuchten. Der Mann hat leider recht. Sein Anblick in unserer WG-Küche wirft mich so früh am Morgen total aus der Bahn. Was zur Hölle ist bloß los mit mir? Normalerweise mache ich um Männer mit dieser gewissen Bad-Boy-Ausstrahlung einen großen Bogen. Hier in der Küche gibt es jedoch kaum eine Fluchtmöglichkeit. Vermutlich reagiere ich wegen meines Liebeskummers empfindlich auf gutaussehende Männer. Mein Ex war alles andere als ein Bad Boy und Frauenheld. Er studiert Maschinenbau im letzten Semester und hatte genaue Vorstellungen, wie seine Zukunft aussehen soll: ein guter Job, Haus, Frau, Kinder. Trotzdem hat er mich mit einer seiner Kommilitoninnen betrogen und nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als ich ihn unter Tränen zur Rede gestellt habe. So viel zu dem netten Jungen von nebenan. Vielleicht sollte ich das nächste Mal auf jemanden setzen, der keinen soliden Zukunftsplan hat? Erneut muss ich schlucken, um meine Gedanken irgendwie von diesen wirren Vorstellungen abzubringen.

Rebeccas One-Night-Stand sieht sich kurz im Raum um, dann löst er sich von meiner Freundin, geht zum Küchentisch und greift nach dem Brownie, von dem ich bereits einen Bissen genommen habe. Ehe ich reagieren kann, hat er ihn sich auch schon in den Mund geschoben.

»Wow, das schmeckt ja hammermäßig! Hast du die gebacken?«, fragt er mich mit vollem Mund. Becks kichert leise.

»Die sind von Marius. Emma kann nicht backen. Und wenn sie mal auf die Idee kommt, muss ich mir Sorgen machen, dass sie die Küche in Brand steckt.«

Ich werfe ihr einen bösen Blick zu. Beleidigt verschränke ich die Arme vor der Brust, achte dabei nicht auf den Kaffeebecher in meiner Hand. Großartig! Jetzt habe ich mir auch noch die Reste meines Getränks über meinen Pullover gekippt.

»Oh, Scheiße!«, fluche ich laut und stelle den Becher auf der Arbeitsplatte ab, bevor Schlimmeres passiert und ich ihn womöglich auch noch fallen lasse.

»Warte, ich helfe dir«, kommt es sogleich von dem Mann, der bereits mit einem Handtuch bewaffnet bei mir ist, um mir den Kaffee vom Ärmel zu tupfen. Total überrumpelt starre ich ihn an. Rebecca steht immer noch im Türrahmen und beobachtet uns überrascht. Sie hat mit seiner Reaktion ebenso wenig gerechnet wie ich.

»Ähm …« Ich räuspere mich verlegen. Endlich kommt wieder Leben in mich und ich realisiere peinlich berührt, dass dieser Wahnsinnstyp gerade meinen Pullover mit einem Handtuch säubert, als wäre ich ein kleines Kind.

»Danke. Der Pulli muss sowieso in die Wäsche«, murmele ich verlegen. Schnell entreiße ich ihm das Handtuch und mache einen Schritt zur Seite. Mir wird heiß und mein Herz beginnt wie wild zu pochen. Diese Aufregung am frühen Morgen tut mir gar nicht gut.

»Ober besser in den Müll?« Er wackelt lachend mit den Augenbrauen. »So ein Teil hätte meine Schwester nicht einmal mit zehn getragen.«

»Hey! Der Pulli ist total flauschig!«, empöre ich mich beleidigt. Was fällt diesem Kerl ein? Einfach hier aufzutauchen, meinen Brownie zu essen und sich über meinen Lieblingseinhornpullover lustig zu machen. Da hilft leider sein verdammt attraktives Lächeln auch nicht, um meinen Ärger über ihn zu verdrängen. Mir ist peinlich, mich vor einem Fremden blamiert zu haben. Sein gutes Aussehen kann nicht über seinen Charakter hinwegtäuschen, wie ich feststellen muss.

»Na ja, da hat Paul irgendwie recht«, mischt sich Rebecca in das Gespräch ein und kommt zu mir. »Der Pulli ist doch schon so alt. Wird es nicht langsam Zeit, ihn auszusortieren?«

»Den habe ich aber von Marius zum Geburtstag bekommen«, protestiere ich mit über der Brust verschränkten Armen – diesmal zum Glück ohne Kaffee. Meine Freundin verdreht die Augen.

»Ja, als du fünfzehn geworden bist, Süße.«

Und nun bin ich zweiundzwanzig, na und? Außerdem liebe ich diesen Pullover.

»Okay, Mädels. Ich möchte eure Diskussion über die aktuellen Modetrends wirklich nicht weiter stören. Also, schönen Tag noch.« Der Mann, den Rebecca Paul genannt hat, schnappt sich den zweiten Brownie vom Teller und verlässt die Küche.

»Hey, das ist meiner!«, rufen Becks und ich ihm hinterher, doch da fällt auch schon die Wohnungstür ins Schloss.

Kapitel 2

-Paul-

»Hey, Paul, wie war die Party am Samstag?« Mein bester Kumpel Dennis weist schon auf den freien Platz neben sich, als ich am Montagmorgen den Hörsaal der Uni betrete.

»War der Hammer. Echt schade, dass du nicht dabei sein konntest«, antworte ich ehrlich und gebe ihm High Five. Dennis zuckt mit den Schultern.

»So spontan konnte ich leider meine Schicht in der Videothek nicht tauschen. Aber beim nächsten Mal bin ich definitiv wieder am Start, darauf kannst du Gift nehmen. Ich lasse mir doch nicht noch eine von Lauras Partys entgehen, Mann.«

Nachdem ich mich neben ihn gesetzt habe, rückt er etwas näher zu mir heran. »Und jetzt erzähl mal. Hast du jemanden klargemacht?« Er grinst breit und seine Augen funkeln neugierig. Dennis ist schlimmer als jede Frau, wenn es um irgendwelchen Klatsch geht. Immer will er gleich alles ganz genau wissen.

»Jep«, entgegne ich knapp und lehne mich locker auf meinem Platz zurück. Ich hatte sehr viel Spaß auf der Party, obwohl meine Freunde dieses Mal nicht dabei waren. Der Samstagabend ist auf jeden Fall vielversprechend ausgegangen. Wenn nicht diese seltsame Begegnung am Sonntagmorgen gewesen wäre …

»Und?« Er rutscht noch näher und ich rücke von ihm weg, antworte nicht auf seine Frage. »Mensch Paul, lass dir doch nicht immer alles aus der Nase ziehen. Wie war sie?«

Was will er denn jetzt von mir hören? Soll ich ihn etwa noch vor dem ersten Kaffee mit allen Details aus meinem Liebesleben beglücken? Ich schüttele den Kopf. Diese Fragerei nervt jedes Mal aufs Neue.

»Es war ganz nett«, meine ich beiläufig, während ich meinen Collegeblock und einen Kuli aus dem Rucksack krame. Der Prof müsste jeden Moment auftauchen.

»Nett ist die kleine Schwester von scheiße«, stöhnt Dennis und verdreht genervt die Augen. »Ich dachte wirklich, du würdest lieber allein nach Hause gehen, als dich mit einer netten Frau einzulassen.«

Jetzt bin ich derjenige, der bloß den Kopf schütteln kann. Denn seitdem mein bester Freund Single ist, reden wir gefühlt über nichts Anderes mehr. Dieses Thema geht mir langsam auf die Nerven.

»Sie war ganz süß, okay? Und ehrlich, was genau willst du wissen? Wenn du Lust auf anderer Leute Sexgeschichten hast, dann schau dir einen Porno an«, brumme ich verstimmt. Nur, weil ihn seine Freundin vor einiger Zeit verlassen hat, heißt es noch lange nicht, dass er nun jeden befragen muss, wie es bei ihm in der Liebe steht oder was derjenige so im Bett treibt. Das geht ihn nun wirklich nichts an. Zudem hat er selbst genug Affären, was fragt er also mich?

»Hey, Jungs. Was geht bei euch?«, will unser Kumpel Nick wissen, der in dem Moment zu uns tritt und sich neben mich setzt. Dennis lehnt sich über seinen Tisch, damit er Nick ansehen kann.

»Ich versuche Paul gerade ein paar Informationen über sein Wochenende zu entlocken«, erklärt er und wackelt vielsagend mit den Augenbrauen. Nick lacht auf.

»Vergebens, wie ich vermute?« Dabei sieht er Dennis eindringlich an, was mich nun ebenfalls zum Lachen bringt. Nick trifft wie immer den Nagel auf den Kopf.

»Hey, das ist unfair!«, entgegnet Dennis eingeschnappt. »Ich bin doch nur neugierig, das ist alles. Immerhin musste ich Samstagnacht schuften, während Paul sich mit Frauen amüsiert hat.«

»Da hast du dir mit diesem Spinner echt was eingebrockt, Paul«, entgegnet Nick zwinkernd. »Jetzt sieh zu, wie du ihn wieder loswirst, ohne alles preiszugeben. Er wird den ganzen Tag über keine Ruhe geben.«

»Was kann ich denn dafür, dass sich mein bester Freund aufführt, als wäre er zehn und nicht zweiundzwanzig?«, entgegne ich und ignoriere Dennis’ Gejammer. »Als ihn Sarah verlassen hat, hat sie nicht nur die Möbel aus der Wohnung, sondern wohl auch sein Hirn mitgenommen.«

»Und mein Herz«, fügt Dennis mit einem dramatischen Seufzen hinzu. Die beiden hatten nur wenige Monate zusammengewohnt, als Sarah gemerkt hat, dass sie doch nicht so gut zusammenpassten, wie zu Beginn gedacht. Aber daran ist Dennis auch selbst schuld. So, wie ich ihn kenne, hat er sicher seine Socken in der ganzen Wohnung verteilt und seinen Teller nie in die Spülmaschine geräumt. Wer würde da nicht Schluss machen?

Plötzlich kommt mir die Frau mit dem Einhornpullover in den Sinn, der ich gestern bei Rebecca begegnet bin. Ich war überrascht, denn Rebecca hatte gar nicht erwähnt, dass sie eine Mitbewohnerin hat. Gut, ich habe auch nicht wirklich danach gefragt, als sie mich nach Lauras Party mit zu sich eingeladen hatte. Und wir haben uns danach nur wenig unterhalten. Dafür war der Sex mit Rebecca klasse gewesen, das muss ich schon zugeben. Sie ist eine tolle Frau und wir hatten bereits auf der Party großen Spaß. Doch ich weiß jetzt, dass ich sie nicht erneut treffen werde, denn etwas Entscheidendes hat gefehlt, um mein Interesse längerfristig zu wecken. Genau wie bei all den anderen Frauen, mit denen ich vor ihr One-Night-Stands hatte.

Ganz anders als bei ihrer Freundin, die mir seit gestern nicht mehr aus dem Kopf geht. Obwohl sie alles andere als vorteilhaft ausgesehen hat, in dieser seltsamen Schlafanzugkombination, konnte ich den Blick nicht von ihr abwenden. Ob ich Rebecca doch noch mal wiedersehen sollte, um Näheres über ihre Mitbewohnerin zu erfahren? Keine Ahnung, warum gerade diese Frau es mir angetan hat. Vermutlich war es ihre natürliche Art, die mich so faszinierte.

»Du hast gut lachen. Immerhin hast du eine Beziehung, im Gegensatz zu uns«, brummt Dennis ein wenig beleidigt.

Nick zuckt mit den Schultern. »Mir egal, was du mit wem am Wochenende treibst. Ich für meinen Teil halte nicht viel von solchen Affären.«

Ein verliebtes Funkeln tritt in seine Augen. Ich schmunzle. Nick ist seit einigen Monaten fest mit Max zusammen. Vor Kurzem sind die beiden zusammengezogen. Das ginge mir persönlich alles zu schnell. Trotzdem freue ich mich, dass mein Kumpel glücklich ist. Natürlich gönne ich ihm seine Beziehung, doch manchmal ist da auch ein bisschen Eifersucht in mir. Dann und wann wünsche ich mir ebenfalls eine Person, die mich liebt. Nicht diese ganzen lockeren Affären und Schwärmereien der Frauen. Ich möchte eine feste Beziehung, doch leider habe ich bisher noch keine Frau getroffen, mit der ich mir mehr als ein paar nette Stunden vorstellen kann. Wenn ich Dennis von diesem Wunsch erzählen würde, dann würde er mir sicherlich nicht glauben. Paul, der Frauenschwarm, der Partyheld, sucht nach der Frau fürs Leben, um mit ihr alt und grau zu werden? Das passt irgendwie nicht zu dem Bild, das die Leute von mir haben. Meine Freunde sind der Meinung, die Frauen würden mir scharenweise hinterherlaufen. Ich müsste mir lediglich eine aussuchen, mit der ich zusammen sein will, sagen sie jedes Mal. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich Dennis mit mir in einer Art Konkurrenzkampf befindet, weil er immer so versessen darauf ist, irgendwelche Frauen aufzureißen. Nach außen hin gebe ich mich stets gelassen, als wären mir Gefühle völlig egal. Dabei sehne ich mich nach einer festen Beziehung zu einer Frau, der ich mein Herz schenken kann.

»Nicht jeder hat nun mal so ein Glück wie du, Nick«, sage ich abwesend und starre auf den Collegeblock vor mir. Nick legt mir die Hand auf die Schulter, sodass ich ihn doch wieder ansehe. »Du könntest dir eine Freundin suchen, Paul. Du musst dieses Spiel nicht spielen …«

»Ich kann mich nicht verlieben, das wisst ihr doch, Leute.«

»Du meinst wohl eher, du willst dich nicht verlieben«, korrigiert mich Dennis wissend. Er stützt sein Gesicht in die Handfläche, um mich besser mustern zu können. Sein Blick wird eindringlich. Immer, wenn er mich so ansieht, merke ich, dass ich ihm doch nichts vormachen kann. Meine Freunde wissen, warum ich mich auf keine Frau ernsthaft einlasse. All die lockeren Affären, die ich in den letzten Jahren hatte, haben lediglich dazu geführt, dass ich mein Herz immer mehr vor der Liebe verschlossen habe. Dennis hat recht, wenn er behauptet, dass ich mich nicht mehr verlieben will, denn Liebe hatte für mich bisher nichts als Schattenseiten. Vermutlich liegt es in der Familie, dass ich kein Glück in der Liebe habe. Als mein Vater vor vielen Jahren gestorben ist, hat sein Verlust nicht nur in mein Herz ein großes Loch gerissen. Meine Mutter war am Boden zerstört. Ich konnte kaum ertragen, wie sehr die Liebe sie verletzt hat. Jetzt hat sie zwar einen neuen Partner, doch er wird meinen Vater in ihrem Herzen nicht ersetzen können, das kann ich spüren.

Meine große Schwester Lea hat ebenfalls einige missglückte Beziehungen hinter sich. Ihre letzte ist vor nur wenigen Wochen zerbrochen. Und obwohl ich mir früher geschworen habe, mich nicht zu verlieben, um diesem Schmerz zu entkommen, ist es doch passiert. Während des Abiturs hat mich Kira, eine neue Mitschülerin, ziemlich um den Finger gewickelt. Sie war unglaublich sexy, sympathisch und bei allen beliebt. Nicht wenige Jungs aus meinem Jahrgang schwärmten damals für Kira, und das wusste sie auch. Es hat mich überrascht, dass sie gerade meine Liebeserklärung angenommen hat und wir ein Paar wurden. Ich war verdammt verknallt in diese Frau und schwebte förmlich auf Wolke sieben. Doch nach nur wenigen Wochen, in denen ich wirklich alles für Kira getan und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen habe, hat sie aus heiterem Himmel Schluss gemacht. Von einem anderen Mädchen habe ich später erfahren, dass ich Kira nicht aufregend genug gewesen war. Kurz darauf ist Kira mit meinem damaligen besten Freund zusammengekommen, mit dem ich seitdem keinen Kontakt mehr habe. Er war ein ziemlicher Frauenheld und nicht auf den Mund gefallen. Anscheinend stehen die Frauen nun mal auf Bad Boys. Die netten Jungs haben wenig Chancen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass ein gebrochenes Herz nicht so schnell heilt. Deshalb habe ich mir geschworen, es zu schützen. Und seit ich nicht danach suche, kann ich mich nicht über mangelnde Nachfrage beklagen.

»Mal was anderes«, wechselt Nick das Thema und holt mich aus meinen Gedanken. »Habt ihr Lust, mit mir am Samstag ins Pink Paradise zu kommen? Ich habe Bock zu Tanzen.«

Dennis legt die Stirn in Falten und feixt: »Warum gehst du nicht mit deinem Max hin? Ist etwa doch nicht alles so rosig in eurem Regenbogenland?«

»Jedenfalls rosiger als bei dir, würde ich sagen«, kontert Nick frech, ohne weiter auf Dennis’ Kommentar einzugehen. »Also, habt ihr Lust oder nicht?«

Der Pink Paradise Club ist ein ziemlich angesagter Schwulenclub, in dem Nick seinen jetzigen Freund kennengelernt hat. Ich bin bisher nur einmal mit ihm dort gewesen. Wenn ich es mir jedoch recht überlege, ist es eine verlockende Alternative. Ein bisschen tanzen und etwas trinken, ohne gleich von Frauen umringt zu werden, die sich eine heiße Nacht oder mehr von mir versprechen, wäre zur Abwechslung ganz nett.

»Ich komme mit«, stimme ich Nicks Vorschlag nach kurzem Nachdenken zu.

»Du weißt aber schon, dass es dort keine süßen Frauen gibt, oder?«, warnt mich Dennis.

»Nur süße Jungs«, wendet Nick grinsend ein.

»Dann hoffe ich mal, dass unser Paul nicht die Seiten wechselt. Schließlich ist er auch ein ganz Süßer.« Dennis spitzt die Lippen und klimpert auffällig mit den Wimpern, um mich ein wenig zu ärgern.

»Ihr Spinner. Nur weil ich einmal keine Lust auf weibliche Gesellschaft habe, heißt es noch lange nicht, dass ich keine Frauen mehr mag«, brumme ich, muss jedoch über ihre Witze lachen. Sie lieben es, mich aufzuziehen, doch wenn es darauf ankommt, stehen sie immer hinter mir. Egal worum es geht.

***

Nachdem die Vorlesungen vorbei waren und ich das Unigelände verlassen habe, entdecke ich einen verpassten Anruf und zwei ungelesene Nachrichten auf meinem Handy. Die Nummer kenne ich nicht. Irritiert öffne ich WhatsApp.

Unbekannt: Es war wirklich toll mit dir am Wochenende. Schade, dass du so plötzlich gegangen bist. Ich hätte gern noch mit dir gefrühstückt. Vielleicht können wir das ja nachholen?

Diese Nachricht kann nur von Rebecca kommen. Wann habe ich ihr meine Nummer zu geben? Ich verteile sie doch sonst nicht an One-Night-Stands. Genauso wenig, wie ich mit ihnen frühstücke. All das hebe ich mir für jemand Besonderen auf. Irgendwann. Unschlüssig lese ich mir die Nachricht noch einmal durch. Okay, eigentlich ist Rebecca ja ganz nett. Sollte ich mich mit ihr treffen? Und vielleicht habe ich ja so die Möglichkeit, ein wenig mehr über ihre Mitbewohnerin zu erfahren. Es wurmt mich, dass sie mir nicht aus dem Kopf geht. Kurzerhand speichere ich ihre Nummer ab und antworte.

Paul: Für Frühstück ist es bereits zu spät, aber wie wäre es mit einem Mittagessen?

Rebecca: Klingt gut, bin dabei. Wo treffen wir uns?

Paul: Vapiano am Dom?

Rebecca schickt als Antwort ein Herz-Emoji. Keine Ahnung, was sie sich von einem Treffen mit mir verspricht. Hoffentlich hat ihr unsere Nacht nicht mehr bedeutet, als sie war, denn ich würde ihr nur ungern einen Korb geben.

Statt den Weg zu meiner Wohnung einzuschlagen, begebe ich mich zur nächsten Straßenbahnhaltestelle.

***

Als Rebecca das Vapiano betritt und meinen Tisch ansteuert, habe ich meine Cola fast ausgetrunken.

»Sorry, dass du warten musstest«, entschuldigt sie sich und setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber. Lächelnd streicht sie sich das blonde Haar zurück, das ihr in seidigen Strähnen über die Schultern fällt. Ihr Make-up ist perfekt und das geblümte Sommerkleid betont ihre schlanke Figur, ohne übertrieben aufreizend zu wirken. Als sie das Restaurant betreten hat, habe ich gleich bemerkt, wie sich einige der männlichen Gäste nach ihr umgesehen haben. Rebecca ist eine Frau, die weiß, wie sie auf ihre Umgebung wirkt. Und sie genießt es, das kann man ihr ansehen.

»Kein Problem«, winke ich gelassen ab und nehme den letzten Schluck meiner Cola. »Ich habe es heute nicht eilig. Soll ich dir etwas zu trinken holen?«

»Eine Cola light, bitte.«

Ich erhebe mich, um neue Getränke zu organisieren. Sie nimmt dankend ihr Glas entgegen und trinkt einen Schluck. Als sie es wieder abstellt, erkenne ich den Lippenstiftabdruck am Rand. Erneut streicht sich Rebecca das Haar hinters Ohr, dann stützt sie ihr Gesicht in die Handfläche und sieht mich fest an. Ihre Haare sind weich, davon konnte ich mich Samstagnacht überzeugen. Vermutlich ganz anders als das leicht krause, leuchtend rote Haar ihrer Mitbewohnerin.

»Also, wie kommt’s, dass du plötzlich solche Sehnsucht nach mir hattest?«, beginne ich das Gespräch in einem lockeren Ton und beobachte dabei jede Regung ihres hübschen Gesichts und überlege bereits jetzt, wie ich Rebecca schonend beibringen kann, dass mehr als Freundschaft nicht zwischen uns laufen wird.

»Na ja … Irgendwie musste ich die ganze Zeit an dich denken und habe mich gefragt, ob es dir auch so geht«, meint sie mit einem verführerischen Augenaufschlag. Ich schlucke nervös. Na super, das ist dann wohl wieder einer dieser Momente, in dem ich einer Frau erklären muss, dass ich nichts weiter von ihr will. Ein Grinsen huscht über ihr Gesicht, während sie ihre Hand auf meine legt. Kurz betrachte ich ihre perfekt gefeilten Fingernägel, ehe ich den Blick wieder auf ihr Gesicht richte.

»Ha! Ich hab’s gewusst!«, entfährt es ihr triumphierend. »Genau das hast du von mir erwartet, stimmt’s?«

Perplex starre ich sie an, doch sie lacht plötzlich auf. Dann zieht sie ihre Hand wieder weg, um einen weiteren Schluck von ihrer Cola zu nehmen.

»Dann habe ich dich wohl richtig eingeschätzt, Paul Ziegler. Du bist jemand, der mit den Frauen spielt.«

»Ähm … Rebecca, du …« Wie soll ich denn das verstehen? Wieso ist sie der Meinung, ich würde nur spielen? Ich habe Spaß, okay, und ich lege es nicht drauf an, die große Liebe zu finden, aber jede Frau kam freiwillig zu mir, sie eingeschlossen.

»Nenn mich ruhig Becks«, unterbricht sie mich. »Und nein, ich muss dich enttäuschen. Ich bin ganz sicher nicht hier, weil ich in dir meine große Liebe gefunden habe, mach dir da mal keine Sorgen.« Sie zwinkert mir zu. Dass mir gerade vor Überraschung der Mund offensteht, scheint sie zu amüsieren. »Du hast bloß den hier bei uns vergessen. Also wollte ich ihn dir zurückgeben, bevor du ihn noch vermisst.«

Becks kramt in ihrer Tasche und zieht meinen Pullover heraus, den sie über den Tisch zu mir rüberschiebt. Stumm nehme ich ihn entgegen. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich ihn vergessen hatte …

»Jetzt bist du überrascht, oder? Nicht viele konnten deinem Charme bisher widerstehen. Ich muss auch wirklich gestehen, dass mir die Nacht mit dir sehr gut gefallen hat.«

Ihre Worte treffen mich. Gut gefallen klingt nicht ganz nach dem, was ich sonst von den Frauen zu hören bekomme. Es ist irgendwie ernüchternd zu hören, dass nicht jede Frau gleich an die große Liebe denkt, nachdem sie mit mir im Bett war. Jetzt muss ich feststellen, dass ich es insgeheim genossen haben, wenn sie sich in mich verliebten. Vielleicht weil ich selbst immer noch auf die Liebe hoffe, auch wenn ich mir etwas anderes einzureden versuche?

»Aber ich glaube nicht an diese schnulzigen Geschichten über Liebe auf den ersten Blick. Das ist eher was für Emma. Ich bin da ziemlich pragmatisch veranlagt, musst du wissen. Ich habe Spaß, und wenn ich mich verliebe, dann nicht auf den ersten Blick. Das ist mir bisher nicht passiert. Egal, wie gut der Mann im Bett war.« Erneut zwinkert sie mir zu. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Mich wundert es, dass Rebecca so anders ist und den One-Night-Stand mit mir einfach als belanglos abtut. Das konnten bisher nur wenige Frauen.

Rebecca überrascht mich. Jetzt finde ich es fast schon schade, dass sie nichts von mir will. Wenn ich so darüber nachdenke, dann habe ich bisher keine Frau getroffen, die so offen mit mir gesprochen hat. Sicher wäre eine Beziehung mit Rebecca nicht langweilig geworden.

Ich trinke meine Cola in einem Zug leer und räuspere mich.

»Du hast mich tatsächlich ein wenig überrumpelt. Mit so einem Gespräch habe ich nach deiner Nachricht nicht gerechnet«, gestehe ich. »Ich bin echt baff … Aber, warte –« Ich mustere sie eindringlich. »Deine nächsten Worte sind aber nicht Lass uns Freunde bleiben, oder?«

»Wollte ich gerade wirklich, wieso?«

Jetzt bin ich es, der lauthals lachen muss. »Weil das sonst mein Spruch ist.«

»Und der zieht bei den anderen Frauen?«, will Becks amüsiert wissen.

»Eigentlich nicht«, gestehe ich und reiche ihr die Hand. Sie schlägt ein.

Kapitel 3

-Emma-

»Wie wär’s denn mit dem?«, frage ich meinen Kumpel und deute mit einem leichten Kopfnicken zu einem Mann rechts von mir. Es ist laut im Club, sodass ich fast schon schreien muss, um mich mit Marius unterhalten zu können.

»Nein.« Er schüttelt entschieden den Kopf. Das bunte Licht der Strahler huscht immer wieder über sein Gesicht.

»Und der Blonde dort drüben?«, starte ich einen weiteren Versuch, ihn aus der Reserve zu locken.

»Irgendwie nicht mein Typ …«

»Was ist denn mit dem Kleinen dort hinten an der Bar?«

»Emma, bitte. Ich habe doch gesagt, ich will keinen Freund. Lass das, okay?«, stöhnt Marius genervt und nimmt einen großen Schluck von seinem Bier. Kichernd nippe ich an meinem Cocktail und beobachte die Männer auf der Tanzfläche. Um meinen Liebeskummer zu vergessen, habe ich mir für heute Abend das Ziel gesetzt, meinen besten Freund zu verkuppeln. Er ist von dieser Idee jedoch alles andere als begeistert, weshalb er nur widerwillig mit mir ins Pink Paradise gekommen ist. Während unserer Abizeit waren Marius und ich öfter zum Spaß hier, doch seit ich Stefan in mein Leben getreten war, war ich nicht mehr mit meinem besten Freund feiern.

»Du bist viel zu wählerisch«, merke ich an. »Ich finde den Blonden ja eigentlich ganz süß. Vielleicht sprichst du ihn einfach mal an?«

»Findest du es auch süß, wie er diesem großen Kerl dort die Zunge in den Hals steckt?«, fragt Marius sarkastisch und verdreht die Augen.

»Oh!« Ich schaue erneut zu dem Blonden rüber. Das ging ja verdammt schnell.

»Mensch, Em, willst du Marius wieder an den Mann bringen?«, fragt mich der Barkeeper. Er lehnt sich über den Tresen und begrüßt mich mit einem Kuss auf die Wange. Wir kennen ihn schon seit unserer Abizeit.

»Wenigstens einer von uns sollte doch glücklich sein, oder?«, erkläre ich achselzuckend. Der Barkeeper nickt zustimmend und Marius stöhnt genervt, ehe er seinen Kopf auf den Tresen sinken lässt.

»Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Lust auf eine Beziehung habe. Gerade du solltest das nach dem ganzen Drama wegen Stefan verstehen.«

Er hat recht, aber das will ich mir jetzt nicht eingestehen. Am liebsten würde ich jeden Gedanken an meinen Ex-Freund aus meiner Erinnerung streichen. Was jedoch nicht möglich sein wird, fürchte ich. Denn immer wieder habe ich das Bild vor Augen, wie Stefan mit dieser anderen Frau rumknutscht. Er hat es ja nicht einmal geleugnet, als ich ihn zur Rede gestellt habe. Ich bin ihm zu langweilig geworden mit den Jahren, hat er gesagt. Aber er hätte die Karten einfach offenlegen, mit mir reden, und dann vielleicht Schluss machen sollen, statt fremdzugehen und abzuwarten, bis ich von selbst dahinterkomme. Das hat wirklich wehgetan. Ich merke immer wieder, dass ich noch nicht über die Trennung hinweg bin. Auch wenn sie schon mehrere Wochen her ist.