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Blaire Stern hat keine Ahnung, was sie nach ihrem Abschluss in Kommunikationswissenschaften tun möchte, bis eine Hausarbeit ihr Leben völlig durcheinanderbringt. Sie soll einen Artikel über Mixed Martial Arts schreiben und Interviews mit einigen Sportlern führen, wobei sie den attraktiven Tyler »Ty« Wylder kennenlernt. Um ihren Artikel fertigzustellen, braucht sie die Hilfe des angehenden MMA- Champions, aber er will partout kein Interview geben - zumindest nicht ohne eine Gegenleistung. Ty bietet Blaire einen verführerischen Deal an: Er beantwortet all ihre Fragen, wenn sie einem Date zustimmt. Die beiden kommen sich immer näher, doch Ty hat ein Geheimnis, das alles verändern könnte.
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Seitenzahl: 377
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
Widmung
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Danksagung
Die Autorin
Die Romane von L. J. Shen bei LYX
Impressum
L. J. SHEN
TYED
KÄMPFE UM UNS
Roman
Ins Deutsche übersetzt von Larissa Bendl
Blaire Stern hat keine Ahnung, was sie nach ihrem Abschluss in Kommunikationswissenschaften tun möchte, bis eine Hausarbeit ihr Leben völlig durcheinanderbringt. Sie soll einen Artikel über Mixed Martial Arts schreiben und Interviews mit einigen Sportlern führen, wobei sie den attraktiven Tyler »Ty« Wylder kennenlernt. Um ihren Artikel fertigzustellen, braucht sie die Hilfe des angehenden MMA-Champions, aber er will partout kein Interview geben – zumindest nicht ohne eine Gegenleistung. Ty bietet Blaire einen verführerischen Deal an: Er beantwortet all ihre Fragen, wenn sie einem Date zustimmt. Die beiden kommen sich immer näher, doch Ty hat ein Geheimnis, das alles verändern könnte.
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
Für die, die mir sagten, ich könne es schaffen.
Und für die, die mir sagten, ich könne es nicht.
Ein Hoch aufs Verfolgen meiner Träume, ein Wort nach dem anderen.
Ich hasse es, aufs College zu gehen.
Nicht, dass es meine Eltern interessiert, welche Kurse ich belege. Sie wollen nur, dass ich meinen Abschluss in Kommunikationswissenschaften mache.
Vor allem, nachdem ich mein erstes Studienjahr in den Sand gesetzt habe.
Sie zahlen also verdammt viel Geld (sie könnten mir sicher die genaue Höhe der Studiengebühren nennen), damit ich den Kurs über journalistische Berichterstattung verschlafe und für einen Beruf studiere, den ich nie. Werde. Ausüben. Wollen.
Fuck my life, hab ich recht?
Ich pendle fast jeden Tag von meiner Wohnung in Walnut Creek zur Diablo Hill School of Art. Die Universität liegt zwischen San Francisco, Oakland und meinem inneren Wunsch, mir das Leben zu nehmen. Ich sitze dort meine Zeit ab und zähle die Wochen, Tage, Stunden und Nanosekunden bis zum Abschluss.
Ich habe noch zwei Monate und zwölf Tage vor mir, bis ich frei bin. Zwei Monate und zwölf Tage, bis ich mich der harten, unbarmherzigen Realität stellen muss: Ich habe keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen will. Gerade besteht mein größter Plan für die Zukunft aus einer Pizza zum Mitnehmen und einem Rewatch der ersten sechs Staffeln von Sons of Anarchy. Im Moment pflege ich eine monogame, überhaupt nicht verstörende Beziehung zu Charlie Hunnams Wirken.
(Verurteilt mich nicht.)
Heute ist Dienstag, also mache ich nach den Kursen Kreatives Schreiben und Ethik ein wohlverdientes Nickerchen. Im Journalismuskurs schlafe ich immer ein. Bei dem Scheiß würde selbst ein hyperaktives Kind Halloween verpennen. Charlie und ich sind gerade dabei, den Teil nachzustellen, wo er Tara Knowles schwängert (wobei ich anmerken muss, dass unsere Chemie vor der Kamera weitaus prickelnder ist), als mir ein scharfer Ellbogen in die Rippen gestoßen wird.
Okay, der kam definitiv nicht von Charlie. Autsch.
»Aufwachen, Schlafmütze.«
Langsam hebe ich den Kopf und wische mir den Sabber vom Kinn, während ich mich bemühe, meine Augenlider auseinanderzubekommen. »Was ist?«, frage ich den Besitzer des Ellenbogens.
»Letzte Aufgabe.« Mein bester Freund Shane Kinney reckt sein Kinn in Richtung der Tafel im vorderen Teil des Raums. Sein unordentliches blondes Haar wogt dabei, als wäre er in einer gottverdammten Head-and-Shoulders-Werbung.
Ich blinzle die Tafel an. »Ich bin zu müde, um alle Buchstaben und Wörter zu entziffern.«
»Das nennt man einen Satz. Mein Gott, Blaire. Du musst anfangen, weniger Nachtschichten im Ned’s zu schieben.«
»Ich brauche das Geld. Lebensmittel sind teuer.« Ich ziehe die Kapuze meines Pullovers herunter, um mein Gesicht zu verdecken. Zum Glück ist der Kurs vorbei und alle packen ihre Laptops in die Rucksäcke. Shane streckt sich und ballt die Fäuste, während er gähnt. Heuchler. Er ist auch gelangweilt. Sein Bauchnabel lugt unter seinem Hemd hervor, und ich stecke meinen Zeigefinger hinein, was ein lustiges Geräusch macht.
»Du könntest wieder bei deinen Eltern einziehen«, schlägt er vor, als ich mich auf die Füße kämpfe. »Dadurch könntest du Geld sparen.«
»Durchs Containern könnte ich genauso Geld sparen, aber auch dazu bin ich nicht verzweifelt genug.«
»Willst du damit sagen, dass du lieber obdachlos wärst, als bei deinen Eltern zu wohnen?«
»Ich will sagen, wir könnten dieses Gespräch führen, während wir draußen einen doppelten Espresso trinken.«
»Ich weiß nicht, B. Du siehst aus, als bräuchtest du mehr als Kaffee, um den Tag zu überstehen.« Er zwinkert mir zu, grinst und schnappt sich unsere beiden Taschen.
Ich schlage ihm mit dem Handrücken gegen die Schulter. »Ernsthaft, Gras an der Uni?«
»Beam mich hoch, Scotty!« Sein Lächeln wird breiter, als wir uns in die Flut aus Studierenden stürzen, die den Flur hinunterströmen.
Nachdem wir unsere Kaffees geholt und uns auf unsere übliche abgelegene rote Bank in einer Ecke des Haupthofs gesetzt haben, holt Shane eine Zigarettenschachtel hervor, die er speziell für seine selbst gerollten aufbewahrt. Er steckt sich einen Blunt an und reicht ihn an mich weiter. Ich nehme einen langen Zug, schließe die Augen und genieße den Sonnenschein.
»Also, was ist unsere Aufgabe?«, frage ich schließlich.
Shane gibt mir die Zusammenfassung. Während ich damit beschäftigt war, heiße Szenen mit CH nachzustellen, hat uns Professor Penniman, die es mit ihren Reportageaufträgen viel zu genau nimmt, anscheinend vor unsere bisher größte Herausforderung gestellt: ein zweitausend Wörter umfassender Artikel über ein Thema, das uns völlig fremd ist.
Shane erklärt: »Sie teilt jedem von uns nach dem Zufallsprinzip ein Thema zu, aber sie will die Geschlechterrollen vertauschen. Sie hat gesagt, dass die Jungs über so einen Mist wie Liebesromane und Wochenbettdepressionen schreiben werden, während die Mädchen sich mit Muscle-Cars und Ego-Shooter-Spielen beschäftigen werden. Wir erhalten unsere individuellen Themen heute Abend bis 22 Uhr per Mail. Und, ach ja, Tauschen ist nicht erlaubt.«
»Toll. Ich hasse Journalistische Berichterstattung eh schon, und jetzt muss ich auch noch über ein Thema schreiben, mit dem ich höchstwahrscheinlich nichts zu tun haben will.«
»Ja, aber du hasst alles. Vielleicht ist es an der Zeit, deinen Horizont zu erweitern.« Shane stößt seinen mit Levis bekleideten Schenkel gegen meinen. Er studiert Journalismus im Hauptfach. Bisher hat er die ganze Uni-Erfahrung mit Bravour gemeistert. Er war derjenige, der vorgeschlagen hat, dass ich diesen Kurs belege, damit er mir in meinem Nebenfach helfen kann.
Er trägt seine übliche Uniform aus Jeans, Timberland-Stiefeln und einem T-Shirt mit einem lustigen Spruch. Heute steht darauf: Aus dem Weg, Kaffee. Das ist ein Job für Alkohol. Er riecht nach Zimt, Abercrombie-Parfüm und jeder Menge Möglichkeiten. Immer.
Shane ist wahnsinnig süß, aber er ist einfach nichts für mich. Er ist wie der Bruder, den ich nie hatte, und ich möchte, dass das auch so bleibt.
»Was hast du dieses Wochenende vor?« Er wirft mir mit seinen blaugrünen Augen einen Seitenblick zu.
Ich zucke mit den Schultern. »Freitagabend muss ich arbeiten. Wahrscheinlich schlafe ich am Samstag den ganzen Tag, drehe mir dann einen Blunt und schaue die neuste Folge The Walking Dead oder so.«
»Möchtest du Gesellschaft?«
»Kann die Gesellschaft Avocado-Eiersalat-Sandwiches und Süßkartoffelchips von Pinder’s mitbringen?«
»Kann Floyd Mayweather einem Schlag ausweichen?« Shane breitet grinsend die Arme aus.
»Ich habe keinen blassen Schimmer, wer das ist, aber ich wage, zu vermuten, dass die Antwort Ja lautet.«
»Du machst mich fertig, B.« Er lacht, legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich in eine freundschaftliche Umarmung, während er mir mit der freien Hand durchs Haar wuschelt. »Was soll ich nur mit dir machen?«
»Schmutzige, unanständige Dinge, die meine Zwillingsschwester zum Erröten bringen?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und täusche ein teuflisches Lachen vor.
Shane springt von der roten Bank auf, als hätte ich ihn geohrfeigt. Seine Miene ist angespannt, als er zu einem Mülleimer aus Beton geht und die Reste unseres Blunts entsorgt. »Ich muss los«, sagt er.
Ich huste und frage mich, warum mein kleiner Scherz ihn verärgert hat. Es ist, als hätte ich den falschen Knopf gedrückt.
Erst kurz vor Mitternacht erinnere ich mich an unsere Hausarbeit für Journalistische Berichterstattung. Zwischen dem Einkauf bei Target, dem Besuch bei meinen Eltern und einer Frühschicht im Ned’s habe ich die angekündigte E-Mail ganz vergessen.
Ich werfe meinen fünf Jahre alten Dell an und stelle fest, dass ich wahrscheinlich der einzige Mensch unter dreißig in der Bay Area bin, der kein MacBook besitzt. Izzy, meine Zwillingsschwester, sagt, dass eine Dreiundzwanzigjährige, die an einem anderen Gerät arbeitet, das Uncoolste ist, was sie je gesehen hat. Aber insgeheim glaube ich, dass ich viel cooler bin als alle anderen, weil ich mich einen Dreck darum schere, was andere denken.
Mein Mailpostfach beehrt mich schließlich mit seiner Anwesenheit und informiert mich über zwei ungelesene Nachrichten. Eine von Professor Penniman und die andere von Shane. Offenbar ist er über das hinweg, was ihn heute Morgen aufgeregt hat.
Ich öffne zuerst die E-Mail von Professor Penniman:
Ms Stern.
gemäß meinen Anweisungen im Kurs bitte ich Sie um einen Artikel von mindestens 2000 Wörtern (ohne Überschrift) zu dem unten genannten Thema. Ihre gesamte Note hängt von dieser Arbeit ab, also nehmen Sie sie bitte genauso ernst wie ich. Ich möchte, dass Sie Leute interviewen, die in dieser Branche arbeiten. Begleiten Sie sie, um sich ein Bild von ihrer Arbeit zu machen. Ihr Artikel ist am ersten Tag der Prüfungswoche, dem 1. Juni, fällig. Sie sollten also genügend Zeit haben, um die Aufgabe zu erledigen.
Bitte mailen Sie mir NICHT zurück, rufen Sie mich NICHT an und treten Sie auch auf keine andere Art und Weise an mich heran, um Ihr Thema zu ändern. Sie können um weitere Leitlinien oder eine Klärung der Aufgabe an sich bitten, doch das Thema ist obligatorisch.
Thema: MMA
Ich rümpfe die Nase. Und was genau ist MMA? Die Initialen klingen vage vertraut. Vielleicht eine Regierungsbehörde?
Ich schreibe mir die drei Buchstaben auf, damit ich nicht vergesse, sie zu googeln, dann mache ich einen Doppelklick auf Shanes E-Mail. Er will wissen, welches Thema ich habe und warum ich nicht auf seine SMS antworte. Ups, ich habe mein Handy auf lautlos gestellt, als ich mit meinen Eltern zu Abend gegessen habe. Hausregeln.
Ich schalte mein Handy ein und sehe eine Nachricht von Shane, in der er mir dieselbe Frage stellt.
Ich tippe:
MMA. Wtf?
Shane antwortet praktisch sofort.
Mixed Martial Arts. Du Glückliche. Mein Mitbewohner Josh trainiert in einem XWL-Fitnessstudio in Concord.
Ich simse zurück:
XWL? Weitere Initialen?
Shane übersetzt:
Xtreme Warrior League. Josh sagt, du solltest dir lieber ein anderes Fitnessstudio suchen, dieses hier ist voll von Idioten. Jedenfalls habe ich mich auf deren Website eingeloggt. Rede mit dem Geschäftsführer/Trainer Dawson.
Er hängt die Telefonnummer des Fitnessstudios an.
Dann schreibt er:
Vergiss nicht unseren TWD-Marathon Samstagabend. TTYL.
Er ist offline, ohne mir sein Thema verraten zu haben. Vielleicht war er so damit beschäftigt, mir zu helfen, dass er es vergessen hat. Der Gedanke bringt mich zum Lächeln. Wo wäre ich bloß ohne Shane?
Wir sind schon seit Ewigkeiten befreundet. Er ist in derselben Straße aufgewachsen wie ich und mein engster Freund, seit ich denken kann. Als Shane nach der Highschool eine Zeit lang um die Welt reiste, hatte ich das Gefühl, dass mir ein Körperteil fehlt. Ich bin nicht gerade gesellig, und Shane hat immer zu mir gehalten. Selbst als wir Kinder waren und Aiden, der schielende Junge aus unserer Straße, ein Baumhaus baute und alle außer mir (auch Shane und Izzy) zum Spielen einlud, blieb Shane lieber bei der langweiligen Blaire. Wir fingen Glühwürmchen mit Einmachgläsern, und weil meine Mutter sich wegen meines nicht vorhandenen Soziallebens Sorgen machte und ein schlechtes Gewissen hatte, durften wir die Küche plündern und uns mit Süßigkeiten vollstopfen.
Ich weiß, dass Shane mit vielen Mädchen ausgeht. Manchmal hat er weniger Zeit zum Abhängen, oder er bekommt eine zweideutige SMS oder einen heißen Anruf, wenn ich dabei bin, aber er ist ein toller Freund.
Ich wiederum? Ich hebe mich für einen blonden Engländer auf, der nicht mal von meiner Existenz weiß.
Ich gebe Dawsons Nummer in mein Telefon ein, gehe ins Badezimmer und lasse ein Bad einlaufen. Während das Wasser die Wanne füllt, staube ich den Couchtisch ab. Meine Zwillingsschwester Izzy ist diejenige, die für die Miete und so ziemlich alles andere aufkommt. Ich bin diejenige, die den ganzen Haushalt schmeißt. Das ist ätzend, aber so ist es mit allem, was die langweilige Blaire im Vergleich zur aufregenden Izzy ausmacht.
Ich fahre mit dem Staubtuch über ein Bild von meiner Schwester und mir. Ich bin zierlich, schlank mit kurvigen Hüften. Lilienweiße Haut, volle Lippen und dunkles, gewelltes Haar mit blauen Spitzen. Ich habe Sommersprossen, die auf meiner Nase und meinen Wangen verteilt sind. Auf Flugbegleiterinnen-Level bin ich heiß, schätze ich. Soll heißen, ich sehe besser aus als das Durchschnittsmädchen, aber bei Weitem nicht so perfekt wie die Frauen in den Zeitschriften.
Aber Isabelle? Pffft. Sie ist das Mädchen auf der Titelseite der Zeitschrift. Größer, schlanker und um Längen hübscher. Höhere Wangenknochen, tiefblaue Augen und die Ausstrahlung einer Göttin. Izzy lässt mich im Grunde wie eine Beta-Version von ihr aussehen. Anstatt zu überlegen, was sie mit ihrem Leben anfangen soll (wie ich), beschloss sie also mit achtzehn, Model zu werden und mit ihrer Schönheit viel Geld zu verdienen.
Zurzeit reist Isabelle Stern als unterwäschetragende Elizabeth’s-Passion-Fee durch die Welt, besichtigt jeden Fleck der Erde und lebt ihr bestes Leben, während ich eine beschissene Universität besuche und in einer Nachbarschaftsbar lauwarmes Bier serviere, um über die Runden zu kommen.
Trotzdem, wenn ich nicht gerade Nachtschichten im Ned’s schiebe und sie sich nicht in ihrer Unterwäsche am Strand rekelt, haben Izzy und ich eine Routine.
Ich höre mein Telefon klingeln, gehe zurück ins Bad, drehe den Hahn zu und halte einen Finger ins Wasser, um die Temperatur zu prüfen.
»Izzy«, sage ich und halte den Hörer instinktiv ein Stück vom Ohr weg.
»Schwesterchen!«, quiekt sie zurück. Sie ist zwar wunderschön, doch ihre hohe Stimme könnte doppelt verglaste Fensterscheiben zerbersten lassen.
»Wo ist dein dünner Arsch heute?« Ich sitze auf dem Rand der Badewanne und lasse meinen Finger im Wasser kreisen.
»Ich bin in Singapur. Du würdest es lieben! Es ist so anders und fantastisch und voller Wolkenkratzer. Ich hatte allerdings einen peinlichen Zwischenfall, als ich gelandet bin. Anscheinend ist es hier illegal, Kaugummi zu kauen, besonders in botanischen Gärten. Ich wurde fast verhaftet!«
Wir lachen, während ich mich ins Wasser gleiten lasse und aufseufze.
»Bist du in der Wanne?«, fragt sie.
»Ja. Und du?«
»Jap. Sie ist riesig, doppelt so groß wie die in unserer Wohnung, und sie hat Düsen. Hey, denkst du, wir sind Freaks, weil wir das hier jeden Tag machen? Als wäre es eine perverse Zwillingsgebärmutter-Sache?«
»Was, baden, während man telefoniert?« Ich kaue auf meiner Unterlippe. »Das ist nicht gerade Dr.-Phil-Material. Ich würde meinen Therapeuten fragen, wenn ich mir einen leisten könnte.«
»Brauchst du Geld? Du weißt, ich kann dir immer aushelfen.«
»Nein.« Ich räuspere mich und wechsle schnell das Thema. »Wie auch immer, wie spät ist es dort? Ich will gleich ins Bett.«
»Ungefähr 13 Uhr.«
»In der Mittagspause baden? Du bist wirklich ein kleiner Freak.«
»Mmh, okay, Blaire. Wenigstens bin ich nicht langweilig.«
Izzy hat nicht ganz unrecht.
Ich plaudere über meine MMA-Hausarbeit und darüber, dass Shane sich seltsam verhält. Izzy hat gar nicht mitbekommen, dass wir zusammen einen Kurs belegen. Offenbar habe ich vergessen, es zu erwähnen. Sie scheint jedoch nicht sehr interessiert zu sein und beendet unser übliches dreißigminütiges Telefonat frühzeitig.
Nachdem sie aufgelegt hat, lasse ich mich mit meinem Laptop auf mein Bett fallen und beschließe, MMA auf YouTube einzugeben. Mal sehen, womit ich es hier zu tun habe. Das erste Video, das auftaucht, zeigt einen Mann, der so brutal ausgeknockt wird, dass der Schiedsrichter zwischen ihn und den anderen Kämpfer springen muss, um den Kampf zu beenden. Der eine Kämpfer ist bewusstlos, die Matte unter ihm ist so blutig wie ein CSI-Tatort, während der Kämpfer über ihm immer noch versucht, seinen Gegner bis in die Unterwerfung zu prügeln. Das Publikum ist begeistert und feuert ihn mit mehr Klatschen und aufgeregten Schreie wie »Würg ihn!« und »Armhebel! Armhebel!« an.
Ich bin keine Freundin des Mainstreams oder von Vorverurteilungen – manche würden mein Mundwerk, meine zerrissenen Jeans und mein Nasenpiercing sogar für unzivilisiert halten (die können sich der Petition meiner Eltern anschließen) –, aber selbst ich erkenne, wie krank das ist. Ich bin mir nicht sicher, wo die »Kunst« in den Mixed Martial Arts steckt. Auf jeden Fall nicht im Ring, wo ich gerade dabei zugesehen habe, wie ein Mann gewürgt wurde, bis er blau anlief.
Weitere Nachforschungen zu diesem Thema zeigen, dass es eine hitzige Debatte darüber gibt, ob MMA überhaupt legal sein sollte oder nicht. Die Befürworter des Sports sagen, es sei einvernehmlich. Aber hey, auch Verbrechen können einvernehmlich sein.
Das ist ziemlich abscheulich, denke ich, während ich den Laptop zuklappe und meine Daumen auf meine Augenlider presse.
Ich werde in diesem Kurs so was von durchfallen. Schon wieder.
Das Gute daran, dass ich MMA als Thema für meine Hausarbeit zugeteilt bekommen habe, ist, dass der Sport anscheinend nach jeglicher Art von Aufmerksamkeit giert, die er bekommen kann. Ich muss keine pampigen Sekretärinnen, PR-Agenten oder rechtliche Hindernisse überwinden, um ein Interview im The Grind, einem Fitnessstudio in Concord, zu bekommen. Alles, was ich tun muss, ist fragen. Das einzige Problem bei den Mixed Martial Arts ist, dass es sich um Mixed Martial Arts handelt.
Ich dachte, die Gewalt im ersten Video, das ich mir angesehen habe, wäre Zufall gewesen. Ich dachte, MMA müsse wie WWF-Wrestling sein, mit lauter extravaganten Cowboys und Heavy-Metal-Rittern, die Rollenspiele machen. Ihr wisst schon, wenn Männer in Kostümen nach einer zwanzigminütigen theatralischen Rede aufeinander losgehen.
Aber ich habe mich geirrt. Bei meiner eingehenden Recherche (ja, gut, ich habe es gegoogelt) fand ich heraus, dass sich die Männer der MMA buchstäblich bis zur Unkenntlichkeit verprügeln. Es fließt Blut. Ständig. Es gibt blaue Augen, gerissene Bänder, gebrochene Knochen und genug medizinisches Personal, um bei jedem Kampf ein Feldlazarett einzurichten. Es ist alles echt und schmerzhaft brutal.
Meine erste Schlussfolgerung ist, dass jeder Typ, der MMA-Kämpfer werden will, einen Hirnschaden haben muss. Als ich Dawson Alba heute Morgen am Telefon mit dieser psychologischen Einschätzung konfrontierte, bestätigte der Trainer gelassen: »Ja, die Jungs bekommen öfter mal was auf den Kopf.«
Das klingt doch nach Spaß, oder nicht?
Als ich am Samstag auf den Parkplatz des The Grind fahre, zittere ich nicht, weil es ein kühler Nachmittag ist, sondern weil mich der Gedanke, mehr über diesen blutigen Sport zu erfahren, zutiefst abstößt. Ich starre auf den riesigen, zweistöckigen Hangar am Rande der Stadt. Das XWL-Logo ist stolz in Rot, Weiß und Schwarz auf die Front und die Seiten gemalt, das stilisierte Symbol ist anscheinend von jeder Autobahn in der Bay Area zu sehen.
Ich parke meinen rosa Mini Cooper zwischen den schwarzen Ram Trucks und Jeeps. Izzy hat mir den Mini umsonst überlassen, also sollte ich mich nicht beschweren, aber er ist so verheerend pink, dass er zwischen den anderen testosterongeschwängerten Fahrzeugen auffällt wie ein fetter Pickel im Gesicht einer Ballkönigin. Ein halbes Dutzend Jungs schlendert vorbei, sie schauen durch das Fenster und starren mich an, als hätte ich mich auf dem Weg zum nächsten Einkaufszentrum verirrt.
Ein großer Kerl schüttelt amüsiert den Kopf, als ich den speziell installierten rosa gemusterten Hello-Kitty-Gurt löse. Verdammt seist du, Izzy. Ich möchte schreien, dass ein Supermodel das Auto ausgesucht hat und nicht ich, aber im Moment scheint es wichtiger zu sein, nicht aufzufallen.
Ich hieve mich nach draußen und zünde mir einen Blunt an. Mit meiner Wayfarer-Sonnenbrille (ebenfalls von Izzy ausrangiert) versuche ich, meine Nerven zu beruhigen, und sehe den Kerl stirnrunzelnd an. Ich werde nicht das ganze Ding rauchen. Ein paar Züge zur Beruhigung können ja wohl nicht schaden, oder?
Man kann über mein pinkes Auto sagen, was man will, aber sobald ich in meinem schwarzen Subhumans-T-Shirt und zerrissenen Boyfriend-Jeans das Haus verlasse, meine Haare im Nacken zu einem unordentlichen Knoten gebunden, kann man mich nicht mit Izzy und ihren Designerklamotten verwechseln. Wir sind zwei verschiedene Spezies, sie und ich. Ich nehme einen weiteren tiefen Zug und runzle die Stirn.
So ist es richtig. Einatmen, ausatmen.
Langsam werde ich gut darin.
»Yo. Du darfst hier nicht rauchen.« Es ist wieder der große Typ. Er trägt eine Bandana-Maske mit schwarzem Totenkopf, die den unteren Teil seines Gesichts bedeckt, vermutlich weil er denkt, dass er damit wie ein harter Kerl aussieht. (Das tut er auch irgendwie.)
»Ich mache ihn gleich aus.« Ich grunze genervt und puste eine Rauchwolke himmelwärts.
»Oh Mann, du kiffst?« Er reißt sich seine SkullCandy-Ohrstöpsel heraus und bläst die Backen auf. Er ist athletisch und muskulös, seine Brust und die dicken Arme wölben sich unter seinem schwarzen XWL-T-Shirt. Ich mustere seine graue Jogginghose und seine Flipflops und erhasche einen Blick auf das riesige Schlangentattoo, das sich von seinem Rücken bis zu seinem Hals erstreckt.
Scheiße. Ich muss etwas sagen. »Wir sind draußen. Was zum Teufel geht es dich an, ob ich hier rauche?« Ich ziehe gelassen an meinem Blunt, doch innerlich rast mein Puls. »Geh weiter, Cowboy.«
Nein, das war das Falsche, du Idiotin. Ich will die Klappe halten. Ich korrigiere: Ich muss die Klappe halten. Er ist dreimal so groß wie ich, besteht rein aus Muskeln und männlicher Arroganz, und er hat diesen düsteren Blick, der meine Haut kribbeln lässt.
Aber ich kann mich anscheinend nicht zurückhalten, denn zu meinem Entsetzen stößt mein Mund noch mehr Dummheiten aus. »Wenn dir deine Gesundheit so wichtig ist, dann sollte Passivrauchen deine geringste Sorge sein. Dir ist schon klar, dass regelmäßige Schläge deinem Gehirn schaden? Es beeinträchtigt das Gedächtnis und alle möglichen anderen Dinge.«
Fantastisch, Blaire. Du hast den Kerl im Grunde gerade als hirntot bezeichnet. Meine Chancen, das Studio in einem Krankenwagen zu verlassen, sind gerade drastisch gestiegen.
Er überbrückt den Abstand zwischen uns, zieht den Blunt zwischen meinen Lippen hervor und schnippt ihn mit Daumen und Zeigefinger auf die andere Seite des Parkplatzes. Mir bleibt der Mund offen stehen, als er sein Bandana bis zum Hals herunterzieht und sein ganzes Gesicht entblößt.
»Das ist eine sehr schlechte Idee«, warnt er mit tiefer, heiserer Stimme. Sein Atem riecht nach Pfefferminzkaugummi und Mundwasser, und er steht so dicht vor mir, dass ich die Wärme seines Körpers spüren kann, obwohl es heute ohnehin schon lächerlich heiß ist.
»Meinst du das Rauchen oder dass ich dich dumm von der Seite anmache?« Meine Stimme bricht. Meine Zunge ist wie gelähmt. Es fühlt sich an, als wäre mein Mund mit Watte gefüllt.
»Beides«, sagt er und streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn.
Wow. Ich meine, wow. Heißer Parkplatz-Typ ist derart attraktiv, dass es die Beleidigung des Jahrhunderts wäre, ihn als schön zu bezeichnen. Er hat Glück, dass seine Nase leicht schief ist, so als hätte sie ein paar Schläge zu viel abbekommen, denn sonst wäre er einfach nur widerlich hübsch. Er sieht aus, als wäre er von einem Haufen notgeiler Teenager gephotoshoppt worden. Er hat einen perfekt geformten Schmollmund, mandelförmige Augen und einen gemeißelten Kiefer wie Brad Pitt, wegen dem sich vermutlich regelmäßig Mädchen in die Hose machen.
Kurze Erinnerung:
Ich bin ein Mädchen.
Ich bin ihm gefährlich nahe.
Und ich bin so was von eindeutig am Arsch.
»Interessantes Auto fährst du.« Er richtet seinen Schlafzimmerblick auf einen Punkt hinter mir.
»Problem?« Ich blinzle betont langsam und gebe mir Mühe, gelangweilt auszusehen.
»Nee, war nicht anders zu erwarten.« Er ist so hübsch, dass ich mich nicht auf das konzentrieren kann, was er sagt. Oder darauf, was ich sage, wenn wir schon dabei sind. Dann dreht er sich abrupt in die andere Richtung, und bevor ich registriere, was passiert, puff, ist er weg.
Ich brauche eine Minute oder zehn, um mich zu sammeln.
Ich lehne mich gegen die Motorhaube meines Wagens, atme tief ein und versuche, mich zu beruhigen. Alles ist unter Kontrolle. Ich hatte gerade eine kurze Begegnung mit einem Verrückten, der mir viel zu nah gekommen ist. Der zufällig und unfairerweise wunderschön ist. Aber das Fitnessstudio ist riesig, und die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihm wieder begegne, gering.
Außerdem wartet Dawson auf mich, und ich kann es mir nicht leisten, zu spät zu kommen. Ich muss mich auf diese Hausarbeit konzentrieren, um meinen Abschluss zu machen. Mom und Dad werden mich umbringen, wenn ich wieder durchfalle. Nein, ich bringe mich um, wenn ich wieder durchfalle.
Ich betrete das Studio und werde am Tresen von einem rothaarigen Kerl mit Bart und Manbun begrüßt, der ein schwarzes XWL-T-Shirt trägt, genau wie der heiße Kerl vom Parkplatz.
»Hi, ich habe einen Termin mit Dawson Alba. Mein Name ist Blaire Stern.« Ich lächle höflich und gebe mein Bestes, nicht zu wirken, als würde mir der Ort Angst einjagen. Was schwierig ist, vor allem, weil das Studio vom Boden bis zur Decke schwarz gestrichen ist.
Ich richte die Umhängetasche über meiner Schulter und gebe mein Bestes, in meinen zerrissenen Jeans und schwarzen Chucks nicht aufzufallen. Der Geruch von Aftershave, Schweiß und Testosteron steigt mir in die Nase. Ich sehe tonnenweise Typen in Iron-Man-Größe, die sich auf dem Boden wälzen und auf Dinge einschlagen, und entdecke sogar ein paar Frauen, die superschwere Hanteln stemmen. Diese Frauen nehmen das Training ernst und sind ganz und gar nicht wie die Soccer Moms im Fitnessstudio meiner Mutter, die geschminkt auf den Laufbändern stehen und sich im Tempo einer sterbenden Schildkröte bewegen.
»Okay …« Der Kerl mit dem roten Bart sieht verwirrt aus. »Tut mir leid, ich kann den Empfang nicht unbeaufsichtigt lassen.« Er verlagert sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Das Büro des Chefs ist auf der anderen Seite des Studios. Ich hole jemanden, der dir den Weg zeigt, okay?«
Ich nicke. Sie sind also nicht alle herrische Idioten. Rotbart ist nett und hilfsbereit. Er bittet jemanden an den Tresen, während ich mich genauer umsehe.
»Bitte sehr! Das ist Ty. Er wird dich in Dawsons Büro bringen«, verkündet Rotbart hinter mir.
Ich drehe mich um, um mich dem barmherzigen Samariter vorzustellen, der mir zu Hilfe eilt, und mir fällt die Kinnlade herunter. Der heiße Parkplatz-Kerl steht vor mir, immer noch unglaublich sexy. »Du!« Aus einem Grund, den ich nicht begreifen kann, blinzle ich ihn anklagend an. Abgesehen davon, dass er meinen Blunt ausgedrückt hat, hat er nichts falsch gemacht. Außerdem war es wohl ein Nichtraucherbereich. Und, na ja, Gras ist immer noch illegal und so.
Heißer Parkplatz-Kerl, jetzt offiziell als Ty identifiziert, kämpft gegen das Lächeln an, das sich langsam in seinem Gesicht ausbreitet. Lacht er über mich oder mit mir? Meine Wangen erröten, und ich schaue sofort weg.
Rotbarts Blick wandert zwischen uns hin und her. »Ihr zwei kennt euch?«
»Nein«, antworten wir unisono. Ich glaube, Ty schaut mich immer noch an. Ich wünschte, er würde damit aufhören. Warum ist mir das peinlich? Das sieht mir gar nicht ähnlich.
»Okay. Ty, könntest du Blaine dann zeigen, wo Dawsons Büro ist?«
»Ich heiße Blaire.« Ich knirsche mit den Zähnen.
»Richtig.« Rotbart winkt meine Korrektur abweisend ab.
Ich folge Tys breitem, dreieckigem Rücken, während er den Ozean aus Sportlern teilt wie Moses das Rote Meer. Sein dunkles Haar ist extrem kurz rasiert, und ich studiere das Tattoo einer riesigen Schlange, die sich seinen Hals hinaufschlängelt. Das Gesicht der Schlange ist ein Zombie-Schädel, der aussieht, als würde er gleich seine Zähne in eines seiner Ohren schlagen. Seine Ohren sehen deformiert und knubbelig aus, also versuche ich, mich auf sie und sein Tattoo zu konzentrieren, um meine außer Kontrolle geratenen Hormone zu beruhigen.
Mein Urteil? Das hässlichste Tattoo, das je auf menschlicher Haut verewigt wurde, doch Ty schafft es irgendwie, damit nicht wie ein Serienmörder auszusehen. Ein Wunder, dass er noch am Leben ist, so wie er sich vom Tod angezogen fühlt. Totenkopf-Halstuch, Totenkopf-Kopfhörer, Totenkopf-Tattoos.
Abgesehen von meinem pochenden Herzschlag gehen wir schweigend nebeneinanderher. Ty nimmt eine Metalltreppe und umgeht den Aufzug, wahrscheinlich in der Hoffnung, ein peinliches Gespräch in der Kabine zu vermeiden. Ich kann es ihm nicht verdenken. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, weil mir unsere vorherige Begegnung peinlich ist, und auch, weil offensichtlich wird, dass die Hormone mein Gehirn übernehmen.
Er ist nicht mein Typ, wohlgemerkt.
Ich stehe eher auf Hipster, auf Typen wie Shane, die sich für tiefgründige Sachen interessieren wie Indie-Musik, Bücher von der Beat Generation und … Gott hilf mir, sein Hintern ist einfach so trainiert und rund, wenn er die Treppe hochsteigt, wie ist das anatomisch überhaupt möglich?
Ich traue mir in der Nähe dieses Kerls nicht über den Weg. Mein Körper kann manchmal rebellisch werden. Charlie Hunnam kann das bezeugen.
Oben führt mich Ty einen Laufsteg hinunter, bleibt dann stehen und neigt seinen Kopf in Richtung einer geschlossenen schwarzen Tür. »Ihn suchst du.«
»Danke.« Ich schenke ihm ein schmallippiges Lächeln.
Er nickt grimmig.
»Tut mir leid wegen vorhin«, sage ich. »Ich rauche selten Gras. Ich habe vielleicht in den letzten Wochen einen Rückfall erlitten, aber das kommt nicht regelmäßig vor.« Oh mein Gott. Ich plappere wie eine Idiotin, und ich wette, es ist ihm sowieso völlig egal. Komm zum Punkt, Blaire. »Ich bin hier einfach nicht in meinem Element …« Ich lasse die Spitze meiner Chucks auf dem Boden kreisen, die Arme hinter dem Rücken. »Was ich damit sagen will, ist, dass ich … ich musste … na ja, egal. Danke.«
Es ist erstaunlich, dass ich Kommunikationswissenschaften studiere, wenn man bedenkt, dass ich nicht dazu in der Lage bin, einen ganzen Satz zu formulieren.
Ty nickt erneut.
»Wow, du bist ’ne ganz schöne Quasselstrippe, was?« sage ich. »Halt mal kurz die Klappe!«
Er neigt den Kopf, um ein leichtes Grinsen zu verbergen, und da sehe ich es. Sein unglaublich jungenhaftes Lächeln, mit Grübchen und allem Drum und Dran. Kein Wunder, dass er versucht, es zu unterdrücken. Mit diesem Lächeln sieht er wie ein süßer, unschuldiger Kerl aus, sogar mit den Tattoos und den kurz geschorenen Haaren. Bevor ich es verhindern kann, lächle ich zurück.
Wir strahlen uns an wie zwei Idioten, etwas länger, als es gesellschaftlich akzeptabel ist. Ich senke den Blick, und er fummelt an den schwarzen Gummibändern an seinem Handgelenk herum.
Ty wischt sich das Grinsen als Erster vom Gesicht. »Pass auf dich auf, ja?« Er tritt einen Schritt zurück und erlaubt mir für einen Moment, die Scherben meines Herzens aufzusammeln, ohne dass mir metaphorisch in den Hintern getreten wird. »Und hör auf, zu kiffen.«
»Ja, wie auch immer. Ciao.«
Ich klopfe an Dawsons Tür und sehe, wie Ty bereits den Weg zurückgeht, den wir gekommen sind. Ich kann nicht anders, als mich über seinen Abgang zu ärgern. Er muss ein Gedankenleser sein, denn gerade als ich ein düsteres Stöhnen ausstoßen will, dreht er sich wieder in meine Richtung.
»Ich weiß, dass du das Richtige tun wirst, Blake.« Während er spricht, geht er rückwärts weiter.
»Ich heiße Blaire!«
Wieder sehe ich diese Grübchen. Ist es falsch, enttäuscht darüber zu sein, dass er sich nicht an meinen Namen erinnern will?
Dann öffnet Dawson Alba die Tür, und ich weiß wieder, warum ich hier bin.
Alba stehen die Vierziger gut. Er sieht aus wie vom Militär, hat eine natürliche Bräune und breite Schultern. Mit auf dem Schreibtisch abgelegten Füßen erzählt er mir begeistert von der XWL und ihrer Arbeit. Obwohl er weiß, dass mein Artikel nie das Licht der Welt erblicken wird, ist er sehr hilfsbereit.
»Das Ganze funktioniert so: Jedes MMA-Gym hat eine Gruppe von Elitekämpfern aus der XWL, die an professionellen Kämpfen teilnehmen. Ich habe ein paar davon, darunter zwei Stars, die in ihren Ligen übrigens die besten Kämpfer sind. Sie reisen um die ganze Welt, treffen auf internationale Gegner und kämpfen mit ihnen um den Xtreme-Warrior-Titel in ihrer jeweiligen Gewichtsklasse. Sie verdienen damit Geld und haben treue Fans auf der ganzen Welt. Aber natürlich müssen sie auch über die Runden kommen. Man kann sich nicht auf die wenigen Kämpfe im Jahr und die gelegentlichen Werbeeinnahmen verlassen. Also arbeiten sie auch hier und bringen den Leuten bei, was sie über die Kunst wissen.«
»Ich gebe zu, bis jetzt dachte ich, bei MMA ginge es nur um illegale Käfigkämpfe und verkorkste Teenager auf der Suche nach Erlösung.« Ich verkneife mir ein unbehagliches Kichern, während ich an Ty denke. Die Plakate hinter Dawsons Kopf, die von bevorstehenden Veranstaltungen berichten, verursachen mir Gänsehaut, ebenso wie das verrückte Funkeln in seinen Augen, wenn er über Gewalt spricht.
»Aber genau das sind meine Jungs.« Sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln. »Zumindest waren sie das. Und jetzt? Jetzt sind sie ein kleiner Teil des amerikanischen Traums. Macht, Geld, Brutalität. Ursprünglicher geht’s nicht mehr.«
Ich bedanke mich bei Dawson und vereinbare mit ihm, mindestens vier Tage pro Woche in sein Fitnessstudio zu kommen, während ich an meiner Hausarbeit arbeite, doch er ist mit meinem Engagement nicht zufrieden. Im Gegenteil. Dawson besteht darauf, dass ich an einem der Kurse des Gyms teilnehme, um aus erster Hand zu erfahren, was der ganze Wirbel soll. Ich erkläre ihm, dass ich dankbar für die Gelegenheit bin, mich jedoch wahrscheinlich aus Versehen umbringen würde, würde ich jemals MMA ausprobieren.
Nach einem langen Hin und Her von Neins und Dochs einigen wir uns darauf, dass ich irgendwann nächste Woche an einem Kurs meiner Wahl teilnehmen werde. Juhu, hab ich recht?
Falsch.
Ich bin hier dermaßen überfordert. Der Sport, das Blut, die Männer … Ty.
Ich bin mir nicht mal sicher, wie er sich in meinem Kopf festgesetzt hat, aber vermutlich werde ich in den nächsten Tagen über unsere Begegnung hinweg sein. Es sieht so aus, als stünden Gehirn und Hormone vor einem Kampf. Hauptsache, mein Herz hält sich vom Ring fern.
Am nächsten Tag schlafe ich bis mittags. Shane hat mich gestern Abend versetzt. Trotzdem bin ich erschöpft von den Gedanken, die in meinem Kopf durcheinanderwirbeln. Das XWL-Fitnessstudio ist wie eine Flamme, die vor meinen Augen tanzt. Ich bin davon fasziniert, aber ich will mich nicht verbrennen.
Ich wünschte, ich könnte Professor Penniman dazu bringen, mich das Thema wechseln zu lassen. Ich freue mich nicht gerade darauf, heute wieder ins XWL-Gym zu gehen. Dawson hat nach unserem Treffen angerufen und für heute Nachmittag einen Termin für mich und seine beiden Stars arrangiert. Keine Kurse, hat er versprochen. Nur die Interviews, die ich mit seinen beiden Elitekämpfern führen wollte. Wenigstens werde ich nicht schwitzen müssen.
Ich lasse mich auf die Couch fallen und überlege, ob ich Izzy um Rat fragen soll. Sie hat mir einen Haufen Bilder aus Japan geschickt. Mittlerweile ist sie von Singapur nach Tokio weitergezogen.
In dem Moment, als ich sie anrufen will, unterbricht mich die Türklingel. Beim Läuten springe ich auf.
Ich erwarte niemanden.
Ich schaue durch den Türspion und sehe Shane, der mich direkt anstarrt und so tut, als würde er theatralisch meine Tür rammeln. Lachend öffne ich die Tür und sehe dabei zu, wie er in mein Luxusapartment stürmt – drei Meter hohe Decken, Designermöbel und der ganze Kram –, in der Hand eine Schachtel von der Bäckerei in der Nähe meines Wohnkomplexes, The Sweetest Affair. Sein Lieblingsladen. Mein Lieblingsladen.
»Was für eine angenehme Überraschung.« Verschlagen grinse ich ihn an.
»Ich werde ja ganz rot.«
»Ich meinte das, was sich in der Schachtel befindet.«
»Cupcakes. Du weißt doch, wie gerne ich dich verwöhne, B.« Seine Worte hängen noch in der Luft, als er schwungvoll meinen Kühlschrank öffnet.
Er schenkt sich einen Milchkaffee ein, während ich die halbe Schachtel in einem Zug vertilge und dann einen leisen Rülpser ausstoße.
»Wie immer ganz die Lady«, neckt er, obwohl ich Shane gut genug kenne, um zu wissen, dass er mich tatsächlich für zu jungenhaft hält.
Er hat sich schon immer zu den femininen Mädchen hingezogen gefühlt. Izzy ist die einzige Ausnahme. Sie ist so feminin wie nur möglich, aber er scheint sie fast zu hassen. Ich habe nie verstanden, warum sie nicht miteinander auskommen. Keiner der beiden hat mir erklärt, warum sie kurz nach seiner Auslandsreise aufgehört haben, miteinander zu reden, und obwohl ich versucht habe, ein paar Informationen über ihren Streit aus ihnen herauszubekommen, habe ich das Thema irgendwann fallen lassen, da ich es mir nicht leisten konnte, Shane als Freund oder Izzy als Mitbewohnerin zu verlieren.
»Tja, diese Lady muss zum XWL-Gym in Concord, um an dem Artikel zu arbeiten, den Professor Penniman ihr aufgetragen hat. Was ist eigentlich dein Thema? Hast du mir nie erzählt.«
Er reibt sich den Nacken und kneift die Augen zu. »Elizabeth’s Passion.«
Das Grinsen, das sich langsam auf meinem Gesicht ausbreitet, sagt alles. Hey, Shane, sag Hallo zum Schicksal.
»Du meinst, du wirst tatsächlich mit Izzy reden und …«, ich stoße ein übertriebenes Keuchen aus, »sie um Hilfe bitten müssen?«
»Ich versuche, einen Ausweg zu finden. Vielleicht kann meine gute Freundin hier mir helfen.«
Das erklärt die Cupcakes. Was es nicht erklärt, ist, warum Shane alles in seiner Macht Stehende tut, um meinem Zwilling aus dem Weg zu gehen. Als Kinder kamen sie immer gut miteinander aus.
»Du willst mich nicht in der Nähe deiner Hausarbeit haben. Ich bin College-Gift, schon vergessen?«
Er zieht eine Grimasse, weil er weiß, wie recht ich habe.
»Welche Probleme auch immer du mit Izzy hast, vergiss sie. Ich bin sicher, sie hat das schon lange hinter sich gelassen. Ich rede die ganze Zeit von dir, und sie hat noch nie ein Wort über dich verloren. Sie weiß wahrscheinlich nicht mal mehr, wer du bist.«
Daran, wie er die Nasenflügel bläht, erkenne ich, dass ich gerade etwas unglaublich Dummes gesagt habe.
Schnell rudere ich zurück. »Mach dir keine Sorgen. Sprich einfach mit ihr. Wie auch immer, kommst du mit?« Ich schlage ihm auf den Oberschenkel.
Ich könnte seine Unterstützung gebrauchen. Im The Grind fühle ich mich unwohl, und die Möglichkeit, Ty zu begegnen, macht mich noch unsicherer, also wäre ich wirklich dankbar, wenn mein bester Freund mich begleiten würde.
»Ich bin heute Morgen unter der Dusche gekommen, aber ich würde liebend gern noch mal kommen.« Was er als Nächstes tut, geschieht sehr schnell. Ich spüre, wie seine Hand nach meinem Oberschenkel greift. Und das nicht nur für einen Moment, sondern er nimmt sich tatsächlich die Zeit, zuzudrücken. Ich brauche ein paar Sekunden, um zu begreifen, was da passiert. So plötzlich, so unerwartet, so … verrückt. Mein Blick wandert von meinem betatschten Oberschenkel zu seinen blaugrünen Augen, während ich noch immer auf dem Barhocker sitze.
Nicht in Panik geraten. Nicht schreien. Mach. Es. Nicht. Wie. Izzy.
Ich springe von meinem Sitz auf und eile in Richtung meines Schlafzimmers. »Ich muss mich anziehen, bin gleich wieder da«, würge ich hervor und verschwinde in meinem Zimmer.
Ich durchstöbere meinen Kleiderschrank, um etwas Lärm zu machen. Vielleicht bringt das Klicken der Kleiderbügel die Gedanken zum Schweigen, die in meinem Kopf herumwirbeln wie ein Tornado, der jedes einzelne Haus, jeden Baum und jedes Auto in seinem Weg mitreißt. Mein bester Freund hat sich aus heiterem Himmel an mich rangemacht. Gehirn. Kann. Nicht. Verarbeiten.
Ich beobachte seine Gestalt im Spiegel meines Schlafzimmers, während er sich mit der Hand durch die Haare fährt und wahrscheinlich genau das Gleiche denkt. Das ist schlimm. Ein Desaster. Ein Deal-Breaker.
»Ich warte.« Seine Augen fixieren meine im Spiegel. Und ich weiß genau, was er damit meint …
Auf der Fahrt nach Concord versuchen Shane und ich, unser entspanntes Geplänkel wieder aufzunehmen. Wir haben dieses Ritual, bei dem er sich Zeug ausdenkt, um mich zu unterhalten. Es sind immer die dümmsten Geschichten aller Zeiten, aber er erzählt sie mit einer solchen Überzeugung, dass man nicht anders kann, als sich kaputt zu lachen. Diesmal erheitert er mich mit einer Story über ein Ameisenbärbaby, das auf ein Internat mit – richtig geraten – Ameisen geht. Die ganzen Babyameisen hassen ihn und mobben ihn für das, was er ist, und er ist einsam, traurig und isoliert, bis er mit einem Biber und einem Frosch eine Punkband gründet und sie in dem portugiesischen Wald, in dem sie alle leben, zu einer landesweiten Sensation werden.
Nein, wir rauchen definitiv nichts im Auto.
Ja, mir ist bewusst, dass das maximal bescheuert klingt.
Aber es funktioniert. Als wir im Fitnessstudio ankommen, tut mir der Bauch weh von den Cupcakes, vor Lachen und der Vorfreude.
Wir steigen aus Shanes Mustang aus und betreten das Studio. Ich bin sogar ein bisschen stolz, als ich uns zu den Ringen führe, in denen die MMA-Kämpfer trainieren. Die abgegrenzten Plattformen sind mir bereits aufgefallen, als ich gestern mit Ty die Treppe hinaufgestiegen bin. Ich habe mir geistig notiert, sie mir bei meinem nächsten Besuch anzusehen.
Aus den Lautsprechern dröhnt Ich will von Rammstein. Beim Beatdrop prallen Körper heftig aufeinander, verdrehen sich und ringen auf den Matten wie in einem Moshpit. Das nennt man Sparring.
»Dieser Ort ist doch verrückt, B. Dir werden Eier wachsen, nur weil du die Luft hier einatmest.« Shane bläst die Backen auf.
Wir schreiten auf Dawson zu, der gerade einen Kurs unterrichtet. Er brüllt seine Schüler an, während sie sich prügeln. Shane hat recht. Der Testosteronspiegel an diesem Ort ist berauschend, und die Musik, die aus den Lautsprechern dröhnt, droht mein Trommelfell zu sprengen. Tatsächlich sind mein BFF und ich die Einzigen, die nicht von Kopf bis Fuß mit unseren eigenen Körperflüssigkeiten durchtränkt sind.
»Ich weiß nicht, ob ich Eier haben werde, aber vielleicht wächst mir am Ende dieser Hausarbeit ein Schnurrbart.« Ich lehne mich gegen ein rot-weißes Schild, auf dem die Gymbesucher aufgefordert werden, bitte ihr Blut nach dem Training aufzuwischen und das Studio sauber zu hinterlassen.
Shane lehnt sich an eine nahe gelegene Wand, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Marco, du bist zu Boden gegangen!«, donnert Dawson. »Das ist nicht gut, Mann. Der Boden ist dein schlimmster Feind!« Er läuft hin und her und sieht aus, als würde er gleich explodieren.
»Marco: null. Schwerkraft: eins. Der arme Kerl hatte keine Chance.« Ich stupse Shane an, und wir lachen gemeinsam.
Aber die Wahrheit ist, dass ich beeindruckt bin. Diese Männer machen ihr eigenes Ding und kommen ihrem Traum Stück für Stück näher. Was mache ich mit meinem Leben? Sie haben Entschlossenheit – ein Ziel. Ich möchte mich genauso leidenschaftlich für eine Sache einsetzen wie sie, nur ohne gebrochene Gliedmaßen und verstümmelte Ohren. Ich möchte mich erfüllt und lebendig fühlen wie sie.
»Sagtest du nicht, dass dein Mitbewohner hier trainiert?«, frage ich Shane.
Der Kerl hat eine Unmenge von Mitbewohnern, einer seltsamer als der andere. Ich versuche, meine Kommunikation mit ihnen auf ein Minimum zu beschränken. Das ist eine Philosophie, die ich auf den Großteil der menschlichen Rasse anwende.
»Ja, Josh. Er kommt aber schon seit einer Weile nicht mehr hierher. Jemand hat ihm die Nase gebrochen.«
»Verdammt«, sage ich. Nicht, dass das nach den Videos, die ich gesehen habe, eine Überraschung wäre. »Kein Wunder, dass er gesagt hat, der Ort sei voller Idioten.«
»Jap. Das Arschloch hat sein Gesicht wirklich verunstaltet. Gut, dass ich es vorziehe, meine Männlichkeit auszuleben, indem ich NFL schaue und ab und zu laufen gehe.«
Nach ein paar Minuten, in denen wir den Jungs schweigend dabei zusehen, wie sie in fragwürdigen Schenkelgriffen herumtänzeln und grunzen wie Anna Kournikova im weißen Rock, kommt Dawson auf uns zu.
»Yo«, sagt er und schüttelt uns beiden die Hand. »Du kannst mit den Jungs reden, wenn du willst, oder warten, bis meine beiden Stars kommen. Erinnerst du dich, dass ich dir von den beiden Profis erzählt habe, die in der XWL ganz weit oben rangieren? Jesse und Ty. Sie reden gern mit dir, wenn sie in zehn Minuten mit dem Training fertig sind.«
Scheiße. Ich wusste nicht, dass Ty einer der Jungs ist, die ich interviewen werde. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich so gern mit mir reden wird, aber mein Herz setzt einen Schlag aus, sobald ich seinen Namen höre, bevor es in ungleichmäßigem Rhythmus weiterklopft. In der einen Sekunde schlägt es schnell genug, um aus meinem Brustkorb springen, und im nächsten Moment ist es so langsam, dass ich mich fast ohnmächtig fühle.
Reiß dichzusammen, Blaire. Er ist nur ein Kerl, und noch dazu kein besonders netter.
»Alles okay?« Shane reibt mir den Arm, die Augenbrauen zusammengezogen.
Ich entziehe mich ihm, immer noch beunruhigt davon, wie er vorhin meinen Oberschenkel berührt hat. »Ja. Nur eine Cupcake-Überdosis.« Wenn das meine Reaktion ist, wenn ich Tys Namen höre, dann graut mir vor dem Gedanken, was passieren wird, wenn er tatsächlich vor mir steht.
»Da sind sie, die Männer der Stunde.« Dawson hebt die Hände, um seine sich nähernden Stars zu begrüßen.
Ty schreitet auf uns zu, begleitet von einem größeren, noch muskulöseren schwarzen Kerl – Jesse, schätze ich. Zusammen haben sie genug Tattoos, um ganz Nordkalifornien zu bedecken. Sie stolzieren auf uns zu wie Gangster aus einem schlechten Film. Die Art und Weise, wie sie auftreten, hat etwas unglaublich Überhebliches an sich. Alles, von ihrer Körperhaltung über ihre Kleidung bis hin zu der Art, wie sie ihren Kaugummi kauen, und dem selbstgefälligen Glitzern in ihren Augen. Ich vermute, dass Dawson, der sie als seine »Stars« bezeichnet, nicht gerade dazu beiträgt, bei ihren aufgeblasenen Egos die Luft rauszulassen.
»Das ist die Definition von Schmierigkeit«, beschwert sich Shane nah an meinem Ohr.
Kein Wunder. Er und jede andere hier anwesende Person mit einem Schwanz fühlt sich vermutlich gerade scheiße bei dieser Alphamännchen-Dominanz.
Tys ärmelloses Shirt ist schweißgetränkt, und er zieht den Saum hoch, um sich die Stirn abzuwischen, wodurch perfekte Bauchmuskeln zum Vorschein kommen. Kein Fourpack mit kleiner Wampe, sondern ein hartes Ich-kann-nicht-glauben-dass-es-nicht-gephotohoppt-wurde-Sixpack. Ich finde seinen Schweiß nicht eklig. Überhaupt nicht. Es würde mir sogar nichts ausmachen, mich heute Nacht in sein Shirt zu kuscheln. Oder an ihn …
Meine Güte!