Unignorierbar - Kristjan Knall - E-Book

Unignorierbar E-Book

Kristjan Knall

0,0
0,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Falls sie dachten, das hier wäre das Telefonbuch und der nächste Alpenroman: Nein, hier geht es um die Letzte Generation. Die schon jetzt erfolgreichste zivile Wiederstandbewegung seit dem Mauerfall. Die schon jetzt höhere Zustimmungsraten hat, als sie Martin Luther King es je hatte. Die nicht nur die deutsche Klimapolitik ändern wird, sondern auch die Demokratie revolutionieren. Klingt hoch gegriffen? Nur, so lange man nicht weiß, was schon alles passiert ist. Während ich dies schreibe, berichten 0,8 % der deutschen Medienlandschaft nur über die Letzte Generation. Der Bundeskanzler und seine Minister treffen die Protestierenden schon fast regelmäßig. Der Generalsekretär
der UN erwähnt die Letzte Generation nicht nur, er lobt sie. Genau wie Amnesty International. Schon jetzt stehen die große Mehrheit der Menschen hinter den Zielen der Letzten Generation.
Auch, wenn es ihnen nicht bewusst ist, höchstwahrscheinlich sie. Es sei denn Sie sind Spitzenpolitiker, Chef von Axel Springer, oder anderweitig Milliardär. Sollten Sie trotzdem einen Widerwillen
gegen die Letzte Generation haben: Chapeau! Dass sie diese Zeilen lesen zeigt, dass sie merken, dass mit diesem Widerwillen etwas nicht stimmt. Dass nicht nur im Staate Dänemark, sondern in
Deutschland und der Welt etwas sehr faul ist. Ich habe keine Antworten auf alle Probleme der Kli-
makrise. Auch die Letzte Generation nicht. Aber die ist eine Bewegung, die uns an einem Punkt bringt, wo wir diese nicht nur entwickeln, sondern auch umsetzen. Wir haben lange genug die Au-
gen vor dem Terror, der kommen wird, wenn wir nichts unternehmen, verschlossen. Die Katastrophe ist unignorierbar.

Normalerweise schreibt man, dass man die Namen der Protagonisten verändert hat, dass die Ideen und Fiktionen absolut nichts mit der wirklichen Welt zu tun haben, und dass die Herren der Medienhoheit und Macht doch bittebitte von Klagen absehen sollen. Aber für so einen Kinderkram haben wir keine Zeit mehr. Hat die Letzte Generation keine Zeit mehr. Die Menschen, die hier auf den
Straßen kleben, auf den Landebahnen, in den Knästen sitzen, stehen mit ihrem Gesicht und ihrem Namen dafür ein. Daher sind, wenn nicht anders vermerkt, alle Namen hier genau die, die sie auch in der Realität sind, ebenso wie alles, was hier steht, passiert ist, egal, wie absurd und hässlich es ist. 

Ich habe überlegt, ob ich hier ein normales Buch schreibe, Geschichte des Protests, Letzte Generation, Kommentar, und die Leser wären schön alle eingeschlafen. Alles geht gerade so schnell, dass keine Form den gerecht wird, außer der Bibel aller Teenager vor Tiktok: dem Tagebuch. Klar, ich werde abschweifen, aber im Großen und Ganzen unterwerfe ich dem, was uns am Ende dahin raffen wird: der Diktatur der Zeit. Für alle, die davon zu wenig haben, oder nicht auf Baumleichen oder Bildschirme starren wollen, mache ich ebenfalls einen Podcast. 

Die Tagebuchform nervt zwar, zumindest mich, aber sie ist das Einzige, was gegenwärtig der LG gerecht wird. Den Anfang kennen wir, das Jetzt, aber das Ende nicht. Ich hasse Filme mit offenen Enden, aber genau das wird diese wahre Geschichte hier werden. Das Ende müssen wir selbst schreiben, oder es schreibt uns. 

Ein kleiner Trostpreis: Selbst wenn Sie das Buch untragbar finden oder wenn sie sich Vorwürfe machen, wieso sie ein Buch lesen, während die Welt untergeht - Jeder Cent dieses Buches wird an die
Letzte Generation gespendet. Jedes Wort, dass sie lesen, ist ein kleiner Protest. Gern geschehen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Unignorierbar

Ein Jahr mit der Letzten Generation

Table of Contents

Einleitung: Form Follows Function......................................................................................................6

12.9.22 Montag: Lunte.........................................................................................................................7

17.9.22 Spenden.................................................................................................................................12

27.9.22 Quellen..................................................................................................................................12

28.9. Gesa-call....................................................................................................................................14

29.9. Theorie.......................................................................................................................................16

29.9. RAF-Bekanntschaften...............................................................................................................17

2.10. Ökoterroristen: Earth Liberation Front......................................................................................18

4. 10: Lars und die Zivilisation...........................................................................................................21

7.10. Gefängnis-Schmiede..................................................................................................................24

17.10. Bundestag................................................................................................................................27

18.10. Pfadfinder................................................................................................................................28

19.10 Verhör.......................................................................................................................................29

23.10. Threshold-Thorie.....................................................................................................................30

23.10. Mrs. Kartoffelbrei....................................................................................................................32

25.10. Extinction Rebellion................................................................................................................34

30.10 BMW vs. Scientist Rebellion...................................................................................................36

30.10.Schildermangel.........................................................................................................................37

30.10. Dinoaktion ..............................................................................................................................39

4.11 Die krasse Elke: Support Anruf..................................................................................................39

5.11. Rüstfahrzeug..............................................................................................................................41

7.11. Friedrichstraßengate..................................................................................................................42

8.11. Signal - Anruf............................................................................................................................43

10.11. Antiverschwurbelte Aktion......................................................................................................44

11.11. Radikaler Universalismus........................................................................................................45

13.11. King Kool Savas......................................................................................................................49

15.11 Philosophieseminar: Wie lasse ich mir die Fresse polieren und lächle weiter?.......................50

16.11 BlockadePlatz der vereinten Nationen......................................................................................53

31. 10. Sea Watch...............................................................................................................................59

12.11 München...................................................................................................................................60

15.11. Arne..........................................................................................................................................62

23.11. Die Revolution von Helgoland................................................................................................65

11.11. Wins & Erfolge vs. Coca Cola.................................................................................................66

15.10. Fomo, Touchy feely, autismus.................................................................................................68

23.10. Flyernand der TU.....................................................................................................................69

27.11 Der Space..................................................................................................................................72

30.11. - Pausenwoche.........................................................................................................................76

1.11. Urlaub in der Hölle....................................................................................................................78

10.11. Lanz.........................................................................................................................................78

1.12. Al Gore verteilt Backpfeifen.....................................................................................................79

3.12. Philosophie................................................................................................................................81

5.12. Gegenseitig Abfeiern.................................................................................................................82

23.11. Wins und Erfolge.....................................................................................................................83

1.12. Übermedien...............................................................................................................................84

3.12. Wohlbeute..................................................................................................................................86

6.12. Herbert Reul: Der Radikale.......................................................................................................86

7.12. Die Süddeutsche Zeitung schwurbelt fröhlich vor sich hin.......................................................89

7.12. Roland Freisler..........................................................................................................................92

7.12. Just stop oil...............................................................................................................................95

7.12 Otpors Brücke.............................................................................................................................96

7.12 Klebeflaschennotstand................................................................................................................96

7.12. Ökologische Klasse...................................................................................................................96

5.12. Köln Tagebau.............................................................................................................................97

7.12 Knast-Prep-Tak...........................................................................................................................97

7.12. Gastroputsch..............................................................................................................................98

7.12 Tiktokisierung!...........................................................................................................................98

9.12. Overton Window.......................................................................................................................99

10.12 Betrogen...................................................................................................................................99

10.12 PAIN.........................................................................................................................................99

10.12 El Hotzo..................................................................................................................................100

11.12 Revolutionspoetik...................................................................................................................100

11.12 Palast der Republik.................................................................................................................101

11.12 Zu alt?.....................................................................................................................................101

11.12 Rechtliches, Lauterbach und Trigger......................................................................................102

11.12 Die Linke schießt sich in den Fuß..........................................................................................104

11. 12 Polizeiwagen Challenge.........................................................................................................104

11.12 Briefshaming...........................................................................................................................105

12.12 Jounalistische Fliesenlegerund Reichsbürger.........................................................................106

12.12 Schuhsole................................................................................................................................107

12.12. Protest verbieten....................................................................................................................108

13.12. Gute Nachrichten!.................................................................................................................108

13.12. Hausdurchsuchungen.............................................................................................................109

13.12.Gewalt Call............................................................................................................................112

13.12.Revolution bei Woolworth......................................................................................................114

13.12Stadtpanzersubvention.............................................................................................................116

12. 12 Kriegswirtschaft.....................................................................................................................116

14. Dez. München Kleben verboten.................................................................................................117

15.12.Heckerdamm...........................................................................................................................118

16.12. Morddrohungen.....................................................................................................................122

16. 12 Schokokuss-Plan 2023...........................................................................................................123

17.12 Potsdamer Platz......................................................................................................................123

18.12. Truckeraufstand.....................................................................................................................125

19.12.Die Gettys, Kennedys, HIV und der Climate Emergency Fund.............................................125

15.12 Wir Dinos................................................................................................................................128

20.12. Gerichtstermin.......................................................................................................................129

21.12 Aktion Weihnachtsbaum.........................................................................................................131

23.12. Selbstanzeige.........................................................................................................................133

25.12 Fossilfetischisten....................................................................................................................133

26.12.Tödliches Weihnachtsgeschenk..............................................................................................133

27.12 Weihnachtsdepression.............................................................................................................134

29.12 Traumatisierte Polizei und tödliche Stadtzentren...................................................................135

31.12 Tödliches Silvester.................................................................................................................135

3.1 Schildermangel beheben.............................................................................................................136

19.1. Kompensationskarre................................................................................................................136

24.1 Pressetraining...........................................................................................................................137

25.1 Schafshund...............................................................................................................................138

26.1. Nacktaktion..............................................................................................................................138

29.1 Doomerism!..............................................................................................................................139

30.1. Klimawandel undMidlifecrisis................................................................................................140

1.2. Platon im Tor.............................................................................................................................140

2.2. Gesinnungsschnüffelei...............................................................................................................140

6.2. Radikal Pragmatisch..................................................................................................................141

7.2. Fast ein Euro pro Kilometer......................................................................................................141

9.2. Bundesrepubliknische Arroganz................................................................................................141

10.2. Sacrilegia minuta puniuntur, magna in triumphis feruntur......................................................142

13.2. Yaks mögen keine Dinkelkekse...............................................................................................143

14.2. Klar- und Kampfnamen...........................................................................................................143

15.2. Schäuble lässt die Hölle zufrieren...........................................................................................143

16.2. Kackerlaken.............................................................................................................................144

17.2. Die Grand Dame des Klimaextremismus................................................................................145

22.2 Die coolste Stadt Deutschlands................................................................................................146

23.2 Burnoutzeit!..............................................................................................................................146

25.2. Eröbertische tische und „alte Umweltsau“..............................................................................147

26.2. Der Backfire Effekt ist weiblich..............................................................................................147

27.2. Wirkungsmacht und Monopoly...............................................................................................148

28.2. Hackerangriffeund Scheiss Bullen..........................................................................................149

1.3. Die Elite schafft sich ab.............................................................................................................149

2.3. Öko Stalinismus im Paradies.....................................................................................................150

9.3. Gehzeug und Gegenanzeigen....................................................................................................150

10.3. 24.............................................................................................................................................152

11.3. Die verwelkte weiße Rose.......................................................................................................152

10.3. Jugendclubästhetik..................................................................................................................152

11.3. Das HRRDTN..........................................................................................................................153

12.3. Kaputtheit der Grundgesetzdenkmalaktion.............................................................................153

13.3. Blockade Rathaus Schöneberg................................................................................................154

14.3. Fett Cas$$$ machen mit der LG und Bill Gates......................................................................156

15.3. Unerpressbar............................................................................................................................157

16.3. Personalknappheit....................................................................................................................157

17.3. Die Partei.................................................................................................................................157

21.3. Chatkrieg.................................................................................................................................157

22.3. Protestmarsch-Prototyp Frankfurter Allee...............................................................................159

23.3. Sekundenklebertransportverbot...............................................................................................160

24.3. Scheißsystem!..........................................................................................................................161

27.3. Lüneburg rockt........................................................................................................................163

25.3. Böse Pusteblumen...................................................................................................................163

29.3. Onlinedrama............................................................................................................................164

29.3. Zurückschlagen........................................................................................................................165

30.3. Trans-Depressiv.......................................................................................................................166

31.3. Budapest..................................................................................................................................167

1.4. Revolutionäres Friedenau, Sockenland Kreuzberg...................................................................168

4.4. ACAB, White Privilege und SUVs............................................................................................170

3.4. Schwill Tiger.............................................................................................................................170

5.4. Moosspace.................................................................................................................................171

6.4. Diese Haftbedingungen sind psychische Gewalt.......................................................................173

15.4. Der Bürgermeister von Passau droht und lügt.........................................................................175

16.4. Shakira.....................................................................................................................................176

17.4. Kleistern in Neukölln.............................................................................................................177

17.4. Funktionale Hierarchi..............................................................................................................178

18.4. Erster Protestmarsch................................................................................................................178

18.4. Ungebührlich!..........................................................................................................................180

19.4. Blümchen.................................................................................................................................181

20.4. FDP-Lügen..............................................................................................................................182

24.4. Blockade Bundesallee.............................................................................................................182

28.4. Blockade Prenzlauer Berg.......................................................................................................186

28.4. Derwischparty..........................................................................................................................188

27.4. Hakenkreuzfreaks....................................................................................................................190

28.4. Liebe........................................................................................................................................190

29.4. Aufwärts..................................................................................................................................190

28.4. Revolutionärer antisemitischer 1. Mai....................................................................................191

2.5. Fun Facts...................................................................................................................................192

3.5. Protestmarsch und Straffreiheit!................................................................................................192

3.4. Versammlungsfreiheit................................................................................................................194

8.3. Gesinnungsjustiz........................................................................................................................194

4.5. Trekking-Wander-Öko-Blockade-Style.....................................................................................195

5.5 Ausraster.....................................................................................................................................195

6.5. Verbalvomieren..........................................................................................................................196

7.5. Kleben und Amen......................................................................................................................197

8.5. U18-Blockade............................................................................................................................197

9.5. PINs...........................................................................................................................................197

9.5. Richter im Schmerzgriff............................................................................................................197

11.5. Erklebnisse...............................................................................................................................198

12.5. Zahnschäden............................................................................................................................198

13.5. Zettajoule in Ozeanen..............................................................................................................199

14.5. Kuschelmanifest......................................................................................................................199

14.5. Kulturkampf am Muttertag......................................................................................................201

15.5. Ökomodernistischer Alptraum.................................................................................................202

15.5. Verschwörungstheoretiker.......................................................................................................204

16.5. Blockade a 100........................................................................................................................205

17.5. CDU und FDP vergewaltigen gerne........................................................................................208

18.5. Blutige Wurftampons: Besetzung Wuhlheide..........................................................................210

14.5. Unignorierbar..........................................................................................................................212

21.5. Bayern......................................................................................................................................212

23.5. Gute Nachbarschaft.................................................................................................................212

24.5. Razzia......................................................................................................................................213

25.5. Zivilpolizisti............................................................................................................................214

25.5. Terroranschlag.........................................................................................................................214

26.5. Wendland.................................................................................................................................214

29.5. „Staatsschutz“..........................................................................................................................217

31.5. Depp GPT................................................................................................................................218

31.5. Protestmarsch MLPD..............................................................................................................219

1.6. Repräsentanten..........................................................................................................................222

3.6. Arbeitswahn...............................................................................................................................222

5.6. Geldsäcke..................................................................................................................................222

7.5. Protestmarsch Warschauer Straße..............................................................................................223

8.6. LKA-Anruf................................................................................................................................223

10.6. Tyre Extinguishers...................................................................................................................223

13.6. Sekundenklebertubentransportverbot......................................................................................225

14.6. Gott is queer............................................................................................................................225

15.6. Treffen mit Scholz...................................................................................................................226

16.6.Viele Kleine Dinge...................................................................................................................227

18.6.Weststasi...................................................................................................................................228

19.6. Tag der Industrie......................................................................................................................228

20.6.Meme-Probleme.......................................................................................................................230

21.6. Emo Support............................................................................................................................231

22.6.Millionen Hater und ihr Cas$...................................................................................................232

27.6. Polizistin bei der Letzten Generation......................................................................................233

27.6. Politisch motiviertes Verfahren...............................................................................................234

28.6. Marzipanschweinchen und Inder.............................................................................................234

29.6. Anzugsozialisten......................................................................................................................234

3.7. Demütigung...............................................................................................................................235

3.7. Blockade Friedrichstraße...........................................................................................................236

6.7. Regi............................................................................................................................................238

7.7. Autokind....................................................................................................................................240

8.7. GFK...........................................................................................................................................240

9.7. Mely Kiak, Maria Abramovic und Money Boy.........................................................................241

10.7. Carola Rakete..........................................................................................................................243

12.7 Kroatien....................................................................................................................................244

13.7. Ätzende Hände........................................................................................................................246

15.7. China, idk................................................................................................................................247

19.7 „König der Herzen“..................................................................................................................249

24.7. Flyerverbot beim CSD.............................................................................................................250

1.8. Greenfinger................................................................................................................................251

10.8. Gute Ratschläge.......................................................................................................................254

14.8. Würzburg I: Easy.....................................................................................................................254

15.8. Würzburg II: Endgegner..........................................................................................................255

18.8. Der Schmetterling spricht........................................................................................................260

18.8. XR, Antirassismus und der Hirnschlag...................................................................................260

19.8. Bitcoinfans...............................................................................................................................261

19.8. Der Verfassungsschutz lügt.....................................................................................................261

20.8. Österreich flutet die Zone mit Scheiße....................................................................................262

21.8. Kommentare Ticker.................................................................................................................262

28.8. Neugierige...............................................................................................................................262

1.9. Staustufe....................................................................................................................................263

3.9. Schwurbelhippies......................................................................................................................264

10.9. Schlusstrich..............................................................................................................................265

11.9. Pilger........................................................................................................................................265

13.9. Auftakt II Moabit.....................................................................................................................266

14.9. Probleme..................................................................................................................................267

14.9. Streik........................................................................................................................................268

15.8. Wieso treten Deutsche?...........................................................................................................269

17.9. Obamarama..............................................................................................................................270

15.9. Klimastreik..............................................................................................................................270

16.9. AfD-Imitation..........................................................................................................................271

17.9. Wen sperren wir ein?...............................................................................................................271

18.9. Blockade im Wedding..............................................................................................................272

19.9.23 Polizeieinsatz gegen Picknick.............................................................................................274

21.9. Zivikalypse..............................................................................................................................277

24.9. Zivi-Marathon..........................................................................................................................279

25.9. Grenzalleeblockade: Neukölln bleibt locker...........................................................................282

26.9. Zivis verarscht – Blockade Raumerstraße...............................................................................284

27.9. Scheiß Podcasts: Hitze............................................................................................................285

28.9. Verzweiflungstaten..................................................................................................................286

28.19 Den Haag I: Wasserwerfer und Kulturunterschiede...............................................................286

1.10. Den Haag II: Gullideckel und Faschisten................................................................................290

3.10. Deutschlandtag ist Autobahntag!.............................................................................................291

3.10. Newsletter................................................................................................................................293

6.10 Psychosession...........................................................................................................................293

11.10 Polizeikapitulation..................................................................................................................294

9.10. Blockade Innsbrucker Platz.....................................................................................................296

11.10. Geschafft! Zumindest in den Niederlanden...........................................................................297

15.10. Schwarzwald..........................................................................................................................297

16.10. Blockade Schloss Charlottenburg..........................................................................................298

17.10. Autobahnblockade Witzleben................................................................................................299

18.10. Dümmster Artikel..................................................................................................................302

19.10. Endgedanken.........................................................................................................................302

20.10. Unvernunft gegenüber Leistungen........................................................................................304

23.10. Freiheit, Gaza und antisemitische Kuscheltiere....................................................................304

24.10 Krank und Cas$......................................................................................................................306

28.10. Leas Buch..............................................................................................................................306

28.10 Massenblockade Straße des 17. Juni......................................................................................310

29.11 Epilog......................................................................................................................................312

Einleitung: Form Follows Function

Falls sie dachten, das hier wäre das Telefonbuch und der nächste Alpenroman: Nein, hier geht es um die Letzte Generation. Die schon jetzt erfolgreichste zivile Wiederstandbewegung seit dem Mauer-fall. Die schon jetzt höhere Zustimmungsraten hat, als sie Martin Luther King es je hatte. Die nicht nur die deutsche Klimapolitik ändern wird, sondern auch die Demokratie revolutionieren. Klingt hoch gegriffen? Nur, so lange man nicht weiß, was schon alles passiert ist. Während ich dies schreibe, berichten 0,8 % der deutschen Medienlandschaft nur über die Letzte Generation. Der Bundeskanzler und seine Minister treffen die Protestierenden schon fast regelmäßig. Der Generalsekretär der UN erwähnt die Letzte Generation nicht nur, er lobt sie. Genau wie Amnesty International.

Schon jetzt stehen die große Mehrheit der Menschen hinter den Zielen der Letzten Generation.

Auch, wenn es ihnen nicht bewusst ist, höchstwahrscheinlich sie. Es sei denn Sie sind Spitzenpolitiker, Chef von Axel Springer, oder anderweitig Milliardär. Sollten Sie trotzdem einen Widerwillen gegen die Letzte Generation haben: Chapeau! Dass sie diese Zeilen lesen zeigt, dass sie merken,

dass mit diesem Widerwillen etwas nicht stimmt. Dass nicht nur im Staate Dänemark, sondern in Deutschland und der Welt etwas sehr faul ist. Ich habe keine Antworten auf alle Probleme der Klimakrise. Auch die Letzte Generation nicht. Aber die ist eine Bewegung, die uns an einem Punkt bringt, wo wir diese nicht nur entwickeln, sondern auch umsetzen. Wir haben lange genug die Augen vor dem Terror, der kommen wird, wenn wir nichts unternehmen, verschlossen. Die Katastrophe ist unignorierbar.

Normalerweise schreibt man, dass man die Namen der Protagonisten verändert hat, dass die Ideen und Fiktionen absolut nichts mit der wirklichen Welt zu tun haben, und dass die Herren der Medien-hoheit und Macht doch bittebitte von Klagen absehen sollen. Aber für so einen Kinderkram haben wir keine Zeit mehr. Hat die Letzte Generation keine Zeit mehr. Die Menschen, die hier auf den Straßen kleben, auf den Landebahnen, in den Knästen sitzen, stehen mit ihrem Gesicht und ihrem Namen dafür ein. Daher sind, wenn nicht anders vermerkt, alle Namen hier genau die, die sie auch in der Realität sind, ebenso wie alles, was hier steht, passiert ist, egal, wie absurd und hässlich es ist.

Ich habe überlegt, ob ich hier ein normales Buch schreibe, Geschichte des Protests, Letzte Generation, Kommentar, und die Leser wären schön alle eingeschlafen. Alles geht gerade so schnell, dass keine Form den gerecht wird, außer der Bibel aller Teenager vor Tiktok: dem Tagebuch. Klar, ich werde abschweifen, aber im Großen und Ganzen unterwerfe ich dem, was uns am Ende dahin raffen wird: der Diktatur der Zeit. Für alle, die davon zu wenig haben, oder nicht auf Baumleichen oder Bildschirme starren wollen, mache ich ebenfalls einen Podcast.

Die Tagebuchform nervt zwar, zumindest mich, aber sie ist das Einzige, was gegenwärtig der LG

gerecht wird. Den Anfang kennen wir, das Jetzt, aber das Ende nicht. Ich hasse Filme mit offenen Enden, aber genau das wird diese wahre Geschichte hier werden. Das Ende müssen wir selbst schreiben, oder es schreibt uns.

Es wird noch schlimmer: Ich werde irregulär gendern. Nicht nur, weil ich halb leghastenixch bin, sondern weil ich im Prozess bin, die richtige Form für mich zu finden. BienInnen, Bien:innen, Bie-nis, für mich klingt oder sieht jede abweichende Form bis jetzt gleich bescheuert aus, trotzdem ist es absolut nötig. Vielleicht sind nicht die neuen Formen bescheuert, sondern ich. Die Bienenmänner haben und lange genug dominiert.

Ein kleiner Trostpreis: Selbst wenn Sie das Buch untragbar finden oder wenn sie sich Vorwürfe machen, wieso sie ein Buch lesen, während die Welt untergeht - Jeder Cent dieses Buches wird an die Letzte Generation gespendet. Jedes Wort, dass sie lesen, ist ein kleiner Protest. Gern geschehen.

12.9.22 Montag: Lunte

Zum ersten Treffen von der Letzten Generation gehe ich, weil ich ein Idiot bin. Genau so sage ich es auch dem freundlichen jungen Ex-Politikberater, nennen wir ihn NapoJonas, der mich fragt, was mich herbringt. Genauer, ich sage: „Es ärgert mich, dass ich offensichtlich so dumm bin, aber ich bin wegen des Flyers an meiner Haustür hier.“ Nicht wegen den Plakaten, bei der Umfrage gehen da nur einige Hände hoch. Nicht wegen Freunden, ein paar weniger. Social Media? Keine Einzige. Das Internet ist tot, es lebe das Papier! Willkommen bei den anonymen Baummassakrierern.

Das Treffen ist in der „Lunte“. Auf der Jalousie der Lunte ist ein böser Typ in Balaklawa, ein Molo-towcocktail, die ganze Hauswand ist zu gekleistert mit Aufrufen zum Besetzen, befreien, revolutionieren. „Abu Jamal, das war Mord!“, „Liebig bleibt!“, „Feminismus oder Schlägerei!“ Wenn man ganz genau hinsieht hängen sogar noch ein, zwei Plakate, die die Gefangenenbefreiungen der RAF

rühmen. Wem das noch nicht museal oder revolutionär ist, der findet innen ein wandgroßes Foto von revolutionären Arbeitern auf einem Lastwagen in Berlin 1919. Einer hat eine Pistole und schaut mich grimmig an. Doch eigentlich, und das weiß im Kiez jeder, der nicht AfD wählt, also kein Arschloch ist, ist das nur noch Show. Die harten Antifa-Zeiten sind vorbei. Heute ist die Lunte vor allem Sozialberatung, Treffpunkt und Küfa: Küche für alle. Hier können alle essen gehen, sogar meine Freundin, die Topflappenfrau. Die ist ein wenig, wie sagt man, speziell begabt, und verkauft immer amorphe Stoffgebilde, die die als Topflappen definiert. Für 3,50 € isst sie hier Hackbraten mit Petersilienkartoffeln und danach Eis. Für 3,50 € ist sie einmal eine Königin und die Gesellschaft tut nicht wie sonst so, als wäre es besser, wenn sie stirbt.

Doch heute weht frischer Wind in der Lunte, buchstäblich. Obwohl der Sommer stirbt und der Herbst drohend die dunklen Baumkronen schüttelt, steht die ganze Fensterfront offen. Stühle knirschen im Nebenraum und metastasieren Straße. Die üblichen Punker aus dem Hausprojekt sind da, aber auch junge Mütter mit Barbies in schick gewundenen Tüchern am Bauch, aufgeregte Teenager, angegraute Berufstätige mit schicken bis 3600 Meter Höhe regenabweisenden Jacken. Vorne stehen zwei von der Letzten Generation, NapoJonas und Don Quijote. NapoJonas ist Mitte Zwanzig, hat goldblonde Löckchen für die viele töten würden, einen Stickoptikpulli und Turnschuhe, die mindestens 500 Meilen gelaufen sind und nur noch um einen Gnadenschuss bitten. Don Quijote ist kleiner, dunkle kurze Haare, und dunkle Augen, die jeden traurig anzusehen scheinen. Manchmal während dem, was er sagt, hat man Angst, er weint gleich. Im Kontrast dazu steht sein Casual-Antifa-Outfit: schwarzes Unterhemd, schwarze Jogginghose, Turnschuhe, mit denen man wirklich rennen kann.

Aber nicht muss. Denn, wie sie uns erklären, rennt bei der Letzten Generation niemand.

Aber erstmal, so Neukölln ist alles dann doch: Bier. „Sorry, haben wir zwar, aber kann ich nicht raus geben, da hinten sind zwei Alkis, da habe ich schon gesagt nein.“, ich nicke. „Toll das du das verstehst, echt.“, sagt der Barmann in seiner besten Sozialarbeiterstimme. So Neukölln ist es eben doch nicht mehr. „Wann wird der erste erschossen?!“, schreit der erste Alkoholiker, Obelix. Der zweite, Dracula, schreit: „Schnauze!“ So Neukölln dann doch. Ich lerne beide gleich noch besser kennen. Obelix, Bierbauch, träge stahlblaue Augen die in drei Richtungen gleichzeitig zu sehen scheinen, reicht mir den Chantre-Flachmann. Ich lehne dankend ab. „Wieso trinkt denn hier keiner?“, fragt Obelix entgeistert. Es ist Montag, 19 Uhr. Dracula ist sehniger, hat längere Schwarze Haare und etwas so finster schelmisches, dass man ihn nicht mit Kindern oder kleinen Tieren alleine lassen möchte.

NapoJonas und Quijote erzählen wie schlimm es ist. Spolier Alert: Es ist verdammt schlimm. Nein, noch viel schlimmer. Obwohl die Regierungen der Welt uns eine Begrenzung auf 1,5 Grad Erwärmung versprechen, werden es mindestens zwei, einfach weil wir schon so viel Methan, Co2 und Fluorkohlenwasserstoff in die Luft gefurzt haben.Die Treibhausgase bekommen wir nicht aus der Atmosphäre, wenn uns kein glitschiger FDP-ler vom Mars eine Supertechnologie schenkt. Ökoter-roristenwie der UN-Generalsekretär Antonio Guiterres sagen: „Einige Regierungs- und Wirtschafts-

führer sagen das eine, tun aber etwas anderes. Einfach gesagt: Sie lügen. Und die Folgen werden katastrophal sein. Das ist der Klima-Notstand.“

Uns, das sind wirklich wir.Die Menschen wollten den Wandel. Die Mehrheit der der Bevölkerung ist für Klimaneutralität, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Fridays for Future brachte 2019

1,4 Millionen Menschen landesweit auf die Straße. Doch jede Partei, die frau wählt, kümmert sich einen Scheiß um ihre Wahlversprechen. Und ja, es ist frau, denn Männer eiern wie so oft dem progressiven Geschlecht auf dem Bierbike hinterher. Bei der Frage, wie stark man sich für den Klimawandel verantwortlich fühle, kamen von Männern überdurchschnittlich viele Antworten wie "nicht sehr" oder "überhaupt nicht", Frauen hingegen sagten überdurchschnittlich oft "stark" oder "sehr stark".i Oder einfacher, laut einer anderen Studie: Männer mögen sogar keine grünen Baumwollta-schen, weil sie meinen, sie könnten sie unmännlich wirken lassen.iiZu öko.Der Planet ist offensichtlich eine scheiß Schwuchtel.

Der Unterschied der Klimakrise zu anderen ist: die Fakten sind schon geschaffen. In dem Moment, wo wir handeln, ist es zu spät. Bis 2050 ein Anstieg von 3,4, wenn es schlimm läuft sogar 7 Grad.

Dann sind nicht 1 % der Erde wie jetzt werden hitzebedingte „Todeszonen“, sondern 20 %. 1,4 Milliarden (!) Geflüchtete werden anfangen…

„WANN WERDEN DIE ERSTEN FRAUEN UND KINDER ERSCHOSSEN?“, grölt die toxische

Männlichkeit in Form vonObelix. Quijote ist so nett wirklich zu antworten („Nie!“), aber Obelix lässt nicht locker. „ABER MAN DARF FRAGEN DAZWISCHEN, ICH WAR JA AUCH MAL IN

SPANIEN …“ In radikal linken Kontexten ist „Community Justice“ wichtig. Keine Bullen, also bleibt nur die Mutti. Die sitzt zwei Reihen davor, dreht sich um und sagt mit einem Ton, dass einem der Babybrei gefriert: „Entschuldigung, ich will das jetzt hören!“. Sofort ist Ruhe in der Kiste.

NapoJonasfährt fort: „Bei uns ist das anders als bei anderen Organisationen“. Das ist Code für: Wir sind nicht Extinction Rebellion. Die Umweltorganisation, die so schöne Aktionen fährt, wie „Eis am Seil“, bei der sich Aktivisten mit Galgenschlingen um den Hals auf Eisblöcke stellten. Die sich in Deutschland mit Fahrradschlössern um den Hals ans Bundeskanzleramt schlossen. Oder die in London im Bankenviertel mit einem Tanklöschfahrzeug Kunstblut verspritzten- Leider verloren Sie die Kontrolle über den Schlauch, und bluteten vor allem die Straße und die „Mitprotestanten“ voll. Extinction Rebellion fährt knallhart das RAF-Programm. Werden sie fest genommen sagen sie exakt nichts. Keine Namen, keine Strukturen, bis sie frei gelassen werden müssen. Aber auch mehr Medienrummel als ziviler Ungehorsam.Die Letzte Generation ist anders, bei ihr geht es um Zivilen Ungehorsam. Quixote sagt: „Ich sage, wenn mich ein Polizist fragt,meinen Namen. Ich gehe vor Gericht. Vielleicht verteidige ich mich auch selbst. Wenn es sein muss gehe ich auch ins Gefängnis.

Wir wollen die Aufmerksamkeit für das Thema. Wir wollen eine gesellschaftliche Diskussion.“ Nervöse Blicke im Publikum: muss ich jetzt Terrorist werden? NapoJonas beruhigt uns. Keiner von uns muss sich auf Autobahnen fest kleben. Jeder kann anders helfen, Vernetzung, Logistik, Social, ha, Media.Und natürlich das gefürchtete Awarenessteam. Aber im Kern geht es genau um eins: Stau.

Bis hier hin bin ich medium überzeugt. O-Ton ich vor einer Woche: „Ich sehe, wo die hin wollen.

Das ist prima. Wir müssen was gegen die Klimakatastrophe tun, sonst gibt es bald niemanden mehr, der irgendwas tun kann. Aber Autobahnen zu blockieren trifft die Falschen, das bringt nur Leute gegen dich auf. Der RAF-Effekt.“ NapoJonas sagt: „Natürlich trifft es die Falschen. Ich würde auch sauer sein, wenn ich da mit dem Auto stehen würde. Wir reden auch mit denen, aber ganz ehrlich, die sind nicht unsere Zielgruppe. Wir haben gesehen, dass nichts anderes die gesellschaftliche Diskussion anregt. Selbst der Hungerstreik. Wir waren bei der ersten Blockade 20, dann ein paar Monate später 100 und legten halb Frankfurt lahm. Jetzt werden wir hunderte sein. Wir haben diesmal nur ein relativ kleines Ziel: ein Tempolimit auf Autobahnen.“Ziemlich klein, denke ich. 71 % der Deut-

schen sind dafür.iii Der Rest sind Politiker, Berater, und „Lobbyisten“. So nennen wir die, die bei Korruption das Geld hinhalten.

„Unsere Taktik ist die anderer erfolgreicher sozialer Bewegungen. Martin Luther King, Gandhi, gewaltloser Widerstand. Die Freedom Riders waren eine Organisation, bei der sich schwarze und weiße zusammen in einen Bus gesetzt haben und in die Südstaaten gefahren sind. Mehr nicht. Sie wurden angespuckt, zusammen geschlagen und die Busse angezündet. Sie landeten im Gefängnis. Bis die Gefängnisse so voll wurden, dass die Regierung handeln musste. Bis die Rassentrennung abgeschafft wurde. Genau das machen wir mit Autobahnen. Wenn immer öfter alles blockiert ist muss der Staat handeln.

„UND WANN ERSCHIESST DER ERSTE AUTOFAHRER…“, grölt Obelix.

„Ruhe jetzt, du bist nicht alleine hier!“, jetzt stehen ein paar Männer auf und gehen mit breiten Schritten zu den Alkoholikern. Wie zwei Kleinkinder bekommen sie die Aufmerksamkeit, nach der sie lechzen. Das Geschrei geht in ein leichtes, zufriedenes Gebrabbel über. Ab und zu hört man ein Bäuerchen.

„Wir blockieren nicht nur eine Einfahrt, sondern 20. Hunderttausende stehen im Stau.“, sagt NapoJonas“, Wichtig ist: wir lassen immer eine Rettungsgasse. Wir nehmen aber niemanden in Geiselhaft. Nach einer halben Stunde kommt meistens die Polizei und trägt uns weg.“

„Und muss man dann in den Knast?“, fragt ein Punker.

„Nein. Ich habe bis jetzt einmal Widerstand gegen die Staatsbeamte und einmal Nötigung als Anzeige.“

„Wieso einmal Nötigung?“

„Weil der Kleber nicht funktioniert hat.“

„Ha!“

Man merkt, sie rufen nicht dazu auf sich festzukleben, aber doch. Es steht zwischen jeder Zeile.

„Keiner von euch“, sagt Quijote, „wird wegen einer Aktion ins Gefängnis kommen. Dazu braucht es 20, 30 Aktionen. Normalerweise bekommt ihr 30 Tagessätze. Und dafür gibt es Hilfefonds, wenn ihr das nicht zahlen könnt.“

„Okay“, sagt NapoJonasNapoJonas, „Soweit von uns. Danke, das ihr da wart. Jetzt würde ich die Diskussionsrunde eröffnen, es scheint ja Bedarf zu geben“, Blick auf die Alkis.

Tosender Applaus. Und ratet Mal, wer plötzlich, wenn nicht alle gezwungen sind zuzuhören, keine Fragen mehr hat. Es bilden sich Grüppchen, ein Viertel der Leute meldet sich an. Auch ich. Es ist, als hätten alle nur darauf gewartet, dass endlich jemand kommt und eine klare Lösung für ein diffuses Problem hat. Dracula macht sich nützlich und packt extra krachend die Bänke zusammen, nochmal eine extra Runde Aufmerksamkeit. Ich nehme eine, um ihm einen kleinen Sieg zu nehmen. Er lächelt mich an, ich würde ihn gerne auf einer Autobahn fest kleben. Solidarität ist eben keine plü-schige Komfortzone, sie bedeutet mit Arschgeigen klar zu kommen, ohne sich sie wie echte Männer ohne grüne Jutebeutel die Fresse einzuschlagen.

Wir stehen jetzt draußen. Ein junger Typ, der auch draußen Mundschutz trägt, fragt: „Man weiß es nicht, Berlin Klimaneutral, die Linke, Grundeinkommen, was bringt das? Am Ende fragt man sich doch immer, verschwende ich hier meine Zeit? Wir sind ja alle ach so schön neoliberal, wenn man nicht networked, pumpt oder ein Start-Up gründet, ist das doch verlorene Zeit. Was meinst du?“

„Berlin Klimaneutral ist schon schön. Aber ich würde eher bei uns Flyern. Wir machen gerade das einzige, was den Klimakollaps aufhalten kann. Wenn ihr eine bessere Idee habt, gerne, her damit.

Ich setze mich auch nicht gerne auf Autobahnen. Aber es muss einfach sein.“

Quijote sagt leise zu NapoJonas: „Echt, als du gesagt hast man kann zwischendurch Fragen stellen, dachte ich schon, nein ey. Das machen wir nächsten Mal anders. So heftig war das ja noch nie.“ NapoJonas nickt.

„DU VERPISST DICH JETZT!“, schreit Dracula den auf dem letzten Stuhl sitzenden Obelix an. Er würgt ihn, Obelix fällt fast nach hinten. Obelix wehrt nicht nicht. Er scheint das zu kennen. Wenigstens irgendeine Zuneigung. Ist as schon ziviler Ungehorsam?

„Warum ist Extinction Rebellion nicht mehr so beliebt und wie vermeidet ihr das gleiche Schicksal?“, frage ich. Ich muss nämlich zugeben: Ich dachte, die Letzte Generation sei einfach die Deutsche Übersetzung von Extincion Rebellion. Aber das ist Unsinn. Extinction Rebellion gibt es seit 2018, die Gruppe hat 1141 Ortsgruppen, in Deutschland seit März 2020 über 130, in der Schweiz 16, in Österreich 11. Die Letzte Generation gibt es erst seit 2022.

„Gut Frage. Es gibt viele Gründe, aber einer ist, dass der Gründer den Holocaust relativiert hat.“

„Uh“, sage ich. „PR-Mäßig vielleicht nur die zweitbeste Lösung.“

Was Roger Hallam wörtlich sagte war, der Holocaust sei „almost a normal event...just another fuckery in human history“. Er listete 500 Massaker auf und fühlte sich klug. Aber wie selbst der damalige Außenminister Heiko Maas fest stellte, sei „das systematische Töten von zwei Dritteln aller Juden von 1939 bis 1945 nicht „just another fuckery“.iv

„HASS, HASS, HASS, GEWAAAAALT!“, schreien Dracula und Obelix beim Gehen. So viel zur Solidarität des Proletariats. Jedem, der außerhalb von Disneyland lebt, sollte mittlerweile aufgefallen sein, dass Menschen bestenfalls so geht so sind. Es gibt eine ganze Riege von „antihumanen“

Umweltschützern. Die wollen, dass sie „Natur“, oder was sie sich darunter vorstellen, den Planeten zurück erobert und der Mensch aufhört zu existieren. Wahrscheinlich war es so eine schräge Ansicht, die Hallam antrieb seinen Unsinn abzusondern. Aber obwohl Menschen so geht so sind, sind sie das beste, was wir haben. Ich würde mir einen Finger abhacken, um mein Leben nicht mit Obelix und Dracula verbringen zu müssen, aber vielleicht bald einen Finger auf Beton kleben, um sicher zu sein, dass sie auch in Jahrzehnten noch rum grölen dürfen. Der französische Autor Voltaire sagte zu einer Zeit, in der viele für die falsche Worte guillotiniert wurden: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“ Oder sich auf eine Autobahn setzen.

„Ich bin dabei“, sage ich. „Ich auch“, ein ein Punk in schwarz-weiss-Tigermuster, und der Teenager in Maske. Es fehlt nur noch, dass wir uns weiße Kniestrümpfe anziehen, Perücken aufsetzen und Schwerter kreuzen.

17.9.22 Spenden

Ich bin nach dem Vortrag emotional perplex. Ich weiß nicht nur nicht, was ich denken soll, sondern nicht, was ich fühlen soll, oder überhaupt irgendwas. Ich spende der LG einen für meinen beschissenen, unnötigen Geiz erheblichen Betrag. Natürlich ist das Unsinn, so löst man gar nichts. So hat man auch nicht weniger Schuld, zumindest nicht viel weniger. Aber es fühlt sich an, als würde ich mit Zeit kaufen. Bis ich weiß, was ich machen will.

Ich muss an die effektiven Altruisten denken. Von ein paar Jahren kauften die von Spenden Entwur-mungsmittel für Kinder in Afrika. Wieso? Weil es das günstigste Leben retten der Welt war. „More bang for the buck“, könnte das Motto der amerikansichen Organisation sein. Eigentlich eine gute Idee, denkt man, und würde ziemlich falsch liegen. Denn Sam Bankman-Fried, der CEO von FTX

war einer der Großmäzäne der Bewegung. FTX war, um öde Details zu vermeiden, eine Kryptokrit-sche. Dumme Anleger legten in nichts an und und verloren ihr Geld. Das floss dann zum Teil in den effektiven Altruismus. Im Grunde dachte sich Bankman-Fried bestenfalls, er wäre klüger als die Gesellschaft und wisse, wo man das Geld anlegen muss. Schlechtestenfalls wollte er mit Moral-punkten – punkten. Der Effektive Altruismus ist eine Art Utulitarismus, das heißt es zählt nur das Ergebnis. Und das heißt, es ist egal wo das Geld her kommt.

Auf einem der letzten Konzerte der Band Prodogy, bevor sich der Sänger suizidierte, sah ich einen Fan: gelbe Pupillen, grüne Haare, ein Blick, der substanzbedingt gleichzeitig in fünfhundert Richtungen schaute. Auf seinem großen schwarzen T-Shirt stand: „Fuck Charity – Go for Solidarity“. Er sollte recht behalten.

27.9.22 Quellen

Ich bekommen eine Email von Irina:

„Hi Kristjan,

sorry für die späte Antwort. Stark dass du beim Vortrag warst. Hier sind glaube ich die Zitate die du meinst.“

The Concept of Net-Zero is a dangerous trap:

„Es fällt uns schwer, einen Klimawissenschaftler zu nennen, der das Pariser Abkommen damals für machbar hielt. Seitdem haben uns einige Wissenschaftler gesagt, das Pariser Abkommen sei "natür-

lich wichtig für die Klimagerechtigkeit, aber nicht umsetzbar" und "ein völliger Schock, denn niemand hielt eine Begrenzung auf 1,5°C für möglich.“ „

Das war neu für mich. Ich dachte, 1,5 Grad, kriegenwerschonhin. Aber das geht rein logisch nicht, denn dazu müssten wir genau jetzt aufhören Treibhausgase auszustoßen. Es ist einfach schon zu viel in der Luft. Der britische Chemiker und Hochschullehrer und ehemaliger wissenschaftlicher Chef-berater der britischen RegierungSir David King sagt: „Es wird viel darüber diskutiert, wie viel Koh-lenstoffbudget noch zum Verbrennen zur Verfügung steht, und es gibt keins, wir haben bereits viel zu viel verbrannt und müssen den Rückwärtsgang einlegen.” Die Logik der Klimakonferenzen ist die von jemandem, der auf einen Abgrund zugeht und immer sagt: „Ich werde anhalten. Da hinten werde ich anhalten und werde eine Lösung haben, wie dieser Abgrund verschwindet. Nur wird dieser Abgrund nicht verschwinden. Aber die Machthaber, die auf ihn zu laufen, werden abgewählt sein, oder tot.Moses teilte wenigstens noch das Meer, damit Menschen ihm hinterher liefen, sagt man. Wahrscheinlich teilte er gar nichts, sondern log den Menschen einfach vor durch das Meer gegangen zu sein, während sie bei Suez über die Landbrücke aus Ägypten über den Sinai und die nächste Landbrücke über Eilat bis nach Israel liefen.

Prof. Schellnhuber ist wohl einer der renommiertesten Klimaforscherund der Weltund ebenfalls ein Metaphernwerfer. Er sagte vor kurzem:„Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98%-tiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.“ Und auch für das 1,5-Grad-Ziel findet er deutliche Worte:„Ja, die 1,5 Grad hatten verschiedene Staaten plötzlich ins Spiel gebracht. Das hat mich zunächst irritiert, denn das kriegen wir leider nicht mehr hin – so sinnvoll es auch wäre.”Die Pariser Klimakonferenz bezeichnet er als ein „Wunschkonzert“, ich stelle mir etwas grässliches wie das Musikantenstadl vor, und zum CO2-Budget sagt er: „Wir haben praktisch keinen CO2-Spielraum mehr.“ Mojib Latif ist Klimaforscher, Präsident der Akademie der Wissenschaften. Im Juli 2022 wird er gefragt, ob die Pariser Klimaziele noch einhaltbar sind. Seine Antwort: „1,5 Grad sicher nicht.“

„Die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse sagen Folgendes:“, schreibt Irina „Wir erreichen 1,5

Grad 2030. Die Treibhausgase, die heute in der Atmosphäre sind, reichen aus, um uns bis 2050 über 2 Grad hinauszuschießen. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, 2045 klimaneutral zu werden, um das Pariser Abkommen einzuhalten.“ Und, noch einmal Sir David King: “Wir müssen schnell handeln. Was wir in den nächsten drei bis vier Jahren tun, wird meiner Meinung nach über die Zukunft der Menschheit entscheiden.”

Drei bis vier Jahre, in denen Christian Lindner Porsche fährt. In denen Robert Habeck den Energieunternehmen trotz vergünstigter Einspeisung Millionen Bonusse zahlen lässt damit sie weiter fossile Energieträger verbrennen. In denen Olaf Scholz gar nichts sagt.

„alles klar ?“, schreibt Irina. „liebe grüße und viel kraft!“

irina

(she/her)“

Die werden wir brauchen.

28.9. Gesa-call

Reden wir nicht drum herum, es geht hier um Gefängnis. Genauer, die GESA. Nein, nicht deine woke radikal profeministische Freundin, die ihr Leben auf Tinder und Twitter wegpisst, sondern die Gefangenensammelstelle. Die in Berlin-Tempelhof ist besonders ungemütlich, sagen zumindest die Aktivisten. Aber von Anfang.

Die Aktivisten von Letzte Generation wollen sich festnehmen lassen. Das unterscheidet sie von Extinction Rebellion (XR) und, sagen wir, Bankräubern, Vergewaltigern und Mördern, die eben, mit denen Sie den Zellengang teilen weil der Staat meint, das wäre der Ordnung der Gesellschaft und Zukunft der Menschheit dienlich. Die Aktivisten von ER fahren das volle RAF-Programm: sie geben keine Namen an, sagen überhaupt nichts, und warten so lange, bis die Schweinerepression sie frei lassen muss. Einfach weil sie nicht weiß, wer sie sind. Danach hört der Spaß natürlich nicht auf: der Verfassungsschutz wird sie bei jeden Edekagang observieren, ihre Handy werden abgehört, alles möglich wird getan, damit sie nichts für die Umwelt tun. Sie werden zu Staatsfeinden.

Die Letzte Generation im Grund auch, aber anders. Hier gibt es keinen Antagonismus zur Polizei.

„Wir versuchen manchmal mit denen ins Gespräch zu kommen, aber das ist nicht so erfolgreich.

Das Gefängnis, dieses System, das macht dich kaputt, auf jeder Seite.“, sagt eine Aktivistin. Die Polizei muss machen, was die Gesetze sagen, und die sollen geändert werden. Sie ist so wie die Motoristen im Stau zwar leidtragend, aber nicht Ziel der Aktionen. Ist das unfair? Natürlich. Aber ist es unfairer, als das die armen Länder die Breitseite des Klimawandels abkriegen? Dass Der Senegal vertrocknet? Marokko zur Wüste wird? Dass Bangladesh mittlerweile eher Aquarium als Land ist?

Das kann man mit „ja“ beantworten, aber dann liegt man eben falsch.

In die GESA kommt man, wenn man eine Wiederholungstat begeht. Zum Beispiel du blockierst eine Straße, wirst geräumt, und kündigst an gleich nochmal blockieren zu wollen. Dann muss die Polizei Gefahren abwehren. XR tat das nicht. Erst wurde geräumt, dann war Schluss. Bei der Letzten Generation (DLG) nicht. „Wir wurden festgenommen, wie immer haben wir uns nicht gewehrt.

Wir wurden des Platzes verwiesen und laufen gelassen. Ich bin dann direkt zur Straße zurück und habe mich wieder hingesetzt, das fanden die gar nicht lustig. Auf einmal hatte ich die Jacke über dem Kopf und war im Schmerzgriff. Das tat ziemlich weh. Dann ab in den Transporter und in die GESA. DLG sieht das Gefängnis nicht als Ende der Aktion, sondern als Teil.

„Du kommst da an, es ist ziemlich trist. Zumindest in Tempelhof. Dann sitzt du da ein, zwei Stunden im Auto, in einem kleinen Käfig. Erst dann kommst du in die Zelle.“ Die Zellen sind besten 19.

Jahrhundert. Gitter, eine Holzpritsche, maximal eine dünne Decke. „Dann muss man sich ausziehen.

In Berlin muss man sogar die Bänder aus den Pullovern ziehen.“, wundert sich ein Aktivist. Darüber kann sich nur wundern, wer ein Ziel im Leben hat und nicht an Selbstmord denkt. „Ich musste mich sogar ganz ausziehen und sie haben mir in den Anus geguckt.“, sagt er weiter. Das Wiederum, ist ein Privatvergnügen. Es ist nämlich laut einem Urteil des Landgerichtes Köln nicht mehr erlaubt. Es sei unverhältnismäßig. Da spricht doch die Kuscheljustiz! Was, wenn die Umweltterroristen Sprengstoff im Arsch haben! Außerdem wird der Rechtsstaat zuallererst am Anus verteidigt, danach ist Ostpreußen und der Welt!

„Der menschliche Faktor ist schon wichtig“, stellt eine Aktivistin fest. Nicht nur, dass man nicht von Sadisten erniedrigt wird, sondern, dass man Grundbedürfnissse erfüllen kann. Essen zum Beispiel. „In Berlin gibt es Känäckebrot mit Käse. Ziemlich trostlos.“ Die berüchtigte Berliner Gast-freundschaft. Nirgends ist die preußische Obrigkeitshörigkeit so knüppeldick wie hier, nirgends bekommt man so schön zu spüren, dass der Staat nicht wir sind, sondern die, die Macht haben. Genau das will die LG ändern. „In Frankfurt war das total nett. Da waren die mit uns sogar noch Hummus und so einkaufen.“ Veganer: packt euch besser einen Rucksack. Auch Bücher sind ein Kampf.

„Fragt einfach immer weiter, bis ihr euer Recht bekommt.“ Es steht jedem Gefangenen nämlich ein Buch zu. In der Gesa bleibt man 48 Stunden, da kann die Wand schon ein bisschen weniger spannend werden. Natürlich heißt das nicht, dass man das Buch auch bekommt. Wer einem rechtswidrig in den Hintern schaut, wird nicht vor dem Grundrecht Literatur halt machen. Das waren noch Zeiten, als die Beamten wie im NapoJonasischen Frankreich immer auch Geisteswissenschaften studie-ren mussten. Der Wärter hätte einem „Die Elenden“ von Victor Hugo nicht nur vortragen, sondern auch interpretieren können. Heute unvorstellbar. Also am besten: ein Buch mitnehmen. Andere Grundbedürfnisse sind auch schwer einzufordern, Pinkeln zum Beispiel. Glücklich der, der ein Loch in der Zelle hat, wie in der GESA in Brandenburg. Richtig Glück hat, wer wird wegen Über-belegung in die JVA, in die Justizvollzugsanstalt verlegt. Das klingt zwar grässlich, aber „Da kommt man rein, und da ist ein schönes Bett, Schränke, ein Fernseher, Blick auf einen grünen Hof –

das ist fast wie ein sehr schlechtes Hotelzimmer!“

Wie vertreiben sich die Aktivisten die Zeit? „Ich mache Yoga, weil ich das sonst nie mache.“, sagt einer. „Eine fing voll an zu heulen. Sie fragte sich, ob ihr Leben richtig läuft. Ob sie hier sein sollte.

Aber das braucht man nicht. Die GESA ist nicht der Ort, sich so was zu fragen.“ An dieser Stelle verändert sich die Stimme der Aktivistin. Sie wird heller, fröhlicher. „Ich weiß, dass ich hier richtig bin. Dass in den anderen Zellen im Gang alle unsere Mitstreiter sitzen. Dass das hier Teil des Plans ist, das wird uns das hier ausgesucht haben. Das macht es sehr viel leichter.“

Die Freude ist ansteckend. „Wir haben sogar einen andern Gefangenen getroffen, der wollte sofort mitmachen. Der fragte, ob wir noch einen Koch bräuchten.“ So kann das Gefängnis auch funktionieren. Meistens funktioniert es leider genau andersrum. Gefängnisse sind keine „Korrekturanstalt“

und von „Resotialisation“ kann zumindest in Deutschland auch kaum noch die Rede sein. Die sehr schlechten Hotelzimmer kosten den Steuerzahler 93 € pro Tag. Geld, was wir besser investieren könnten, zum Beispiel in Solarpanele, Cash auf die Hand der Straftäter, oder Kuchen. Das Gefängnis war stets ein Instrument der Macht um sich zu verteidigen. Eine Verschwendung von Geld und Potenzial unter dem Deckmantel einer konservativen Strafmoral. Das hat uns so schöne Dinge wie Drogengangs beschert. MS-13, 18th Street, Bloods, Cribs, oder hierzulande Nazigruppierungen wie der NSU, alle saßen zusammen im Gefängnis. Nur tauschen Sie keine Kochrezepte aus oder zumindest nicht für Essen, sondern für Meth. Norwegen zeigt, wie es anders geht. Auf der Insel Bastøy laufen Mörder frei herum. Sie Angeln, hacken Holz, mit Axten, sie haben sogar ein eigenes Hip-Hop-Studio. In deutschen Gefängnissen ist die Rückfallrate 50 %, in amerikanischen sogar 67,5 %.

Auf Bastøy? 20 %. Das ist Weltspitze. Strafen funktioniert nicht und bestraft die Minderheiten und Ärmsten, das erkannte schon Obama: “Mass incarceration makes our country worse off, and we need to do something about it,”. Das einzige, was Hilft, und dafür hat die Menschheit 2000 Jahre gebraucht, ist Hilfe.

Was die LG von allen anderen Umweltbewegungen unterscheidet, ist, dass sie ins Gefängnis wollen. Sie wollen die Gefängnisse „voll machen“. Der Staat ist gezwungen, öffentlich seine hässliche Fratze zu zeigen: Menschen, die uns alle Retten wollen, werden weggesperrt. Dabei ist es der Staat, genauer, die Politiker der die Gesetzte brechen. Das zeigte zuletzt eindrucksvoll das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Urteil stellt klar: die Kriminellen sitzen im Parlament. Der Klimaplan wird nicht eingehalten und die Menschen haben ein Recht darauf. Es sind Diebe an der Zukunft der

Generationen, die kommen. Die sie nicht wählen können, nicht bestechen können, ihnen keine Dienstwägen zuschanzen können. So hart es ist, die Aktivisten von der LG sind bereit den Weg durch die Institutionen von ganz unten zu gehen. Aber die Frage ist: können die es in Deutschland schaffen?

Die Freedom Riders in den USA wurden in Dorfgefängnissen untergebracht. Kleine Kaschemmen für Busladungen von Menschen. Deutschland ist nicht nur das Land, was den Militärdienst erfunden hat, die industrielle Menschenvernichtung, sondern auch maßgeblich das Wegsperren nach preußi-schem Gusto verfeinert hat. Kaum ein Land hat so viele Kapazitäten in Gefängnissen. Die LG muss hier viel mehr Menschen aufbringen, als die Aktivisten in den USA der 1960er. Aber sie wetten darauf, dass wir sie in einigen Jahren so sehen werden, wie die „Hooligans“ die von der Stasi 1989 am Leipziger Bahnhof fest genommen worden, als sie für die Demokratie Scheiben zerschlugen. Oder die frühen Sufragetten, die im Kaiserreich in die gleichen backsteinernen Zellen geworfen wurden, die frau noch heute in Berlin-Moabit bewundern kann.

„Tun die das alles nicht nur, um sich besser zu fühlen?“, werden die im Stau stehenden fragen. Zum Teil sicher, aber was ist das für ein Argument? Was tut man nicht, um sich besser zu fühlen? Arbeiten, Kinder erziehen, beten, gehacktes Tier essen? Es gibt keine absolute Selbstlosigkeit und die muss es auch nicht geben. Wer das sucht, ist in Sekten besser aufgehoben. Die viel interessantere Frage ist: Können wir es schaffen? Wie lange kann der Staat ignorieren, dass gewaltfreie, bis auf zivilen Ungehorsam nicht kriminelle Bürger die Gefängnisse füllen? Eine Antwort darauf ist: Kommt auf die Medien an.

29.9. Theorie

Ich würde jetzt gerne behaupten, ich bearbeite das Thema super objektiv, ich habe das Wissen, das dem geneigten Leser fehlt, dass ich ganz nebenbei unfehlbar bin. Aber das ist Bullshit. Ich bin in die Letzte Generation reingerutscht aus einem einzigen Grund: So geht es nicht weiter. Ich bin auch in anderen Bewegungen aktiv, aber die LG ist die Einzige, die der Katastrophe, die das Klima ist, mit dem notwendigen Ernst begegnet.

Das oder ähnliches denke ich, als ich in einem Café an der Neuköllner Weserstraße sitze und auf die prallen Schenkel der schlenderndern Marathoniken sehe. Heute war anscheinend ein großer in Berlin. Viele von ihnen haben wie Kinder ihre Medaillen um. Schön in Deutschlandfarben, wie sich das gehört. Joggen ist merkwürdig: Es ist nur mäßig gesund, aber man kann sich schön quälen. Man ist beim Marathon zusammen alleine. Man lügt sich vor, dass man alles schaffen kann, wenn man sich nur selbst überwindet. Man versucht zu fühlen, dass es Solidarität und Gemeinschaft gibt, wo es nur vereinzelte Verzeifelte gibt. Jogger rennen glaube ich vor allem vor sich selbst weg. Die Frage doch: wie kommen wir zusammen?

Ich treffe meinen Agentenkontakt in die theoretische Szene, eine Freundin, nennen wir sie Medine.

Ich erzähle von der LG. Ihre erste Frage ist: „Die sind aber alle ganz schön weiß, oder?“ Ich bin platt. Nicht nur, dass das nicht stimmt, mit Marlon stand wahrscheinlich extra jemand mit Migrationshintergrund mit auf der Bühne der ersten Vorlesung. Aber natürlich, wahrscheinlich sind die meisten jung, weiß, gebildet. „Sollen jetzt geflüchtete aus armen, ungebildeten Familien dazu über-redet werden sich auf die Autobahn zu kleben?“, frage ich. Oder weiter: „Sollen wir prüfen, ob alle die bei der LG mitmachen Veganer, Atheisten und Body Positive sind?“ Medine meint: „Man sollte es am besten von Anfang an richtig machen.“

Das nennt man dann Identitätspolitik. Die ist gut und richtig, doch das Problem ist, anstatt sich zu solidarisieren, führt sie in der Praxis manchmal dazu, dass sich progressive linke Bewegungen untereinander anfeinden. Die dunkle Seite der Identitätspolitik ist der grassierende Partikularismus.

Sagen wir es so: wäre ich beim Verfassungsschutz, hätte ich mir übertriebene Identitätspolitik ausgedacht, um meine Feinde zu zersetzen. Das Deprimierende ist: das gab es alles schon. In „Das Leben des Brian“ von Monty Python wollen von drei Leuten zwei nicht zusammen arbeiten, weil einer der „Volksfront von Judäa“, die anderen der „Judäischen Volksfront angehören. Was die 68er mit Marxismus und Maoismus, also großen politischen Ideologien durchmachten, wiederkäuen die GenZ-ler mit theoretischem Distinktionswahn. Und fragen sich dann, wieso jeder, der „von Armut betroffen“ ist, und keinen Uniabschluss hat, lieber AfD wählt, als linke Parteien.

Wir gehen weiter, zu einer Suppenküche. Am S-Bahnhof Neukölln, dem absoluten Endpunkt aller Hoffnung. Übertrieben? Sofort spricht mich eine Dame auf dem Fahrrad an. Rot gefärbte Haare, um die 50, gebildet. Sie erzählt, dass die Spritzenmülleimer abgebaut wurden, weil die Junkies, sorry, woke: „Drogennutzer“, wir wollen niemanden diskriminieren, die Kanülen aus den Eimern fischen und handeln. Da freut sich der HI-Virus. Wir geben dort Suppe an alle aus: Drogennutzer, Wohnungslose, aber auch Arbeiter, Rentner, Studenten. Die Küche ist von einer Partei, aber das steht im Hintergrund. Es geht um das Machen. Es ist egal, ob du schwarz, weiß, schwul oder Veganer ist (obwohl die natürlich immer das Fleisch ausgeben müssen, weil sie nicht naschen). Medine ist mittendrin und ein ein paar Minuten auch voll dabei. So ist das mit der Theorie: klingt alles schön, aber wenn man ehrlich ist, praktisch oft Mist. So ist es auch mit der Letzten Generation: Schluss mit dem reden, her mit dem Tun. Das hilft nicht nur das Sache, sondern auch den Menschen. Je mehr Menschen tun, desto weniger verirren sie sich in verklausulierter Theoriepoesie. Nicht, dass man nicht alles gegen Rassismus, Diskriminierung und Sexismus tun sollte. Aber die Klimakatastrophe hält frau so nicht auf. Es ist wie beim Marathon: Theorieexzess ist im Kern eine neoliberale Logik. Alle wirken zusammen, aber sie sind vereinsamt. Nur, wenn man die Atomisierung der Gesellschaft durchbricht, hat man eine Chance den Klimawandel zu besiegen. Oder, wie die Stimmer der 68er, Ton Steine Scherben, sagten: Alleine machen sie dich ein.

29.9. RAF-Bekanntschaften

Ich starte einen Versuchsballon. Savingyplatz, Berlin Charlottenburg, ein Italiener. Es ist selbst nachmittags diesig, ein leichter Sommerregen pisst die Passanten an und sie genießen es. Du willst das Ende des Terrorsommers doch auch. Rollkragenpullovertragende Dirigenten gehen vorbei, die Haare zurück gegeelt als wäre es 1966. Aber auch lustwandelnde, mit einem leichten Lächeln die tot sanierten Altbauten betreachtende Alt 68-ger. Natürlich in Regenkleidung, mit der Man die Anden überwinden kann. Das ist immer noch Deutschland hier.

Wir sitzen bei einem Italiener, das Menü 11,99€, mit Suppe, die garantiert immer eine andere ist als auf der Tageskarte und viel, sehr viel Fleisch. Mein Vater und zwei seiner Freunde. Klassische Alt-68er. Uli hat oder hatte Krebs. So genau weiß man das nicht, wir sind ja immer noch Männer, da ge-ziemt es sich nicht über Schwäche zu reden, selbst wahr genommene. Er ging zum Arzt und der sagte nur: „Was machen sie denn noch hier?“ Sie gaben ihm drei Monate. Das ist drei Jahre her.

„Boomer? Was ist das?“, fragt mein Vater. „Das seid ihr. Die Babybommer.“, sage ich. Die, die an der Macht sind. Die, die, sagen böse Rinderzungen in Aspik, verantwortlich sind für die Klimakatastrophe. Die Auto fahren, Fleisch essen und vor allem sich einen Scheiß um das Klima kümmern.

Wieso auch? Sie haben nicht mehr viel Zeit – dachte ich damals. Jetzt, ein halbes Jahr später, recherchiere ich nach und werde überrascht. Der „Generationenkonflikt“ im Klima ist ein Mythos.v Es stellt sich heraus: Niemand will die Apokalypse.

„Kommunistenursel!“, sagt Uli.

„Genau, deren Freund in die Luft geflogen ist.“

„Was?“, frage ich.

Uli kommt nah ran und spricht leise. „Naja, da war damals so ein RAF Ding. Der wollte irgendwas vom Staat sprengen und sprengte dann sich. Pech gehabt.“

Die Probleme, die man in den 1970ern hatte. Eine schöne Zeit. Das Gespräch fließt noch ein bisschen, dann sage ich: „Ich war bei der Letzten Generation. Das sind die, die Autobahnen blockieren.“

Stille. Alle sehen sich an.

„Aber Kommunistenursel, die geht immer noch wandern! Ist immer noch ziemlich schick, auf eine herbe Art““

Ich bin erstaunt. Zwei von drei fahren hier Auto. Alle essen Fleisch. Keiner hat den Satz: „Hast du gerade mein Gender angenommen?!“ je gehört. Alle sind klassische Alt-68er, ganz weit weg von der neuen, umweltorientierten Generation. Und trotzdem regen sie sich nicht auf. Sie erkennen offensichtlich, dass es mit der Umweltzerstörung, mit dem Verkehr so nicht weiter gehen kann. Gut, es kann sein, dass es sie nicht interessiert. Aber ich glaube, wenn der Widerstand er Boomer gebrochen ist, ist das Größte geschafft. Studien zeigen: 57 % der Deutschen wollen ein Tempolimit. Ich erinnere mich noch, dass Uli vor Jahren gegen Radfahrer ohne Licht wetterte, eine typische Hetze der Bild. Heute kein Wort mehr davon.

„Wusstet ihr, dass der Brunder von John F. Kennedy bei einer geheimen 2. Weltkriegsaktion abge-knallt wurde?“, frage ich. Männer. Krieg geht immer.

„Ja, aber von den Japanern.“, sagt mein Vater.

„Die Japsen, das waren aber noch welche von unseren!“, sagt Uli.

1-A Boomerlingo. Aber wenn wir mit dem Boomern das Klima wuppen, sollen sie meinetwegen ihre Spielwörter mitnehmen.

2.10. Ökoterroristen: Earth Liberation Front

"Die Entstehung einer Klima RAF muss verhindert werden", sagt Alexander Dobrindt, Häuptling-hef der Csu-Landtagsgruppe im Bundestag. Und alle tun so als wäre das normal. Wenigstens sagt er nicht, dass die Letzte Generation eine terroristische Vereinigung ist, aber er legt es nahe. Nehen wir doch mal in den Leitlinien der Letzten Generation nach:

Wenn man Terroristi werden will, ist eins ganz wichtig: man muss gewalttätig sein. Ulrika Meinhoff sagte „Die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch. Natürlich kann geschossen werden!" Das wird bei der Letzten Generation oder jedem, der sich auch nur entferntesten an den Kodex hält, ziemlich schwierig. Die Rote Armee Fraktion war für insgesamt 34 Morde , dutzende Mordversuche und hunderte Brandanschläge verantwortlich und einige rauben heute noch Banken aus, weil der CV zur Jobsuche wohl suboptimal ist. Das ist mit dem Aktionskonsens der Letzten Generation ungefähr so vereinbar wie Kommunismus mit dem der CSU. Wie kommt Alexander Dobrindt also auf seine Aussage? Abgesehen von den hoffentlich er-sichtlichsten Faktoren:

1. Eine Maß zu viel zum Frühstück getrunken

2. Wahlkampf für alte weiße Männer machen, die Angst haben, der Klimawandel könnte sie daran hindern ihren SUV besoffen im Naturschutzgebiet zu parken.

Der Vorwurf der Öko-Terroristen ist kein spontaner Gehirnröster von Dobrindt. Er ist über lange Jahre ins kollektive Bewusstsein eingepflanzt worden. Schon 2004 erschien der Roman Welt in Angst von Michael Crichton. Wer den Autor nicht kennt, er schreibt Bücher in denen die Titel sich in goldener Schrift vom Cover abheben. Oder in denen Tiere Menschen fressen, z.b Jurassic Park.

In Welt in Angst ist der Bösewicht die Environmental Liberation Front, Öko-Terroristen. Er bezieht sich damit ziemlich direkt auf die Earth Liberation Front (ELF). Die sind, was man historisch als am nächsten Öko-Terroristen herankommen bezeichnen könnte. Wie also sehen "Öko-Terroristen"

aus?

Dazu müssen wir einen Ausflug in die 90er machen. Für die jüngeren unter Ihnen: die 90er waren eine Zeit, deren Probleme rückblickend niedlich wirken. Im Fernsehen, so etwas wie ein großes schwerstmehrfachbehindertes Handy, lief Friends, eine Serie, in der nichts passierte und alle damit glücklich waren. Die Ärtze sangen „Hip Hip Hurra, alles ist super, alles ist wunderbar“, und der Möchtegernhistoriker Fancis Fukuyama bezeichnete das, was wir damals hatten als „Ende des Geschichte.“ Es war eine einfach Zeit mit einem Einfachen Leitmotiv: fun, fun, fun. Aber wer keine Probleme hat macht sich welche.

Die Earth Liberation Front wurde 1992 in Brighton Großbritannien gegründet, oder, wenn man ganz genau sein will, 1977 als Environmental Life Force in Santa Cruz, Kalifornien. Schon 1994, als die meisten damit beschäftigt waren Nirvana zu hören oder grässlichen Eurotrash, verbreitete sich die ELF über ganz Europa und die USA. Die Organisation hatte keine Führung, keine Hierarchie, keine Mitgliederlisten, keine Vereinsversammlungen, keine Wimpel, keinen Sprecher, sie war das Abbild der radikalanarchistischen Untergrundorganisation. Das einzige, was halbwegs niedlich an ihr war, war, dass sie sich als Elfen bezeichneten, weil man im englischen ELF wie "elf", Elfe, ausspricht.

Was tun also echte Öko-Terroristen? Erstmal die Schlösser von McDonald's Filialen mit Klebstoff verschließen. Als das nicht reichte McDonald's Filialen anzünden. Ebenso wie Luxusvillen, SUVs und auch den ein oder anderen Lift im Skigebiet. Vor allem aber zündeten sie leere Mastställe von Viehzuchtunternehmen an. Die ELF war gegen Zersiedlung, für Vegetarismus dafür, dass man mit der Erde nicht umgeht, als wäre sie der Restmülleimer einer 7er-WG. Allerdings waren viele ihrer Mitglieder auch Anarchioprimitivisten. Das ist ein kompliziertes Wort, das eigentlich nur bedeutet: zurück zur Natur. Das ist leider fast genauso beschränkt wie der inoffizielle CSU Slogan: Früher war alles besser.

Die ELF beging den Kardinalfehler für jeden der die Gesellschaft verändern will: Gewalt. Wohwohl die Unterscheidung hier schwammig ist: ist Gegenstände anzünden Gewalt? Aber nehmen wir an ja: Es dauerte nicht lange, nur bis zu den Anschlägen vom 11. September 2001, dann wurde die elf für das FBI „die einheimische Terroristengruppe Nummer 1". Das muss man sich mal auf der Zunge

zergehen lassen: einer Organisation, deren Mitglieder nur Sachschaden verursacht, die nie auch nur einen Menschen fast verletzt haben, wird als die größte Gefahr im Inneren für den mächtigsten Staat der Welt hochstilisiert. Nicht die Schulamokläufer, die auch damals schon alle paar Wochen ein Massaker veranstalteten, keine Rassisten wieder Ku-Klux-Klan, die mit Fackeln durch die Nacht geistern und Menschen mit andererHautfarbe umbringen, nein, Menschen die sich gewaltlos für die Natur einsetzen. Es gab in den paranoiden Kommunistenjagten der 1950er in den USA den Begriff

„red scare“, „die rote Angstmacherei“. Jeder, der damals auch nur daran dachte, dass minimale soziale Errungenschaften wie z.b Arbeitnehmerrechte ganz schickiwären, wurde als sowjetischer Spion gebrandmarkt und eingeknastet. Die ELF warnte jetzt vor dem "greens care", der grünen Angstmacherei. In der Recherche „Burn Wild“ beichtet einer der damaligen Hauptverfolger, ein Staatsanwalt ein, das die Vehemenz, mit der Mitglieder der ELF verfolgt wurden, aus heutiger Sicht absurd an-mutet. Und das ist erst die heutige Sicht. In 10,50 oder 100 Jahren wird sich diese Perspektive noch einmal komplett wandeln, so wie Sie sich es sich auch bei den ersten Frauenrechtlern, Schwulen-rechtlern oder Demokraten getan hat. Was zum Beipsiel, wäre eine angemessene Strafe, für jemanden, der ein Autohaus anzündet? Ein Jahr auf Bewährung? Drei Jahre Gefängnis? Jeffrey Lewis bekam Urteil über 22 Jahre Gefängnis, weil er der ELF angehörte. Das wurde zwar in der Revision auf 10 Jahre verkürzt, aber auch das ist noch eine durch nichts zu rechtfertigen Strafe für Sachbeschädigung. Ein Mitglied der ELF, mit dem wirklichen Namen Josephine Sunshine Overaker, wurde bis heute nicht gefasst. Noch immer steht sie als meistgesuchte Person auf den Listen des FBI. Und solange das so bleibt, werden Menschen mit einem zumindest schwer beschädigten moralischen Kompass wie Alexander Dobrindt die Letzte Generation mit Terroristen vergleichen. Die 90er-Jahre hatten ihre Gegner gefunden. Zumindest so lange, bis wirklich Terroristen in die Twin Towers flogen und man 10, 20 Jahre richtig schön den Islam hassen konnte.

Was sagt denn jemand, der sich auskennt, zur ELF und zur Letzten Generation? Z.b der Vorsitzende der größten Organisation der Welt, der Vereinten Nationen, António Manuel de Oliveira Guterres?"

„Klimaaktivisten werden immer als gefährliche radikale dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen radikalen sind die Länder die immer noch die Produktion von fossilen Energien hochtreiben." Falls irgendwer wie der Alexander das immer noch nicht versteht hier, noch einmal in einer Sprache, die passionierte alte weiße Männer verstehen: "Wir sind auf einem Highway to Climate hell ". Wer die wirklichen Terroristen sind, weiß Guterres auch. Als eine Gruppe um AfD-Politikerin und Ex-Richterin Birgit Malsack-Winkemann einen Umsturz plante sagte Guterres: „Es hat sich gezeigt, dass heutzutage die größte terroristische Gefahr in westlichen Nationen von extremen Rechten ausgeht, von Neonazis und jenen, die an der über an die Überlegenheit von weißen glauben". Guterres streitet also nicht ab, das ist Terrorismus gibt, sondern nur, dass Umweltaktivisten Terroristen sind. Was er auch so klar sieht wie kein CSU-Politiker, ist, dass der Klimawandel die Gefahr für wirklichen Terrorismus steigen lässt. „Der Klimawandel ist nicht der Grund aller Übel, aber er hat einen multi-plizierenden Effekt und ist ein verschnellernter Faktor für Instabilität, Konflikt und Terrorismus."

Schon heute beutet Daesh, oder Isis in Syrien Wasservorkommen aus, Al Shabab in Somalia ebenfalls, eine Studie wie es auf den Zusammenhang zwischen ausfallenden ernten und dem arabischen Frühling hin, aus dem einige Länder wie Tunesien demokratischer Vorgänger, andere, wie Syrien, bis heute in den Krieg gestürzt wurden.vi

Wenn jemand also die, die etwas dagegen tun wollen, dass es mehr Gründe für Terroristen gibt, als Terroristen bezeichnet, ist der dann nicht selbst, wenn schon kein Terrorist, dann zumindest entweder verboten inkompetent oder böswillig? Frage für einen bayerischen Freund.

4. 10: Lars und die Zivilisation

Natürlich erstickt der Rechner wie immer an Zoom, das Handy macht den Stream, wie das Kind, dass genervt der unfähigen Mutter Rechner das Handy aus der Hand reißt. Ich bin zwei Minuten zu spät, aber hier ist es nicht wie bei Parteien, wo die ersten paar Minuten allen öffentlich dabei zuge-schaut werden kann, wie sie versuchen ihre Charakterfassade aufzubauen. Hier geht es schon los, ich platze mitten in die Vorstellung. Die Fragen, die ich nicht gehört habe, werden beantwortet: „Ich bin Frank auf Kempen. Mir geht es gut. Ich habe euch bei der Vorstellung hier gesehen. Fragen habe ich erst Mal keine.“ Frank klingt, als hätte er früher gestottert, es sich aber abgewöhnt. Fast. Er sitzt in einem holzverkleideten Raum mit einem Dachfenster, das viel zu groß für die Löcher von Wohnungen in den Städten ist. Mitte dreißig, kurze ordentliche Haare, er könnte dein Informatiker sein, doch er ist dein Autobahnblockierer. Die anderen: glückliche Studenten, natürlich aus Leipzig.

Der Stadtin der man noch ein bisschen Pause vom Kapitalismus hat, wo aber schon jetzt „Schwaben geht zurück nach Berlin“ ein Schlachtruf ist. Eine Familie aus Freiburg vor einem Wandteppich. Ein Zausel in einem Co-Working-Space. Und natürlich Lars, der Leiter. Lange Haare zum Zopf, große, dünnrandige Sozilologenbrille, Zähne, um die ihn Christian Lindner mit seinen schlecht sitzenden Veneers beneiden würde.

„Danke, dass ihr hier seid. So viele Menschen aus ganz Deutschland.“, sagt er mit einer Stimme, mit der er auch Kindermärchen oder Softpornos vorlesen könnte, „Ich erzähle jetzt ein wenig, wie es läuft, dann könnt ihr Fragen stellen. Ist das ok für euch?“ Viele stumme Daumen hoch, Lars grinst. Es sind ungefähr 30 Menschen im Chat, die verstehen, dass man sein Mikrofon stumm stellen muss. Auch das ist ein Unterschied zu Parteien, da sind es meist acht und der Ton klingt wegen all der offenen Mikros, als würde der RE nach Waren/Müritz im Zimmer einfahren.

„Ihr seid die Bienen. Jeder von euch hat eine Bienenkönigin. Die teilt euch an dem Tag mit wo wir uns treffen. Das wann steht schon vorher fest. Meist früh morgens, zum Berufsverkehr. Es wird irgendwo in Berlin sein. Seid alleine unterwegs oder zu zweit. Sehr so aus, als würdet ihr zur Arbeit gehen, oder mit dem Rucksack irgendwo hin. Die Polizei ist schon da und hält Ausschau.“, Lars pausiert kurz, „Für mich ist das immer die stressigste Phase, wie vor dem Fußballspiel in der Kabine. Es kann sein, dass die Polizei euch erwischt. Das ist aber nicht schlimm. Dann versuchen wie es später nochmal oder morgen. Wir machen die ganze Woche Aktionen. Auf der Straße ist es egal, ob die Polizei da ist oder nicht. Wir setzen und dann einfach hin. Einige halten Plakate. Dann lassen wir, was kommt, über uns ergehen. Gewaltfrei. Das ist ganz wichtig. Ja und dann, dann kommt die Polizei und wenn es gut läuft, dann erteilen Sie einen Platzverweis und lassen euch gehen. Wir“, und er benutzt dieses Wort, als ginge es um eine Gartenparty, „laden euch dazu ein, euch gleich nochmal auf die Straße zu setzen. Dann nimmt die Polizei euch fest. Wehrt euch nicht. Zeigt eure Ausweise. Es geht dann in die GESA. Da kann es ein bisschen ungemütlich werden. Der Ton ist ruppig. Die Zelle ziemlich reizarm. Ich nehme immer ein Buch mit und frage, ob ich es bekommen kann. Manche geben es früher, manche später. Nach ein paar Stunden bis spätestens zum Ende des Folgetages seid ihr wieder draußen. Da wartet dann das Supportteam mit Essen und einem heißen oder kalten Getränk. Dann könnt ihr euch mit uns austauschen oder nach Hause gehen.“

Es klingt so einfach. Wie ein Studentenstreich, ein bisschen chillaxen im Bunker, dann Party. Aber es ist ziviler Widerstand, wie Lars betont. Er benutzt sogar das Wort „bürgerlich“ und das Wort

„Pflicht“. Der Student aus Leipzig fragt:

„Mit geht das Konzept nicht ganz auf. Wenn die Regierung auf eure Forderungen eingeht, woher wissen die dann, dass ihr nicht einfach weiter blockiert? Dann hätten sie keinen Grund nachzuge-ben?“

„Das stimmt. Aber so haben alle sozialen Bewegungen angefangen. Wir haben klare Ziele: 9 € -Ticket und Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h auf den Autobahnen. Das reicht zwar nicht.

Aber wir werden das mitverfolgen und dann, wenn die Bemühungen ernsthaft öffentlich signalisiert werden, die Blockaden aufheben.“

Ich frage mich, was passiert, wenn Nazis das gleiche tun, sagen wir, gegen Drecksausländer, außer Ali, den Dönermann, der ok ist, weil sie ihn kennen und ihr stumpfer In-Group-Bias da nicht wirkt.

Dann sollte die Regierung auch nicht nachgeben. Der Unterschied ist, dass bei der Letzten Generation, bei der Klimakatastrophe eine Mehrheit der BürgerInnen für die Maßnahmen ist. Bei dem 9€/Ticket sind es 76%.vii Es geht hier nicht um eine Minderheit, die die Mehrheit zwingt. Sondern um die Mehrheit, die eine undemokratische Politik, die die Mehrheit ignoriert, zwingt.

„Bringt euer Protest was? Medial und in der Politik?“

Ich muss an ein Interview mit Renate Künast denken. Sie verlor die Wahl zur Berliner Bürgermeisterin wegen des Veggie Days, einer idiotischen neoliberalen Logik, in der das Individuum durch seine Konsumentscheidungen strukturelle Probleme lösen soll. Doch was sich keiner zu sagen traute: Viele hassen sie einfach wegen ihrer säuerlichen Fresse. Sie ist das Abbild einer grünen Meckerzi-cke. Aber sie wäre die richtige Bürgermeisterin gewesen. Sie ist eine der wenigen Grünen, die konsequent und radikal für Klimaschutz kämpft. Auf die Frage, ob die den Protest oder die Auswirkungen im Parlament mitbekommt, rotzt sie ein „nö“ hin. Wie die Frau es geschafft hat mit dieser kon-sequenten Angekotztheit in der der Politik zu bleiben ist eins der schönsten Rätsel der Grünen. „Es ist frustrierend. Selbst als Parlamentarier kann man da nicht einfach rein gehen und sagen so, heute beschäftigen wir uns mit Klimaschutz.“ Sie sagt nicht einmal, dass sie Klimaschutz will, obwohl es so ist. Kein Wählergeschleime. No fucks given. Wunderbar.

„Wir blockieren seit Februar“, sagt Lars, „das ist jetzt ein bisschen über ein halbes Jahr. Es gab insgesamt 5000 Medienberichte über uns. Und die werden immer besser. Nach dem Hungerstreik haben wir mit Politikern geredet, auch Olaf Scholz. Aber die dachten, sie können uns, weil wir zu wenig Macht haben ignorieren. Das ändert sich jetzt.“ Bei allem ist Lars sehr ruhig, fast Zen. Er hat die Aura eines Sozialarbeiters, immer ein leichtes Lächeln, aber antwortet bestimmt und klar. Fast könnte man meinen, er sei ein bisschen out there, ein wenig verblendet. Wie Sektenmitglieder.

„Wie ist das im Gefängnis?“

„Ja, das ist schon unangenehm. Es kann sein, dass ihr euch kurz ausziehen müsst, die Hose runter.2

Manchmal muss man 10 Minuten klingeln, bis man pinkeln kann. Aber es bringt nichts, sich aufzu-regen. Einfach zivil bleiben.“

Die Letzte Generation ist keine Sekte und Lars kein Verblendeter. Aber was den hyperzynischen, hedonistieschen, ultra- vereinzelten Menschen, die wir alle geworden sind, suspekt ist, ist, dass er ein größeres Ziel hat. Eins, dessen er sich sicher ist. Wir haben verlernt, das in anderem als Religion zu denken.

„Gab es Gewalt? Seitens der Autofahrer oder Polizei?“

„Es gibt schon welche von den Autofahrern, die kommen nach vorne. Die müssen ja auch wohin.

Die wollen dann diskutieren, die werden auch laut. Aber das hält sich oft in Grenzen. Wir haben jetzt hunderte Aktionen gemacht und es ist fast nie etwas passiert.“

Ich muss an den Clip denken, wo ein Mercedesfahrer, Gesicht verpixelt, aber man sieht den Alten Weißen Mann, durch eine Blockade fährt. Nicht schnell und spektakulär, wie beim Charlottsville Massaker in den USA, als ein Rechter in Linke fuhr. Nein, schön deutsch, langsam, aber bestimmt.

2

Was illegal ist. Aber wer kontrolliert schon die Polizei, lol.

Die Demonstrantin liegt auf seiner Motorhaube. Er bremst, fährt wieder an, fährt eine Kurve, bis sie wie eine lästige Fleischwurst runterfällt. Er setzt sein Recht durch, das des Stärkeren. Das sah die Staatsanwaltschaft anders und verurteilte ihn wegen Nötigung. „Versuchter Totschlag“ hatte sie wohl vergessen, für einen Mann, der in Kauf nahm, jemanden zu überfahren.

„Einmal ist es passiert, dass ein Autofahrer einer Person“, er benutzt vorbildlich die genderneutrale Version, „von uns ins Gesicht geschlagen hat. Das war noch nicht einmal eine blockierende Person, sondern Support.“ Nach kurzem Zögern fügt er hinzu: „Der wusste sich nicht anders zu helfen.“ Ich muss schlucken. Die Art von Verständnis kenne ich aus politischen Kreisen kaum. Das ist knallharter Sozialarbeiterslang, oder wie es die Kiddies an der Ecke nennen würden: Opferscheiße. Aber es stimmt. Natürlich ist Gewalt die Sprache derjenigen, die keine Worte mehr haben. Man sieht, was Lars vermittelt: Es geht hier um alle. Wir sind kurz die Bösen, aber das ist ok. Wir sind gegen niemanden, außer die Politiker an der Macht. Er benutzt dazu noch ein unerhörtes Wort:

„Die Polizisten sind meist nicht sehr freundlich, wenn sie kommen, aber das beruhigt sich schnell.