Unter Tieren und Menschen -  - E-Book

Unter Tieren und Menschen E-Book

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Beschreibung

Seit mehr als 100 Jahren finden die Märchen und Tiergeschichten von Manfred Kyber immer wieder eine breite Leserschaft und begeistern Jung und Alt. Manfred Kyber war ein Kämpfer des Geistigen und ein Tierschützer der ersten Stunde. Wie kein anderer verstand es Kyber seine Kritik an einer der Natur und allem Jenseitigen völlig entfremdeten Menschheit in humorvolle und kindgerechte Geschichten, die etwas Märchenhaftes haben, zu verpacken. In diesem Buch finden Sie eine Auswahl der schönsten Tiergeschichten und Märchen Kybers; zum ersten Mal umfangreich und liebevoll illustriert.

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für Ava, Ida und Leve

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Es gibt irdische Wahrheiten und himmlische Wahrheiten. Die irdischen werden uns von der Wissenschaft gebracht. Die himmlischen steigen an den Strahlen der Sterne zu uns nieder.

Die himmlische Wahrheit kam zu den Menschen, wurde aber von ihnen fortgewiesen; man wollte sie nicht.

Trauernd kehrte sie zu Gott zurück und klagte, daß man ihr keine bleibende Stätte gewähre, ja sie nicht einmal einlasse.

Gott tröstete sie und sprach: Versuche es noch einmal, wähle dir einen Dichter aus und lass dich von ihm in das Gewand des Märchens kleiden, dann wird man dir Einlaß gewähren.

Die Wahrheit tat, wie ihr geheißen, sie ging sich einen Dichter suchen.

Als sie ihn gefunden und er sie, ins Märchengewand gehüllt, von neuem zu den Menschen sandte, wurde sie freudig aufgenommen; schien sie ihnen doch nur ein harmloses Märchen zu sein!

Karl May, 1912

Inhaltsverzeichnis

Der kleine Wurzelprofessor

Die geborgte Krone

Der Oberaffe

Der Drache mit dem Kaffeekrug

Heldentum

Der K. d. R.

Freundschaft

Das Tagewerk vor Sonnenaufgang

Herr Minutius im Gehäus

Märchenglück

Über Manfred Kyber

Der kleine Wurzelprofessor

Es war einmal ein kleiner Wurzelprofessor, der saß im Walde und war ganz aus Wurzeln. Der Körper, die Arme und Beine waren Wurzeln und auch der Kopf. Der kleine Wurzelprofessor war nur ein unendlich kleines Stückchen eines großen hohen Baumes, dessen Gipfel er nie gesehen – und den er leugnete. Die Vögel, die obenauf dem Gipfel des Baumes ihre Nester bauten, setzten sich dem kleinen Wurzelprofessor oft gerade auf die Nase und sangen ihm die herrlichsten Lieder vor vom Gipfel des großen hohen Baumes, von dem er selber ja doch nur ein unendlich kleines Stückchen war. Aber der kleine Wurzelprofessor glaubte es auch dann nicht, wenn sie's ihm in beide Ohren gleichzeitig hineinschrien.

Auch ein Eichhörnchen, das in beruflichen Angelegenheiten täglich am Stamm des Baumes hinauflief, hatte dem kleinen Wurzelprofessor von all den Wundern erzählt, die es oben zu sehen gab.

»Es sind Wunder über Wunder«, sagte das Eichhörnchen, »und über allem ist der Himmel.« – »Das alles gibt es ja gar nicht«, sagte der kleine Wurzelprofessor, »denn, wie soll es etwas geben, was ich nicht beleuchtet habe?«

Der kleine Wurzelprofessor konnte nämlich leuchten und ich will auch erzählen, wie es gekommen war, daß er so leuchten konnte.

Weil er doch festgewachsen war und gar nicht vom Fleck konnte, so hatte er nichts weiter getan, als bloß immer gedacht. Und so viel hatte er gedacht, daß er allmählich einen ganz verfaulten Kopf bekommen hatte. Nun war doch der Kopf aus Holz und jeder weiß, daß faules Holz im Finstern leuchtet. So leuchtete auch der Kopf des kleinen Wurzelprofessors – und seitdem war er sehr froh!

Nur durfte es sonst nicht zu hell sein und der Mond durfte nicht scheinen, den er nicht kannte – und den er leugnete. Am Anfang war es ja noch nicht so besonders bedeutend, aber im Laufe der Jahre leuchtete er doch schon so sehr, daß bei seinem Schein die Regenwürmer ganz bequem ihren Weg finden und die Hamster ihre Einnahmen aufschreiben konnten. Aber natürlich musste es – damit der kleine Wurzelprofessor wirklich leuchtete – immer schon sehr dunkel sein.

So saß der kleine Wurzelprofessor auch in einer stillen Nacht wie immer da und dachte und leuchtete so vor sich hin.

Die Nacht war aber keine gewöhnliche Nacht. Denn am Himmel stand der Stern der Liebe. Die Nacht war keine gewöhnliche Nacht. Denn ein Dichter führte seine Liebste heim in den Märchenwald, der seine Heimat war. Und als er mitten im tiefsten Märchenwald angekommen war, wo die sieben silbernen Quellen sind, da küsste er seine Liebste auf den Mund und setzte ihr eine seltsame Krone auf den Scheitel.

Das war eine von den Kronen, die es auf der ganzen Erde nicht gibt und die nur ein Dichter seiner Liebsten ins Haar flechten kann.

Der Stern der Liebe an Gottes Himmel aber schien auf Beide nieder und sein Licht verfing sich in der Krone auf des Mädchens Scheitel. Da flammte die Krone auf in tausend wunderbaren Farben, die schöner waren als alle Farben der Erde. Denn das Mädchen war des Dichters Liebste und es war die Krone der Unsterblichkeit, die es trug.

Die geborgte Krone

Es war einmal ein Igel, der hatte seine Wohnung in einem hohlen Baumstamm an einem grünen Tümpel und hieß Schnäuzchen Piekenknäul. Es war ein schöner Sommermorgen und Schnäuzchen Piekenknäul saß vor seiner Behausung, trank seinen Eichelkaffee und las die Wald- und Wiesenzeitung. Im Tümpel plätscherte ein kleiner grüner Frosch mit Namen Benjamin Quellauge und quakte.

»Quake nicht so laut, « sagte Schnäuzchen Piekenknäul, »es stört mich beim Lesen. «

Und dabei wippte er voller Ärger mit seinen Moospantoffeln.

Der Frosch Benjamin Quellauge machte den Mund noch einmal soweit auf und quakte noch lauter. Dabei spritzte er mit der nassen Hand Wasser in die große Kaffeetasse von Schnäuzchen Piekenknäul.

»Mach, daß du fortkommst, du grüner Lümmel, « fauchte Schnäuzchen Piekenknäul, »ich werde einen Moospantoffel nach dir werfen, daß er gerade in deinen großen Mund fliegt.« »Ich bin kein grüner Lümmel,« sagte Benjamin Quellauge, »ich bin ein Frosch. «

»Das ist auch was Rechtes, « knurrte Schnäuzchen Piekenknäul.

Das durfte Schnäuzchen Piekenknäul natürlich nicht sagen, auch wenn man ihm Wasser in den Kaffee gespritzt hatte, denn ein Frosch ist, wie jeder weiß, eine sehr achtbare Person. »Ich bin auch gar kein gewöhnlicher Frosch, « sagte Benjamin Quellauge, »ich bin ein gekrönter Frosch, und das ist mehr als ein dicker Igel, der bloß Zeitung lesen und Kaffee trinken kann. «

Das hätte nun wieder Benjamin Quellauge nicht sagen dürfen.

»In der Zeitung steht, daß Frösche quaken. Es steht nicht drin, daß sie Kronen tragen, « sagte Schnäuzchen Piekenknäul, denn Schnäuzchen Piekenknäul glaubte nur das, was in der Wald- und Wiesenzeitung stand, und so machen es viele Leute.

»Wo ist denn deine Krone - hä, hä? « sagte Schnäuzchen Piekenknäul und trank Kaffee.

»Meine Krone ist eine heimliche Krone, man sieht sie nicht alle Tage,« sagte Benjamin Quellauge, »und dumme Leute, die bloß glauben, was in der Wald- und Wiesenzeitung steht, sehn sie überhaupt nicht. «

»Es gibt keine heimlichen Kronen, denn davon steht nichts in der Zeitung.« sagte Schnäuzchen Piekenknäul, »es gibt nur Kronen, die man sieht, und das steht dann auch in der Zeitung. «

»Du wirst schon sehen, daß ich einmal eine Krone trage und daß es in der Zeitung steht« sagte Benjamin Quellauge und schwamm davon. Denn dieses Gespräch hatte ihn sehr aufgeregt und geärgert, wie jeder begreifen wird, der weiß, daß ein Frosch eine sehr achtbare Person ist und sich nicht solche herablassenden Dinge sagen läßt von jemand, der bloß Zeitung lesen und Kaffee trinken kann.

Aber wenn auch Benjamin Quellauge, wie alle Frösche, eine sehr achtbare Person war - eine Krone hatte er darum doch nicht, denn Kronen tragen lange nicht alle Frösche und es ist mit den heimlichen Kronen überhaupt eine seltsame Sache. Es gibt schon heimliche Kronen in der Welt und gar nicht so wenige, aber es tragen sie nur die, welche gut zu den Tieren und Blumen sind und die verstehen, in Gottes Schöpfung zu lesen – und das sind leider nur wenige, und so gibt es noch viele heimliche Kronen, die irgendwo liegen und nur darauf warten, daß sie jemand findet, der sie tragen darf.

Es ist etwas sehr Schönes und Großes um solch eine heimliche Krone, aber die anderen sehn sie meist gar nicht, und am wenigsten die, welche nur immer die Wald- und Wiesenzeitung lesen und Kaffee dazu trinken.