Unterhaltung mit dem Universum - Katja Schöneberndt - E-Book

Unterhaltung mit dem Universum E-Book

Katja Schöneberndt

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Beschreibung

Dieses Buch beschreibt eine spirituelle, sich selbst nicht allzu ernst genommene Berg- und Talfahrt durch die Gefühle des menschlichen Ozeans. Ein Ritt auf der Welle des Lebens, wo die Natur immer stärker ist als der Verstand, jeder Spülgang an den Strand eine Lehre bereithält und es sich nach jedem Sturm vorerst weiterpaddeln lässt. Dieses Buch ist eine Dokumentation über das Leben der Autorin in Zeiten von Corona, in denen sich Liebeskummer und die Gründung eines neuen Unternehmens die Klinke in die Hand reichen. Es ist eine Aufzeichnung emotionaler Prozesse im spirituellen Kontext mit vielen Erkenntnissen über die Natur und die Weisheit des Yoga. Es ist ein persönlicher Weg aus dem Schatten zurück ins Licht. Es ist das Tagebuch einer Selbstheilung. Es ist die Beschreibung einer alten spirituellen Weisheit in purer herzlicher, dramatischer, praktischer Anwendung. Völlig authentisch und in heilenden Sarkasmus verpackt. Es ist eine Reise ins Herz und die Entstehung eines Yoga- und Natur-Seminarzentrums - die Geburt einer Vision, die ihre Kraft aus dem Mangel zog

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Über die Autorin

Katja Schöneberndt ist die Gründerin von Sitaram Nordfriesland. Einem Yoga- und Natur-Seminarzentrum in Schleswig-Holstein. Der Yogaraum Westerland auf der Insel Sylt geht Sitaram als kleiner Bruder voraus. Katja entschied sich 2019 für den hauptberuflichen Einstieg in die Selbstständigkeit, um die Menschen mit Yoga und der Bewusstseinspraxis zu sich selbst zurückzubegleiten. Yoga war für Katja schon immer eine Selbsttherapie, weshalb sich ihre eigene Praxis stetig weiterentwickelt. Sie gibt als Lehrerin das weiter, was sie durch Yoga und im Auftrag des Lebens selbst erfahren durfte. Katjas Sensibilität und Empathie machen sie zu einer einfühlsamen Lehrerin, die sich selbst immer wieder authentisch den emotionalen Herausforderungen des Lebens stellen muss. Katja verfolgt sowohl die körperliche Qualität des Yoga als auch die Tiefe von Meditation und die musikalische Kraft des Bhakti-Yoga. Die Musik ist ein fester Bestandteil in ihrer täglichen Praxis. Der Weg führt sie mehr und mehr in die Yoga-Philosophie und ihre psychologische Bedeutung im Kontext therapeutischer Arbeit. 2023 beginnt ihre Ausbildung zur Yoga-Psycho-Therapeutin.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Teil 1: Der Beginn meiner Reise

— 2015 —

— 2016 —

— August 2017 —

— 2019 —

Teil 2: Hier und Jetzt

— Januar 2022 —

— Februar 2022 —

— März 2022 —

— April 2022 —

Gesundheit

Natur

Bewusstsein

— Mai 2022 —

In der Leere liegt die Fülle

— Juni 2022 —

Essenz

— Juli 2022 —

— August 2022 —

— Oktober 2022 —

— November 2022 —

Danksagung

Anhang

Literaturverzeichnis

Vorwort

Ich gebe dir einen Tipp. Frage das Universum niemals nach Hilfe, wenn du es gemütlich, gewohnt langweilig, unaufgeregt, vermeintlich sicher und stabil magst. Frage nur, wenn du bereit bist, einmal komplett durchgerüttelt zu werden. Wenn du für eine emotionale Bergund Talfahrt bereit bist und ausreichend Geduld mitbringst, die nächsten Monate oder sagen wir eher Jahre damit zu verbringen, dein zerpflücktes Ich wieder neu zusammenzusammeln.

Hättest du mich damals gefragt, ob ich dafür bereit sei, hätte ich definitiv mit »Nein« geantwortet. Aber zum Glück wusste ich vorher nicht, was mich erwartet, und alle weisen Ratschläge jener, die es bereits durchgemacht haben, wurden gekonnt überhört. Wie war das? Der Mensch muss seine eigenen Erfahrungen machen. Was der Mensch nicht sieht und nicht fühlt, glaubt er sowieso nicht. So klug sind wir, um nicht auf die weisen Menschen unserer Vergangenheit zu hören. Und mit dieser Aussage schwanke ich zwischen Sarkasmus und Dankbarkeit.

Ich habe die Unterhaltung mit dem Universum jedenfalls begonnen, bin aktuell völlig in Einzelteile zerlegt und kenne die Antworten auf meine unzähligen Fragen noch nicht. Aber hey … Ich schreibe ein Buch. Muss wohl irgendetwas zu bedeuten haben – wie so alles, was ich gerade durchmache. Jedenfalls ist das vorläufig die Antwort auf meine Fragen, die ich vom Kosmos bisher nicht beantwortet bekomme. Das Universum antwortet erst zum Schluss.

Ich überlege gerade, wo diese universelle Unterhaltung begonnen hat und somit auch mein Buch seinen Anfang finden soll. War es schon während meiner langjährigen Festanstellung in Hamburg? Oder erst während meines Sabbatical-Jahres in Mittelamerika 2016? Oder auf Sylt, als ich schlussendlich nach 35 Jahren meinen Wohnort weiter nördlich versetzte? Gab es diese Unterhaltung vielleicht schon mein Leben lang, nur hatte ich bis dato einfach keine Frage gestellt und wurde zum Mitläufer?

Wahrscheinlich wird es irgendwie so gewesen sein. Für viele Jahre hat es sich zum Glück nicht falsch angefühlt, weshalb ich stark annehme, dass ich zur Horde der frommen Schäfchen gezählt habe, sehr gehorsam dem Mainstream gefolgt bin und gleichzeitig dabei noch recht glücklich war. Ich kann also im ersten Drittel meines Lebens keine allzu großen Sonderlichkeiten an mir feststellen, außer eventuell diese in regelmäßig wiederkehrenden Abständen, sich an die Oberfläche drängenden Anfälle von Rebellion, die laut Pädagogen ein bockiges Kind und später ein pubertierender Teenager ebenso haben. Im Großen und Ganzen war ich aber sehr zufrieden mit meinem Leben und der um mich herum existierenden Sicherheit an sehr normalen und gewohnten Strukturen.

Bloß… was ist dann passiert? Den Schuldigen zu suchen, ergibt keinen Sinn. Irgendwann und irgendwo muss ich vom geraden Weg abgebogen sein. Auf irgendeiner Weggabelung habe ich die Hauptstraße verlassen. Es muss so gewesen sein, denn aktuell fühle ich mich total verloren und irre herum, um wieder auf die richtige Spur zu finden. Merkwürdigerweise treffe ich so einige Menschen in meinem Umfeld, die eine ähnliche Diagnose teilen: Orientierungslosigkeit. Kennen die alle den Weg nicht?, frage ich mich. Wie können plötzlich so viele Menschen suchend sein?

Ich bin zum Schluss gekommen: Das muss am Alter liegen. Plötzlich werden wir dreißig und fragen nach dem Sinn des Lebens. Großer Fehler, wenn man sich in milden Gefilden und der geliebten Komfortzone wohlfühlt. Jedenfalls scheint die Wende ins zweite Drittel des Lebens für viele der Moment zu sein, wo das erste Mal nach dem Wegweiser Ausschau gehalten und an der Tür des Universums geklopft wird. Das Universum fragt man aber nicht mal einfach so und schon hat man die Antwort. Das Universum scheint mächtig Freude daran zu haben, dich auf eine Art Schnitzeljagd zu schicken.

»Herzlichen Glückwunsch. Sie haben die Reise gewonnen. Folgen Sie der Spur. Der Spur ihres Herzens. An jeder Kreuzung wartet eine Aufgabe. Erkennen Sie die Antwort und Sie werden weitergeführt.«

Na, wer hat Lust auf Schnitzeljagd? Ich habe sie als Kind geliebt, aber ich denke, man hätte mich ruhig vor der Ü-18-Version warnen können.

Teil 1: Der Beginn meiner Reise

— 2015 —

Also, wo beginne ich? Wo hat meine Schnitzeljagd begonnen? Ich glaube, es war 2015. Das Jahr, als ich mir für meinen damaligen Arbeitgeber den Hintern aufgerissen habe und meine Nächte und Nerven für den wundervollsten Sportverein der ganzen Welt geopfert habe. Für einen Chef, der mir meine spirituelle Reise, heute – 6 Jahre später –, so übel nimmt, dass ich in meiner tränenreichen Wut denke: Hätte ich ihm damals bloß die Show versaut! Show im wahrsten Sinne des Wortes. Es war mein größtes Projekt zum Zeitpunkt X. Eine Sportvereins-Jubiläumsgala, die ich mit meinem damaligen Kollegen Marc gemeinsam auf die Beine stellen durfte. Ich erwähne Marcs Namen hier nur, da er nicht direkt, aber wohl niederschwellig eine Bedeutung für mich und meine Reise hat, und ich möchte, dass er das weiß, sollte er dieses Buch lesen. Nachdem er mein Herz nicht nur als Kollege erobert hatte, ist Marc kurze Zeit später als große Enttäuschung wieder aus meinem Leben verschwunden. Diese schmerzhafte Tatsache – in Verbindung mit den vielen schönen leidenschaftlichen Monaten, die wir vorab gemeinsam an der größten Show der Vereinsgeschichte geteilt haben –, ist ein Grund für meine zentrale Frage nach dem Sinn der Verluste. Während wir in einigen schlaflosen Nächten die Show vorbereiteten, beschäftigte ich mich damals tagsüber mit zahlreichen frustrierten Vereinsmitgliedern, die mir das Leben nicht leichter machten. Ich hatte mich parallel dem Projekt einer Vereins-Umstrukturierung mit vielen einhergehenden Veränderungen gewidmet. Schon damals hoch motiviert, alles besser machen zu wollen, ohne eine kleinste Ahnung zu haben, welchen Weltuntergang ich damit in menschlichen Ego-Strukturen auslöse. Im Rahmen des Vereinsjubiläums war es unser Plan, die verstaubten Turnvater-Jahn-Abteilungsstrukturen in einen modernen Freizeitsport zu verwandeln.

Ich glaube, hier habe ich ihn gefunden. Den Moment, in dem ich mich gefragt habe, warum ich mich freiwillig in den Raubtierkäfig werfe. Zwei Beschwerdemails pro Tag waren okay, aber mehr als einhundert in der Woche schafften nicht gerade Motivation, weiterhin das Gute zu bewirken, wenn scheinbar jeder an dem Schlechten festhalten wollte. Einige der ungebremsten Wutausbrüche verzweifelter Turnbrüder trafen direkt meinen Intimbereich unterhalb der Gürtellinie. Ich wurde viele Wochen Zielscheibe von in Frust verpackten Ängsten und Sorgen um die gewohnten sportlichen Gewohnheiten. In Deutschland haben wir definitiv kein Zeitproblem. Ich bin heute noch beeindruckt, wie viel Mühe sich die Verfasser teilweise in ihren ausschweifenden Beleidigungen gegeben haben. Ich danke jedem einzelnen Autor, da ich heute verstanden habe, wie wichtig achtsam gewählte Worte sind und was das Gegenteil in einer menschlichen Seele auslöst.

Was bitte in der Welt hat den Menschen so sehr zum Gewohnheitstier werden lassen? Mit aller Kraft festhalten. Egal wie kontraproduktiv es für ein Miteinander sein kann. Egal wie sehr es unglücklich macht. Hauptsache, es ist gewohnt, langweilig und keine Veränderung, die im schlimmsten Fall auch noch positiv sein könnte. Sorry, liebe Leser, aber meine Ironie ist das, was mir schon immer dabei geholfen hat, den Kopf nicht in den Sand zu stecken.

Die intensiven Arbeitswochen, ein bisschen Herzschmerzdrama und zwei erste begleitende Hörstürze als deutliches Anzeichen, dass ich in einem Workaholic-Modus gelandet war, ließen mich über Flucht nachdenken.

Bisher habe ich jedes Mal den Koffer gepackt, wenn es mir im Alltagsstrudel zu bunt wurde. Es war also naheliegend, dass ich auch dieses Mal Urlaubspläne schmiedete. Ich war bereit. Für eine Reise, die alles verändern durfte. Im wahrhaftigen und übertragenden Sinne.

Wir haben ihn also gefunden – den Beginn meiner Suche nach dem großen Sinn. Zu diesem Zeitpunkt muss ich zum ersten Mal laut gefragt haben. In einem der Erschöpfungsmomente voller überladener Emotionen, in einem Mix aus Erfolgs-Euphorie und Sinnes-Leere.

Auch wenn das Universum nicht in Wort und Klang mit mir spricht, kam der Auftrag für die Reise von oben. Das fühlte ich. Fragt mich aber nicht, wieso. Irgendein Gefühl im Bauch, so würde ich es beschreiben. Genauer definieren konnte ich das damals noch nicht. Es fühlte sich wie subtile Kommunikation an. Vielleicht fällt das in die Kategorie der Intuition, war damals meine Annahme, ohne zu wissen, was dieses Wort genau bedeutete. Dieses Bauchgefühl war jedenfalls stark. Ich spürte, dass mir das Universum statt einer Antwort einen Auftrag schickte, der mich direkt in mein Herz führen würde. Ich spürte auch, dass dort im Herzen eine Aufgabe auf mich warten würde, die in dieser Welt ihren Platz finden sollte. Ganz schön viel Gespür für den Anfang, aber wahrscheinlich ist das die Voraussetzung, damit man sich in Bewegung setzt.

Mit dem Tag, an dem ich die eine große Frage ins Zentrum kosmischer Schwingung gestellt habe, spürte ich ganz klar, dass es keine Option mehr sein konnte, die Suche nicht anzutreten. Die Reise hatte begonnen und es gab von da an kein Zurück mehr. Wenn ich von dort an weiterging, bestand die Chance auf eine Wahrheit, die sich bisher hinter einer Illusion verborgen hielt. Die Wahrheit auf meine Frage: Wer bin ich wirklich?

Es war überhaupt nicht schwer, mich zu trennen. Wild gewordene Vereinsmitglieder vermisst man nicht so schnell. Trennungsschmerz lässt sich beim Surfen am besten überwinden. Und ein sicheres Arbeitsverhältnis würde sich auch schon wieder finden. Ich hatte keine Angst.

Es war mittlerweile 2016, als ich den ersten Versuch wagte, aus meiner selbst errichteten Zelle der Gewohnheiten und des stagnierenden Wachstums meiner Persönlichkeit auszubrechen. So fühlte es sich an. Ich denke, auch ein Gefängnis kann gemütlich und heimisch sein. Ich habe gehört, es gibt Gefängniszellen, da hat man es besser als im Hotel. Ich meine mit Gefängnis die Strukturen unseres Lebens, die wir über die Lebensjahre um uns herum errichtet haben und nach denen wir unsere gesamte Orientierung ausrichten. Also, wer sich von euch in gewohnten Strukturen wohlfühlt, soll sich bitte nicht angegriffen fühlen. Ganz im Gegenteil. Schätzt euch glücklich. Nur für mich fühlte es sich nach Fesseln an, die mich aufhielten, eine Welt zu finden, obwohl ich nicht mal genau wusste, ob es sie tatsächlich gab. Eine Welt, in der man sich nicht immer am falschen Ort zur falschen Zeit fühlte.

Ich war so stolz auf mich, als ich mich in der Silvesternacht 2016 um 00:10 Uhr auf 2000 Meter Höhe in Mayrhofens Après-Ski-Hölle entschloss, einen Cut zu machen. Vielleicht wurde diese Entscheidung dadurch verstärkt, dass ich merkte, dass dieses von mir lang geliebte Après-Ski nur was für besoffene Traumtänzer ist. Dieses Kapitel habe ich vor Ort freiwillig nach dreimal Mickie Krauses »Geh mal Bier hol’n« für mich abgeschlossen. Ich hatte nach über zehn Jahren aktives Party-Feiern genug Tanzflächen gesehen. Ich war bereit, das Tabledance-Business an die Generation nach mir abzugeben.

— 2016 —

Kurz darauf war die Kündigung geschrieben, der Flug gebucht und die Koffer gepackt. Ich hatte mir für dreizehn Monate einen Mix aus Work and Travel, Spanisch lernen, Yoga praktizieren und Surfen zurechtgelegt. Im Planen war ich schon immer ganz gut. Es wurde eine fantastische Reise. Yoga hat mich vollständig infiziert. Cher Aslor, eine super Yogalehrerin aus Denver, hat mir den ersten Impuls gegeben, hinter die reine Asana-Praxis zu blicken. Menschlich und fachlich ist sie eine inspirierende Persönlichkeit, mit der ich eine immer in Erinnerung bleibende Zeit in Nicaragua teilen durfte. Ich hatte sehr besinnliche und erdende Wochen dort und auch anschließend in El Salvador. Ich habe dort gesehen und gespürt, wie sich Armut anfühlt und das Glück trotzdem naheliegt. So schienen mir die Menschen dort vor Ort teilweise glücklicher, zufriedener aufgrund ihrer Bescheidenheit und des fehlenden materiellen Luxus. Sicher haben sie kein einfaches Leben, aber meterlange Mails wegen einer Uhrzeitverschiebung des Bauch-Beine-Po-Kurses von 09:00 Uhr auf 09:15 Uhr würde sicher nicht auf ihrer Einfallsliste stehen. Eher eine Bitte nach fließendem Wasser.

Bitte versteht mich nicht falsch und verzeiht mir den schwarzen Humor. An den müsst ihr euch jetzt gewöhnen. Ich bin sehr dankbar, so prädestiniert in Deutschland aufgewachsen zu sein, aber ich habe erst dort gelernt, was Demut bedeutet und wie gut es sich ohne Luxusgüter leben lässt. Mein materieller Besitz hat sich die Jahre danach halbiert. Ich habe gelernt, mit weniger mehr Zufriedenheit zu erlangen. Und dafür werde ich den Menschen von dort immer dankbar sein. Für mich war es eine der ersten Lektionen auf meiner Schnitzeljagd.

Auf so einer Reise begegnet man ziemlich vielen anderen Reisenden. Und damit meine ich nicht die Menschen, die Urlaub machen, sondern diejenigen, die sich ebenfalls auf der Reise zum eigenen Selbst befinden. So viele Suchende, einige, die sich schon mehr gefunden haben als andere. Jedenfalls bekommt man einen Eindruck von alternativen Lebensmodellen und führt viele bewegende Gespräche mit inspirierenden Seelen, die einem vermitteln, dass die Gewohnheit nicht das einzige Gerüst ist, um es sicher bis zum Begräbnis zu schaffen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob es um das Warten auf das eigene Ende geht – oder um das Leben an sich. Also quasi um das Ziel oder um den Weg dahin. Denn egal, ob es ein gewähltes Ziel ist oder nicht, der Tod wartet auf uns alle. Und nur aus Angst davor, einen Tag früher sterben zu können, erstarren wir in der Bemühung ,glücklich zu sein, und erliegen stattdessen dem trickreichen Selbstschutz unseres Egos, bloß kein Risiko einzugehen. Auf meiner Reise habe ich gelernt zu genießen. Unnötige Vernunft über Bord, Leichtigkeit und Lebensfreude ins Gepäck. Einfach mal nicht an morgen denken, sondern nur der Stimme des Herzens folgen. Das war meine Aufgabe. Denn wenn ich mir die Gesellschaft so anschaue, frage ich mich, wer diese Fähigkeit wirklich noch beherrscht. Auf der Straße begegne ich mehr Egos als offenen Herzen. Angst regiert unseren Verstand.

Glücklicherweise kann ich sagen, dass ich sehr viele wundervolle Menschen auf meiner Reise getroffen habe, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind. Danke an euch alle.

Für euch Leser kann ich nur sagen: Macht die Augen auf. Unterhaltet euch bewusster, hört zu und beobachtet genau. Wir begegnen einander, um voneinander zu lernen. Hier steckt so viel Potenzial. Aber wenn wir nicht hinhören, verschenken wir dieses. Zu viel Ich, Facebook, Instagram und diese ständige Ablenkung durch schneller, weiter und mehr verwehren uns den wahren Reichtum einer zwischenmenschlichen Begegnung. Wir versäumen die wertvolle Lehre des Gegenübers. Das habe ich nun verstanden.

Täglich übe ich mich im Zuhören und ich kann euch sagen: Alles, was ich brauche, was mir auf meinem Weg fehlt, jedes einzelne Puzzleteil ist bereits da. Ich muss nur hinschauen und zuhören. Es erscheint mir teilweise schon wie ein verrücktes Mysterium. Ist es Zufall oder Schicksal? Wie kann das sein? Es muss dich geben, dich, liebes Universum … Wieso sonst treffe ich plötzlich immer auf die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort?

Ich frage mich, ob es unter euch noch sehr viele Menschen gibt, die Lust auf eine Auszeit, eine Reise, dieses Abenteuer der fernen Länder haben, sich aber nicht trauen, das gewohnte Umfeld zu verlassen, oder ob ihr daran scheitert, da euch niemand von zu Hause begleitet. Ich habe so oft gehört, dass es zwar den Wunsch nach einer Reise gibt, aber die Hürde »Alleine« viel zu groß ist. Ich kann nur mit aller Sicherheit sagen: Hier war immer Verlass auf die Fügung. Du bist nicht alleine. Unter den Reisenden findet man zusammen. Hier lohnt es sich, zu vertrauen. So viel Offenheit und Bereitschaft sich zu verbinden, findet man nirgends anders. Bist du erst einmal unterwegs, strömen die Energien nur zueinander. Häufig ist es auf einer längeren Reise die viel größere Herausforderung, sich 24/7 mit einer anderen Person zu arrangieren, als Weggefährten kommen und gehen zu lassen. Wahre Freiheit und dennoch Verbundenheit erlebst du, wenn du dich alleine auf die Socken machst. Trau dich.

Für mich waren diese dreizehn Monate eine Rehabilitation von Liebeskummer, vom brutalen Absturz des Show-Adrenalin pegels und von den zahlreichen gestressten Mitgliedern, die ihre Pilates- und Yogastunden neu in ihren Alltagsstarrsinn einordnen mussten. Nach sechs Monaten und fast sieben gelesenen Büchern war ich wieder bei mir. Wer war Marc?

Das mit den Büchern muss ich immer erzählen, denn ich bin so wahnsinnig stolz darauf. Ich gehöre zu denen, die ein Buch zu 80 % wieder weglegen und kaum eines zu Ende lesen, wenn es nicht direkt auf Seite drei mit dem Trommelwirbel losgeht. Ich glaube, deshalb ist es mir so besonders wichtig, euch mit diesem Buch gleich am Anfang einzufangen. Euch direkt mit ins Drama zu reißen, damit ihr es nicht versehentlich absichtlich in der Tischschublade liegen lasst.

Nach sechs Monaten warmen Temperaturen, mexi ka nischen, salvadorianischen und nicaraguanischen Tacos war ich tiefenentspannt. So lange hat es aber auch gedauert, bis ich genussvoll stundenlang nichts tun konnte. Als Yogi sollte man so ja eigentlich nicht formulieren. Für viele Menschen ist »Nichtstun«, ganz viel tun. Eine der größten Herausforderungen, aber unglaublich wertvoll für Restless-People, wie ich es eine bin. Bei mir haben El Salvador, eine Hängematte, kein Internet und nur Einheimische mit hartem spanischen Akzent ihr Bestes gegeben, damit ich mich in den Romanen von Jojo Moyes voll und ganz verlieren konnte.

Zwei Mal am Tag habe ich meine baumelnde Unterlage verlassen, um surfen zu gehen.

Der Strand K61 war der Surfspot direkt vor der Tür. Ein schöner Point Break mit sauber brechenden Rechten direkt vor dem Riff. Leider hatte ich zum damaligen Zeitpunkt noch Angst vor Steinen, die sich im Moment des Take-Offs direkt vor meiner Nase auftürmen könnten. 50/50, ob ich den Take-Off stehe, und dann noch mal 50/50, ob ich den Rechts-Turn schaffe. Macht 25 % Chance auf einen guten Ride, aber auch 75 % auf eine schmerzhafte Erfahrung. Bitte entschuldigt meinen Surf-Slang: Google bietet hier genug Übersetzungsmöglichkeiten an.

Diese Tatsache hat mich also meist dazu geführt, dass ich auf die schönsten Wellen verzichtet habe und meine Surf-Skills weiter inside am Beach Break mit den einheimischen Kids aus dem Ort geteilt habe. Nach ein paar Tagen gemeinsamer Surf-Sessions war ich trotz fehlender Kommunikation wegen massiver Verständigungsbarrieren quasi ein Teil ihrer Crew. Obwohl ich deren Mutter hätte sein können, machte es den Anschein, als wenn sie morgens schon auf mich gewartet hatten.

Neben den Fischermännern am Strand, die mir einen unvergesslichen Geburtstag mit Austern und Fisch am offenen Feuer zubereitet hatten, gaben die Kids mir die herzerwärmendsten Momente meines Lebens. Auch am sicheren Beach Break mit ausreichend Entfernung vom Riff habe ich es geschafft, mein Surfboard in zwei Teile zu zerlegen. Fragt mich nicht wie, aber mein teuer erworbenes Surfboard der Marke Roberts entschied, dass ich zurück ans Ufer schwimmen sollte.

Während ich jeden Tag mit meiner A-Klasse unter den Surfboards zuerst an den Wellblechhütten meiner Nachbarn und ihren Mitbewohnern, den Schweinen und Hühnern, vorbeilief und anschließend ins Meer paddelte, waren die Kids mit alten, mehrfach geflickten, teilweise durchlöcherten, von Touristen aussortierten Brettern unterwegs.

Dieser eine unfassbare Moment, als mir eines der Kids hinterherkam, während ich an den Strand kroch, um meine zwei Polyesterteile wieder einzusammeln, ist für mich bis heute eine Erinnerung, die mich zum einen mit Gänsehaut berührt, zum anderen ein Gefühl von Scham auslöst. Der Junge mit seinen circa zwölf bis vierzehn Jahren paddelte zu mir, erklärte mir, wo ich mein Surfboard für weitere einhundert Dollar reparieren lassen könne, und drückte mir dabei sein altes Brett in die Hand, damit ich in der Zwischenzeit weitersurfen konnte. Wer von euch nur im Geringsten die Mentalität vieler Surfer kennengelernt hat, weiß, dass ein Surfer so gut wie nie auf eine Welle verzichtet. Surfer gehören zu den größten Egoisten auf diesem Planeten. Dieser Junge war selbstlos. Ich bin bis heute noch sprachlos und weiß, dass diese Erfahrung mich so viel gelehrt hat. Eine Portion Demut vom Universum. Danke.

Die Schnitzeljagd ging weiter.

Nicaragua Playa Gigante und Playa Colorado. Den ersten Ort haken wir schnell ab. Nur kurz möchte ich berichten, dass ich der wohlhabenderen Familie, bei der ich für zehn Dollar die Nacht wohnen durfte, sehr dankbar bin. Wohlhabend heißt am Playa Gigante: ein Haus aus Stein, Strom und fließend Wasser. Mutter, Vater und Tochter haben sich ein Zimmer geteilt. Ich habe mein eigenes bekommen. Fenster waren Löcher im Mauerwerk. Glasscheiben gab es nicht. Es gab Betten, ein Tisch und vier Plastikstühle. Keine weiteren Möbel. Aber es gab einen Röhren-TV.

Meine zehn Dollar pro Tag waren das Einkommen der Familie. Ich hatte all-inclusive gebucht – mit drei Mahlzeiten. Könnt ihr euch vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man immer als Erstes allein essen muss und der übrig gebliebene Rest der Mahlzeit für die Familie bleibt?

Zu diesem Zeitpunkt war ich schon Vegetarierin. Wie gerne hätte ich mir einfach für weitere fünf Dollar im Laden nebenan frische Früchte und gutes Gemüse gekauft, anstatt das Stückchen Hähnchen, die Kartoffeln, das Weißbrot und den völlig überzuckerten Sirup zu trinken. Die Demut und der Scham hielten mich aber davon ab. Ich brachte es nicht über das Herz, die Mahlzeiten abzulehnen. Viel zu sehr war es der tägliche Stolz der Familie, mir ein warmes Essen anbieten zu können. Spätestens hier hatte ich nun erfahren, wie wenig Sorgen ich zu Hause habe. Wie blind wir doch sind für das, worauf es im Leben ankommt. Und wenn man mir heute in Zeiten der Pandemie vorwirft, ich wäre eine Querdenkerin, weil ich weiterhin an die Toleranz, Verbundenheit und das Mitgefühl appelliere, dann soll es so sein. Dann bin ich das gerne. Diese Art von Querdenken, wenn wir denn überhaupt wissen, was das Wort bedeutet, habe ich nicht aus irgendwelchen Verschwörungstheorien, sondern aus einer meiner wertvollsten und bewegendsten Erfahrungen, die ich weit vor Corona gemacht habe.

Das Hähnchen habe ich also gegessen. Sowie die vielen anderen tot frittierten Fleischbeilagen, die zum Glück bis zu ihrem Tod ein recht unbeschwertes Leben im Wohnzimmer der meisten Wellblechhüttenbewohner hatten.

Wenn du die große Kraft befragst und nach einer Woche bereits denkst, die Lektion verstanden zu haben, legt das Universum noch einen drauf.

Von Playa Gigante ging es nach Playa Colorado. Vielleicht gerade mal fünf Kilometer weiter nördlich. Tati und Dario hatten ein Bett in ihrem Airbnb für mich. Ich verfolgte meinen Plan, möglichst naturverbunden – ohne eine Art von Luxus – unterzukommen. Tati ist eine tolle Frau. Im Surf Shack habe ich genau das gefunden, was ich gesucht habe – ein kleines Upgrade zum täglichen Hähnchen-Menü, aber immer noch mit Solarstrom aus der Batterie und Naturkomposttoilette im Holzbaumantel.

Die Extraaufgaben vom Universum erkannte ich erst ein paar Tage später, als Tati mich fragte, ob ich ihr in ihrem Restaurant aushelfen könne. Neben unserem kleinen Dorf gab es eine zwei Meter hohe Steinmauer, die ein 6000 Quadratmeter großes Golf- und Beach-Resort umfasste. Dahinter befindet sich alles, was den reichsten Amerikanern Freude bereitet. Dort arbeitet Tati heute noch als hervorragende Köchin. Während hier rund um die Uhr die Klimaanlagen auf voller Stufe die Luxusvillen runterkühlen, sitzen die einheimischen Nachbarn auf der anderen Seite der Mauer nach Sonnenuntergang im Dunkeln. Security bewachte das Resort Tag und Nacht, damit die Ordnung der zwei Welten, in denen ich für die nächsten drei Wochen täglich einem Spagat des Extremen ausgesetzt war, bloß nicht durcheinandergeriet. Ich hatte eine gute Zeit mit Tati in ihrem Restaurant Casa Ananas. Ich bin bis heute nicht gut darin, Cocktails zu mixen, aber es war ein spannendes Erlebnis. Ich habe gelernt, wie schnell wir Menschen uns in den unterschiedlichsten Welten zurechtfinden und unseren Standard der Umgebung anpassen. Dabei vergessen wir, wie die Realität drumherum aussieht. Drei Wochen waren für mich eine Konfrontation mit der krassesten Diversität, die man sich so vorstellen kann. Ich habe die Lektion verstanden. Ich werde mich immer daran erinnern, dass die Wirklichkeit so unterschiedlich aussehen kann und die subjektive Wahrheit noch mehr Bedeutung bekommt.

Nach Nicaragua kam für mich der Stopp in Costa Rica. Simon und Tricia haben mich acht Wochen bei sich im Zopilote Surfcamp arbeiten lassen. Auch wenn ich mittlerweile ganz genau weiß, dass arbeiten, wo andere Urlaub machen, nicht immer nur paradiesisch ist, hatte ich eine gute Zeit. Eine sehr gute. Ich bin dankbar dafür, dass ich nach dem Abitur in der TUI-Animation auf anstrengendste Art und Weise lernen musste, wie die alte Schule »der Kunde ist König« funktioniert und wie man Dienstleister wird, ohne den eigenen Spaß daran zu verlieren. Denn der dauerhafte Kontakt mit Gästen, nennen wir sie abwertend »Touris«, kann richtig fordernd werden, wenn verschiedenste Charaktere, Bedürfnisse und Erwartungshaltungen aufeinandertreffen, aber alle einen Bilderbuchurlaub im Katalog der Illusionen gebucht haben. Für ein paar Surf-Sessions zum kleinen Preis am Playa Hermosa war ich bereit, viel zu tun. Simons Crew und das Team aus März/April 2017 um Annina und Mica haben mich jede schweißtreibende Mittagshitze bei nicht auszuhaltenden Temperaturen in Costa Ricas Trockenzeit genießen lassen. Liebes Universum, etwas beeindruckt bin ich schon, dass Annina und ich zur damaligen Zeit beide noch keine Yogalehrerinnen waren, heute aber beide ein eigenes Studio leiten. Die wertvollen Rotwein-Gespräche haben uns scheinbar auf die gleiche Fährte geführt. Ich bin immer wieder sehr überrascht, wie geschickt und nicht offensichtlich du es einfädelst, dass sich gleiche Energien zusammenfinden.