Valdombra (Bd. 1) - Martina Folena - E-Book

Valdombra (Bd. 1) E-Book

Martina Folena

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Beschreibung

Ein finsteres Tal, zwei mutige Kinder und ein fantastisches Lesevergnügen Im dunklen Tal Valdombra gibt es nur wenige Sonnenstunden. Als ihr Zuhause auch noch von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht wird, erfahren Isa und ihr Bruder Teo von einer fast vergessenen Legende: Ist es möglich, dass ein wundersames Wesen unter der Erde das Beben verursacht hat? Den Geschwistern bleibt wenig Zeit, um das herauszufinden. Denn die Bedrohung zerstört nicht nur die Dörfer Valdombras, sie droht auch, ihnen ihr letztes Licht zu nehmen… Können die Geschwister das Wesen zähmen und Valdombra vor der ewigen Dunkelheit bewahren? Ein unglaubliches Abenteuer beginnt, auf dem unzählige Gefahren lauern…

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 254

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Martina Folena

Valdombra

Das Geheimnis des Drachen

Martina Folena

VALDOMBRA

Das Geheimnis des Drachen

Mit Illustrationen von Greta Mainardi

Aus dem Italienischen von Barbara Neeb und Katharina Schmidt

5 4 3 2 1

eISBN 978-3-649-65106-2

© 2025 für die deutschsprachige Ausgabe

Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,

Hafenweg 30, 48155 Münster

Alle Rechte vorbehalten. Die Nutzung des Werkes für das Text- und Data-Mining nach § 44b UrhG ist durch den Verlag ausdrücklich vorbehalten und daher verboten.

2021 MIMebù Edizioni

© Mim Edizioni s.r.l.

Originaltitel: Valdombra – Il respiro del Mirabile Criptide

Dieses Werk wurde vermittelt durch das

FIND OUT Team di Cinzia Seccamani, Italien

Umschlagillustration: Greta Mainardi

Übersetzung: Barbara Neeb und Katharina Schmidt

Lektorat: Elisabeth Leuthardt

Satz: Sabine Conrad, Bad Nauheim

Die Print-Ausgabe erscheint unter der ISBN 978-3-649-64918-2.

Für meine Eltern, die mir als Erste Geschichten erzählt haben, und für meinen Bruder, der mir als Erster zugehört hat, wenn ich sie erzählte.

Inhalt

Prolog

Jeder erste Tag des Monats

Talsend

Die Katastrophe

Eine vergessene Legende

Auf dem Weg nach Schmalstadt

Ein warmherziger Empfang

Rätselwettbewerb

Planänderung

Ein alter Freund

Frühstück mit der Bande des Schreckens

Der Wald

Ein ungewöhnlicher Briefbote

Willkommen auf Burg Reichenberg

Kartograf und Bibliothekar

Eine lange Erholungszeit

Rubinstrand

Wie findet man eine verzauberte Lichtung

Wo ein Drache ist, ist auch ein Schatz

Der Zweikampf

Wo ist Teo?

Clorindas Geheimnis

Epilog

Danksagung

Unbedingt weiterlesen!

Prolog

Am Tag nach der Katastrophe fragten sich alle, warum niemand sie hatte kommen sehen. Hatte es wirklich keine Vorzeichen gegeben? Weder Leuchtstreifen am Nachthimmel noch Kälber, die mit zwei Köpfen geboren wurden, oder warnende Träume?

Nein, absolut nichts davon: Die Sterne funkelten alle noch am Himmel, wo sie hingehörten, das einzige Kalb in diesem Jahr war eine Woche zuvor gesund und munter zur Welt gekommen und alle Bewohner von Valdombra hatten tief und fest geschlafen.

Niemand, weder Herrscher noch Wahrsagerin, weder Traumdeuterin noch Geschichtenerzähler hätte so etwas vorhersehen können. Die Wirklichkeit übertrifft immer die Vorstellungskraft.

Mein Name ist Isadora, doch mir ist es lieber, wenn man mich Isa nennt.

Dies ist meine Geschichte, aber es ist auch die meines Bruders Teodorigo, den alle Teo rufen, und die von Anselmo, der als Einziger am liebsten seinen ganzen Namen hört.

Unsere Geschichte, die ihr glauben könnt oder auch nicht, ist wahr, das versichere ich euch, und zwar von Anfang bis Ende, und sie beginnt am Tag vor der Katastrophe.

Jeder erste Tag des Monats

Am Tag vor der Katastrophe erwachte ich so früh, dass noch nicht einmal die Sonne aufgegangen war. Das einzig Gute daran, wenn man so früh aufsteht, ist das Brot, das der Bäcker dann gerade frisch aus dem Backofen geholt hat. Der Bäcker war der Einzige außer mir, der um diese Zeit schon auf den Beinen war. Er backt Brot in allen Formen: mit einem Loch in der Mitte wie ein Kringel oder verflochten wie ein Zopf, aber am liebsten mag ich die kleinen runden Brötchen mit Rosinen, gerade süß genug, um sich satt und zufrieden zu fühlen, aber nicht so sehr, dass einem davon schlecht wird. Denn von zu süßen Sachen wird mir immer schlecht.

Am Tag vor der Katastrophe sprang ich mit einem Satz die drei Stufen der Bäckerei hoch und bezahlte mit einer Münze, die so rund war wie das Brötchen. Dann lief ich direkt weiter zu der Straße, die zum Ende schmaler wird und in einen Pfad übergeht. Von dort aus kann man, wenn man will, bis hinauf zum Gipfel des Berges gelangen. Dafür braucht man dann einen ganzen Tag, aber ich wollte gar nicht bis ganz nach oben.

Der Aufstieg in die Berge war meine Aufgabe, weil ich die Ältere war; außerdem hatte Teo den Kopf immer in den Wolken. Beim letzten Mal, als man ihm eine wichtige Aufgabe gegeben hatte, war das übel ausgegangen: Er sollte ein Päckchen Streichhölzer besorgen, doch als er sie meinem Vater übergab, waren alle Köpfchen bereits abgebrannt. Als Erklärung meinte er, er hätte sie alle anzünden müssen, um zu überprüfen, ob sie auch wirklich funktionierten.

Teo ist übrigens nicht dumm, er versteht ganz genau, was man von ihm will, aber er lebt in seiner eigenen Welt. Er hätte niemals allein in die Berge gehen können. Daher fiel diese Aufgabe mir zu – und ich wollte ihn auch gar nicht dabeihaben. Er würde nur ständig stehen bleiben, um die Steine auf dem Weg zu zählen oder die Blätter an den Bäumen, und dann würden wir erst tief in der Nacht bei Clotilde ankommen.

So stieg ich an jedem ersten Tag des Monats allein hinauf. Das Tal unter mir lag noch im Dunkeln, obwohl es schon Morgen war. In unserem von Bergen umschlossenen Tal sind die Tage sehr kurz und die Nächte sehr lang, selbst im Sommer, und richtig heiß wird es auch nie.

Daher hat der Ort auch seinen Namen: Valdombra, das Finstertal.

Weil es bei uns immer so dunkel ist, fällt einem alles schwerer, auch die einfachsten Dinge wie Wäsche waschen, Holz hacken oder kochen, ganz zu schweigen von Lesen oder Malen oder dem Bearbeiten von Leder und Stein. Man braucht Licht, um Dinge so zu erledigen, wie es sich gehört, und zwar zu jeder Zeit, nicht nur während der wenigen Stunden, in denen die Sonne über die Gipfel kommt und das Tal in ihr Licht taucht.

Aus diesem Grund stieg ich an jedem ersten Tag des Monats auf den Berg, so wie es mein Vater gemacht hatte, als ich noch nicht alt genug dafür war, und jedes Mal dachte ich dabei: Meine Güte, Clotilde, musstest du dir wirklich so weit oben einen Platz zum Leben aussuchen? Hättest du nicht im Tal bleiben können, so wie wir anderen auch?

Nein, Clotilde hätte niemals in Talsend leben können, in einem der Steinhäuser mit den roten Dächern. Allein schon die Vorstellung war absurd.

Talsend ist der letzte Ort in Valdombra. Er liegt zwischen zwei Berggruppen eingequetscht und am Ende sitzt da noch ein einzelner Berg wie ein Korken auf einem Flaschenhals. Auch wenn seine Bewohner sagen, dass es sich hier gut lebt, so schön ruhig und ungestört, sieht man leider nie neue Gesichter in den Straßen. Die Menschen, die jenseits der Berge leben, besuchen lieber Lichtberg: Sie wagen sich nie bis ans Ende von Valdombra vor, bis in seinen dunkelsten Winkel.

Wenn man in Talsend etwas Farbe sehen will, muss man hoch hinauf in die Berge. Und Clotilde liebt die Berge mehr als alles andere auf der Welt … mit Ausnahme ihrer Bienen natürlich.

Auch an diesem Tag empfing mich wie immer das Summen von Clotildes Lieblingen. Als ich am Rand der Wiese ankam, dort, wo der Pfad im grünen Gras verschwindet, war ihr fröhliches Brummen fast ohrenbetäubend laut.

Clotildes Haus steht etwas weiter hinten: ein kleines Holzhaus mit nur einem Stockwerk, gerade groß genug für eine Person. Dahinter beginnt der Wald, der die gesamte Bergflanke bedeckt.

Aber das Beeindruckendste dort sind die Blumen, die überall auf der Wiese sprießen: Margeriten, so weit das Auge reicht, die im Wind hin und her wogen wie weiße Schaumkronen auf dem Meer, aber auch Goldköpfchen und Veilchen, lange Blütenstängel von Lavendel, die die Luft mit ihrem Duft erfüllen, stachelige Disteln und Löwenzahn, so gelb wie die Sonne.

Ich ging niemals allein auf die Wiese, sondern wartete, bis Clotilde mich abholte, denn ohne sie hätten die Bienen mich beim ersten Schritt am ganzen Körper gestochen.

Gleich darauf sah ich auch schon Clotilde, die barfuß über die Wiese lief. Sie kam auf mich zu, und wie immer funkelten ihre haselnussbraunen Augen voller Freude, als sie mich erkannte. Im Sonnenschein hatten ihre üppigen Locken die gleiche Farbe wie Lindenhonig.

»Hallo, Tilde«, sagte ich und lächelte, denn es war unmöglich, sie nicht zu mögen.

»Isa, ich hab schon auf dich gewartet«, erwiderte sie. »Ist Teo nicht mitgekommen?«

Das fragte sie mich jedes Mal, weil mein Vater anfangs stets uns beide mitgenommen hatte. Sie hatte Teo vom ersten Moment an sehr gemocht, und sie hatten immer jede Menge Dinge gefunden, über die sie reden konnten. Deshalb zuckte Clotilde enttäuscht mit den Schultern und seufzte. »Kommst du mit rein?«

Ich hatte es mir angewöhnt, bei Clotilde eine Brotzeit zu machen: Inzwischen war es später Vormittag und zum Mittagessen würde ich es niemals rechtzeitig zurück ins Tal schaffen. Clotilde hielt meine Hand, während wir die Blumenwiese durchquerten und die Bienen sich überall auf ihr niederließen. Wenn sie draußen unterwegs war, saß immer irgendwo eine Biene auf ihr: Sie landeten auf ihren Haaren, ihren Schultern oder ihrer Nase, als ob Clotilde selbst eine Blume wäre, nur um kurz darauf wieder abzuheben und die ordentlich aufgereihten Bienenstöcke neben ihrem Haus anzusteuern.

In der Küche setzte ich mich auf einen der zwei Stühle und streckte mit einem wohligen Seufzer die Beine aus. Sogar dort gab es Blumen: Sie standen auf der Fensterbank und in der Vase auf dem Tisch, und obwohl die Bienen die Wiese mit ihrer bunten Vielfalt natürlich bei Weitem vorzogen, summte es auch drinnen.

»Du hast mindestens drei Sommersprossen mehr als letzten Monat. Und deine Arme sind auch länger geworden!«, meinte Clotilde fröhlich, während sie Teller aus dem Schrank holte.

Ich rieb mir über die Nase. »Danke, Tilde. Wie ich sehe, hast du jetzt deine Frühlingsschürze an.«

»Gefällt sie dir?« Lächelnd drehte sie sich um sich selbst, um sie mir zu zeigen. »Ich habe endlich den Bund gerichtet.«

Was sie eigentlich meinte, war, dass sie den Bund etwas weiter gemacht hatte: Clotilde war nämlich das genaue Gegenteil von den blassen, schlanken Edelfräulein, die ich manchmal in meinen Schulbüchern abgebildet sah. Die frische Bergluft färbte ihre Wangen rot und der nahrhafte Honig ihrer Bienen hielt sie gesund. Wahrscheinlich hätte niemand vermutet, dass sie von Adel war, aber das kümmerte sie herzlich wenig.

Sie stellte mir ein großes Glas Wasser mit Holundersirup hin, und ich musste mich zurückhalten, es nicht auf einen Zug auszutrinken. Stattdessen nahm ich meinen Rucksack ab und breitete auf dem Tisch alles aus, was ich mitgebracht hatte: ein Päckchen Maismehl, einen Hartkäse und einen Weichkäse, ein Säckchen mit Salz und eines mit braunem Zucker, eine Wurstkette, ein Stück gereiften luftgetrockneten Schinken und schließlich eine Flasche Öl.

Clotilde klatschte begeistert in die Hände. Dann stellte sie noch ein Fladenbrot und ein Glas mit goldfarbenem Honig dazu. »Den Käse essen wir mit Birnen«, sagte sie und ging nach draußen, um das Obst direkt von den Bäumen hinter dem Haus zu pflücken.

Die Brotzeiten bei Clotilde waren die besten. Nach dem langen Aufstieg hatte ich immer großen Hunger und sie tischte mir jedes Mal etwas anderes auf: frittierte Apfelküchlein mit ein wenig geriebener Zitronenschale, frische Eier von den Hennen aus ihrem Hühnerstall, die sie mit Zucker zu einer schaumigen Creme schlug, dünnes, knuspriges Brot … Und immer gab es Honig dazu, in allen Farben und Geschmacksrichtungen.

Auch wenn es schön war, mit ihr zu essen, war das natürlich nicht der Grund, weshalb ich zu ihr kam. Nachdem wir zu Ende gegessen hatten, öffnete Clotilde die Luke im Küchenfußboden und kletterte in den kleinen Keller darunter. Aus den gut gefüllten Regalen nahm sie ein Dutzend fest in dunkles Papier verschnürte Päckchen.

»Bitte sehr«, sagte sie, als sie diese vor mich auf den Tisch legte. »Das sollte für den kommenden Monat reichen.«

Ich bedankte mich bei ihr und legte die Päckchen in meinen Rucksack. Als Clotilde mich dabei beobachtete, verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht. »Du gehst schon?«

»Unser Vorrat ist diesen Monat schon komplett aufgebraucht und mein Vater benötigt so schnell wie möglich Nachschub«, erklärte ich.

Clotilde seufzte. »Na gut. Dann grüß Meister Lucerna von mir. Und natürlich auch Teo!«

In den Päckchen war gepresstes Wachs von Clotildes Bienen, das sie aus den Waben gewann. Das war unser größter Schatz, denn aus dem Wachs würden wir zahlreiche Kerzen herstellen können, um die dunklen Tage in unserem finsteren Tal zu erhellen.

Mit dem Abstieg musste ich mich beeilen, denn ich wusste, dass mein Vater ungeduldig auf die neue Lieferung wartete. Er lebte nur für die Arbeit. Als ich klein war, war das anders gewesen: Da gingen wir Ende der Woche immer zu dritt auf den Markt, und abends las mein Vater, der angesehene Meister Lucerna, uns im Licht der Kerzen vor, die er eigens für uns mit einem Hauch Lavendel parfümiert hatte, damit das Haus danach duftete. Teo war damals noch nicht auf der Welt. Dafür lebte Mama noch: Dorotea Lucerna. Sie war nach langer Zeit das erste neue Gesicht in den Straßen und Gassen von Talsend gewesen. Wenn mein Vater arbeitete, begleitete ich sie auf die unteren Berghänge, wo sie Duft- und Heilkräuter sammelte. Daraus stellte sie Elixiere her, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Bei einem dieser Ausflüge hatten wir einen kleinen, von der Sonne verwöhnten Fleck entdeckt: Dort war ein Lavendelbusch gewachsen. Wir sammelten etwas für die Heiltränke und auch ein wenig, um daraus die Duftessenz für unsere Lieblingskerzen zu gewinnen. Und je größer ich wurde, desto weiter stiegen wir nach oben, auf immer steileren Pfaden, doch zusammen mit meiner Mutter kam mir nichts schwer vor.

»Eines Tages werden wir auf einen dieser Gipfel klettern«, sagte sie, »dann können wir auf der anderen Seite das Meer sehen.«

Denn von dort war Dorotea gekommen, aus den Dörfern am Meer hinter den Bergen, die ganz Valdombra umschlossen. Auch sie hatte von klein auf mit ihrer Mutter Kräuter gesammelt. Und als sie zur Waise geworden war, hatte Dorotea alles eingepackt, was sie besaß, und war losgezogen, um ihre Heilmittel zu verkaufen und neue zu entdecken. Sie war landauf, landab gereist, hatte sie mir erzählt, doch stets war sie an ihr Meer zurückgekehrt – bis sie in den hintersten Winkel von Valdombra gekommen war und genau dort, am Ende der Welt, meinen Vater getroffen hatte. Ans Meer war sie danach nie mehr zurückgekehrt.

»Eines Tages steigen wir auf einen dieser Gipfel«, hatte sie immer wieder gesagt, als ihr Bauch allmählich aufging wie einer der Hefekuchen fürs Winterfest. »Aber wir werden nicht nur hinunterschauen: Wir klettern auf der anderen Seite hinab bis zum Meer und jagen dann am Strand den Möwen hinterher und sammeln Muscheln mit Löchern, um daraus Ketten zu machen. Und wir bringen Papa Essenzen aus dem Meer mit, damit er mit ihnen Duftkerzen herstellen kann, wie sie noch kein Mensch je gemacht hat.«

Wir betrachteten den Pfad, der nach oben führte, schmiedeten gemeinsam Pläne und kehrten dann wieder nach Hause zurück.

Einige Monate später kam Teo zur Welt und am selben Tag haben wir Mama verloren.

Keine neue Kerze bei uns zu Hause roch danach je wieder nach Lavendel. Wir haben nie wieder Hühnerbrühe mit Petersilie und Lorbeer getrunken, nie wieder Ringelblumen getrocknet, die man unters Kissen schiebt, um den Kopfschmerz zu vertreiben, oder unsere Zähne mit Salbei eingerieben, damit sie weiß und widerstandsfähig werden.

Mein Vater gab sein Bestes, um für das Neugeborene zu sorgen, und ich half ihm dabei, so gut ich konnte: Ich gab Teo lauwarme Ziegenmilch zu trinken, und während er gierig am Fläschchen saugte, sah er mich mit seinen leuchtenden grünen Augen an. Keiner der Schreie dieses kleinen Wesens, dieses Fröschleins, konnte die Lücke füllen, die Mama hinterlassen hatte, aber der kleine Teo hatte die gleichen Augen wie sie. Und wie ich. Augen, so grün wie das Meer.

Mama hätte Teo geliebt: Er ist gut zur Natur und all ihren Geschöpfen. Er stellt viele Fragen. Ehrlich gesagt zu viele. Sie hätte diese wahrscheinlich besser beantworten können als wir.

In den Jahren seit ihrem Tod ist etwas mit meinem Vater passiert. Er hat nie viele Worte gemacht, aber mit der Zeit redete er immer weniger, bis er schließlich ganze Tage in seiner Werkstatt verbrachte und stumm eine Kerze nach der anderen zog.

In jeder Ortschaft gibt es einen Kerzenmeister, und in Talsend ist das mein Vater, der das ganze Dorf und auch die Häuser auf den Bergen in der Umgebung versorgt. Ich habe also einen Bruder, der zu viel redet, und einen Vater, der es fast gar nicht tut. Eines sagt er mir allerdings immer wieder: Zum Kerzenmacher wird man geboren!

Wahrscheinlich ist das auch so, denn er liebt es, seine Kerzen herzustellen. Obwohl er nicht viel spricht, weiß ich, dass das so ist. Ich sehe es an seinem Blick, während er das Bienenwachs schmilzt, es formt und geduldig wartet, bis es aushärtet.

Ich aber habe viel lieber meine Tage mit Mama in den Bergen verbracht, auf dem Weg nach oben neue Pfade auf den mit Gestrüpp überzogenen Hängen erforscht und vom Meer hinter den Bergen geträumt. Natürlich mochte ich das Licht der Kerzen, und ich wusste auch, dass man sie in unzählige lang gestreckte Formen ziehen oder sogar zu kleinen Skulpturen modellieren konnte. Die Kerzen von Talsend waren jedoch immer kurz und dick, damit sie länger hielten. Wir brauchten Licht, keine große Kunst.

Ich hätte meinem Vater gerne erklärt, dass wir nicht bloß Licht brauchten. Wir brauchten auch den Duft von Lavendel und Lorbeer und den goldenen Schein der Sonne, der plötzlich an den unerwartetsten Stellen zwischen den Bergen hindurchbrach. Aber wie kann man mit jemandem sprechen, der nicht mit einem spricht?

Clotilde begleitete mich bis ans Ende der Wiese, und nachdem sie sanft die Bienen verscheucht hatte, die um sie herumsummten, umarmte sie mich. »Ich erwarte dich dann nächsten Monat.«

Clotilde und ich waren keine besten Freundinnen, und wir sahen uns nur an einem Tag im Monat, aber dieser eine Tag war fast schöner, als beste Freundinnen zu sein. Jedes Mal kehrte ich voller Sehnsucht und mit ihrem strahlenden Lächeln im Herzen ins Tal zurück. Ein Lächeln, um das ich sie ein wenig beneidete.

Als ich mich noch ein letztes Mal zu ihr umdrehte, strahlte sie wie immer übers ganze Gesicht, stand dort in ihrer im Bund erweiterten Schürze, hinter sich eine Wolke summender Bienen. Sie vertraute auf die Bienen, auf meine Rückkehr und auf die Berge. Nicht einmal sie hatte etwas geahnt.

Talsend

Als ich nach Hause kam, stand die Sonne schon hoch oben am Himmel zwischen dem einen und dem anderen Berg und tauchte das ganze Tal in ihren Schein. Das waren die wenigen Stunden am Tag, an denen wir keine Kerzen brauchten.

Ich ging direkt in die Küche, stellte den Rucksack auf den Tisch und holte aus der Vorratskammer eine Flasche mit Heidelbeersaft. Als ich mir gerade ein Glas eingoss, hörte ich die Schritte meines Vaters.

»Willkommen zurück, Isa«, sagte er und strich mir über den Kopf. Während er sich die Päckchen Bienenwachs unter den Arm klemmte, betrachtete ich ihn heimlich: Er hatte tiefe Ringe unter den Augen. Die kleine runde Arbeitsbrille mit den geschwärzten Gläsern, die er beim Herstellen der Kerzen trug, um sich die Augen nicht von der Hitze des geschmolzenen Wachses zu ruinieren, hatte er auf den Kopf geschoben. Die normale Brille saß etwas schief auf seiner Nasenspitze. »Wie geht es Clotilde?«

»Ihr geht es gut, sie lässt dich grüßen.«

»Sehr schön«, murmelte er. »Sie hat uns ein Päckchen mehr mitgegeben. Nächsten Monat bringen wir ihr etwas Besonderes, was meinst du?«

»Gute Idee«, antwortete ich, aber da war er schon wieder verschwunden.

Teo war draußen im Garten. Seine verstrubbelte Mähne aus leuchtend kastanienroten Haaren verdeckte sein Gesicht, aber ich konnte mir auch so vorstellen, wie hoch konzentriert er dreinblickte. Er kauerte am Boden, das Kinn auf die ständig aufgeschürften Knie gestützt, und legte die Randsteine der alten Beete in eine Reihe. Der Garten war früher einmal wunderschön gewesen: mit einer Holzpergola, an der sich der Efeu emporrankte, mit Blumen, die zu beiden Seiten des Pfads gepflanzt waren, und einem großen immergrünen Baum, der mit seinen Zweigen eine Art Kuppel bildete, unter der man sich verstecken und stundenlang spielen konnte. Mama hatte dort Veilchen gepflanzt, da sie wusste, dass sie den Schatten in Talsend lieben würden. Aber seit Teos Geburt hatte sich niemand mehr so richtig um den Garten gekümmert.

»Stopp! Stopp!«, rief er.

Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Was ist los?«

Teo zeigte auf etwas vor meinen Füßen. Dort liefen Ameisen in einer perfekt geordneten Reihe hintereinander, genau so, wie es ihm gefiel.

»Wann darf ich auch mal zu Tilde mitkommen?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Du könntest stattdessen zur Schule gehen, oder?«

»Die wollen mich doch nicht mehr haben.«

Eines Tages war Teo mit einem Brief des Schulmeisters nach Hause gekommen: Man hatte ihn fortgeschickt, weil er immer so unaufmerksam war. Er konnte nicht mehr als fünf Minuten ruhig auf seinem Platz bleiben, wechselte ständig die Position und wollte wie ein Frosch auf seinem Stuhl hocken. Er las gern und viel, aber mal im Stehen, mal im Laufen, manchmal auch im Sitzen, auf einem Baum oder einem Dach oder einmal sogar direkt neben dem Schornstein, um es warm zu haben – danach war er völlig rußverschmiert heimgekommen. Teo ließ den Schulmeister nie ungestört seinen Unterricht halten: Er unterbrach ihn immer wieder mit so vielen Fragen, dass am Ende der Stunde bloß er geredet hatte.

Der Tag, an dem Teo mit dem Brief nach Hause gekommen war, durch den er vom Unterricht ausgeschlossen wurde, war wirklich ein schlimmer Tag gewesen: Mein Vater hatte nichts weiter gesagt, aber er verbrachte danach die ganze Nacht unten in der Werkstatt. Ich glaube, dass er in all den Stunden keine einzige Kerze gezogen hat, sondern nur in Gedanken versunken war.

»Na, bist du zufrieden mit dem, was du angestellt hast?«, hatte ich Teo gefragt. Ich war so niedergeschlagen, als hätte ich selbst den Brief erhalten und nicht er.

Mein Bruder hatte mit den Schultern gezuckt. »Nein«, hatte er nur gesagt und war in den Garten gegangen, um sich um die Nacktschnecken zu kümmern, die im Moos neben dem Mäuerchen leben.

Teo war immer zusammen mit seinen Freunden zur Schule gegangen. Auf diese Weise stellten wir sicher, dass er nicht unterwegs verloren ging. Seit jenem schlimmen Tag sah er ihnen jeden Morgen nur noch zu, wenn sie an unserem Haus vorbeikamen. Er hatte trotzdem eine Menge zu tun: Er verbrachte die Tage damit, Steine in ordentliche Reihen zu legen, sich um Krabbeltiere zu kümmern und Wolken zu beobachten. Aber so richtig ausgelastet war er nicht damit. Ständig rief er nach mir, um mir die Geschichten zu erzählen, die er erfand, aber nach einer Weile hatte ich immer genug davon.

Seine tausend Fragen machten mich immer traurig und nervös zugleich, denn sie erinnerten mich an all die Dinge, die ich nicht wusste und die ich wahrscheinlich nie mehr lernen würde, weil ich in Talsend festsaß.

»Und jetzt geh bitte«, sagte Teo, ohne aufzublicken. »Es ist Gutenachtgeschichtenzeit für die Hornissen, und du weißt ja, wie sehr sie sich ärgern, wenn ich mich verspäte.«

Ich betrachtete ihn und konnte dabei nicht verhindern, dass ich ganz kribbelig wurde. So fühlte ich mich jedes Mal in seiner Nähe. Ich begriff nicht so ganz, warum Teo mir derart auf die Nerven ging. Mir war damals auch noch nicht klar, dass ich ihn wirklich lieb habe. Erst die Katastrophe sollte mir die Augen öffnen.

Ich verließ das Haus, um alles Nötige fürs Abendessen zu besorgen. Die Marktstände öffnen erst am späten Nachmittag, weil die Verkäufer das Licht der Sonne vorher für andere Tätigkeiten nutzen wollen. Doch dann füllen sich die Straßen mit Ständen, die von unzähligen Kerzen erleuchtet werden. Diejenigen, die heller beleuchtet sind, das sind die reicheren mit den besseren – aber auch teuersten – Waren.

Manchmal sind unter den Verkäufern finstere, vermummte Gestalten, die Laternen aus Einmachgläsern anbieten, in denen Glühwürmchen eingesperrt sind. Glühwürmchenlaternen gelten bei uns als wahrhaft grausam, weil die Insekten in den Gefäßen nicht länger als einen Tag überleben. Es heißt, dass in den Städten, in den Häusern der reichen Menschen, nur solche Laternen verwendet werden, aber das ist Tierquälerei, und wir benutzen deshalb viel lieber Kerzen.

Ich lief am Stand mit den Pantoffeln und Umhängen vorüber, dann kaufte ich bei Meister Vico ein Dutzend Eier und etwas Gemüse bei Frau Olivia, die jeden Tag von ihrer Alm herabsteigt, wo die Sonne etwas länger scheint und saftige rote Tomaten wachsen.

Es war ein Nachmittag, an dem auf dem Markt besonders viel los war, und alle Menschen wirkten gut gelaunt. Der Platz war erfüllt vom Rascheln der Stoffe, Klirren der Gefäße und Quietschen der Karren. Die Kerzenflammen tanzten fröhlich auf und ab. Der Lichterturm von Talsend erhob sich beeindruckend über meinem Kopf, obwohl er sich bestimmt nicht mit dem von Lichtberg oder den Lichtertürmen der anderen größeren Ortschaften messen konnte.

Jeder Ort in Valdombra hat einen Lichterturm, der den Reisenden den Weg weisen soll. Der von Talsend spielte in dieser Beziehung vielleicht keine so große Rolle, da es kaum Besucher gab, aber niemand hätte sich den Markplatz ohne ihn vorstellen können. Ich schaute zum Turm auf: Die verrosteten Zeiger auf der großen Uhr sagten mir, dass es Zeit für den Heimweg war.

Als ich gerade nach Hause gehen wollte, entdeckte ich unter den Leuten Meister Endimione, meinen ehemaligen Lehrer. Inzwischen ist er alt und unterrichtet nicht mehr, aber er vergisst nie ein Gesicht.

»Isadora Lucerna!«

Es war zu spät, um ungesehen zu verschwinden. Ich drehte mich also zu ihm und grüßte höflich.

»In diesen Tagen nehmen die Akademien wieder neue Schüler und Schülerinnen auf, nur wenn du hier bist, kannst du ja nicht dort sein«, fuhr Meister Endimione fort. »Also vermute ich, dass du stattdessen weiterhin deinem Vater bei der Kerzenherstellung zur Hand gehst. Ja, es ist ein angesehener Beruf, aber du bist zu jung, um dich in einen Keller zu vergraben und Dochte zu schneiden. Überleg doch mal, was du da draußen lernen könntest, denk an all die Dinge, die es zu entdecken gibt! Wie jammerschade! Als du bei mir an der Schule warst, hätte ich schwören können, dass aus dir alles Mögliche werden könnte, doch bestimmt nicht, dass dir das Los einer Kerzenmacherin beschieden wäre. Aber du weißt ja, was man sagt, oder? Die Wirklichkeit übertrifft immer die Vorstellungskraft. Na, dann guten Abend, mein liebes Mädchen.«

Meister Endimione ist schon immer so gewesen: Wenn er spricht, dann kommt kein anderer zu Wort, und oft sagt er genau das, was du nicht hören willst.

Alle Häuser in Valdombra haben auch in den Dächern Fenster. Dadurch kann man das natürliche Licht so gut wie möglich nutzen und Kerzen sparen. Während der Hauptstunden des Tages, wenn die Sonne direkt über unseren Köpfen steht, füllen sich die Häuser mit Licht, und es ist unmöglich, sich dann nicht glücklich zu fühlen. Die Kerzen dagegen erleuchten die Zimmer so, als würden sie Geheimnisse enthüllen wollen. Sie rücken Dinge ins Licht, die du sonst gar nicht bemerkt hättest, zum Beispiel ein Kästchen auf dem Regal oder den Schlüssel im Schloss einer Tür.

Trotzdem mochte ich die Fenster im Dach am liebsten, vor allem in der Nacht, denn ich hatte eines genau über meinem Bett; so konnte ich die Sterne betrachten, bis ich einschlief. Manchmal auch den Mond. An jenem Abend, ich erinnere mich genau, war er rund wie eine Münze und schien es darauf angelegt zu haben, sich genau in meinem Fenster zu spiegeln.

Neben dem Bett hing ein Regal, auf dem ein Schraubglas mit getrockneten Lavendelblüten stand, seit ich klein war. In der Truhe am Bettende bewahrte ich meine alten Schulbücher auf. Ab und zu holte ich sie hervor und las darin, selbst wenn sie mir schon seit einer ganzen Weile nichts mehr nutzten. Nach Beendigung der Schule bewarben sich einige meiner Mitschüler um einen Platz an einer der Akademien des Landes, um Wundarzt oder Schulmeister zu werden oder einen der vielen anderen Berufe zu ergreifen. Aber irgendjemand musste ja auch für Kerzen sorgen, und inzwischen war klar, dass Teo die Tradition der Familie Lucerna nicht fortsetzen würde. Was allerdings nicht daran lag, dass er nicht sorgsam genug war. Ganz im Gegenteil. Wenn er im Hof die Steine aneinanderreihte, dann ließ er zwischen ihnen immer einen millimetergenauen Abstand, sodass man nur staunen konnte. Und er hatte – zumindest im Ansatz – die Herstellung von Kerzen verstanden, ohne dass einer von uns sie ihm gezeigt hatte: Wir hatten es an dem Tag bemerkt, als wir ihn bei dem Versuch überraschten, eine Kerze im Kamin zu schmelzen, weil er auch einen Docht ans andere Ende setzen wollte. »Eine doppelte Kerze gibt doch doppelt so viel Licht, oder?«, sagte er.

Wir mussten ihm erklären, dass es so nicht funktionierte, und ihm die verbrannte Hand mit kühlenden Honigwickeln verbinden. Er hat immer noch Brandmale davon auf der gesamten Handfläche.

Daraufhin wurde beschlossen, dass Teo nicht in die Fußstapfen der Lucerna treten würde. Obwohl mein Vater es mir nie offen gesagt hatte, wusste ich, dass dies nur eines bedeuten konnte: Das würde meine Aufgabe sein. Außerdem wusste ich ja nicht einmal, ob es mir gefallen würde, an einer Akademie zu lernen.

Ich lag also auf meinem Bett, sah durch das Fenster über mir in den dunklen Himmel und betrachtete die Sterne.

»Fünfzehneinhalb«, sagte Teo von der anderen Seite des Raumes.

»Was?«

»Durch das Fenster im Dach sieht man fünfzehn Sterne und einen halben.«

»Woher willst du das denn wissen?«

»Ich habe sie gezählt.«

»Und wie kann da ein halber sein?«

»Manchmal sieht man ihn, manchmal nicht.«

»Dann zählt er nicht mit.«

»Doch, der zählt!« Er verstummte, und ich begriff, dass er schmollte. »Der Ärmste.«

In Teos Ecke gab es kein Fenster im Dach. Wir hatten sein Bett extra dorthin geschoben, denn wenn er über sich das Fenster gehabt hätte, dann hätte er die ganze Nacht Sterne gezählt und wäre nie eingeschlafen.

Ich zog mir die Decke mit den bunten Karos hoch bis zur Nase. Ob man die Sterne wohl auch aus der Nähe betrachten kann? Gibt es Orte, an denen der Himmel niedriger hängt? Oder muss man auf einen sehr hohen Berg steigen? Wie gerne wäre ich dorthin gegangen!

Über diesen Gedanken schlief ich langsam ein.

Die Katastrophe

Die Katastrophe kam mitten in der Nacht, so wie ein Einbrecher. Ein Einbrecher wäre allerdings leise und vorsichtig gewesen. Die Katastrophe dagegen gab sich keine Mühe, leise und vorsichtig zu sein.

Der Lärm war so ohrenbetäubend, dass er bis in meine Träume drang. Ich schrak sofort hoch und setzte mich in meinem Bett auf, mein Herz schlug so laut wie das Grollen, das das Haus erschütterte. Es hörte sich an wie ein Donner, aber so lang und ausdauernd? Was konnte das sein? Es war, als würde der Berg einstürzen …

Gleich darauf bemerkte ich, dass die Mauern unseres Hauses bebten. Ich sah zum anderen Bett hinüber. Teo war wach.

»Das Haus weint«, sagte er.

Staub und Putz fielen von der Decke, Risse zogen sich durch die Wände. Ich hörte meinen Vater von unten rufen: »Raus! Raus! Raus!«