Verführt vom besten Freund - Maisey Yates - E-Book

Verführt vom besten Freund E-Book

Maisey Yates

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Anna ist verzweifelt. Für eine Charity-Veranstaltung braucht sie dringend ein Date. Aber dafür muss sich die burschikose Mechanikerin erstmal in eine sexy Frau verwandeln. Nur einer kann ihr helfen: ihr bester Freund Chase McCormack. Der Rancher kennt sich aus mit Frauen. Die Sache hat nur einen Haken: Anna war schon immer verrückt nach Chase, hat ihr Verlangen bisher aber erfolgreich unterdrückt. Jetzt wird aus ihrer Freundschaft plötzlich brennende Leidenschaft. Aber ist Anna für den Playboy mehr als nur eine bedeutungslose Affäre?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 201

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Maisey Yates Originaltitel: „Take Me, Cowboy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2030 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Monika Paul

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733720827

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Ich könnte ihnen den Hals umdrehen, dachte Anna Brown, als sie Ace’s Bar betrat.

Ach, die Einladung ist für zwei? Du weißt aber schon, dass du nicht deinen Schraubenschlüssel mitbringen kannst?

Für diese dämliche Bemerkung hätte sie Daniel, einem ihrer Brüder, am liebsten eine saftige Ohrfeige verpasst. Anna hatte sich so geschmeichelt gefühlt, als die Einladung zu der Wohltätigkeitsgala, die die Familie West jedes Jahr ausrichtete, ins Haus flatterte. Doch ihre Begeisterung hatte einen gewaltigen Dämpfer bekommen, nachdem ihre älteren Brüder Daniel und Mark Wind von der Sache bekommen hatten. Unter großem Gelächter überlegten sie, was alles passieren müsste, ehe sich irgendein männliches Wesen bereit erklären würde, ihre Schwester zu diesem Event zu begleiten. Offenbar hielten sie die Vorstellung, dass Anna ein Date haben könnte, für den Witz des Jahrhunderts.

Klar finde ich jemanden, der mich begleitet, ihr Blödmänner!

Wollen wir wetten?

Warum nicht? Es geht um euer Geld.

Obwohl Anna fürchterlich gekränkt war, hatte der Spott der beiden ihren Ehrgeiz angestachelt. Jetzt, eine Stunde später, spürte sie allerdings bloß noch die Demütigung und war völlig verunsichert. Darauf zu wetten, dass sie in der Lage war, ein Date an Land zu ziehen – wie peinlich war das denn? Außerdem war sie, ehrlich gesagt, keineswegs sicher, ob sie die Wette gewinnen konnte.

Ihr letztes Date lag so lange zurück, dass es kaum noch zählte. Sie war nicht mal sicher, ob die schnelle Nummer mit Corbin Martin im sprichwörtlichen Heu überhaupt als Date durchging. Und es war bei diesem einen Mal geblieben. Gleich am nächsten Tag in der Schule hatte sich Anna nämlich bei ihrem besten Freund Chase über Corbins eher dürftige „Ausstattung“, beklagt und Corbins Selbstbewusstsein damit einen herben Schlag versetzt. Die Premiere war gleichzeitig ihre Abschiedsvorstellung gewesen.

Vielleicht wäre es nicht so gekommen, wenn die Kerle nicht solche Jammerlappen wären. Vielleicht hätte Anna heute eine ganz andere Einstellung zu Sex, wenn Corbin ihr damals bewiesen hätte, dass die Sache die Aufregung wert war. Hatte er aber nicht. Also hatte Anna ihre Meinung nicht geändert.

Jetzt aber brauchte sie ein Date.

Zielstrebig steuerte sie den Tisch an, an dem sie freitagabends normalerweise mit Chase und meist auch seinem Bruder Sam abhing. In der schummrigen Beleuchtung erkannte sie zwar, dass dort schon jemand saß, konnte aber nicht ausmachen, um welchen der McCormacks es sich handelte.

Lass es Chase sein, flehte sie im Stillen, denn eine Unterhaltung mit Sam empfand sie selbst nach all den Jahren immer noch als Schwerstarbeit. Reden war einfach nicht Sams Ding.

Als sie näher kam, hob der Mann den Kopf. Mist! Es war Sam. Wie üblich starrte er griesgrämig in sein Bier. Von Chase keine Spur.

Anna ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Hi! Harter Tag?“

„Wie immer.“

„Verstehe.“ Das Gute bei Sam war, dass Anna sicher sein konnte, dass es nicht an ihr lag, wenn die Unterhaltung nicht so recht in Schwung kam.

Während sie überlegte, ob sie sich einen Drink an der Theke holen oder warten sollte, bis jemand kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, sah sie sich um. Ihr Blick blieb an einem Mann mit schwarzem Cowboyhut hängen. Sein Gesicht lag im Schatten, aber die Frau, die vor ihm stand, himmelte ihn an, als wäre er die Erfüllung all ihrer Wünsche. Auch Anna konnte die Augen kaum abwenden: breite Schultern, breite Brust, Hände von der Sorte, bei der Anna schon mal ins Grübeln geriet, ob es sich nicht doch lohnen könnte, der Sache mit dem Sex eine zweite Chance zu geben.

Er lehnte lässig an der Wand, und als er etwas sagte, geriet die kleine Blondine vor Aufregung ganz aus dem Häuschen. Wie sich das wohl anfühlt, überlegte Anna, wenn ein Kerl nur Augen für dich hat? Wenn dich ein Mann als Sexobjekt betrachtet anstatt als Saufkumpan?

Einen kurzen Augenblick lang beneidete sie die Frau. Die hatte sicher kein Problem, ein Date zu finden. Hundertpro wusste die auch, was man zu einer schicken Party anzog und wie man sich dort benahm. Und wie sie sich verhalten sollte, wenn ihr Begleiter sie nach der Party zu sich nach Hause einlud. Ihr wäre das nicht peinlich; sie würde deshalb auch keine Witze reißen oder albern herumkichern, wenn er zur Sache kam.

Bei einem Kerl wie dem da drüben würde vermutlich nicht mal Anna kichern. Muskeln wie Stahl und dann dieses Lächeln. Ein Blick aus diesen gefährlich glitzernden Augen, und Anna würde … Keine Ahnung. So weit reichte Annas Vorstellungskraft einfach nicht. Trotzdem war ihr auf einmal gut warm geworden.

Doch schon im nächsten Moment lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Der Typ schob den Hut in den Nacken und drehte den Kopf ein wenig zur Seite, sodass das Licht der Deckenlampe auf sein Gesicht fiel. Aus der Fantasiegestalt wurde ein Mann aus Fleisch und Blut, und Anna fiel aus allen Wolken, als ihr klar wurde, wen sie da angeschmachtet hatte: keinen anderen als Chase McCormack, ihren allerbesten Freund und Kumpel, den Mann, für den sie sich Gefühle unterhalb der Gürtellinie jahrelang eisern abtrainiert hatte.

Sie blinzelte ein paarmal panisch, ballte die Hände zu Fäusten und versuchte die Schmetterlinge, die hektisch in ihrem Magen herumflatterten, wieder einzufangen. „Ich hole mir einen Drink“, sagte sie zu Sam. Und werde mit Ace ein Wörtchen über die miserable Beleuchtung hier drinnen reden.

Ihr Herz klopfte immer noch wie verrückt, als sie sich von Ace ein Pale Ale zapfen ließ. Und als eine tiefe Stimme hinter ihr sagte: „Mach bitte zwei draus“, setzte es für den Bruchteil einer Sekunde vollständig aus.

Anna fuhr herum und starrte auf Chase’ Brustkorb. Eigentlich war sie diesen Anblick gewohnt, aber heute stand Anna wegen der überraschenden Einladung und ihrer idiotischen Brüder irgendwie neben sich.

„Ein Pale Ale?“ Sie trat einen Schritt zurück, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Auch diesen Anblick sollte sie eigentlich gewohnt sein. Chase’ Züge waren außergewöhnlich symmetrisch. Er hatte eine markante Kieferpartie, eine gerade Nase, dichte Augenbrauen und dunkle Augen, die einen so eindringlich musterten, dass es fast schon unanständig war. Sie bohrten sich förmlich durch die Kleidung. Nicht dass Chase sich dafür interessierte, was Anna unter den Klamotten zu bieten hatte. Nicht dass Anna das irgendwie erstrebenswert gefunden hätte. So einfältig war sie nicht.

„Seit wann trinkst du Pale Ale?“ Im Grunde konnte es ihr egal sein, was er trank. Es ging ihr nur darum, sich selbst daran zu erinnern, wen sie vor sich hatte und dass sie diesen Mann besser kannte als sich selbst. Und darum, nicht mehr an den Anflug von geistiger Umnachtung von vorhin denken zu müssen.

„Ich gehe heute voll auf Risiko.“ Wenn er lächelte, hob sich nur einer seiner Mundwinkel. Das zerstörte zwar die Symmetrie, die Anna gerade noch bewundert hatte, aber irgendwie machte es ihn noch attraktiver.

„Blödsinn! Bungee-Jumping an den Multnomah-Fällen, das ist Risiko, aber mal die Biersorte wechseln? Nee, McCormack!“

„Seit wann kennst du dich mit Risiko aus?“

„Ich kenne mich auf einigen Gebieten aus. Bier und Motoröl gehören zu meinen Spezialitäten.“

„Dann lasse ich mich natürlich gerne eines Besseren belehren.“

„Dein Glück. Ich bin heute nämlich richtig mies drauf.“ Anna beugte sich über den Tresen, um Ace beim Zapfen zu beobachten. „Was ist eigentlich los mit dir? Wieso hast du die vollbusige Blondine stehen gelassen?“

Sein Lachen vibrierte in Annas Brust und verteilte sich in kleinen Wellen über ihre ganze Wirbelsäule. „Kein Interesse.“

„Für mich sah das aber ganz anders aus.“

„Tja.“

„Du bist ganz schön sprunghaft.“

Er sah sie ein bisschen zu direkt an. „Raus damit! Welche Laus ist dir heute über die Leber gelaufen?“

„Ach, es ist doch immer dasselbe.“

„Ärger mit deinen Brüdern?“

„Du hast es erfasst.“

Ace stellte ihnen die gefüllten Gläser hin. „Das geht auf ihn“, sagte Anna und deutete auf Chase.

Ace grinste sie ihn. „Siehst gut aus, Anna.“

„Nicht anders als sonst“, erwiderte sie mit einem Blick auf das verwaschene graue T-Shirt und die verblichene Jeans.

„Sag ich doch“, sagte Ace und blinzelte ihr zu.

Ace sah ganz schnuckelig aus auf seine bärtige, flanellhemdsärmelige Art, fiel Anna auf. Ob er vielleicht …? Andererseits hatte er als Barbesitzer natürlich die freie Auswahl unter den weiblichen Gästen, also verwarf sie den Gedanken so schnell, wie er gekommen war.

Chase reichte ihr ein Glas, und Anna nahm es, sorgfältig darauf bedacht, seine Finger nicht zu streifen. Vorsichtsmaßnahmen dieser Art waren ihr zur zweiten Natur geworden. Seit der Pubertät hatte sie sich darauf getrimmt, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie schon unter Strom stand, wenn Chase nur in ihre Nähe kam.

„Komm, wir leisten Sam Gesellschaft“, schlug sie vor. „Er sieht einsam aus.“

Chase lachte. „Du weißt genau, dass er am liebsten seine Ruhe hat. Wenn ich ihn nicht gezwungen hätte herzukommen, säße er immer noch zu Hause. Irgendwann wird er noch mit den Möbeln verschmelzen.“

Sie gingen zum Tisch zurück, und Chase quetschte sich neben seinen Bruder auf die Bank. „Wir haben gerade gesagt, dass du bald ein richtiger Einsiedler wirst.“

„Bin ich das nicht längst? Muss ich meine Verachtung für meine Mitmenschen etwa noch deutlicher zum Ausdruck bringen?“ Sam trank einen Schluck Bier. „Ich spiele eine Runde Darts. Bin gleich wieder da.“

In dem verlegenen Schweigen, das sich über den Tisch senkte, nachdem Sam gegangen war, fiel Anna auf, dass Chase’ Kehlkopf hüpfte, wenn er trank. Sie bemerkte, wie sich die Muskeln seines Unterarms bewegten, wenn er das Glas auf den Tisch stellte, wie es klang, wenn er sich räusperte, sie beobachtete seine Atemzüge.

Sag mal, geht’s noch? Energisch lehnte sie sich zurück, hob das Glas an die Lippen und ließ den Blick durch die Bar schweifen. Es war Freitagabend. Ganz Copper Ridge, Oregon, hatte sich bei Ace’s versammelt, um die letzten Spuren der Arbeitswoche mit Alkohol wegzuspülen. Für Anna war die Arbeitswoche jedoch noch nicht vorbei. Genau wie Farmer und Rancher kannte sie kein Wochenende. Sie war immer zur Stelle, wenn eine Maschine repariert werden musste, besonders jetzt, wo sie gerade erst ihren Job in einer Autowerkstatt gekündigt hatte, um sich mit einer eigenen Werkstatt für schwere Landmaschinen selbstständig zu machen. Damit hatte der Schlamassel ja angefangen. Jetzt hatte sie diese Wohltätigkeitsgala am Hals und diese bescheuerte Wette.

„Womit haben sich deine Brüder denn diesmal deinen Groll zugezogen?“, erkundigte sich Chase plötzlich und riss Anna aus den Gedanken.

„Och, mit allem Möglichen.“ Irgendetwas hielt sie davon ab, ihm den genauen Grund zu verraten. Es lag wahrscheinlich daran, dass ihr die Angelegenheit ungeheuer peinlich war.

„Das ist ja nichts Neues. Aber warum willst du ausgerechnet heute ihre Köpfe rollen sehen?“

Sie fixierte die Deko an der Wand gegenüber, um Chase nicht ansehen zu müssen. „Sie haben gewettet, dass kein Kerl bereit ist, mich zu diesem Dings zu begleiten, zu dem ich eingeladen wurde.“ Sie holte tief Luft. „Und ich fürchte, sie könnten recht behalten.“

Wenn es um Anna ging, benahmen sich Daniel und Mark tatsächlich wie Vollidioten, so viel hatte Chase mitbekommen. Diese Nummer aber war selbst für ihre Verhältnisse ziemlich mies.

Nachdenklich musterte er Annas Profil. Sie hatte das dunkle Haar zu einem Zopf geflochten, Ölflecken sprenkelten ihr graues T-Shirt, auch die Hände waren ölverschmiert, Öl auch unter den Fingernägeln.

Anna war keine Frau, nach der sich viele Männer umdrehten, aber das war beabsichtigt, wie er vermutete. Sie war nicht schön im herkömmlichen Sinn – was überwiegend am Motoröl lag. Doch das hieß noch lange nicht, dass keiner mit ihr ausgehen wollte.

„Wie kommst du auf die Idee?“

Sie zog die Augenbrauen hoch, schnaubte verächtlich und breitete die Arme aus. „Deswegen!“

Chase musterte sie. Gründlich. Wie ein Mann eine Frau eben musterte. Genau genommen war er ja auch ein Mann und sie eine Frau, bloß in ihrem speziellen Fall spielte das keine Rolle. Chase hatte Anna in den vergangenen fünfzehn Jahren praktisch jeden Tag gesehen, deshalb fiel es ihm schwer, so zu tun, als sähe er sie zum ersten Mal, aber er bemühte sich redlich.

Sie hatte eine hübsche Nase und volle, schön geschwungene Lippen. Die Oberlippe war ein bisschen voller als die Unterlippe, das war ungewöhnlich und irgendwie, na ja, nicht sexy, schließlich handelte es sich um Anna, aber interessant.

„Mit ein bisschen Muskelschmalz kriegst du die Schmiere leicht weg“, sagte er. „Männer sind sowieso recht simpel gestrickt.“

Sie runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“

„So, wie ich es gesagt habe. Es braucht nicht viel, um die Aufmerksamkeit eines Mannes zu erregen. Gib ihm, was er will …“

„Wie bitte? Willst du damit etwa sagen, dass ein Mann, wenn es um Sex geht, sogar eine schraubenschlüsselschwingende Furie wie mich in Kauf nehmen würde? Weißt du, wie beleidigend das ist?“

„Du bist keine schraubenschlüsselschwingende Furie. Du bist eine Frau, die mich mit ihrem Schraubenschlüssel ohne Umschweife niederknüppeln würde. Muss ich denn jedes Wort auf die Goldwaage legen?“ Er räusperte sich. „Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass du mit Sicherheit einen Begleiter findest, wenn du es darauf anlegst.“

Die vollen Lippen hatten sich zu einem dünnen Strich verzogen, die grünen Augen glitzerten bedrohlich. „Indem ich meinen Overall bis zum Nabel aufknöpfe?“

Chase hatte gerade einen Schluck Bier getrunken und verschluckte sich prompt angesichts des Bildes, das ihre Worte heraufbeschworen. Schließlich war er nur ein Mann. Seine beste Freundin, bekleidet mit einem Arbeitsoverall, dessen Reißverschluss bis an die Taille offen steht, mit nichts darunter als nackter Haut – eine verstörende Vorstellung.

Stopp. So lief das nicht. Nicht mit Anna. Ausgeschlossen. Sie waren seit der Highschool befreundet, und er hatte sogar die Pubertät überstanden, ohne allzu intensiv an ihre Brüste zu denken. Jetzt war er dreißig und konnte Sex haben, wann immer ihm danach war. Brüste hatten die Aura des Geheimnisvollen verloren, und auf keinen Fall würde er sich verleiten lassen, die Geheimnisse von Annas Brüsten zu erforschen.

„Es könnte nicht schaden“, entgegnete er schärfer als beabsichtigt. Sie hatte ihn gehörig aus dem Konzept gebracht.

„Danke, ich kann es mir ja mal durch den Kopf gehen lassen. Abgesehen davon, hast du auch brauchbare Tipps auf Lager? Ich fürchte, ich werde mich zu diesem Anlass in Schale werfen müssen, aber natürlich habe ich nichts Passendes. Ich tauge nicht zum Mädchen, wie Mark und Daniel nicht müde werden zu betonen.“

„Das stimmt doch gar nicht. Und überhaupt: Seit wann gibst du was auf die Meinung der beiden? Oder auf die von sonst jemandem?“

„Seit ich ein eigenes Geschäft habe.“

„Den Leuten, die ihre Landmaschinen bei dir reparieren lassen, ist es egal ob du in High Heels laufen kannst.“

„Aber ich will nicht daherkommen wie …“ Sie seufzte. „Chase, sei mal ehrlich: Ich habe noch nie wirklich dazugehört. Anders als zu unserer Schulzeit sind die Leute zwar inzwischen nett zu mir, aber sie lassen mich trotzdem spüren, dass ich keine von ihnen bin. Und das habe ich so satt! Ich würde keinen Pfifferling darum geben, was meine Brüder behaupten, wenn sie nicht in so vielen Punkten recht hätten. Ich bin es leid, immer das bedauernswerte Mädchen zu sein, das ohne Mutter aufgewachsen ist und deshalb nie gelernt hat, wie man sich benimmt. Ich will die Frau sein, die jeden Motor zum Laufen kriegt und Overalls genauso selbstverständlich trägt wie High Heels.“

„Nicht in dieser Kombination, hoffe ich.“

Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ich will das durchziehen.“ Ihre Augen funkelten. „Ich darf das nicht vermasseln.“

„Das wirst du nicht, keine Panik. Was ist das überhaupt für ein Event, wo du in High Heels antanzen willst?“

Copper Ridge konnte man nicht gerade als Hochburg des gesellschaftlichen Lebens bezeichnen. In der kleinen Stadt, die zwischen den immergrünen Bergen und dem stahlgrauen Meer an der Küste von Oregon eingebettet lag, lebten vermutlich mehr Hirsche als Menschen, daher war es nicht unwahrscheinlich, dass Anna aus einer hinterwäldlerischen Mücke einen Elefanten machte.

„Na, dieses Wohltätigkeitsdings, das die Wests jedes Jahr veranstalten“, brummte sie, „‚Gala unter den Sternen‘ oder so.“

Jedes Jahr lud die Familie West die einflussreichsten Personen der Stadt zu einer Benefizveranstaltung zugunsten der Schulen am Ort auf ihren Landsitz ein. Die McCormacks gehörten zu den ersten Familien, die sich im 19. Jahrhundert in Copper Ridge niedergelassen hatten. Ihre Schmiede wurde ein wichtiger Anlaufpunkt für die Bewohner der Stadt und der umliegenden Ortschaften. Aber mit dem industriellen Wandel ging das Geschäft den Bach hinunter. Die Familie hielt sich gerade noch über Wasser, als Chase’ Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. Obwohl er da erst in der Highschool war, erhielt er weiterhin regelmäßig Einladungen zu der Gala. Genauso regelmäßig landeten die auf dem Stapel unbeantworteter Briefe und unbezahlter Rechnungen. Bis ihn eines Tages die Sekretärin der Wests anrief und sich erkundigte, warum er nicht einmal antwortete. Er hatte sie alles andere als höflich abfertigt. Seither blieben die Einladungen aus, was ihn nicht sonderlich überraschte, und er hatte keinen weiteren Gedanken daran verschwendet. Bis heute.

Sam und er hielten den Laden zwar am Laufen, aber Chase wollte mehr. Sie besaßen ein wenig Vieh, aber das Herz der Ranch bildeten Schlosserei und Sattlerei, wo sie maßgefertigte Metall- und Lederprodukte herstellten. Die Nebengebäude waren alle vermietet, unter anderem an Anna, die in einer der Scheunen ihre Werkstatt betrieb. Sam und er hatten einiges erreicht seit dem Tod ihrer Eltern, aber Chase war noch nicht zufrieden.

Er hatte seinem Vater versprochen, sich seines Erbes würdig zu erweisen und den Namen McCormack wieder groß herauszubringen. Für die Familie, nicht für sich selbst. Dieses Versprechen hatte er am Grab seines Vaters abgelegt, denn bis zu dem tragischen Unfall hatte Chase nur Flausen im Kopf und mit der Familientradition nicht viel am Hut.

Er würde Wort halten. Doch um die McCormack Iron Works zu ihrer alten Größe zurückzuführen, brauchten sie Geld. Und Investoren.

Chase hatte schon immer ein Händchen fürs Geschäft gehabt. Schon früh hatte er mit dem Gedanken gespielt, Copper Ridge den Rücken zu kehren, zu studieren und später einen Job in der Großstadt anzunehmen. Aber es war anders gekommen. Plötzlich ging es nicht mehr nur um ihn, sondern um das Familienvermächtnis. Weggehen, studieren, das alles kam nicht mehr infrage.

Chase erkannte genau, wo es im Betrieb hakte, und wusste, wie er das ändern konnte. Nächtelang brütete er über Expansionsplänen und überlegte, wie er die Leute davon überzeugen konnte, dass sich maßgefertigte Tore, Türen und Geländer für Privathäuser und Geschäftsimmobilien und handgearbeitete Sättel und Zaumzeug trotz des höheren Preises bezahlt machten. Doch um seine Modernisierungspläne durchzusetzen, brauchte Chase Investoren.

Für eine Einladung zu dem Event bei den Wests würde Chase über Leichen gehen. Anna hatte eine Einladung bekommen! Sie suchte einen Begleiter, er suchte eine Möglichkeit, an Nathan West heranzukommen. Wieder einmal, wie so häufig in den langen Jahren ihrer Freundschaft, ergänzten sie einander perfekt.

„Ich begleite dich.“

Sie schnaubte. „Das lassen meine Brüder nicht gelten.“

Da war was dran. Anna und er waren seit Ewigkeiten befreundet, und Annas Brüder würden sich kaum davon überzeugen lassen, dass sich Chase’ Gefühle urplötzlich gewandelt haben sollten, schon gar nicht, wenn es um eine Wette ging.

„Stimmt. Nicht, weil mit dir was nicht stimmt“, versicherte er, als er bemerkte, wie sie die Stirn runzelte. „Es ist einfach zu offensichtlich. Wir müssten die Leute davon überzeugen, dass sich zwischen uns tatsächlich etwas verändert hat.“

„Wie meinst du das?“

„Wir müssten es langsam angehen. Den Leuten beweisen, dass zwischen uns was läuft.“

„Ich bin doch noch nicht mal dein Typ.“

Er dachte an die Blondine von eben mit ihrem hautengen Minikleid, dem langen, seidig schimmernden Haar, dem einladenden Lächeln und den Kurven, die gefährlicher waren als die Serpentinen des Highway 101. Die war definitiv sein Typ.

Und sie war nicht Anna – ungeschminkt, finsterer Blick und kurventechnisch eher verhalten. Er räusperte sich. „Ach, ein bisschen weniger Motoröl, ein bisschen mehr Lippenstift …“

Sie schnitt eine Grimasse. „Die reinste Folter!“

„Was wolltest du denn anziehen?“

Sie ruckelte nervös auf ihrem Stuhl herum. „Ich habe eine schwarze Jeans, aber notfalls könnte ich mir natürlich auch ein Kleid kaufen.“

„Was schwebt dir da so vor?“

„Irgendwas mit Blümchen? Knielang?“

„Wie das, das sich Scarlett O’Hara aus Vorhängen näht?“ Anna liebte alte Filme und verstand die Anspielung. „Vergiss es.“

Sie funkelte ihn wütend an. „Was verstehst du denn von Kleidern?“

„Ich verbringe eine Menge Zeit damit, sie den Damen vom Körper zu schälen.“

Anna wurde knallrot. Sie wandte sich ab, und irgendwie fühlte sich das gar nicht gut an, wie Chase entdeckte.

„Wieso willst du eigentlich mitkommen?“, fragte sie, ohne ihn anzusehen.

„Ich möchte Nathan West und möglichst viele andere Geschäftsleute überreden, in unsere Firma zu investieren, und ihnen beweisen, dass Sam und ich uns in ihren Kreisen bewegen können. So eine Chance bietet sich nicht alle Tage. Ich brauche diese Einladung, und du würdest deine Wette gewinnen.“

„Außer, Dan und Mark lassen dich nicht gelten.“

„Sie haben aber nicht explizit ausgeschlossen, dass du dir jemanden als Begleitung suchst, oder?“

„Aber das entspricht nicht der Wette.“

„Ist doch egal. Wenn ich dich erst mal angelernt habe, kannst du dich vor Dates sowieso kaum mehr retten.“

„Wie Eliza?“

Chase kannte das Musical „My Fair Lady“, in dem eine einfache Blumenverkäuferin von einem Professor zu einer eleganten Dame gemacht wird, zwar nur vom Hörensagen, aber er war sicher, dass Anna darauf anspielte. „Ja“, sagte er nachdenklich, „genau. Ich mache noch eine Frau aus dir, Anna.“

2. KAPITEL

Anna kippte vor Lachen fast vom Stuhl. „Du willst eine Frau aus mir machen?“, prustete sie. „Weißt du, das ist selbst für deine Verhältnisse ganz schön arrogant! Ich wurde als Frau geboren, schon vergessen?“

„Okay, okay“, brummte Chase, „dann mache ich halt keine Frau aus dir.“

Die Art, wie er das sagte, verlieh dem Satz plötzlich eine ganz andere Bedeutung, und Annas Gedanken drifteten in eine Richtung, die sie in Verbindung mit Chase nie, nie, nie einschlagen durften, wenn Anna nicht ihre geistige Gesundheit und Chase’ Freundschaft riskieren wollte. Ihr Hals fühlte sich auf einmal rau und trocken an, und sie musste sich räuspern. „Das will ich meinen.“

„Was ich damit sagen wollte: Du brauchst ein Date, ich will zu dieser Party. Und du machst dir Sorgen darüber, was man in der Stadt über dich denkt.“

„Korrekt.“ Fürs Geschäft spielte es keine Rolle, wie Anna sich auf der Gala präsentierte. Den Kunden war es völlig gleichgültig, ob diejenige, die ihre Landmaschinen reparierte, wusste, welcher Lippenstift zu welchem Typ passte. Doch das war nicht der springende Punkt.

Die Familie Brown war so etwas wie das Wohltätigkeitsprojekt der Stadt. Aufgewachsen war Anna in einem heruntergekommenen Haus am Stadtrand. Ihr Vater, alleinerziehend, steckte bis über beide Ohren in Schulden und rackerte sich von früh bis spät in einer Fabrik ab, sodass Anna im Grunde von ihren Brüdern großgezogen wurde. Anna liebte die beiden, auch wenn ihre Beziehung nicht einfach war. Immer wieder kam es zu kleineren Unfällen, wenn die Geschwister sich balgten, aber Anna gab sich unverwundbar, und schon bald hielten die Jungs sie dafür.

Mittlerweile fühlte sie sich aber ein bisschen angeschlagen unter ihren Overalls und dem Motorenöl. Es fiel ihr immer schwerer, nach außen hin eine Ihr-könnt-mich-mal-alle-Fassade aufrechtzuerhalten, wenn darunter eine offene Wunde schwärte. Denn der Schutzschild wurde mürbe unter den heftigen Schlägen, die er einstecken musste.