Verse 1883 - 1904 - Otto Erich Hartleben - E-Book

Verse 1883 - 1904 E-Book

Otto Erich Hartleben

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Beschreibung

Dieser Sammelband beinhaltet die wichtigsten lyrischen Werke des deutschen Schriftstellers: Der Sünder Moderne Oden Das Confirmationskleid Lili Lore Revolverle Prosa der Liebe Cirruswolken Sappho Freunde und Menschen Biblische Geschichten Jessica Pierrot marié

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Meine Verse1883 - 1904

Otto Erich Hartleben

Inhalt:

Otto Erich Hartleben – Biografie und Bibliografie

Der Sünder

Moderne Oden

Die Geburt der Sterne

Lied des Trotzes

Das Confirmationskleid

Morituri

Lili

Ad notam

Puck

Liebe und Lyrik

Lore

Gottvertraun zum Bayonette

Alfred

Lass gut sein, Mutter!

Lore

Die Fremde

Herbststurm

Ein Erinnerungsblatt

Die Sternenwacht

Morgenklagen

Revolverle

Die Wiederkunft

Prosa der Liebe

Gleichheit

Wir sind die Saat

Die Taube

Maria

Cirruswolken

Das welke Blatt

Rückkehr zur Natur!

Ein Gesicht

Ein Sonnenuntergang

Das verwunschene Haus

Ein Traum vom Tode

Wieder im Mond!

Die Brüder

Die Kirschenblüthe

Sappho

Freunde und Menschen

Ein Lied vom Wein

Lore

Biblische Geschichten

1. Das Buch Ruth

2. Der levitische Mann

3. Vom Baal zu Babel

4. Der Prophet Jona

1. Die Flucht vor dem Herren

2. Das Gebet

3. Ninive

4. Die Kürbisranke

Gottesdienst

Jessica

1. Coquett?

2.

3. Herbstblatt

4. Flucht

5. Scherzo

6. Aus einem Briefe

Des Sommers Ruhe

Tristan-Sonett

Äffchen

Der letzte Ton

Matrei

Pierrot und der Esel

Pierrot marié

1. Die Würfel

2. Die Werbung

3. Die Düte

4. Die Hörner

5. Hochzeitsreise

Morgen-Singsang

Der Magdalenenwein

Kinderköpfchen

Fasching

Verlorene Nacht

Morgentraum

Elegie

Französisches Wiegenlied

Franzensfeste

Im Lande der Thorheit

Die Fackel

Der Abenteurer

Von reifen Früchten

Auf Reisen

Liebesfeier

Fontana Trevi

In stiller Sommerluft

Gesang des Lebens

Epistel

Erfülltes Schweigen

Campagna

Morgen

Rosenmontag

San Giovanni

Der Dichter

Ein Abschied

Annemarie

Cunettone

In der Sonne

Das Thor

Frauenliebe

Enis vor Harun al Raschid

Schneeschmelze

Meine Verse, O. E. Hartleben

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849627102

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

Otto Erich Hartleben – Biografie und Bibliografie

Schriftsteller, geb. 3. Juni 1864 in Klausthal, verstorben am 11. Februar 1905 in Salo am Gardasee. Studierte die Rechte, verließ jedoch schon im Juli 1890 den Staatsdienst, um sich ausschließlich der Literatur zu widmen. H., der seinerzeit dem Kreise der Berliner »Freien Bühne« angehörte, hat sich durch seine an guten französischen Meistern gebildete künstlerische Form, zumal im Drama, wie durch seinen geistreichen Humor hervorgetan. Er veröffentlichte die vortreffliche Übersetzung der wunderlichen Gedichte »Pierrot Lunaire« von Albert Giraud (Berl. 1893), ferner: »Zwei verschiedene Geschichten« (Leipz. 1887; 2. Aufl. u. d. T.: »Die Serényi«, Berl. 1891 u. ö.), »Die Geschichte vom abgerissenen Knopf« (Berl. 1893, 10. Aufl. 1901), »Vom gastfreien Pastor« (das. 1895, 12. Aufl. 1903), »Der römische Maler« (das. 1898), »Liebe kleine Mama« (Münch. 1904). Am meisten Erfolg hatte er aber als Bühnendichter mit den Komödien »Angele« (Berl. 1891), »Der Frosch. Familiendrama nach Henrik Ipse«, Parodie (das. 1891), »Hanna Jagert« (das. 1893, 3. Aufl. 1902), »Die sittliche Forderung« (das. 1897, 4. Aufl. 1898), »Ein wahrhaft guter Mensch« (das. 1899) und dem Einakterzyklus »Die Befreiten« (das. 1899, 2. Aufl. 1901); auch das Schauspiel »Ein Ehrenwort« (das. 1894, 2. Aufl. 1902) übte mit seinen grellen Effekten starke Wirkung auf den Bühnen aus; doch den größten Beifall fand die 1902 mit dem Grillparzer-Preis gekrönte Offizierstragödie »Rosenmontag« (das. 1900, 10. Aufl. 1901), in der die wenig originelle Handlung durch eine vortreffliche Darstellung des Milieus gehoben ist. Seine lyrischen Gedichte vereinte H. in der Sammlung »Meine Verse« (Berl. 1895), dazu als zweiter Teil: »Von reisen Früchten« (Münch. 1903). Ferner veröffentlichte er eine geschickte chronologische Auswahl aus Goethes Gedichten: »Goethe-Brevier« (Münch. 1895, 2. Aufl. 1901), und aus Johann Schefflers »Cherubinischem Wandersmann« die Sammlung: »Angelus Silesius« (Berl. 1896, 2. Aufl. 1904).

1883-1904

 Odi profanum ...

  Hasse den Pöbel! Halt dir das Volk vom Leib!

  Der theuren Sippschaft weise mit Hohn die Thür,

  und singe stolz die eignen Lieder,

  bauend auf dich und die heil'ge Dichtkunst!

1894.

Dir, der Wahrheit, gelte des ernsten Sängers

erster Laut! Dir ficht er des Geistes Kämpfe,

deiner Krone blitzender Strahl erhob und

bannt seinen Blick nun!

Opferdampf stieg von der befleckten Erde

wahrlich niemals herrlicher auf zum Himmel,

denn, da dein Wort Märtyrerblut besiegelt,

heilige Wahrheit,

da der Pfaff sich, Pfaffe zugleich und Henker,

an der Gluthqual denkender Menschen letzte,

da im Rauch sein Blick und des Ketzers Blick wie

Dolche sich kreuzten! –

Jene Gluth, entglommen dem Schooss des Dunkels,

überwand siegreich den Bezirk der Scheite,

als des Dunkels Feind, und der Strom der Zeiten

wird sie nicht löschen!

Nein! Sie glüht! Und wärs in den fernsten Tagen,

Asche wird die finstere Tempelhalle,

drin, geknechtet, seufzet der Geist der Menschheit!

Hegend und reifend

eine Saat, die spätere Enkel ernten,

fasst sie Herzen, die sie entflammt zum Trotze:

ihre Macht verkündigend, hat sie meine

Lieder befeuert.

Der Sünder

1

Wenn ich den Wellenschlag des Meeres höre,

eintönig rauschend, Nachts, in dunkler Stunde,

aufblutet des Gewissens alte Wunde,

so stark ich auch mich wider mich empöre.

Ich seh ein Weib, gehüllt in Trauerflöre,

das murmelt dumpf mit todesblassem Munde,

was mich vor Graun erbeben macht, die Kunde,

dass sie der Schande Fluch im Grabe störe.

Weh meinem fiebergluth-durchlohten Hirne!

Ich seh sie winken mir mit schmalen Händen –

und kalte Tropfen perlen von der Stirne.

Der Rache Faust seh ich auf mich sie wenden,

weil sie durch mich erniedrigt ward zur Dirne –

in Qualen fühl ich meine Nächte enden.

2

Des Morgens, wenn am Strande noch der Hauch der Nacht

weht, wenn im Osten kaum das Frührothlicht erwacht,

wenn sich die Wellen färben – irr ich schon verstört

und stehe, wo am Steine sich der Schwall empört,

und schau hinaus aufs unermessne, öde Meer,

trocken und starr die Augen und die Brust so leer ...

Allmählich wohl vergess ich meine Schuld und Qual.

Ich denke dann des Tages, da zum ersten Mal

ich sie gesehn, das blonde, märchenschöne Kind.

Die Thür der armen Hütte, drin sie sitzt und sinnt,

steht wieder offen, wieder hemm ich meinen Fuss,

der schon vorübereilen wollte .. ersten Gruss

wagen die Augen, ihre Hand erbebt .. doch blieb

haften ihr Blick in meinem tief –: hast du mich lieb?.. mich lieb?..

Zurück! Schon zischt die Welle unter dir! Die Fluth,

sie steigt .. und wieder drängt sie an mit alter Wuth!

3

Die Woge funkelt. Warme, weiche Sommernacht

sank nieder, doch am Strande lebt es noch und lacht.

Da freuen frohe Menschen sich am seltnen Spiel,

das die Natur spielt, jauchzen, wenn die Welle fiel

und blinkte ...

Aber freudefeindlich, fern dem Schwarm

wandl ich allein und nähre finster meinen Harm,

Zu meinem Herzen redet die Natur nicht mehr,

mir schweigt des Lenzes Saatengrün, mir schweigt das Meer.

Ehmals wohl fasste Wonne meine Seele ganz:

ich kniete, wenn am Meeressaum der Sonnenglanz

aufglomm, und hehre Schauer füllten mir die Brust.

Kam eine Nacht, voll Scheideleid und Liebeslust,

kam eine Nacht, sternblinkend wie die heutige zwar,

die doch unendlich schöner wie die heutige war!

Ich lag zu Füssen der Geliebten, sah empor

zu des geflammten Himmels ewiger Pracht und schwor:

So wahr erhabene Andacht meine Seele füllt,

da heilige Ruh in Schlummer alles Leben hüllt,

da niederblitzt das Sternendiadem der Nacht:

scheiden von dir soll nimmer mich der Welten Macht!

Ich kehre wieder, eh der Herbst die Blätter raubt,

du bist mein Weib, eh übers Feld der Winter schnaubt! –

Seit jener Nacht spricht die Natur zu mir nicht mehr,

mir schweigt des Lenzes Saatengrün, mir schweigt das Meer.

4

Frischer Windhauch strafft mir der Segel Seile,

lässt die Fluth aufspritzen in hellen Kämmen,

hei! der sturmschnell eilende leichte Nachen

hebt sich und senkt sich.

An der Stirne kleben die feuchten Locken,

und das Hirn durchbohren die Gluthgedanken.

Wirr und rastlos flattert das Haar der Furie,

züngeln die Nattern! –

Dass ein Gott wär, dem ich mich beugen könnte!

Dass ein Gott wär, welcher mich strafen dürfte!

Jauchzend wollt ich, sühneberauscht und büssend,

tauchen ins Weltmeer!

Beuge die Zweige nieder, herbstlicher Wind,

wirble die Blätter empor

und sättige mir die brennende Stirne

mit den verwehten Tropfen der Nacht!

Sternlos lastende Nacht,

willig leihst du dem Werk der Zerstörung,

das am prangenden Wald übt der gewaltige Feind,

deinen Mantel und deckst den Frevel.

Hast auch mir, verheerend die junge Seele,

tief beschattet den Pfad,

wenn das sinnverwirrende Weib

mich zur Stelle beschied.

Wenn ich gebebt in entehrenden Banden,

wenn ich gerungen mit Macht wider umstrickende Qual,

hast du mir tückisch ins Ohr geflüstert:

Geborgen ist in meinem Schooss dein Haupt

und meine Schatten

tilgen die Röthe der Scham von den glühenden Wangen. –

Sternlos lastende Nacht, nun bin ich dein,

hast mich hinuntergezogen in deine Beschattung,

trostlos lagert mein Haupt in deinem Schooss.

Die Schönheit leuchtet mir,

wie fernes Licht dem Wandrer

auf irrem Pfade.

Wolken der Schuld

wallen ums Haupt,

doch nimmer verhüllt

strahlet hindurch

jene Leuchte.

Du hast gehoben

aus der Zukunft Horizont

an den hohen Himmel mir

des Lebens Licht!

Nun gleicht der Gluth

die Lebensluft,

in die mein Dasein

du gebannt –

seis, dass verzehrt sie

mich und mein Leben,

seis, dass sie leuchte

in Glanz unserm Glück.

Moderne Oden

1

Nicht sank in Schwachheit unserer Sprache Kunst,

seitdem verhallt ist früher Heroen Schritt –

wir wandeln weiter ihre Bahnen

tönenden Fusses – und schauen lichtwärts.

Wir meistern, stolz nicht minder wie jene, noch

das Wort, und kunstreich meisselt die sichre Hand

aus deutscher Sprache reinstem Marmor

nimmer-vergänglicher Formen Schönheit.

Denn für der Menschheit heilige Güter schlägt

auch uns das Herz. Die fröhliche Flammengluth,

die ewig zu den Sternen deutet,

loht auch in uns von dem Grund der Seelen.

Wie Göttern einst der lockigen Hebe Hand

geschenkt den Nectar ewigen Jugendmuths,

so wollen wir in alten Schalen

reichen den schäumenden Wein der Zeiten.

2

Wohin du horchst, vernimmst du den Hilferuf

der Noth. Wohin du blickest, erschrecken dich

gerungne Hände, bleiche Lippen,

die nach des Todes Erlösung schmachten.

Wohin du hilfreich schreitest, versinkt dein Fuss

im Koth der Lügen. Jeglichem Elend noch

umwebten sie den Schein der Ordnung,

jeglicher Schande des Alters Würde.

In diesem dunkelfluthenden Wogenschwall

wo ist der Grund, der unsere Anker hält?

Wann naht der Gott, im Sturme fahrend,

der die verpesteten Lüfte reinigt?

Wo blitzt ein Lichtstrahl kommenden Morgenroths

an diesem nachtbelasteten Horizont?

Wo sieht der Jugend Thatensehnsucht

flattern die Wimpel des fernen Zieles?

3

Sträuben sollen wir uns wider das Eisenjoch,

dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh –

wen das steigende Licht grüsst,

nie sehn er die Nacht zurück!

Feigheit knechtet die Zeit, beuget der Nacken Kraft:

wagt, o wagt es mit mir, frei zu bekennen, was

längst der kühnere Blick sah,

längst Allen im Busen lebt!

Heilig gelten der Zeit Rechte des Alters nur:

was da bestand vordem, heisst sie bestehenswerth,

heilig gelten der Zeit nicht

Treupflichten des eignen Sinns.

Sträuben wollen wir uns wider das Eisenjoch

dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh –

wen das steigende Licht grüsst,

nie sehn er die Nacht zurück!

4

Erschlafft im Schlafe kindischen Glaubens, hast

du lang genug jetzt, duldendes Volk, geruht.

Ermannet euch – und eurer Ketten

rostige Reife, sie werden brechen!

Nicht länger betend winselt in leere Luft,

auf dieser Erde wirkt und erschafft das Heil.

Verlacht der Pfaffen schnöde Lüge,

die da vertröstet aufs bessre Jenseits!

Fort mit dem Trugbild ewiger Seligkeit,

das aus dem Leben, drin es zu leben galt,

euch thatenlose, freudelose,

lockt in die schweigende Nacht des Todes!

5

Es lebt ein Gott, der Schöpfer des Weltenrunds,

so sagen sie. – Doch geben sie Kunde auch,

ob von dem Funkeln, das den einen

Tropfen im Meere des Alls umflimmert,

ob er vom Ringen menschlicher Nichtigkeit

jemals vernahm? – All-mächtig und -liebevoll

ist er! Vor seinen Vateraugen

birgt im unendlichen Raum sich Niemand!

Kein Schmerz ist ihm, kein Jubel der Freude fremd:

als Gott der Liebe preisen wir ihn auf Knien!

– So säh er also dieser Erde

nimmer ermessne Jammerwüste?

Er säh das Edle unter den Fuss gestampft

des Tiefgemeinen? Sähe in Qual und Staub

sich wälzen Millionen Herzen,

blutig, gemartert ein langes Leben?

Und endets nicht? – Und trümmert und schmettert nicht

die Welt ins wahnlos friedliche Nichts zurück?

Der Gott – grausamer wär er wahrlich,

als der verworfenste Menschenbube.

6

Du lebtest noch, so sagen sie und knien

vor deinem Kreuzesholz, daran in Qual

du hängst, und küssen deine Füsse.

Sie sahn die Hunde mit dem Schweife wedeln,

sich niederducken vor dem Fuss des Herrn –

und gingen hin und thaten Gleiches.

Ha! Lebtest du, du rissest von dem Nagel,

dem martervollen, deinen Fuss – in Staub

trätest du sie verachtend nieder!

7

Kennst du den Zwang, der Sterne um Sterne dreht?

Kennst du die Gluth, die Sonnen entflammt zum Licht? –

Du siehst nach stillem Lenzeswerden

freudig unsterbliche Fruchtgestaltung.

Du fühlst der Liebe heiliges Wunder, fühlst

den Gott im Menschen, der dir das Schwert verliehn,

zu Höchstem Kraft und heisses Trachten

und den unendlichen Zug nach Freude!

Vollendungsfreude schmettert den Jubelton

des Sieges durch die ringende Wuth des Alls

Wohl stösst dein Blick an graue Wolken –

droben gewölbt steht ewige Klarheit.

8

Aus des Hochwalds Dunkel, empor zur Sonne,

die hindurchblitzt zwischen dem Laub der Kronen,

ringt und wächst und strebt in die Höh das junge

schwankende Stämmchen.

Nicht gedeihn kanns drunten im kalten Schatten,

aber droben lächelt ihm Licht und Wärme,

droben wirds im sonnigen Blau des Aethers

wiegen das Haupt einst. –

Auch du witterst und spürst, o meine Seele,

hoch ob all der lastenden Nacht der Schmerzen

eines blauen, nimmer getrübten Himmels

göttliche Reinheit.

Auch du dränge zur Höh, o meine Seele,

bis dich krönt das leuchtende Gold der Sonne,

bis vergessen unter dir schweigt des Lebens

wuchernde Wildnis.

Wir hattens einst so gut verstanden,

zu küssen uns zu rechter Stund,

eh wir es selber ganz empfanden,

gefunden hatte Mund den Mund.