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Was für ein Schuft! Warum nur hat sie sich Alexander hingegeben? Dem Mann, der ihren Vater ruiniert hat! Niemals will Lia den faszinierenden Playboy wiedersehen. So süß seine Küsse unter Italiens heißer Sonne auch schmecken, sie muss ihn vergessen. Leider sieht ihr Herz das anders …
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Seitenzahl: 178
IMPRESSUM
Vertraue niemals einem Playboy! erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2009 by Jennie Lucas Originaltitel: „The Innocent’s Dark Seduction“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 309 Übersetzung: SAS
Umschlagsmotive: prostooleh, Grafikactiva, MaryliaDesign / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2023
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751521499
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Strahlende Lichter beleuchteten die Fresken an der hohen Decke des großen Ballsaals im Cavanaugh Hotel. Die Reichen und Schönen New Yorks hatten sich hier in erlesener Abendgarderobe zum Black & White-Ball versammelt, ebenso wie die illustre und geheimnisumwitterte Gastgeberin Contessa Lia Villani.
„Das wird nicht so einfach, wie du dir das vorstellst“, raunte Alexanders Freund ihm zu, als sie sich Seite an Seite unter die Gäste mischten. „Du weißt ja nicht, wie sie ist. Definitiv eine Schönheit. Und höchst kapriziös.“
„Ob nun schön und kapriziös, sie ist auch nur eine Frau“, erwiderte Alexander Navarre. Mit einem unterdrückten Gähnen fuhr er sich durch das pechschwarze Haar. Er war noch nicht über den Jetlag hinweg. „Sie wird mir geben, was ich will.“
Nachdenklich ließ er den Blick durch den vollen Saal wandern. Einst hatte sein Großvater versucht, ihn zu zwingen, in diesem goldenen Käfig zu leben. Noch immer konnte er nicht so recht fassen, dass er tatsächlich wieder in diese Stadt zurückgekehrt war. Die letzten fünfzehn Jahre hatte Alexander damit zugebracht, große Landentwicklungs- und Bauprojekte zu realisieren, in Übersee, aber hauptsächlich in Asien. Nie hätte er gedacht, dass er hierher zurückkommen würde.
Doch es war seit Generationen das größte Stück Land in Manhattan, das auf den Markt gekommen war. Die fünf Wolkenkratzer, die Alexander hier hatte errichten wollen, wären sein Nachlass für die Welt gewesen.
Deshalb war er ja auch so wütend gewesen, als er hörte, dass Conte Villani ihm das Grundstück vor der Nase weggeschnappt hatte. Aber der italienische Aristokrat war vor zwei Wochen verstorben, und so konnte Alexander sich also ganz auf die junge Witwe des Conte konzentrieren. Im Moment gab sie sich noch den Anschein, den letzten Wunsch ihres Mannes verwirklichen zu wollen und auf dem Grundstück einen großen Park anzulegen. Nun, die clevere Goldgräberin würde wohl sicher bald ihre Meinung ändern.
Sie würde sich Alexanders Wünschen fügen. So wie alle Frauen.
„Wahrscheinlich ist sie nicht einmal hier“, setzte Nathan erneut an. „Seit ihr Mann gestorben ist …“
„Natürlich ist sie hier“, widersprach Alexander überzeugt. „Sie wird doch nicht ihren eigenen Ball verpassen.“
Doch wenn er die Ehrfurcht hörte, mit der hier der Name der Contessa ausgesprochen wurde, fragte er sich zum ersten Mal, ob er heute Abend nicht vielleicht doch einer Herausforderung gegenüberstand. Ob er sich vielleicht tatsächlich würde anstrengen müssen, um sein Ziel zu erreichen.
Ein faszinierender Gedanke.
„Den Gerüchten zufolge“, flüsterte Nathan, als er Alexander durch die Menge folgte, „soll der alte Conte mit ihr zu viel Spaß im Bett gehabt haben. Sein Herz hat nicht mehr mitgemacht.“
Alexander schnaubte nur. „Der Mann war seit Monaten krank. Mein Herz hält das schon durch, keine Sorge.“
„Du hast sie noch nicht gesehen, du hast keine Ahnung.“ Nathan fuhr sich über die Stirn.
Nathan Carter und Alexander kannten sich seit Ewigkeiten. Nathan war der Vizepräsident der Navarre Ltd. für Nordamerika. Normalerweise blieb er immer kühl und souverän. So nervös hatte Alexander ihn noch nie gesehen.
„Sie veranstaltet diesen Ball, um Spenden für den Park aufzubringen. Wieso bist du so sicher, dass sie dir das Grundstück verkaufen wird?“
„Weil ich ihren Typ kenne. Sie hat ihren Körper an den Conte verkauft, oder nicht? Er hat vielleicht bei seinem Ableben ein wohltätiges Projekt als Wiedergutmachung für seine Jahre als skrupelloser Geschäftsmann im Sinn gehabt, aber jetzt, da er nicht mehr ist, wird sie es sich überlegen und lieber das Geld einstecken. Ich erkenne geldgierige Menschen, wenn ich sie sehe …“ Seine Stimme erstarb, als eine Frau auf den Absatz der breiten Treppe im Ballsaal trat. Unwillkürlich schnappte er leise nach Luft.
Schimmerndes schwarzes Haar fiel in weichen Locken auf helle bloße Schultern. Dunkelgrüne Augen, in der Farbe eines schattigen Waldes, wurden von langen dunklen Wimpern gerahmt. Das weiße Abendkleid, das sie trug, brachte ihre faszinierenden Kurven perfekt zur Geltung. Ihr Gesicht war das eines Engels, doch die Lippen waren blutrot und sinnlich wie die Sünde, geschaffen zum Küssen, lockten sie jeden Mann …
Alexander fühlte sich seltsam aufgewühlt. „Wer ist das?“
Nathan lächelte spöttisch. „Das, mein Freund, ist die lustige Witwe.“
„Die Witwe …“ Alexander sah genauer hin. Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Eine perfekte weibliche Figur, eine Heilige, eine Sünderin, wie eine Mischung aus Rita Hayworth und Angelina Jolie. Zum ersten Mal verstand Alexander den Ausdruck „Diva“ in seiner wirklichen Bedeutung.
Vielleicht war an den Gerüchten ja doch etwas dran.
Er schluckte. Contessa Lia Villani war keine Frau, sie war eine Göttin. Es war lange her, seit er das letzte Mal so gefühlt hatte. Seit er so fasziniert gewesen war, so erregt. Er war uneingeladen auf der Party der Contessa erschienen, um sie zu überreden, ihm das Land zu verkaufen. Nun, falls sie auf diesen Vorschlag eingehen sollte, wäre sie ja vielleicht auch empfänglich dafür, den Deal mit ihm zusammen im Bett zu besiegeln?
Aber er war mit Sicherheit nicht der einzige Mann, der sie begehrte. Alexander beobachtete, wie ein weißhaariger Gentleman im Smoking der schönen Witwe entgegeneilte und ihr galant die Hand reichte, um ihr die Treppe hinunterzuhelfen. Andere waren nicht so couragiert, sie blieben zurück und starrten nur abwartend.
Das Wolfsrudel scharrte sich also schon zusammen.
Sie bedachte ihren Verehrer mit einem kühlen Blick und einem Lächeln, das perfekte Zähne zeigte, aber ihre Augen nicht erreichte.
Sie brauchte keine Angst vor Wölfen zu haben, sie war selbst eine Wölfin. Die Contessa strahlte Macht und Unerbittlichkeit aus, nutzte ihre Schönheit und ihr Selbstbewusstsein wie eine Naturgewalt.
Die Intensität seines Begehrens schockierte Alexander. Plötzlich sah er Bilder vor sich, wie dieser wunderbare Körper sich ihm verlangend entgegenbog, hörte seinen Namen als Flüstern über diese vollen Lippen kommen, spürte das Beben dieser üppigen Brüste an seinen Handflächen.
Diese Frau, die jeder Mann wollte, würde ihm gehören.
Und das Grundstück natürlich auch.
„Mein herzlichstes Beileid, Contessa“, sagte Andrew Oppenheimer ernst und küsste ihre Hand.
„Danke.“ Mit leeren Augen sah Contessa Lia Villani den älteren Mann an. Sie wünschte, sie wäre in der Villa Villani, könnte in dem überwachsenen Rosengarten hinter den mittelalterlichen Mauern den Verlust ihres Mannes betrauern. Doch ihr war keine andere Wahl geblieben. Giovanni hätte von ihr erwartet, dass sie auf dem Ball erschien, den sie sechs Monat lang zusammen geplant hatten. Der Park würde Giovannis Vermächtnis sein, wie er auch ein Andenken an ihre Familie sein würde. Sechsundzwanzig Hektar mit Bäumen und Rasen und Spielplätzen, als Erinnerung an all die Menschen, die sie geliebt hatte.
Die alle nicht mehr lebten. Zuerst ihr Vater, dann ihre Schwester und danach ihre Mutter. Jetzt ihr Ehemann. Trotz der lauen Sommernacht saß Lias Herz kalt und leblos in ihrer Brust, so als wäre sie schon vor langer Zeit mit den geliebten Menschen in stiller Erde begraben worden.
Andrew richtete sich wieder auf, ließ ihre Hand aber nicht los. „Ich hoffe, uns gelingt es dennoch, Ihnen ein wenig über Ihren Verlust hinwegzuhelfen.“
Lia zwang sich zu einem schwachen Lächeln. Sie wusste, er versuchte nur nett zu sein. Immerhin war er einer der größten Spender für den Park. Einen Tag nach Giovannis Tod hatte er einen Scheck über fünfzigtausend Dollar ausgestellt.
Schon auffällig, wie viele Männer ihr in den letzten beiden Wochen plötzlich Schecks mit hohen Summen überreicht hatten.
„Erlauben Sie mir, Ihnen ein Glas Champagner zu besorgen.“
„Danke, lieber nicht.“ Sie ließ den Blick über den Saal schweifen. „Ich werde meine Gäste begrüßen müssen.“
Der Saal war zum Bersten voll, jeder war gekommen. Lia konnte noch immer nicht ganz fassen, dass der Olivia-Hawthorne-Park in der Far West Side tatsächlich Realität werden würde. Die sechsundzwanzig Hektar, auf denen jetzt halb zerfallene Lagerhäuser standen und verrostete Eisenbahngleise lagen, würden zu einer grünen Oase in der Stadt werden. Direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Ortes, wo ihre Schwester gestorben war. In nicht allzu ferner Zukunft würden die Kinder, die im St.-Ann-Hospital lagen, auf einen Park und einen Spielplatz hinuntersehen können, wenn sie aus dem Fenster schauten. Sie würden die Blätter an den Bäumen rascheln und das Lachen spielender Kinder hören. Und sie würden Hoffnung schöpfen.
Was bedeuteten schon Lias Trauer und Schmerz im Vergleich dazu? Sie entzog Andrew ihre Hand. „Entschuldigen Sie mich bitte …“
„Erlauben Sie mir, Sie zu begleiten“, bat er.
„Nein, danke. Ich muss wirklich …“
„Lassen Sie mich an Ihrer Seite bleiben, Contessa. Erweisen Sie mir die Ehre, Ihnen Halt geben zu dürfen. Ich weiß, wie schwierig es für Sie ist, heute Abend hier zu sein. Ich verdopple meine Spende für den Park, verdreifache sie …“
„Die Dame sagte doch schon Nein“, ertönte da eine tiefe Stimme.
Lia sah auf und schnappte unmerklich nach Luft. Ein großer, breitschultriger Mann in einem maßgeschneiderten Smoking, mit schwarzem Haar und gebräunter Haut, stand am Fuße der Treppe. Und obwohl seine Worte Andrew galten, lag der Blick seiner dunklen Augen allein auf ihr.
Es war ein Blick, der eine seltsame Hitze in ihr aufsteigen ließ. Wärme … das war etwas, das sie seit Wochen nicht mehr gefühlt hatte, trotz des warmen Juniwetters.
„Kenne ich Sie?“, fragte sie leise.
Er lächelte verführerisch. „Noch nicht.“
„Aber ich kenne Sie definitiv nicht“, mischte Andrew sich eisig ein. „Die Contessa steht heute Abend unter meinem Schutz …“
„Würden Sie so nett sein und mir ein Glas Champagner holen, Andrew?“, wandte Lia sich lächelnd an den Älteren. „Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?“
„Nein, im Gegenteil. Es ist mir ein Vergnügen, Contessa.“ Er bedachte den Fremden mit einem düsteren Blick. „Was ist mit ihm?“
„Bitte, Andrew.“ Sacht legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm.
„Natürlich“, erwiderte Andrew würdevoll und stieg die Stufen hinab, um einen der Kellner zu finden, die Tabletts mit Champagnerflöten durch die Menge balancierten.
Lia ballte die Fäuste und richtete die Augen auf den Eindringling. „Sie haben genau eine Minute für Ihre Erklärung, bevor ich die Sicherheitsleute verständige.“ Die Contessa trat die letzte Stufe hinunter und stellte sich direkt vor ihn. „Ich kenne jeden auf der Gästeliste, nur Sie nicht.“
Sein Blick hielt sie gefangen. „Es stimmt, Sie kennen mich nicht.“ Er kam näher, ein kleines Lächeln typisch männlicher Arroganz auf den Lippen. „Ich bin gekommen, um Ihnen zu geben, was Sie wollen.“
„So?“ Sie musste alle Kraft aufwenden, um die jähe Hitze, die wie ein Waldbrand durch ihren Körper laufen wollte, zu zügeln. „Und was genau sollte das sein?“
„Geld, Contessa.“
„Ich habe genug Geld.“
„Das meiste davon wollen Sie für diese alberne Gefühlswallung Ihres verstorbenen Mannes ausgeben.“ Er lächelte herausfordernd. „Was für eine Verschwendung, nachdem Sie so hart gearbeitet haben, um es endlich in die Finger zu bekommen.“
Dieser Mann beleidigte sie auf ihrer eigenen Party! Warf ihr pure Berechnung vor! Wobei sie nicht einmal leugnen konnte, dass er teilweise sogar recht hatte …
Sie hob ihr Kinn und berief sich auf jede Unze Hochmut, die sie besaß. „Wie Sie selbst schon sagten, kennen wir uns nicht. Und dabei wird es auch bleiben.“
„Oh, das sehe ich anders. Bald werde ich alles über Sie wissen.“ Er fuhr mit einer Fingerspitze an ihrer Kinnlinie entlang. „Sie werden nämlich schon bald mein Bett mit mir teilen.“
Es war nicht das erste Mal, dass Männer ihr solche lächerlichen Dinge sagten, nur war es das erste Mal, dass sie nicht in der Lage war, einen Mann auf seinen Platz zu verweisen. Weil seine flüchtige Berührung einen wahren Gefühlstumult in ihr auslöste.
„Ich bin nicht zu kaufen“, sagte sie leise.
Leicht hob er ihr Kinn an. „Sie werden mir gehören, Contessa. Sie werden mich wollen, so wie ich Sie will.“
Sie hatte von sexueller Anziehungskraft gehört, doch sie war längst zu der Überzeugung gekommen, dass sie selbst dieses Gefühl nie erfahren würde. Dafür war sie zu kalt, zu bedrückt, zu … betäubt. Doch als sie jetzt seine Finger an ihrer Haut spürte, da war es, als würde die Sonne durch graue Wolken brechen, um wärmende Strahlen auszusenden, die Eiskristalle auffunkeln ließen und zum Schmelzen brachten.
Gegen ihren Willen lehnte sie sich näher zu ihm. „Ich sollte Sie wollen? Das ist ja lächerlich.“ Ihre Stimme klang heiser, ihr Herz klopfte wild. „Ich weiß ja nicht einmal, wer Sie sind.“
Er nahm ihre Hand, und sie spürte den Stromschlag in ihrem Innern. Langsam zog er sie in seine Arme und sah ihr ins Gesicht, das nur Zentimeter von seinem entfernt war.
„Ich bin der Mann, der Sie heute Abend mit zu sich nach Hause nehmen wird.“
Das, was in ihr vorging, als er die Hand auf ihren freien Rücken legte und sie an sich zog, glich einem Erdbeben. Sie spürte den Stoff seines Abendanzuges an ihrer Haut, fühlte seinen harten Körper an ihren gepresst. Das Atmen bereitete ihr plötzlich Mühe. Sie sah zu ihm auf, verwundert über die überwältigenden Empfindungen und die aufflammende Sehnsucht. Ihre Lippen teilten sich unwillkürlich, und …
Und sie wollte mit ihm gehen, ganz gleich wohin.
„Ihr Champagner, Contessa.“ Andrews Rückkehr brach den Bann. Mit einem bösen Blick für den dunklen Fremden reichte er ihr die feine Kristallflöte.
Lia konnte sehen, wie die anderen Vorstandsmitglieder des Park-Komitees ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken versuchten, sah das dezente kleine Begrüßungswinken gleich mehrerer Anwesender. Wurde sich bewusst, dass dreihundert Augenpaare auf ihr lagen und darauf warteten, mit ihr reden zu können.
Sie konnte nicht fassen, dass sie tatsächlich mit dem Gedanken gespielt hatte, mit einem Fremden davonzulaufen. Die Trauer musste ihr den Verstand benebelt haben!
„Entschuldigen Sie mich.“ Sie musste Abstand zu diesem Fremden gewinnen, seiner vergiftenden Nähe entkommen. „Ich werde jetzt meine Gäste begrüßen.“ Sie hob ihr Kinn. „Meine geladenen Gäste“, betonte sie spitz.
„Oh, ich bin mit jemandem hier, den Sie eingeladen haben.“ Das Funkeln in seinen Augen jagte einen heißen Speer durch sie hindurch.
Hieß das, er war als Eskorte einer anderen Frau hier? Und dann machte er sich an sie heran? Lia spürte eine nicht zu erklärende Wut in sich aufsteigen. „Ihre Begleiterin wird es sicher nicht schätzen, wenn sie so lange allein gelassen wird.“
Alexander bedachte sie mit einem abgründigen Lächeln. „Ich bin nicht in weiblicher Begleitung gekommen. Aber ich werde die Veranstaltung in weiblicher Begleitung verlassen, und zwar mit Ihnen.“
„Da irren Sie gewaltig“, zischelte sie entrüstet.
„Contessa“, Andrew Oppenheimer verzog abfällig den Mund, als er den anderen Mann anblickte, „gestatten Sie mir, Sie von diesem … aufdringlichen Menschen wegzuführen.“
„Danke, Andrew.“ Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und ließ sich von ihm begleiten, hin zu den elegant gekleideten Gesellschaftsgrößen und Börsenmaklern.
Doch während Lia Dom Perignon nippte und sich den Anschein gab, an der gepflegten Plauderei teilzunehmen – schließlich kannte sie jeden einzelnen der Spender, wusste Bescheid über deren jeweiliges Einkommen und ihren Rang in der Gesellschaft –, gelang es ihr nicht, die Präsenz des dunklen Fremden auszublenden. Sie spürte seine Anwesenheit, wo auch immer er sich in dem großen Saal befand, und fühlte seinen Blick auf sich liegen.
Ihre kühle Vernunft schien langsam dahinzuschmelzen wie ein Eiszapfen in der Sonne.
Sie hatte sich sagen lassen, dass Verlangen eine zerstörerische Macht sein konnte. Dass es den Seelenfrieden einer Frau auffraß und ihr jeglichen Verstand raubte, sodass sie absolut irrwitzige Entscheidungen traf. Aber wirklich verstanden hatte Lia es nie.
Bis jetzt.
Die Grundlage ihrer Ehe war Freundschaft gewesen, nicht Leidenschaft. Mit achtzehn hatte sie einen langjährigen Freund der Familie geheiratet, den sie respektierte und schätzte, einen Mann, der gütig zu ihr gewesen war. Nie war sie in Versuchung gekommen, ihn mit einem anderen zu hintergehen.
Mit achtundzwanzig war Lia noch immer Jungfrau. Und sie nahm an, dass sie für den Rest ihres Lebens unberührt bleiben würde.
In gewisser Hinsicht war es ein Segen, keine Gefühle mehr zu empfinden. Nachdem sie alle Menschen verloren hatte, die ihr etwas bedeuteten, wollte sie nie wieder etwas fühlen.
Doch jetzt …
Als sie auf das Podium trat, um die Eröffnungsrede zu halten und sich bei den Spendern zu bedanken, während sie die bewundernden Blicke aller Männer im Saal auf sich gerichtet sah, da war es der glühende Blick des Fremden, der ihr Blut heiß durch ihre Adern rauschen ließ.
Dieser Fremde bewirkte, dass sie sich lebendig fühlte, obwohl sie es nicht wollte.
Er musste ungefähr Mitte dreißig sein, war attraktiv, aber ohne die steife Eleganz, die Andrew und den anderen New Yorker Blaublütigen innewohnte. Außerdem besaß er nicht das gepflegte blasse Aussehen derjenigen, die mit dem goldenen Löffel in der Wiege geboren worden waren. Nein, er wirkte eher wie ein Krieger, hart und kämpferisch, ja sogar grausam.
Als man sich zum Dinner auf den zugeteilten Plätzen niederließ, sah Lia sich suchend um und bemerkte, dass der dunkle Fremde nicht mehr im Saal war. Die Emotionen, die durch ihre Adern gerauscht waren und ihr Blut zum Summen gebracht hatten, ebbten mit einem Schlag ab, wie eine Symphonie, die nach einem Crescendo endete.
In Gedanken versuchte sie, sich zu überzeugen, dass sie erleichtert war. Er hatte sie aufgewühlt, aufgerieben, wie ein seltsamer Rausch.
Aber … wo war er? Warum war er gegangen?
Nach dem Dinner erwartete sie die nächste Prüfung. Der Zeremonienmeister, ein bekannter ansässiger Landentwickler, bestieg das Podium, einen kleinen Auktionshammer in der Hand.
„Und nun zum vergnüglichen Teil des Abends – die Auktion, der wir alle mit gespannter Erwartung entgegengesehen haben. Das erste Stück ist …“
Die Versteigerung begann mit einer krokodilledernen Handtasche von Hermès aus den 1960er-Jahren, die Prinzessin Grazia Patricia gehört hatte. Ein Teil nach dem anderen wurde versteigert, man überbot sich mit enormen Summen, und Lia hätte froh und stolz sein müssen, kam doch jeder einzelne Penny dem Parkprojekt zu Gute.
Aber mit jedem weiteren Fall des kleinen Hammers wuchs das ungute Gefühl in ihr.
„Eine großartige Idee“, hatte Giovanni mit einem matten Lachen gesagt, als der Organisator den Vorschlag vortrug, und hatte schwach Lias Hand gedrückt, die auf seinem Krankenbett lag. „Dir kann niemand widerstehen, Liebes. Du musst es machen.“
Und obwohl ihr die Idee zuwider war, hatte sie zugestimmt. Weil Giovanni sie darum bat. Niemand hatte damit gerechnet, dass die Krankheit sich so plötzlich so rasant verschlimmern würde. Und so saß Lia nun hier und musste sich dieser Veranstaltung allein stellen.
Die zwanzigkarätigen Diamantohrringe von Dior wechselten für neunzigtausend Dollar an einen neuen Besitzer über. Der endgültige Hammerschlag klang in Lias Ohren wie das Fallen der Guillotine.
„Und jetzt“, der Zeremonienmeister hatte ganz offensichtlich Spaß an seiner Aufgabe, „kommen wir zu unserem letzten und wirklich ganz besonderen Auktionsstück.“
Ein Scheinwerferspot leuchtete auf, fiel auf Lia, die auf ihrem Platz saß. Ein Raunen erhob sich unter den Anwesenden, Lia spürte die begierigen Blicke der Männer, sah die eifersüchtigen Mienen der Frauen. Oh, wie sehr sie sich in den abgeschiedenen italienischen Rosengarten zurücksehnte!
„Ein glücklicher Mann wird den Eröffnungstanz mit unserer charmanten Gastgeberin, Contessa Villani, gewinnen. Das Gebot beginnt bei zehntausend Dollar …“
„Zehntausend“, kam es sofort von Andrew.
„Zwanzig“, donnerte ein korpulenter Mann.
„Fünfundzwanzig“, rief ein Teenager, der gerade erst die Internatsschule hinter sich haben konnte.
„Vierzigtausend Dollar für einen Tanz mit der Contessa“, erhöhte ein gestandener Broker.
Die Angebote steigerten sich in kleinen Schritten. Lia stand im Scheinwerferlicht, ihre Wangen brannten vor Erniedrigung. Doch je länger das Bieten andauerte, desto gerader und stolzer wurde ihre Haltung. Hier ging es um den Park für ihre Schwester, um das Einzige in ihrem Leben, das ihr noch etwas bedeutete. Und ja, sie würde lächeln und tanzen, ganz gleich, wer der Mann sein mochte. Sie würde charmant sein und über seine Scherze lachen, selbst wenn es sie umbrachte!
„Eine Million“, ertönte da eine tiefe Stimme.
Im Saal wurde es schlagartig still. Mit angehaltener Luft drehte Lia sich in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war.
Der dunkle Fremde!
Nein, das durfte nicht sein! Sie hatte sich doch gerade erst wieder gefasst. Sie würde seine Nähe nicht schon wieder ertragen können, nicht, wenn seine Berührung sie bis in ihre Seele hinein verbrannte!
Der Zeremonienmeister sah über die Köpfe im Saal hinweg zu dem Bieter und schluckte unmerklich. „Eine Million! Höre ich mehr? Geht jemand höher? Eine Million zum Ersten …“
Flehentlich schaute Lia zu den Männern hin, die sich vor einem Moment noch mit Angeboten überschlagen hatten. Würde jemand von ihnen das Angebot überbieten?
Doch jeder, dem sie ihr schönstes Lächeln schenkte, schüttelte bedauernd den Kopf. Der Sprung von hunderttausend auf eine Million war zu groß, selbst für die hier versammelten Multimillionäre.
„Eine Million zum Zweiten …“