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TV-Star Julian Walker spielt in der neuen Serie "VIP Love" den heiß begehrten Rockstar Carter Jones. Privat scheint sich die Kehrseite des Ruhmes bemerkbar zu machen: Immer wieder macht er mit wilden Partys, Alkoholexzessen, Entzugskuren und anderen Eskapaden negative Schlagzeilen. Als er alkoholisiert mit einer Platzwunde in die Notaufnahme eingeliefert wird, lernt er die Ärztin Valerie Sanders kennen. Julian gibt sich als Max aus und beschließt spontan, Valerie zu küssen. Valerie ist gleichzeitig schockiert und fasziniert von seinem Verhalten. Selbstgefällig, wie Julian ist, treibt er es auf die Spitze und fordert Valerie heraus: "Ich wette, dass ich es schaffe, dass du dich innerhalb zehn Dates in mich verliebst."
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Seitenzahl: 391
CARMEN GERSTENBERGER
VIP Love
Roman
TV-Star Julian Walker spielt in der neuen Serie »VIP Love« den heiß begehrten Rockstar Carter Jones. Privat scheint sich die Kehrseite des Ruhmes bemerkbar zu machen: Immer wieder macht er mit wilden Partys, Alkoholexzessen, Entzugskuren und anderen Eskapaden negative Schlagzeilen. Als er alkoholisiert mit einer Platzwunde in die Notaufnahme eingeliefert wird, lernt er die Ärztin Valerie Sanders kennen. Julian gibt sich als Max aus und beschließt spontan, Valerie zu küssen. Valerie ist gleichzeitig schockiert und fasziniert von seinem Verhalten. Selbstgefällig, wie Julian ist, treibt er es auf die Spitze und fordert Valerie heraus: »Ich wette, dass ich es schaffe, dass du dich innerhalb zehn Dates in mich verliebst.«
Für Maria und Nancy
Meine Felsen in der Donnerkuppel.
Weil ihr wundervoll seid!
Lange wurde sie angekündigt, uns regelrecht angepriesen. Monatelang wurde um den Inhalt und den Cast ein Geheimnis gemacht. So haben nicht wenige Menschen neugierig den Start der Serie mitverfolgt, die sich in den vergangenen drei Wochen mit gigantischen Einschaltquoten zu dem Überraschungserfolg gleich zu Beginn des neuen Jahres entwickelt hat. Die Rede ist von VIP Love, der neuen Daily Soap von RTK. Star Express hat sich für euch umgesehen:
Der vorher unbekannte 29-jährige Julian Walker verkörpert in VIP Love den deutsch-amerikanischen Rockstar Carter Jones, dem mit seiner Band The Gloom der Durchbruch in Deutschland gelingt. Der Fokus der Handlung liegt auf der Problematik, dass Carter den Spagat zwischen plötzlichem Erfolg und seiner langjährigen Beziehung meistern muss, die unter dem Ruhm und dem Zeitmangel zu zerbrechen droht. Groupies und viele weitere leichte Verlockungen schmälern das Glück zwischen ihm und seiner großen Liebe Mimi.
Man darf gespannt sein, wie sich die Serie weiterentwickeln wird. Handlungsort von VIP Love, das in Babelsberg gedreht wird, ist Berlin.
Aufgrund des starken Fanandrangs musste die Marlene-Dietrich-Allee in Babelsberg kurzzeitig abgesperrt werden, da die Massen der teils bereits seit Tagen campierenden Fans der neuen Daily Soap VIP Love für Behinderungen sorgten. Die Dreharbeiten wurden für eine Stunde ausgesetzt, in der sich die Macher zu einem eher unfreiwilligen Meet & Greet vor den Toren entschieden, in dem vor allem Julian Walker mit lauten »Carter«-Rufen von kreischenden Frauen begrüßt wurde. Es scheint sich ausgezahlt zu haben, dass die Produzenten auf den derzeit vorherrschenden Hype um Bad Boys und Rockstars aufgesprungen sind.
Der Serienstar Julian Walker scheint sich immer mehr mit seiner Rolle des Carter Jones zu identifizieren. Vergangenen Samstag kam es zu einem Eklat, als er im Nobelklub The Pearl darauf bestand, den kompletten VIP-Bereich für sich und seine Freunde zu haben. Daraufhin entstand laut Zeugenaussagen eine unschöne Auseinandersetzung mit anderen Promis, unter anderem mit den Servant-Sprösslingen. Nach der anschließenden Schlägerei wurde Walker des Klubs verwiesen, wogegen er sich lauthals mit den Worten »Wisst ihr denn nicht, wer ich bin?« wehrte.
The wings of my Soul carry me to the dark horizon and unleashed the awful pain, but it’s okay cause I know, I am a Soul Survivor.
So lautet der geistreiche Refrain des Hits »Soul Survivor« der fiktiven Rockband The Gloom und ihres Frontmanns Carter Jones aus der Serie VIP Love, der gemäß Skript ihr Durchbruch bedeutete. Seit Anfang des Monats sind der Song und das gleichnamige Album nun im Handel erhältlich. Fans der Serie tobten nach dieser überraschenden Ankündigung regelrecht, und so ist es nicht verwunderlich, dass das Album inzwischen Platz eins der deutschen Charts belegt. Der Versuch, Julian Walker, der die Songs tatsächlich selbst singt, dazu zu interviewen, scheiterte leider, da er bereits während der ersten Frage einschlief. Zuvor gab es eine »Soul Survivor«-Release Party, auf der er ausgiebig mit Freunden und Kollegen feierte.
Es war eine kleine Sensation der diesjährigen Echo-Verleihung, die von der wundervollen Barbara Schöneberger gewohnt charmant moderiert wurde. Zum ersten Mal war mit TheGloom eine fiktive Band für den Preis Gruppe national Rock/Pop nominiert worden, ebenso für den nationalen Hit des Jahres, das nationale Album des Jahres sowie für bestes Video national. Neben langjährigen Größen der Musikbranche, wie Sarah Connor, The Boss Hoss, Die Happy, Guano Apes und vielen mehr, waren The Gloom die Abräumer des Abends. Bei ihrem Auftritt zu Beginn konnte Julian Walker allen beweisen, was in ihm steckt. Die Security musste zahlreiche weibliche Fans, die mit ihren »Carter«-Rufen den Ablauf des Abends wiederholt störten, entfernen.
Zu einer weiteren seiner mittlerweile gewohnt peinlichen Vorstellungen kam es während Julians abschließender Dankesrede, die aufgrund des sehr hohen Alkoholkonsums in einer wüsten Schimpftirade endete. Glücklicherweise war nur die Hälfte der Verwünschungen zu verstehen.
Bleibt zu hoffen, dass der Ruhm und der plötzliche Erfolg kein weiteres tragisches Opfer fordern. Gegner kritisierten die Nominierung, und auch einige Kollegen aus der Musikwelt äußerten ihren Unmut darüber. Schließlich sei Julian Walker noch immer Schauspieler und The Gloom eine Erfindung der Produzenten. Gewiefte Fans würden nun vermutlich sagen, dass dies auf viele der heutigen Casting-Bands ebenso zutrifft.
Die 25-jährige Schauspielerin, die in der Serie VIP Love Carter Jones’ Freundin Mimi Müller spielt, packt in einem Exklusivinterview mit Star Express aus.
»Es wird immer schlimmer mit ihm«, so die Schauspielerin über ihren Kollegen Julian Walker. »Er erscheint immer häufiger völlig betrunken am Set, und das schon frühmorgens. Meistens kommt er direkt von einer Party oder einer Disco, nicht selten mit jungen Mädchen im Schlepptau, die der Produzent dann genervt vom Set verweisen lässt. Er (Julian Walker, Anm. der Redaktion) vergisst immer häufiger seinen Text, Szenen müssen unnötig wiederholt werden, und seine Wutanfälle nehmen auch zu. Nachdem er das Set der Bar zertrümmert hatte, konnten wir zwei Tage lang darin nicht mehr drehen. Wir wissen nicht, wo das alles hinführen soll, aber der Großteil von uns kommt nur noch mit Bauchschmerzen zur Arbeit.«
Ehrliche Worte einer jungen Frau, die uns schockieren. Haben der plötzliche Erfolg und die damit verbundenen Schattenseiten ein weiteres Opfer gefordert? Es scheint fast so, als rebellierte Julian Walker gegen all das, was ihn groß gemacht hat. Bleibt nur zu hoffen, dass er in seinen Freunden und der Familie einen starken Rückhalt findet und schleunigst wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird.
Julian Walker, der den Rockstar Carter Jones in der Serie VIP Love verkörpert, wurde unter den Zuschauern des Wacken Open Airs ausgemacht. Dort wollte er – nach eigenen Aussagen – seiner Lieblingsband Metallica zujubeln, die in diesem Jahr überraschend Headliner war, um das kommende, lang herbeigesehnte Album zu promoten. Den Rest des Festivals verbrachte er in seinem Luxuscamper und hatte, laut Beobachtungen unseres Reporters, willige weibliche Gesellschaft. Sehr viel willige weibliche Gesellschaft.
VIP Love-Star Julian Walker hat den Bogen nun eindeutig mit der Party zu seinem dreißigsten Geburtstag überspannt. Mit Hunderten Freunden feierte er in einem exklusiven Klub in Palma de Mallorca. Die Feier geriet bereits nach kurzer Zeit außer Kontrolle. Walker amüsierte sich ungeniert mit zehn Prostituierten, offenherzig in einem nicht abgetrennten Bereich des Klubs, wo er literweise teuren Champagner verschwenderisch über die barbusigen Freudenmädchen leerte. Anschließend leckte er die Reste von allen erdenklichen Körperstellen und -öffnungen. Die Bilder, die von anwesenden Gästen gemacht wurden, sorgten nicht nur in Deutschland für einen weiteren Skandal. Weniger wegen der freizügigen Frauen, sondern angesichts der Unmengen Kokain, die Walker grinsend von deren Körpern konsumierte. Wie aus Insiderinformationen bekannt wurde, interessiert sich die Staatsanwaltschaft brennend dafür.
Wir dürfen gespannt sein, wie tief der ehemals neue Star am deutschen Serienhimmel noch fallen wird.
Für ganze drei Wochen war es ruhig um den Serienstar geworden. Die Fans bangten um seine Gesundheit, als er nach dem Geburtstagseklat vom Gericht zu einem Entzug verdonnert worden war. Nun scheint es, als hätte Walker sich selbst aus der My Way Betty Ford Klinik in Bad Brückenau entlassen, denn er wurde vergangene Nacht erneut volltrunken in einem Berliner Klub gesichtet. Auch die von einem Zeugen, der lieber anonym bleiben möchte, aufgenommenen Bilder lassen nichts Gutes erahnen. Der derzeitige Bad Boy der deutschen Promiszene ist zurück, und wir dürfen auf die nächsten Schlagzeilen gespannt sein.
Immer wenn wir denken, VIP Love-Star Julian Walker habe den Bogen bereits gewaltig überspannt, belehrt er uns eines Besseren und setzt noch eins drauf. Wie nun am vergangenen Wochenende, wo er sich in New York kurzerhand selbst auf Heidi Klums legendäre Halloween-Party einlud und auf zwei Security-Männer losging, weil er nicht hineingelassen wurde. Walkers Abend endete mit einem aufgeplatzten Kiefer in der Notaufnahme des Mount Sinai Hospitals. Von einem Reporter befragt, weshalb sie nicht ein Auge zugedrückt und ihn auch ohne Einladung eingelassen habe, erwiderte Heidi, die in diesem Jahr als Top-Model verkleidet war, schulterzuckend: »Julian wer?«
VIP Love-Bad-Boy Julian Walker hat offenbar seine eigenen Vorstellungen eines geruhsamen Weihnachtsfestes. Gemeinsam mit seinen Freunden besuchte er ein Edelbordell in Schöneberg, wo er es ordentlich krachen ließ. Laut Aussagen einer dort beschäftigten Dame, hielt er sich kaum in der für den gesamten Abend angemieteten Fürstensuite auf. Er interessierte sich laut Infos vor allem für den Massage- sowie den Klinikbereich und das Klassenzimmer. In Letzterem gab er wohl vor, ein unartiger Junge gewesen zu sein und verlangte, dass die Damen sein Entschuldigungsgeschenk annahmen und auspackten. Was, laut mehrfach bestätigten Informationen, sein bestes Stück, eingepackt in eine Rentiersocke, war.
Über Walkers neuesten Streich können wir nur den Kopf schütteln und hoffen, dass er sich im neuen Jahr besser zu benehmen weiß. Die Redaktion wünscht allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches neues Jahr.
Die Serie VIP Love feiert ihren ersten Geburtstag standesgemäß auf der Gala des Deutschen Fernsehpreises, der ebenfalls von der charmanten Barbara Schöneberger moderiert wurde. Hauptdarsteller Julian Walker, der darin den Rockstar Carter Jones verkörpert, glänzte jedoch durch Abwesenheit. Von unserem Reporter darauf angesprochen, gab keiner seiner Kollegen Auskunft über seinen Verbleib. Vielmehr manifestierte sich der Eindruck, dass Walkers Kollegen sein Fehlen nicht bedauerten.
Wir wünschen den Produzenten und Darstellern der Serie weiterhin hohe Einschaltquoten, damit wir nächstes Jahr einen weiteren Geburtstag mit ihnen feiern können.
VIP Love-Darsteller Julian Walker sorgte vor wenigen Minuten für einen handfesten Skandal, als er während der Feier zur Goldenen Kamera völlig betrunken auf der Bühne, anstatt, wie vorgesehen, eine Dankesrede zu halten, seine Kollegen beschimpfte. Tom Herrschelm, der durch den Abend moderierte, versuchte dazwischenzugehen, doch Walker lieferte ihm ein makabres Fang-mich-Spiel auf der Bühne. Nach mehreren Versuchen, das Mikrofon auf Herrschelm zu werfen, griffen zwei Security-Männer ein. Vor dem erlesenen Publikum und laufenden Kameras stürzte sich Walker daraufhin in eine handfeste Schlägerei, während der er immer wieder abfällige Bemerkungen über die »verlogene Szene« und »hinterf*** Kollegen« machte. Nach bangen Sekunden, in denen Herrschelm nur knapp einer gebrochenen Nase entging, wurde Walker von insgesamt vier Männern von der Bühne gezerrt, nicht jedoch, bevor er sich auf die Schuhe des Moderators übergab.
Nach einer kurzen Unterbrechung nahm Herrschelm die Moderation sichtlich erschrocken wieder auf. Unser Reporter, der live vor Ort ist, berichtet, dass Walker offenbar wenige Minuten nach dem Eklat in einen umgehend herbeigerufenen Krankenwagen verfrachtet wurde. Laut dem Augenzeugenbericht einer Servicemitarbeiterin erlitt er bei dem Handgemenge wohl einige Verletzungen, die eine Behandlung erfordern. Genaueres konnte sie uns nicht mitteilen. In welches Krankenhaus Walker gebracht wird, bleibt ebenso unklar.
Der Star Express ist live vor Ort, wir bleiben für Sie an der Geschichte dran, bei uns erfahren Sie es zuerst.
Valerie
Müde sah Assistenzärztin Valerie Sanders auf die Uhr im Ärztezimmer. Es war kurz vor dreiundzwanzig Uhr und Halbzeit ihrer Schicht in der Notaufnahme, die heute nur aus verrückten Unfällen zu bestehen schien. Sie tankte ihre Kräfte gerade bei einer Überdosis Koffein auf, als Schwester Erika hektisch die Tür aufriss.
»Eine Kopfplatzwunde trifft gleich ein.« Dann war sie wieder verschwunden.
Valerie schloss die Augen und gab sich einen Ruck. Sie hatte seit über achtundvierzig Stunden Bereitschaftsdienst. In der Notaufnahme bedeutete das Dauereinsatz, vor allem am Wochenende. Mit ihren achtundzwanzig Jahren befand sie sich im letzten Drittel der Ausbildung zur chirurgischen Fachärztin und durchlief momentan die bei den meisten ihrer Kollegen verhasste Notaufnahmestation. Valerie jedoch mochte die Hektik und Unvorhersehbarkeit, auch wenn diese ihr an manchen Tagen alles abverlangte. Tief durchatmend stellte sie ihre Tasse ab, stand auf und legte den inneren Schalter um. Egal, wie müde und erschöpft sie war, der Notfall benötigte jetzt ihre volle Konzentration. Sobald sie die Tür des Ärztezimmers hinter sich geschlossen hatte, tauchte sie in eine andere Welt ab. Geschäftige Hektik und wache Betriebsamkeit umfingen sie. »Wann trifft der Krankenwagen ein?«, fragte sie Schwester Erika, die ihr ein Klemmbrett vor die Nase hielt.
»Er ist schon da«, erwiderte diese knapp, nickte in Richtung einer Schar aufgebrachter Schwestern und verdrehte genervt die Augen.
»Wo ist der Patient?« Irritiert blickte sich Valerie um, sie sah niemanden mit einer Kopfplatzwunde. Und was war nur mit den Schwestern los?
»Sie haben ihn durch den Hintereingang reingebracht. Er sitzt im Traumaraum.« Erika griff sich resolut das Klemmbrett, auf dem Valerie eine Entlassung unterschrieben hatte, und ging ohne ein weiteres Wort zu einem bereits auf sie wartenden Patienten.
»Warum das denn?«, murmelte Valerie, ohne eine Antwort zu erwarten. Kopfschüttelnd begab sie sich zum Traumaraum und zog die Augenbrauen hoch, als sie zwei riesige, stämmige Kerle in schwarzen Anzügen sah, die die Tür zu beiden Seiten flankierten und tatsächlich Sonnenbrillen trugen. Nachts. Im Krankenhaus.
»Lassen Sie mich raten, Agent K und Agent J?«, fragte sie grinsend. Es kam nicht oft vor, dass sie die Zeit fand, um fernzusehen, doch hin und wieder schleppten ihre wenigen Freundinnen sie ins Kino. »Werde ich auch geblitztdingsbumst, wenn ich den Patienten behandelt habe?«, fuhr sie fort, obwohl von den Typen keine Erwiderung kam. Nachdem sie jedoch weiterhin geschwiegen hatten, ging Valerie schulterzuckend zwischen den beiden hindurch in den Traumaraum.
Als sie eintrat, platzte sie mitten in eine lautstarke Diskussion zwischen zwei Männern. Der Jüngere der beiden, dessen linke Gesichtshälfte blutverschmiert und der daher augenscheinlich ihr Patient war, wurde von dem Älteren gerade für sein egoistisches und nicht akzeptables Verhalten zusammengestaucht. In lustigem französischem Akzent, der nur hin und wieder durchblitzte. Dem Grinsen nach tangierte das ihren Patienten jedoch nicht sonderlich.
Die beiden schienen Valerie überhaupt nicht zu bemerken, bis sie sich mehrmals räusperte. »Ich bin Ihre Ärztin Valerie Sanders und würde mir gerne die Platzwunde ansehen«, sagte sie bestimmt, während sie sich die sterilen Handschuhe überzog, die mit den restlichen Utensilien von Erika vorbereitet worden waren. Die Unterhaltung brach abrupt ab, und Valerie sah auf. Direkt in zwei blaue Augen, in denen trotz der Verletzung etwas aufblitzte, das sie einen winzigen Moment gefangen hielt. Das kurze Kribbeln, das daraufhin durch sie hindurchfuhr, brachte sie für eine Sekunde aus dem Takt. Valerie atmete tief durch, das fehlte noch, dass sie nach all der Zeit auf einmal einen Patienten anziehend fand.
»Hi, Dr. Sanders«, erwiderte ihr Gegenüber, seine Stimme klang rau und auch ein wenig herausfordernd, als würde er sie nicht begrüßen, sondern tatsächlich anbaggern. Dieser Tonfall sorgte zu allem Überfluss für eine unerwartet auftretende Gänsehaut, die zum Glück unter ihrer Kleidung verborgen blieb. Perplex darüber tastete Valerie umsichtig seine Stirn und den Bereich um das getrocknete Blut ab. Das musste gereinigt werden, bevor sie sagen konnte, wie umfangreich die Wunde war.
»Müssen wir das sticken?«, fragte der andere Kerl ungeduldig, während er aufgebracht im Raum umhertigerte.
»Nähen. Das kann ich Ihnen sagen, sobald ich die Wunde gesäubert habe.«
»Merde! Beeilen Sie sisch!«
Valerie hielt inne, ließ die Arme sinken und sah den ungehobelten Klotz im piekfeinen Anzug und den schwarzen, zurückgegelten Haaren mit zusammengekniffenen Augen an. »Bitte?«
»Isch sagte –«
»Schon gut, Hugo«, unterbrach ihn ihr Patient. »Du sollst die Ärzte nicht ständig nerven, und mich auch nicht. Am besten du gehst zu Cheech und Chong raus und bringst ihnen einen Proteinriegel.«
»Ne jamais dans la vie! Vergiss es, isch lasse disch nischt mehr allein, du hast genug Dünger gemacht. Hast du nischt die kleinste Ahnung, was das für disch bedeutet? Sie werden dir –«
»Ich möchte die Herren nur ungern beim Düngerherstellen unterbrechen, aber Sie werden die Diskussion auf später verschieben müssen.« Valerie strich die dunklen Haare aus der Stirn ihres Patienten und bemerkte ein leichtes Zittern ihrer Finger. Er machte sie nervös. Verdammt, das durfte alles nicht wahr sein! Das war sicher nur, weil er so gut roch. Und diese Augen! Herrgott, war sie high, oder weshalb benahm sie sich wie ein Teenager, der zum ersten Mal angeheitert war?
»Isch muss Sie nischt extra erklären, dass Diskretion die oberste Priorität ist für Sie, Madame?«
Wieder sah Valerie zu dem Kerl, den ihr Patient Hügo genannt hatte. »Ich verstehe nicht?«
»Mon Dieu, sind Sie blind? Wissen Sie denn nischt, wer das ist?« Aufgebracht fuchtelte er mit den Armen herum, und sein Gesicht nahm eine dunkelrote Färbung an.
Mittlerweile ziemlich genervt nahm Valerie die Patientenakte und blickte auf den Namen, der darauf stand. »John Doe?« Dann sah sie ihren Patienten an. »Ernsthaft jetzt? Für Aprilscherze ist es noch ein wenig zu früh, oder nicht?« Ihr entging nicht, wie lange er sie musterte, als wüsste er nicht, ob sie ihn auf den Arm nahm, dabei war sie es doch, die sich verarscht vorkam.
»Raus!«, sagte er unverwandt zu Hugo, der schließlich auf Französisch fluchend nachgab und die Tür laut hinter sich ins Schloss fallen ließ. »Ich heiße Max«, sagte John Doe anschließend und lächelte, sobald sie allein waren.
»Schön, Max. Erklären Sie mir dann noch, weshalb Sie durch den Hintereingang hereingebracht werden, einen falschen Namen angeben und von den Men in Black bewacht werden?« Sie stellte sich wieder zwischen seine Beine, um das Blut auf seiner Stirn und Schläfe mit sterilen Tupfern zu entfernen. Dabei musste sie sich regelrecht zwingen, sich allein darauf und nicht auf diesen herben, männlichen Duft zu konzentrieren, der zugegebenermaßen immer wieder von einer leichten Alkoholfahne überlagert wurde. In der Notaufnahme hatte sie schon viele skurrile Fälle erlebt, dieser hier würde aber wohl unter die Top zwanzig kommen. Na ja. Vielleicht. Ohne Vorwarnung legten sich seine Arme um ihre Taille, während Max abrupt aufstand und sie an sich zog.
»So ist das also? Du willst spielen? Das ist cool, ich fahr total auf Rollenspiele ab«, raunte er, und im nächsten Moment pressten sich seine Lippen hart auf ihre. Überrumpelt erstarrte Valerie, doch so schnell ihr Verstand wieder zurückfand, tat sie zu ihrer eigenen Verwunderung nicht das, was sie bei jedem anderen Kerl gemacht hätte, der sie derart unverschämt belästigen würde. Anstatt ihm eine zu knallen, erlaubte sie sich für einen Wimpernschlag, diese Berührung zuzulassen, ohne ihn jedoch zurückzuküssen, und konnte dennoch nicht fassen, was sie da tat. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick, doch dieser reichte aus, um ihren Puls zu beschleunigen. Sie musste definitiv high sein, das war nicht normal. Dann besann sie sich ihrer Situation, drückte ihre Hände gegen seinen Oberkörper und stieß ihn vehement von sich, bis er kapierte, dass es reichte.
Grinsend taumelte er zur Behandlungsliege zurück und setzte sich wieder. »Ich will verdammt sein, das war der schärfste Kuss, an den ich mich erinnern kann.«
»Wenn Ihr Alkoholkonsum immer so hoch ist, werden das nicht viele sein«, konterte Valerie und funkelte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen an. Ohne sich anmerken zu lassen, dass ihr Herz wie wild unter den Rippen pochte und sie den Drang zu unterbinden versuchte, mit dem Finger ihre Lippen zu berühren. »Und jetzt will ich eine Erklärung. Was fällt Ihnen ein, mich einfach zu küssen?«
»Ah, du spielst jetzt also die Unnahbare. Ja, das mag ich. Schön kratzbürstig und widerspenstig, ein bisschen zähmen hier, ein bisschen unkonventionellen Spaß haben da. Wer hätte gedacht, was alles unter diesem Kittel schlummert.«
Wieder stand er auf, doch sie streckte sofort einen Arm nach vorn, um ihn auf Abstand zu halten. »Ganz langsam. Ich glaube, der Schlag auf Ihren Kopf war ziemlich heftig. Sie scheinen vergessen zu haben, wie man sich benimmt.«
»Okay, das war ein langer Abend, er war echt anstrengend, und ich hab jetzt wirklich keinen Nerv mehr auf Ringeltanz. Ich finde dich scharf; wenn du vögeln willst, bin ich dabei, das Vorspiel fällt heute allerdings flach.«
Fassungslos starrte Valerie Max an, der weiterhin ziemlich ungerührt aussah, als ob er über das Wetter spräche und nicht über Sex.
»Ach ja, es gibt nur eine Regel, keine Selfies mit mir beim Vögeln.«
Sie musste bei Versteckte Kamera sein.
»Okay, zwei Regeln. Mit meinem Schwanz gibt es auch keine Selfies.« Als ihre Augen sich vor Entsetzen weiteten, ergänzte er schulterzuckend: »Ich sag’s ja nur. Die letzten Bilder davon aus dem Netz zu bekommen, hat mich viel Nerven und Geld gekostet.«
»Ich «
»Wenn du schön unartig bist, was ich echt hoffe, gibt’s auch ein Autogramm auf deinen Arsch. Den finde ich scharf, auch wenn du für meinen Geschmack zu viele Klamotten anhast. Also ich wäre dann so weit.« Grinsend rieb er sich über die deutlich sichtbare Beule in seinem Schritt.
Der Knall hallte in ihren Ohren vermutlich länger nach, als es tatsächlich der Fall war. Valerie war noch nie in ihrem Leben handgreiflich geworden, doch das hier setzte allem die Krone auf.
»Autsch! Wofür war die Ohrfeige denn jetzt? Ich mag’s zwar hart, aber mir ist es lieber, ich teile aus.«
Max grinste sie noch immer unverfroren an, als wäre diese Unterhaltung die normalste der Welt. Was hatte er für ein Problem? Sie musste einen Drogentest veranlassen, sein Verhalten deutete stark auf die Einnahme von Betäubungsmitteln hin. Warum zum Teufel fühlte sie sich dann trotz allem von so einem Kotzbrocken angezogen? Was stimmte nicht mit ihr?
»Okay, das reicht. Ich werde eine Blutabnahme inklusive Alkohol- und Drogentest veranlassen, und wenn Sie sich nicht zu benehmen wissen, den Sicherheitsdienst hinzurufen. Es ist Ihr Schädel, in dem ein Loch klafft, nicht meiner. An Ihrer Stelle würde ich mich mehr darum sorgen, die letzten verbliebenen Gehirnzellen zu verlieren, als wo Sie Ihren kleinen Freund reinstecken können.«
Max sah sie lange ohne eine Erwiderung an, dann kniff er die Augen zusammen und musterte sie. »Das ist dein Ernst, oder?«
»Was?«
»Du hast keine Ahnung?«
»Von was?« Langsam, aber sicher kam Valerie an die Grenzen ihrer Geduld. Auch wenn sie diesen optisch ansprechenden Neandertaler zu ihrem Entsetzen irgendwie anziehend fand, er war trotz alldem ein Idiot.
»Ich komme dir kein bisschen bekannt vor?« Er legte seinen Kopf leicht schräg und fixierte ihren Blick.
»Tut mir leid, ich kenne keinen John Doe. Und im Übrigen wüsste ich nicht, dass ich Ihnen gestattet habe, mich zu duzen.« Während sie ihm zu verstehen gab, dass er nun besser die Klappe halten und sich auf die Behandlungsliege zurücklegen sollte, entfernte sie den Großteil des getrockneten Blutes und besah sich die kleine Platzwunde. Deswegen wurde so ein Aufsehen gemacht? »Zwei Stiche, dann können Sie wieder verschwinden«, sagte Valerie knapp, setzte sich auf den Hocker neben der Liege und griff zu Nadel und Faden, die bereitlagen, dann hielt sie jedoch inne. Wo war sie nur mit ihren Gedanken? »Ich werde nun eine lokale Betäubung einspritzen.«
»Ich bin noch stoned genug, mach einfach!«
Sie zögerte kurz, beugte sich dann aber über ihn und fing schulterzuckend an. Das könnte Ärger geben, aber für Diskussionen war sie ein wenig zu genervt. »Drogen, Alkohol, Schlägereien, man könnte beinahe meinen, Sie wären ein Rockstar«, meinte sie, nachdem sie einige ähnliche, verblasste Narben an seinen Schläfen gesehen hatte.
»Ich kann alles für dich sein, was du willst, Babe.«
»Wenn Sie noch einmal Babe zu mir sagen, sorge ich dafür, dass Sie nie wieder in Ihrem Leben einen Ständer bekommen.« Seelenruhig stach sie zu und zog den Faden etwas straffer als nötig.
»Autsch! Schon gut.«
»Und, sind Sie einer?«
»Ein Rockstar?«
»Ja.«
»Vielleicht bin ich es ja. Möglicherweise bin ich ein berühmter Sänger und heiße Carter Jones?«
»Wie dieser Affe aus dieser furchtbaren Serie, die alle verrückt macht?« Valerie schloss den zweiten Knoten, kappte den Faden und legte das Besteck zurück, blieb allerdings auf dem Hocker vor ihm sitzen.
»Du weißt, wer Carter Jones ist, hast die Serie aber noch nie gesehen?«
»Ich bin froh, wenn ich noch weiß, welcher Wochentag ist«, erwiderte sie matt und hatte gleichzeitig absolut keine Ahnung, weshalb sie sich auf dieses Gespräch einließ. Er schien irgendetwas an sich zu haben, das sie unwiderruflich anzog. Sie gratulierte sich innerlich. Sehr schön, Valerie. Ein Schläger mit Drogen- und Alkoholabusus, und du sabberst permanent in seiner Gegenwart. Kaum peinlich.
»Wie kannst du dann sagen, dass er ein Affe ist?«
Jetzt hatte sich Max auf seine Ellbogen aufgestützt und sah sie merkwürdig an. War er etwa verärgert? »Die Schwestern reden von kaum etwas anderem, und zwangsweise bekomme ich daher mit, wie sich dieser Joseph, Jan oder wie auch immer aufführt. Für so jemanden opfere ich nicht auch noch meine sowieso schon knapp bemessene Freizeit.«
»Julian.«
»Hm?«
»Julian Walker. Der Schauspieler.«
»Ja das war es. Sie sehen sich die Serie also an?«
»Hin und wieder.« Er kratzte sich am Kopf und schien mit einem Mal verlegen zu sein.
»Vielleicht sollten Sie mit Ihrer Zeit etwas Sinnvolleres anfangen und sich nicht so einen Vollpfosten zum Vorbild nehmen. Dann holen Sie sich nicht ständig neue Narben.« Schweren Herzens wollte sie aufstehen, sie hatte definitiv lange genug Zeit in seiner Gegenwart verbracht, doch er hielt sie zurück.
»Warte! Du kannst nicht gehen, ohne mir deinen Vornamen zu verraten.«
Er lächelte sie ehrlich an, ohne dieses dreckige Grinsen von vorhin, und Valeries Knie schienen auf einmal aus weichem Gummi zu bestehen. Sie räusperte sich mehrmals, weil seine Berührung etwas in ihr auslöste, das sie selbst nicht verstand. »Valerie. Aber das sagte ich bereits, als ich mich vorstellte.«
»Richtig, mein Gehirn lässt mich manchmal sträflich im Stich, bitte verzeih. Valerie. Das klingt wunderschön. Darf ich dich Val nennen?«
»Nein.« Sie stand nun doch auf, schob den Wagen mit dem Besteck zur Seite, nahm die Mappe und schrieb etwas hinein.
»Das war es schon?« Irgendwie klang er hoffnungsvoll.
Valerie drehte sich um und sah ihn irritiert an. Dann lächelte sie, als sie verstand. »Eine der Schwestern wird noch kommen, um Ihnen Blut abzunehmen, dann können Sie nach Hause.« Wieder wandte sie sich ab, und wieder hielt er sie zurück, indem er ihr hektisch nachstolperte und erneut ihren Arm festhielt.
»Darf ich dich wiedersehen?«
Valeries Puls stieg an, und ihr Herz schlug verdächtig schneller, doch sie ließ sich nichts anmerken. Stattdessen schenkte sie ihm ein neutrales Lächeln und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich gehe nicht mit Patienten aus.«
»Aber wenn ich hier fertig bin, dann bin ich nicht mehr dein Patient.« Sein erwartungsvoller Blick brachte sie völlig durcheinander.
»Hören Sie, Max, das ist keine gute Idee. Bitte entschuldigen Sie mich, ich muss zum nächsten Patienten.«
»Ich werde auch nüchtern sein«, entgegnete er verlegen.
Einen winzigen Augenblick rang sie tatsächlich mit sich, doch dann sagte sie freundlich, aber bestimmt: »Sie scheinen ein netter Mensch zu sein, auch wenn Sie eine viel zu große Klappe und ein noch größeres Selbstbewusstsein haben. Aber ich denke, um miteinander auszugehen, sollte ein gewisses Maß an Anziehung bestehen. Ein Alkoholiker, der immer wieder in Schlägereien verwickelt wird und daher seine Aggressionen anscheinend nicht unter Kontrolle hat, ist nicht wirklich das, was ich bei einem Mann suche. Weder für ein Date noch für die Matratze oder auch für die Zukunftsplanung.« Das Blut rauschte so ohrenbetäubend laut in ihren Ohren, dass sie sich sorgte, er könnte es hören. Sie fand ihn nicht anziehend? Sie war die Königin der Lügner.
»Könnten wir den Teil mit der Matratze ein wenig vertiefen?« Grinsend strahlte er sie an, und Valerie ertappte sich dabei, wie sie nach Luft schnappte. Sie musste hier raus. Dringend!
»Hör mal, ich weiß, ich kann manchmal schwierig sein. Aber du bist anders als die ganzen Tussis vom Set von ähm sonst, und du faszinierst mich. Geh mit mir aus, Val! Bitte!«
»Valerie. Und nein.«
»Ich kann der Mann sein, den du suchst.«
»Das halte ich für ein Gerücht.«
»Um was wetten wir?«
»Ich wette nicht.« Sie versuchte, sich unauffällig davonzustehlen, bevor sie noch völlig den Verstand verlor.
»Du kannst jeden Wetteinsatz von mir verlangen, den du willst.«
»Ich wette nicht! – Wirklich jeden?«
»Sicher.«
»Keine Drogen mehr!«
»Ist gebongt.«
»Ernsthaft?«
»Klar!«
»Nein, ich glaube nicht, dass –«
»Weißt du was? Ich erhöhe. Ich wette, dass ich es schaffe, dass du dich innerhalb von zehn Dates in mich verliebst.«
Sein Grinsen ärgerte sie, weil seine Freude im Gegensatz zu vorhin echt schien, was verstörend und zu ihrem Verdruss noch anziehender auf sie wirkte. »Jetzt werden Sie aber albern.«
»Das werden wir dann sehen. Also abgemacht?«
Valerie wand sich innerlich, doch sosehr ihr Verstand auch mitzuteilen versuchte, wie dämlich diese Aktion war, so laut rief etwas anderes in ihr, sie sollte es tun. Möglicherweise war ihr Mitgefühl für schwere Fälle auch ein Andenken aus der Vergangenheit. »Abgemacht«, antwortete sie schließlich unsicher und ließ sich erneut von diesen blauen Augen gefangen nehmen.
»Großartig. Autsch!« Er war vor Freude in die Luft gesprungen und bekam nun offensichtlich prompt die Quittung in Form eines unangenehmen Ziehens an seiner Stirn.
»Also dann können Sie –«, setzte sie an, doch er hielt den Zeigefinger in die Luft.
»Nein, nein. Schluss mit der Förmlichkeit! Wir haben nun ein Date, und du könntest endlich ein bisschen lockerer werden.«
Valerie nickte zögerlich. »Gut, dann dann warte ich auf deinen Anruf.« Es fühlte sich komisch an, ihn zu duzen, weil es auf einmal viel persönlicher war. Sie schnaubte innerlich, sie hatten eine Verabredung, was könnte persönlicher sein? Sie schrieb ihm ihre Nummer auf die Rückseite eines leeren Rezeptes, das sie sicherheitshalber durchstrich, man konnte ja nie wissen, und schüttelte immer wieder den Kopf. Was zur Hölle tat sie da nur? Völlig durcheinander ging Valerie schließlich, ohne Max noch einmal anzusehen, eilig aus dem Raum und wäre beinahe mit Hugo zusammengestoßen, der, noch immer aufgebracht, vor der Tür herumtigerte.
»Mon Dieu, was dauert denn so lange? Haben Sie gemacht die Stische? Können wir nach Hause gehen?«
Valerie ignorierte Hugo und schritt einfach weiter, bis zur Anmeldung vor. Dort gab sie einer Schwester Anweisungen für die Blutabnahme bei Max und lief rasch ins Ärztezimmer. Erst als sie allein war, atmete sie tief durch, fuhr sich immer wieder mit fahrigen Bewegungen durch die Haare und murmelte: »Was habe ich nur getan?« Sie konnte es nicht fassen, dass sie sich derart von einem Typen hatte einlullen lassen, um den sie normalerweise einen großen Bogen gemacht hätte. Kerle wie er waren Gift für die Seele, wer wusste das besser als sie. Anscheinend kapierte sie es aber nicht. Sie hatte ein Date mit einem Wildfremden. Valerie musste sich beherrschen, nicht laut und hysterisch loszulachen. Verflucht! Jetzt könnte sie wirklich einen Tequila vertragen. Oder zwei. Und was zur Hölle hatte er ausgefressen, dass diese zwei Schränke ihn bewachten? Am Ende war er gar ein Krimineller, und sie hatte gerade den größten Fehler ihres Lebens begangen. Er wollte es schaffen, dass sie sich innerhalb von zehn Dates in ihn verliebte? Beinahe wäre sie an ihrem eigenen Lachen erstickt. Warum hatte sie nur immer ein schlechtes Händchen bei der Wahl ihrer Kerle?
Julian
Julian saß neben Hugo auf der Rückbank des schwarzen, mit getönten Scheiben geschützten SUV, der sie eben an einem Seiteneingang des Krankenhauses abgeholt hatte, und blendete dessen Schimpftirade weitgehend aus. Die paar Reporter, die Wind von seinem vorübergehenden Aufenthaltsort bekommen hatten, warteten am Vordereingang, einige ausgefuchste auch am Hintereingang. Pech für sie, dass es hier noch einen separaten Zugang zur Pathologie gab, über den sie das Gebäude verlassen hatten. Seine Gedanken schweiften permanent zu der scharfen Ärztin zurück, die offenbar der einzige Mensch in Deutschland zu sein schien, der nicht wusste, wer er war. Er hatte keine Ahnung, wie er das finden sollte. Sein Gemütszustand schwankte zwischen eingeschnappt, weil sie Julian Walker nicht kannte, und skeptisch, weil er nicht wusste, ob das eine neue Masche war und sie nur vortäuschte, ihn nicht zu kennen, bis hin zu aufregend. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine Frau getroffen hatte, die Interesse an ihm als Mensch hatte, nicht an Julian Schrägstrich Carter, der öffentlichen Person, der VIP, von der ein gemeinsames Selfie jede mediengeile Tussi in die Zeitung brachte. Auf Facebook gab es sogar eine Gruppe, in der die Weiber darum wetteiferten, wer das schärfste Selfie mit ihm hatte. Dort verteilten sie Punkte von eins bis zehn. Widerlich. Seit er dahintergekommen war, erlaubte er keine gemeinsamen Bilder mehr mit Fans. Na ja, zumindest beim Sex. Sollten sie ihn für arrogant und abgeklärt halten, es war ihm einerlei. Den Tussis mochte es nichts ausmachen, ihre Titten der halben Welt zu präsentieren, er jedoch wollte wenigstens seinem Schwanz ein wenig Privatsphäre gönnen. So schräg sich das auch anhörte.
»Mon Dieu, du hast gespuckt auf die Füße von diese Moderator, isch weiß nischt, wie wir das wieder aufrescht biegen können.«
Julian sah durch halb geschlossene Lider seinen Manager an, der heute die Rückbank mit ihm teilte, da er offenbar einen Ersatzfahrer gefunden hatte. Er war völlig gerädert, und dieser endlose Tag hatte ihn ziemlich geschlaucht. »Der wird sich schon wieder einkriegen. Das tun sie immer.« Müde sehnte er sich nach der sündhaft teuren Matratze seines Bettes, auf der er schlief wie ein Baby.
»Gar nischts wird er. Du hast die Bogen überreizt. Die Produzenten werden disch feuern!«
»Und den wertvollen Star ihrer tollen Serie verlieren?« Julian schnaubte unbeeindruckt.
»Du verstehst es einfach nischt. Jeder ist ersetzbar, auch eine Julian Walker.«
»Wenn es so ist, kann ich es auch nicht mehr ändern. Dann wird es vielleicht Zeit, neue Wege zu gehen.«
»Quel Idiot! Du bist so eine Maultier. Deine Ruf ist kaputt, für disch gibt es keine Wege mehr, wenn du disch weiter so aufführst!«
»Ich habe ein Date«, unterbrach Julian Hugo und wusste selbst nicht so recht, warum er das sagte. Er rieb ihm sonst auch nicht seine Eroberungen unter die Nase.
»Und warum soll misch das interessieren, eh? Warte, aber doch nischt mit die mürrische Ärztin?«
»Genau die.«
»Mon Dieu.« Hugo schüttelte den Kopf und durchsuchte weiter das Internet nach den Nachrichten des Tages, genauer gesagt, nach Julians neuestem Skandal.
»Sie weiß nicht, wer ich bin«, fuhr Julian fort, ohne die Augen zu öffnen. Das weiche Polster der Rückbank machte ihn noch schläfriger.
»Wie, sie weiß nischt, wer du bist?«
»Sie schaut die Serie nicht, sie hat keine Ahnung, wer Julian Walker oder Carter Jones ist.«
»Sei keine Maultier. Sie wissen es immer.«
»Ich glaube ihr.« Das war nicht gelogen.
»Und jetzt geht sie aus mit die John Doe?«
»Nein. Mit Max.«
»Du hast disch mit die zweite Name vorgestellt? Warum?«
»Weil sie weiß, wer Julian ist. Sie hat ihn nur noch nie gesehen.«
»Meine Kopf ist ganz wuschig von zu viele Scheiße heute. Isch muss begrenzen die Schaden, nischt auch noch Babysitter für disch spielen.«
Damit war das Thema für Hugo wohl erledigt, denn er konzentrierte sich auf die Meldungen, die er fand, und fluchte unentwegt. »Wenn isch in die E-Mails gehe, kriege isch sischerlisch eine Infarkt. Idiot!«
Julian lächelte und drehte den Kopf seitlich, um endlich wegzuschlummern. Er kannte Hugo nun schon ein Jahr; wenn dieser nicht schimpfen konnte, war er nicht glücklich. Also ließ er ihn gewähren. Er hatte sowieso keine Lust, diesen unsäglichen Abend weiter zu diskutieren, viel lieber dachte er an Valerie zurück. Was für ein Prachtweib! Unter ihrem Ärztekittel, der so einige unartige Fantasien in ihm weckte, hatte er ihre weiblichen Rundungen sehr gut erahnen können, und permanent fragte er sich, wie sie wohl ohne all das überflüssige Textil aussah. Ein Schauder durchfuhr ihn bei der Vorstellung, wie er sie Stück für Stück entkleiden würde.
Sie war anders. Zumindest gab sie das vor. Julian war es bereits so lange gewöhnt, dass sich ihm die Frauen an den Hals warfen, wann immer er mit den Fingern schnippte, dass die Reserviertheit der Ärztin erfrischend anders war. Sie hatte seinen Jagdinstinkt geweckt, von dem er nicht mehr wusste, dass er überhaupt noch existierte. Um sie ins Bett zu kriegen, würde er kämpfen müssen, sie bekam er nicht geschenkt. Und er freute sich auf diese Herausforderung, die eine Wohltat in seinem sonst so freudlosen Alltag war. Lächelnd rief er sie sich erneut ins Gedächtnis. Ihr schwarzes Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden gewesen, und er ertappte sich immer wieder dabei, wie er sich wünschte, sie an diesem festzuhalten, wenn Aber er schweifte ab. Ihre dunklen blauen Augen ähnelten den seinen, nur dass ihre klarer waren. Sie war etwa einen Kopf kleiner als er, Julian schätzte sie auf eins fünfundsiebzig. Seine Dr. Valerie unterschied sich auch sonst ziemlich von seinen üblichen Groupies.
An manchen Morgen konnte er unter der breiten Masse von wasserstoffblond gefärbtem Haar im Bett kaum ausmachen, wer welche Tussi war. Früher hatte er ihnen Nummern gegeben, weil er sich die Namen nie merken konnte oder nicht wollte. Jetzt hießen sie alle einfach nur noch Babe. Irgendeine fühlte sich immer angesprochen, also war er damit zufrieden. Und wen interessierte schon ein Name, wenn ein paar Stunden Sex winkten. Über den meisten Ärschen, an denen er sich festhielt, prangte ein Tattoo, und aus einem ihm nicht näher bekannten Grund dachten die Weiber, dass Kriegsbemalung im Gesicht sexy war. Nachdem er sich irgendwann vorgekommen war, als würde er philippinische Hafennutten vögeln, weil die Farbenpracht auf den Lidern anscheinend keine Grenzen kannte, hatte er sich angewöhnt, die Augen beim Sex nicht mehr zu öffnen. Das half gegen den Würgereiz und hatte zudem den Vorteil, dass er keine lästigen Kussversuche abwehren musste. Er küsste doch keine Schlauchbootlippen, die so fett mit babyrosa Glitzerlipgloss vollgeschmiert waren, dass er problemlos Barbie Konkurrenz machen könnte, wenn das Zeug überall in seinem Gesicht prangte. Aus Erfahrung wurde man ja bekanntlich klug. Ganz zu schweigen von diesen grausigen, ewig langen Fingernägeln, bei denen er immer das Gefühl hatte, The Walking Dead wäre real geworden und die Zombie-Groupies wollten ihn auseinanderreißen, um an seine Gedärme zu kommen. Gut. Vielleicht sollte er das mit dem Koksen echt lassen, irgendwie kam er ständig auf schräge Gedanken. Das Scheißzeug brachte ihm eh nur Nasenbluten und dauernd Probleme mit den Nebenhöhlen ein. Eigentlich nahm er es aus purer Langeweile an seinem öden Leben. Dass er geil war, wusste er auch so, dazu brauchte er keine Drogen.
»Warum lachst du so dämlisch? Du hast keine Grund«, fuhr Hugo ihn an und unterbrach seine gedanklichen Abschweifungen.
Ohne eine Erwiderung blieb Julian mit geschlossenen Augen in seinen Vorstellungen, verdrängte jedoch die Zombies und lächelte, sobald Valerie sich erneut in seinem Gehirn manifestierte. Ja, sie war definitiv anders. Nicht nur optisch, sie verzichtete auf übertriebenes Make-up, und wenn sie Ärztin war, dann hatte sie wohl auch einiges auf dem Kasten. Er schätzte sie einige Jahre älter als das junge, klapperdürre Gemüse, das er sonst beglückte. Ihre ganze Erscheinung war einfach eine Wucht, vor allem hatte ihn jedoch eines gereizt: Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wer er war, und war somit seit einem Jahr die erste Frau, die sich ihm nicht anbiederte. Im Gegenteil, sie hatte überhaupt kein Interesse gezeigt, und das konnte sein Jagdinstinkt nicht auf sich sitzen lassen. Um sie zu einem Date zu überreden, hatte er seinen ganzen Charme einsetzen müssen. Es hatte ihm richtig Spaß gemacht, für etwas zu kämpfen. Er fühlte sich nach langer Zeit endlich wieder beschwingt, geradezu lebendig, das war total aufregend. »Ich brauche einen romantischen Ort für ein Date«, murmelte er schläfrig und hörte Hugo schnauben.
»Sischer. Wir blamieren uns vor die gesamte Nation, aber wischtisch ist nur wieder deine dämlische Schwanz.«
»Du wirst es organisieren.«
»Natürlisch, isch muss nur meine Kurs auffrischen in die Babysitting.«
»Stell dich nicht so an. Du bist mein Manager, du regelst das.«
»Idiot.«
»Und, Hugo?«
»Oui?«
»Sie weiß nicht, wer ich bin. Also sieh zu, dass du einen Ort findest, an dem keine Fans oder Groupies uns belästigen können. Wo wir völlig unter uns sind. Verstanden?«
»Visage de cul!«
»Ich dich auch.« Langsam driftete Julian in das Land der Träume ab, seine letzten Gedanken, bevor er tief und fest schlief, drehten sich um das Date mit Valerie. Es musste einfach phänomenal werden. Das erste von zehn. Er hatte nicht vergessen, was er ihr versprochen hatte. Julian war sich sicher, dass er keine zehn Treffen benötigte, damit sie sich in ihn verliebte. Was er dann allerdings mit ihr anstellen sollte, wusste er nicht. Schließlich wollte er sie nur in sein Bett bekommen. Aber darüber konnte er sich auch morgen noch Gedanken machen.
Valerie
Nervös lief Valerie in ihrem Wohnzimmer umher und fragte sich unentwegt, ob sie noch ganz bei Trost war. Keine zwei Tage nach ihrer Zusage zu einem Date mit einem Unbekannten hatte Max sich tatsächlich gemeldet. Sie hatte versucht, sich aus ihrem Versprechen herauszuwinden, denn ohne seine Anwesenheit, die sie einlullen konnte, kam ihr das alles einfach nur falsch vor. Er hatte jedoch darauf bestanden und erneut genau die richtigen Dinge gesagt, die sie wankelmütig werden ließen. So hatte sie schließlich wider besseres Wissen eingewilligt, und nun, eine Woche später, wartete sie angespannt darauf, abgeholt zu werden. Panisch hatte sie die vergangene Stunde vor ihrem Kleiderschrank verbracht. Max hatte nicht durchsickern lassen, wohin es ging, jedoch angemerkt, dass sie sich schick kleiden solle. Das allein hatte für einen Beinahe-Nervenzusammenbruch gereicht. Was bedeutete schick, wie definierte er es? Und warum zur Hölle besaß sie kaum Klamotten, die darauf zutrafen? Letztendlich hatte sie sich für einen dunklen Hosenanzug im Marlenestil entschieden, den sie sich für eine Hochzeit im vergangenen Herbst besorgt hatte. Darunter trug sie eine helle, langärmlige Seidenbluse. Es war Anfang März, und da sie nicht wusste, wohin es ging, wollte sie keinesfalls frieren. Außerdem mochte sie es nicht, wenn ihre Extras an Rundungen zu sehr betont wurden.
Durch das Läuten der Türklingel aufgeschreckt, stolperte sie fast über ihre eigenen Füße. Rasch schnappte sie sich ihre schwarze Handtasche, überprüfte eilig im Vorbeigehen ein letztes Mal ihr Erscheinungsbild im Garderobenspiegel und trat dann mit heftig schlagendem Herzen aus ihrer Wohnung heraus. Überrascht sah sie daraufhin ihr Gegenüber an. »Hugo? Was machen Sie denn hier?« Fragend blickte sie den mürrisch wirkenden Franzosen an.
»Glauben Sie mir, Madame, das frage isch misch jeden Tag. Allez, grouille-toi, bevor isch noch graue Haare bekomme.«
Dann drehte er sich um und stapfte missmutig zu dem dunklen SUV, der an der Straße in zweiter Reihe parkte und den sie erst jetzt wahrnahm. Warum kam Max nicht selbst vorbei, um sie abzuholen, warum schickte er diese männliche Zicke? »Verzeihung, ich verstehe nicht«, sagte sie daher, sobald sie zu Hugo aufgeschlossen hatte. Der ihr mit einem genervten Gesichtsausdruck die Hintertür aufhielt und hektisch mit der Hand wedelte, damit sie endlich einstieg.
»Isch habe das Vergnügen, Sie abzuholen, Madame.« Das Grinsen, das er ihr anschließend schenkte, jagte ihr Angst ein. Er war doch kein Irrer?
Sie fuhren bereits einige Minuten, als sie es schließlich nicht länger aushielt. »Hugo, warum kann Max mich nicht selbst abholen? Und warum spielen Sie seinen Chauffeur?«
»Ah, isch mag Sie. Gute Frage, mein Kind. Max kann äh nischt fahren.«
»Oh, Sie meinen, er hat seinen Führerschein entzogen bekommen? Sicherlich weil er zu viel getrunken hat«, erwiderte sie seufzend.
»Oui, oui.« Hugo nickte heftig, und Valerie ließ es dabei bewenden. Sie wollte nicht noch mehr erfahren, das ihr deutlicher aufzeigte, was für ein Fehler diese Verabredung war.
»Aber er kommt doch?« Sie sorgte sich vor einer Blamage. Einer, in der sie mutterseelenallein auf jemanden wartete, der nie eintreffen würde. Sie konnte die mitleidigen Blicke der anderen Leute fast schon spüren.
»Évidamment, glauben Sie mir, das lässt er sisch nischt entgehen.«
Das beruhigte sie etwas. Nervös blickte sie aus dem Fenster. Es war einfach verrückt, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Zugegeben, sein Versprechen, sich zusammenzureißen, hatte sie gereizt. Sie glaubte nicht, dass Max abhängig von Drogen oder Alkohol war, dazu sah er zu gesund aus, und sein Körper wies nicht die typischen Anzeichen des Verfalls auf, die kannte sie nur zu gut. Jedoch schien er dem Feiern nicht abgeneigt zu sein, und das beinhaltete zu ihrem Leidwesen wohl euphorisierende Substanzen. Umso besser, dass er ihr versprochen hatte, als Bedingung für das Date die Finger davon zu lassen. Auch wenn das irgendwie zu einfach ging. Er hatte nicht versucht, einen Kompromiss zu erkämpfen. Verflixt, sie musste aufhören, sich wahnsinnig zu machen. Grübelnd nahm sie irgendwann wahr, dass sie sich in Charlottenburg befanden. »Wo fahren wir hin?«
»Sie gehen essen mit die Crétin.«
»Sie scheinen Max nicht sehr zu mögen.«
»Wie könnte isch so ein zauberhaftes Wesen nischt lieben?«
Valerie zog die Stirn kraus. Sie hatte nicht den blassesten Schimmer, ob er das ehrlich meinte oder nicht, denn Hugo klang permanent sarkastisch. Weshalb arbeitete er als Chauffeur für Max, wenn er ihn nicht mochte? Tief atmete sie durch und besann sich auf seine Worte zuvor. Also ein Essen. Das Standarddate, aber daran war nichts auszusetzen. Valerie hoffte nur, dass Max keine Kaschemme ausgesucht hatte, in der sie sich zu zweit in ein winziges Eck drängen mussten und sich aufgrund des Lärmes nicht würden unterhalten können.
»Voilà, wir sind da.«
Überrascht blickte Valerie auf, sie war so sehr in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, wie sie anhielten. Zu wissen, dass sie Max in wenigen Sekunden wiedersehen würde, trieb ihren Puls zu abenteuerlichen Höchstleistungen.
»Husch, husch, worauf warten Sie?« Hugo drehte sich zu ihr um und wedelte erneut mit seiner Hand. Diese Eigenart ging ihr ziemlich auf die Nerven.
Zögerlich stieg sie aus dem Fahrzeug, und sobald sie die Tür zugeschlagen hatte, düste Hugo bereits mit quietschenden Reifen davon. Nervös blickte Valerie auf das Gebäude vor sich. Ein unscheinbares Eckhaus, dessen blau-weißes Schild über der hellen Eingangstür ihr absolut nichts sagte. Sie ging langsam auf die Stufen zu und konnte endlich den Schriftzug entziffern. Ana e Bruno