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Duldsam vermied ich jede Art von Streit, "rächte" mich aber auf andere Weise an den schlimmsten Übeltätern. Mit verfälschter Handschrift oder auf Mutters-Schreibmaschine verfasste ich insgeheim verschiedenste Spottverse (meistens handelte es sich um Zwei- oder Vierzeiler), die ich danach in geeigneten Momenten in den Pulten oder Tornistern meiner "Feinde" platzierte. Ich blieb stets unentdeckt, auch in Sachen "Liebesbriefe in Versform", die ich gelegentlich der einen oder anderen Mitschülerin in die Jackentasche steckte. Daneben entstanden auch vielerlei skurrile Verse in Mundart und Schriftsprache, die ich in meinen diversen Verstecken hortete. Nichts von alledem ist erhalten geblieben; denn über lange Jahre hinderte mich meine Schüchternheit daran, meine "Kreationen" aus dem Verborgenen zu holen und mit jemandem zu besprechen. Erst mit der beginnenden Pubertät - reichlich spät - fasste ich den Entschluss, alle meine "Reimereien" künftighin sorgsam aufzubewahren und zu ordnen. Im Verlaufe der Jahrzehnte häuftem sich so sukzessive gegen vierhundert "Zarte Reime und derbe Sprüche" an, von denen im nachfolgenden Gedichtband etwa ein Drittel Aufnahme finden soll.
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Seitenzahl: 101
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Vorwort
Von Lebensfragen und dem Wirken der geistigen Welt
Wahrnehmen und hinterfragen
Zuneigung / Minne-Gedichte
Zukunftsvisionen
Reimischer Alltag
Albernheiten, Phrasen, Spott und Spass
Dies und das
Lyrische Beiträge
Aus dem Buch „Büren im Winterzauber“ / 2012
Aus dem Buch „Silent Cars“ / 2015
Gedichtsammlung für Patenkind David Schmucki / 1978–1981
Chansons und Reime zu den diversen Programmen der BERNER BARDEN / 1979 –1986
Reimfreie Lyrik
Schwedische Impressionen / 1999
Aus dem Buch „Büren im Winterzauber“ / 2012
Aus dem Buch „Silent Cars“ / 2015
Dank
Ungereimtheiten gibt es zuhauf, auf jeder denkbaren Manifestationsebene der materiellen Welt, und sie verbreiten sich in aller Regel wie jene durch schlingernde Krakenfänge aufgewirbelten Schlammteppiche auf ufernahen Meeresgründen: Ziellose Wirrnis, Disharmonie, ein Fehlen reimenden Zusammenhangs.
Dieser „maritime Ansatz“ mag zunächst fragwürdig erscheinen. Aus sinnbildlicher Perspektive kann er indes durchaus stimmig sein, sind mir persönlich aus vielen mediterranen Tauchgängen charakteristische Provokationen solcher Art doch bestens vertraut, Zustände nämlich unerwarteter Verunsicherung und Verwirrung, die unvermutete Abwesenheit klarer Strukturen, der gänzliche Verlust einer zumindest visuell naturgegebenen Ausgewogenheit.
Aus solchen Reflexionen wage ich den Schluss zu ziehen, dass jedem sensiblen Menschen – und wohl auch den Tier – und Pflanzengeister – ein geradezu archetypisches Verlangen nach besänftigender Stimmigkeit, nach einer mit allen vorhandenen Sinnen fassbaren Harmonie innewohnt. Wo diese nicht zu erkennen ist oder verdrängt wird, manifestieren sich Hilflosigkeit und Irritation.
Beim Kleinkind und während der ersten Lebensjahre laufen solcherlei Prozesse zunächst mehrheitlich auf der unbewussten Ebene ab. Es ist daher unerlässliche Pflicht der Eltern und weiterer Bezugspersonen, ihre Zöglinge stets im Hinblick auf eine Förderung der Hinwendung zu Ausgeglichenheit zu begleiten. Auf auditivem Wege entwickelt sich dieses Hinstreben zum tröstenden Zusammenklang im Rahmen der Sprachentwicklung.
Hier nun, auf dieser Ebene, finde ich erste Ansätze meines eigenen elementaren Hangs zu „reimendem Hören und (später) Sprechen“. Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext gewiss auch mein Aszendent „Waage“ zur fernen Geburtsstunde am 8. November 1934 um 05.00 Uhr morgens.
Die vielen harten, verletzenden Geräusche aus unserem lärmigen Werkstattbetrieb, die nicht wenigen fremden Menschen in meiner nächsten Umgebung sowie die herben Wortwechsel zwischen Arbeitern, Mägden und Kunden werden gewiss dazu beigetragen haben, mein Sehnen nach Wohlklang zu verstärken. Ohne dies auch nur annähernd belegen zu können, muss die sprachliche Kontaktnahme meiner Eltern und Geschwister in meinem frühkindlichen Hör- und Sprachzentrum ein intensives Begehren nach Gleichklang, nach lautlicher Harmonie ausgelöst haben. Nur so vermag ich es mir zu erklären, dass in meinen frühen Erinnerungen sprachlicher Art allen lautlichen Übereinstimmungen, eben allen „Reimungen“ im weitesten Sinne, stetsfort eine zentrale Bedeutung zukam. Dies steigerte sich mit zunehmendem Sprachverständnis und Sprechvermögen bis hin zu einer garadezu lustvollen Neigung, in Reimen zu denken und mich entsprechend auszudrücken.
Wenn mein Vater beispielsweise in befehlendem Ton erklärte „Hüt chunsch ou du de mit i Garte“, so dachte ich sogleich (man wagte ja damals nicht, seine Gedanken laut auszusprechen, und ich hatte heimlich mit einer Ausdehnung der obligaten Nachmittagsruhe gerechnet) „He nu, de muesch haut no es bitzli warte“. Oder wenn die Mutter schimpfte „Die Chuttle wärden aui ggässe“, sinnierte ich erbost „Du chasch se doch grad säuber frässe“. Schier unzählbare Beispiele dieser Art wirbelten tagaus tagein durch mein Denken, spontan und unaufhaltsam. Ja, dieser Drang wuchs sich nachgerade zu einer Manie aus, und es ist wohl nur dem Schuleintritt und der damit verbundenen Interessenverlagerung auf andere Wissensgebiete zu verdanken, dass ich nicht zu einem „Sonderling“ verkam.
Nun aber begann für mich eine eher leidvolle Lebensphase. Als kleinster und zartester unter allen meinen Klassenkameraden – und dies über die ganzen neun Schuljahre hinweg! – hatte ich viel unter Spötteleien und anderweitigen Demütigungen zu leiden.
Duldsam vermied ich jede Art von Streit, „rächte“ mich aber auf andere Weise an den schlimmsten Übeltätern. Mit verfälschter Handschrift oder auf Mutters UNDERWOOD-Schreibmaschine verfasste ich insgeheim verschiedenste Spottverse (meistens handelte es sich um Zwei- oder Vierzeiler), die ich danach in geeigneten Momenten in den Pulten oder Tornistern meiner „Feinde“ platzierte. Ich blieb stets unentdeckt, auch in Sachen „Liebesbriefe in Versform“, die ich gelegentlich der einen oder anderen Mitschülerin in die Jackentasche steckte. Daneben entstanden auch vielerlei skurrile Verse in Mundart und Schriftsprache, die ich in meinen diversen Verstecken hortete.
Nichts von alledem ist erhalten geblieben; denn über lange Jahre hinderte mich meine Schüchternheit daran, meine „Kreationen“ aus dem Verborgenen zu holen und mit jemandem zu besprechen. Erst mit der beginnenden Pubertät – reichlich spät – fasste ich den Entschluss, alle meine „Reimereien“ künftighin sorgsam aufzubewahren und zu ordnen. Im Verlaufe der Jahrzehnte häuftem sich so sukzessive gegen vierhundert „Zarte Reime und derbe Sprüche“ an, von denen im nachfolgenden Gedichtband etwa ein Drittel Aufnahme finden soll.
Büren an der Aare, im Dezember 2022
Italien / Stromboli. Nachtlager am Kraterrand. 1976
(Traumerlebnis in einer stürmischen Februarnacht. 1958)
Es zuckt ein Blitz durch dunkle Nacht,
entäussernd Gottes klare Macht.
Es zuckt ein Geistesblitz in mir,
strebt lechzend, bebend hoch zu Dir,
zu Dir, seltsame Ewigkeit:
Seid still ihr Menschen, es ist Zeit,
erkennet eure Nichtigkeit.
Der Todesblitz geht um und um,
erfüllt die Pflicht und macht uns stumm.
Ich folge gern, ich bin bereit.
(Aus einem Briefwechsel mit meinem Kommilitonen
Ulrich Hertig, „Pascha“. 1958)
Was du auch tust, sei’s gut, sei’s schlecht:
Dein Wille war’s, und somit echt.
Kein Gott befahl dir deine Tat.
Befrag dich selbst um neuen Rat.
Was dich bewog zu solchem Tun,
kann nur in deinem Wesen ruh‘n.
Sei stets dir treu und nimm nun hin
mit Freuden, was dir richtig schien!
(Auf Wunsch von Theo Schmid zu seinem Theaterstück
„Griechische Szenen“. 1981)
Wär hätt das dänkt! So höche Bsuech
han i hüt z erschtmau i mym Fass.
I hole schnäu es bessers Tuech
u gharzte Wy – es göttlechs Nass.
I weiss wou, was dihr vo mer weit.
Scho mängen isch hie dürocho.
I ha e jedem d Wahrheit gseit.
Es söu ou euch nid anders go.
Me muess sech doch im Klare si,
dass weder Huus, no Ruehm, no Gäut
üs einisch wärde nützlech si
bim Abschiedäh vo dere Wäut.
Was blybt, si Forme, d Gwaut
vo üsem Dänke, üsne Gfüeu.
Das giut für jede, jung und aut;
da hiuft kes Muule u kes Brüeu.
Drum, Chünig, göht jetz wieder hei.
Regieret ds Land mit früschem Muet.
Dihr wüsset: Bsitz isch einerlei …
der Geischt u d Tat si göttlechs Guet.
(Die Frucht eines spontanen Einfalls. 1986)
Wozu die Hektik, dieses Treiben,
das unvermittelt dich betört,
sobald du ahnst, dass nichts wird bleiben
von alledem, was dir gehört?
Wozu die Angst, das feige Beben
um alles, was zu greifen ist,
als gelte es, selbst nach dem Leben
zu kosten noch, was du heut‘ siehst.
Erkenne: Nur die stillen Taten
bestehen über Raum und Zeit
und wirken fort, wie edle Saaten
im weiten Feld der Duldsamkeit.
Es bleibt, was geistig ward erworben!
Das Übrige verblasst, zerstiebt.
Nur der gilt nimmer als verstorben,
der sich nicht mehr als andre liebt!
Finnland. Unterwegs im südöstlichen Seengebiet. 2003
(Gedanken beim Anblick der Schienenstränge in einem Bahnhof. 2012)
Folge nie dem Ruf der Fatalisten.
Löse dich von Ängsten, Zwängen, Fristen.
Sieh, denn immer wieder öffnen „Weichen“
dir den Bick als schicksalhafte Zeichen.
Wähle frei und stets mit wachen Sinnen,
um der Fremdbestimmung zu entrinnen.
(Was die Zifferblätter von Kirchturm und Schulhaus-
Türmchen verkünden. 2017)
Es spricht die Zeit: „Ihr klugen Menschen-Bienen
mit euren aufgeschreckten Mienen,
ihr seid versklavt von gierigen Terminen,
und solltet endlich mehr der Musse dienen“.
„Ja, liebe Zeit, wo wird das schliesslich enden
mit all den vollgeschriebenen Agenden?
Wir wollen uns nicht länger selber blenden
und dieses üble Spiel zum Guten wenden“.
(Erkenntnis nach einer Bauchtänzerinnen-Show
zu meinem 80. Geburtstag. 2014)
Greise hoffen leise, bloss auf ihre Weise,
dass das alte Gleise nicht so rasch verreise.
Nicht hilft Götterspeise, nicht die Bali-Reise …
Mithin bleibe weise und verschwinde leise.
(Reflexionen auf einem Spaziergang in Björboholm / S. 2014)
Sinnend blicke ich auf einen Waldessaum
entlaubter Birkenbäume,
welcher mir verdeckt die freie Sicht
auf weite, lichte Landschaftsräume.
Eigenartig packt mich da ein drängend
hell erwachtes Fernweh-Sehnen
mit dem Ziele wohl, die letzte Lebenszeit
noch etwas auszudehnen.
Nichtig ist solch eitles, selbstgerechtes
und nicht frei geprüftes Denken,
ahnend doch, dass andre, höchste
Wesenheiten unser Schicksal lenken.
Fass mit Weisheit, was sie dir im Alltag
noch an kleinen Freuden bieten,
dankbar, dass dir Helfergeister liebevoll
zu solcher Einsicht rieten.
(Zu Christian Schmuckis Buch über das Wissen der
„Geistigen Loge Zürich“. 2015)
Wir danken herzlich für das tolle, botschaftsreiche Geister-Buch
von Schöpfung, Himmel, Freudenreich … von Abfall und von bösem Fluch.
Das alles hast du textlich treffend kurz und klug gedichtet
und malerisch mit bunten Jenseitsblicken fein verdichtet.
Es höre, packe und begreife – wer auch immer wirklich mag–
die Botschaft von dem opferreichen Rettungswerk am Jüngsten Tag.
Wir wissen wohl: Das Böse kann uns nie vollends vernichten!
Wir helfen mit, das alte Geisterreich neu aufzurichten.
Schweden / Gotland. Sonnenuntergang in der Bucht von Högklint. 2006
(Inspirationen zur Weihnachtsbeleuchtung in
schwedischen Siedlungen. 2016)
An den Zweigen triefen flockig aufgebauschte Flechten.
Sanfte Meisen streiten sich im Baum mit kecken Spechten.
Feuchtes Wolkengrau durchflutet jäh die Himmelshülle
und bedroht, erstickt fast gänzlich jede Lebensstille.
Seht! Die längste aller lichtberaubten Winternächte
bietet Zeit und Raum dem Wirken gottesfernster Mächte,
und das Treiben luziferisch engagierter Geister
steigert sich verführerisch betörend merklich dreister.
Deshalb Wahrheitssucher: Bannt das Dunkel, strebt zum Lichte!
Wegbereiter sei es auf dem Pfad der Heilsgeschichte.
Helles Leuchten, echte Führung hin zu jenen Räumen
find’t sich nicht auf Kränzen oder bunten Weihnachtsbäumen,
nicht in Gassen, an Fassaden oder hinter Fenstern
(Blickfang bloss den geistig Heimatlosen und Gespenstern),
auch nicht satt am Festtisch mit dem Flackern falscher Kerzen …
einzig nur beim Schöpferfunken tief im eignen Herzen.
Griechenland / Kreta. Wilde Meeresküste westlich der Hafenstadt Chaniá. 2019
(Als stiller Beobachter im Tea Room „Sie und Er“, Bern. 1957)
Stumpfe Menschen, Festgedränge,
bunte Masken, Riesenmenge.
Protzenhafte Eitelkeit,
Trugbild grauer Einsamkeit.
Heisse Blicke, dunkle Mächte,
laut durchzechte Sommernächte.
Feuchte Lippen, Liebestanz,
halbverdorrter Lorbeerkranz.
Wahrheit, Tugend, Gottesgabe!
Liegst du denn schon halb zu Grabe?
Reinheit, Keuschheit, edle Kunst!
Brich hervor, erwürg den Dunst.
Leben strömt aus allen Enden;
unerkannt muss es verenden.
Frohe Menschen sieht man kaum;
leer ihr Dasein, kurz ihr Traum.
Wo sind jene grossen Denker
alter Zeiten, Weltlauflenker?
Kehrt zurück, das Leben stirbt;
keiner mehr für Wahrheit wirbt!
(Unveränderter Weltenlauf im „Sie und Er“, Bern. 1958)
Junge, Alte, Männer, Weiber,
enggeschnürte stumme Leiber
hocken da so starr und steif …
Weltverderbnis du bist reif.
Hängebrüste, feuchte Augen,
Lippen, die Begierde saugen,
Maskerade überall …
eitel froher Scheinweltball.
Neuste Mode, reiche Kleider,
Affentanz und tausend Neider …
fern, ganz fern nur jene Macht,
die uns Menschentum gebracht.
Mittendrin der bleiche Träumer,
müssig stumpfer Schicksalssäumer,
weltverloren, erdentief,
fesselschwer nach Hoffnung rief.
(Vom Sinn und Unsinn der Jahresübergänge.
Silvesterfeier 1978)
Bunte Bänder, teure Fetzen,
Menschen, die durch Gassen hetzen.
Rasche Käufe, kurze Grüsse,
heisse Wangen, kalte Füsse …
So beginnt der letzte Tag,
den ein Jahr uns schenken mag.
Freunde, Gäste, Sekt und Kuchen;
jeder will Genüsse suchen.
Derbe Witze, faule Sprüche;
voller Unrat jede Küche …
So verglimmt die letzte Nacht,
die ein Jahr uns hat gebracht.
Immer toller wird das Prassen;
niemand möchte was verpassen.
Alle flirten, lachen, trinken,
wollen tief im Glück versinken …
So zerrinnt das alte Jahr,
laut und leer, so wie es war.
Mitternacht! Die Gläser hallen.
Keiner schämt sich, alle lallen.
Reihum Wünsche, Grüsse, Küsse;
vivant Freunde und Genüsse! …
So erglimmt der erste Tag,
den ein Jahr uns geben mag.
Mit dem letzten Glockenklange
fragt sich dennoch mancher bange:
Soll ich folgen – ist es weise –
meinem ausgetret’nen Gleise? …
So errinnt die erste Nacht,
wenn das neue Jahr erwacht.