Waldzauber - Maja Mattern - E-Book

Waldzauber E-Book

Maja Mattern

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Beschreibung

Begleitet Merle, ein kleines Waldwesen, ein Jahr lang dabei, wie sie die zauberhafte Welt des Waldes erkundet. Sie findet nicht nur ein neues Zuhause und tierische Freunde, sondern auch Bäume, die besondere Perlen verschenken, Rehe, die manchmal "bellen" und Dachse, die besser riechen als sehen können. Mit jeder Begegnung und Beobachtung spürt sie, wie sich ihre Sinne schärfen und sie achtsamer und glücklicher wird. Geschichten über die Liebe zum Wald - und davon, was diese Liebe mit uns macht.

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In Liebe

dem Wald und seinen Wesen,

meinem liebevollen Freund und Seelenbegleiter

und meiner zauberhaften Familie.

Inhaltsverzeichnis

Herbst

Angekommen im Zauber des Waldes

Dachsbekanntschaft

Luftabenteuer

Lärchenzauber

Winter

Ein erster Hauch von Winter

Schneeflockenzauber

Unterwegs im Winterwald

Die Gefiederten

Frühling

Seltene Gäste

Wölfe

Regentropfenspaß

Eine besondere Begegnung

Abenteuer für die Sinne

Ein gemeinsamer Frühlingstag

Tanzzipfelwiesenbegegnungen

Rehbegegnung

Sommer

Ein Faulenzertag

Könige der Lüfte

Hitzetag

Merle und Merlin

Trommelzauber

Nächtliches Abenteuer

Herbst

Nach dem Regen

Pilzezauber

Ein goldener Oktobertag

Herbst

Angekommen im Zauber des Waldes

Merle, die nicht viel größer als ein ausgewachsener Fichtenzapfen war, wohnte noch nicht so lange im Wald. Eigentlich kommt sie von einer entfernt liegenden großen Wiesenfläche, die die Menschen von unten nach oben umgepflügt haben, um Mais anzubauen. Da konnte sie nun nicht mehr bleiben, denn sie hatte kein Dach mehr über dem Kopf und keinen Schutz vor der immer kälter werdenden Jahreszeit des Herbstes.

All ihr Hab und Gut packte sie in ihre große Tasche voller wunderbunter Flicken, zusammen mit Schnur und Fernglas sowie den letzten Kräutern, Äpfeln und Nüssen. Auch ihre Trommel, ohne die sie nicht mehr sein wollte, kam mit. Und obwohl ihr alle gesagt hatten, sie soll sich in Acht nehmen und niemals dem großen dunklen Wald nähern, wo man sich verirren und mit Haut und Haaren verschlungen werden kann, steuerte sie nun geradewegs auf diesen zu. Sie vertraute fest darauf, dass alles gut werden wird. Lange ist sie gewandert auf ihren kleinen Füßen. Die Sohlen der alten Lederschuhe sind an manchen Stellen schon durchgelaufen und der große Zeh links hat ein Loch. Ihr wollenes Mäntelchen wärmte sie nicht wirklich und ihrem Hut fehlte mittlerweile die Spitze, die ihr ein dicker Ast heruntergerissen hatte, an dem sie hängen geblieben war.

Hinter dem Wurzelteller einer umgefallenen großen Fichte hatte sie schließlich einen Unterschlupf gefunden und sich mit trockenen Farnwedeln und Moospolstern ein gemütliches Zuhause gebaut.

Widererwarten hatte sie nicht das Gefühl, dass man sie hier verschlingen wollte. Im Gegenteil sie fühlte sich willkommen so wie sie war. Hier hatte alles seine eigene Ordnung, war miteinander verbunden und brauchte niemanden, der sich einmischte. Und das fand sie wunderbar beruhigend und vertrauensvoll.

Als sie am nächsten Morgen munter wurde und ihr freundliches Gesicht mit der kleinen Stupsnase aus ihrem Unterschlupf steckte, merkte sie gleich, dass sich etwas verändert hatte. Die leichte Schneedecke vom Vortag war noch da, aber es roch ganz anders. Die Luft war kalt und klar, die Stille ringsherum strenger als sonst und es waren keine Stimmen zu hören. So als hätte jemand die Zeit angehalten. Sie stopfte ihre Locken unter den ramponierten Hut, warf sich das Mäntelchen um und trat hinaus. Ganz still blieb sie stehen, roch in die kalte Luft und horchte. Friedlich war es ringsherum. Und plötzlich kam die Sonne durch die Wolkendecke und überall, wo sie ihre Strahlen hinschickte, glitzerte und funkelte es. Ganz warm wurde Merle ums Herz. All die schönen Eiskristalle, mal verstreut, mal angehäuft, filigran und ganz zart, in kompakter Form oder als Kette aufgereiht – sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ihre freundlichen Knopfaugen strahlten vor lauter Lebensfreude. Sie war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, mit einem Jauchzer mitten in diese Pracht hineinzuspringen oder lieber ganz still und staunend stehen zu bleiben. Ging sie ein paar Schritte, knirschte und knisterte es unter ihren kleinen Füßen. Ein leises Vorwärtskommen war schlicht unmöglich, da konnte sie sich noch so viel Mühe geben wollen.

Und prompt schlug die Bande der Eichelhäher wieder Alarm.

Mein Gott war sie erschrocken, als zum ersten Mal dieser Krawall über ihrem Kopf hereinbrach und sie nicht wusste, wie ihr geschah. Mittlerweile kennt sie die Rasselbande schon etwas besser und nennt sie liebevoll die Waldpolizei.

Nichts entgeht ihrem scharfen Blick und sämtliche Waldbewohner werden in Alarmbereitschaft versetzt. Sie können einen aber auch ganz schön an der Nase herumführen, wenn sie den Ruf des Bussards nachahmen und man diesen vergeblich am Himmel sucht. Hörte sie die Bande kommen, suchte sie sofort nach dem einen mit der etwas widerspenstig abstehenden türkisfarbenen Feder, den sie besonders ins Herz geschlossen hatte.

Als sie vom Zauber der Eiskristalle genug gesehen hatte, holte sie ihre Trommel hervor, lief bis zur magischen Buche und trommelte mit Begeisterung all ihre Freude heraus.

Es dauerte nicht lange und durch die ungewohnten Klänge angelockt tauchten einige Waldbewohner auf. Ganz oben ließ sich das Rabenpaar vom angrenzenden Kiefernhügel nieder.

Den Baumstamm herauf kam ein Baumläufer, den hier vorher noch keiner gesehen hatte und die Kleiberdame rief ganz aufgeregt nach ihrem Mann, weil sie befürchtete, dass durch das Spektakel ihr heimlich angelegtes Baumloch an der Rückseite bemerkt werden könnte. In der mittleren Baum-Etage wuselten Haubenmeisen auf und ab und zwischen den Wurzelfüßen tauchte eine Mäusemama auf, neugierig geworden, was es mit all der Geschäftigkeit hier oben auf sich hat.

In den benachbarten Fichtenkronen turnte ein Eichhörnchen herum und beobachtete die Zugewanderte unentwegt, die tief versunken in ihr Trommeln und Summen von all dem Publikum nichts mitbekam.

Wie freute es die alte Wächterbuche, dass in der sonst so stillen Jahreszeit auf einmal das Leben um sie herum pulsierte.

Die Sonnenstrahlen haben an diesem Morgen auch ihr Baumherz warm werden lassen und die Eiskristalle auf den moosbedeckten Wurzelfüßen angetaut.

Als Merle kurz innehält und aufschaut, war sie überrascht, wer sich hier alles eingefunden hatte. Begeistert wollte sie erneut die Trommel schlagen, als der Häher mit der besonderen Feder, der mittlerweile ebenfalls eingetroffen war, krächzend zu sprechen begann: „Wir haben dich hier in unserem Wald vorher noch nie gesehen. Wer bist du, wo kommst du her und was machst du hier?“ Froh, ihre Sprache zu verstehen, überlegte sie nicht lange und erzählte einfach alles. Wie es weiter gehen sollte, wusste sie auch noch nicht, aber sie ist voller Vertrauen und Zuversicht, dass es sich schon zeigen wird. Jetzt ist sie erst einmal froh, einen Unterschlupf für den Winter gefunden zu haben und hofft, dass sie bleiben darf.

Alle hatten still zugehört und als der Häher erneut das Wort ergriff, sprach er allen gleichermaßen aus der Seele: „Bei uns ist jeder willkommen.“ Das freute Merle sehr. Sie bedankte sich bei allen mit einem fröhlichen Trommelwirbel und die Gesellschaft zerstreute sich allmählich. Ein leichtes Grummeln in ihrem Bauch erinnerte sie daran, dass sie heute noch nichts gegessen hatte. und machte sich schnell auf den Heimweg.

Dachsbekanntschaft

Langsam wurde es draußen hell und Merle hörte es schon, als sie noch etwas verschlafen eingekuschelt in ihrem Bett lag und keine so rechte Lust hatte aufzustehen: Der Wind pfiff ziemlich lebhaft um die Ecken. Eigentlich wollte sie heute das Gebiet am Kiefernhügel erkunden, wo die Dachse zu Hause sind. Das Rotkehlchen aus der Nachbarschaft hatte ihr davon erzählt und auch, dass es in der Familie Nachwuchs gab, den sie unbedingt kennenlernen wollte.

Vorsichtig steckte sie ihren Kopf heraus und sofort wirbelte ihr der Wind die Locken durcheinander. Nein, einladend war das wirklich nicht, um nach draußen zu gehen. Aber schließlich konnte sie nicht den ganzen Tag einfach nur herumsitzen und nichts tun. Sie wollte und musste ja noch so viel entdecken. Der kaputte Hut nütze ihr bei diesem Wetter wahrlich wenig, der Wind würde ihn ihr sofort vom Kopf reißen. Aber die fürsorgliche Mäusemama hatte für Abhilfe gesorgt und eine farbenfrohe warme Mütze mit extra großer Bommel gestrickt.

Nach einem ordentlichen Frühstück fühlte sie sich dem Abenteuer gewachsen und marschierte tapfer los. Wie Regen sah es Gott sei Dank nicht aus und das stimmte sie froh. Ab und zu blieb Merle stehen und beobachtete den Wind. Mal war er nur entfernt und leise in den Baumkronen zu hören und dann kam er plötzlich angebraust, pustete ihr kräftig ins Gesicht und versuchte, sie umzuschubsen. Lachend nahm sie die Herausforderung an und stemmte sich ihm so gut sie konnte entgegen. Beinah vergaß sie darüber, warum sie unterwegs war und wo sie hinwollte. An der Kreuzung zur alten Buche musste sie kurz überlegen: War es der rechte oder der linke Weg, den sie nehmen sollte? Und schlug den rechten Pfad ein. Am Kiefernhügel angekommen, folgte sie dem Tierpfad hinauf und sah sich in aller Ruhe um. Die immergrünen Kiefern ließen viel Licht auf den hügelig sandigen Boden fallen, wo sich überall Heidelbeersträucher ausgebreitet hatten. Sie musste aufpassen, nicht über all die herumliegenden Zapfen zu stolpern und folgte, so gut es ging, auf leisen Sohlen dem Pfad. Und tatsächlich, schon bald entdeckte sie einen ersten Höhleneingang. Vorsichtig kam sie näher und versuchte trotz des pfeifenden Windes herauszubekommen, ob die Familie zuhause war. Aber nichts war zu hören. Dachse sind tagsüber nur unterwegs, wenn sie sich sicher fühlen, dass hatte ihr das Rotkehlchen erzählt. Also versuchte sie weiter möglichst leise und unauffällig nach den anderen Ein- und Ausgängen zu suchen, wovon eine Dachsburg viele hatte, wie sie wusste.

Sie wollte gerade unter dem umgestürzten Kiefernstamm durchrutschen, als sie entfernt ein leises Grummeln vernahm. Sofort duckte sie sich und versuchte horchend herauszufinden, woher dieses Geräusch kam. Lange brauchte sie nicht zu warten, denn plötzlich tauchte am Stammende die ganze Dachsbande auf und steuerten geradewegs auf Merle zu. Oh Gott, was sollte sie machen, wegrennen hatte keinen Sinn mehr. Also versuchte sie sich ganz nah an den Stamm zu schmiegen, in der Hoffnung, so nicht entdeckt zu werden. Mit Schrecken fiel ihr die große Bommel ein, die sicher wie eine Leuchtrakete weithin zu sehen war. Aber nicht die Bommel war es, die sie verraten sollte, sondern ihr Geruch.

Dachse können sehr schlecht sehen, haben aber eine verdammt gute Nase.

Wie angewurzelt blieben alle plötzlich stehen, schnüffelten in ihre Richtung, kamen näher und beäugten sie. Ihre Knie begannen ganz fürchterlich zu schlottern und sie glaubte, hier nie wieder heil davonzukommen. Plötzlich rannten die Dachskinder dem Spieltrieb folgend los, stupsten Merle einfach an und schoben sie vorwärts. Erleichtert nahm sie das Angebot an und ein wildes Haschen und Toben über Stock und Stein begann. War das eine Freude. Da sie kleiner war als die quirligen jungen Dachse hatte sie den Vorteil, einfach plötzlich verschwinden zu können, um dann an anderer Stelle unverhofft wiederaufzutauchen. Schließlich ging ihr die Puste aus und sie musste erst einmal verschnaufen.

Als die zweite Runde eingeläutet werden sollte, tauchten am Stammende die Dachseltern wieder auf, riefen die Rasselbande zurück und alle trollten sich grummelnd davon.

Was für ein Abenteuer, wie geschaffen für Merle. Sie winkte ihnen noch lange nach und nahm sich vor wiederzukommen.

Bevor es heimwärts gehen konnte, musste sie noch den Sand aus ihren Schuhen schütteln und die hängengebliebenen Nadeln aus dem Mäntelchen zupfen. Ihre Mütze saß auch wieder richtig auf dem Lockenkopf und sie marschierte los.