Was sie für wahre Liebe hielt - Patricia Vandenberg - E-Book

Was sie für wahre Liebe hielt E-Book

Patricia Vandenberg

0,0

Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Fee Norden sah die Post durch. Das überließ Daniel Norden grundsätzlich seiner Frau, und wenn ein Brief direkt an ihn gerichtet war, ließ er sich den von Fee vorlesen. Sie wußte, was wichtig war und auch, was ihn nicht sonderlich interessierte. Es blieb in jedem Fall ihr überlassen, die Post zu beantworten. »Julia Jennings und Thomas Wel­tin zeigen ihre Verlobung an«, sagte sie, als sie die Büttenkarte betrachtet hatte. »Da müssen wir gratulieren.« »Ich bin nicht überzeugt, daß Julia in diesem Fall zu gratulieren ist. Ihm schon eher, obgleich ich mich frage, warum Jonas Jennings nun doch zugestimmt hat.« »So skeptisch?« fragte Fee. »Ein sehr attraktiver junger Mann und dazu Juniorchef der Weltin-Gruppe, Hotels in aller Welt.« »Geld zu heiraten hat Julia wirklich nicht nötig«, stellte Daniel fest, »und als ich das letzte Mal mit Jonas Jennings gesprochen habe, war er nicht erbaut, daß seine einzige Tochter mit Thomas Weltin in einem Atemzug genannt wurde. Der junge Mann ist ein Playboy, Fee.« »Aber anscheinend doch schon ein recht erfolgreicher junger Unternehmer.« »Mit der Treue nimmt er es nicht genau, und Jennings bezweifelt auch, daß er sich ändern wird.« »Julia ist aber ein entzückendes Mädchen, für das er sich vielleicht gern ändert. Sie ist ein besonderes Mädchen«, stellte Fee fest.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 122

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Norden Bestseller – 363 –

Was sie für wahre Liebe hielt

Patricia Vandenberg

Fee Norden sah die Post durch. Das überließ Daniel Norden grundsätzlich seiner Frau, und wenn ein Brief direkt an ihn gerichtet war, ließ er sich den von Fee vorlesen. Sie wußte, was wichtig war und auch, was ihn nicht sonderlich interessierte. Es blieb in jedem Fall ihr überlassen, die Post zu beantworten.

»Julia Jennings und Thomas Wel­tin zeigen ihre Verlobung an«, sagte sie, als sie die Büttenkarte betrachtet hatte. »Da müssen wir gratulieren.«

»Ich bin nicht überzeugt, daß Julia in diesem Fall zu gratulieren ist. Ihm schon eher, obgleich ich mich frage, warum Jonas Jennings nun doch zugestimmt hat.«

»So skeptisch?« fragte Fee. »Ein sehr attraktiver junger Mann und dazu Juniorchef der Weltin-Gruppe, Hotels in aller Welt.«

»Geld zu heiraten hat Julia wirklich nicht nötig«, stellte Daniel fest, »und als ich das letzte Mal mit Jonas Jennings gesprochen habe, war er nicht erbaut, daß seine einzige Tochter mit Thomas Weltin in einem Atemzug genannt wurde. Der junge Mann ist ein Playboy, Fee.«

»Aber anscheinend doch schon ein recht erfolgreicher junger Unternehmer.«

»Mit der Treue nimmt er es nicht genau, und Jennings bezweifelt auch, daß er sich ändern wird.«

»Julia ist aber ein entzückendes Mädchen, für das er sich vielleicht gern ändert. Sie ist ein besonderes Mädchen«, stellte Fee fest.

»Eben und deswegen«, sagte Daniel mit einem nachdenklichen Unterton. »Sie hätte sich, wie Jennings meint, lieber für Fabian Weltin entscheiden sollen.«

»Man kann Gefühle nicht programmieren. Zum Glück nicht«, er­klärte Fee.

Julia Jennings war unendlich glücklich. Sie schwebte wie auf Wolken, und sie sah wunderschön aus in dem mintgrünen duftigen Seidenkleid, das ihren schlanken grazilen Körper umspielte. Kastanienbraunes lockiges Haar fiel bis auf die Schultern, und ihre violetten Augen hatten einen träumerisch-sehnsüchtigen Ausdruck.

Sie sah im Spiegel, daß ihr Vater eintrat, drehte sich um und flog ihm um den Hals.

»Ich danke dir tausendmal, daß du nun doch ja gesagt hast, liebster Daddy«, flüsterte sie. »Ich bin ja so glücklich.«

»Und ich wünsche nichts anderes, als dich glücklich zu sehen, mein Liebling«, sagte er rauh. »Aber ich schwöre dir, wenn Thomas dir auch nur ein Härchen krümmt, wird er es mit mir zu tun bekommen.«

Julia spürte, daß er nicht bedingungslos ja sagte. Sie liebte ihren Vater über alles, und sie hing noch mehr an ihm, seit ihre Mutter vor zwei Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben war. Darunter hatte das sehr empfindsame Mädchen sehr gelitten, und das war auch ein Grund, daß Jonas Jennings der Verlobung zugestimmt hatte, denn er wollte seine heißgeliebte Tochter nicht traurig sehen.

Er hatte es auch hingenommen, daß die Weltins die Verlobung in ihrem Hotel Sonnenhöhe vor den Toren Münchens feiern wollten. Hätte Julia einen Mann gewählt, der mehr seinem Geschmack entsprach, hätte er es sich nicht nehmen lassen, ein Fest zu arrangieren.

Jonas Jennings war als Kunsthändler weit über die Grenzen der Bundesrepublik bekannt. Er war ein sehr vermögender Mann, wenngleich er das nicht so präsentierte wie die Familie Weltin.

Es war aber nicht so, daß er gegen alle eingenommen war. Er schätzte Berthold Weltin, und er mochte den zweiten Sohn Fabian sogar sehr gern. Er war das Gegenteil von dem smarten Thomas, ein sehr ernsthafter, zurückhaltender junger Mann. Er studierte Medizin, und für seine ehrgeizige und exzentrische Mutter war er ein Träumer. Sie hatte Thomas immer vorgezogen.

Jonas Jennings sah in Ursula eine eiskalte, berechnende Frau, und er konnte sich nicht vorstellen, daß ein Mann es mit ihr mehr als fünfundzwanzig Jahre aushalten konnte.

Es gab auch noch eine Tochter, aber die hatte sich früh selbständig gemacht, lebte in Berlin und war dort Managerin einer Großhandelskette.

Das hatte Jonas Jennings einmal so ganz nebenbei erfahren und nicht etwa von der Familie Weltin.

Auf der Fahrt zum Hotel Sonnenhöhe fragte Jonas seine Tochter, ob sie Roberta schon kennengelernt hätte.

»Nein, es wird auch nicht über sie gesprochen. Anscheinend hat es da große Differenzen gegeben, aber vielleicht ist sie auch ein schwarzes Schaf.«

»Das wohl kaum, wenn sie eine führende Position in einem großen Unternehmen bekleiden kann, das nicht zur Weltin-Gruppe gehört«, sagte er.

Julia warf ihm einen Seitenblick zu. »Du suchst gern nach tadelnswerten Eigenschaften bei den Familienmitgliedern, Daddy«, sagte sie mit leisem Vorwurf. »Kannst du sie nicht ganz objektiv betrachten?«

»Ich bemühe mich, aber ich sehe nicht ein, daß ich akzeptieren soll, was mir nicht behagt. Ich kann nur hoffen, daß du nie negative Erfahrungen machen mußt, mein Liebling.«

»Wenn man einen Menschen liebt, muß man auch mit möglichen Fehlern zurechtkommen. Fehler hat doch jeder, oder sagen wir besser, daß niemand unfehlbar ist.«

»Sag mir, was du an mir auszusetzen hast, Julia.«

»Daß du mich immer wie ein unmündiges Kind behandelst. Trau mir doch bitte auch eigene Ansichten zu.«

»Die lasse ich dir gern, Kleines, aber du bist noch sehr jung und besitzt wenig Menschenkenntnis. Aber lassen wir das jetzt. Du weißt ja, was du willst.«

»Ja, das weiß ich genau«, erwiderte sie mit fester Stimme.

*

Es war nicht zu leugnen, daß Thomas Weltin ein blendend aussehender junger Mann war. Groß, blond, immer elegant, und wenn er lächelte, schmolzen die Frauen aller Altersklassen dahin.

Als er im Abendanzug durch die Halle des Hotels Sonnenhöhe schlenderte, um Ausschau nach Julia zu halten, vertrat ihm eine sehr elegante schwarzhaarige Frau den Weg, und sie schmolz nicht dahin, als er lächelte, sondern betrachtete ihn mit flammenden Augen.

»Du begibst dich also aufs Glatteis, lieber Tommy«, sagte sie mit einem frivolen Unterton. »Paß nur auf, daß du nicht ausrutscht.«

»Wartest du etwa darauf, mich auffangen zu dürfen?« fragte er spöttisch. »Mach dich bloß nicht lächerlich, Jo. Und laß dir gesagt sein, wenn ich etwas überhaupt nicht vertragen kann, sind es Intrigen. Wir haben eine geschlossene Gesellschaft, und du bist nicht eingeladen.«

So konnte er auch sein. Ja, er konnte Hiebe verteilen, und er steckte nichts ein, ohne es mit noch mehr Schärfe heimzuzahlen.

Joana Bartosch zog es vor zu gehen. Ein Zimmer hatte sie nicht bekommen, wie sie es geplant hatte, und sie sagte sich jetzt auch, daß es wohl doch nicht der richtige Zeitpunkt war, Thomas eine Lektion zu erteilen.

Als sie zum Parkplatz ging, entstiegen Julia und Jonas Jennings gerade ihrem Wagen. Mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln ging sie auf die beiden zu.

»Welch ein Zufall, Sie hier zu treffen, Herr Jennings« sagte sie lässig. »Wie geht es Ihnen?«

»Ich kann nicht klagen. Ich darf Sie mit meiner Tochter bekannt machen, Frau Bartosch?«

»Wie reizend. Es freut mich sehr. Sie gehören zur Verlobungsgesellschaft? Ich habe gerade vernommen, daß hier gefeiert wird.«

»Es ist meine Verlobung«, sagte Julia trotzig, da sie etwas in dem Tonfall der anderen seltsam berührte.

»Oh, das ist eine Überraschung, da möchte ich doch gleich gratulieren. Thomas ist ja wohl zu gratulieren zu der bezaubernden Braut.«

»Sie sind auch Gast?« fragte Jonas rauh.

»O nein, ich hatte eine geschäftliche Verabredung und bin schon im Wegfahren begriffen. Dann viel Spaß und auch viel Glück.«

»Ziemlich impertinent«, stellte Julia fest, als Joana sich in ihren Wagen setzte, ein sehr teures Cabrio, das man nicht oft sah.

»Sie ist steinreich«, stellte Jonas fest, »eine gute Kundin von mir. Zweimal verheiratet, zweimal geschieden mit riesigen Abfindungen. Manche Frauen verstehen es, und sie ist zudem auch noch sehr geschäftstüchtig.«

»Männermordend«, meinte Julia.

Jonas lachte leise. »Na ja, so übertreiben wollen wir auch nicht. Ich würde sie nicht mal mit der Feuerzange anfassen.«

Julia lachte jetzt auch. »So liebe ich dich noch mehr, Daddy, wenn du Humor hast. Du wirst mir doch nicht mal auf so eine Schlange hereinfallen.«

»Ich bestimmt nicht, mein Schatz.«

»Aber ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn du eine liebe Freundin hättest.«

Er zwinkerte ihr zu. »Wenn ich Zeit habe, werde ich mich mal umschauen.«

Da kam Thomas, und ein Leuchten ging über Julias Gesicht. »Du siehst hinreißend aus«, sagte er, nachdem er sie mit einem Kuß auf die Wange begrüßt hatte.

Jonas dagegen wurde reserviert begrüßt, und ihm konnte das nur recht sein. Er hatte sich entschlossen, auf Distanz zu bleiben. Verlobt ist noch nicht verheiratet, dachte er. Und er soll jetzt erst mal beweisen, daß er treu sein kann.

Die Familie Weltin und ein paar Gäste waren schon im Festsaal versammelt. Eine Band spielte nostalgische Melodien, die wieder ganz in waren.

Berthold Weltin kam herbeigeeilt, aber Jonas fiel eine schlanke junge Dame auf, die ungewöhnlich apart wirkte und für ihre sicher jungen Jahre auch sehr damenhaft.

Er war sprachlos, als sie ihm dann als Roberta Weltin vorgestellt wurde, und für sich meinte er, daß man solche Tochter wahrhaftig nicht unterschlagen müsse. Doch schon wenig später sollte er feststellen, daß zwischen Mutter und Tochter Eiszeit herrschte.

Ursula Weltin begrüßte Julia über­schwenglich, als ihr liebes Kind, und Jonas bemerkte, daß Roberta spöttisch lächelte.

»Fabian kommt erst später«, sagte Berthold Weltin erklärend. »Er macht gerade sein Praktikum in der Uni-Klinik.«

Thomas machte Julia indessen schon mit einigen Leuten bekannt, denen sie zum ersten Mal begegnete. Es waren auch ein paar junge Damen dabei.

Julia spürte es, wie neidvoll sie betrachtet wurde, wie falsch die Freundlichkeit war, die gezeigt wurde. Sie war ein selbstbewußtes junges Mädchen, aber sie fühlte sich nicht wohl in dieser Gesellschaft. Ihr wäre es viel lieber gewesen, sie hätten die Verlobung im Familienkreise gefeiert.

»Ich würde mich lieber mit deiner Schwester unterhalten, Thomas«, sagte sie leise. »Ich kenne sie doch noch gar nicht.«

»Mit ihr wirst du noch öfter beisammen sein, aber heute soll jeder wissen, wie stolz ich bin, daß du meine Frau wirst.«

Mit leuchtenden Augen blickte sie zu ihm auf. »Ich bin sehr glücklich«, flüsterte sie. »Aber ich habe das Gefühl, daß mich hier manche zum Teufel wünschen.«

Er lachte leicht auf. »Woran du siehst, daß ich ein begehrter Junggeselle war.«

Ihr gefiel diese Antwort nicht, sie hätte lieber andere Worte gehört. War Thomas tatsächlich so eitel, wie ihr Vater mal gesagt hatte? Sonnte er sich in dem Gefühl, begehrt zu sein?

Sie schalt sich dieser Gedanken und war ärgerlich auf sich und auch auf ihren Vater, der ihr Zweifel eingeredet hatte. Nein, sie wollte sich davon nicht beeinflussen lassen. Thomas nahm eben nicht alles tierisch ernst.

Es kamen noch mehr Gäste, schließlich mochten es insgesamt etwa fünfzig sein.

Ursula nahm Julia am Arm. »Mir wäre es ja lieber gewesen, ihr hättet auch mehr von euren Bekannten eingeladen, aber dein Vater ist anscheinend nicht für große Fe­ste.«

»Mir wäre ein kleines auch lieber gewesen«, sagte Julia trotzig. Warum sollte sie nicht ihre Meinung sagen? Aber es entging ihr nicht, daß Ursula eine beleidigte Miene aufsetzte.

»Für uns ist es ein großes Ereignis, daß Thomas diese gute Entscheidung getroffen hat«, sagte Ursula steif.

Dad mag sie nicht, dachte Julia, wie werde ich mit ihr auskommen? Sie wich dem Blick der grüngrauen Augen nicht aus.

Sie ist bildhübsch, dachte Ursula Weltin, aber wird es zwischen ihr und Thomas gutgehen? Kann er überhaupt treu sein? Das wird sie erwarten!

»Ich finde es sehr nett, daß Roberta gekommen ist«, sagte Julia, um überhaupt etwas zu sagen.

»Sie wird Geld brauchen«, sagte Ursula so abfällig, daß Julia nicht nur erschrocken war, sondern entsetzt.

Sie blickte hinüber zu ihrem Vater, der sich angeregt mit Roberta unterhielt, und sie war heilfroh, daß nun ein Ober Ursula um Anweisungen bat.

Sie entfernte sich schnell und ging zu ihrem Vater und Roberta. »Endlich können wir uns auch unterhalten«, sagte Julia aufatmend.

»Bist du der Hausherrin entwischt?« fragte Roberta mit einem hintergründigen Lächeln. »Weißt du überhaupt, was du mit ihr reden sollst?«

Durch diese Offenheit wurde Julia in Verlegenheit gebracht, aber es wurde ihr auch bewußt, daß Mutter und Tochter sich anscheinend nicht viel zu sagen hatten.

»Wenn ich nicht so neugierig auf dich gewesen wäre, hätte ich schon eine Ausrede gefunden, diesem Fest fernzubleiben, aber jetzt bereue ich es doch nicht, gekommen zu sein. Mit deinem Vater kann man sich jedenfalls sehr gut unterhalten, Julia.« Die blickte zur Tür. »Oh, da kommt Fabian.« Ein Leuchten war plötzlich in ihren Augen, und Fabian kam auch schnurstracks auf sie zu.

»Wie schön, daß du da bist, Bobby«, sagte er herzlich. Dann erst wandte er sich Julia zu. »Du bist mir doch nicht böse, daß ich Bobby zuerst begrüßt habe, Julia? Ich habe meine Schwester so lange nicht gesehen.«

»Warum sollte ich böse sein? Ich freue mich auch, daß ich Roberta endlich kennenlerne. Fein, daß du schon da bist, Fabian.«

Julia war in seiner Gegenwart immer ein wenig befangen, ohne daß sie es hätte erklären können. Fabian war ganz anders als Thomas. Er war meist ernst und verschlossen, immer auf Distanz. Aber er war nicht so kühl wie Ursula. Seine grauen Augen hatten einen träumerisch-melancholischen Ausdruck. Aber es war nur der Blick, denn Fabian war ein entschlossener und zielstrebiger junger Mann. Er hatte es durchgesetzt, Medizin zu studieren, obgleich seine Mutter dafür gar kein Verständnis gezeigt hatte und auch Berthold Weltin es lieber gesehen hätte, wenn er ebenfalls Hotelier geworden wäre. Er hätte ja wählen können unter Hotels in aller Welt. Aber Fabian hatte schon sehr früh gesagt, daß er Arzt werden wolle, und dabei war es auch geblieben. Ursula hatte dann Thomas noch mehr vorgezogen.

Thomas war clever, und was ihm Fabian an Intelligenz und Zielstrebigkeit voraus hatte, ersetzte er durch Charme und Anpassungsfähigkeit. Er war wirklich ein Sonnyboy, schlagfertig und redegewandt, und bisher hatte er zu den, wie er selbst auch sagte, begehrtesten Junggesellen der Münchner Gesellschaft gezählt.

Damit sollte es nun bald vorbei sein. Für Thomas war Julia unerforschtes Terrain, das ihn maßlos reizte. Alle anderen Mädchen waren ihm nachgelaufen und hatten sich ihm an den Hals geworfen. Julia hatte er umwerben müssen, was er reizvoll gefunden hatte, da er ausprobieren wollte, wie lange sie ihm widerstehen könnte. Aber Julia hatte ihre Grundsätze, und die legte sie auch für Thomas nicht ab. Sie hatte ihm klipp und klar zu verstehen gegeben, daß sie in bezug auf Partnerschaft althergebrachte und ethische Vorstellungen hätte. Und er hatte es akzeptieren müssen.

Es war für ihn mal etwas ganz anderes, aber Julia war eben auch ein ganz außergewöhnliches Mädchen, und zudem war sie auch die einzige Tochter von Jonas Jennings. Soweit wäre die Liebe für Thomas nicht gegangen, daß er sich so lange um ein armes Durchschnittsmädchen bemüht hätte.

Jetzt gesellte er sich zu der kleinen Gruppe und legte demonstrativ den Arm um Julia.

»Nun, wie gefällt dir Julia, Bobby?« fragte er seine Schwester.

»Meine Anerkennung«, erwiderte sie, »man kann dir nur gratulieren, auch zu dem Schwiegervater.«

Jonas wurde verlegen.

»Danke für das Kompliment«, sagte er.