Was Single-Frauen wirklich denken - Lena Madlen Huth - E-Book

Was Single-Frauen wirklich denken E-Book

Lena Madlen Huth

0,0

Beschreibung

Liebe Damen, liebe Herren, haben Sie sich nicht auch schon des Öfteren gefragt, wie sich Frauen tatsächlich benehmen, wenn weit und breit kein Mann oder der Partner in Sicht ist? In diesem Buch wird sich so manche Frau sicherlich wiedererkennen und der eine oder andere Mann viel Aufschlussreiches über das Verhalten der weiblichen Geschöpfe dieser Erde finden…oder einfach nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Die Geschichte von Lexi und ihren drei besten Freundinnen überschreitet so manche Schamgrenze und enthüllt mit viel Humor das eine oder andere Geheimnis der Frauenwelt. Ungeniert bewegt sich Lexi durch ihr neues Single-Leben und genießt ihre neugewonnenen Freiheiten. Einwegrasierer, Spitzendessous und ihr eigentlich so gutes Benehmen gehören vorerst nicht mehr in ihr Leben - bis sie dem attraktiven Luca Walsh begegnet. Durch ihren aufregenden Single-Alltag wird sie von Sassi, die sich ihr teures Luxusleben von ihren Partnern finanzieren lässt, Mia, einer Single-Mama, und der extrovertierten Pole-Tänzerin Tanya begleitet. Nach etlichen, geleerten Champagnerflaschen beschließen die vier Freundinnen einen Pakt: Jede von ihnen verfolgt von nun an ihr ganz persönliches, zum Teil etwas gewöhnungsbedürftiges Ziel…

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 220

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ich möchte mich bei all meinen Freundinnen und Bekannten bedanken, die mir ihre ganz privaten, witzigen und vielleicht auch etwas sonderbaren Erlebnisse zur Verfügung gestellt haben.

Die Mischung aus diesen wahren Begebenheiten und natürlich meiner blühenden Fantasie hat dieses Buch zu etwas ganz Besonderem gemacht.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Der Pakt

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 1

Willkommen in meinem Leben

(Oder: Das ungezwungene Verhalten einer Single-Frau)

Vor vierzehn Tagen endete die gefühlt 280ste Beziehung in meinem Leben.

Ein weiterer Versuch mir eine glückliche Zukunft mit einem Partner aufzubauen war gescheitert.

Meine wunderschönen Vorstellungen vom ersten gemeinsamen Liebesurlaub am Strand und einer rührenden Hochzeit mit all meinen Freunden waren erneut dahin.

All meine langersehnten Träume von zwei wohlerzogenen Kindern, einem kleinen Häuschen, einem Haustier und einem glücklichen Eheleben waren zum wiederholten Male geplatzt.

Mit 28 Jahren gab ich mich geschlagen und sah schweren Herzens ein, dass ich wohl unfähig war, eine Beziehung zu führen.

Mein Name ist Alexandra Max, doch meine Freundinnen nennen mich einfach nur Lexi.

Im Grunde genommen führte ich ein ganz normales, geordnetes Leben.

Ich war Tanzlehrerin an einer kleinen Tanzschule hier in Jersey City. Zusätzlich gab ich noch Kurse im angrenzenden Fitnessstudio. Dort trainierte ich auch so oft wie nur möglich.

Mein gemütliches Zwei-Raum-Apartment lag in einer kleinen, feineren Wohngegend von Jersey City in der Golden Ave.

Meine Freizeit vertrieb ich mir meistens mit meinen drei besten Freundinnen, beim Sport oder mit der nicht enden wollenden Suche nach dem richtigen Mann für mich.

Doch ab jenem Tag, im Spätsommer sollte sich alles ändern…

Träge blinzelte ich dem Sonnenlicht entgegen, das durch einen kleinen Spalt in der Jalousie in mein Schlafzimmer strahlte und mich weckte.

Ich gab ein gequältes, langes »Neeein, jetzt noch nicht…« von mir, schnappte das Kopfkissen und vergrub mein verschlafenes Gesicht darin.

Es war ein Morgen, der jedem anderen glich ─ seit 14 Tagen zumindest.

Fünf Monate waren Josh und ich zusammen, ehe meine Liebe zu ihm schwand und ich mich von ihm trennen musste…

Meine Beziehung mit ihm fing an wie bisher jede andere in meinem Leben:

Ich sah ihn, wollte ihn, bekam ihn und dann langweilte er mich irgendwann. Nach bereits vier Monaten entschied sich für mich, ob ich mit einem Mann noch länger den Frühstückstisch teilen wollte oder nicht.

War Letzteres der Fall, so begann ich systematisch unsere Trennung zu planen. Nach vier Monaten passierte es einfach immer wieder! Ich kam an einen gewissen »Punkt«. Dieser verflixte Punkt! Ich hasste ihn…

Jedes Mal machte er mir alles kaputt! Er knipste meine Gefühle aus und verwandelte meinen einst so perfekten Partner in einen für mich völlig uninteressanten Mann, der von jetzt auf nachher nicht mehr in mein Leben passte!

Meine Beziehungen waren vergleichbar mit einem Spiel in einer Glücksshow:

In einer Bar oder Diskothek fing meistens alles an.

Dies war mein Spielfeld, meine Showbühne.

»Guten Abend miteinander, ich begrüße sie zu »Der Mann meines Lebens«. Zum wiederholten Male ist heute Alexandra Max bei mir. Vielleicht wartet ja beim dritten Versuch, hinter einem dieser drei verschlossenen Toren, nun endlich der Mann ihres Lebens auf sie! Alexandra, ich wünsche dir viel Glück!«, begrüßte mich der Showmaster in meinen Gedanken.

Meine wiederholte Teilnahme an meiner imaginären Spielshow war genau genommen von Anfang an zum Scheitern verurteilt, denn Glück im Spiel und zeitgleich Glück in der Liebe zu haben, erschien mir mehr als aussichtslos.

Ein lauter Trommelwirbel erklang. Tor Nummer eins öffnete sich.

Dahinter verbarg sich ein durchtrainierter Muskelmann und poste. Er hatte kaum Haare auf dem Kopf, war ein Macho durch und durch.

»Nicht schlecht«, dachte ich, doch ich brauchte Haare ─ zum Wuscheln.

Also weiter zu Tor Nummer zwei. Der Vorhang öffnete sich und mir blieb mein eigentlich durchweg plapperndes Mundwerk offen stehen.

»Wow…diese blauen Augen, dieser Körper, diese dunklen Wuschelhaare! Den nehme ich! Lasst Tor drei einfach geschlossen. Hebt den Mann dahinter für mich auf. Früher oder später komme ich sicherlich erneut, als Singlekandidatin, zurück in diese Show…«

Gewonnen hatte ich außer dem Schönling, welchen ich ab sofort meinen neuen Partner nannte, eine Traumreise. Eine Reise zu Wolke sieben, ohne Rückflugticket.

Verliebt lächelten wir. Pausenlos schmachteten wir uns an. Ich war hin und weg! Mein Herz, meine Gedanken, alles gehörte nur noch ihm.

»Schon bald werden wir ein Haus kaufen. Dann eine Katze, sie wird Gracy heißen«, malte ich mir liebestrunken in Gedanken unsere Zukunft aus.

»Und in einem Jahr werden wir heiraten…ganz in Weiß und vier wunderhübsche Babys machen. Moment ─ möchte ich wirklich vier Kinder? Will ich überhaupt ein Kind?«, fragte ich mich plötzlich.

Realistisch betrachtet, war ich mir noch nicht ganz sicher, ob ich diesen Schritt tatsächlich irgendwann wagen wollte.

Mia, eine meiner besten Freundinnen, war bereits Mutter. Mit 27 Jahren hatte sie sozusagen ein Kind gegen ihren Ehemann getauscht. Sie hatte ihn quasi zu einem Baby überredet, war ganz vernarrt in Kinder und hätte am liebsten gleich drei auf einmal gehabt.

Ihr damaliger Mann entschied sich für drei Affären auf einmal, flüchtete aus dem ihm aufgedrängten Familienleben und reichte die Scheidung ein.

»Nein, das mit den Kindern verschieben wir. Dafür ist einfach nicht genug Platz auf Wolke sieben, auf der wir noch eine ganze Weile weiter reisen werden…«, träumte ich weiter.

Die Reise endete nach genau vier Monaten.

Da war er wieder, dieser fiese Punkt! Er ließ die romantische Seifenblase und somit jede meiner bisherigen Beziehungen einfach platzen!

Bis heute kann ich diesen Punkt nicht genau beschreiben.

Ganz plötzlich konnte ich mein Gegenüber einfach nicht mehr sehen. Er nervte mich, störte mich und schränkte mich in meiner Lebensweise ein. Dieser Punkt trat wirklich von heute auf morgen ein…und dann musste mein Partner gehen.

Vor zwei Wochen geschah dies nun mit Josh.

Er hätte vermutlich alles für mich getan ─ und genau hier lag das Problem. Ein Mann, der auf Befehl mit einer Rose im Hintern, freiwillig eine Rolle rückwärts von einem Hochhaus machte, war einfach nichts für mich.

Ich brauchte Zuckerbrot und Peitsche. Bekam ich Letzteres nicht, trat nach vier Monaten vermutlich ein Zuckerschock ein.

Josh musste mich verlassen. Beziehungsweise, er musste schuld an der Trennung sein.

Ich wartete auf den richtigen Moment, provozierte einen Streit, manipulierte die Situation so lange bis er der Schuldige und die Beziehung zu Ende war. Punkt.

Doch zugegeben, diesmal war es danach anders.

Ich fühlte mich tatsächlich einsam, so allein in meinem Bett…

Das Kissen noch immer fest auf mein Gesicht gedrückt, drehte ich mich auf den Rücken und schnaubte.

Nun klingelte auch noch der Wecker, das dumme Ding.

Wiederwillig zog ich mir das flauschige Federkissen von meinem Gesicht und rieb mir die Augen. Verwundert sah ich auf meine Handrücken, die mit den Resten meiner schwarzen Mascara überzogen waren.

Mein Gesicht musste aussehen als hätte ich mir Tarnfarbe quer über die Backen gepinselt.

Ich machte mir nichts daraus, denn es war niemand hier, der mich so sehen konnte.

Mit beiden Händen wuschelte ich durch mein dunkelblondes, langes Haar ─ ich armes Ding hatte ja sonst keinen Kopf mehr zum Wuscheln.

So passte meine Frisur unheimlich gut zu meinem getarnten Gesicht.

Das war das Schöne an meinem neuen Single-Leben:

Ich verhielt mich wie ich wollte. Alle Masken fielen!

Ich machte, was mir gerade in den Sinn kam und fühlte mich dabei frei wie ein Vogel.

Wäre Josh an diesem Morgen in meinem Bett gelegen, wäre ich vermutlich wie eine Rakete ins Badezimmer geschossen. In Sekundenschnelle hätte ich die verwischte Mascara in ein makelloses Tagesmakeup verwandelt, mir fix die Haare geglättet und so heimlich wie es nur ging Pipi gemacht.

Schon immer hatte ich panische Angst davor, dass mein Partner mich pinkeln hören könnte. In den ersten Monaten gehörte das für mich einfach nicht dazu.

Ein so feines, schlankes, süßes Mädchen pinkelt einfach nicht. Das erschien mir unsexy und absolut abtörnend!

Also baute ich jedes Mal eine Art Schalldämmung in der Toilette. Ich wickelte ungefähr eine halbe Rolle Toilettenpapier ab, warf es in die Schüssel und erst dann setzte ich mich. Ganz vorsichtig und leise konnte ich mich dann endlich erleichtern. Gut hörbar schnäuzte ich mir danach die Nase und warf das Taschentuch in die Toilette, um einen Grund zu haben die Klospülung zu drücken.

Ja, ich war und bin eine etwas eigene Persönlichkeit.

Als ich es an diesem Morgen endlich geschafft hatte, außer die Gedanken an Josh auch mein Bett zu verlassen, trottete ich zuerst in die Küche. Dort schaltete ich den Wasserkocher an. Die vollautomatische Kaffeemaschine, ein Geschenk von Josh, hatte er wieder mitgenommen. Von da an gab es nur noch Instantkaffee zum Aufbrühen ─ niemals hätte ich auch nur einen Cent in irgendein Küchengerät gesteckt!

Mit zerpflückten Haaren und in meiner hellblauen Lieblingsschlabberschlafhose watschelte ich quer durch die Wohnung in Richtung Badezimmer. Auf dem Weg dahin gähnte ich ausgiebig und streckte mich zu allen Seiten.

Etwas unsanft ließ ich mich auf die Toilette plumpsen. Ohne Schalldämmung und mit geöffneter Badezimmertür pinkelte ich dann als würde es keinen Morgen geben. Gleichgültig und völlig ungeniert zupfte ich dabei an einer Haarsträhne.

Seit meinem Singledasein sanken nicht nur die Kosten für das Toilettenpapier, auch mein Konsum an Einwegrasierern war drastisch zurückgegangen.

Warum und für wen sollte ich mich jeden Morgen einer zeitraubenden Ganzkörperrasur unterziehen? In diesen zwanzig Minuten war ich ab sofort komplett gerichtet!

Schnell war ich abgeduscht. Nur den Bereich zwischen Knöchel und Knie rasierte ich, denn diesen Teil versteckte meine Fitnesshose nicht. Ich montierte mir einen Dutt auf den Kopf, legte etwas Puder, Mascara und rosa Lippenstift auf ─ und fertig!

Auf dem Weg zurück in mein Schlafzimmer goss ich mir eine nicht ganz so lieblich duftende Tasse Instantkaffee ein.

Ich nahm einen kräftigen Schluck und öffnete träge meinen Kleiderschrank. Noch etwas müde blickte ich hinein. Dann überkam mich das erste Glücksgefühl an diesem Morgen.

»Baumwollunterwäsche«, freute ich mich und strahlte. Ich hörte die Engel singen!

Schnell schob ich meine minikleinen Spitzentangas zur Seite, die immer so fürchterlich kratzten. Zum Vorschein kam meine geliebte Singleunterwäsche. Ein weißer Baumwolltanga mit Grinsegesicht auf der Rückseite, welches die Zunge herausstreckte als wollte es sagen: »Ätsch! Nun bin ich wieder an der Reihe!«

Ich genoss es förmlich mir den angenehmen Stoff über meine Stoppelschenkel zu streifen.

Eine gemütliche Jeans, ein rosa Top und ich war perfekt gestylt für den Vormittag.

Saskia, genannt Sassi, einer meiner drei besten Freundinnen, hatte zum Krisenfrühstück geladen.

Ich schnappte meine Tasche, schlüpfte in meine Slipper und huschte in meinen süßen, weißen Kleinwagen Polly.

Ja, mein Auto hatte einen Namen. Es machte mir das Autofahren auf eine gewisse Art und Weise angenehmer. In Polly fühlte ich mich sicherer als in einem »Auto«.

Gemütlich fuhren Polly und ich die Golden Ave entlang. Laut sang ich die ersten Takte von meinem Lieblingssong im Radio mit. Wäre Josh neben mir gesessen, hätte ich niemals so übertrieben laut und voller Hingabe diesen Song geträllert.

Ungefähr 50 Meter weiter, vor Sassis Wohnung, fuhr ich rechts ran und parkte. Hastig stieg ich aus meinem Wagen und eilte zur Eingangstür.

Sie, Tanya, Mia und ich, wohnten allesamt in derselben Straße und hatten nicht weit zueinander. Zwar war ich eine unglaublich aktive Sportskanone, doch auch nur einen Meter zu Fuß zu gehen fiel mir im Traum nicht ein. Gehen konnte ich nicht leiden. Dafür liebte ich das Joggen, und dies lohnte sich für 50 Meter nun wirklich nicht.

»Sassi, meine Liebe, was ist los?«, rief ich bereits im Treppenhaus, als ich in den zweiten Stock des prunkvollen Hauses hinaufeilte.

Sassi und ihr Freund lebten in einer gehobenen Mietwohnung, die sich im größten und prachtvollsten Haus am Ende der Golden Ave befand.

Tränenüberflutet und schluchzend empfing mich Sassi an der Tür.

»Läääxiiii«, weinte sie und ließ sich fast theatralisch in meine Arme fallen. Etwas überrumpelt blieb ich einfach nur stehen.

»Sassi«, antwortete ich überrascht.

»Lääääxiiiii«, heulte sie laut weiter. Ihr teures Make-up war bereits komplett verlaufen und tropfte auf ihren seidenen Morgenmantel, unter dem sie ein edles Negligé trug.

Dann hörte ich Mia die geschwungene Marmortreppe hinaufsprinten. Schnell befreite ich mich aus Sassis Armen und übergab sie an Mia.

Ein klägliches »Miaaaaa«, hallte durch den prachtvollen Eingangsbereich, als ich zu Tanya in das große, lichtdurchflutete Wohnzimmer flüchtete.

Sassi hatte eine tolle Wohnung. Die Ausstattung war vom Feinsten. Die Einrichtung bestand fast ausschließlich aus Designermöbeln. Sassis teure Schuhe und Taschen fanden kaum mehr Platz in der Garderobe.

Doch jede von uns wusste, dass Sassi ihren hohen Lebensstandard ihrem spendablen Freund und ihren gutbetuchten Eltern zu verdanken hatte. Von ihrem eigenen Gehalt hätte sie nicht einmal den linken Schuh ihrer teuren Pumps bezahlen können.

Ihr mal Freund, mal Nichtfreund Michael war ein erfolgreicher Designer und vertrieb sein eigenes Modelabel »Mic Makes Chic«. Er besaß seine eigene Boutique in New York City und beschäftigte dort zehn Angestellte, die er wie kleine Hündchen umherkommandierte.

Sassi war eigentlich nie Single und wechselte nahtlos von der einen Beziehung in die nächste. Sie ließ sich ausschließlich auf Männer mit großem Geldbeutel ein und machte sich von ihnen abhängig.

Seit zwei Jahren war Mic Sassis »Sponsor« und machte mit ihr was er wollte. Er behandelte sie nicht gut.

Er misshandelte sie emotional, sagte ich immer wieder.

Zwar ließ sich Sassi schon immer gern von ihren Männern finanzieren, doch in Mic war sie tatsächlich verliebt. Zum ersten Mal in einer Beziehung hatte sich bei ihr ein »Geben und Nehmen« entwickelt.

Sassi bekochte ihn, brachte ihm das Mittagessen in die Boutique und bügelte seine Hemden.

Ja, ihren Mic liebte sie wirklich.

Der Haken an der Sache war, dass er ungefähr alle zwei, drei Monate fremdging. Meistens schlief er mit irgendwelchen Models, die er für seine Kollektionen gebucht hatte.

Dann gab es ein Krisenfrühstück und wie immer rieten wir Sassi Mic zu verlassen. Er kam irgendwann mit der neuesten Handtasche oder irgendeinem anderen teuren Geschenk zur Tür herein und alles war wieder gut.

Sassi war so luxusbesessen, dass sie sich von Mic regelrecht kaufen ließ.

»Ist Chicci Micci etwa wieder fremdgegangen?«, fragte ich und reichte Sassi ein Taschentuch.

»Nein. Mic geht nicht fremd«, kam ihr Tanya zuvor.

Missmutig zog sie ihre Augenbrauen nach oben und schenkte sich Champagner nach.

»Natürlich tut er das«, schluchzte Sassi.

Mit geschwollenen Augen ließ sie sich auf ihr weißes Ledersofa fallen.

Der Kragen ihres cremefarbenen Morgenmantels war bereits mit unzählig vielen, farbigen Tränenflecken übersät.

»Dein ganzes Make-up ist hinüber«, sagte Tanya, trat hinter Sassi an die Sofalehne und hielt ihr ein weiteres Taschentuch vor die Nase. Zeitgleich nahm sie einen Schluck aus ihrem Champagnerglas. Unbekümmert zupfte sie ihr kurzes Leopardenminikleid zurecht und zündete sich eine Zigarette an. Tanya war die Taffe von uns. Die mit der harten Schale. Dass ein weicher, warmherziger Kern in ihrem Innersten schlummerte, wussten nur wir ─ ihre besten Freundinnen.

Ihre Gefühle und Emotionen schirmte sie Männern gegenüber so gut es nur ging ab. Zwar war sie so unverletzlich, dafür aber ein einsamer Dauersingle. Von ihrer Einstellung, keinen festen Partner an ihrer Seite zu brauchen, wich sie seit Jahren nicht ab. Tanya war durch und durch ein Freigeist, machte was sie wollte und mit wem sie es wollte.

Ihr ganzes Leben war eine einzige Party. Sie jobbte mal hier und mal da oder kellnerte, um ihr eigentliches Gehalt, das sie als Pole-Tänzerin verdiente, aufzubessern. Männer kamen und gingen in ihrem Leben, meistens alle 48 Stunden…

Ich hielt nicht besonders viel von ihrem Lebensstil, aber dennoch war sie eine meiner engsten Freundinnen, und das seit der Grundschule.

»Gibt es eigentlich nur Champagner zum Frühstück?«, fragte Mia, schob ihre übergroße Hornbrille zurück auf die Nase und spähte suchend über den Esstisch.

»Was verstehst du unter einem Krisenfrühstück?«, fragte Tanya belustigt und mühte sich mit dem Korkverschluss der zweiten Champagnerflasche ab.

»Na, ich dachte, etwas zu Essen?«, meinte Mia und blickte leicht verunsichert zu Tanya. »Ich hatte extra nichts gegessen, als ich der Kleinen heute Morgen Frühstück gemacht hatte.«

Mia musste sich immer rechtfertigen und erklären.

Vor allem Tanya gegenüber. Sie und Mia waren die absoluten Gegensätze in unserem Vierergespann.

Tanya, die aufreizende, 29-jährige Pole-Tänzerin mit den langen blonden Haaren, üppiger Oberweite und trainiertem Körper, gegenüber Mia, einer hageren, aber dennoch sehr hübschen Frau, die sich nicht viel aus Mode und Style machte. Ihre braunen, dünnen Haare trug sie meistens zu einem Zopf gebunden.

Ihre Klamotten waren einfach, praktisch und ziemlich farblos.

Wenn überhaupt, war sie nur ganz dezent mit etwas Mascara geschminkt. Mia hatte, sowie auch Tanya, das Herz an der richtigen Stelle. Selbst heute, an einem Samstagmorgen, um neun Uhr, hatte sie es irgendwie geschafft, ihre dreijährige Tochter Lucie unterzubringen. Eine halbe Stunde nach Sassis Hilferuf war Mia da.

»Was ist denn nun eigentlich passiert? War Mic wieder mit seiner Assistentin im Bett?«, fragte ich und setzte mich neben Sassi. Tanya drückte mir ein Glas Champagner in die Hand und nahm auf dem weißen mit Strass verzierten Ledersessel gegenüber von uns Platz.

»Ich sagte doch schon, er hat sie nicht betrogen«, meinte Tanya mit Nachdruck und sah Sassi eindringlich in die Augen, »sie lässt sich betrügen! Und nachher gibt es wieder ein schickes Täschchen und unsere Sassi schwebt im siebten Himmel!«

»Sei doch nicht so gemein«, sagte Mia leise und schälte eine Banane, die sie aus der Kristallschale genommen hatte.

»Was?«, entgegnete ihr Tanya. »Ich hab doch Recht, nicht wahr Lexi?«

Auch wenn ich weder Leopardenminikleidchen trug, noch an einer Stange tanzte, waren Tanya und ich uns doch sehr ähnlich und meistens einer Meinung.

Wir waren beide ziemlich selbstbewusst und nahmen kein Blatt vor den Mund.

Ich hatte allerdings das Talent jedes Fettnäpfchen mitzunehmen und galt als absoluter Tollpatsch in unserer Clique.

Ich stolperte nur so auf meinen High Heels quer durch die Welt, klemmte mir regelmäßig meinen langen Zopf oder meine Finger beim Einsteigen in Pollys Tür ein oder brachte mich in andere, peinliche Situationen.

Seufzend legte ich meinen Arm um Sassis Schultern und tröstete sie.

»Verlass ihn«, sagte ich und streichelte über ihre Wange, »verlass den Dreckskerl endlich.«

»Das sagt du so leicht Lexi, ich liebe Mic doch«, schluchzte sie.

Sassi hatte es tatsächlich einfach. Sie brauchte nicht einmal einen meiner ausgeklügelten, strategischen Trennungspläne ─ Mic war ja bereits der Schuldige und sie das Opfer.

»Mein Gott Sassi«, riss Tanya nun wieder das Wort an sich, »überleg doch mal! Alle acht Wochen beglückt sein »Mini-Mic« irgendeine fremde Frau und einen Tag später wieder dich! Wie ekelhaft ist das denn bitte?!«

»Sagt die, die bald jeden zweiten Tag einen One-Night-Stand hat«, prustete ich los und nahm einen Schluck aus meinem Glas.

»Sagt die, die nicht mal weiß, wie man One-Night-Stand schreibt!«, entgegnete mir Tanya mit geschärfter Zunge.

»Sagt die, die…«

»Halt! Stop!«, rief Sassi plötzlich und unterbrach unsere Sticheleien. Sie putzte sich die Nase, zupfte ihre rotbraunen Locken zurecht, räkelte sich und drehte sich erhobenen Hauptes zu uns.

»Ihr habt Recht. Es ist vorbei…«, sprach sie entschlossen, »ich verlasse ihn! Ich verlasse Mic!«

Sassis Augen begannen plötzlich zu leuchten, sie lachte laut auf und klatschte übertrieben erfreut, zwei Mal in die Hände.

»Drehst du jetzt völlig durch?«, fragte Tanya zynisch und zog ihre linke Augenbraue nach oben.

»Tust du sowieso nicht«, sagte ich fast zeitgleich.

»Oh doch das werde ich. Ab jetzt ändert sich mein Leben«, sagte Sassi entschieden, »passt auf!«

Mit forschen Schritten stapfte sie zu ihrem Schuhschrank, kramte darin und eilte Richtung Aquarium.

Sie öffnete den schweren Deckel des Beckens und hielt schwarze Lackpumps darüber. Es waren die mit der roten Sohle…

»Bye, bye Mic…«, grinste sie und ließ die edlen, überteuren Schuhe in das Fischwasser platschen.

»Nein! Nicht die Schuhe!«, schrie ich und hastete zum Aquarium.

»Die armen Fische«, murmelte Mia besorgt und stillte ihren Hunger mit einem großen Bissen von ihrer zweiten Banane. Mia konnte auch nach ihrer Schwangerschaft einfach essen was sie wollte. Egal welche Mengen an Kohlehydraten nach sechs Uhr sie auch verdrückte, sie blieb immer dünn und hatte kein Gramm Fett am Leibe ─ wie gemein!

»Sie spinnt wirklich…«, meinte Tanya nüchtern und blickte den sinkenden Schuhen hinterher.

»Die hatte er mir beim letzten Mal geschenkt! Als er mit seiner Assistentin im Bett war!«, rief Sassi energisch. Im Eilschritt hastete sie erneut zum Schuhschrank.

Ich hinterher!

»Sassi, lass es gut sein. Wir glauben dir«, hielt ich sie auf und rettete so weitere Schuhe vor dem Ertrinken, »ich würde sagen, wir beenden das hier jetzt. Mia, du musst sicher wieder zu Lucie, Tanya sonst wohin und ich gehe mit Sassi ins Fitnessstudio«.

»Ins Fitnessstudio?«, sah sie mich fragend an.

»Ja, heute machst du bei meinem Hip Hop-Kurs mit und anschließend gehen wir in die Sauna.«

»Ich und Hip Hop?«, fragte Sassi zweifelnd.

»Das wird deinen Kopf durchpusten. Du wirst sehen, es hilft! Probleme und Sorgen werden einfach weggetanzt!«, strahlte ich euphorisch.

»Ich glaube eher, dass dein Kopf dringend mal wieder durchgepustet werden sollte«, belächelte Tanya meine Worte. Sie zog meinen Sportwahn, meine gesunde Lebensweise und Leidenschaft für das Tanzen immer ins Lächerliche.

Ihre Anspielungen auf mein stillgelegtes Sexleben ignorierte ich. Zwar war ich erst seit zwei Wochen Single, hatte aber seit mindestens fünf Wochen keinen Sex mehr. Dies war das erste Anzeichen, dass es mit Josh in Richtung »Punkt« ging.

Ein One-Night-Stand wäre für mich dennoch niemals in Frage gekommen! Auf so etwas Stilloses hätte ich mich nicht eingelassen. Lieber hätte ich mein Leben weiterhin als sexuelle Frührentnerin fortgesetzt.

»Na gut, probieren kann ich es ja«, meinte Sassi, »gehen wir zum Hip Hop! Auf in einen neuen Lebensabschnitt!«

»Jawoll!«, bestärkte sie Tanya.

»Gruppenkuscheln!«, rief ich und winkte Mia zu uns.

Dies war also der Tag, an dem wir zum wirklich ersten Mal in unserer langjährigen Freundschaft, alle vier zur selben Zeit Singles waren.

Tanya, die extrovertierte Pole-Tänzerin, für die ein Mann bis zu diesem Zeitpunkt nur ein spaßiger Zeitvertreib war. Mia, die alleinerziehende Single-Mama, die sich vor einer neuen Beziehung einfach viel zu sehr fürchtete. Sassi, die nun lernen musste auf eigenen Beinen zu stehen, und ich, Lexi, die sich zwar planlos aber mit Stil, durch den Irrgarten der Liebe kämpfte.

Kapitel 2

»Heychen Luca!«

(Oder: Was passiert, wenn der weibliche Jagdinstinkt geweckt wird)

Sassi packte ihre Sporttasche. Dafür, dass sie sich am Abend von Mic trennen wollte, war sie überraschend gut gelaunt. Energiegeladen schwang sie sich auf Pollys Beifahrersitz.

Nach dem sie Mic den Laufpass gegeben hatte, wollten wir uns alle bei Mia treffen, um Sassis Leben von Grund auf neu zu ordnen. Sie brauchte nun Halt. Ein Netz, das sie auffing und ihr neue Perspektiven aufwies. Im Moment gab es für sie kein stabileres Netz als unsere Freundschaft. Es war nicht das erste Mal, dass wir vier zu einem undurchdringlichen Schutzschild zusammenschmolzen und so gnadenlos jeden einzelnen Feind eliminierten.

In der Umkleidekabine des großen Fitnessstudios knöpfte ich schnell meine Jeans auf und streifte sie mir von den Beinen. Im Kopf ging ich nochmals die Choreographie für meinen Kurs durch.

Verwundert blickte Sassi, die gerade in ihre pinkfarbene Sporthose schlüpfte, auf meine Schenkel.

»Lexi, sind dir heute Morgen die Rasierer ausgegangen? Oder hast du im Dunkeln geduscht?«, fragte sie und deutete auf meine halbrasierten Beine.

»Nein, das muss so sein«, antwortete ich selbstsicher, »beim Sport sieht man doch nur meine Waden…«

»Na, ich meine ja nur…«, fuhr Sassi noch immer erstaunt fort, »du weißt ja nie, was der Tag oder die Nacht noch so bringt. Mike vom Empfang hat dich angesehen als würde er dich gleich auffressen.«

»Ich bin mit Mike aber nicht zusammen. Der Tag oder die Nacht, wird also sicherlich nichts Spannendes bringen!«, antwortete ich.

Eindringlich blickte ich Sassi, die sich ihre rotbraunen Locken gerade zu einem dicken Zopf zusammenknotete, in die Augen.

»One-Night-Stands sind nichts für mich, das weißt du doch«, fügte ich meinen Worten noch hinzu.

»Woher willst du das wissen Lexi? Du hattest doch noch keinen einzigen«, meinte Sassi.

»Und so wird es auch bleiben«, bestätigte ich sie, verstaute meine Sportasche im Spind, lächelte sie kurz an und verließ die Kabine.

»Ich dachte, wir gehen tanzen?«, fragte Sassi irritiert und sah zu, wie ich meinen Cross-Trainer programmierte.

»Gleich. Erst werden wir eine Dreiviertelstunde laufen, um uns aufzuwärmen.«

»Eine Dreiviertelstunde? Hast du einen Knall?«

»Sassi, mach einfach!«, meinte ich belanglos.

Sie zog die Augenbrauen nach oben und seufzte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte sie ihr Handtuch auf dem Crosser neben mir ab und ging ihre Trinkflasche füllen. Auch sie hatte nicht viel für meinen Sportwahn übrig. Ich liebte es, mich tagtäglich im Studio zu verausgaben. Egal ob Kraftsport, Ausdauertraining, Yoga oder meinen eigenen Hip Hop-Kurs ─ ich besiedelte alle Kurse und Geräte, die das Fitnessstudio zu bieten hatte!

Nach zehn Minuten legte ich erst richtig los und stellte den Crosser auf Stufe fünf. Das Gerät nahm sofort an Lautstärke zu. Mit vollem Körpereinsatz und hochkonzentriert packte ich die nächsten zehn Minuten an.

»Sag mal, geht’s noch? Irgendwann fliegt dir das komplette Ding um die Ohren!«, sagte Sassi etwas lauter, als auch sie endlich ihr Training startete. Ich drosselte mein Tempo.

»Denkst du, ich mache hier einen Sonntagsspaziergang?«, fragte ich schnippisch und keuchte.

»Den solltest du lieber mit Mike machen«, grinste sie, »schau doch, der zieht dich mit den Augen aus.«

»Der würde mich auch ganz schnell wieder anziehen, wenn er meine Stoppelschenkel sehen würde«, entgegnete ich ihr und konzentrierte mich wieder auf mein Training.

»Komm schon Lexi, gib dir einen Ruck. Mike ist süß.

Es muss doch nichts Ernstes sein«, versuchte Sassi mich zu überreden.

Ich fragte mich, warum sie und Tanya mich förmlich zu einem One-Night-Stand drängen wollten. Was sollte daran schon gut sein und mir als Frau überhaupt bringen?

Ohne Frage würde ein Mann hierbei voll und ganz auf seine Kosten kommen. Aber wir Frauen? Beziehungsweise ich?

Ich musste mich mit einem Mann erst mehrere Wochen »eingrooven«, um richtig guten Sex mit ihm zu haben. Am Anfang klappte das absolut nicht und endete meistens im reinsten Chaos.

»Hilfe! Nun sieht er mich ganz nackt! Ist es auch nicht zu hell hier drin? Sehen meine Schenkel in dieser Stellung fett aus?«, das waren die Grundgedanken, die ich durchging, wenn es mit einem Mann zum ersten Mal zur Sache ging.

Entspannt das erste Mal genießen? In meiner Welt war dies ein Ding der Unmöglichkeit!

Auch hierfür gab es einen strategischen Plan, um ja nicht zu viel zu zeigen und mich in meiner Haut irgendwie wohl zu fühlen.

Ein abgedunkelter Raum war die Grundlage für etwas mehr Sicherheit.

Das erste Mal ging für mich nur auf dem Rücken liegend, so konnte ich ihn dabei fest an mich ziehen.