Werden Mareiles Träume wahr? - Toni Waidacher - E-Book

Werden Mareiles Träume wahr? E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. »Was machen wir nun mit dem angefangenen Tag, Schatz?«, fragte Mareile Frischholz ihren Lebensgefährten Thomas Bertram. Die beiden saßen noch am Frühstückstisch im Hotel ›Zum Löwen‹ und tranken Kaffee. Gegessen hatten sie bereits und Heidi Reisinger, eine der Haustöchter, hatte das Geschirr bereits abgeräumt. Mareile und Thomas befanden sich nun den dritten Tag in St. Johann. Sie hatten diesen Urlaub gebucht, weil sie sich vom Alltagsstress erholen wollten, dem sie das ganze Jahr über ausgesetzt waren. Sie lebten in Frankfurt am Main, Thomas war dort als Vermögensberater tätig, Mareile war leitende Managerin eines großen Nobelhotels. Thomas wiegte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Es gibt etliche Möglichkeiten, den Tag herumzukriegen. Wir können wandern, wir können uns auch ins Auto setzen und nach Garmisch, Mittenwald oder Innsbruck fahren, wir können aber auch hier im Ort bleiben und ein wenig herumbummeln.« Mareile lächelte. Sie war achtundzwanzig Jahre alt, dunkelblond und eine sehr schöne Frau, gepflegt und charismatisch. Kaum jemand konnte sich der Faszination entziehen, die sie verströmte. »Wofür würdest du dich entscheiden?« Thomas lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Ich überlasse es dir, meine Liebe. Müsste ich aber für mich entscheiden, würde ich in St. Johann bleiben, ein wenig durch den Ort flanieren, vielleicht sogar ein wenig shoppen, dazwischen eine Tasse Kaffee trinken, vielleicht auch mal ein Bier oder ein Glas Wein.

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Der Bergpfarrer Extra – 32 –

Werden Mareiles Träume wahr?

In St. Johann plant sie ein völlig neues Leben

Toni Waidacher

»Was machen wir nun mit dem angefangenen Tag, Schatz?«, fragte Mareile Frischholz ihren Lebensgefährten Thomas Bertram. Die beiden saßen noch am Frühstückstisch im Hotel ›Zum Löwen‹ und tranken Kaffee. Gegessen hatten sie bereits und Heidi Reisinger, eine der Haustöchter, hatte das Geschirr bereits abgeräumt.

Mareile und Thomas befanden sich nun den dritten Tag in St. Johann. Sie hatten diesen Urlaub gebucht, weil sie sich vom Alltagsstress erholen wollten, dem sie das ganze Jahr über ausgesetzt waren. Sie lebten in Frankfurt am Main, Thomas war dort als Vermögensberater tätig, Mareile war leitende Managerin eines großen Nobelhotels.

Thomas wiegte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Es gibt etliche Möglichkeiten, den Tag herumzukriegen. Wir können wandern, wir können uns auch ins Auto setzen und nach Garmisch, Mittenwald oder Innsbruck fahren, wir können aber auch hier im Ort bleiben und ein wenig herumbummeln.«

Mareile lächelte. Sie war achtundzwanzig Jahre alt, dunkelblond und eine sehr schöne Frau, gepflegt und charismatisch. Kaum jemand konnte sich der Faszination entziehen, die sie verströmte. »Wofür würdest du dich entscheiden?«

Thomas lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Ich überlasse es dir, meine Liebe. Müsste ich aber für mich entscheiden, würde ich in St. Johann bleiben, ein wenig durch den Ort flanieren, vielleicht sogar ein wenig shoppen, dazwischen eine Tasse Kaffee trinken, vielleicht auch mal ein Bier oder ein Glas Wein. Mittags gehen wir schön essen … Einfach die Seele baumeln lassen.«

»Super. Du hast mich schon überredet. Trinken wir hier noch eine Tasse Kaffee, und dann lassen wir es heute ganz gemütlich angehen.«

Gesagt, getan! Nachdem sie noch eine Tasse Kaffee getrunken hatten, begaben sie sich auf ihr Zimmer, griffen sich ihre Sachen, Thomas schnappte sich seine Kamera, dann begaben sie sich in den Ort.

Um diese Zeit war noch nicht viel los. Die meisten Touristen waren noch beim Frühstück, andere hatten schon in aller Frühe St. Johann verlassen, weil sie einer Alm einen Besuch abstatten oder einfach nur eine ausgedehnte Bergwanderung machen wollten. Die Tische vor den Lokalen waren größtenteils nicht besetzt.

Die Sonne schien warm, die Gebirgszüge rund um das Wachnertal hoben sich scharf und klar gegen den blauen Himmel ab. Nur hier und dort hüllte eine weiße Wolke den Gipfel eines der Zweitausender ein, von denen es in der Runde mehrere gab. Dem Hochgebirge waren bewaldete Berge vorgelagert, die Wälder waren von einem satten Grün, was zeigte, dass die Natur im Wachnertal noch in Ordnung war.

Händchenhaltend schlenderten Mareile und Thomas auf dem Gehsteig die Hauptstraße entlang. Sie betrachteten die Wohn- und Geschäftshäuser mit den weitläufigen Balkonen und den kunstvoll gearbeiteten Fensterläden. Auf den Fensterbänken und an den Balkonen blühten Geranien und Petunien sowie eine Vielzahl anderer Blumen in bunter Pracht.

»Wunderbar«, schwärmte Mareile. »Hier zu leben müsste herrlich sein. Dafür würde ich sogar einiges aufgeben.«

»Ich nicht!«, erklärte Thomas ziemlich kurz angebunden. Das war nicht seine Welt, zumindest nicht für einen längeren Zeitraum oder gar für immer. Um sich zu erholen mochten St. Johann und das Wachnertal geeignet sein. Ein Leben hier konnte er sich nicht vorstellen.

Er war ein Großstadtmensch, er brauchte die turbulente, dynamische Atmosphäre, die vor allem Frankfurt als internationale Verkehrsmetropole, Finanzzentrum und Messestadt verströmte.

»Ich weiß«, murmelte Mareile, und es klang ebenso knapp wie sein Kommentar eben.

Die Glocke der Kirchenuhr begann zu schlagen und die getragenen Töne hallten weit ins Tal hinein.

»Die Kirche könnten wir uns auch mal ansehen«, schlug Mareile vor. »Sie ist im Reiseführer als eine der Top-Sehenswürdigkeiten des Wachnertals aufgeführt.«

»Von mir aus. Wobei ich der Meinung bin, dass eine dieser Dorfkirchen wie die andere ausschaut. Hast du eine gesehen, kennst du sie alle. Aber wir können uns die Kirche ruhig mal ansehen. Irgendwie müssen wir den Tag ja schließlich totschlagen.«

Mareile schoss ihrem Begleiter einen etwas befremdeten Seitenblick zu. »Es war dein Vorschlag, im Ort zu bleiben und sich einen gemütlichen Tag zu machen«, sagte sie.

»Ist ja auch völlig in Ordnung«, versetzte Thomas. »Sieh an, sie haben hier sogar ein Geldinstitut.« Er hatte den Blick auf die Raiffeisenbank auf der der anderen Straßenseite gerichtet. »Sieht aus, als würden sie auch Immobiliengeschäfte betreiben. Schauen wir uns mal an, was sie so zu bieten haben?« Er warf Mareile einen Seitenblick zu und schränkte ein: »Nicht, dass ich hier was zu kaufen gedenke. Mich interessiert nur, wie sich die Preise hier in der Provinz im Großen und Ganzen so gestalten.«

Sie überquerten die Straße. Die Raiffeisenbank bot einige Objekte zum Kauf an und sie schauten sich die Angebote an.

»Sieh dir das an!«, stieß Mareile plötzlich hervor. »Da wird eine Pension angeboten. Vier Hektar Wiesenfläche gehören dazu. Gästehaus Feilhuber! Wahrscheinlich heißt der Besitzer Feilhuber.«

»Anzunehmen. Wenn ich mir den Preis so ansehe, dann gehe ich davon aus, dass es sich um ein ziemlich renovierungsbedürftiges Gerümpel handelt.« Thomas zuckte mit den Schultern. »Uninteressant. Hier würde ich mir ohnehin nie etwas kaufen.«

»Ich könnte mir schon vorstellen, hier eine Immobilie zu kaufen«, gab Mareile nachdenklich zu verstehen. »Man könnte sie vermieten und auch selbst als Feriendomizil nutzen. Der Preis für dieses Gästehaus ist ausgesprochen moderat. Allerdings ist es für ein Ferienhaus etwas zu groß.«

»Du redest, als hättest du echtes Interesse daran«, brummte Thomas.

»Interessant ist es auf jeden Fall.«

»Vergiss es!«, knurrte Thomas. »Ende nächster Woche kehren wir nach Frankfurt zurück. Wir leben dort in unserer wunderschönen, modernen Wohnung und machen unsere Jobs. Und in einem Jahr fahren wir wieder irgendwohin in den Urlaub, um ein wenig abzuschalten und auszuspannen. Zwei Wochen Provinz im Jahr sind genug.«

»Das heißt im Umkehrschluss, dass du fünfzig Wochen im Jahr dem Erfolg und dem Gewinn hinterherhechelst. Mit fünfzig leidest du an einem Burn-out, und ein paar Jahre später haut dich der erste Herzinfarkt um. Hältst du das für erstrebenswert?«

»Ist es erstrebenswerter in einem Kuhdorf wie diesem vielleicht als Freizeitlandwirt und Selbstversorger sein Leben zu fristen?«, kam die ironische Gegenfrage.

»Ich könnte mir das schon vorstellen«, antwortete Mareile versonnen.

»Du lebst in einer Traumwelt, meine Liebe«, tat Thomas ihre Erklärung lässig ab.

*

Der Gedanke ließ Mareile nicht mehr los. Als sie am Abend im Biergarten des Hotels bei einem Glas Wein saßen, sagte sie: »Ich würde mir diese Pension gerne ansehen, Thomas.«

Ihr Lebensgefährte musterte sie mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit und Überraschung im Blick. »Aus welchem Grund?«, fragte er. »Du gehst doch nicht etwa mit der Idee schwanger, dich in St. Johann einzukaufen und anzusiedeln?«

»Ich will es mir ja nur mal anschauen«, entgegnete Mareile. »Ansehen kostet nichts.«

Er musterte sie mit durchdringendem Blick, versuchte in ihrem Gesicht zu lesen und erwiderte schließlich: »Ich kann in letzter Zeit immer wieder heraushören, dass dich das Stadtleben und dein Job im Hotel anöden. Du trägst dich doch nicht ernsthaft mit dem Gedanken, in Frankfurt alles hinzuschmeißen, um hier zu leben, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.«

Jetzt wurde Mareile ganz ernst. »Es stimmt«, murmelte sie. »Manchmal wird mir alles zu viel. Der Job, unsere gesellschaftlichen Verpflichtungen, Party hier, Einladung dort … Ich sehe es ja ein, dass du deine Geschäftsbeziehungen pflegen und mit den Wölfen heulen musst. Mir hängt es oftmals zum Hals heraus, und ich ertappe mich immer öfter, dass ich nur noch gute Miene zum bösen Spiel mache.«

»Wie redest du denn?«, ächzte er betroffen. »Mit den Wölfen heulen, gute Miene zum bösen Spiel machen … Ich versuche lediglich das Beste aus meiner Tätigkeit zu machen. Da kommt man hin und wieder um Zugeständnisse nicht herum. Das muss jeder von uns und auch du musst das, mein Schatz. Schließlich leben wir davon, und ich möchte sagen, wir leben nicht schlecht. Was ist plötzlich los mit dir? Ich kenne dich ja nicht mehr.«

»Ich trage mich schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, dem nervigen Stadtleben den Rücken zu kehren. Ich will mich nicht mehr mit den Problemen anderer herumschlagen. Als Managerin eines Hotels kümmere ich mich ständig um irgendwelche Schwierigkeiten. Den Leuten, die bei uns einchecken, zumindest einem Teil von ihnen, kann doch kein Mensch etwas recht machen. Sie halten sich für den Nabel der Welt. Mir steht es da …« Mareile fuhr sich mit der Handkante zwischen Mund und Nase quer über das Gesicht.

Thomas war fassungslos. »Damit rückst du jetzt heraus? Wieso kommt das so plötzlich? Du hast es nie so offen angesprochen. Sicher, auch mir hängt manchmal alles zum Hals raus, wenn ich oft nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Dann möchte ich auch den Kram hinschmeißen. Aber das gibt sich wieder, spätestens dann, wenn ich einen Blick auf meine Kontoauszüge werfe. Dann weiß ich, wofür ich geschuftet, wofür ich mich in irgendetwas reingestresst habe.«

»Glaubst du, es ist der Sinn des Lebens, ständig nur hinter dem Geld herzuhecheln?«, stieß Mareile hervor. »Geld macht nicht glücklich …«

»Aber zufrieden«, konterte Thomas.

Mareile griff über den Tisch und legte in versöhnlicher Geste ihre Hand auf seine. »Streiten wir uns nicht. Dazu gibt es keinen Grund. Ich will mir diese Pension nur einmal anschauen. Was ist schon dabei? Wir haben doch ausreichend Zeit und Muße, uns mal neugierig umzusehen, bevor wir wieder in die Tretmühle Frankfurt zurückkehren müssen.«

In Thomas arbeitete es, sein Blick schien in ihren Kopf eindringen zu wollen, um ihre geheimsten Gedanken zu ergründen.

Mareile lächelte verführerisch.

»Ich kenne dich«, murmelte Thomas plötzlich. »In dir geht etwas vor, das mir ganz und gar nicht gefällt. Ich würde vorschlagen, du überschläfst das alles noch einmal, und morgen reden wir weiter.«

»Du willst mich nicht verstehen«, schmollte Mareile.

»Für solche Flausen habe ich auch kein Verständnis. Hier liegt doch der Hund begraben. Von November bis März steht hier das Leben still. Leute wie du und ich würden hier depressiv werden.« Er trank einen kleinen Schluck von seinem Wein. »Das ist eine Schnapsidee, meine Liebe. In Frankfurt führen wir ein geregeltes Leben und haben unser gutes Auskommen. Hier hast du nicht die geringste Garantie, dass du ausreichend Geld verdienst, um ein anständiges Leben zu führen.«

»Ich kenne deine Weltanschauung, Tom«, murmelte Mareile etwas geknickt. »Meine sieht anders aus. Aber reden wir nicht mehr drüber.«

»Eine sehr gute Idee. Was meinst du? Gehen wir noch ein Stück? Nach dem hervorragenden und reichlichen Abendessen kann das auf keinen Fall schaden.«

Nachdem Thomas die Rechnung beglichen hatte, spazierten sie gemächlich durch den Ort. Jetzt war überall vor und in den Lokalen eine Menge los. Ganz St. Johann summte wie ein Bienenkorb, die Urlauber flanierten. Es gab kaum noch freie Tische vor der Eisdiele, dem Italienischen Restaurant und im Biergarten.

Thomas und Mareile hatten aber gar nicht vor, sich irgendwo hinzusetzen und noch etwas zu trinken. Sie wollten die Atmosphäre genießen und sich ganz und gar dem Urlaubsfeeling hingeben.

Doch Mareile konnte sich nicht vom Gedanken an das Angebot lösen. Thomas hatte vorhin, als er ihr die negative Seite eines Lebens hier in St. Johann klarzumachen versuchte, sogar eine Idee eingeimpft. Und sie schwor sich, am folgenden Tag zur Bank zu gehen und nähere Informationen über die Immobilie einzuholen. Sie war wie besessen von der Idee, dem bisherigen Leben ade zu sagen und hier etwas Neues auf die Beine zu stellen. Dieser Wunsch hatte schon lange Zeit in ihr geschlummert.

Mit Thomas darüber zu reden wäre vergeudete Zeit gewesen. Sie musste ihn nach und nach für ihre Idee begeistern.

Die Frage, was sein würde, wenn er bei seiner Einstellung blieb, stellte sie sich im Moment nicht. Er hatte tausendmal beteuert, wie sehr er sie liebte, und Liebe erfordert auch Zugeständnisse. Nun war er mal an der Reihe, auf ihre Wünsche einzugehen. ›Manchmal darf man auch an sich selber denken‹, dachte sie. ›Eigentlich bin ich in meinem bisherigen Leben immer nur für Andere dagewesen.‹

Sie marschierte total in sich versunken neben Thomas her, der ihre rechte Hand hielt. Die abendliche Stimmung, die den Ort verzauberte, erreichte nur noch den Rand ihres Bewusstseins. Zu sehr beschäftigte sie der Gedanke an die Idee, die sich mehr und mehr in ihr festzusetzen begann. Sie war Hotelkauffrau. Warum sollte sie nicht in der Lage sein, eine Pension zu leiten, die bezahlbar war und einen besonderen Personenkreis beherbergen sollte.

»Warum bist du so schweigsam?«, erkundigte sich Thomas nach einer ganzen Weile.

»Ich denke nach«, antwortete Mareile.

»Dein Denken dreht sich um die Pension, nicht wahr?«

»Ich gebe zu, mir kommen da einige Ideen.«

»Schlag dir das aus dem Kopf, Schatz. Wie ich dir schon geraten habe: Überschlafe die ganze An­gelegenheit. Ich bin mir sicher, dass du morgen völlig anders darüber denkst.«

Mareile gab sich einen Ruck. »Ich werde morgen zur Raiffeisenbank gehen und mich kundig machen, und dann werde ich den Sachbearbeiter bitten, mir das Objekt zu zeigen. Dazu bin ich ganz fest entschlossen, Tom.«

»Du verrennst dich in etwas!«, mahnte er.

»Hast du nicht immer wieder behauptet, dass du mich liebst?«

»Was hat das damit zu tun? Natürlich liebe ich dich. Und weil das so ist, werde ich alles unternehmen, um dich vor einer riesigen Dummheit zu bewahren.«

»Schau dir das Gästehaus gemeinsam mit mir an, und dann reden wir weiter«, sagte Mareile. »Im Vorfeld zu diskutieren führt zu nichts.«

»Über dieses Thema werde ich überhaupt nicht mehr mit dir diskutieren«, knurrte Thomas, der langsam die Geduld verlor. »Das ist nämlich ein Thema, über das zu diskutieren sich nicht lohnt.«

Mareile spürte, wie Trotz in ihr hochstieg. Für sie war in dieser Sache noch längst nicht das letzte Wort gesprochen. Sie sah nämlich die einmalige Gelegenheit, aus dem Leben, das sie führte und in dem sie sich gefangen fühlte, auszubrechen. Den Wunsch hatte sie schon lange in sich getragen. Nun drängte er unaufhaltsam an die Oberfläche.

*

Nach dem Frühstück am folgenden Tag sagte Mareile zu Thomas: »Bevor wir uns festlegen, was wir heute unternehmen, gehe ich zur Raiffeisenbank.«

Ihr Lebensgefährte schaute sie an, als hätte sie etwas völlig Unsinniges von sich gegeben. »Du bist noch immer nicht geheilt?«, entfuhr es ihm. »Bist du während der Nacht nicht zur Vernunft gekommen?«

»Doch. Mein Entschluss, mir das Gästehaus anzuschauen, ist in meinen Augen ein vernünftiger Schritt. Du musst nicht mit mir zur Bank gehen, Schatz. Ich will mir das alles nur einmal völlig unverbindlich ansehen. Es ist ja nicht auszuschließen, dass es sich wirklich nicht mehr rentiert, Geld in die Renovierung des Gebäudes zu stecken.«