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Die Eulenspiegeleien sind alle im ersten Band. Der zweite Band beinhaltet Satiren, die bisher nur in anderen Zeitungen, Büchern oder noch gar nicht veröffentlicht sind. Band 3 und 4 enthalten die erfolgreich aufgeführten heiteren Theaterstücke "Geschichten meiner Frau", "Fragen Sie Sibylle" und "Ein himmlischer Abend". Im fünften Teil der "Wiener's G'schichten" geht es jedoch ernster zu, denn hier werden drei gesellschaftspolitische Stücke vorgestellt. Wie im Teil 6 wurde es mit drei weiteren Lustspielen im 7. Band wieder heiter. Philosophisch ging es im 8. Band zu und Novellen fanden Platz im 9. Band. Der 10. Band beschäftigte sich mit Witzen in Diktaturen und deren Gefährlichkeit. Dieser elfte Teil der Reihe ist eine Sammlung aller gereimten Werke von Ralph Wiener.
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Seitenzahl: 389
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Leben und Lieben (1933 bis 1944)
Rosita
Sie wartet
Am Lebensabend
Erlebnis
Das Schönste
Zigeunerblut
Wanderleben
Das alte Lied
Am Bache
Mitternacht
Du schweigst
Das unbekannte Ideal
Der Poet in Not
Parabel
Die Enthaltsame
Ein Problem
Etwas Wunderbares
Theorie und Praxis
Vereinigung
Geständnis
Nimmermüd
Fragen
Das Beispiel
Der Pessimist
Der Optimist
Nachkriegsgedichte (1945 bis 1950)
Weibliche Logik
Hubel-Sprünge
Der Ausweg
Die Spröde
Mannequin
Der Kenner
Stilbruch
Angelica
Dreiklang
Ja zum Leben (1951)
Prolog
Das Leben
Erster Gesang - DAS SEIN
Zweiter Gesang - DER WILLE
Dritter Gesang - DAS SCHÖNE
Vierter Gesang - DIE LIEBE
Fünfter Gesang - DAS GUTE
Sechster Gesang - DAS WISSEN
Siebenter Gesang - DIE TAT
Epilog
Die Mädchen von Cadiz (1956)
Erster Teil
Zweiter Teil
Dritter Teil
Vierter Teil
Fünfter Teil
Sechster Teil
Siebenter Teil
Eulenspiegeleien (ab 1957)
Verschmähte Liebe
Farbengeflüster
Faschings-Intermezzo
Die Spröde
Rundfunk-Freuden
Die Krankenruhe
Der Übersetzer
Hopf an der Basis
Der Fotograf
Verzeihlicher Irrtum
Ihre Hoheit persönlich
Liebe zu Johanna
Ballade vom Klecks
Irenes Lächeln
Verwässerte Hymne
Der Tag
Im Fasching
Gedichte nach Bildern (1997)
Lilos Bilder (Lieselotte Mielke-Bode)
Hiddensee
Gelbes Dreieck
Himmel und Erde
Nacht
Gelbe Spuren
Begegnung
In Pfeilrichtung
Andalusischer Strand
Neuzeit
Weites Land
Antike Stadt
Erinnerung
Erde
Warten
Sehnen
Versperrt
Letzter Sommer
Verbindungsweg
Ruheplatz
Versammlungsort
Feste Formen
Signale
Meilenstein
Trüber Tag
Lebensräume 1
Lebensräume 2
Dichters Dank an ein Triumvirat
Max Reinhardt II (2005)
Er ist da (Max Salvadore, 2005)
Pressemitteilungen
Felix Ecke im Februar 1951
Irgendwo im schönen Spanien.
Sitzt Rosita, traumversunken,
Ihre Augen liebestrunken,
Unter Palmen und Kastanien.
Strahlend schmückt sie der Sombrero,
Manch Senior verharrt betroffen;
Doch ihr Sehnen und ihr Hoffen
Gilt nur einem: Dem Torero!
Leise flüstern die Zypressen,
Und Rosita lauscht dem Klange; -
Währt die Trennung noch so lange,
Niemals wird sie ihn vergessen. -
Fern die Mandolinen klingen.
„Mio amigo‘“ - tönt’s aufs Neue;
Auch im Süden gilt die Treue,
Heißer dort die Herzen ringen! -
Unter Palmen und Kastanien
Sitzt Rosita, traumversunken,
Ihre Augen liebestrunken,
Irgendwo im schönen Spanien.
Im stillen Dorf zur Winterszeit
Die Weihnachtsglocken klangen;
Am Fenster steht die blonde Maid
Und denkt an einen, der so weit,
So weit von ihr gegangen.
"Komm wieder!" - rief sie bang zurück
In jener Abschiedsstunde.
Noch einmal traf ihr liebend Blick
Sein Antlitz wie ein stilles Glück
Im treuen Liebesbunde.
Dann zog er fort - ins ferne Land,
Getreu ihr Bild im Herzen.
Als Fremder einen schweren Stand,
Er nirgends, nirgends Ruhe fand,
Nur Sorgen, Not und Schmerzen.
Und im Gewühl der weiten Welt,
Der Liebsten, ach, so ferne,
Das harte Schicksal ihn befällt:
Verlassen muss er diese Welt -
Hinauf ins Reich der Sterne.
Noch immer wartet jene Maid
In sehnsuchtsvollem Bangen.
Am Fenster steht sie jede Zeit
Und denkt an einen, der so weit,
So weit von ihr gegangen.
Einst hab’ ich ein Liedchen im Frühling gesungen,
Es klang immer voller - nun ist es verklungen.
Einst hab’ ich mein Glück frohen Herzens erkoren,
Es blühte mir lange - nun hab’ ich’s verloren.
Einst lachten mir fröhliche, goldene Stunden;
Sie eilten vorüber - nun sind sie entschwunden.
Einst lebt’ ich in Träumen voll süßem Verlangen,
Doch Träume sind Schäume - nun sind sie vergangen.
Einst hatt’ ich mir Heimat und Freunde erworben,
Sie waren mein alles - nun sind sie gestorben.
Einst hatt’ ich mir Hoffnung im Leid zugesprochen,
Sie glühte und lohte - nun ist sie zerbrochen.
Einst bin ich bei Knospen und Blüten gesessen,
Auch sie waren glücklich - nun sind sie vergessen.
Einst sprühte der Geist, und es schafften die Hände;
Ich lebte, ich strebte - nun steh’ ich am Ende.
Still war die Nacht; wir gingen Hand in Hand,
Das Licht des Mondes auf der Straßen.
So einfach war, was ich für dich empfand.
Die Sinne doch das Wort vergaßen.
Man war am Ziel; noch einmal deinen Hauch,
Ein lieber Blick aus deinen Augen,
Ein Händedruck und deine Stimme auch,
Was sollten da noch Worte taugen?
So vieles, was voll Liebe ich gedacht,
Wollt' ich dir zärtlich noch gestehen.
Dann klang das Tor, - du sagtest: "Gute Nacht!" -
...ich musste einsam weitergehen.
Bei Sternenschein und Abendwind
Zieh ich bedächtig, nicht geschwind,
Durch altvertraute Gassen.
Es ist, als sei der Häuser Pracht
In der herangenahten Nacht
Verstorben und verlassen.
Und doch, trotz aller Traurigkeit,
Trotz aller Öde weit und breit
Füllt sich die Brust mit Leben.
O, glücklich, wer in stiller Nacht,
Wo ihm die Jugend zugelacht,
Die Ruhe kann erstreben!
Aus jedem Strauche und Gestein,
Aus aller Häuser Dämmerschein
Quillt dir ein Kinderlachen.
Drum, Fremder, zieh zur Heimat hin;
Sie wird dir, sei sie auch gering,
Das Glück aufs neu entfachen!
Durch die Pußta klingt ein Lied
Bis zur Bergeskuppe.
Rauh und wild vorüberzieht
Die Zigeunergruppe.
Finster zuckt's in ihren Brau'n,
Die sich zornig weiten.
Spähend alle um sich schaun -
Die Zigeuner streiten!
"Schluss!" - befiehlt ein Alter kühn,
Und man hockt sich nieder,
Und die Pußta-Melodien
Halln im Kreise wider.
Joi, ein Csárdás feurig-heiß
Endet alle Schmerzen.
Niemand mehr vom Streite weiß -
Die Zigeuner scherzen!
Heiter so der Tag entflieht.
Hat der Streit geendet?
Wie ein einzig Pußta-Lied
Solche Seelen wendet!
Sehnsuchtsvoll ein Csikós spielt.
Da - will's nur so scheinen? -
Die Zigeuner - rauh und wild -
Die Zigeuner weinen!
Frohen Sinnes, unverwandt,
ohne Schmerz und Sorgen
ziehen wir von Land zu Land,
denken nicht an morgen.
Fällt der Regen, bläst der Wind -
's wird auch wieder heiter.
Spielmann, sing ein Lied geschwind -
Und wir wandern weiter.
Manches Städtchen zieht uns an,
sagt, wir sollen bleiben.
Doch nicht lange währt der Bann,
weiter geht das Treiben.
Langohr hoppelt übers Feld,
einer, dann ein zweiter.
Blühend lacht die ganze Welt -
und wir wandern weiter.
Lebe wohl, mein holdes Lieb,
muss dich schon verlassen.
Wandern muss ich nun - vergib,
ziehe meine Straßen.
Spüre drum nur keine Reu‘,
Mädel, sei gescheiter!
Wanderburschen sind nicht treu -
und wir wandern weiter.
Wer, wenn im Haag die muntern Vöglein singen,
denkt an die Jugend sehnsuchtsvoll zurück
und hört ein Lied aus dieser Zeit erklingen,
das ist bestimmt das allergrößte Glück.
Ich war allein - das Glück in weiter Ferne,
als jener Klang zu meinen Ohren drang:
Ein Lied von einst. - Wie hört ich es so gerne,
mir schien es fast wie himmlischer Gesang.
Verträumend fielen meine Augen nieder
und tiefbeweget dacht ich nur an sie. -
Dies alles bringt ein Lied von damals wieder,
O holde Zaubermacht der Melodie!
Am Bach sind wir gegangen
So selig Hand in Hand.
In Liebe und Verlangen
Hat uns der Bach gekannt.
Wir sind vorbeigezogen
Mit liebend treuem Blick;
Der Bach mit stillem Wogen
Betreute unser Glück.
Und wenn wir dann verschwiegen
So manchen Kuss getauscht,
Ist er in schnellen Zügen
An uns vorbeigerauscht.
Ist es des Wassers Rache,
Dass du, mein Lieb, jetzt weinst?
So steh ich nun am Bache,
Und er - er rauscht wie einst!
Mitternacht - die Wipfel rauschen,
Ferne strahlt der Mond;
Still bewegt die Sinne lauschen,
Ruh im Herzen wohnt.
Horch, was flüstern dir die Sterne,
Was die Winde zu? -
Alles liegt in weiter Ferne,
Greifbar bist nur du.
Menschenherz, oh, fühlst du endlich
Deiner Väter Saat;
Merkst du nun, wie unabwendlich
Sich das Schicksal naht?
Ach, wohl sehnst du dich hinieden
Auch nach Pracht und Glanz,
Doch bedenke: Nur der Frieden
Füllt die Seele ganz.
Träumen sollst du, suchen, tasten,
Schwanken oft im Glück,
Niemals ruhen, niemals rasten;
Doch denkst du zurück,
Dann, ja, dann verharrst du schweigend
Auf des Lebens Bahn,
Prüfst dein Herz, das - wild sich neigend -
Schlägt im Sehnsuchtswahn.
Mitternacht - wenn stumm dein Sehnen
Und der Lenz so jung,
Presset aus dem Aug' dir Tränen
Die Erinnerung.
Dein Auge glänzt, und deine Lippen beben,
In tiefem Sehnen du dein Antlitz neigst.
Ich will von Liebe dir ein Zeichen geben;
Doch du - du schweigst, doch du - du schweigst!
Dein liebend' Blick hat sich von mir gewendet;
Es pocht dein Herz, jedoch dein Mund bleibt stumm.
Hat - kaum begonnen - schon der Traum geendet?
Ich kehre um - ich kehre um.
Dort stehst du noch und harrst vielleicht mit Bangen
Spürst tiefe Liebe, die du doch nicht zeigst.
Ich sag noch einmal dir mein heiß' Verlangen:
Doch du - du schweigst, doch du - du schweigst.
Ich kenn dich nicht, doch hör ich deine Stimme;
Weit bist du weg, doch liegst du mir so nah.
Dich zu umfassen, locken meine Sinne,
Dass du mir wirst zum lieblichsten Gewinne,
Dir gut sein, was bis jetzt noch nie geschah.
Ich kenn dich nicht, weiß nicht mal deinen Namen,
Fühl nur dein Bild, sonst weiter nichts von dir.
Die Wolken alle, die vorüberkamen
Und einen Blick aus meinen Augen nahmen,
Sie grüßen dich ganz glückerfüllt von mir.
Ich kenn dich nicht, erfass nicht die Gedanken,
Die dich bewegen voller Freud und Schmerz.
Es mögen Rosen blühend dich umranken,
Nie Hoffnung und mein Glaube an dich wanke
Ich kenn dich nicht - doch schlägt für dich mein Herz!
Ein Gedichtchen zu gestalten,
Das versprach ich dir als Mann?
Was versprochen, muss man halten!
Doch wie gehe ich heran?
Ich denke und denke, beginne zu fragen:
Was will ich mit meinem Gedichte nur sagen,
Wie krieg ich die Reime, was fang ich nur an?
Und noch mal von vorn ich lese,
Was erfüllet nur mein Herz?
Soll es ernst sein oder Späße,
Was von Freude oder Schmerz?
Je länger ich sinne, je länger ich schreibe,
Ersehe ich doch, was vergeblich ich treibe.
Ist plötzlich so leer mein geschwollenes Herz?
Und mich packt ein tiefes Wehen,
Kalte Reue fasst mich an.
Du willst mein Gedicht bald sehen,
Ach, was hab ich nur getan?
Ich stecke in Sorgen, da kommt ein Gedanke:
Drei Strophen sind fertig; ihr Musen, ich danke!
Das Wort ist gehalten. - Nun, bin ich ein Mann?
Die Blume stand am Feldesrand,
Frau Sonne schien hernieder.
Und in der Sonne heißem Brand
Verstummten ihre Lieder.
Versengend senkte sie ihr Haupt,
Sah schon ihr Bild zerrinnen,
Sah allen Glanzes sich beraubt -
wie ihre Nachbarinnen.
Da kam ein bunter Schmetterling
Grad auf sie zugeflogen.
Sie dachte: Welch ein seltsam Ding
Ist mir da so gewogen?
Doch er bedeckt sie lieb und zart,
Damit die Sonnenstrahlen
Sie nicht, wie andre ihrer Art,
In winzig Staub zermahlen.
Weh ihm! - Sein Flügelkleid zerfällt;
Doch bleibt er, trotz Ermatten.
Und leis er einen Kuss erhält
Für den gelieh'nen Schatten.
Der Falter schützt noch manche Stund'
Das Blümlein vorm Entfärben.
Noch einmal küsst er ihren Mund -
Dann muss der Arme sterben.
Als dann in später Abendstund‘
Verdorrt der Blüten Triebe,
Da sah die Blum' den Falter - und
Das Opfer seiner Liebe.
Wie ward an Duft sie plötzlich arm,
Vergessen Frühlingslieder.
Und eine Träne - liebeswarm -
Fiel auf den Falter nieder. - -
...Du fragst mich, wer das Blümchen ist? -
Du bist es, liebes Mädchen!
Und jener Falter, der dich küsst,
Der wohnt in deinem Städtchen.
Mit Blumen kommt er - voller Scheu -
Im zarten Blütenalter.
Und liebst du ihn, so ist er treu -
Wie jener kleine Falter!
"Nein, verliebt ist diese Jugend,
Mich lasst damit nur in Ruh!"
Und allein ging ich - voll Tugend -
Durch den Park der Wohnung zu.
Auf den Bänken, liebeschwörend,
Sitzen sie statt brav zu Haus.
Himmelschreiend! Ha, empörend!
Ich - ich ging geradeaus.
Wie sie tuscheln, wie sie flüstern,
Wie geheimnisvoll die Nacht!
Blindlings mittendurch, im Düstern,
Hab ich mich nach Haus gemacht.
"Mädel, meide diese Stege,
In der Nacht ist's dorten schlecht,
Bleib auf dem geraden Wege!"
Ja, die Mutter redet recht!
Später dann, nach ein paar Wochen,
Lockt mich wieder jener Park.
Worte wurden da gesprochen,
Nein, das war mir doch zu arg!
Und man küsst sich in den Zweigen,
Grad als wär's noch immer Mai.
Längst schon wollt ich weitersteigen
Aber - ach - ich war dabei!!
Ich hab darüber nachgedacht,
Wozu wir alle leben;
Wollt wissen von der Himmelsmacht,
Erkennen alles Streben.
Ich wollt ergründen den Gesang
Der Heiden und der Frommen -
Und bin bei allem Wissensdrang
Zu diesem Schluss gekommen:
"Man denkt so viel, man träumt so oft,
Man hält für Glück die Scherben;
Man jauchzt und weint, man bangt und hofft -
Und schließlich muss man sterben.
Was hat es Sinn, soviel man denkt -
Der Mensch ist nicht vollkommen.
Und wie uns Gott das Leben schenkt,
So wird's uns auch genommen."
So, denkt ihr, will ich nun im All
Mein Leben leblos führen? -
Doch weit gefehlt! - In diesem Fall
Wird Zwang das Weltstudieren.
Wiewohl ich weiß, es ist vorbei,
Das Hirn gibt keine Ruhe.
Und während ich "Nicht denken!" schrei,
Das Gegenteil ich tue.
Beim Weine stumm zu sitzen,
Das Wohl der Welt zu stützen -
O welche Lust!
Ein Trinklied anzuheben,
Dann wieder still ergeben -
Das füllt die Brust!
Ein Weilchen hier gesessen
In stillem Selbstvergessen -
Was willst du mehr?
Im Weine voll Vertrauen
Dein Spiegelbild zu schauen,
Fällt niemals schwer.
Das ganze Weltgeschehen,
Das Zweifeln und Verstehen
Im Glase ruht.
Hier ist zu End' das Rennen,
„Nirwana“ könnt man's nennen;
Wie gut das tut.
Rings liegt das All im Schweigen.
Leis sagen mir die Geigen
Das, was ich litt.
Komm, lös nach einen Pfropfen!
Es flieh'n mit jedem Tropfen
Die Sorgen mit.
In früheren Zeiten, da hörte
Ich einige alte Gelehrte.
Ein jeder von ihnen wollt sagen,
Wie's Leben am besten zu tragen.
Sie stritten um Fragen wie diese:
Wie man wohl am besten genieße.
Und von Philosophen ich hörte:
Zum „Leben“ sei man auf der Erde!
Den Satz, ich vergaß ihn dann nimmer;
Denn Ratschlägen folge ich immer.
Ich zog aus der Weisheit die Schlüsse:
Viel besser sei's, wenn man nichts wisse
Nun leb ich, dem Schicksal treu, weiter,
Zufrieden und glücklich und heiter!
Doch jene verständigen Leute,
- Ich glaube - sie streiten noch heute.
Sehe ich zur Erde nieder,
Blick ich auf zum Himmelszelt -
Stets ertönen meine Lieder,
Dich zu preisen, hehre Welt!
Jeden Stein erfüllt mein Klagen,
Jede Blume wonniglich.
Selbst dem Wurme möcht ich sagen
"Ich bin du - und du bist ich!"
Was kann eine Grenze halten
Zwischen mir und was ich seh?
Unterschiede der Gestalten
Trennen nicht der Seelen Näh.
Welt, nach mühevollen Wegen
Fass ich nun den Sinn des Seins:
Lebend steh ich dir entgegen,
Doch im Tode sind wir eins!
Zuweilen führt des Geistes Licht
Mich in der Wahrheit Regionen.
Ich sehe dann das Böse nicht
Und glaub, im Paradies zu wohnen.
Tief in das Innere versenkt,
Entsag ich jedem ird'schen Triebe.
Zum heil'gen Unbekannten lenkt
Das Selbst die Flammen seiner Liebe.
Da - wie ein höllisch Gaukelspiel -
Erscheinst du, Weib, mit holden Blicken
Du lächelst, reizt, es fehlt nicht viel
Und mich erfasst ein bang Entzücken.
Ich reiche meine Hände dir,
Dein Mund erbebt von meinen Küssen.
Was will der Wüstling voller Gier
Von jenem Heiligen noch wissen?
Vergessen ist, was wahr und echt,
Sobald du, Mädchen, nahst mit Kosen.
Warum, sag, ist mein Herz so schlecht?
Was soll'n in deinem Haar die Rosen?
All deine Schönheit weckt die Glut,
Die nur dem Höllenfeuer gleicht.
Ich möcht dich fliehen - doch wie gut
Weiß ich, dass dieser Vorsatz weicht.
Das Gute, das der Mann erstrebt,
Ist Tand, solang das Weib ihn richtet.
So ward ich tausendmal belebt
Und - ach! - schon tausendmal vernichtet.
Nimmermüd wollt ewig leben;
Bat darum den Herrn,
Dass in seinem ganzen Leben
Stets der Tod ihm fern.
"Gut", entschied der Herr der Welten,
"Deine Bitte lass ich gelten.
Nie sollst du die Nacht begrüßen,
Niemals deine Augen schließen!"
Nimmermüd lebt viele Jahre,
Nirgends fand er Ruh.
Freunden schloss er auf der Bahre
Ihre Augen zu.
"Ach, wie glücklich sind sie alle",
Dachte er in jedem Falle.
"Ruhe ich vergebens suche;
Ewig leben gleicht dem Fluche!"
"Siehst du", ließ sich Gott vernehmen,
"Tod verlangt dein Herz.
Lass ich ewig dir dein Leben,
Fühlst du ew'gen Schmerz!"
"Vater, Irdische nichts taugen.
Nimm das Bild von meinen Augen!"
Gott erfüllte sein Verlangen. -
Nimmermüd ist heimgegangen.
Sinnloses Walten im stofflichen Sein,
Mächte des Zufalls regieren allein.
Ewiger Raum von Materie erfüllt,
Liefert für uns der Erscheinungswelt Bild.
Nirgends ein Geist, dem das All unterstellt -
Ist das die Welt?
Zeitweises Leben auf Erden erscheint,
Pflanzen und Tiere und Menschen vereint.
Kaum auf der Welt, schon geweihet dem Tod;
Gutes und Böses in selbiger Not.
Freuden und Leiden nur Augenblicks Zier -
Sagt: Sind das wir?
Und die Natur wälzt sich weiter dahin,
Fragt nicht "Woher' und fragt nicht "Wohin";
Denn jedes Stoffliche in ihrem Reich
Spendet ja Kraft und Empfindung zugleich.
Nicht Geist, nicht Seele - das ist ihr Gebot|
Ist das der Gott?
Am Weiher scholl der Wachtel Schlag,
die Frühlingswelt war bunt.
Und unten, tief im Wasser, lag
Ein Fischlein auf dem Grund.
Ihn freute nicht des Frühlings Pracht,
des Teiches klares Licht;
ob Sonnenschein, ob Tag, ob Nacht,
das sah der Kleine nicht.
Ihn trieb's nur, all das noch zu sehn,
was hinter'm Teiche ruht.
Unmögliches wollt er verstehn,
doch grübeln tut nicht gut.
Die schwersten Fragen stiegen auf
in seiner kleinen Brust.
Und weil sein Geist nicht kam darauf,
entschwand die Lebenslust.
An seiner Seit' ein flinker Fisch
Kannt' die Probleme kaum,
dacht nur an seinen Mittagstisch
und träumt manch süßen Traum.
Er freute sich am reinen Nass,
blieb fröhlich und gesund,
behielt auch seinen Lebensspaß
in mancher bitter'n Stund'.
Nach vielen Tagen voller Glück
im Teich und am Gestad
starb er im selben Augenblick
wie jener Kamerad.
Dem war das Leben eine Qual,
weil er es nicht verstand.
Nur dem erscheint das Leben fahl,
der nie zum Leben fand.
... Drum, Leser, nimm als Beispiel dir
die Fabel von dem Fisch;
und lebst du ohne Wissensgier,
bleibst du gesund und frisch!
Eines merke dir im Leben:
Lass den Tränen freien Lauf!
Nur des stummen Herzens Beben
hebet deinen Kummer auf.
Sieh, wie rings die Welt sich spaltet,
wie sich mehret alles Leid,
wieviel Schmerzen sie entfaltet
und wie wenig Glück sie beut!
Glück - was kann man glücklich nennen?
Ist‘s die Freude am Gewinn,
ist‘s der Sieg im Alltagsrennen,
ist‘s der Liebe goldner Sinn?
Freut euch immer, heitre Leute,
doch der helle Schein ist Trug!
Groß - ja, groß ist manche Freude,
Keine Freude groß genug.
Ach, nur in Gestalt von Sorgen
Drängt sich mir das Leben auf:
Gestern noch ein Mensch - und morgen
nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Strebe keiner zu verlangen,
was verschwiegen hält mein Herz.
Liebesglück ist schnell vergangen -
ewig währt der Liebesschmerz!
Den Urquell allen Seins und Lebens,
Vergehn und Werden der Natur,
sieht man mit ernstem Sinn vergebens;
drum lächelt man darüber nur.
Man soll sich nicht Gedanken machen,
die doch in Zweifel übergehn.
Es läßt allein ein herzhaft Lachen
den Stein der Weisen schnell verwehn.
Zusammenhänge aller Dinge
und jedes überird'sche Wort,
das alles, samt und sonders, bringe
man durch die Lebensfreude fort!
Es trinke der, dem Wein gegeben;
es freue sich, wer lachen kann!
Nur Spielerei ist dann das Leben,
sieht man es immer lächelnd an.
Eva lag im Paradiese,
Hingestreckt auf grüner Wiese.
Adam war, wie er gesagt,
Unterdessen auf der Jagd.
Eva harrte schon mit Bangen
Seiner Rückkehr voll Verlangen.
Adam kam - welch tolles Stück -
Erst um Mitternacht zurück.
Eva sprach: "Jetzt nicht gelogen:
Schändlich hast du mich betrogen!"
Adam macht es sich bequem
Und fragt schelmisch nur: "Mit wem???"
Eva wusste nichts zu sagen
Und beendete das Fragen.
Adam schlief dann wie noch nie -
Seine Rippen zählte SIE (!)
Wenn Bärbel Rux sechs Meter dreißig springt,
Dann schrei'n und brüllen wir vor lauter Jubel!
Das ganze Stadion eine Lobeshymne singt;
Denn Bärbel stammt - wie wir - aus Unterhubel.
Springt Heike Bolz sechs Meter vierzig weit,
Dann tun wir so, als wäre nichts geschehen.
Sie wohnt in Oberhubel. Tut uns leid!
Da kann man die Rekorde übersehen.
So war es einst. Heut sind wir auf der Hut!
Die Bärbel sprang sechs fünfzig, ungelogen!
Doch nicht ein einz'ger von uns fand das gut.
(Sie ist nach Mittelhubel weggezogen ...!)
Mit seiner Oper "Talisman"
Klopft Troll beim Herrn Verleger an.
Eins, zwei - am Flügel spielt er schon.
Herr Hunsing flüstert: "Oberon!"
Troll schweigt in süßen Harmonien,
Durchschwimmt ein Meer von Melodien,
Die Träne rinnt von Fall zu Fall.
Herr Hunsing nickt: "Ein Maskenball!"
Jetzt hört man Triller, lieblich, süß;
Man fühlt sich wie im Paradies,
So herrlich klingt's und angenehm.
Herr Hunsing schmunzelt: "La Bohème!"
Da plötzlich: Rhythmen voller Kraft!
Troll macht in wilder Leidenschaft,
Blickt um sich und sieht nichts als Spott;
Denn Hunsing lächelt: "Turandot!"
Troll gibt das Rennen noch nicht auf.
Die Tastenskala geht's hinauf,
Und es erklingt ein herrlich' Lied.
Herr Hunsing jauchzt: "Der Waffenschmied!"
Zum letzten Einsatz strebt der Troll.
Ein Leitmotiv, gar wundervoll,
Schallt rheingoldmäßig durchs Revier.
Herr Hunsing brüllt: "Nun reicht es mir!"
Troll klappt gehorsam sein Ragout,
Genannt "Der Talisman", still zu,
Rührt es daheim zu Schlagern an -
Und H. nimmt nicht mehr Anstoß dran.
Sie saß ganz keusch mit einem Buch
Im Park auf einer Bank.
Er hob ihr auf das Taschentuch,
Da sprach sie: "Vielen Dank!"
Er sagte: "'s wird bald Frühling sein."
Sie nestelte am Schuh.
Er blickte in ihr Buch hinein.
Da klappte sie es zu.
Er rückte sacht in ihre Näh'.
Sie wandte sich ihm ab.
Er fasste ihre Hand - doch jäh
Fühlt er ein Fäustchen. Klapp!
Jetzt wagte er den letzten Streich
Und sprach: "Ich liebe Sie!"
Sie sagte ihm: "Das ist mir gleich,
Ich selber liebe nie!"
Da stand er auf (nicht grade froh)
Und sprach, wie's oft der Brauch:
"Verzeihen Sie, ich tat nur so!"
"Ich auch, mein Herr, ich auch!"
Sie ist perplex. Von all den Herrn
(Es waren ziemlich über hundert)
Hat einer - so was hört man gern -
Tatsächlich ihr Kostüm bewundert!
"Was halten Sie von Annelie?"
Fragt ich 'nen Herrn mit Bangen;
Denn Annelie hielt irgendwie
Ein jedes Herz gefangen.
Jedoch der Herr war aufgebracht:
"Sie ist ein Ungeheuer!"
Fast hätte ich ihn ausgelacht.
Warum fing er kein Feuer?
"So seh'n Sie doch nur die Figur!"
Er winkte ab: "Fassade!"
"Ihr Blick verrät des Geistes Spur!"
Er gähnte: "Sie ist fade!"
Ich zeigte auf die andern Herrn
Im bunten Ballgewühle.
"Sie sehen: Jeder hat sie gern -
Sie sind der einz'ge Kühle!"
"Es tut mir leid", sprach er voll Hohn,
"Ich finde, diese Dame
Lässt außer Acht den guten Ton,
Und alles ist Reklame."
"Herr!" rief ich, und ich packt empört
Ihn fest an der Krawatte,
"Wer sind Sie? Es ist unerhört!"
Er lächelte: "Ihr Gatte!"
Moral: Nicht alles, was man preist,
Kommt prompt auf einen Nenner;
Gar oft steht - ohne, dass du's weißt -
Im Winkel still der Kenner!
"Wie Gertrud ihre Kinder lehrt" -
Dies Buch (man wagt es kaum zu sagen)
Hielt jüngst ein strenger Vater wert,
Dem Söhnchen um den Kopf zu schlagen.
Solch Strafgericht ein Lob zu weih'n,
Kann ich mich leider nicht bequemen.
Muss es denn Pestalozzi sein?
Er sollte lieber Klopstock nehmen.
Sie fragt bei Männern nie, was sie verdienen.
Ein Auto reizt sie nicht und kein Likör.
Sie ignoriert der Kavaliere Mienen.
Ihr ist der Chef so schnurz wie ein Schofför.
Sie macht sich nichts aus Schminke und Frisuren
Selbst Zigaretten lässt sie unberührt.
Unnötig sind bei ihr Erholungskuren.
Sie meidet alles, was zum Abgrund führt.
Nicht eine Nacht schlägt sie sich um die Ohren.
Wie eine Heil'ge lebt sie in der Welt.
Kein Mann hat sie bisher für sich erkoren.
Sie hat - o Wunder! - sich noch nie verstellt.
Ganz selten nur blickt sie in einen Spiegel.
Sie ist nicht prüde, aber auch nicht keck.
Für ihre Reinheit geb' ich Brief und Siegel.
Bei unanständ'gen Witzen hört sie weg.
Verschwiegen ist sie in geheimsten Dingen.
Was man von ihr berichtet, lässt sie kalt.
Kein Filmstar kann sie aus der Ruhe bringen.
Nur ist sie leider erst sechs Wochen alt...
Da traf ich jüngstens Lilli wieder.
Sie kam bedrückt aus einem Haus
Und blickte scheu zu Boden nieder.
Blass und verkümmert sah sie aus.
Ihr Kleid war ziemlich abgetragen,
Auch die Frisur war nicht mehr fein.
"Sie ist die Frau", so hört ich sagen,
"Vom Pianisten Wandelstein!"
Dann sah ich Olga. Welch Entzücken!
Die hatte sich herausgemacht:
Ein Persianer zum Berücken!
Und wie sie strahlt! Und wie sie lacht!
"Wie lebt sie nur auf solche Weise?"
Fragt' ich erstaunt den Nachbarn Klein
"Sie ist die Freundin", sprach er leise,
"Vom Pianisten Wandelstein."
Als die Natur in voller Blüte stand
Und rings die Welt im Sonnenglanze lachte,
Da wehte jene Wahrheit durch das Land,
Dass man im Einzelnen das Ganze achte;
Denn was nicht Form gewinnt im Weltgetriebe,
Bleibt unzugänglich jeder wahren Liebe.
Das Herz wird kalt, wenn es das Leben flieht,
Wenn es sich hängt an flücht'ge Traumgebilde -
Nein, wen Natur in ihre Arme zieht,
Gelangt in wahres, göttliches Gefilde.
Hier ist der Ort, wo sich das Höchste kündet,
Wo, was er sucht, der Strebende bald findet.
Dies ahnend, schritt ich durch die lichte Flur,
Vernahm mit offnem Sinn der Bäume Rauschen,
Verfolgte liebend mancher Tiere Spur,
Begann, dem muntern Lied des Bachs zu lauschen
Und als ich fest mich an die Erde schmiegte,
Da war's, als ob ein Einsgefühl uns wiegte.
"Leben", sprach ich, "sei gepriesen,
Kannst dich niemals mir entwinden.
In den Fluren, Wäldern, Wiesen
Werde ich dich wiederfinden,
Wenn du anderswo entschwunden;
Denn du wechselst nur die Farbe,
Bleibest selbst zu allen Stunden
Das im Grund Unwandelbare.
Darum dien ich dir mit Wonnen,
Bin ja selbst ein Teil des Lebens,
Das als Ganzes mich durchronnen,
Und ich diene nicht vergebens; -
Gibst du mir doch Kraft und Stärke,
Alles liebend zu verehren,
Zu erfüllen deine Werke,
Wirst mich auch die Wahrheit lehren."
Wahrheit? - ja, sie wollt ich schauen,
Spüren ihre Huld,
Wollte wandern durch die Auen,
Frei von jeder Schuld;
Denn das fühlt ich: Ohne Wahrheit
Strahlt kein Hoffnungslicht,
Nur am Geiste heller Klarheit
Sich das Böse bricht.
Und so zog ich manche Wege,
Kam zum Wiesenrand,
überschritt der Bäche Stege,
An der Bergeswand
Macht' ich halt und setzt mich nieder
- mit dem Blick zum Teich -,
Vögel sangen Jubellieder,
Und ich schätzt mich reich.
Sah beseelt in blaue Lüfte,
Barg das Haupt ins Gras,
Mich betäubten zarte Düfte,
Und mein Herz genas.
Leise schlossen sich die Augen,
Und mein ganzes Ich
Drang, das Weltall einzusaugen,
Wie das Weltall mich.
Da plötzlich - ich weiß nicht, wie lange ich lag -
Umspielte ein Hauch meine Sinne.
Es war, als verhülfe der blumige Hag
Mir diesmal zum größten Gewinne.
Ich sah, wie zwei Augen - so hell und so klar -
Aus lieblichem Angesicht blickten,
Die beide - ich ward es im Innern gewahr -
Viel Strahlen der Freude mir schickten.
Ein Mädchen - an Anmut und Schönheit so reich -
Stand vor mir, wie himmelentstammend.
Sie lachte mir zu und erfüllte sogleich
Mein Wesen, das Herz tief entflammend.
Ich sah ihr ins Antlitz, ich reicht ihr die Hand
Und wollte sie liebend umfangen -
Doch, halb nur geboren, die Regung entschwand -
Und wich einem heimlichen Bangen.
Mein Blick ward gebannt an die Augen der Maid,
Sie töteten jedes Begehren;
Es schien mir, als wollten sie jedweder Zeit
Das Wirken im Raume verwehren.
Der Glanz dieser Augen gab Frieden und Glück,
Ich blickte ins Inn're der Sterne:
Da sah ich die Wahrheit. Nicht konnt' ich zurück;
Nah war mir die weiteste Ferne.
Die Wahrheit - so oft und vergeblich erfleht -,
Sie lag in den Augen verborgen.
Wer tief in die Blicke der Holden gespäht,
Dem schwinden auf immer die Sorgen.
Es war eine Göttin, dies merkte ich bald, Und WAHRHEIT allein muss sie heißen. Wo immer ich bin, ob in Feld oder Wald,
Im Liede wird' stets ich sie preisen.
Die Wahrheit ist alt; doch worin sie sich spiegelt,
Das Auge, ist stets wieder jung.
Drum ist durch den Tod nicht ihr Schicksal besiegelt
Sie pendelt in ewigem Schwung.
Das Auge der Wahrheit blickt werbend auf alle;
Nur wer es erfasst, wird entzückt.
Es folgt dem Gesetz - wie in jeglichem Falle -,
Dass Gleiches nur Gleiches erblickt.
So will ich denn künden, was sich mir enthüllet,
Und lasse dem Lied seinen Lauf.
Von Herzen muss kommen, was Herzen erfüllet -
Darauf baut das Leben sich auf.
Im Leben liegt das Urprinzip der Welten,
Ein jeder Keim ist Ausdruck seiner Kraft.
Als ew‘ge Quelle muss das Leben gelten,
Das zeitlos aus sich selbst die Zeiten schafft.
Verborgen tief, durchdringt es alle Räume
Und bleibt dasselbe stets in Ewigkeit.
Der Tod ficht es nicht an, nicht Schlaf noch Träume -
Und siebenfach ist seine Wesenheit:
Das Dasein ist die Grundnatur der Wesen;
Dass etwas nicht sei, ist ein bloßer Schein.
Nichts wird in Zukunft, was nicht schon gewesen -
Der Schwerpunkt aller Dinge liegt im SEIN.
Dies Sein jedoch ist in sich selbst begründet,
Hat nicht allein im Bilde Andrer Wert.
Wer es im Innern seines Wesens findet,
Besitzt, was man nach außen stumm verehrt.
Im Dasein selbst entfaltet sich der WILLE.
Er treibt die Welt zum großen Umlauf an,
Eilt unaufhörlich, duldet keine Stille,
Schlingt, alles zu gewinnen, Weib an Mann.
Durch seine Freiheit wird die Welt gebunden,
Sie ächzt und ist im Grunde selbst sein Teil;
Und nur, wenn sie des Urgrunds Grund gefunden,
Führt äuß‘rer Zwang zu inn‘rer Freiheit Heil.
Nicht immer thront die Macht des blinden Willens;
Denn seine Herrschaft beugt sich vor der Kunst.
Was Ziel war allen Stillens und Erfüllens,
Löst durch die Kunst sich auf in Rauch und Dunst.
Und das Erkennen macht sich frei von Zwecken,
Die - erdgebunden - uns zur Tiefe zieh‘n.
Der Gattung neues Leben zu erwecken,
Vermag das SCHÖNE nur, zu dem wir flieh‘n.
Doch was die Kunst gewährt im Augenblicke,
Das liegt ein Leben lang für den bereit,
Der wahrhaft LIEBE hegt. Und diesem Glücke
Gleicht nicht Askese noch Gerechtigkeit.
Wer innig liebend sich dem All verbindet
Und selbst dem Feinde weiht sein eigen Herz,
Dem wird - indem er sich im andern findet -
Zur Freude stets der Selbstverleugnung Schmerz.
Und weil das Böse nur den Bösen schrecket,
Den Guten doch in Wahrheit nicht berührt,
So wird das GUTE immerfort erwecket
Da, wo es seine Herrschaft sicher führt.
Gut ist die Welt, sobald ein Wesen immer
Das Schlechte abzuhalten fähig ist.
Drum schöpfe neuen Mut: Es weichet nimmer
Des Guten Streben vor des Argen List.
Was nun das Gute lenkt auf rechtem Wege,
Das wird als WISSEN überall verehrt.
Erkenntnis ist das Licht am dunklen Stege,
Ohn‘ dessen Hilfe mancher Gang erschwert.
Was wär die Tugend ohne wahren Leiter? -
Ein Kind, das - gut gemeint - das Böse tut.
Nur dann führt uns der Weg zum Ziele weiter,
Wenn alles Tun im wahren Wissen ruht.
So offenbart das Leben seine Tiefen;
Sie zu ergründen, ist des Menschen Pflicht.
Denn alle, die im Finstern klagend riefen,
Gelangen durch das Streben nur zum Licht.
Geheiligt sei, wer sich dem Guten weihet! -
Das ist des Lebens ewig-junger Rat.
Frei heißt: Von Hoffnung und von Furcht befreiet
Unsterblich wird das Leben durch die TAT!
O Natur, in deinem Schoße
Quillt des Lebens heil'ger Bronnen.
Alles wird aus dir gewonnen.
Selbst im Kleinsten liegt das Große.
Hier und dorten regt sich Leben,
Strahlt im Glanze seiner Stärke,
Bildet sich zum ganzen Werke,
Will dem Sein ein Wesen geben.
Sein - so soll das Leben heißen;
Denn im Sein liegt Offenbarung.
Seiend zeigt uns die Erfahrung
Alles, was wir göttlich preisen.
Ohne Sein wär nichts vorhanden,
Selbst das eigne Wesen schwände,
Gleich am Anfang stünd' das Ende
Und die Welt hätt' nie bestanden.
Zwar, es wechselt die Erscheinung,
Spiegelt Werden und Vergehen,
Doch ein ewiges Bestehen
Kündet sich der wahren Meinung.
Aller Vielheit liegt zugrunde
Doch nur eines, und ein Wesen
Ist Erscheinung stets gewesen
Dessen, was erschien zur Stunde.
Wahres, ew'ges Sein hat keines
jener Dinge, die in Eile.
Die Erscheinung geht in Teile,
Das Erscheinende ist eines.
Drum, wenn auch der Wechsel mahnet
An Vergänglichkeit des Lebens,
Nicht ist das Gefühl vergebens,
welches Seiendes nur ahnet;
Denn im Sein allein liegt Wahrheit,
Es ist Urgrund aller Dinge.
Halt es fest, damit es bringe
Dir des Geistes helle Klarheit!
Nicht steht die Natur entgegen
Uns als Fremdes, unumwunden -
Nein, wir sind mit ihr verbunden,
Eng gepaart auf allen Wegen.
Fest und stark vom Sein durchdrungen
Sind die Dinge aller Welten,
Und was sie als Teile gelten,
Ist vom Ganzen ausbedungen.
Wer zutiefst das Selbst ergründet,
Allen äußern Schein verachtet
Und - wenn er nach Wahrheit trachtet -
Die Natur der Dinge findet,
Gleicht - sich selbst erkennend -
Jenen, die auf guten Boden säen
Und dafür entsprechend mähen;
Tat und Lohn sind niemals trennend.
Das Warum des Seins verhänget
Sich mit Schleiern alle Tage.
Doch das Was ist jene Frage,
Die mit Recht auf Antwort dränget.
Nicht auf das zielt unsre Meinung,
Nur die Wirkung stets zu finden,
Sondern fragend zu ergründen:
Was erscheint in der Erscheinung?
Schon im Seienden enthalten
Ist das Wesen, nicht geworden.
Es erstrebet allerorten,
Sich auf Dauer zu entfalten.
Und im Sein liegt die Bedingung
Jedes Lebens. Alle Worte
Gehen durch des Daseins Pforte,
Sind des Urseins Wiederbringung.
Darum lehret die Erfahrung:
Was Natur an Kräften spendet,
Was sie in die Welten sendet,
Gibt dem Seienden die Nahrung.
Und so gehet alles wieder
An den Ort, woher es kommen.
Was kann solch ein Wechsel frommen,
Der in ew'gem Auf und Nieder
Nur dem Kreis gleicht? Jede Wende
Zeugt von ungebroch'nem Leben,
Welchem nur ein Sein gegeben
Ohne Anfang, ohne Ende.
So, im Sein, verharrt das Ganze,
Kann sich nicht von ihm befreien;
Denn dann müsst es sich entzweien
Mit sich selbst und allem Glanze,
Der des Lebens Bild gestaltet.
Grundstock aller Möglichkeiten,
Aller Orte, aller Zeiten,
Ist das Sein - es ist und waltet.
Innerlich drängend,
Vorwärts sich zwängend,
Unheil verhängend,
Treibt er zum Licht.
Stets zu gewinnen,
Eilt er von hinnen;
Ruh'ges Besinnen
Duldet er nicht.
Ewiges Leben
Nur zu erstreben,
Alles zu geben,
Ist er bedacht.
Brennende Schmerzen
Flammen im Herzen,
Leuchten als Kerzen
Ihm in der Nacht.
Schrecken und Bangen
Zu ihm gelangen,
Wildes Verlangen
Glüht in ihm auf.
Freuden und Wonnen,
Heiterer Sonnen
Spiegel im Bronnen
Führt ihn hinauf
Zu jenen Höhen,
Wo im Geschehen
Ganz fest zu stehen,
Glückvoll er glaubt.
Und er geht heiter
Des Lebens Leiter
Schritt für Schritt weiter,
Hungert und raubt.
Eitel Begehren
Lässt ihn verwehren
Alle die Ehren,
Die ihm bestimmt.
Rastloses Hoffen,
Das ihn betroffen,
Opfert ihm offen,
Was er sich nimmt.
Hohl ist sein Wähnen,
Hart sind die Tränen,
Spottendes Gähnen
Ist all sein Lohn.
Er will im Lande
Trennen die Bande,
Trifft nur auf Schande,
Erntet nur Hohn.
Sich zu erhalten
Alle Gestalten,
Endlos zu walten,
Müht er sich ab.
Und auch im Ganzen
Sich fortzupflanzen,
Stürzt ihn die Schanzen
Tiefer hinab.
Auf jedem Gange
Sieht er im Drange
Seine Belange,
Sonst weiter nichts.
Ans Ich gebunden,
Zu allen Stunden
Will er verwunden
Kinder des Lichts.
In allen Steinen,
In Pflanzenhainen,
In Tiergebeinen
Regt sich sein Trieb.
Und Menschen kennen
Nur sein Entbrennen,
Blindlings sie rennen
Ins ew'ge Sieb;
Denn alle Schwere
Trifft einst ins Leere,
Endlos im Meere
Treibt jeder Kahn.
Der Heimat Linden
Können nur finden,
Die sich entbinden
Von allem Wahn.
Was aus dem Herzen
Quillet durch Scherzen,
Endet in Schmerzen,
Leiden und Tod.
Doch wer den Willen
Vermag zu stillen,
Wird so erfüllen
Höchstes Gebot.
Machtgier zu wenden,
Raublust zu enden,
Frieden zu senden,
Sei unser Ziel.
Heiß zu erstreben
Anderer Leben,
Des Willens Beben
Wird dann zum Spiel.
Hat der Wille sich auf Zeit gewendet,
Folgt der Mensch nicht nur der eignen Spur,
Schaut das Auge - in die Welt gesendet -
Offner, freier, freud'ger die Natur.
Und die Vielzahl aller Kräfte spendet
Neues Leben der gewohnten Flur.
Wahre Schönheit in der Welt betrachtet,
Wer die Eigenheit der Dinge achtet.
Formend - wie geheimer Mächte Walten -
Legt die Kunst ein jedes Wesen dar,
Wandelt gleichsam der Natur Gestalten
Zu beseelten Bildern, rein und klar.
Nie kann drum der Weltenbau veralten;
Denn die Kunst verjüngt mit jedem Jahr.
Was sich sonst als blinder Trieb bekundet,
Sich zum einheitlichen Ganzen rundet.
Echte Schönheit lässt die Welt erscheinen
Als ein Kunstwerk, froh und farbenreich.
Macht und Würde glückhaft zu vereinen,
Ist die Kunst bestrebt in ihrem Reich,
Offenbart sich in geringsten Steinen,
Formt das Denken, macht die Herzen weich.
Und den Lohn von ihr empfangen haben
Alle Menschen, die sich ihr ergaben.
Der Materie gestaltend Wesen,
In der Baukunst tritt es klar hervor.
Aus ihr lässt sich die Naturkraft lesen,
Welche in der Schwere sich verlor
Und die dann der Stütze Last gewesen,
Sich mit ihr vereint zum großen Chor.
Dieses Ringen starker Urgewalten
Weiß die Kunst zum Schönen zu gestalten.
Der Skulptur gelingt die Offenbarung
Aller Arten, die organisch sind,
Und vorzüglich menschliche Erfahrung
Reiht sie ein ins große Labyrinth,
Nimmt des Menschen Körper in Verwahrung,
Bildet Mann und Weib, den Greis, das Kind.
Und die unumhüllt die Kunst erwecken,
Der Verehrung Schleier wird sie decken.
Von dem Körper mehr zum Antlitz neiget
Sich die lichte Kunst der Malerei.
Durch genaue Linienführung zeiget
Sie das Wesen des Charakters treu.
Und durch Farbentöne endlich steiget
Der Effekt zu süßer Melodei.
Was im Raum als Schönheit ward empfunden.
Auf die Fläche ist es festgebunden.
Doch des Lebens stetes Auf und Nieder
Hüllt die Poesie in Worte ein.
Freund- und leidvoll künden ihre Lieder
Von dem Schicksal, welches Groß und Klein
Ohne Wahl trifft. Deutlich immer wieder
Mahnt die Dichtung zum Ergebensein.
Und der Sprache Kraft durchdringt die Seelen
Dass sie nicht den Weg des Lichts verfehlen.
Ohne alle räumlichen Gebilde
Spiegelt die Musik des Willens Kraft,
Was sie in der Melodie Gefilde
Durch der Rhythmen zeitlich Streben schafft.
Ja, sie deckt mit klangbewehrtem Schilde
Alles zu, wo eine Lücke klafft.
Und die Töne der Musik gewähren
Eine wahre Symphonie der Sphären.
Der Verweichlichung des Sinns entgegen
Tritt die Turnkunst, die den Körper stählt.
Nur wo sich gesunde Kräfte regen,
Wird ein Geist, der Schönem gleicht, erwählt.
Und wenn sich die Glieder frei bewegen,
Wird das Ich von Sorgen nicht gequält.
Die Gymnastik schafft dem Geiste Klarheit,
Stärkt das Leben neu und dient der Wahrheit.
Diese Wahrheit in Vernunft zu kleiden,
Ist Philosophie mit Fleiß bemüht.
Ungeachtet aller Not und Leiden,
wird sie nur vom Forschungstrieb durchglüht.
Da, wo sich mit Lust die Augen weiden,
Unbekümmert die Natur erblüht,
Sucht sie ihre Rätsel nur zu lösen,
Um das Gut zu trennen von dem Bösen.
So gestalten sich die Künste alle
Zu der Schönheit Reigen immerfort.
Wo sie auch besteh'n, in jedem Falle
Finden sie ein Offenbarungswort;
Denn den Schlüssel zu der Schönheit Halle
Hält die Kunst an ihrem heil'gen Ort.
Wer vermag, ihr diesen zu entwinden,
Wird das Schöne alles Lebens finden.
Zu neuem Daseinsglück erwacht,
Wer in des Schicksals Stunden,
In welchen keine Freude lacht,
Des Mitleids Gabe dargebracht,
Den Nächsten zu gesunden.
Wie arm ist doch des Menschen Herz
Das nur für sich erbebet;
Denn nicht im Spiele oder Scherz,
Nein, im Gefühl für fremden Schmerz
Wird jede Brust belebet.
Das All ist brüderlich vereint
Durch Willen, Kraft und Liebe.
Und wie die Sonne schützend scheint
Auf alles, was im Glanz sich eint,
So wecken alle Triebe
Belebend neue Wunderkraft
Und heilen alte Wunden.
Was keine Macht durch Stärke schafft,
Was sonst die Wesen hingerafft,
Wird liebend nur gebunden.
Im Grunde ist ein jedes Ding
Mit uns verwandt, verschwistert.
Und sei es noch so klein, gering,
Selbst wenn es auch am Ärgsten hing,
Es blickt uns an und flüstert:
"O zürne nicht der bösen Tat -
Wie leicht kann's dir geschehen,
Dass du vergisst der Weisheit Rat
Und wandelst dann von früh bis spat
Auf Pfaden, die zu gehen
Du mir zum bitter'n Vorwurf machst.
Bedenke, dass am Ende,
Was du zum Feuer hier entfachst.
Dem strafend du entgegenlachst,
Auch dich einst treffen könnte."
Denn was im Wesen Arges liegt,
Ist aller Welt zu eigen.
Nichts frommt, wer fremde Schulden wiegt
Nur wer sich vollends selbst besiegt,
Kann edle Wege zeigen.
Doch nicht allein dem Freundesbund,
Mit liebendem Gebaren
Geb sich der Mensch auch Feinden kund,
Er wende ab zu jeder Stund'
Von ihnen die Gefahren.
Das ist ja grad der tiefste Sinn
Der Lehre von der Treue:
Dass Lieb nicht fragt Woher, Wohin,
Dass sie nicht buhlet um Gewinn,
Sich stets bewährt aufs Neue.
Die Liebe macht aus allem eins,
Zerbricht der Vielheit Schranken,
Entführt uns aus der Welt des Scheins
In das Gefild' des wahren Seins,
Wo nichts vermag zu wanken.
Es gleicht ein Wesen, welches nicht
Der Liebe Huld erkennet,
Der Blume, die am Morgen bricht
Und die der gold'nen Sonne Licht
Nicht mehr ihr Eigen nennet.
Sich selbst vergessend, liebevoll
Das Weltenall umschlingend,
So stehet - fern von jedem Groll -
Der Weise, wie es jeder soll,
Den heil'gen Frieden bringend.
Es birgt die Liebe Trost und Glück,
Sie spendet Kraft den Seelen;
Der Hass hingegen wirft zurück
Die Bahn des Menschen Stück für Stück
Und lässt das Ziel verfehlen.
Und sieht der Mensch in größter Qual
Sich dem Geschick verfallen,
Dann bleibet ihm als letzte Wahl
Der Eintritt in den lichten Saal,
Wo Liebe winket allen.
Denn diese ist in Wirklichkeit
Wie ein Geschenk von oben:
Der Erde Pracht und Herrlichkeit
Kann sich an wahrer Seligkeit
Der Liebe nicht erproben.
Zwar weist ihr irdisch Schattenbild
Oft andre trübe Wege,
Doch hält das Urlicht freundlich-mild
Auf jedes Ding sein schützend' Schild
Und leuchtet ihm die Stege.
Dies Urlicht - Liebe hier genannt -
Verleiht den Körpern Leben.
Ein Wesen - heiß von ihm entbrannt -
Wird Freuden atmen, ungekannt,
Und andern Leben geben.
Seit Urbeginn ist ein Gesetz in Kraft,
Das guten Wesen immer Gutes schafft;
Denn wer mit Gutem sich verschmelzen kann,
Den ficht zu keiner Zeit das Böse an.
Vor Güte fallt jedwede Schlechtigkeit,
Zunichte wird hier jeder Widerstreit.
Wer über einen Guten Böses spricht,
Mag er es ruhig tun - es trifft ihn nicht.
Und wenn das Schicksal ihn zu Boden reißt,
Er nimmt es freudig hin mit klarem Geist.
Selbst wenn der Schmerz ihn mit Gewalt befällt,
Vertraut er auf das Urgesetz der Welt,
Wonach nur der mit Leiden jammernd ringt,
Der um Glückseligkeit die Arme schlingt.
Doch wer nicht hascht nach selbstischem Genuss
Und von sich weist der Dinge Überfluss,
Dem wird - weil nichts mehr seinen Willen bricht -
Der Schmerz zur Lehre nur, die Nacht zum Licht.
Dies Grundgesetz, was die Natur durchwallt
Und alles Leben leitet, widerhallt
Jedoch nur in den Herzen, welche schon
Das Gute tun, nicht kennend ihren Lohn.
Denn wenn sie nur mit klugem Vorbedacht
Die Pflicht erfüllen, bleibt es weiter Nacht.
Nicht Hoffnung darf des Handelns Leiter sein,
Die Pflicht als solche führt die Tugend ein.
Und was als Grund des Handelns schändlich ist,
Das tritt als Folge ein in kurzer Frist.
Selbstloses Tun wird von der Qual befreit,
Hier ist der Boden der Gerechtigkeit.
Denn was dem Guten Übles mag gescheh'n,
Ins Auge eines Dulders wird es sehn,
Das - weil es nicht mit Gier ins Weltall blickt -
Nur Strahlen inn'rer Weihe von sich schickt.
Auf alles sieht der Gute freudig drein
Und hüllt sich in den Schutz der Wahrheit ein;
Denn alle Wahrheit das Gesetz durchmisst,
Dass Gutes ewig unverletzlich ist.
Gerechtigkeit und Wahrheit Hand in Hand
Verknüpfen sich zu einen festen Band.
Drum, wer der Wahrheit treulich dienen will,
Der weihe sich dem Dienst des Guten still.
Das Gute ist des Lebens Unterpfand
Und zwingt die Welt in sittlichen Bestand.
Das Sein als aller Dinge Sichtbarkeit
Birgt die Moral in sich als Wesenheit;
Und wo das Gute sich zur Macht erhebt,
Da wird das Leben neuerlich belebt.
Ein jedes Tun, das aus dem Mitleid quillt.
Das andern nur zu helfen ist gewillt,
Das nicht das eigne Wohl am höchsten schätzt,
Das fremde Interessen nicht verletzt,
Das aus der Nächstenliebe heiß entspringt,
Das andern Wesen Glück und Freude bringt -
Ein solches Tun heißt gut zu jeder Zeit;
Und überall wird, wer sich diesem weiht,
Mit wahrem Recht ein Guter stets genannt,
Ganz gleich in welcher Zeit und welchem Land.
Drum gilt hier nicht, was sonst berechtigt scheint,
Dass nichts sich fest zum Absoluten eint;
Denn die Moral ist gleich in jedem Stück,
Sie bindet fest, von ihr gibt's kein Zurück.
Vergänglich ist der Dinge äuß'rer Schein,
Doch ihre Wesenheit muss ewig sein.
Und weil das Wesen fest im Guten liegt,
So wird durch Gutes jeder Schein besiegt.
Der Schein ist Schale, trüber Wolkenflor,
Doch im Gewissen tritt der Kern hervor
Wie eine Sonne - strahlend, hell und klar -
Und treibt hinweg der Wolken dunkle Schar.
Es deckt das Leben seine Tiefen auf,
Befruchtet neu den alten Weltenlauf
Und in der Mitte dieses Strebens steht
Das Gute fest, vom Schöpferhauch umweht,
Der nicht von außen her die Welten schafft,
Vielmehr im Innern liegt als eigne Kraft.
Das Gute ist der Ausdruck wahren Seins,
Versenkt in alle Dinge, bleibt es eins,
Die Zeiten füllend, ist es ewig da
Und unberührt von allem, was geschah.
Wer auf das Gute richtet sein Vertrau'n,
Der wird in hellem Glanz die Wahrheit schau'n,
Weil wahr nur jenes ist, was nicht vergeht
Und überall und immer gleich besteht.
In voller Pracht sich dem das Gute zeigt,
Dess' Wille sich ihm treulich zugeneigt,