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Portugal schmiegt sich lang gezogen zwischen Atlantik und spanisches Festland. Von Nord nach Süd durchfahren Sie dabei über 550 Kilometer. Was es entlang dieser Strecke zwischen Küste und Inland an wilder Schönheit zu entdecken gibt, verrät Ihnen unser Reiseguide. Folgen Sie ihm vom verträumten Douro-Tal über die Monsterwellen von Nazaré bis zur wilden Praia da Falésia. Abstecher auf die Azoren und auf die Blumeninsel Madeira inklusive.
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Seitenzahl: 205
Die schönsten Naturerlebnissefernab des Trubels
Andreas Drouve
ÜBERSICHTSKARTE
EIN TRAUMLAND FÜR NATURFANS
WILLKOMMEN IN PORTUGAL
UNSER NACHHALTIGKEITSKODEX
SÜDPORTUGAL
1Parque Natural da Ria Formosa / Bootstrip durch die Wasserstraßen
2Via Algarviana / Fernwandern durch den Dorf-Alltag
3Ilha da Culatra / Reif für die Insel
4Algarve / Birdwatching
Tag für Tag / Die perfekte Woche
5Percurso dos Sete Vales Suspensos / Trail über die Klippen
6Praia de Albandeira / Wilder kleiner Strandzwerg
7Alvor / Strand und Holzwege
8Der Grenzfluss / Am Rio Guadiana
9Praia da Falésia / Beach Walking
10Quinta de Marim / Ein lehrreicher Naturpfad
11Fallschirmsprung / Der Alentejo von oben
12Alqueva / Der See, der den Guadiana aufstaut
SÜDWESTPORTUGAL
13Parque Natural Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina / Über 100 Kilometer Küste
14Rota Vicentina / Der Fischerpfad
15Fernwandertrail ab Santiago do Cacém / Der »Historische Weg«
16Praia da Bordeira und Praia do Amado / Wilde Traumstrände
17Natur in der Hauptstadt / Lissabons grüne Seiten
Portugals Tierwelt / Unter Flamingos, Delfinen und Luchsen
18Panoramaspots / Lissabons beste Aussichten
19Parque Natural de Sintra-Cascais / Gebirge, Meer und wildes Kap
ZENTRALPORTUGAL
20Nazaré / Die Monsterwellen
21Almourol / Eine Flussinsel, eine Burg
22Grotten bei Fátima / Grutas da Moeda
Drei Seherkinder und Pilgermillionen / Das Wallfahrtsziel Fátima
23Pegadas de Dinossáurios / Die Spuren der Dinos
24In der Unterwelt / Grotten Mira de Aire
25Parque Natural da Serra de São Mamede / Naturpark mit Dörfern
26Quinta das Lágrimas / Oase in Coimbra
27Cabo Carvoeiro / Kap mit Rabenschiff
28Reserva Natural das Berlengas / Insel Berlenga
29Serra da Estrela / Das »Sterngebirge«
NORDPORTUGAL
30Beach Hopping / Strand auf Strand
31Bootstour in Porto / Auf dem Douro
32Parque Nacional Peneda-Gerês / Raue Berge, botanische Vielfalt
33Parque Arqueológico do Vale do Côa / Felsbilder aus der Altsteinzeit
34Die Schlucht des Rio Paiva / Thrill-Effekte in der Natur
Im Reich des Portweins / Gehaltvolle Tropfen
35Citânia de Briteiros / Bergsiedlung der Antike
36Parque Natural de Montesinho / Ländliche Idylle
DIE INSELWELTEN
37Die Blumeninsel der Azoren / Idyllisches Flores
38Whale Watching auf den Azoren / Da bläst er!
39Azoren-Insel São Miguel / Wo die Erde kocht
40Azoren-Insel Faial / Der Kratertrail
41Capelinhos / Faials neuer Vulkan
42Azoren-Insel Pico / Mehr als nur der Vulkangigant
43Azoren-Insel Terceira / Das wilde Naturerbe
44Azoren-Insel Graciosa / Im Reich der Ruhe
45Weltnaturerbe / Madeiras Lorbeerwälder
46Madeira im Farbrausch / Wildromantik in Monte
47Madeiras kleiner Garten Eden / Fajã dos Padres
Meine Top-Ten-Reiseziele in Portugal
48Felsenfinger und Meerwasserpools / Madeiras wilder Nordsaum
49Künstliche Kanäle auf Madeira / Levada-Wandern
50Madeiras Nachbarinsel Porto Santo / Die kleine Unbekannte
REGISTER
BILDNACHWEIS
IMPRESSUM
Licht und Stimmung bei Sonnenaufgang am Atlantik der Felsalgarve bei Albufeira
Von links nach rechts: Glückliche Kühe im wilden Portugal; ein Weingut im Douro-Gebiet; Maria auf einem Kachelbild in Guimarães; vulkanische Säulenstrukturen auf dem Inselchen Porto Santo; gepflasterter Weg in Alpedrinha am Fuß der Serra da Estrela
Hier, im Landstrich Covão d’Ametade in der Serra da Estrela, fühlt man sich vom Wasser und Grün regelrecht verzaubert.
Von links nach rechts: Der Lagoa do Canário (São Miguel); portugiesische Vorspeisen mit Käse und Oliven; wiederhergestellte Häuschen in Santana auf Madeira; blühende Hortensien auf der Insel São Miguel; Storchennest an der Costa Vicentina bei Zambujeira do Mar
Die Burg ist das Wahrzeichen des Städtchens Santiago do Cacem.
Sagenhafte Strände. Klippen. Kühle Gebirgsluft. Wandertouren, Bootsausflüge. Schutzgebiete zwischen der Algarve im Süden und dem hohen Norden, den der Grenzfluss Minho absteckt.Für Naturfans ist Portugal ein Land der 1001 Möglichkeiten und mehr.Zugaben sind die Inselwelten von Madeira und den Azoren.
Blick bei Sonnenuntergang über Rebgärten oberhalb vom Douro
Um einen Wolf zu erspähen, muss man wahnsinniges Glück haben.
Das warme Wasser tut einfach gut: Bad in der Caldeira Velha auf der Azoren-Insel São Miguel.
Wir sehen ein Land vor uns, von der Natur reich gesegnet durch Schönheit, Abwechslung und Bodenreichtum, bewohnt von einem Volke, welches in Charakter und Körperkraft und in seinen gemütlichen Seiten die Elemente zu einem blühenden und glücklichen bietet«, schrieb Julius Freiherr von Minutoli im Stil jener Jahre in seinem Buch Portugal und seine Colonien im Jahr 1854. Zeitlos geblieben sind die genannte Schönheit, die Abwechslung, die freundlichen Menschen. Heutzutage gibt es viele gute Gründe für eine Reise nach Portugal. Citytrips nach Lissabon und Porto. Ein Urlaub an der Algarve. Die Atlantikstrände an der Westseite. Das reiche Kulturerbe aus Schlössern, Burgen, Klöstern, Palästen. Eine Wallfahrt nach Fátima. Entdeckungen des unbekannteren Hinterlands im Osten und Norden an der Grenze zu Spanien. Überall gerät man in Kontakt zur Natur, selbst in den Metropolen. Die Hauptstadt Lissabon wird vom Tejo, Porto vom Douro geprägt.
Auf knapp 90 000 Quadratkilometern, was in etwa der Fläche von Bayern und Hessen zusammen entspricht, bündelt Portugal eine unglaubliche Vielfalt. Geografisch reicht die Fülle von 832 Kilometern Küste bis zum annähernd 2000 Meter hohen »Sterngebirge«, der Serra da Estrela. Abseits von Kontinentaleuropa kommen die Inselwelten Madeiras und der Azoren hinzu.
Am Festland wechseln sich Flusstäler und Fischerorte mit Menhiren und historischen Städten ab, mit Weingärten und Naturparks. Am Atlantik setzt Portugal ganz unterschiedliche Küstengesichter auf. Auf der Suche nach Strandparadiesen reicht alleine an der Algarve die Auswahl von schier endlosen Sandweiten über romantische Badebuchten bis hin zu rauen Surferrevieren. Brandende Wellen, schneidende Winde, messerscharfe Klippen – die Urgewalt der Natur beherrscht das Kap São Vicente im äußersten Westen der Algarve sowie das Cabo da Roca, das hinter Cascais den südwestlichsten Punkt Kontinentaleuropas markiert. Entdeckungen sind die Strände im Norden wert, die abseits des Mainstreams liegen: Esposende und Ofir, São Jacinto mit seinen Dünen, die Praia de Mira, die Praia Forte Paçô und die Praia de Afife zwischen Viana de Castelo und der Atlantikmündung des Minho. Im mittelportugiesischen Peniche sind die Felsformationen um das Kap Carvoeiro ein Plus zu den Stränden, in Nazaré türmen sich vor der Küste die weltberühmten Monsterwellen in vergleichbaren Höhen von Wohnhäusern auf.
Dem Trend zur Natur entspricht der Tourismus auf dem Land, Turismo Rural, mit abgeschiedenen Unterkünften, umgeben von Oliven, Orangen, Johannisbrotbäumen. Kein Motorenlärm trübt die Stille. Die Blicke schweifen über einsame Hügel. Wer ein unbekannteres Portugal erleben will und eine Anfahrt zuweilen über Rumpelpisten nicht scheut, fühlt sich dort bestens aufgehoben.
Portugal lässt sich zu Lande, zu Wasser und aus der Luft erkunden. Will heißen: auf Wanderwegen, bei Bootstouren oder gar einem Fallschirmsprung. Dieses Buch erhebt den Anspruch, für Fans von »Wild Places« eine möglichst breite Palette an Ideen und Inspirationen abzudecken.
Landschaft mit Wasserbecken im Nationalpark Peneda-Gerês
In Portugal magnetisieren 1000 Shades of Green und eine Flut aus Stränden, Wäldern, kristallklaren Gebirgsbächen.Nachfolgend ein paar wichtige Fakten zum Land.
Das kontinentale Portugal nimmt 88 889 Quadratkilometer ein und wird von etwa 10,3 Millionen Menschen bewohnt. Dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von 115 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die meisten Menschen leben in den Ballungsräumen Lissabon und Porto. Hinzu kommen die Außenbesitzungen der Azoren (2346 Quadratkilometer, 236 000 Einwohner) und der Region Madeira (801 Quadratkilometer, 260 000 Einwohner). Die Mentalität der Bewohner wird oft mit der saudade verbunden, was »Sehnsucht« bedeutet oder, anders ausgedrückt, »Melancholie«. Allerdings bewegt man sich hier auf dem weiten Feld zwischen Wirklichkeit und Klischees, denn die Menschen können ebenso unbeschwert fröhlich sein.
Auf dem Festland erreicht die Serra da Estrela mit 1993 Metern die maximale Höhe, doch Portugals höchster Berg befindet sich auf den Azoren: der Vulkan Pico, der auf der gleichnamigen Insel 2351 Meter hoch aufsteigt.
… ist in Luftlinie die Entfernung zwischen der Algarve-Küste im Süden und dem hohen Norden. Die maximale Breite des Landes beträgt 218 Kilometer, die Küstenlänge 832 Kilometer. Zwischen den beiden größten Städten, Lissabon und Porto, liegen etwa 320 Kilometer. Unterwegs ist man in Portugal im eigenen Fahrzeug – Wohnmobile und Wohnwagen sind verbreitet – oder im Leihwagen. Oder man setzt sich in Busse und Bahnen.
Die Korkeiche wird als Nationalsymbol verehrt und spielt in der Wirtschaft eine große Rolle. Sie liefert natürlichen Nachschub für Flaschenkorken und Dämmmaterial, aber auch für Korkleder und orthopädische Schuheinlagen. Alle neun Jahre werden die unteren Teile von Korkeichen abgeschält.
Portugal und Spanien sind sich so nah und nicht immer grün – doch man muss miteinander auskommen. Der Grenzverlauf zu Spanien erstreckt sich über 1215 Kilometer. Teile der Grenzen sind auf natürliche Weise von Flüssen abgesteckt, etwa dem Guadiana im tiefen Südosten und dem Minho im Norden.
Es war der 25. April 1974, als ein Staatsstreich dem faschistischen Regime ein Ende setzte. Die unblutige »Nelkenrevolution« – so genannt, weil man Soldaten Nelken in die Gewehrläufe steckte – bereitete den Urgrund für Portugals moderne Demokratie. Blumen gegen die Tyrannei, davon kann man bis heute etwas lernen.
Die UNESCO hat 17 Spots in Portugal als Weltkulturerbe geadelt. In dieser Reihe stehen unter anderem das Kloster der Christusritter in Tomar, die Kulturlandschaft von Sintra mit ihren Palästen sowie die Universität von Coimbra. Bei der Natur ist der Lorbeerwald auf Madeira herausgestellt worden.
… ist kein fangfrischer und stammt auch nicht von Portugals Küsten. Doch Stockfisch (bacalhau), also luftgetrockneter Fisch, vor allem vom Kabeljau, ist der Klassiker in Portugals Küche.
Douro und Tejo drücken Portugal den Stempel auf. Als spanischer »Duero« entspringt der Douro im Iberischen Randgebirge und windet sich auf seiner 850 Kilometer langen Reise durch das nordportugiesische Bergland, bildet zwischendurch Stauseen und ist im Unterlauf schiffbar. Der obere Douro ist von Weingärten gesäumt; bei Porto mündet er ins Meer. Auch der Tejo hat seine Quelle in Spanien und heißt dort »Tajo«. Im portugiesischen Inland schiebt er sich durch fruchtbare grüne Weiten und formt bei Lissabon einen breiten Mündungstrichter.
Über Stock und Stein und durch Farne – Wandern in der Serra da Estrela, dem »Sterngebirge«.
Die Welt birgt viele Wunder, Abenteuer und spektakuläre Aussichten, die wir gerne erkunden möchten. Doch sie ist auch leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Hier ein paar Tipps, wie wir unsere Welt nachhaltig entdecken können:
Die Hauptsaison meiden: Wenn wir nicht gerade auf die Ferienzeiten angewiesen sind, können wir der Umwelt einen großen Gefallen tun, indem wir in der Nebensaison verreisen. Damit tragen wir zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Umwelt und der Infrastruktur bei, und der Urlaub wird dazu auch noch wesentlich entspannter.
Die Aufenthaltsdauer dem Reiseziel anpassen: Je weiter das Reiseziel ist, desto länger sollte der Aufenthalt sein. Dadurch lernen wir die Region nicht nur intensiver kennen, sondern stärken sie ganz nebenbei noch durch unsere Ausgaben vor Ort. Anfahrtsintensive Tagesausflüge sollten besser vermieden werden, das bedeutet nur Stress, sowohl für die Umwelt als auch für uns selbst.
Auf umweltschonende Verkehrsmittel setzen: Wo es möglich ist, reisen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Das reduziert nicht nur die Luftverschmutzung, sondern schont auch unsere Nerven. Falls das nicht geht, helfen verschiedenste Plattformen dabei, den CO2-Austoß aus -zugleichen, vor allem, wenn das gewünschte Reiseziel nur mit dem Flugzeug zu erreichen ist.
Nur dort parken und campen, wo es erlaubt ist: Selbst, wenn wir uns noch so vorbildlich verhalten und unseren Aufenthaltsort so hinterlassen, wie wir ihn vorgefunden haben, stören wir den Lebensraum von Wildtieren und hinterlassen Spuren und Gerüche. Auch Lagerfeuer entzünden wir ausschließlich an den dafür vorgesehenen Stellen und achten dabei auf Waldbrandstufen und Naturschutzgebiete.
Ressourcen gewissenhaft nutzen: Manche Umweltressourcen sind bereits knapp, endlich sind auf jeden Fall alle. Um sie zu schonen, sollten wir sparsam mit ihnen umgehen, gerade in Gegenden, in denen zum Beispiel Wasser oder Strom nicht im Überfluss vorhanden sind.
Ein guter Gast sein: Nachhaltig unsere Umgebung zu erkunden bedeutet auch, der hiesigen Flora und Fauna mit Respekt zu begegnen. Pflanzen sollten auf keinen Fall gepflückt werden, aber sie stehen uns bestimmt gerne Modell für das eine oder andere Foto. Das gleiche gilt für wilde Tiere: Wir füttern sie nicht, halten Abstand und beobachten sie aus der Ferne.
Auf den Wegen bleiben: Wer die vorgegebenen Wege verlässt, dringt nicht nur in die Rückzugsräume heimischer Arten ein, sondern trägt auch dazu bei, dass sich neue Wege bilden, was zur Erosion des Bodens führt.
Abfall wieder mitnehmen: Plastikverpackungen jeglicher Art, Dosen, Flaschen und Papiertaschentücher (es dauert Jahre, bis sich ein einzelnes Taschentuch vollständig abgebaut hat!) gehören nicht in die Natur, sondern artgerecht entsorgt. Am besten gleich eine wiederverwendbare Brotdose oder Trinkflasche mitnehmen. Dazu zählen natürlich auch Toilettenpapier und der Inhalt von (Chemie-)Toiletten. Entsprechende Entsorgungsstationen finden sich überall.
Lokal kaufen: Dadurch lernen wir Land und Leute besser kennen und unterstützen die regionale Wirtschaft, außerdem sind regionale Produkte meist auch preisgünstiger und qualitativ hochwertiger.
So wie wir die Umwelt respektieren, wollen wir auch unseren Mitmenschen und deren Kultur Respekt entgegenbringen, gerade im Hinblick auf deren Traditionen, Religion oder typische Gebräuche.So können ein Lächeln oder ein paar Worte in der Landessprache Berge versetzen!
Inseln, Naturparks, Berge – der Süden ist mehr als die Urlaubsregion Algarve.
Spektakuläre Natur an der Algarve: Felsentore an der Praia dos Três Irmaos
Der Parque Natural da Ria Formosa drückt der Mittel- und Ostalgarve den Stempel faszinierender Naturwelten auf. Der Naturpark ist ein Mosaik aus Lagunen, Inseln, Sümpfen, Sandbänken, Rückzugsgebieten für Vögel, Kanälen. Bei einem Bootstrip durch die natürlichen Wasserstraßen fühlt man sich weit entrückt.
Im Parque Natural da Ria Formosa wartet die Natur auf Entdecker – hier eine Lagune bei Faro.
Glasklares Licht hängt über dem Hafen von Faro. Die Spiegelbilder von Moby Dick und Rita und anderen Schiffchen stehen im Becken. Dann geht es los auf einem einstigen Boot der Makrelenfischer, das der Veranstalter für Ausflüge hergerichtet hat. Der Motor surrt. Die Eisenbahnbrücke legt sich nah über die Köpfe. Dahinter öffnen sich weite Wasserflächen – willkommen im Naturparadies des Parque Natural da Ria Formosa.
Der Naturpark Ria Formosa nimmt knapp 18 000 Hektar ein, zieht sich in Ostwestrichtung etwa 60 Kilometer breit auseinander und umfasst verschiedenste Ökosysteme. Das Schutzgebiet schließt bewohnte und unbewohnte Inseln ein, Sandbänke, Salzmarschen, Sümpfe, Lagunen und wahre Labyrinthe aus Kanälen, die wir nun durchpflügen.
In der Ferne steigen Verladekräne und Faros blendend weiße Häuserkulissen auf. Jets schweben auf den Airport zu. Die Zivilisation ist nah und doch irgendwie fern – auf den Wasserstraßen fühlt man sich von allem entrückt. Wirtschaftlich genutzt wird das Gebiet durch die Muschelzucht; im Wasser sind die Muschelzuchtgärten der Fischer deutlich mit Holzpflöcken abgegrenzt.
An Bord ist Meeresbiologin Ricarda, die die Ökosysteme und die Tierarten der Ria Formosa erläutert und Ferngläser verteilt. Reichlich Seevögel gibt es hier, Winkerkrabben. »Da, ein Fischadler!«, ruft Ricarda. Blitzschnell greift jeder zum Fernglas und zieht sich den Vogel heran. Ein stolzes Tier, scharfer Schnabel, braunweißes Federkleid. Als er aufsteigt, schätzt Ricarda die Flügelspannweite auf eineinhalb Meter. Seltenheitswert haben Fischotter und die stark gefährdeten Seepferdchen; die Seepferdchenkolonie im Naturpark gilt als eine der größten in Europa. Über Wasser steigen gerade Möwenschwärme auf. Krähenscharben rasten auf Pfählen. Und für die Störche, die auf Faros Häusern und Kirchtürmen nisten, verheißen die Feuchtgebiete First-class-Menüs. Wir steuern eine Sandbank an, machen Rast. Es ist einsam und still. Jeder spürt eine tiefe Ergriffenheit und wagt es nicht, ein Wort zu verlieren. Die Sonne sticht in die Augen. Das Blau des Wassers ist sagenhaft. Ein namenloser »Wild Place«, von dem der Abschied schwerfällt. Der Bootsführer steuert mit routinierter Gelassenheit zurück durch die Wasserstraßen. Der Zwei-Stunden-Trip vergeht wie im Fluge.
INFO
BOOTSTOUREN
Es gibt Bootstouren unterschiedlicher Länge mit verschiedenen Veranstaltern. Im Hafen von Faro ist Formosamar ansässig. Angeboten werden auch Ausfahrten zur Insel Deserta und nach Farol (Ilha Culatra).
Edifício Ginásio Clube Naval, Doca de Recreio, Tel. +351/918 72 00 02, www.formosamar.com
Bootstrips ab der Marina von Faro sind zudem mit Lands Eco Boat Tours möglich; die Birdwatching-Tour dauert zweieinhalb Stunden, eine kürzere Runde – auch zum Sonnenuntergang – eine Stunde.
Tel. +351/914 53 95 11, www.lands.pt
KAJAKTOUR
Die umweltfreundlichste Art der Entdeckung des Naturparks Ria Formosa ist eine Kajaktour, wie sie von Lands Eco Boat Tours (s. o.) angeboten wird. Die Ausfahrten sind immer geführt und dauern zwei Stunden.
Das Boot ist – im Alltag von Fischern wie bei Ausflügen – das Transportmittel im Parque Natural da Ria Formosa.
Wer an der Via Algarviana die schönsten Blütenmeere erleben will, zieht im Frühjahr los.
Das große Abenteuer beginnt in Alcoutim. Dort startet der Fernwanderweg der Via Algarviana und endet nach knapp 310 Kilometern am Kap São Vicente.Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, die wenig bekannten Seiten des Hinterlands der Algarve zu entdecken – vorausgesetzt, man bringt genügend Zeit und Kondition mit.
In den Gassen steht die Stille. Bougainvilleen ranken sich an einer Fassade hinauf. Eine Katze sitzt auf einem Gitter. Häuser tragen kunstvolle Kamine. Den Glockenturm der Kirche krönt ein Hahn, davor wachsen Orangenbäume. Ein Wandkachelbild zeigt einen stolzen Segler, ein anderes mit dem heiligen Johannes ist schwer in die Jahre gekommen. Feigenkakteen lappen über Bruchsteinmauern. Hier wandert man geradewegs durch den Dorfalltag. Verlässt man Benafim, hallt von irgendwo Hundegebell hinterher. Die rot-weißen Wanderzeichen sind auf Felsen gepinselt. Verlaufen kann man sich nicht.
Es sind Eindrücke wie diese, die in den Bann ziehen und, wie hier auf dem Etappenstück zwischen Benafim und Alte, die Via Algarviana prägen. Der Startpunkt des Fernwanderwegs liegt in Alcoutim am portugiesisch-spanischen Grenzfluss Guadiana. Ziel nach annähernd 310 Marschkilometern ist das Cabo de São Vicente.
Die Via Algarviana ist als Fernwanderweg GR 13 ausgewiesen. Was macht das Unterwegssein so besonders? Anabela Santos muss es wissen. Sie ist die langjährige Koordinatorin, studierte Biologin und mit ihrer Heimat fest verwurzelt. »Das ist eine komplett andere, viel authentischere Algarve«, sagt sie, »weg von den Stränden, rein ins Inland.« Selbst die Gastronomie und die Aromen seien im Vergleich zur Küste total unterschiedlich. Unterwegs in den Dörfern treffe man viele Ältere, so Santos. Für den Bewuchs nennt sie als »typisches Quartett« Oliven-, Johannisbrot-, Feigen- und Mandelbäume. Auf dem GR 13 passiert man die drei Gebirgszüge der Algarve (nämlich Caldeirão, Monchique und Espinhaço de Cão), die Hügellandschaft Barrocal und den südlichsten Teil des Parque Natural Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina. Das Kap São Vicente empfängt am wilden Atlantik.
Santos warnt davor, die Via Algarviana auf die leichte Schulter zu nehmen. »Das ist kein einfacher Trip«, sagt die Expertin. Prinzipiell sei es machbar, den Weg mit dem Mountainbike zu bewältigen, aber auch das sei eine große Herausforderung. Manchmal müsse man absteigen, schieben, tragen.
Die Via Algarviana ist in 14 Etappen eingeteilt. Eine Urkunde wie auf dem viel begangenen Jakobsweg durch Nordspanien gibt es am Ende nicht. Hier genießt man die Passagen durch die Einsamkeit und durch die Natur, die ihr Füllhorn ausschüttet. Der Begleitsound reduziert sich oft auf Wind, Vogelgezwitscher und die Geräusche der eigenen Schritte. Spätherbst und Winter sind gute Jahreszeiten, fast mit Schönwettergarantie. Und im Frühling explodiert die Blütenpracht.
Natürlich muss man keine zwei Wochen am Stück unterwegs sein, sondern kann sich vereinzelt Rosinen herauspicken. Je nach Ort sind An- und Abfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich; ansonsten kontaktiert man vorab einen Taxidienst.
Eine der Perlen, die man auswählen kann, ist das eingangs erwähnte Wegstück zwischen Benafim und Alte, etwa 6,5 Kilometer lang und in zwei Stunden gut machbar. Das gibt einen exemplarischen Eindruck. Man könnte auch auf derselben Strecke zurückwandern, falls man sein Fahrzeug in Benafim abgestellt hat.
Details an der Via Algarviana sind Baumerdbeeren, die sich weiter rötlich verfärben.
Weiß und blau getünchtes Haus im Hinterland-Dorf Vaqueiros
Hinter Benafim schiebt sich der Weg durch Bruchsteinmäuerchen. Wilder Fenchel sprießt wie Unkraut. Manche Locals trocknen Fenchel gerne zusammen mit Feigen, das gibt ein klasse Zusatzaroma. Johannisbrotbäume säumen die Strecke. Trockene Schoten liegen auf dem Boden. Andernorts macht man Mehl, Eiscreme und Likör daraus. Die Sonne flutet über den steinigen Grund. Auch bei kürzeren Wanderungen wie dieser gilt es, gutes Schuhwerk zu tragen.
Orangen- und Mispelbäume wechseln sich ab. Kein Motorengeräusch stört die Stille. Steineichen und Mastixsträucher tauchen auf. Früher machte man sich die Gaben der Pflanzen zunutze, um Kaugummi und Geschirrspülmittel herzustellen.
Ein Hundeausführerpaar kommt entgegen. In der Ferne voraus kleben einzelne Häuser im Grün. Der Weg führt abwärts, vorbei an Rosmarinsträuchern, Hagebutten, wilden Olivenbäumen mit kleinen Früchten. Fenchel fächert sich brust- und übermannshoch auf. Nach dem Gang über einen trockenen Bachlauf geht es steinig bergan durch unverbrauchte Gegenden. Schweiß tränkt das Shirt. Aus den Zweigen von Zwergpalmen kann man Körbe flechten – wenn man weiß, wie. Felsgebilde wirken so, als steckten Augenhöhlen darin. Knorrige Zweige werfen Vergleiche mit verzauberten Knochengestalten auf. Geht die Fantasie mit einem durch? Ein Vorgänger hat als Zeichen des Hiergewesenseins ein Steinmännchen hinterlassen. Die Freiblicke wandern über Höhen und Seitentäler bis zum fernen Atlantik.
Ein Stück Asphalt befremdet, ist ein kleiner Kulturschock. Eine Heuschrecke springt weg und zeigt für einen Augenblick ihre blaue Färbung. Man sieht Erdbeerbäume, die Medronhos, und Seidelbast, von dem man weiß, dass er giftig ist. Aus Thymian ließe sich ein wunderbarer Tee machen, der hilft, wenn man etwas krank ist.
Die Bruchsteinmauern kehren zurück. Sie sind, ebenso wie ein Antennenmast auf einem Hügel, die Boten des nächsten Dorfes Alte, wo das Quellgebiet erfrischt.
Kühles Wasser – das ist eine Wohltat, sobald Wanderer auf der Via Algarviana das Dorf Alte erreicht haben.
INFO
DIE ETAPPEN
1Alcoutim–Balurcos, 24,2 Kilometer
2Balurcos–Furnazinhas, 14,3 Kilometer
3Furnazinhas–Vaqueiros, 22,6 Kilometer
4Vaqueiros–Cachopo, 14,9 Kilometer
5Cachopo–Barranco do Velho, 29,5 Kilometer (sehr schwierig, in zwei Etappen unterteilbar)
6Barranco do Velho–Salir, 14 Kilometer
7Salir–Alte, 16,4 Kilometer
8Alte–São Bartolomeu de Messines, 20,6 Kilometer
9São Bartolomeu de Messines–Silves, 29 Kilometer (sehr schwierig)
10Silves–Monchique, 32,1 Kilometer (sehr schwierig)
11Monchique–Marmelete, 14,8 Kilometer
12Marmelete–Bensafrim, 30 Kilometer (schwierig)
13Bensafrim–Vila do Bispo, 29,7 Kilometer (sehr schwierig)
14Vila do Bispo–Cabo de São Vicente, 16,4 Kilometer
WEITERE INFOS
Umfassende Infos zur Via Algarviana auch auf Deutsch: www.viaalgarviana.org. Hier kann man auch die App herunterladen.
Die Via Algarviana ist hier als Fernwanderweg 13 (GR 13) ausgewiesen – und Anabela Santos eine echte Expertin.
Nur per Boot erreichbar und gelegen im Naturpark Ria Formosa, ist die Ilha da Culatra eine bewohnte Insel, die eine friedliche Stimmung atmet. Hier spürt man der alten Fischeratmosphäre nach und kann sich den wunderbar langen Strand zum Baden oder Spazierengehen vornehmen. Allein der Bootstrip ist die Reise wert.
Der Leuchtturm bei Farol steckt das Südwestende der Insel Culatra ab; davor erstreckt sich ein wunderbarer Sandstrand.
In den Wasserweiten des Naturparks Ria Formosa zeichnet sich die Ilha da Culatra ab. Die bewohnte Insel ist eine ganz besondere: straßen- und autofrei, den Besucherhochburgen der Algarve entrückt und vom traditionellen Leben der Fischergemeinschaft geprägt.
Haupterwerbszweige auf Culatra sind Fischfang und Muschelzucht, doch unbeleckt vom Tourismus ist die Insel nicht. Zum Glück findet sich kein Hotelkasten oder dergleichen, dafür Unterkunftsvermietung auf Privatbasis und eine bescheidene Zahl einfacher Restaurants. Die niedrigen Häuser fügen sich gut in die Natur ein, das Leben geht seinen gewohnten Gang. Im Hauptort Culatra findet sich alles Notwendige, darunter eine Schule und eine Gesundheitsstation.
Eine halbe Bootsstunde trennt Culatra vom Festland in Olhão. Unterwegs schippert man durch ein Wasserlabyrinth aus Kanälen und Inselchen, Heimat zahlreicher Seevögel. Sardinen- und Makrelenfischerboote kommen entgegen. Steuermann Ricardo erzählt von der Austernzucht. Hier reifen die Austern ein Jahr lang, während sie in anderen Gegenden zwei bis drei Jahre bräuchten, erklärt er. Kontinuierlicher Wasseraustausch und die Zufuhr von Nährstoffen, all das bekomme ihnen hier besonders gut. Ricardo schätzt die Gesamtzahl der Muschelfarmer rundherum auf einige Hundert.
Culatra, der Inselhauptort zur geschützten Lagunenseite hin, empfängt mit einem der malerischsten Fischerhäfen Portugals. Es geht betriebsam zu zwischen all den Netzstapeln und bunten Booten. Kreischend stürzen sich Möwen auf Fischabfälle. Frei von Straßenlärm lässt sich der Ort mit seinen schmucken Häuschen erkunden. Einzig ein paar Traktoren und Golfbuggys dienen an Land als motorisierte Transportmittel. Am Ortsende führt ein Zugangssteg zur offenen See hin und zum flachen, dünenbegrenzten Strand.
Am Südwestende der Insel liegt Farol, der zweitwichtigste Ort. Wie ein gigantisches Streichholz sticht der Leuchtturm in den Himmel. Der Ort hat bescheidene Ausmaße. Zwischen einzelnen Villen hat sich erstaunlich viel Sand gesammelt. Auffällig sind auch die kunstvollen Kamine und die Getrenntmüllcontainer – entlegen heißt nicht weltfremd. Ein Schild weist zur nahen Praia Grande, dem »Großen Strand«, einer schattenlosen Sandweite. Über Winter sei Farol ein Geisterort, sagt Ricardo.
INFO