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Es ist der Hochzeitstag von Graf Douglas und Maria, der Tochter des schottischen Lairds MacGregor. Da berichtet der Bräutigam, dass er auf dem Weg nach Schottland von Straßenräubern überfallen wurde, aber nochmal davon gekommen sei. Daraufhin beginnt Maria zu weinen, denn ihr Vater und sie vermuten, dass William Ratcliff, dem sie einen Korb gab, dahinter steckt. Er töte jeden, der es wage, sich mit ihr zu verloben. Die Tragödie zählt zu Heines frühesten Werken und stammt aus der Sturm-und-Drang-Zeit.-
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Seitenzahl: 37
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Heinrich Heine
Tragödie (1822)
Saga
William Ratcliff
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1823, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726997835
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
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Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Zimmer in MacGregors Schloß.
Margarethe kauert bewegungslos in einer Ecke.
MacGregor. Maria. Douglas.
MacGregorer legt Douglas' und Marias Hände ineinander:
Ihr seid jetzt Mann und Weib. Wie eure Hände
Vereinigt sind, so sollen auch die Herzen,
In Leid und Freud, vereinigt sein auf immer.
Zwei mächt'ge Sakramente, das der Kirche
Und das der Liebe, haben euch verbunden;
Ein Doppelsegen ruht auf euren Häuptern;
Und auch den Vatersegen leg ich drauf.
Er legt segnend seine Hände auf beider Haupt.
Douglas:
Mit Stolz, Mylord, nenn ich Euch heute: Vater.
MacGregor:
Mit noch weit größerm Stolz nenn ich Euch: Sohn.
Sie umarmen sich.
Margarethesingt im abgebrochenen Wahnsinntone:
»Was ist von Blut dein Schwert so rot?
Edward, Edward?«
Douglaserschrocken auffahrend und nach Margarethe schauend:
Um Gott, Mylord, welch gläsern geller Laut?
Es fängt zu singen an, das stumme Bild –
MacGregormit erzwungenem Lächeln:
Stört Euch nicht dran. Es ist die tolle Margreth,
Gehört zum Schloß. Sie leidet an der Starrsucht,
Seit Jahr und Tag. Mit stieren Augen liegt sie
Gekauert, manch unheimlich lange Stunde;
Und dann und wann, wie 'n Stein der sprechen kann,
Bewegungslos, quäkt sie ein altes Lied –
Douglas:
Warum behaltet Ihr im Schloß solch Schrecknis?
MacGregorleise zu ihm:
Still, still. Sie hört jedwedes Wort; – schon lange
Hätt ich sie fortgeschafft – doch darf ich nicht.
Maria:
Laßt ruhn die arme, gute Margarethe.
Erzählt mir lieber etwas Neues, Douglas.
Wie sieht's in London aus? Bei uns in Schottland,
Erfährt man nichts.
Douglas:
Noch ist's das alte Treiben.
Man rennt, und fährt, und jagt, straßauf straßab.
Man schläft des Tags, und macht zum Tag die Nacht.
Vauxhall und Routs und Picknicks drängen sich;
Und Drurilane und Coventgarden locken.
Die Oper rauscht. Pfundnoten wechselt man
Für Musiknoten ein. God save the king
Wird mitgebrüllt. Die Patrioten liegen
In dunkeln Schenken und politisieren,
Und subskribieren, wetten, fluchen, gähnen,
Und saufen auf das Wohl des Vaterlands.
Roastbeef und Pudding dampft, der Porter schäumt,
Und sein Rezept schreibt lächelnd der Quacksalber.
Die Taschendiebe drängen. Gauner quälen
Mit ihrer Höflichkeit. Der Bettler quält
Mit seinem Jammeranblick und Gewimmer.
Vor allem quält die unbequeme Tracht,
Der enge Wespenrock, das steife Halsband,
Und gar der babylonisch hohe Turmhut.
MacGregor:
Da lob ich mir mein Plaid und meine Mütze.
Ihr tatet gut, daß Ihr die Narrenkleider
Vom Leib geworfen habt. Ein Douglas muß
Im Äußern auch ein Schotte sein, und heute
Lacht mir das Herz im Leib, wenn ich Euch schaue,
Euch alle, in der lieben Schottentracht.
Maria:
Erzählt mir was von Eurer Reise, Douglas.
Douglas:
Zu Wagen fuhr ich bis an Schottlands Grenze.
Das ging mir viel zu langsam. In Old-Jedburgh
Nahm ich ein Pferd. Ich gab dem Tier die Sporn.
Mich selber aber spornte Liebessehnsucht.
Ich dachte nur an Euch, Marie, und pfeilschnell,
Durch Busch und Berg und Feld, trug mich mein Roß.
Im Wald bei Invernes wär mir's bald schlecht
Bekommen, daß ich in Gedanken ritt.
Piff! Paff! erweckten mich aus meinen Träumen
Die Kugeln, die mir um die Ohren pfiffen.
Drei Straßenräuber stürzten auf mich ein.
Ein Kampf begann. Es regneten die Hiebe.
Ich wehrte mich der Haut; doch unterliegen
Hätt ich wohl müssen – O weh! Marie erbleicht,
Und wankt, und sinkt –
Margarethe springt hastig auf, und hält die in Ohnmacht fallende Maria in ihren Armen.
Margarethe: O weh! mein rotes Püppchen
Ist kreideblaß, und kalt wie Stein. O weh!
Halb singend, halb sprechend und Maria streichelnd.