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Advent, Advent – der Räuber rennt … So hat sich Kati Blum die Adventszeit nicht vorgestellt! Statt mit ihrer besten Freundin Nina Glühwein zu trinken, schuftet sie als Verkäuferin am Bayreuther Christkindlmarkt. Bei dem heißen Kriminalkommissar Lars schrillen sofort die Alarmglocken, denn wo Kati sich herumtreibt, ist das Verbrechen meist nicht weit. Kein Wunder also, dass sie einem Ganoven innerhalb kürzester Zeit auf der Spur ist. Aber ob der Taschendieb auch für das verschwundene Christkind verantwortlich ist? Mit ihrem üblichen Fingerspitzengefühl ermittelt sie in alle Richtungen und sorgt nebenbei für ganz besondere Weihnachtsmarktmomente ... "Winterwunder sind Schnee von gestern" ist ein Kurzkrimi aus der Reihe "Kati Blum ermittelt". Wenn dir die Geschichte gefallen hat, tauche mit "Ohne Wenn und Aber" tiefer in Kati Blums Welt ein!
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Winterwunder sind Schnee von gestern
Kati Blum ermittelt Band 6.5
Birgit Gruber
Dies ist ein Roman.
Die Namen der behandelten Personen sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit real existierenden (lebenden oder toten) Menschen wären reiner Zufall.
Alle Bände der Reihe „Kati Blum ermittelt“ sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.
Alle Jahre wieder ...
»Was? Das ist doch nicht dein Ernst! Das ist unmöglich! Wie stellst du dir das vor?«, hörte ich meine Schwiegermutter Anke aus dem Salon kreischen, sodass ich zusammenzuckte und Maria prompt die langstielige Kerze aus der Hand fiel und daraufhin mittig zerbrach.
»So ein Mist!«, brummte Maria, und wir blickten gemeinsam auf die Bescherung.
Es war kurz vor dem ersten Advent, und ich hatte mich wie üblich nach meiner Frühstücksschicht bei meiner mütterlichen Freundin Maria in der Blumschen Villa zum Mittagessen eingefunden. Nur, dass die Küche heute mehr einem Floristikladen glich und statt Essensgerüche Tannennadelduft in der Luft lag.
Aber vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Ich bin Kati Blum, Anfang dreißig, habe durchschnittlich braunes langes Haar und eine ganz passable Figur. Außerdem bin ich bereits Witwe, darf mich aber dennoch täglich mit meiner Schwiegermutter herumschlagen, was uns beide weniger beglückt. Inzwischen haben wir uns allerdings halbwegs aneinander gewöhnt.
Als ich ihren einzigen Sohn Thorsten auf Hawaii kennenlernte und ihn aus einem spontanen Impuls dort vom Fleck weg heiratete, waren meine Schwiegereltern von dem Urlaubsmitbringsel, also meiner Wenigkeit, absolut nicht begeistert. Wobei mein Schwiegervater, Klaus Blum, noch relativ zurückhaltend reagiert hat. Er ist aber auch die meiste Zeit in seinem Juweliergeschäft, da in der Blumschen Villa ausschließlich meine Schwiegermutter, Anke Blum, regiert. Und wenn ich ›regieren‹ sage, meine ich es auch so. Sie wird nämlich auch heimlich die ›Queen von Bayreuth‹ genannt und erfüllt dafür wahrlich alle Kriterien!
Die Blums sind stinkreich, besitzen ein Anwesen von mehreren tausend Quadratmetern mitten im Herzen der Wagnerstadt, und Anke hat ihre erhabene, ehrfurchtgebietende und herablassende Art vermutlich schon in die Wiege gelegt bekommen. Sie betrachtet ihre Mitmenschen gern von oben herab und tut das in einer Weise, die mir bis zu ihrer Bekanntschaft noch nicht untergekommen ist.
Selbstredend hat die Queen auch Personal. Da kommt Maria ins Spiel. Sie ist knapp sechzig, Haushälterin, Köchin und die gute Seele im Hause Blum. Unterstützt wird sie von Erik, dem Hünen. Er hat nach dem Tod von Marias Mann den Posten als Hausmeister übernommen und ist ein echter Augenschmaus: Groß, blondes Haar, das ihm bis auf die Schultern reicht, und mit einem Sixpack ausgestattet, den wir bei den sommerlichen Gartenarbeiten bewundern dürfen, weil er dann gerne oben ›ohne‹ arbeitet. Oh, là, là! Er ist etwa in meinem Alter, doch uns verbindet reine Freundschaft. Meistens jedenfalls.
Es genügt mir schon, dass Hauptkommissar Lars Winkelmann meine Hormone zum Hüpfen bringt. Mal mehr, mal weniger, denn wir sind im Grunde wie Hund und Katz. Es gefällt ihm nicht, dass ich nach dem plötzlichen Tod meines Mannes mein Gespür für Ganoven und Mörder entdeckt habe. Weshalb er mir meistens sagt, dass ich mich aus seinen Ermittlungen raushalten soll, was verständlicherweise unser Miteinander trübt. Dabei harmonieren wir eigentlich super als Team, wenn er irgendwann dann doch einsieht, dass es keinen Zweck hat, mir Vorschriften machen zu wollen.
Im Gegensatz zu ihm hat mein verstorbener Mann Thorsten das ziemlich schnell kapiert. Leider dauerte unsere Ehe nur vier schöne Jahre, bevor er jäh aus dem Leben gerissen wurde. Er starb an einem Herzinfarkt, als er das bisschen Müll raustragen sollte. Hört sich makaber an, ist aber so. Und inzwischen, drei Jahre später, hat die Zeit meine Wunden der Trauer tatsächlich geheilt. Vielleicht hat es auch geholfen, dass ich im Nachhinein Sachen über ihn erfahren habe, die beweisen, dass er durchaus nicht der Engel war, für den ich ihn gehalten habe. Aber das ist eine längere Geschichte.
Jedenfalls bin ich auch nach seinem Tod in Bayreuth in unserem Baumhaus geblieben. Natürlich wohne ich nicht tatsächlich in einem Baumhaus, so nannten wir von Anfang an liebevoll die kleine Dienstbotenwohnung über den Garagen, nahe der Einfahrt zum Blumschen Anwesen.
Die Queen dachte ja, dass sie mich nun zumindest los wäre, doch ich habe inzwischen Wurzeln geschlagen und die beste Freundin aller Zeiten hier gefunden.
Nina! Sie ist Frisörin und für jeden Spaß zu haben. Den macht sie sich auch regelmäßig aus den unterschiedlichsten Männerbekanntschaften. Was ihr Liebesleben betrifft, ist sie der sprichwörtliche Schmetterling im Wind.
Aber zurück zu mir. Mein Geld verdiene ich als freie Mitarbeiterin der örtlichen Tageszeitung und obendrein als Frühstücksfee im Hotel Zur Sonne. Das heißt, ich bediene jeden Morgen die Gäste von sieben bis elf Uhr. Es ist zur Gewohnheit geworden, dass ich danach bei Maria einfalle, die neben den ›Herrschaften‹ auch Erik und mich mit superleckerem Mittagessen verwöhnt.
Nur, dass das heute flachfiel, wie es aussah. Stattdessen übte sie sich an diesem grauen Novembertag als Weihnachtselfe. Wie jedes Jahr fertigte sie hübsche Gestecke an und band einen megagroßen Adventskranz. Schließlich war pompös und wuchtig das Maß aller Dinge für Anke Blum!
»Jetzt muss ich los und neue Kerzen kaufen. Weil ich so schon nicht genug zu tun habe«, grummelte Maria und begann die Wachssplitter vom Tisch zu klauben.
Hilfsbereit griff ich den kaputten Kerzenstängel, der nun auf ›Halbmast‹ baumelte, als meine Schwiegermutter hereinfegte und ins Telefon rief: »Das geht auf gar keinen Fall!«
Abrupt blieb sie stehen und begutachtete das trostlos herabbaumelnde Wachsteil, das lediglich noch durch den Dochtfaden mit dem Rest verbunden war. Da ich die Kerze senkrecht hielt, formte sich daraus mit etwas Fantasie eine Eins.
Ankes Brauen schossen in die Höhe.
»Was? Äh ... Ja. Ich meine nein!«, erklärte sie abgelenkt dem Anrufer.
Maria schob geräuschvoll ihren Stuhl beiseite und entsorgte den Müll.
»Weißt du was? Ich habe einen Ersatz. Mach dir keine Sorgen, der Stand bleibt, und alles wird laufen wie geplant«, hörte ich Schwiegermama mit Nachdruck sagen. »Ja. Wirklich! So schnell? Na ja, ich habe eben Köpfchen und bin kreativ.«
Beim letzten Wort musste ich lachen. Anke und kreativ? Sie mochte vieles sein, aber das bestimmt nicht.
Maria warf mir postwendend einen Blick zu, der mir sagte, dass sie vermutlich das Gleiche dachte, mich aber ebenfalls darauf hinweisen wollte, dass es keine gute Idee war, über die Queen zu lachen.
»Was ist denn so lustig?«, fragte meine Schwiegermutter prompt, nachdem sie mit einem »Ich melde mich« ihr Telefongespräch beendet hatte.