Wir Kinder aus Bullerbü 3. Immer lustig in Bullerbü - Astrid Lindgren - E-Book

Wir Kinder aus Bullerbü 3. Immer lustig in Bullerbü E-Book

Astrid Lindgren

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Beschreibung

In Bullerbü geht es immer lustig zu. Lisa, Lasse, Bosse, Inga, Britta, Ole und die kleine Kerstin angeln und fangen Krebse, pflücken Kirschen und tanzen um den Mittsommerbaum. Denn es ist so, wie Lisa sagt: "Nirgendwo ist es so schön wie in Bullerbü!" Band 3 der Bullerbü-Bücher von Astrid Lindgren mit Bildern von Katrin Engelking: Schöner kann Kindheit nicht sein.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Über dieses Buch

In Bullerbü kann man jeden Tag so viel Spaß haben! Lisa, Lasse, Bosse, Inga, Britta, Ole und die kleine Kerstin angeln und fangen Krebse, pflücken Kirschen und tanzen um den Mittsommer-Baum. Denn es ist so, wie Lisa sagt: »Nirgendwo ist es so schön wie in Bullerbü!«

Immer lustig in Bullerbü

Ich heiße Lisa und bin neun Jahre alt und wohne in Bullerbü. Mama sagt, dass es Bullerbü heißt, weil wir Kinder hier in Bullerbü so viel herumbullern. Man könne einfach nicht begreifen, wie es sechs Kinder schaffen, einen solchen Lärm zu machen, sagt sie. Es klingt, als ob wir mindestens dreimal so viel Kinder wären. Aber ich glaube, es ist Lasse, der am schlimmsten bullert. Er allein macht so viel Krach wie zehn Jungen, das steht fest. Und Bosse und Ole helfen ihm dabei ganz ordentlich. Britta und Inga und ich sind wenigstens ab und zu mal leise.

Wenn jemand nach Bullerbü will, muss er eine ganze Reihe steiler Abhänge hinauffahren. Denn Bullerbü liegt so hoch. Wenn es noch ein bisschen höher läge, könne man die Sterne mit einer Harke herunterkratzen, sagt Lasse.

Weil wir so hoch wohnen, haben wir eine schöne Aussicht hier in Bullerbü. Obwohl man fast nur eine Menge Wald sieht. Aber es gibt viele Menschen, die finden es schön, eine Menge Wald zu sehen. Und die kommen her. Einmal kam eine sehr feine Dame in einem Auto angefahren, die ein kleines Mädchen bei sich hatte.

»Wir wollen nur die Aussicht sehen«, sagte die feine Dame. Sie trug einen roten Mantel und einen roten Hut und war sehr schön. Ihr Mädchen war auch schön. Es trug ein hellblaues Kleid und eine kleine rote Brosche. Es hieß Monika, das Mädchen, und war ungefähr so groß wie ich.

Mama fragte, ob sie nicht in unseren Garten kommen wollten und ein wenig Kirschsaft trinken. Zu mir sagte Mama, ich solle mit Monika reden. Ich wünschte, Britta und Inga wären da gewesen und hätten mir geholfen. Aber die waren nach Storbü zum Einkaufen gegangen und nicht zu Hause. Lasse und Bosse und Ole waren zu Hause. Aber die redeten natürlich nicht mit Monika. Sie drückten sich nur hinter den Hausecken herum und machten sich lustig. Und manchmal schauten sie hervor und sagten etwas und lachten laut darüber.

»Sind das deine Brüder?«, fragte Monika.

»Nur Lasse und Bosse«, sagte ich. »Ole nicht.«

»Welcher von ihnen ist Ole?«, wollte Monika wissen.

»Das ist der, der so wenig Haare hat«, sagte ich.

Aber gerade da kam Lasse auf seinen Stelzen angelaufen. Bestimmt nur, um sich wichtigzumachen, da bin ich ganz sicher. Lasse hat so hohe Stelzen, dass er durch die Fenster in die oberen Zimmer unseres Hauses hineinsehen kann. Das tat er einmal, als ich oben in meinem Zimmer saß und mit Puppen spielte. Plötzlich steckte Lasse den Kopf durchs Fenster. Er hob die Mütze und sagte:

»Guten Tag, meine Dame, wie geht es Ihnen an diesem schönen Abend?«

Zuerst bekam ich einen furchtbaren Schreck, aber dann lief ich zum Fenster, und da sah ich, dass Lasse auf Stelzen ging. Damals hatte er sie gerade bekommen.

Aber jetzt wollte er sich vor Monika wichtigmachen. Er stakste auf seinen Stelzen in unserem Garten herum und rief Ole und Bosse zu:

»Von hier oben hat man eine großartige Aussicht!«

Agda, unser Hausmädchen, wollte gerade in den Stall gehen, um die Schweine zu füttern. Die große Wanne mit Abwaschwasser hatte sie vor die Küchentür gestellt. Und ob ihr es glaubt oder nicht, Lasse, dieser Tolpatsch, musste dort umkippen. Er warf die Eimer mit dem Schweinefutter um und fiel selbst mitten in das Abwaschwasser.

»Jetzt haben wir auch eine großartige Aussicht«, sagte Bosse und lachte und schlug sich auf die Knie. Und Monika lachte auch.

Lasse schlich sich zum Waschhaus und stellte sich unter einen Wasserhahn, um sauber zu werden. Dann kam er zurück, vollkommen durchnässt, aber genauso frech wie immer. Er drückte das Wasser aus seinem Haar, sah Monika an und sagte:

»Was tut man nicht alles, damit die Leute etwas zu lachen haben!«

Mama schickte ihn ins Haus, er sollte sich trockene Sachen anziehen. Aber er kam schnell wieder heraus. Dann sprachen auch die Jungen mit Monika. Nein, Ole natürlich nicht, denn er mag nicht mit Leuten reden, die er nicht kennt. Aber plötzlich sagte er zu Monika:

»Willst du meine kleine Schwester sehen?«

Und dann lief er auch schon nach Hause und holte Kerstin. Kerstin ist erst eineinhalb Jahre alt. Ole hat sie sehr gern. Und das ist ja kein Wunder, denn Kerstin ist so süß, und sie ist die einzige Schwester, die Ole hat. Ole setzte sie auf Monikas Schoß, und Kerstin riss an Monikas Haaren, sodass einige Haare in ihrem Fäustchen hängen blieben. Aber Monika war deshalb nicht böse. Sie wusste wohl, dass kleine Kinder immer so etwas tun.

Ich stand daneben und sah auf Monikas Brosche. Und dann sagte ich:

»Was für eine schöne Brosche du hast!«

»Willst du sie haben?«, fragte Monika.

Aber das wollte ich gar nicht; ich meine, deshalb hatte ich es nicht gesagt – das mit der schönen Brosche.

Doch Monika nahm die Brosche ab und legte sie mir in die Hand. Und ihre Mama sagte auch, ich solle sie nehmen. Meine Mama sagte natürlich:

»Nein, das geht aber doch nicht …«

Aber ich bekam die Brosche. Sie war voller kleiner roter Perlen, und es war die schönste Brosche, die ich jemals gesehen hatte. Jetzt gehört sie mir. Ich habe sie in einer Schachtel in meiner Kommode.

Nach einer kleinen Weile kamen Britta und Inga aus Storbü zurück. Und als sie das Auto auf dem Weg stehen sahen, rissen sie ordentlich die Augen auf. Es ist so selten, dass ein Auto nach Bullerbü kommt, denn hier hört die Straße auf; übrigens ist sie schmal und macht viele Krümmungen.

Britta und Inga blieben am Zaun stehen und trauten sich nicht zu uns in den Garten, wo Mama und Monikas Mama Saft tranken und wo wir mit Monika redeten. Aber da rief ich ihnen zu:

»Was steht ihr denn so rum und glotzt? Habt ihr noch nie Menschen gesehen?«

Und da kamen sie denn herein und begrüßten Monika, und Monika sagte:

»Wie viele Kinder seid ihr eigentlich in Bullerbü?«

»Sechs und ein halbes«, antwortete Lasse.

Denn er findet, Kerstin ist so klein, dass sie noch nicht als ganzes Kind gerechnet werden kann.

Aber da wurde Ole wütend und sagte:

»Das halbe bist du!«

Wir erzählten Monika, dass Britta und Inga im Nordhof wohnen und Lasse und Bosse und ich im Mittelhof und Ole und Kerstin im Südhof.

»Hier würde ich auch gern wohnen«, sagte Monika.

Als Monikas Mama ihren Kirschsaft ausgetrunken hatte, stand sie auf und setzte sich ins Auto, und da musste Monika natürlich auch gehen. Ihre Mama warf noch einen Blick über die Landschaft und sagte:

»Aber ist es nicht doch ein wenig einsam und eintönig, hier so weit oben im Wald zu wohnen?«

Da sagte Mama: »Wir haben so viel zu tun, dass wir gar keine Zeit haben, darüber nachzudenken!«

Ich fand es von Monikas Mama ein bisschen dumm, so etwas zu sagen. Wir haben es bestimmt nicht einsam und eintönig. Ich finde, wir haben es immer lustig in Bullerbü. Dann fuhr das Auto fort, und Monika winkte uns zu, solange wir sie sehen konnten.

Ich glaube, wir werden Monika wohl nie mehr wiedersehen. Von ihr ist nur noch die Brosche übrig geblieben. Britta und Inga durften jede für eine Weile die Brosche von mir ausleihen.

Später liefen wir zu Großvater, der in dem einen Giebelzimmer im Nordhof wohnt. Er ist Brittas und Ingas Großvater, und er ist fast blind. Aber er möchte so schrecklich gern alles wissen, was in Bullerbü geschieht, und wir mussten ihm von dem Auto und von Monika erzählen. Großvater sagt, wenn es uns Kinder nicht gäbe, würde er niemals etwas erfahren. Denn die Erwachsenen in Bullerbü haben alle zu wenig Zeit, um mit ihm zu reden.

Wir erzählten ihm alles ganz genau. Über das Auto wollte Großvater besonders viel wissen. Und darüber wusste Bosse bis in die kleinste Kleinigkeit Bescheid. Und Großvater durfte meine Brosche in die Hand nehmen. Ich sagte ihm, sie sei ganz mit kleinen roten Perlen besetzt, und da sagte der Großvater, er könne sie sich sehr gut vorstellen, drinnen in seinem Kopf, und die Brosche sei sehr schön. Dann erzählte ich, was Monikas Mama gesagt hatte – dass es vielleicht einsam und eintönig in Bullerbü sei. Und da sagte Großvater:

»Hoho, jaja, wie dumm die Menschen doch sein können!«

Großvater findet nämlich genau wie ich, es ist immer lustig in Bullerbü.

Ich bekomme ein Lamm

Am lustigsten ist es vielleicht im Frühling. Inga und ich versuchen immer herauszufinden, wann es am lustigsten ist. Inga findet, es ist im Sommer am lustigsten, und ich finde, es ist im Frühling am lustigsten. Und dann natürlich zu Weihnachten – das findet Inga auch.

Nun will ich etwas erzählen, was im Frühling geschah. Wir haben eine ganze Menge Schafe hier in Bullerbü, und die bekommen jedes Jahr Lämmer. Lämmer sind das Niedlichste, was es gibt. Sie sind niedlicher als Kätzchen und junge Hunde und Ferkel. Ich finde, sie sind beinahe noch niedlicher als Kerstin – aber das wage ich nicht zu sagen, wenn Ole in der Nähe ist.

Während der Zeit, in der die Schafe ihre Lämmer bekommen, laufen wir jeden Morgen zum Schafstall, um zu sehen, wie viele Lämmchen in der Nacht hinzugekommen sind. Wenn man die Tür zum Schafstall öffnet, blöken alle Schafe, sosehr sie können. Die Lämmer blöken zart und fein und nicht so dumpf wie die Mutterschafe und die Schafböcke. Fast jedes Mutterschaf bekommt zwei Lämmer.

An einem Sonntagmorgen, als ich in den Schafstall hinunterkam, sah ich ein Lamm tot im Stroh liegen. Ich lief sofort zu Papa und erzählte es ihm. Und er kam gleich mit und sah nach, warum das Lamm tot war. Es war gestorben, weil das Mutterschaf keine Milch im Euter gehabt hatte. Das arme, arme Lamm! Es hatte sterben müssen, weil es nichts zu essen bekommen hatte. Ich setzte mich auf die Schwelle zum Schafstall und weinte. Bald kam auch Inga und erfuhr alles, und da weinte sie auch.

»Ich will nicht, dass Lämmer sterben müssen!«, sagte ich zu Papa.

»Das will doch niemand«, sagte Papa. »Aber hier ist noch eins, das wohl sterben muss.«

Er zeigte auf ein kleines Lamm, das er im Arm hielt und das ganz elend aussah. Es war der Bruder des toten Lamms. Es konnte natürlich auch keine Milch von seiner Mutter bekommen. Und Milch ist das Einzige, was neugeborene Lämmchen essen können. Deshalb sagte Papa, dass wir das Brüderchen des toten Lamms schlachten müssten, damit es nicht verhungern müsse. Als wir das hörten, weinten Inga und ich noch mehr. Wir weinten ganz schrecklich.

»Ich will nicht, dass Lämmer sterben müssen!«, schrie ich und warf mich auf die Erde.

Da hob Papa mich auf und sagte: »Nicht weinen, Lisa!« Und dann sagte er: »Du könntest ja versuchen, das kleine Lamm mit der Flasche aufzuziehen. Genau wie ein Wickelkind.«