Wir wollen heiraten! - Friederike von Buchner - E-Book

Wir wollen heiraten! E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Die Sonne stand tief über Waldkogel und den Bergen. Wendy saß vor der Almhütte und trank Tee. Sie hatte die Beine auf einen Hocker gelegt und genoss die Abendstimmung. Die Stille wurde gestört durch ein Auto, das von Waldkogel herauffuhr. Es war Ole. »Hallo, Wendy, machst du dir einen schönen Abend?«, fragte er. »Ja, mehr oder weniger, vielleicht eher weniger. Ich muss nachdenken.« »Kummer? Schwere Gedanken?«, fragte Ole. »Ach, geht schon. Ich bin doch schon ein großes Mädchen«, lachte Wendy. »Wie war dein Tag?« »Wie du weißt, habe ich mich mit Kollegen getroffen, außerhalb der Firma. Das ist es nicht so offiziell und man kann offen reden. Wir waren in einem Biergarten, haben schön gegessen und Bier getrunken.« »Hast du dich jetzt entschieden, was du machen willst?«

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Toni der Hüttenwirt – 282 –

Wir wollen heiraten!

Doch seine Familie stellt sich quer

Friederike von Buchner

Die Sonne stand tief über Waldkogel und den Bergen. Wendy saß vor der Almhütte und trank Tee. Sie hatte die Beine auf einen Hocker gelegt und genoss die Abendstimmung.

Die Stille wurde gestört durch ein Auto, das von Waldkogel herauffuhr. Es war Ole.

»Hallo, Wendy, machst du dir einen schönen Abend?«, fragte er.

»Ja, mehr oder weniger, vielleicht eher weniger. Ich muss nachdenken.«

»Kummer? Schwere Gedanken?«, fragte Ole.

»Ach, geht schon. Ich bin doch schon ein großes Mädchen«, lachte Wendy. »Wie war dein Tag?«

»Wie du weißt, habe ich mich mit Kollegen getroffen, außerhalb der Firma. Das ist es nicht so offiziell und man kann offen reden. Wir waren in einem Biergarten, haben schön gegessen und Bier getrunken.«

»Hast du dich jetzt entschieden, was du machen willst?«, fragte Wendy.

Ole lächelte.

»Nun, sagen wir, ich denke darüber nach. Natürlich fällt bei meiner Entscheidung sehr ins Gewicht, dass du hier in Waldkogel bist. Das ist praktisch vor der Haustür von München, im Vergleich zu Norwegen. Die Stelle ist gut dotiert. Die Versetzung nach München bedeutet einen Aufstieg. Trotzdem will ich nichts überstürzen. Ich habe noch Zeit, bis sie eine Entscheidung von mir wollen. Es ist immer besser, sich Zeit zu lassen, Wendy.«

Wendy grinste Ole an.

»Du willst sie etwas schmoren lassen. Du, ich kenne dich, Ole. Aber es ist schon richtig. Sie denken wohl, weil ich hier bin, sagst du auf jeden Fall zu.«

»Wahrscheinlich! Auf jeden Fall war das heute ein sehr interessantes Gespräch. Ich werde jetzt in Ruhe darüber nachdenken und abwägen.«

»Oh, ich verstehe, dann bin ich jetzt still. Willst du einen Tee?«

»Gern!«

»Setz dich! Ich hole ihn.«

Doch Ole folgte ihr in den Wohnraum der Almhütte.

»Schläft Franziska schon? Sie muss sicherlich früh aufstehen.«

»Nein!«, antwortete Wendy knapp.

Sie machte Ole einen großen Becher Kräutertee.

»Hier! Bitte!«

Ole nahm den großen Becher und stellte ihn auf den Tisch. Er legte Wendy die Hände auf die Schultern und sah sie an.

»Du strahlst weniger als sonst, Wendy. Dir liegt etwas auf der Seele.«

»Merkt man mir das an?«, fragte sie zurück.

»Mir fällt das auf, weil ich dich ein Leben lang kenne. Also, wir sind allein. Wo drückt der Schuh? Hast du Heimweh nach Norwegen?«

Wendy schüttelte den Kopf. Sie seufzte.

»Nein, ich habe kein Heimweh. Außerdem, nach wem sollte ich Heimweh haben? Du bist hier.«

Ole nahm Wendy in seine Arme. Sie hielten sich einen Augenblick fest.

»Okay, ich erzähle es dir. Setz dich, ich hole meinen Tee«, sagte Wendy.

Wendy stellte die Keksdose mit den selbstgebackenen Plätzchen auf den Tisch. Bevor sie anfing zu erzählen, knabberte sie langsam an dem harten norwegischen Gebäck.

»Wie soll ich es sagen?«, murmelte Wendy.

»Lass einfach aus dir heraussprudeln, was dich bedrückt.«

Wendy nickte und atmete tief ein.

»Ich will mit dem Schönen beginnen. Dann kannst du vielleicht verstehen, warum ich mir Gedanken mache.«

Sie trank einen Schluck Kräutertee.

»Es ist so: als ich mich entschloss, nach Toni zu suchen, dachte ich wenig daran, dass er Familie haben könnte. Ich habe ihn gefunden und habe jetzt zwei Stiefgeschwister. Das Wort ›Stiefgeschwister‹ mag ich nicht, auch wenn es rechtlich korrekt ist. Ich habe Franziska und Sebastian ins Herz geschlossen und verstehe mich gut mit ihnen. Du weißt, dass ich mir als Einzelkind immer Geschwister gewünscht habe. In der letzten Zeit sind Franziska und ich noch weiter zusammengewachsen. Sie hat mir geholfen, die Almhütte zu renovieren. Wir hatten viel Freude und Spaß. Ich mag Franziska sehr. Abends saßen wir oft draußen auf der Bank und schauten in die Sterne. Wir erzählten uns unsere Träume und vertrauten uns unsere Geheimnisse an. Aber jetzt sehe ich Franziska kaum noch. Sie kommt von der Arbeit, isst schnell etwas, zieht sich um und schon ist sie wieder fort. Sie kommt meistens erst nach Mitternacht zurück. Ich kann nicht einschlafen, bevor sie nicht da ist.«

Ole hob die Augenbrauen. Er wusste, dass Franziska abends nicht auf der Berghütte war. Er schwieg und ließ Wendy weitererzählen.

»Franziska hat sich verändert. Sie donnert sich abends auf, stylt sich, als gehe sie zu einer Misswahl. So kenne ich sie nicht.«

»Und wo geht sie hin?«

Wendy zuckte mit den Schultern.

»So genau weiß ich das nicht. Ich kann es nur vermuten. Sie war einige Male in der Disco in Kirchwalden. Ich habe eine Quittung für Getränke gefunden. Sie muss sie verloren haben. Vielleicht fährt sie auch nach München.«

»München am Abend? Hin und zurück? Das ist eine weite Strecke, Wendy.«

Wendy nickte. Sie gestand, dass sie nachts heimlich aufgestanden war und sich den Kilometerstand von Franziskas Auto notiert hatte.

»Du hast ihr nachspioniert?«, staunte Ole.

Wendy errötete.

»Ja, weil ich mir Sorgen mache.«

»Hast du sie nicht gefragt, wohin sie geht? Sag ihr doch, dass es abends langweilig und einsam sei, ohne sie! Sag ihr, wenn sie ins Kino gehe oder in die Disco, kämst du gern mit, gelegentlich jedenfalls.«

»Ole, das habe ich alles versucht. Aber sie tut dann so, als habe sie es nicht gehört. Sie stellt sich taub.«

Wendy trank einen Schluck Tee.

»War ich in ihrem Alter auch so?«

Ole lachte.

»Als du volljährig warst, bist du sicher mal nachts mit Freunden unterwegs gewesen, besonders in lauen Mittsommernächten. Aber ich musste mir nie Sorgen machen. Du hast immer alles haarklein erzählt. Außerdem war ich auch einmal jung.«

Ole und Wendy lächelten sich an.

»Ole, vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken. Franziska hat sich in letzter Zeit sehr verändert. Wann hast du sie zuletzt gesehen? Wann war sie das letzte Mal auf der Berghütte?«

Ole lehnte sich auf dem Stuhl zurück, schaute gegen die Decke und versuchte, sich zu erinnern.

»Das ist schon eine Weile her.«

»Siehst du! Kommt Toni und Anna das nicht sonderbar vor? Sind sie nicht verwundert, dass Franziska so selten bei ihnen ist?«

»Sie gehen davon aus, dass ihr beide, Franziska und du, wunderschöne Abende erlebt. Sie freuen sich, dass ihr euch so gut versteht. Nein, sie machen sich wegen Franziska keine Gedanken.«

Wendy goss sich Tee nach.

»Ich will Toni und Anna nicht beunruhigen. Aber ich mache mir Sorgen. Franziska hat sich sehr verändert. Sie ist anders geworden, ganz anders. Ich erkenne sie kaum wieder. Wo ist die bodenständige Franziska? Statt Dirndl oder Jeans und Bluse, trägt sie jetzt Leggings, Schuhe mit hohen Absätzen und Glitzeroberteile. Sie schminkt sich. Einmal hat sie sich sogar farbige Strähnchen ins Haar gesprüht.«

Ole sah Wendy überrascht an.

»Das kann ich mir gar nicht vorstellen, Wendy. Du hast recht, das ist nicht die Franziska, die wir alle kennen und schätzen.«

Wendy nickte Ole zufrieden zu. Er wiegte bedenklich den Kopf.

»Siehst du, jetzt kannst du mich verstehen«, sagte Wendy.

»Vielleicht ist es nur ein Phase und geht wieder vorbei«, sagte Ole beschwichtigend. »Bei den meisten jungen Leuten gibt es während der Pubertät Unruhe. Auf der einen Seite sind sie noch Kinder und auf der anderen Seite fühlen sie sich sehr erwachsen. Sie setzen sich über Verbote hinweg und schlagen alle Ratschläge der Eltern in den Wind. Franziska ist zwar aus dem Alter heraus. Sie soll während der Pubertät ein braves Mädchen gewesen sein. Möglicherweise holt sie jetzt etwas nach, tobt sich aus.«

»Wie habe ich mich verhalten, als ich in der Pubertät war?«, fragte Wendy.

Ole lachte laut und herzlich.

»Es hielt sich in Grenzen. Erinnerst du dich, dass du unbedingt in hohen Stöckelschuhen in die Schule gehen wolltest?«

Jetzt musste Wendy auch lachen.

»Oh ja! Ich gestehe dir jetzt, dass ich schon nach dem ersten Tag einsah, wie unpraktisch das war. Aber das wollte ich auf keinen Fall zugeben.«

»Du hast mehrere Wochen durchgehalten, erinnere ich mich.«

»Ich habe nur so getan. Ich hatte ein Paar bequeme Schuhe bei einer Freundin deponiert. Ich wechselte die Schuhe auf dem Hinweg und dem Rückweg.«

Ole grinste. »So etwas hatten Jette und ich vermutet.«

»Wieso?«, fragte Wendy interessiert.

»Das war einfach. Jette war aufgefallen, dass die Schuhe immer sauber waren und die Absätze sich nicht abgelaufen haben. Du weißt, dass Jette gern Schuhe mit sehr hohen Absätzen trug, weil sie nicht sehr groß war. Sie hatte ständig Schuhe beim Schuster, weil die Absätze abgelaufen waren oder das Leder Kratzer bekommen hatte. Bei den Schuhen, die du getragen hast, war es nicht so.«

»Oh, ihr habt nie etwas gesagt«, stellte Wendy fest.

»Nein, warum sollten wir? Wir dachten, die Sache wird sich von selbst erledigen und so war es auch. Irgendwann hast du uns erklärt, du würdest mit dem Fahrrad zur Schule fahren und deshalb andere Schuhe anziehen. Damit war das Thema erledigt.«

»Ich bin nicht oft mit dem Rad zur Schule gefahren. Ich habe bald wieder den Bus genommen. Alle meine Freundinnen fuhren Bus. Es war schön, zusammen herumzualbern.«

Sie lachten.

Ole fragte, wer Franziskas Freundinnen in Waldkogel waren. Vielleicht könne sie über sie etwas erfahren.

»Gute Idee! Franziska und Sebastian waren eng mit den Kindern des Försters befreundet, mit Paul und Ulla. Aber im Augenblick ist der Kontakt etwas eingeschlafen. Jeder geht beruflich seine eigenen Wege. Deshalb sehen sie sich nur selten.«

Wendy überlegte.

»Meinst du, ich sollte versuchen, Ulla Hofer auszufragen? Ich überlege, ob ich mit Toni und Anna reden soll?« Wendy seufzte. »Aber ich lehne die Rolle der petzenden großen Schwester ab. Dennoch mache ich mir ernsthaft Sorgen.«

»Vielleicht hat sie einen Burschen?«

»Nein, das nicht«, widersprach Wendy. »Allerdings könnte es sein, dass …«

Sie vollendete den Satz nicht.

»Was wolltest du sagen? Ich erzähle es nicht weiter.«

»Okay! Franziska war in Lukas Meininger verliebt. Aber er bringt jetzt oft eine Kommilitonin mit nachhause. Ich weiß nicht, ob etwas zwischen ihm und dieser Hella ist. Die kleine Ronja behauptet das voller Überzeugung. Helene von Markschlotten heißt die junge Dame, die Hella gerufen wird. Sie stammt von einem großen Gut und Gestüt in Friesland. Lukas Meininger und sie sind an der Universität zusammen in einer Arbeitsgruppe. Da werden auch Themen vorgegeben. Lukas hat seine spezielle Schweinezucht zum Studienobjekt gemacht. Er hat Hella erlaubt, ebenfalls eine Arbeit über diese alte Schweinerasse zu schreiben und ihr deshalb einige Ferkel abgetreten, zu Studienzwecken. Sie kommt sehr oft auf den Hof. Das muss sie auch. Denn Franziska weigert sich, die Ferkel weiter zu betreuen und Buch zu führen, wie sie das bisher für Lukas gemacht hatte.«

»Eifersucht!«, sagte Ole.

»Du sagst es. Aber ich kann Franziska vollauf verstehen. Diese Helene von Markschlotten hat Franziska sehr von oben herab behandelt, und Lukas scheint von ihr sehr beeindruckt zu sein. Und nicht nur er! Eva Meininger hat ganz neue Sitten auf dem Hof eingeführt.«

»Ich weiß, es wird nicht mehr gerufen, wenn das Essen fertig ist, sondern ein Gong geschlagen.«

»Genau! Woher weißt du es?«, staunte Wendy.

»Ich habe Ronja getroffen.«

»Ah so! Jedenfalls ist Franziskas Zuneigung zu den Meiningers, insbesondere zu Lukas, merklich abgekühlt. Das ist der eigentliche Grund, warum sie bei mir auf der Almhütte übernachtet. Sie macht Dienst nach Vorschrift. Sie kommt abends nach dem Angelusläuten her und fährt morgens hin. Sie achtet genau auf ihre Stundenzahl und übernimmt nur Aufgaben, die in ihrem Vertrag aufgeführt sind.«

»Oh, oh, oh! Da braut sich etwas zusammen. Franziska macht bald ihre Prüfung. Ich erinnere mich, dass sie neulich eine Akte auf der Berghütte geholt hatte. So am Rande habe ich mitbekommen, dass Anna sich wunderte, wozu sie Kopien der Unterlagen des Bichler Hofs wollte.«

»Und?«, fragte Wendy ungeduldig.

»Franziska sagte, sie lerne im Rahmen ihrer Ausbildung auch etwas über Vertragsrecht. Das müsse ein Landwirt wissen und deshalb brauche sie die Unterlagen als Grundlage. So könne sie sich alles besser merken. Aber wenn es einen anderen Grund gab, Wendy?«

»Ole, wir haben den gleichen Gedanken. Ich vermute, dass ihr Groll viel tiefer sitzt, als sie sich anmerken lässt. Sie hat schon lange nicht mehr von Lukas, Hella und den Meiningers gesprochen. Aber stille Wasser sind tief. Meinst du, sie heckt etwas aus?«

»Ein verschmähtes Frauenherz ist zu allem fähig. Vielleicht hat sie nach einer Möglichkeit gesucht, den Meiningers vorzeitig die Pacht zu kündigen. Wenn Franziska ihre Prüfung gemacht hat, ist sie berechtigt, einen Hof zu führen, Wendy. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein verletztes Herz Rache nimmt.«

»Ole, das wäre ganz schrecklich. Das kann sie doch nicht machen. Und wenn sie so etwas vorhat, dann muss Sebastian zustimmen.«

»Ich kenne die Einzelheiten nicht. Aber Sebastian kommt bald für immer auf die Berghütte. Wenn er dort der Juniorhüttenwirt ist, kann er dann seiner kleinen Schwester die Position als Bäuerin auf dem elterlichen Hof verweigern? Außerdem hast du quasi die Alm hier.«

Wendy stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und barg das Gesicht in den Händen. Sie war erschüttert.

»Ole, ist das schrecklich. Allein die Vorstellung jagt mir einen Schauer über den Rücken. Jetzt habe ich noch eine Sorge mehr, die mich beunruhigt. Doch wie passt es zusammen, Ole? Auf der einen Seite vielleicht der heimliche Plan, die Meiningers vom Hof zu werfen und auf der anderen Seite die Tendenz zum Disco-Girl?«

Ole seufzte.

»Wendy, ich kann es dir nicht sagen. Du kennst Franziska besser.«

»Dass ich sie gut kenne, das dachte ich auch. Im Augenblick weiß ich nicht, was ich denken soll.«

Wendy trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte.

»Ole, ich habe Franziska sehr gern. Sie ist mir ans Herz gewachsen. Wenn ich verhindern kann, dass sie etwas Dummes anstellt, dann will ich alles dafür tun. Aber ich weiß nicht, was in ihrem Kopf vorgeht. Was denkst du?«

»Franziska ist wütend auf Lukas. Sie ist wütend auf diese Hella und sie lässt es Lukas Eltern spüren, indem sie Dienst nach Plan macht. Früher hat sie dort übernachtet und viele zusätzliche Aufgaben übernommen. Die fallen jetzt fort. Vielleicht fühlt sie sich nicht ausgefüllt? Mit der Renovierung seid ihr auch fertig. Vielleicht stürzt sie sich abends in die Disco, damit sie ausgefüllt ist, damit die Stunden herumgehen. Damit will ich nichts gegen deine Gesellschaft gesagt haben. Franziska kann voller Wut sein und sucht ein Ventil. Das findet sie in lauter Discomusik. Sie lässt sich zudröhnen und tanzt, damit sie nicht zum Grübeln kommt. Und sie stylt sich, damit sie von anderen Burschen bewundert wird.«

»Nachdem Lukas sie links liegen lässt und nur Augen für Hella hat!«

Ole nickte und zog die Schultern nach oben.

»So kann es ein, es muss nicht so sein.«

»Das weiß ich. Aber es könnte eine Erklärung sein, warum sich Franziska so sonderbar verhält. Sie fühlt sich minderwertig gegenüber dieser eleganten jungen Dame aus gutem Hause. Ich muss versuchen, ihr das auszureden. Ja, das muss ich.«

Ole lächelte Wendy an und schwieg. Wie erwachsen sie geworden ist, meine Wendy, dachte er. Wie schnell sie in die Rolle der großen Schwester hineingefunden hat. Wie wunderbar sie ihr Leben gemeistert hat, die Suche nach ihrem leiblichen Vater und wie sie sich in Waldkogel eingelebt hat. Ole überlegte, ob er mit Toni über Franziska sprechen sollte. Aber er entschied sich, es nicht zu tun, zunächst jedenfalls.

»Wendy, wir sitzen hier und suchen nach einer Erklärung. Was wir uns so ausdenken und zusammenreimen, muss nicht stimmen. Vielleicht gibt es eine ganz andere, einfache Erklärung?«

»Möglich«, seufzte Wendy, »aber kannst du mir sie nennen?«