Wohnen im Alter. Umzugsgründe in das Betreute Wohnen - Christina Müller - E-Book

Wohnen im Alter. Umzugsgründe in das Betreute Wohnen E-Book

Christina Müller

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2004
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Psychologie - Sozialpsychologie, Note: 1,0, FernUniversität Hagen (Institut für Psychologie), Veranstaltung: Kurs: Altern und Umwelt, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Vergangenheit haben sich die verschiedenen wissenschaftlichen Zweige der Gerontologie vorwiegend mit dem geistigen und körperlichen Kompetenzabbau beschäftigt, der im Rahmen des menschlichen Alterungsprozesses stattfindet. Jedoch sehen zunehmend mehr ältere Menschen ihr Alter als positive und produktive Lebensphase, die sie sich möglichst lange in Autonomie erhalten möchten. Baltes und Carstensen (1996) betonen in ihrem Beitrag zum erfolgreichen Altern, dass Altern nicht nur Kompetenzverlust bedeuten kann, sondern auch Weiterentwicklung, Aufbau einer neuen, möglicherweise anders gearteten Vitalität und kreative Auseinandersetzung, so dass Altern auch mit Zufriedenheit erlebt werden kann. Neben dem Wunsch nach langfristiger, selbstständiger Lebensführung wächst mit zunehmendem Alter aber auch das Bedürfnis nach persönlicher Sicherheit und Krisenvorsorge. Das Betreute Wohnen hat sich in den letzten Jahren als Wohnform herauskristallisiert, die diesen beiden entgegengesetzten Bedürfnissen von Autonomie einerseits und Sicherheit andererseits gerecht werden kann. Die vorliegende Studie gibt neben aktuellen gerontologisch-theoretischen Grundlagen zur Person-Umwelt-Interaktion im Alter einen kurzen Abriss über das Konzept des Betreuten Wohnens für Senioren und untersucht auf Basis empirischer Daten, aus welchen Beweggründen ältere Menschen sich für diese relativ neue Wohnform entscheiden.

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wohnen im Alter
2.1 Begriffserläuterung „Wohnen“
2.2 Begriffserläuterung „Alter“
2.3.1 Kompetenz und Anpassung
2.3.2 Umwelt und Anpassung
2.3.3 Ökopsychologische Betrachtung des Wohnens
2.3.4 Gerontologische Betrachtung des Wohnens
2.3.5 Umzug
2.4 Wohnformen
3. Betreutes Wohnen
3.1 Begriffserläuterung
3.2 Formen des Betreuten Wohnens
3.4 Qualitätskriterien für das Betreute Wohnen
4. Theorien zum Wohnen im Alter
4.1 Das Umweltanforderungs-Kompetenzmodell von Lawton
5. Empirische Erhebung zum Betreuten Wohnen
Kapitel
5.1.1 Beschreibung der Bewohnerstruktur
5.1.2 Beschreibung des Umfelds der Wohnanlage und der Stadtteil-
5.2 Methode und Durchführung
5.2.1 Erhebungsinstrument
5.2.2 Beschreibung der Stichprobe
5.3 Ergebnisse
5.3.1 Vorheriger Wohnstandort
5.3.2 Entscheidungsgründe für die Einrichtung
5.3.2.1 Entscheidungsgründe der Priorität 1
5.3.2.2 Entscheidungsgründe der Priorität 2
5.3.3 Umzugsgründe
5.3.3.1 Umzugsgründe der Priorität 1
5.3.3.2 Umzugsgründe der Priorität 2
5.3.4 Bedeutung der unmittelbaren Wohnumwelt
6.2 Ergebnisdiskussion im Kontext der Theorien von Lawton sowie
Baltes und Baltes
7. Schlussbetrachtung

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Müller, Christina

Themenstellung eingereicht am: 27. April 2004 Arbeit eingereicht am: 14. Juni 2004

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1. Einleitung

In der Vergangenheit haben sich die verschiedenen wissenschaftlichen Zweige der Gerontologie vorwiegend mit dem geistigen und körperlichen Kompetenzabbau beschäftigt, der im Rahmen des menschlichen Alterungsprozesses stattfindet. Jedoch sehen zunehmend mehr ältere Menschen ihr Alter als positive und produktive Lebensphase, die sie sich möglichst lange in Autonomie erhalten möchten. Baltes und Carstensen (1996) betonen in ihrem Beitrag zum erfolgreichen Altern, dass Altern nicht nur Kompetenzverlust bedeuten kann, sondern auch Weiterentwicklung, Aufbau einer neuen, möglicherweise anders gearteten Vitalität und kreative Auseinandersetzung, so dass Altern auch mit Zufriedenheit erlebt werden kann.

Neben dem Wunsch nach langfristiger, selbstständiger Lebensführung wächst mit zunehmendem Alter aber auch das Bedürfnis nach persönlicher Sicherheit und Krisenvorsorge.

Das Betreute Wohnen hat sich in den letzten Jahren als Wohnform herauskristallisiert, die diesen beiden entgegengesetzten Bedürfnissen von Autonomie einerseits und Sicherheit andererseits gerecht werden kann. Die vorliegende Studie gibt neben aktuellen gerontologisch-theoretischen Grundlagen zur Person-Umwelt-Interaktion im Alter einen kurzen Abriss über das Konzept des Betreuten Wohnens für Senioren und untersucht auf Basis empirischer Daten, aus welchen Beweggründen ältere Menschen sic h für diese relativ neue Wohnform entsche iden.

2. Wohnen im Alter

Auch wenn der Mittelpunkt dieser Studie die „älteren Menschen“ darstellt, soll zunächst kurz auf einige allgemeine Aspekte zum Wohnen bzw. der räumlichen Umwelt eingegangen werden.

Der Alltag jedes Menschen ist immer in räumlich-soziale Kontexte eingebettet. Einerseits bildet unsere Umwelt eine Voraussetzung für die Lebensbewältigung, auf der anderen Seite gebrauchen wir unsere Umwelt als Mittel zur Alltagsgestaltung (Saup, 2003). Wie bereits die philosophische Anthropologie aufgezeigt hat, ist menschliches Leben ohne Umwelt- oder Raumbezug nicht vorstellbar. Bollnow beschreibt es wie folgt: „Räumlichkeit ist eine Wesensbestimmung des menschlichen Daseins“ (1990, in Saup, 2003, S.20).

Für unsere Gesellschaft bedeutet der Austritt aus dem Berufsleben häufig den Eintritt in die Altersphase und somit in einen neuen, besonderen Lebensabschnitt, der dann wiederum mit speziellen Bedürfnissen im Zusammenhang steht (Wehrli-

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Schindler, 1997). In dieser Phase gewinnt das engere Wohnumfeld, bzw. die eigene Wohnung zunehmend an Bedeutung.

2.1 Begriffserläuterung „Wohnen“

Nach Flade (1996a, Kruse, Graumann, Lantermann, 1996) liefert der Philosoph Heidegger die umfassendste Definition von „Wohnen“, denn er setzt Wohnen gleich mit der Art und Weise, wie wir Menschen auf der Erde sind. Wohnen ist für den Menschen eine charakteristische Daseinsform, was dem Wohnen somit einen hohen Stellenwert verleiht (vgl. Saup, 1993). Während Heidegger Wohnen mit dem gesamten Sein des Menschen gleichsetzt, betont Bollnow die Geborgenheit und das Verwurzeltsein des Wohnens. Nach ihm heißt Wohnen, an einem bestimmten Ort zuhause zu sein, mit ihm verwachsen zu sein und auch dort hinzugehören (Saup, 1990, in Mayring, Saup, 1990). Saegert (1985) bezeichnet Wohnen als den Eintritt in eine besonders innige physische, soziale und psychologische Beziehung zur Umwelt. Auch in der Alltagssprache wird eine ähnlich umfassende Bezeichnung gebraucht, wenn es heißt: „Wo leben Sie jetzt?“ (Flade, 1996a, in Kruse, Graumann, Lantermann, 1996). „Wohnen ist zusammenfassend: eine vergleichsweise enge Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt, eine Interaktion zwischen Mensch und Wohnumgebung, genauer: eine Transaktion von und zwischen Mensch-Umwelt- Einheiten im Zeitablauf, eine zentrale menschliche Tätigkeit, eine Rahmenbedingung für Sozialisationsleistungen der Familie, ein emotionales Verbundensein mit einem Ort“ (Fl ade, 1993, in Oswald, 1996, S.58). Oder aber wie Saup knapp zusammenfasst: Wohnen ist „der alltägliche Geschehensablauf im räumlich-sozialen Kontext der Wohnung“ (1993, S.93).

2.2 Begriffserläuterung „Alter“

Baltes und Baltes (1994) unterscheiden zwischen „Alter“ (engl. „old age“) und „Altern“ (engl. „aging“). „Alter“ ist definiert als Lebensperiode und Resultat des Altwerdens; bei der Verwendung dieses Begriffs liegt der Blick auf dem älteren Menschen als Teil der Gesellschaft. Im Gegensatz hierzu betont der Terminus „Altern“ den Prozess des Älterwerdens und die Mechanismen, die diesem Prozess zugrunde liegen. „Altern“ beginnt bereits mit der Zeugung und umfasst die gesamte Lebenszeitspanne einschließlich des Stadiums des Alters. Trotz vielseitiger Kritik an der Verwendung des biologischen bzw. kalendarischen Alters zur sinnvollen, wissenschaftlichen Kategorisierung einer interindividuell höchst heterogenen Menschengruppe (vgl. Maddox, Campbell, 1985; Bundes-

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ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2001) hat sich in den gerontologischen Wissenschaften diese Einteilung aus forschungstechnischen und methodischen Gründen durchgesetzt. Saup (1989) beispielsweise teilt Menschen anhand ihres kalendarischen Alters in die Kategorien ältere Menschen - bis 75 Jahre, Hochbetagte - zwischen 75 und 85 Jahre und Höchstbetagte - ab 85 Jahre ein. Die World Health Organization (1999, S.11) unterscheidet „elderly“, d.h. Menschen zwischen 65 und 80 Jahre, und „oldest-old“, d.h. Menschen über 80 Jahre.

Aktuelle Modellrechnungen zeigen, dass die Anzahl der über 65jährigen an der deutschen Gesamtbevölkerung von 22,8 % im Jahr 2000 auf 35,5% im Jahr 2030 ansteigen wird (Alber, Schölkopf, 1999). Diese demographische Veränderung macht die Entwicklung neuer Wohnkonzepte für das Alter zu einem sozial- und alterspolitischen Imperativ.2.3 Bedeutung de s Wohnens im Alter

Die Bedeutung des Wohnens im Alter wird von den psychologischen Einzeldisziplinen unter verschieden Gesichtspunkten untersucht. Die Entwicklungspsychologie betrachtet Wohnen unter dem Aspekt der Aneignung räumlich-dinglicher Umwelten durch den Menschen und untersucht, welche Rolle unterschiedliche Umwelten im Lebenslauf von Menschen spielen. Die ökologische Psychologie analysiert die Bedeutung des Wohnens im Alter insbesondere unter funktions- und bedeutungsorientierten Gesichtpunkten.

Die funktionsorientierten Ansätze der ökologischen Psychologie betrachten die Wohnumwelt im Hinblick auf die kompetenzerhaltenden, -fördernden oder -behindernden Wirkungen auf den älteren Menschen (Oswald, 1996), insbesondere als dieser mit zunehmendem Alter wichtige, umweltrelevante Kompetenzen einbüßen kann (siehe auch Abschnitt 2.3.1). So betont Filipp unter Zuhilfenahme eines Zitats von Wohlwill - „the environment is not in the head“ (1976, in Filip, 1990, S.148) - dass die physische Beschaffenheit der Umwelt zugunsten einer rein bedeutungsorientierten Sichtweise nicht vernachlässigt werden darf. Diese letzteren Ansätze, im englischen Sprachraum auch unter dem Begriff „aging in place“ zusammengefasst, stellen den subjektiven Wert des Wohnens und die Bindung an das eigene Zuhause in den Mittelpunkt, d.h. „weniger die objektiv gegebenen ökologischen Bedingungen (…) als vielmehr die Art und Weise, wie (der ältere Mensch) sie erlebt, (und) was sie für ihn persönlich bedeuten“ (Lehr, 1977, in Oswald, 1994, S.357). So fand Lehr (1996) in ihrer Studie, dass die generelle