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Die Saat des Zweifels – entdecken Sie die Fantasy-Reihe „Wolfsbraut“ von Kaitlyn Abington jetzt als eBook bei dotbooks. Die junge Prinzessin Lynn ist auf der Flucht vor einer grauenhaften Bestie, die sie mit unheimlicher Beharrlichkeit verfolgt. Gleichzeitig sucht sie verzweifelt nach dem „Wahren König“, von dem sie sich die Heilung ihres sterbenskranken Vaters erhofft. Ein Fremder mit seltsamen Wolfsaugen hat sich ihr als schwer zu durchschauender Begleiter aufgedrängt. Mit ihm zusammen durchstreift sie ein Land, das weitgehend verödet ist und dessen Einwohner in Angst und Schrecken vor der Herrscherfamilie leben – Lynns Familie. Mittlerweile werden die beiden von Soldatentrupps im Auftrag der Regierung regelrecht gejagt. Spät erst wird Lynn bewusst, dass sich ausgerechnet ihr Verlobter Lord Duncan unter den Verfolgern befindet, und sie weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann. Jetzt als eBook kaufen und genießen: die Fantasy-Reihe „Wolfsbraut“ von Kaitlyn Abington. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 261
Über dieses Buch:
Die junge Prinzessin Lynn ist auf der Flucht vor einer grauenhaften Bestie, die sie mit unheimlicher Beharrlichkeit verfolgt. Gleichzeitig sucht sie verzweifelt nach dem „Wahren König“, von dem sie sich die Heilung ihres sterbenskranken Vaters erhofft. Ein Fremder mit seltsamen Wolfsaugen hat sich ihr als schwer zu durchschauender Begleiter aufgedrängt. Mit ihm zusammen durchstreift sie ein Land, das weitgehend verödet ist und dessen Einwohner in Angst und Schrecken vor der Herrscherfamilie leben – Lynns Familie. Mittlerweile werden die beiden von Soldatentrupps im Auftrag der Regierung regelrecht gejagt. Spät erst wird Lynn bewusst, dass sich ausgerechnet ihr Verlobter Lord Duncan unter den Verfolgern befindet, und sie weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann.
Über die Autorin:
Kaitlyn Abington ist das Pseudonym einer erfolgreichen Autorin. Nach ihrem Studium der Germanistik, Pädagogik, Theologie und Kunstgeschichte hat sie unter ihrem Klarnamen mehrere erfolgreiche Krimis, historische Romane und Kinderbücher veröffentlicht.
Kaitlyn Abington veröffentlichte bei dotbooks ebenfalls die anderen beiden Bände der Fantasy-Trilogie Wolfsbraut:
Der Traum. Erster Roman
Die Entscheidung. Dritter Roman
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Originalausgabe März 2015
Copyright © 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung und Titelbildabbildung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Yuri Zhuravov
ISBN 978-3-95824-037-7
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Kaitlyn Abington
Wolfsbraut
Der Fluch
Zweiter Roman
dotbooks.
Liste der Personen und die Bedeutung ihrer Namen, soweit bekannt:
Lynn, Kurzform von Gwendolyn (schöne Blume): Kronprinzessin von Alba
Ulf, Kurzform von Thorulf (altnordischer Donnergott und Wolf): zwingt Lynn auf eine gefährliche und geheimnisvolle Reise
Eadha (Zitterpappel): Lynns persönliche Dienerin, man könnte auch sagen, ihre Wächterin
Aengus (Busch/Steinhügel): alter Kesselflicker mit düsterer Vergangenheit
Cathal (mächtig in der Schlacht): König von Alba, Lynns Vater. Aber ist er auch der wahre König?
Cormac (Sohn der Schändung): Haushofmeister, hat nicht umsonst einen so schrecklichen Namen
Lord Duncan (dunkler Krieger): der schönste Mann Albas, aber nicht unbedingt der netteste
Fiona (blond): Lynns wunderschöne, aber leider verschlagene Kusine. Und blond ist sie auch nicht
Lord Dubhglais (dunkler Fluss): nach dem König wichtigster Mann in Alba oder vielleicht doch vor ihm
Cam-Shron (Hakennase): Diener mit Geheimnis, das er gut für sich behält
Gort (Efeu): Stallbursche, schwer verliebt in Lynn
Iogh (Eibe): Stallbursche und pures Gift
Meara (fröhlich, vergnügt): Lynns liebenswerte Stute
Nath (Weißdorn): Köhlerjunge, sehr verängstigt und misstrauisch
Beith (Birke): Naths Mutter
Lynn
Vor uns bog ein Karren, gezogen von einer alten Mähre, von einem Feldweg in die Straße ein, die zur Stadt führte, aber bis dahin waren es noch etliche Meilen. Der Besuch im Bauernhaus lag nun einen Tag zurück. Wir wollten nach Edradour, genauer gesagt, Ulf wollte, er war nicht davon abzubringen. Mir war es inzwischen völlig egal, wohin es ging, ich schleppte mich nur noch Schritt für Schritt vorwärts und erwartete, irgendwann hinzufallen und liegenzubleiben. Dieser Karren hatte nur eine Achse, auf die ein hoher Holzkasten mit verwaschener Bemalung montiert war, von dessen Seitenwand allerhand herunterhing und klapperte, was mich fast in den Wahnsinn trieb. Es schepperte, dröhnte, klingelte, jeder Ton hallte in meinen Ohren wider und verstärkte den dumpfen Kopfschmerz, an dem ich wieder einmal litt.
»Können wir warten, bis sich dieser Karren ein bisschen entfernt hat? Mich bringt das Geklapper um den Verstand«, erklärte ich mit flacher Stimme.
»Dann hast du’s ja gleich überstanden«, sagte Ulf ungalant.
Es ging auf Mittag zu.
Ich fand, dass ich genug ertragen und genug von diesem Kerl eingesteckt hatte. »Findest du es witzig, wenn ich durchdrehe?«, schrie ich ihn an und griff mir aufjaulend an den Kopf.
Auf einmal lagen seine Hände an meinen Schläfen. »Scht! Beruhige dich, ein paar Stunden noch, dann haben wir die Stadt erreicht. Wir suchen das nächste Gasthaus auf und du kannst ausruhen.«
Seine kühlen Hände waren tatsächlich eine Wohltat. Die Schmerzen und alle Qualen wurden erträglicher und einen kurzen Moment fühlte ich mich wundersam geborgen. Aufseufzend lehnte ich mich an seine Brust.
Ein furchtbares Geschepper ließ mich zusammenfahren. Vor Schreck stieß ich einen Klageschrei aus. Jemand fluchte laut.
Ulf schob mich von sich. Beide starrten wir die Straße entlang. Ein Rad hatte sich gelöst und der Trödelkarren war auf die Seite gekippt. Das Pferd scheute und schob den scheppernden Karren ein Stück rückwärts, das Deichselende schrammte über die unbefestigte Straße.
»Halt, haalt.« Ein Mann erschien und fasste dem Pferd in die Trense. Nachdem er es beruhigt hatte, kam er murmelnd und schimpfend auf die Seite des Karrens geschlurft, an der sich das Rad gelöst hatte, besichtigte den Schaden und spuckte in die Hände.
»Was macht er jetzt?«, flüsterte ich.
»Er versucht, den Karren wieder flott zu machen.«
Tatsächlich ging der Mann ein Stück in die Knie und stemmte sich mit einer Schulter gegen den Kasten, um ihn in die Waagerechte zu hieven. Gleichzeitig angelte er mit dem Fuß nach dem abgefallenen Rad. Aber schon neigte sich der Karren wieder. Pfannen, Töpfe, Kessel und andere metallene Gerätschaften, die an der Seite hingen, machten einen Höllenlärm.
Der Mann ließ sich davon nicht beirren. Er zog das Rad ein Stück näher und begann von Neuem.
»Was ist das für ein Kerl?«, fragte ich stöhnend.
»Ein Kesselflicker, nehme ich an.«
»Er sieht nicht gerade kräftig aus.«
»Deshalb hat er’s nur zum Kesselflicker gebracht statt zum ordentlichen Schmied.«
»Hilf ihm«, stieß ich hervor.
»Warum?«
»Damit der Lärm aufhört.«
»Renn einfach an dem Karren vorbei.«
Ich presste mir die Hände auf die Ohren. Gerade war wieder ein Versuch des Mannes, das Rad auf die Deichsel zu schieben, unter viel Krach gescheitert.
»Ich kann nicht, ich kann’s wirklich nicht«, erklärte ich entnervt. Ich wäre lieber stundenlang über einen glühenden Rost marschiert als das kurze Stück an diesem Karren vorbei. Meine Füße schmerzten immer noch, daher war der Gedanke an einen Rost gar nicht so abwegig. »Hilfst du ihm jetzt?«, röchelte ich mit versagender Stimme. Gerade begann eine neue Runde Geschepper.
»Schon gut, ich gehe ja schon.«
Ulf setzte sich in Bewegung, ich folgte ihm langsam in einigem Abstand, die Hände an den Ohren, obwohl der Mann gerade seine Versuche, allein mit seinem Problem klarzukommen, einstellte.
Er kratzte sich an der Stirn und schob den eingedellten Hut, den er trug, ein Stück nach hinten. Seiner schäbigen Kleidung und den ausgetretenen Stiefeln nach konnten seine Geschäfte nicht besonders gut gehen. Ob es an ihm lag oder die Kesselflicker-Branche allgemein nicht florierte, wusste ich natürlich nicht. Möglich war natürlich auch, dass der Mann einfach keinerlei Wert auf sein Äußeres legte. Sein Gesicht war von einem graumelierten Vollbart zugewuchert und das Haar hing ihm bis auf den speckigen Kragen herunter. Er fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht, während er Ulf misstrauisch entgegen glotzte.
»Geh beiseite«, forderte Ulf ihn auf. »Ich heb den Karren an und du schiebst das Rad auf.«
Ich wankte zum Straßenrand und ließ mich ins Gras sinken.
»Glaub aber nicht, dass du was für deine Hilfe von mir kriegst. Ich hab nichts, ich brauch deine Hilfe auch nicht. Das Rad ist zum fünften Mal in diesem Monat abgefallen und bis jetzt hab ich’s immer noch allein wieder drauf gekriegt«, grummelte der alte Kesselflicker.
Ganz schön unfreundlich, der Kerl!, dachte ich bei mir.
»Wenn du’s sagst«, gab Ulf gleichmütig zurück und stellte sich neben den Karren.
»Aber wenn du schon mal da bist, kannst du auch mit anpacken. Dann mal los«, sagte der Mann und spuckte wieder in die Hände.
Ulf grinste nur. Während er sich gegen den Karren stemmte, kam dieser langsam schwankend, klappernd und lärmend in die Waagerechte. Jeder Ton grub sich in meine Gehörgänge wie ein Schraubbohrer.
Viel zu langsam für meinen Geschmack nahm der Kesselflicker das Rad auf. Wenn er sich nicht ein bisschen beeilte, würde Ulf den Karren wieder absetzen müssen. Ich wunderte mich sowieso schon, wie er dem Gewicht so lange standhielt.
»Ich hab’s gleich«, sagte der Kesselflicker und versuchte, das Rad anzubringen. »Etwas tiefer, nein, höher, jetzt, nein ...«
Anscheinend war’s doch nicht so einfach.
»Kannst du nicht mal einen Moment still halten?«, schimpfte der Mann.
»Ich gebe mir Mühe. Wie wär’s, wenn du meine Schwester und mich auf deinem Karren mitnimmst?«
Der Wagen schwankte noch mehr, mir drehte der Krach den Magen um. Ich war drauf und dran, Ulf anzuschreien, den verdammten Karren in Ruhe zu lassen und mir lieber zu helfen, weiterzukommen. Was hatte er gefragt? Ob wir mitfahren könnten? Auf diesem Scheppergefährt? Hatte Ulf nicht mitbekommen, dass mich der Lärm umbrachte?
»Jetzt hätt‘ ich’s beinahe geschafft«, schimpfte der Kesselflicker. »Ich hab dir gesagt, ich gebe dir nichts für deine Mühe. Mein Pferd ist zu alt, um zwei Leute zusätzlich zu ziehen und ich hab was gegen Gesellschaft. Und jetzt halt endlich still.«
Ein bisschen war ich beruhigt, war aber immer noch wütend auf Ulf und auf seine unnötige Hilfsbereitschaft. Es war schon eine Qual, bloß zuzuschauen. Das Pferd wandte den Kopf und wieherte unglücklich.
Der Karren neigte sich wieder, Ulf konnte ihn nicht mehr halten und ließ ihn mit einem Plumps auf die Deichsel krachen.
Ich stöhnte auf.
»Tja, dann nicht«, sagte Ulf, rieb sich die Hände und streckte sich.
Der Kesselflicker spähte zu mir herüber.
»Das da ist deine Schwester? Sieht für mich wie ein Junge aus. Ihr zwei könnt laufen, ihr habt junge, kräftige Beine. Ganz anders als mein Pferd.«
Inzwischen trug ich die Jacke, die die Bäuerin mir geschenkt hatte, und hatte sie bis oben zugeknöpft. Wie das Hemd war mir auch die Jacke zu weit. Der Bauernjunge, dem die Kleidungsstücke einmal gehört hatten, musste schon mit zwölf oder dreizehn die Figur eines Ochsen gehabt haben. Mir war es gleich, für was oder wen der Kesselflicker mich hielt. Ich konnte mir ja sowieso nicht vorstellen, auf diesem Karren mit all dem scheppernden Zeug mitzufahren. Eine blöde Idee von Ulf. Stöhnend richtete ich mich auf und kam auf die Füße.
»Können wir weiter?«, fragte ich matt. »Besser wir gehen jetzt. Wenn ich noch mal stehen bleibe, falle ich eher tot um, als noch mal in die Gänge zu kommen.«
»Ist ja doch ein Mädchen, Jungs haben nicht diese hellen Stimmen«, murmelte der Mann und sah mir forschend ins Gesicht. Ich hatte mir die Kappe tief in die Stirn gezogen, um die Chance, erkannt zu werden, so gering wie möglich zu halten. Etwas wie Verwunderung flackerte im Blick des alten Mannes auf und verschwand wieder. Leise murmelnd schüttelte er den Kopf.
»Fass noch mal an«, forderte er Ulf auf.
»Und sie?« Ulf deutete auf mich. Ich hob abwehrend eine Hand.
»Einverstanden, sie kann mitfahren. Sie wiegt bestimmt nicht viel«, nuschelte der Mann. »Jetzt aber!«
Der Blick des Kesselflickers ging mir noch nach, während ich den Männern zuschaute.
Nun ging es ganz leicht. Ulf hob den Wagen an, hielt ihn ohne zu zappeln oder zu wanken in der Waagerechten, und schwupps, saß das Rad auf der Deichsel. Ulf trat einen Schritt zurück und las den herausgefallenen Splint, der das Rad auf der Deichsel gehalten hatte, aus dem Straßenschmutz auf. »Ich würde sagen, du brauchst einen neuen Splint, dieser sieht ziemlich abgenudelt aus.«
»Was du nicht sagst«, meinte der Kesselflicker, nahm ihm den Splint ab und klopfte ihn mit einem Hammer, der ebenfalls am Wagen gehangen hatte, wieder fest. »Dann mal rauf mit der Kleinen.«
Der Mann war selbst nicht gerade ein Riese, stellte ich fest, während ich vorsichtig den Kopf schüttelte, um den Schmerz in Schach zu halten.
»Nein, danke«, sagte ich höflich, aber wahrscheinlich nicht mit genügend Nachdruck.
Als hätte ich nichts gesagt, packte Ulf mich und hob mich auf den Bock. Ich schielte zurück auf die Straße und entschied, dass ich nicht hinunterspringen wollte, denn ich hielt es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass mir bei dem Sprung der Kopf platzte. Meinem Gefühl nach hatte er sich in einen höchst empfindlichen, bruchgefährdeten Riesenkürbis verwandelt, der unkontrollierbar auf meinem Hals wackelte.
Ein durchgesessenes Kissen lag auf der Sitzbank. Wimmernd rollte ich mich darauf zusammen, als ich merkte, dass der Mann zusammen mit Ulf nun zu Fuß ging.
Durch das wieder einsetzende Geklapper erhaschte ich hin und wieder etwas von der Unterhaltung der beiden, was mich ein bisschen von meinem Leiden ablenkte.
Der Kesselflicker hieß Kyle. Er zog über die Dörfer und besuchte auch abseits gelegene Höfe und das seit Jahren. Ulf versuchte, ihn ein wenig auszuhorchen, stieß aber schon bald auf Widerstand. Kyle war an Gesprächen nicht interessiert. Sobald die Unterhaltung versiegte, ging mir das Geschepper wieder wahnsinnig auf die Nerven, ich fühlte mich gereizt, müde und überaus unwohl und kam zu der Erkenntnis, dass das Leben auf der Straße unerträglich war. Nur ein paar Tage war ich von zu Hause fort und schon ein richtiges Wrack.
Wir kamen nur langsam voran, denn der Gaul war tatsächlich alt und gebrechlich und auch der Kesselflicker Kyle schlurfte mehr als dass er ging. Es mussten etliche Stunden vergangen sein, bis wir in Sichtweite der Stadt gelangten. Es war keine besonders große, aber eine mit Mauern befestigte Stadt und vor dem Tor standen Wachen.
Die Wachen stellten ein unerwartetes Problem dar.
»Sie kontrollieren«, sagte Kyle beiläufig und lenkte das Pferd an den Straßenrand unter einen ausladenden Holunder. Von hier waren die beiden Wachsoldaten gut zu erkennen, aber es sah nicht danach aus, als schenkten sie dem Karren des Kesselflickers bereits Beachtung. »Mich kennen sie, aber euch nicht. Hier muss das Mädchen absteigen. Wenn ihr in die Stadt wollt, seht zu, wie ihr das hinbekommt.«
Ich richtete mich auf. Ulf gab mir mit einem Wink zu verstehen, dass ich noch oben bleiben sollte. Er lief um den Kastenwagen herum und ich hörte, wie er hinten die Tür aufriss, hineinstieg und herumkramte.
»He! Was machst du da?«, rief Kyle verärgert und ging ihm nach.
»Hier ist massenhaft Platz für meine Schwester, hier in dieser Truhe, ich räum sie nur schnell aus.«
Unruhig lauschte ich der Auseinandersetzung, die sich hinter mir im Karren entwickelte.
»Ich hab’s geahnt. Du bist ein Schlingel und eine Pestbeule. Raus aus meinem Wagen!«, schimpfte Kyle.
Ulf lachte bloß.
Am Ende gab Kyle überraschend nach. »Aber dich schmuggele ich nicht durchs Tor«, erklärte er entschlossen. Damit war Ulf gemeint.
»Brauchst du nicht«, antwortete dieser. »Es reicht, wenn du meine Schwester mitnimmst.«
Ich fand, dass ich zumindest gefragt werden sollte. Wenn ich etwas nicht leiden konnte, dann eingesperrt zu sein, vor allem im Dunkeln – das hatte Eadha oft genug mit mir gemacht. Und nun sah ich mich in eine enge Kiste oder Truhe gepfercht, das ging gar nicht. Außerdem hatte ich kein großes Zutrauen zu diesem Kyle gefasst. Gut möglich, dass er mich erkannt hatte und am Tor verriet.
»Ich will aber nicht«, rief ich nach hinten.
»Es ist doch nur für kurze Zeit, Lynn. Ich mach mit Kyle klar, wo wir uns in der Stadt treffen. Jetzt komm her.«
Er musste zweimal nach mir rufen, und als ich dann immer noch nicht vom Bock stieg, kam er und holte mich. Hastig sagte ich ihm, dass ich glaubte, von Kyle erkannt worden zu sein, aber das hielt er für ganz und gar unwahrscheinlich. Davon war er nicht abzubringen und zerrte mich mit sich nach hinten.
Das Innere des Karrens war mit allerhand Krimskrams vollgestopft und diente Kyle offensichtlich als Behausung. Eine breite Bank bot genügend Platz zum Schlafen, und als Ulf das Sitzbrett hochklappte, wurde mir klar, dass die Bank eigentlich eine Truhe war. Unten lag schon eine Decke für mich ausgebreitet.
»Nein, danke«, sagte ich störrisch.
Ulf sah mich an, ich bemerkte, wie sich seine Miene verfinsterte. Auf einmal schüttelte es mich auf einmal. Zunehmend wurde er mir fremder, dabei hatte ich mich fast schon an ihn gewöhnt wie an ein lästiges, aber nicht wirklich gefährliches Insekt. Hornissen, das wusste ich, wurden nur gefährlich, wenn man sie reizte. Ulf sah gereizt aus.
»Steig hinein!«
Ich gehorchte. Sobald er den Deckel zugeklappt hatte, kam ich mir wie eingesargt vor. Alle Geräusche drangen nur noch gedämpft zu mir. Wahrscheinlich häuften die beiden Männer einiges von den Sachen Kyles auf die Bank, damit ja keiner der Wächter auf die Idee kam, in der Truhe nachzusehen. Dann setzte sich der Karren wieder rumpelnd und schlingernd in Bewegung.
Jetzt konnte ich nur noch abwarten.
Es dauerte nicht lange, da hörten die Geräusche auf, der Karren stand wieder still. Wie aus weiter Ferne drang ein Ruf zu mir. Einer der Wachsoldaten.
Schritte näherten sich. Eine Faust schlug an den Karren. Ich musste an den Soldaten denken, der dem Bauern mit der Peitsche eins übergezogen hatte. Würde mir überhaupt jemand glauben, dass ich Lynn von Alba war, die Kronprinzessin? Plötzlich begriff ich, wie dumm ich noch immer war. Man würde mich packen und in die Bergwerke verschleppen. Vielleicht gab es Geld als Fangprämie für eine neue Arbeitssklavin.
Der Kasten schwankte, als jemand hinten einstieg. Die Stimme war nun deutlicher zu hören.
»Was bist du nur für ein unordentlicher Mensch, Kyle.«
»Du kannst ja aufräumen, wenn du willst«, sagte Kyle mürrisch. »Und sag mir, wenn du irgendwas von Wert findest. Das tät mich echt freuen.«
Der Wächter lachte.
Wenig später fuhr der Karren wieder an, rumpelte aber nur ein kurzes Stück weiter und stand dann wieder still. Nichts geschah mehr. Ich wusste nicht, woran ich nun war. Hatte Kyle den Karren irgendwo in der Stadt abgestellt und war davon gegangen? Oder hatte er das Stadttor doch noch nicht passiert? Ich stemmte mich gegen den Deckel, aber er rührte sich nicht. Nach drei weiteren Versuchen gab ich auf. Jetzt fühlte ich mich lebendig begraben. Nicht ein Funke von Licht, nichts als Dunkelheit und Enge. Ich fing an zu keuchen.
Marterte mich vorher der Lärm, quälten mich nun die Stille und – die Ausweglosigkeit. Als die Luft immer stickiger wurde, überkam mich unausweichlich Panik.
Eadha
Wir hatten die erste Nacht in einer Scheune verbracht und uns dabei vom Stroh zerstechen lassen. Unter Cams »Vorräten«, auf die er so stolz war, befand sich leider keine Decke. Deshalb hatte ich meinen Unterrock ausgezogen und ausgebreitet, aber als Laken reichte er oben und unten nicht. Immerhin war es in der Scheune nicht übermäßig kalt. Dennoch knackten Cams Gelenke am nächsten Morgen so fürchterlich, als ob sie über Nacht eingerostet wären. Vorsichtig machte er ein paar Schritte und bewegte die Arme wie Vogelflügel. Danach wirkte er erleichtert.
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