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Emma S. Rose

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Beschreibung

Elena Eine einzige Fehlentscheidung bedroht alles, was ich mir mühsam aufgebaut habe. Ich dachte, er würde mir aus Nettigkeit helfen, doch viel zu spät habe ich bemerkt, dass er dabei nur seinen eigenen Vorteil im Sinn hatte. Nun bin ich ihm ausgeliefert, und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann. Mein Leben? Auf dem Abstellgleis. Doch dann taucht plötzlich er auf. Viel zu gutaussehend und seltsam interessiert an mir. Was soll ich nur tun? Ich kann ihm mein Geheimnis nicht verraten. Doch ich fühle mich von ihm angezogen. Von ihm und seinen silbrigen Augen … Dean Ein einziger Job. Ein Kurztrip nach Seattle, den ich so schnell wie möglich hinter mich bringen will. Die Stadt macht mich wahnsinnig, doch als ich ausgerechnet in der Kanzlei unserer Gegner ihr über den Weg laufe, ist alles anders. Sie ist meine Gefährtin, ich weiß es vom ersten Moment an, und plötzlich spielt nichts mehr eine Rolle. Nichts außer dem Versuch, sie für mich zu gewinnen. Aber sie ist zurückhaltend – und sie scheint in Gefahr zu sein. Nun. Ich bin ein Wolf. Und ich kämpfe für meine Gefährtin – auch wenn diese noch nicht weiß, was das bedeutet. Der neue Roman von Emma S. Rose – spannend, prickelnd und anders als sonst. Achtung: Es handelt sich um eine Paranormal-Romance mit Gestaltwandlern und entscheidet sich daher von den anderen Büchern der Autorin. Eines ist jedoch gleichgeblieben: Die Liebe spielt die zentrale Rolle!

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Wulfenbrüder

DEAN & ELENA

EMMA S. ROSE

Für alle, die gerne etwas ausprobieren möchten.

Manchmal muss man einfach über seinen

eigenen Schatten springen.

Wo Liebe ist, wird das Unmögliche möglich.

BUDDHA

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Epilog

Danksagung

Triggerwarnung

Du willst mehr …?

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Über den Autor

Wulfenbrüder - Dean & Elena

 

1. Auflage

Januar 2022

© Emma S. Rose

Rogue Books, Inh. Carolin Veiland, Franz – Mehring – Str. 70, 08058 Zwickau

[email protected]

Buchcoverdesign: Sarah Buhr / www.covermanufaktur.de unter Verwendung Stockgrafiken von Katrina Leigh; Denis Andricic; AlenD; Devotion / Shutterstock

Alle Rechte sind der Autorin vorbehalten.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – ist nur mit der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung der Autorin gestattet.

Alle Rechte, auch die der Übersetzung des Werkes in andere Sprachen, liegen alleine bei der Autorin. Zuwiderhandlungen sind strafbar und verpflichten zu entsprechendem Schadensersatz.

Sämtliche Figuren und Orte in der Geschichte sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit bestehenden Personen und Orten entspringen dem Zufall und sind nicht von der Autorin beabsichtigt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Was gab es Schöneres, als einen Wadenkrampf beim Autofahren zu bekommen? Sicherlich nicht viel. Grunzend zog ich meinen Fuß an und rieb mir frustriert über den Nacken, während ich gleichzeitig etwas vom Gas ging, wofür mich die Fahrer hinter mir hassen würden.

Dieser Tag war einfach scheiße. Es gab keine beschönigenden Worte dafür.

Mittlerweile saß ich seit sieben Stunden hinterm Lenkrad, und ich hatte keinen Bock mehr. Gott sei Dank hatte ich mein Ziel so gut wie erreicht, doch das hob meine Laune nicht gerade an.

Im Gegenteil.

Bei der Aussicht auf das Penthouse spürte ich schon jetzt, wie die Wände auf mich einrückten. Einzig die endlosen Weiten unserer Farm in Idaho hätten mich aufmuntern können – doch Fehlanzeige. Was das anging, hätte ich nicht weiter von dieser Freiheit entfernt sein können. Ich navigierte durch die tiefen Straßenschluchten einer Metropole, die von den Abgasen und dem Lärm der abertausenden Menschen nur so dampfte – und fühlte mich eingezwängt. Meinem natürlichen Lebensraum entzogen. In die Enge getrieben. Das Gefühl war beängstigend intensiv – und unbestreitbar real. Dies hier war nicht meine Art von Leben. War es nicht, würde es auch niemals werden. Jede Faser meines Körpers schrie danach, umzukehren. Doch ich hatte keine Wahl.

Ich hatte nicht um diesen Trip nach Seattle gebeten, aber als Anwalt des Rudels war es meine Aufgabe, mich um unsere Angelegenheiten zu kümmern. Als einer der Jungs sich Schwierigkeiten mit einem Kerl eingehandelt hatte, der, wie sich herausstellte, ein eingebildeter neureicher Sack war, hatte man mich kontaktiert, um die Situation zu klären.

Möglichst so, dass wir mit einem blauen Auge davonkamen.

Oder weniger.

Ich unterdrückte ein Knurren, während ich den Lexus durch den dichten Feierabend-Verkehr lenkte, immer mein Ziel vor Augen. Es war bereits in greifbarer Nähe.

Für den Fall, dass die Rudelangelegenheiten uns in die City führten, besaßen wir einen Rückzugsort im Central District. Ich hatte schon ein paar Nächte hier verbracht, und auch wenn ich nicht abstreiten konnte, dass die Stadt für den menschlichen Teil meiner Persönlichkeit mehr als genug Ablenkung bot, trieb es meinen Wolf jedes Mal in den Wahnsinn, sobald ich hier eingepfercht war. Daran änderte auch nichts, dass sich unser Penthouse im obersten Stock befand und im Umkreis kein Gebäude höher war, was eine gewisse Privatsphäre bot, selbst wenn man an den riesigen Fensterfronten stand. Es war einfach nicht dasselbe wie zuhause.

Nicht ohne Grund gehörten uns mehrere Hektar Land und einige gut laufende Farmbetriebe, die sich mittlerweile auf Rinderzucht und Weizen konzentrierten. Dort lebten wir friedlich unter uns – es sei denn, etwas Dringendes lockte uns hervor. Die meisten von uns betraf das eher selten. Sie blieben in Idaho, wo wir seit Jahrhunderten in der Nähe von Boise lebten. Aber während diejenigen von uns, die unseren Traditionen besonders verbunden war, den Kontakt mit Menschen mieden und genau diese Abgeschiedenheit liebten, führte es die jüngeren Generationen immer häufiger zu jenen Lebewesen, die absolut keine Ahnung hatten, wer mit ihnen über die Erde wandelte. Wir führten unsere Unternehmen, finanzierten unser Leben – und klärten Dinge, die erledigt werden mussten, ehe es ernsthafte Probleme gab.

So wie nun die Sache mit Leon.

Gereizt kniff ich mir in die Nasenwurzel. Ich war verdammt gut in meinem Job, was meinen Instinkten geschuldet war, und für gewöhnlich liebte ich ihn auch, aber wir näherten uns dem nächsten Vollmond, und diese Zeit war für Wölfe, die unverpaart waren, besonders anstrengend.

Für Wölfe wie mich.

Zu dieser Zeit im Monat war ich immer ausgesprochen gereizt. Gereizter als sonst. Ich brauchte wesentlich mehr Auslauf, um meine überschüssige Energie loszuwerden. Nun, die Gereiztheit würde mir womöglich einen Vorteil verschaffen, wenn ich diesen Schnöseln gegenüberstand, die Leon auf Schadensersatz verklagen wollten, aber die Sache mit dem Auslauf … die war ein Problem. Ein ernsthaftes sogar.

Außerdem ein Problem, mit dem ich mich nicht näher befassen konnte, solange ich in Seattle war. Ich musste alles daran setzen, die Angelegenheit schnell und möglichst sauber über die Bühne zu bringen. Effizient. Eine Eigenschaft, die man mir normalerweise durchaus zusprechen konnte.

Außer der Vollmond machte mir einen Strich durch die Rechnung.

Es dämmerte bereits, obwohl wir nicht einmal sechs Uhr hatten. Die kalte Jahreszeit gehörte normalerweise zu meiner liebsten – wenn ich zuhause war. Auf der Farm. In der Dämmerung ging ich gerne laufen, doch in der City sah die Sache komplett anders aus. Mich überfiel eine Art Jucken. Eine schwer zu bändigende Unruhe, die, wie ich wusste, nicht verschwinden würde, solange ich hier war, ganz gleich, was ich auch tat. Schon jetzt wusste ich, was ich versuchen würde, um die Unruhe zu bändigen. Wie üblich würde es mich zumindest kurz ablenken, aber nicht auf Dauer helfen. Und wie immer würde ich am Ende noch gereizter sein.

Dabei war es normalerweise ratsam, auf fremdem Terrain zurückhaltend zu agieren. Zumindest zu Beginn.

Andererseits entsprach das nicht meiner Vorgehensweise. Hatte es noch nie. Und das hatte mich überhaupt erst in die Position gebracht, die Angelegenheiten des Rudels zu regeln, sofern es nicht via Wolfsrecht zu klären war.

Meine Mundwinkel zuckten nach oben. Ich sah einem hitzigen Gespräch entgegen, und verdammt, eine gute Auseinandersetzung war vermutlich genau das, was ich jetzt brauchte. Am Ende würden diese Großstadtarschlöcher vor mir auf dem Boden kriechen und darum betteln, dass ich verschwand, mit einem mehr als großzügigen Vergleich in unserem Sinne und dem Wissen, dass sie mir so schnell nicht mehr vor den Karren pissen würden.

Jepp. Diese Vorstellung gefiel mir, hob meine Laune wesentlich mehr, als ich es für möglich gehalten hatte.

Als ich kurz darauf in der Tiefgarage parkte, die zu dem riesigen Gebäude gehörte, in dem sich unsere Wohnung befand, stand ich völlig unter Strom. Ich schnappte meinen Trolley und den zweiten Anzug, den ich fein säuberlich auf die Rückbank gelegt hatte, und fuhr mit dem Aufzug hinauf in den obersten Stock, wo ich geradewegs ins Penthouse gelangte. Nur eine ganz spezielle Schlüsselkarte erlaubte den Zugang. Die Wohnung gehörte dem Rudel, seit ich denken konnte, und war vermutlich ein Vermögen wert. Diesbezüglich hatte ich bereits einige Diskussionen mit unserem Alpha hinter mir, weil ich versucht hatte, ihn davon zu überzeugen, ein paar unserer Immobilien abzustoßen, doch er blieb starrsinnig. Eine seltsame Form von Sentimentalität, wenn man mich fragte, doch in diesem Fall profitierte ich davon.

Nicht, dass ich ein Problem damit gehabt hätte, in einem der Hotels der Stadt unterzukommen.

Auf dem Weg nach oben kam ich nicht in die Verlegenheit, mich mit irgendwem auseinandersetzen zu müssen. Während ich das Penthouse betrat, das leicht muffig roch und definitiv zu lange leer gestanden hatte, rief ich meinen Bruder an, um ihm mitzuteilen, dass ich angekommen war. Er war gerade im Stall und wirkte wie immer grummelig, wenn nicht gar sauer, weil er gestört wurde. Aber seine Haltung störte mich nicht. Ich wusste, was dahintersteckte. Ich wusste auch, dass er dankbar für meine Arbeit war, denn obwohl er selbst nur zwei Jahre älter war als ich, gehörte er zu jenem Schlag Wolf, der sein Rudel ungern verließ. Sein Territorium.

Der Menschen gegenüber Misstrauen empfand und sich lieber mit seinen Rindern umgab.

Wir besprachen noch einmal meine Strategie, und er gab mir zu verstehen, dass ich mich besser beeilen sollte. Er wusste um die Problematik mit dem Vollmond, umso mehr, weil er selbst in einer ähnlichen, noch drängenderen Position war. Als mein großer Bruder und einzig naher Verwandter machte er sich zudem grundsätzlich immer Sorgen um mich.

Auch wenn ich mittlerweile längst auf eigenen Füßen stand und ihm das oft genug sagte, aber in dieser Hinsicht war er sturer als ein Esel. Lag natürlich auch an der engen Verbundenheit, die Wölfe untereinander empfanden.

Im Anschluss an unser Gespräch machte ich das Handy aus. Für heute war ich nicht mehr erreichbar. Für niemanden, nicht einmal Alpha Greystone. Ihm würde ich Rede und Antwort stehen, sobald ich das erste Mal mit Lewanski gesprochen hatte und der Meinung war, dass es etwas zu berichten gab. Zum Glück vertraute er meinen Fähigkeiten, was mir gewisse Freiheiten verlieh. Ein Privileg, das ich durchaus zu schätzen wusste.

Mechanisch stakste ich in das großzügige Badezimmer.

Duschen. Die vielen Stunden Autofahrt von meinem Körper waschen. Eine Bar aufsuchen – und dort nach einer willigen Frau für die Nacht Ausschau halten, bei der ich zumindest einen Teil meiner rastlosen Energie loswerden konnte.

Mir entkam ein Grollen, während mein Wolf diesem Plan unwillig zustimmte. Ich würde das Beste aus meinem Aufenthalt machen, in der Hoffnung, dass ich schon in wenigen Tagen wieder auf dem Rückweg wäre – zurück zu den weiten Ebenen Idahos, dem sanft wiegenden Gras und dem Blick auf die angrenzenden Berge. Zu meinem Rudel, vor dem ich mich nicht verstecken musste.

Erst einmal hatte ich jedoch einen Job zu erledigen.

Die verdammte Übelkeit wollte einfach nicht mehr verschwinden.

Ich hatte bereits befürchtet, schwanger zu sein, doch bisher war es nicht dazu gekommen. Ich meine, ich verhütete. Die Chancen standen eher schlecht. Und doch schien das Karma mich derart auf dem Kieker zu haben, dass es mir wie eine logische Konsequenz vorkam, eine ewige Erinnerung an diesen Bastard aufgedrängt zu bekommen. Einen lebenden Beweis dafür, in welchen Mist ich hineingezogen worden war und darüber hinaus auch eine dauerhafte Verbindung. Nun, wie auch immer.

Das Problem an der ganzen Geschichte: ganz gleich, wie sich die Sache entwickelte, ich war am Arsch. Ich brauchte meinen Job, brauchte ihn sogar dringend. Ohne stand ich praktisch auf der Straße. Frauen wie mich gab es wie Sand am Meer, das wurde mein Chef nicht müde zu behaupten. Ohne Arbeitszeugnis oder Empfehlungsschreiben würde es schwer werden, erneut Fuß zu fassen. Und wenn eine der ältesten Kanzleien Seattles diese nicht für mich ausstellte – mehr noch, die Kunde verbreitete, dass ich eine schlechte Mitarbeiterin war – konnte ich einpacken.

Im wahrsten Sinne des Wortes.

Was es bedeutete, dann auch noch schwanger zu sein, musste ich nicht näher erläutern.

Aber nein, immerhin das konnte ich vorerst ausschließen. Die Übelkeit wollte dennoch nicht verschwinden. Sie war mein verdammter Begleiter an jedem einzelnen Tag, und selbst in der Nacht gönnte sie mir keine Erleichterung.

Denn mittlerweile war ich ihm zu jeder Tageszeit ausgeliefert.

Dieser gottverdammte Deal.

Während ich an diesem Morgen also in meinem winzigen Badezimmer stand und die Schatten unter meinen Augen überschminkte, ging ich einmal mehr meine Optionen durch.

Wie immer endete ich relativ schnell am selben Punkt: Ich hatte keine. Wenn ich Schaden von meiner Familie abwenden wollte, musste ich weitermachen wie bisher. Musste hoffen, dass mir kein Fehler unterlief, der meinen Job gefährdete. Musste weiterhin gut mit meinem Chef stehen … und mich mit seinem ekelhaften Sohn auseinandersetzen, der mich mittlerweile seit einem halben Jahr in der Hand hatte. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich erschauderte voller Ekel beim Gedanken an vergangene Nacht.

»Nicht weinen«, murmelte ich mir krächzend zu, während ich Concealer auftrug und verteilte. Tränen würden die gesamte Arbeit ruinieren. Dann müsste ich von neuem beginnen und würde zu spät kommen.

Die Art von Fehler, die ich mir nicht erlauben durfte. Meine Strategie, durch den Tag zu kommen, lautete, so wenig Angriffsfläche wie nur möglich zu bieten. Läppische Fehler durften mir ebenso wenig passieren wie grobe Schnitzer – was mich in die unangenehme Situation brachte, immer und zu jeder Zeit makellos sein zu wollen.

Und das nagte zunehmend an meinen Kräften.

Als ich kurz darauf die Wohnung verließ, war ich zwar perfekt für den Tag hergerichtet, aber nüchtern. Für ein Frühstück hatte die Zeit nicht mehr gereicht.

Ich kuschelte mich tiefer in meinen Mantel, während ich die Straßen hinab eilte. Von meinem Appartement aus war es ein Fußweg von etwa zwanzig Minuten bis zur Kanzlei, weshalb ich auf den Luxus eines eigenen Wagens verzichtete. Jeden einzelnen Cent legte ich zurück, um ihn im Zweifel aufwenden zu können, sollte das Chaos doch über mir zusammenbrechen. Unterwegs kam ich an einem Stand vorbei, der Bagel und Kaffee anbot. Nun. Sparen hin und her – auch ich war nur ein Mensch, und ich hielt inne. Trotz meines knurrenden Magens entschied ich mich gegen einen Bagel, nahm aber einen extragroßen Cappuccino und verbrannte mir beim ersten Schluck prompt die Zunge.

Erneut spürte ich das Kribbeln in meinen Augen, doch auch jetzt konnte ich die Tränen daran hindern, überzulaufen. Meine beste Freundin Freya, die nicht einmal einen Bruchteil meiner Probleme kannte, hatte mir erst vergangenes Wochenende attestiert, dass ich bald zusammenbrechen würde, wenn ich so weitermachte. Sie glaube, mein nervlicher Zustand wäre allein auf Überarbeitung zurückzuführen.

Nun, wenn es doch nur so wäre …

Seufzend schob ich meine Brille hoch. Niemand wusste Bescheid, nicht einmal mein Dad. Er würde einen Herzinfarkt bekommen, wenn ihm klar wäre, auf welchen Deal ich mich eingelassen hatte, um seinen Arsch zu retten.

Lewanski&Son kam in mein Blickfeld. Die Kanzlei befand sich in einem der riesigen, gläsernen Wolkenkratzer nahe des Columbia Centers. Wie immer wurde mein Herz schwer, sobald ich die imposanten Gebäude sah. So war es nicht immer gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben, da ich es geliebt hatte, zur Arbeit zu gehen. Ich war stolz gewesen, in dieser Kanzlei untergekommen zu sein, mein Fachwissen beweisen und ehrliches Geld verdienen zu können.

Bis mein Dad einige sehr schlechte Entscheidungen getroffen hatte, in der Hoffnung, seiner Familie damit mehr bieten zu können.

Das Ende vom Lied war, dass er in tiefe Depressionen verfallen war, meine Mom uns im Stich gelassen hatte – und ich jeden Tag aufs Neue meine Schulden abarbeiten musste. Bei dem Mann, der mir großzügig seine Hilfe angeboten – und seine Gegenforderungen erst später offenbart hatte. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Wahl mehr gehabt.

Seufzend hielt ich inne, presste eine Hand gegen meine Magengrube, die sich schon wieder schmerzlich verkrampfte, und richtete meinen Blick gen Himmel, der ironischerweise strahlend blau war.

Du schaffst das, Elena. Du bist stark. Wenn ich es mir oft genug einredete, würde ich es irgendwann auch glauben.

Seufzend betrat ich das Gebäude, das von Tag zu Tag erdrückender auf mich wirkte.

* * *

Schon als ich hier angefangen hatte, war die Kanzlei groß gewesen. Neben Lewanski Senior und seinem Sohn gab es mittlerweile einige weitere Juniorpartner, die nur danach gierten, im Namen des Kanzleilogos aufzutauchen. Ich hatte als eine von vielen Rechtsassistenten begonnen, mir mit meinem Fleiß aber schon bald einen Schreibtisch im Vorraum des Chefs ergattern können. Auch dort waren wir noch zu dritt, aber die damit verbundene Gehaltserhöhung und der wachsende Respekt hatten mich einst glücklich gemacht. Damals hatte ich geglaubt, auf dem absoluten Höhepunkt meiner Karriere zu sein, dass ich endlich den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Ich konnte ja nicht ahnen, wie nahe ich meinem ganz persönlichen Teufel dadurch gekommen war. Nun nahm ich wie immer mit Unbehagen meinen Platz ein, der sich dummerweise direkt neben der Tür zum Sohn des Chefs befand.

Dem Mann, der meine Lust an meinem Job, an meinem Leben im Allgemeinen, extrem geschmälert hatte.

Mit halbem Ohr lauschte ich, wie Hailey und Desiree über den vergangenen Abend tratschten. Sie hatten sich mit ein paar Junganwälten und Rechtsassistenten in irgendeiner hippen Bar getroffen. Ich hätte mit von der Partie sein sollen – hatte es sogar fest geplant –, doch dann hatte Andrej mir kurz vor Feierabend zugemurmelt, dass ich gegen neun bei ihm sein sollte, und meine Pläne hatten sich in Wohlgefallen aufgelöst.

Ob er wusste, dass er mich zunehmend isolierte? Ob ich die Einzige war, die so fühlte? Gerade war es jedenfalls verdammt schwer, den Berichten dieses tollen Abends zu lauschen, während ich selbst die Bilder der vergangenen Nacht zu verdrängen versuchte.

Mittlerweile hatten Andrej und seine Frau viel zu viel Spaß daran, mich zu quälen. Manchmal fragte ich mich, ob ich der verzweifelte Versuch war, ihre Ehe zu retten. Der Katalysator, bei dem Wut, fragwürdige Präferenzen und sexuelle Frustration abgeladen werden konnte, um die eigene Partnerschaft zu reinigen, oder etwas in der Art. Nicht zum ersten Mal grübelte ich darüber nach, wieso sie sich dafür nicht eine Frau suchten, die ihre Vorlieben teilte. Aber vermutlich ging es gerade darum – die absolute Kontrolle und die Fähigkeit, eine »Unschuldige« in ihre Abgründe hinabzuziehen.

Gott, die Übelkeit nahm schon wieder zu, während ich unruhig auf meinem Stuhl herumrutschte. Es wurde dringend Zeit, dass ich die vergangene Nacht abhakte und versuchte, weiterzumachen. Nach vorne zu sehen, in der Hoffnung, dass sie meiner endlich überdrüssig geworden waren.

Plötzlich veränderte sich die Stimmung im gesamten Büro. Ich wusste, weshalb. Mr. Lewanski kam an, im Schlepptau sein schmieriger Sohn. Die beiden waren imposante Gestalten, die wie üblich ihre Angestellten dazu brachten, innezuhalten. Auch Hailey, Desiree und ich richteten uns auf, als die Männer den Vorraum betraten. Während Mr. Lewanski wie üblich knapp, aber freundlich grüßte, war es sein Sohn, dessen Aufmerksamkeit mich augenblicklich fesselte. Seine stechend blauen Augen waren nur auf mich gerichtet. Ein lüsternes Grinsen umspielte seine Lippen, und mir entging nicht, wie er seinen Schwanz diskret richtete.

Augenblicklich fühlte es sich an, als würde ich fallen. Mit viel Pech würde er mich heute wieder irgendwann in sein Büro zitieren. Seit seine Frau involviert war, holte er sich gelegentlich seine ganz persönliche Aufmerksamkeit bei der Arbeit. Ich wartete nur auf den Tag, an dem jemandem auffallen würde, was sich zwischen uns abspielte. Alleine beim Gedanken daran, dass dieses Arrangement auffliegen könnte, fraßen mich Scham und Schuldgefühle auf.

Spätestens dann würde ich endgültig meine Sachen packen können.

»Hailey, ich brauche Sie gleich in meinem Büro«, stellte Lewanski Senior fest. Dann, an Andrej gerichtet: »Und dich auch. Wir müssen unsere Strategie besprechen, ehe unser Zehn-Uhr-Termin hier ist. Desiree, Elena, bitte bereiten Sie dafür den ersten Konferenzraum vor. Und suchen Sie die Akten zum Fall Jules zusammen.«

Erleichtert darüber, dass ich zumindest vorerst nicht in Andrejs Nähe würde sein müssen, stürzte ich mich in die Arbeit. Desiree und ich kümmerten uns um den Raum, der allgemeinhin als der beeindruckendste galt. Hier fanden die wichtigsten Treffen statt. Die, bei denen es darum ging, große Kunden an Land zu ziehen, namhaften Klienten zu gefallen – oder Gegner einzuschüchtern. Ich hatte nur am Rande mitbekommen, was es mit dem Fall Jules auf sich hatte, und eine gewisse Neugierde ließ mich beinahe die Akten durchblättern, die wir fein säuberlich auf Lewanskis Platz bereitlegten, doch Desiree hatte anderes im Sinn.

Sie versuchte, mir zu entlocken, wieso ich gestern Abend so kurzfristig abgesprungen war – wie so oft in letzter Zeit. Das erstickte meine Lust, mich mit meiner Arbeit zu beschäftigen, im Keim. Leider hatten sie und Hailey sich auf eine völlig falsche Theorie versteift. Ihrer Meinung nach konnte es nur daran liegen, dass ich jemanden kennengelernt hatte, und genau darauf ritt Desiree nun herum.

Wenn sie nur wüssten.

Kurz vor neun saß ich wieder an meinem Schreibtisch. Auf meinem Platz stapelten sich einige Rechercheaufträge, die mich in die Untiefen des Common Laws führten, und ich beschloss, mich ans Werk zu machen. Das Heraussuchen von Präzedenzfällen und anderem Material, das den Anwälten bei Gericht helfen würde, konnte zeitintensiv sein, mitunter auch frustrierend – aber vor allem hielt es meinen Kopf auf Trab.

Gegen Viertel vor zehn bemerkte ich, dass ich ins Archiv gehen musste, um weiterzukommen. Unsere interne Datenbank und das Internet versagten mir ihren Dienst. Lewanski und sein Sohn waren nach wie vor in seinem Büro, ebenso wie Hailey. Ich warf Desiree einen Blick zu, doch sie telefonierte fleißig via Headset, also beschloss ich, mich einfach auf den Weg zu machen. Gott, ich konnte es kaum erwarten, von meinem Schreibtisch fortzukommen und für eine Weile in den staubigen Tiefen des Archivs zu versinken.

Während ich durch das Großraumbüro lief, fiel mein Blick auf die kleine Parzelle, die einst mein gewesen war. Wie üblich erfüllte mich eine Mischung aus Sehnsucht und Unglaube. Seitdem war so viel passiert. Ich hatte dazu gelernt, aber auch einen großen Teil meiner Naivität verloren. In gewisser Weise war ich erwachsen geworden. Während ich das vor einem halben Jahr noch gefeiert hätte, fühlte ich mich deshalb heute zunehmend desillusioniert.

Gedankenverloren presste ich die Mappe vor meine Brust, ging weiter, ohne meinen Blick von meinem früheren Arbeitsplatz zu lösen … und stolperte geradewegs gegen einen Berg von Mann, der mir in den Weg getreten war, ohne dass ich es bemerkt hatte.

»Ach du je«, brachte ich erschrocken hervor. Ich wusste sofort, dass es niemand aus unserem Büro war. Ob Instinkt, purer Zufall oder mehr … dieses Wissen verankerte sich augenblicklich in mir.

»Hoppla«, drang eine dunkle, rumpelnde Stimme an mein Ohr. Große Hände legten sich um meine Schultern, schoben mich ein Stück zurück.

Und dann wurde es seltsam.

Ich hob meinen Blick und sah geradewegs in dunkelgraue Augen, die mir völlig fremd vorkamen und doch vertraut. Mein Atem stockte. Mein Herz stolperte. Eine seltsame Wärme überzog meinen Körper, dicht gefolgt von einem heftigen Schaudern. Es war, als würde die Welt stillstehen. Alles um uns herum hörte auf, zu existieren, zumindest für diesen einen, flüchtigen Moment, in dem ich versuchte, zu begreifen, was mit mir geschah. Noch immer brannte Scham in meinem Gesicht, doch dieses Gefühl ließ nach, während ein seltsames Ziehen in meiner Brust stärker wurde.

»Hallo«, murmelte der Fremde, und sein rechter Mundwinkel bog sich in die Höhe. Seine Nase zuckte kurz, und sein Blick wirkte verhangen, ehe er sich wieder klärte.

»Hallo«, brachte ich krächzend hervor. Die Skurrilität des Moments überwältigte mich. Ich atmete schaudernd aus, und plötzlich schien der Lärm um mich herum wieder zurückzukehren. Ich stolperte einen Schritt zurück, umklammerte die Mappe noch fester und schüttelte sachte den Kopf, so als müsste ich die seltsame Begegnung auf diese Weise loswerden. »Tut mir leid, ich war völlig in Gedanken.« Mir entkam ein schwaches Schnauben. »Offensichtlich.«

Der Fremde sagte nichts, obwohl sich seine Lippen teilten. Sein männlicher, herber Geruch stieg mir in die Nase, und zumindest für einen Augenblick schien die Übelkeit zu verschwinden, die mich für gewöhnlich so fest im Griff hielt. Während mein Herz zwar raste, spürte ich, wie eine mir völlig neue Ruhe über mich hinwegrauschte. Er schloss seinen Mund wieder, und ein klarer Ausdruck von Verwirrung huschte über sein Gesicht, dicht gefolgt von etwas anderem, das ich nicht einschätzen konnte.

Der Moment war so intensiv, auf so vielen verschiedenen Ebenen, dass ich Schwierigkeiten hatte, die Begegnung zu verarbeiten. Flucht kam mir in den Sinn. Sofortige Flucht. Ich trat einen weiteren Schritt zurück, stieß mit der Hüfte schmerzhaft gegen eine der Parzellen und hielt wackelig inne. »Ich … äh … muss los. Entschuldigen Sie vielmals meine Unaufmerksamkeit.«

Ohne darauf einzugehen, dass er mir ein »Warte« hinterherrief, eilte ich los, direkt an ihm vorbei. Ich meinte, seine Fingerspitzen zu spüren, die über meinen Ellenbogen strichen, doch ich ließ ihn zurück. Mein ganzer Körper kribbelte von dieser seltsamen, aufwühlend intensiven Begegnung, die ich mir einfach nicht erklären konnte.

Ich schaffte es gerade so bis ins Archiv, das Gott sei Dank verlassen war.

Seufzend presste ich meinen Rücken gegen die verschlossene Tür, spürte, wie mir Schweißperlen zwischen den Schulterblättern hinabliefen, und atmete tief durch.

Was zum Teufel war das gewesen?

Ein Fremder in unserer Kanzlei war nichts Ungewöhnliches. Ein zukünftiger Mandant, ein Kläger, ein fremder Anwalt, es gab genug Erklärungen für eine hohe Besucherfrequenz.

Doch nie, einfach noch nie hatte mich ein Fremder derart aus dem Gleichgewicht gebracht.

Gut, ich hatte mich auch noch nie dermaßen blamiert. Vielleicht lag es einfach an seiner unverschämten Attraktivität. Diese Augen … ich glaubte, noch nie jemanden mit einem derart intensiven, ausdrucksstarken Blick gesehen zu haben.

Und doch … es gab keine Erklärung dafür, wieso er mich derart aufgewühlt hatte. Es war schlicht und ergreifend nicht in Worte zu fassen. Ich schüttelte ein weiteres Mal den Kopf. Fokussierte mich.

Ich hatte Arbeit zu erledigen. Hatte definitiv keine Zeit für Ablenkungen dieser Art. Und selbst wenn … ich war gar nicht in der Lage, irgendwen Neues in mein Leben zu lassen. Egal, auf welche Art. Die Probleme, die ich mit mir herumschleppte, ließen es schlicht und ergreifend nicht zu.

Grimmig straffte ich meine Schultern, bereit, mich durch das Archiv zu wühlen und mich von meiner Arbeit einlullen zu lassen. Zumindest ein kurzer Moment des Friedens sollte mir doch vergönnt sein, oder nicht?

Mein Herz raste.

Gefährtin.

Ich war nicht auf diesen Anblick vorbereitet gewesen. Nicht in einhundert Vollmonden. Nicht jetzt. Nicht heute.

Und doch hatte ich es sofort begriffen, hatte mein Wolf es begriffen.

Es stand völlig außer Frage.

Gefährtin.

Eine unsicher wirkende Frau mit feinem, blondem Haar, heller Haut, zart braunen Augen, die von einer übergroßen Brille verdeckt wurden … und einem so schnell pochenden, delikaten Puls an ihrem schlanken Hals, dass ich gespürt hatte, wie mein Wolf an die Oberfläche drängte. Es hatte mich nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde gekostet, um mit aller Klarheit festzustellen, dass sie die Eine war. Zart, wunderschön, einzigartig. Vom Schicksal für mich bestimmt.

Und ein Mensch. Ein gottverdammter Mensch.

Diese Begegnung hatte mich völlig auf dem falschen Fuß erwischt.

Zum Glück war dieses erste Meeting mit Mr. Lewanski noch nicht kriegsentscheidend, denn es verlief desaströs. Mein eigentlicher Plan, selbstsicher und entschieden aufzutreten, war nach dieser unerwarteten Begegnung gehörig ins Wanken geraten. Während ich versuchte, ihm klarzumachen, dass jegliche Ansprüche seines Mandanten obsolet waren, musste ich dem Drang widerstehen, aufzuspringen und diese Sesselfurzer zurückzulassen, um stattdessen sie zu suchen. Ich wollte weder mit ihm, noch mit seinem arroganten Sohn diskutieren, der aus mir unerfindlichen Gründen mit von der Partie war und mich musterte, als wäre ich ein schändlicher Fleck auf seiner weißen Weste. Unter anderen Umständen hätte dieses Verhalten mich aufgebracht, doch heute drängte es mich viel mehr danach, herauszufinden, wer dieses Geschöpf war. Ich musste mehr über sie erfahren. Musste einen Plan entwickeln, wie ich sie näher kennenlernen konnte. Meine Instinkte versuchten, die Oberhand zu gewinnen. Die eigene Gefährtin zu finden stand über allem. Immer. Das verstand jeder Wolf.

Während Mr. Lewanski und sein Arsch von Sohn mit viel Getue ihre Forderungen stellten und dabei keinerlei Handlungsspielraum zuließen, wollte ich dieses erste Gespräch einfach nur so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Ich war nicht bei der Sache, weil all meine Sinne die ganze Zeit nach ihr Ausschau hielten.

Oh, verdammt noch mal. Ich war wirklich geliefert.

Nach nicht einmal dreißig Minuten unterbrach ich das sinnlose Treffen. Wir kamen nicht überein, und ich brauchte Zeit, um einen klaren Kopf zu bekommen. Die Option, bereits heute die Klage abwenden zu können, hatte ich sowieso nur kurz in Erwägung gezogen, aber mir war klar, dass ich keine gute Figur gemacht hatte. Das verschaffte mir einen weiteren Nachteil in dieser Sache.

Doch ausnahmsweise war ich mal nicht in der Lage, mich darüber zu ärgern.

Noch nicht.

Der jüngere der beiden Männer, etwa in meinem Alter, warf mir ein arrogantes Grinsen zu. »Nun, Mr. Wulfen. Ich vermute, die lange Reise steckt Ihnen einfach noch in den Knochen. Haben Sie schon Pläne für den Lunch?«

Bei der Vorstellung, etwas mit diesem Schnösel zu essen, stellten sich meine Nackenhaare auf. Ich konnte das Grollen unterdrücken, das in meiner Kehle aufstieg, und nickte ihm stattdessen knapp zu. »Die Fahrt war in der Tat anstrengend. Auch wenn wir noch nicht übereingekommen sind, bin ich optimistisch, dass wir eine Einigung finden werden.« Ich beschloss, nicht weiter auf sein Angebot einzugehen. Stattdessen kam mir eine andere Idee. »Es ist immer wieder schön, Kanzleiluft zu schnuppern. Unser Büro in Boise ist wesentlich kleiner. Hätten Sie etwas dagegen, mir Ihre Räumlichkeiten zu zeigen?« Mr. Lewanski und Sohn wechselten einen Blick. Ich ballte meine Faust unterhalb der Tischplatte. Anstatt abzuwarten, redete ich weiter. »Dieser Raum hier ist bereits atemberaubend. Ich wette, Ihre Kanzlei übertrifft Ihren Ruf um Längen.«

Augenblicklich straffte der alte Sack seine Schultern, und auch der jüngere schien um ein paar Zentimeter zu wachsen. Mir war klar, dass ich mich auf dünnem Eis bewegte. Soeben hatte ich ihnen einen weiteren Vorteil verschafft. Sie waren in ihrem Eindruck, es mit einem Provinzanwalt zu tun zu haben, bestätigt worden. Spätestens jetzt waren sie mit Sicherheit davon überzeugt, leichtes Spiel mit mir zu haben. Normalerweise hätte ich nie im Leben einen solchen Schleim versprüht, aber ich musste jede Chance nutzen, sie wiederzusehen, was bedeutete, dass ich meinen Aufenthalt in diesem Büro verlängern musste.

»Es schadet nicht, Ihnen zu zeigen, wo die ganz große Liga mitspielt«, stellte der Jüngere von beiden mit einem selbstzufriedenen Grinsen fest.

Erneut musste ich ein Grollen unterdrücken. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie meine Zähne sich in sein Fleisch bohrten, um ihn zu unterwerfen, doch ich griff keine Menschen an. Nie. Es war nichts weiter als eine Fantasie, die zumindest meinen Wolf befriedigte. Anstatt also etwas davon zuzulassen, nickte ich dem Kerl mit einem angespannten Lächeln zu. »Ich bin gespannt.«

Der Jüngere führte mich an, sein Vater folgte uns. Neben diesem Konferenzraum gab es noch sechs weitere, teilweise besetzt, teilweise leerstehend. Jeder hatte eine gläserne Front, doch nicht jeder hatte einen solch atemberaubenden Ausblick auf den Puget Sound. Die Kanzlei war wirklich riesig, und das nicht nur gemessen an dem, was ich gewohnt war. Ich teilte mir ein Büro mit drei Kollegen, doch den Großteil meiner Arbeit erledigte ich im Homeoffice von der Farm aus. In gewisser Weise lagen die Lewanskis nicht falsch, wenn sie mich als provinziell betrachteten. Doch es war ein gewaltiger Fehler, mich deshalb zu unterschätzen.

Während sie mich durch ihre Räumlichkeiten führten, nahmen meine Sinne eine Vielzahl an Eindrücken auf. Da war zum Beispiel eine deutlich spürbare Anspannung, die von einem Großteil der Menschen ausging, die emsig an ihren kleinen Schreibtischen saßen. Ich konnte mir vorstellen, dass es nicht leicht war, für Männer dieser Art zu arbeiten.

---ENDE DER LESEPROBE---