Zeit der Schwestern - Tanja Huthmacher - E-Book
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Zeit der Schwestern E-Book

Tanja Huthmacher

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Beschreibung

Drei Schwestern. Ein Familienfest. Eine überraschende Wendung.

Es ist Frühling am Bodensee, und ein großes Fest unter blühenden Apfelbäumen steht bevor: Anlässlich des 70. Geburtstags ihrer Mutter Lotte haben sich auch ihre Töchter Carolin, Romy und Veronika unter den Gästen eingefunden. Für die Naturfotografin Carolin, die nach dem Biologiestudium nach Neuseeland ausgewandert ist, liegt der letzte Besuch Jahre zurück. Nun freut sie sich auf ihre Schwestern und sieht erwartungsvoll zwei Wochen Heimatfeeling entgegen. Doch dann wirbelt eine überraschende Entdeckung das Familienleben durcheinander. Und als eine unerwartete Begegnung ihr bisheriges Leben infrage stellt, trifft Carolin eine folgenreiche Entscheidung ...

Apfelblütentage ist der Auftakt einer mitreißenden Trilogie übers Loslassen, über Neuanfänge und über die Dinge im Leben, die wirklich zählen.

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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

Rezepte

Über das Buch

Drei Schwestern. Ein Familienfest. Eine überraschende Wendung. Es ist Frühling am Bodensee, und ein großes Fest unter blühenden Apfelbäumen steht bevor: Anlässlich des 70. Geburtstags ihrer Mutter Lotte haben sich auch ihre Töchter Carolin, Romy und Veronika unter den Gästen eingefunden. Für die Naturfotografin Carolin, die nach dem Biologiestudium nach Neuseeland ausgewandert ist, liegt der letzte Besuch Jahre zurück. Nun freut sie sich auf ihre Schwestern und sieht erwartungsvoll zwei Wochen Heimatfeeling entgegen. Doch dann wirbelt eine überraschende Entdeckung das Familienleben durcheinander. Und als eine unerwartete Begegnung ihr bisheriges Leben infrage stellt, trifft Carolin eine folgenreiche Entscheidung … Apfelblütentage ist der Auftakt einer mitreißenden Trilogie übers Loslassen, über Neuanfänge und über die Dinge im Leben, die wirklich zählen.

Über die Autorin

Tanja Huthmacher, geboren in Karlsruhe, studierte Germanistik, Journalistik und Kunstgeschichte in Bamberg. Sie ist Autorin von Romanen, Kurzgeschichten, Hör- und Jugendbüchern, arbeitet fürs Fernsehen und gibt Schreibseminare. Sie liebt das Wasser und den Bodensee und ist froh, in ihrer Wahlheimat München einen der schönsten Badeseen gleich vor der Haustür zu haben.

Weitere Titel der Autorin:

Ist der Lack ab, streu Konfetti drauf

TANJAHUTHMACHER

Zeit derSchwestern

Apfelblütentage

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Copyright © 2024 by Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.

Textredaktion: Susanne George, Bergisch Gladbach Covergestaltung: www.buerosued.de Covermotiv: www.buerosued.de Satz: GGP Media GmbH, Pößneck E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-7517-6026-3

Sie finden uns im Internet unter luebbe.de Bitte beachten Sie auch: lesejury.de

Zur Erinnerung an meine wundervollen Eltern Siegrid und Rolf, die mir die Stärke mitgaben, das Gute im Leben zu sehen.

1. Kapitel

Wie hatte sie den Duft der Apfelbäume vergessen können?

Carolin blieb stehen und schaute nach oben. Weiße, pinkfarbene und zartrosa schimmernde Blüten übersäten die knorrigen Äste. Eine leichte Brise, die vom Bodensee herüberwehte, trug den Duft direkt zu ihr. Sie schnupperte.

Ein wenig Maiglöckchen nahm sie wahr, ebenso etwas Veilchenartiges, schwebend und frisch. Kein Vergleich zu dem erdigen, einlullenden Geruch von Patschuli, der ihr in Indien auf Schritt und Tritt begegnet war. Und die Apfelblüten hatten auch nicht die schwere Honigsüße der Jasminsträußchen, die in jedem besseren Hotelzimmer in Tunis oder Karthago die Gäste mit ihrem intensiven Aroma willkommen hießen.

Ein früher Baumweißling flatterte mit seinen fast transparenten, schwarz geäderten Flügeln durch die schaumigen Blüten, tanzte in den Wipfeln, als wolle er Carolin höchstpersönlich begrüßen. Wie oft hatte sie in ihrer Kindheit hier gesessen und Ausschau nach Schmetterlingen gehalten, die sie in ihrem Bestimmungsbuch als noch nicht beobachtet angekreuzt hatte.

Carolin atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. Mit einem Mal fühlte sie sich trotz der langen Reise, die ihr in den Knochen steckte, frisch und ausgeruht.

Sie ging mit dem kleinen Karton, den sie zuvor aus dem Auto ihres Vaters geholt hatte, quer über die große Rasenfläche und stellte fest, dass sich der seit Jahrzehnten von ihrer Mutter gehegte und gepflegte Garten deutlich verändert hatte. Die Apfelbäume standen wie eh und je, aber die gestutzten Hecken und die in runden Beeten angeordneten Stauden waren einem gewissen Wildwuchs gewichen, der dem Grundstück etwas Liebliches gab. Früher hatte man hinter Thuja und Liguster nicht viel von dem weiß gekalkten Steinhaus gesehen, in dem das elterliche Schifffahrtsunternehmen Hohenhausen residierte. Doch jetzt waren die hohen Sträucher verschwunden. Die nun eher lockere Bepflanzung mit bienenfreundlichen Blumen und Gräsern fügte Haus und Garten zu einer harmonischen Einheit zusammen.

Carolin nahm ihren Weg wieder auf und ging hinüber zu der langen Tafel mit den weißen Tischtüchern. Diese war bereits am Vorabend bei den Apfelbäumen aufgebaut worden, und sie hatte vorhin schon das Geschirr für die fünfunddreißig Festgäste darauf verteilt. Nun fehlte noch der Inhalt ihres Kartons.

In den letzten Wochen hatten ihre Schwestern alle Fotos ihrer Mutter, deren sie unauffällig hatten habhaft werden können, eingescannt. Carolin hatte sie anschließend digital so bearbeitet, dass auch die verblassten Bilder aus den sechziger und siebziger Jahren wieder gut zu erkennen waren. Dann hatte sie aus rund hundert Bildern eine riesige Collage zusammengestellt und diese als großformatiges Holzpuzzle ausdrucken lassen.

An diesem Tag sollten die Einzelteile, die sie gleich auf der Festtafel verteilen würde, von allen Gästen gemeinsam zusammengefügt werden. Carolin musste schmunzeln bei dem Gedanken an das Gesicht ihrer Mutter, wenn sie die vergangenen siebzig Jahre ihres Lebens so zusammengefasst betrachten würde. Denn Carolin war sich mit Romy und Veri einig gewesen: Die Fotos zeigten, dass es ein gutes Leben gewesen war. Natürlich hatte die Ehe ihrer Eltern Höhen und Tiefen erlebt, aber die ganz großen Dramen waren glücklicherweise ausgeblieben.

Sie hoffte, dass ihre Mutter sich über diese ungewöhnliche Tischdeko freuen würde. »Nur keine goldenen Zahlen«, hatte sie ihre Töchter mehrfach bei den zahlreichen Skype-Telefonaten der letzten Wochen beschworen. »Oder Kristallgläser und Messerbänkchen. Ich will es ungezwungen! Deswegen werden auch nur Leute eingeladen, die ich mag. Keine langweiligen Honoratioren und ach so wichtigen Geschäftspartner.«

Carolin griff in den Karton und holte ein paar der stabilen Puzzleteile heraus. Auf einem sah sie einen grinsenden Mund mit einer Zahnlücke, der bestimmt zu Romy in ihrem Erstklässlerjahr gehörte. Auf einem anderen erkannte sie das brombeerrote Abendkleid, das ihre Mutter zu ihrem fünfzigsten Geburtstag getragen hatte. Damals hatte sie nur mit Mann und Töchtern feiern wollen. Sie waren aus dem Alltag ausgebüxt und hatten ein Wochenende in Verona verbracht, einschließlich des Besuchs einer Opernvorstellung in der berühmten Arena.

Auch sich selbst entdeckte Carolin auf einem Ausschnitt. Gemeinsam saß sie mit ihrer jungen Mutter in dem kleinen Segelboot, das sie mit zehn Jahren allein hatte steuern dürfen. Sogar das Blitzen des Sees war im Hintergrund zu erkennen.

Sie verteilte die Puzzlestücke gleichmäßig zwischen dem Besteck, den schlichten weißen Tellern und Tassen, den Gläsern und den mit einem Apfelbaum bedruckten Servietten. Romy würde noch kleine Väschen mit frischen Blütenzweigen und die Tischkarten mitbringen und Veri alkoholische Getränke. Carolin musste unbedingt daran denken, den Tisch zu fotografieren, wenn er fertig gedeckt und geschmückt war.

Sie schaute auf die Uhr. Kurz nach halb zehn. Das Fest würde um elf Uhr beginnen. Eigentlich hatte sie gedacht, sie würde nach der langen Reise verschlafen, aber der Jetlag hatte sie gegen acht aus dem Bett getrieben. Daher war sie früher von zu Hause aufgebrochen als geplant, um hier nach dem Rechten zu sehen und mit den Vorbereitungen anzufangen. Von Neuseeland aus hatte sie wenig helfen können, da wollte sie sich wenigstens jetzt nützlich machen. Romy würde in etwa einer halben Stunde kommen, um das Büfett aufzubauen, und Veri und Stefan würden die Eltern abholen.

Ihr Blick wanderte zum See hinunter. Noch war Zeit, ihn zu begrüßen. Sie lief vor zum Anlegesteg, ließ das alte Bootshaus neben sich unbeachtet und ging über die ausgetretenen Bohlen bis nach vorne. Segelboote tupften weiße Flecken auf die Oberfläche, Möwen ließen sich im leichten Wind über den See tragen, und etwas weiter draußen meinte sie die schnittige Silhouette der MSRomy zu erkennen. Wie schön, dass das Ausflugsschiff noch im Dienst war. Bei der Erinnerung daran, wie ihre Eltern vor fünfundzwanzig Jahren die alte Flotte ihres Großvaters gegen die drei neuen Motorschiffe getauscht und diese auf die Namen ihrer Töchter getauft hatten, empfand sie beinahe Rührung. Wie viel Zeit war seitdem vergangen, was war alles geschehen! Sie holte tief Luft und betrachtete noch einen Moment versonnen das Wasser, das sich nur wenig kräuselte und im Sonnenlicht glitzerte.

Ihre Mutter hatte wirklich Glück. Obwohl es früh im Mai war, schien die Sonne warm auf Carolin herab. Nur ein paar schneeweiße Schönwetterwolken verzierten den blauen Himmel wie Sahnehäubchen und versprachen, den siebzigsten Geburtstag von Lotte nicht weiter zu stören.

War es wirklich schon vier Jahre her, dass sie zum letzten Mal hier gestanden hatte? Beinahe. Im Herbst hatten sie damals den Siebzigsten ihres Vaters gefeiert, seitdem war sie nicht mehr in Überlingen gewesen.

Im Nachhinein war es ihr etwas unangenehm, dass sie so lange einen solchen Bogen um den Bodensee gemacht hatte. Denn als sie ihn so vor sich liegen sah, merkte sie erst, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Und nicht nur ihn. Vor allem natürlich ihre Familie. Doch immer war irgendwas gewesen. Sie musste sich eingestehen, dass sie im Grunde nur nach Ausreden gesucht hatte. Aber in den zurückliegenden Jahren, in denen sie so oft entschieden hatte, nicht nach Deutschland zu fliegen, hatten die Entschuldigungen in ihren Ohren durchaus einleuchtend geklungen. Da waren zuerst die anstrengenden Jobs als Assistentin bei Modefotoshootings in der ganzen Welt gewesen. Danach war sie jedes Mal so erledigt gewesen, dass sie tagelang niemanden hatte sehen oder hören wollen. Dann war sie vor gut zwei Jahren nach Neuseeland gegangen, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Sie hatte ihren Eltern und Schwestern ausführlich erklärt, dass a) es am besten sei, sich erst einmal in Ruhe einzuleben, b) all ihr Erspartes für ihr neues Domizil und die Überbrückung der Zeit, die sie gebraucht habe, einen Job zu finden, draufgegangen sei und c) es doch viel schöner sei, wenn die Eltern und Schwestern sie in der Fremde besuchen kämen. Dazu war es leider nie gekommen. Denn auch beim Rest der Familie war »immer irgendwas«. Und ihr Vater hatte sich sowieso sein Leben lang geweigert, ein Flugzeug zu besteigen, überdies für einen Flug, der rund 23 Stunden dauerte.

Für Carolin war Fliegen nicht viel anders als Busfahren. Trotzdem hatte es sie angestrengt, dass sie von Christchurch aus nicht wie geplant nach einem Zwischenstopp in Hongkong direkt nach Zürich weiterfliegen konnte, sondern auch noch in Dubai gelandet war, wo sie ewig auf einen Anschlussflug an ihr Ziel hatte warten müssen. So war sie schließlich nach der Taxifahrt vom Züricher Flughafen erst um halb zwei in der Nacht im Elternhaus angekommen. Carolin hatte sich möglichst geräuschlos in ihr altes Kinderzimmer schleichen wollen, das ihre Mutter zum Übernachten für sie vorbereitet hatte. Aber kaum hatte sie den Fuß auf die erste, knarrende Stufe zum Obergeschoss gesetzt, war die Küchentür aufgesprungen und Lotte war im Nachthemd und mit ausgestreckten Armen auf sie zugeeilt.

»Linchen!«, hatte sie gerufen und ihre Tochter so fest umarmt, dass Carolin fast die Luft weggeblieben wäre.

»Mama, du hättest nicht auf mich warten müssen«, erwiderte Caro. »Du musst doch morgen fit sein.«

»Papperlapapp.« Lotte schob sie eine Armlänge von sich fort und schaute sie voller Freude an. »Wir haben uns vier Jahre nicht gesehen, und …«

»Nicht ganz vier Jahre …«

»Und auch wenn ich morgen … na ja, eigentlich ja jetzt schon … ein neues Lebensjahrzehnt beginne, heißt das nicht, dass ich mit den Hühnern schlafen gehen muss.«

Sie umarmte Carolin erneut, und dieser stieg der vertraute Mutterduft in die Nase. Chanel Nº 5. Selbst nachts um halb zwei.

»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, flüsterte sie Lotte ins Ohr und küsste sie auf die warme Wange. Einen Moment spürte Carolin eine Woge der Melancholie in sich aufsteigen. So lange hatte sie ihre Familie nicht gesehen! Freiwillig! Warum eigentlich?

»Ich kann es nicht fassen, dass du siebzig wirst«, sagte Carolin und suchte in Lottes hellblauen Augen nach irgendeinem Hinweis auf dieses beträchtliche Alter. Doch sie fand nichts. Ihre Mutter strahlte noch immer eine ungeheure Frische aus und diese mädchenhafte Natürlichkeit.

»Ich fass es auch nicht«, stimmte Lotte ihr zu. »Ich weiß nicht, wie das hat passieren können. Ich fühle mich … keine Ahnung … jedenfalls deutlich jünger. Zumindest an guten Tagen. Und ein solcher ist heute – wo du wieder da bist. Aber jetzt komm, ehe ich ganz sentimental werde. Du hast sicher Durst.« Lotte fasste nach ihrer Hand und zog sie in die Küche, in der nur ein kleines Licht über dem Herd brannte. Carolin lächelte, denn was nun kam, ahnte sie bereits.

Lotte wandte sich der Essecke zu und ergriff zwei langstielige Gläser.

»Wie wäre es mit einem Gläschen Champagner? Ich hatte da noch so eine Demi-Flasche Veuve Cliquot«, verriet ihre Mutter mit einem verschmitzten Grinsen und ging zum Kühlschrank. »Es ist Zeit, dass die wegkommt.«

Sie nahmen am Tisch Platz, prosteten sich zu, und Carolin erzählte von ihrer Reise. Beinahe war es wie früher, wenn sie nach Schulausflügen oder ersten Ferien ohne die Eltern alles ganz genau berichtet und Lotte aufmerksam zugehört hatte. Doch sie bemerkte, dass ihre Mutter bald ein Gähnen unterdrücken musste, und zügig trank sie die eiskalte, prickelnde Flüssigkeit aus. Der Alkohol tat ihr gut. Er hatte einerseits etwas Belebendes, andererseits ließ er sie schon ahnen, dass sie rasch in einen tiefen Schlaf fallen würde.

»Geht’s Papa denn gut?«, wollte Carolin wenigstens noch wissen, während sie die zwei leeren Gläser in die Spülmaschine räumte und Lotte die Stühle zurechtrückte.

»Ja, das schon. Aber der alte Brummbär war nicht davon zu überzeugen, wieder aufzustehen«, verriet ihre Mutter. »Nach der langen Zeit könntest du auch bis morgen warten, dass er dich begrüßt, hat Georg gesagt.« Sie verzog missbilligend die Mundwinkel, und Carolin spürte erneut die Reue in sich aufsteigen, dass sie so lange nicht daheim gewesen war.

»Er meint das bestimmt nicht so«, versicherte sie ihrer Mutter.

»Na ja.« Lotte machte eine wegwerfende Handbewegung. »Soll er ruhig maulen. Davon lasse ich mich nicht mehr beeindrucken.« Sie küsste Carolin auf die Wange und schob sie in Richtung Treppe. »Jetzt geh hoch in dein altes Zimmer und schlaf dich erst mal aus.«

Das hatte sie getan, obwohl die Nacht kurz gewesen war. In der Früh hatte sie dann ihren Vater, der selten nach sieben Uhr aufstand, bei seinem Morgenkaffee angetroffen. Er hatte sie herzlich begrüßt und davon, dass er wegen ihrer langen Abwesenheit beleidigt sei, hatte er sie nichts spüren lassen. Ihrer Idee, nach Dusche und Frühstück vorauszufahren und sich um das Tischdecken zu kümmern, hatte er zugestimmt und ihr angeboten, sie könne seinen Wagen nehmen. Veri und Stefan würden ihn und Lotte gegen zehn abholen kommen.

Bald würden sie also eintreffen. Caro sog noch einmal den Geruch des Bodensees ein und wollte gerade zurückgehen, als sich zwei warme, leicht klebrige Hände vor ihre Augen legten und sie unterdrücktes Kichern hörte.

»Romy?«, rief Carolin, befreite sich von den Fingern und drehte sich um.

»Och, menno, du hast mich gleich erkannt?«, fragte ihre Schwester in gespielt beleidigtem Tonfall und fiel Carolin um den Hals.

Der Duft, der aus ihren Haaren und Kleidern aufstieg, versetzte Carolin sofort zurück in die Vergangenheit. Romy roch nach frisch gebackenen Rohrnudeln, nach Kirschenkompott und Vanillesauce. Während Carolin ihre Kindheit auf dem See, auf Wiesen und in Wäldern verbracht hatte, war ihre kleine Schwester sozusagen in der Küche aufgewachsen, wo sie den wechselnden Haushälterinnen nicht von der Seite gewichen war. Zumindest solange diese in der Nähe eines Herdes gestanden hatten.

»Oh Mann, das wurde aber höchste Zeit, dass du dich endlich wieder hier blicken lässt!«, rief Romy, und in ihren Augen erschien das gleiche hellblaue Strahlen wie in denen ihrer Mutter.

»Es tut mir wirklich leid, dass ich euch so lange nicht besucht habe«, erwiderte Carolin und spürte wieder Gewissensbisse. »Für mich ist die Zeit irgendwie so schnell verflogen«, sie schnippte mit den Fingern, »dass ich gar nicht richtig darüber nachgedacht habe.« Sie zog Romy noch einmal an sich und genoss es, wie selbstverständlich sich die Umarmung anfühlte.

»Manchmal habe ich dich beneidet«, sagte Romy, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten. »Um deine Freiheit. Andererseits … Na ja, darüber reden wir mal bei Gelegenheit. Heute steht Lotte im Mittelpunkt, und ich bin froh, dass du da bist. So können wir alle zusammen diesen Tag für sie unvergesslich machen.« Romy strich ihre bekleckerte Schürze glatt, die sie über einem luftigen Sommerkleid mit buntem Blumenprint trug. »Die Puzzleteile auf dem Tisch sehen toll aus. Das war eine großartige Idee von dir. Luna hat bestimmt hundertmal gefragt, ob sie auch mitpuzzeln darf.«

»Ich freue mich auf deine Kids! Da habe ich wirklich einiges verpasst.« Carolin legte einen Arm um Romys Taille, und gemeinsam schlenderten sie über den Bootssteg zurück in den Garten. »Sind mein Lieblingsneffe und meine Lieblingsnichte noch gar nicht da?« Carolin sah sich suchend um.

»Ben bringt sie mit«, sagte Romy und schien das Thema nicht weiterverfolgen zu wollen.

»Ist er eingeladen?«

»Na klar.« Romy warf Carolin einen grimmigen Seitenblick zu. »Er ist ja immer noch Schwiegermutters Liebling sozusagen.«

»Ich freue mich auch, ihn zu sehen«, gestand Carolin und boxte ihre Schwester leicht gegen den Oberarm.

»Ich weiß, ihr habt euch immer gemocht.«

»Er war mit Abstand der netteste deiner Freunde.«

»Ja, nett schon.« Sie seufzte.

»Also bitte!« Carolin konnte nicht an sich halten. »Er hat dich nicht wie dieser schreckliche Pierre mit einem Baby sitzen und nie wieder was von sich hören lassen.«

»Immerhin hat Pierre mir Vince geschenkt.«

Nun war es Carolin, die seufzte. Sie verstand ihre Schwester einfach nicht. Dem Hallodri Pierre hatte Romy ewig nachgeweint, aber Ben kein Jahr nach Lunas Geburt in die Wüste geschickt.

»Und Ben hat dir Luna geschenkt.«

»Vielleicht hättest du ein Kind mit ihm bekommen sollen. Ihr hättet bestimmt geheiratet, und Papa hätte dann auch einen Nachfolger im Unternehmen gehabt.«

Carolin schüttelte belustigt den Kopf. »Ben ist doch viel zu jung für mich.«

»Na hör mal, er ist 38 – exakt so alt, wie ich bald bin.«

»Sag ich ja, zu jung. Vier Jahre sind einfach too much.«

»Ach komm, du alte Schachtel, die neuseeländische Luft hat dich perfekt konserviert. In deinen roten Locken ist noch kein einziges graues Haar. Schön wie immer bist du.« Sie legte kurz den Kopf an Carolins Schulter.

»Hahaha!« Carolin zog der Schwester die Schleife der Schürze auf, wie sie es früher so häufig getan hatte.

»Im Ernst«, beharrte Romy und drehte Carolin den Rücken zu. »Oder hast du mit Farbe nachgeholfen?«

»Nee, habe ich tatsächlich nicht.« Sie band die Schleife neu. »Aber danke fürs Kompliment, das kann ich nur zurückgeben.«

Romy machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du musst mir bald erzählen, was es alles Neues in Christchurch gibt. Unser letztes Skype-Telefonat zu zweit ist einfach viel zu lange her. Sind wieder irgendwelche Touristen mit ihrem Kajak auf Abwege geraten? Und vor allem …« Sie riss die Augen auf und grinste spitzbübisch. »… hast du deinen Jake davon überzeugt, dass er bei seiner Frau bleibt?«

»Jacob heißt er. Und ich will ja gerade nicht, dass er mein Jacob ist.«

»Ja, eben! Dieses Modell interessiert mich brennend.« Romy zwinkerte. »Könnte für mich auch was sein. Aber jetzt müssen wir die Blumendeko verteilen.« Sie zog Carolin am Arm ein paar Schritte weiter, ließ sie dann jedoch los und eilte davon.

Carolin sah ihrer jüngeren Schwester nach. Ihre Bewegungen waren noch immer so flink und energiegeladen wie früher, die blonden Haare zu einem Dutt aufgesteckt, aus dem sich bereits zahlreiche Strähnen gelöst hatten, die sie nun umwehten. Wo waren die Jahre geblieben? Gestern waren sie noch Kinder gewesen, die hier draußen herumgetollt hatten, und heute waren sie Frauen mittleren Alters.

»Wo ist eigentlich Veri?«, rief sie Romy hinterher, die an der Festtafel stand und aus einem Korb kleine rauchgrau getönte Glasvasen nahm, in denen Zweige mit rosafarbenen und weißen Apfelblüten steckten.

»Sie hat vorhin eine Nachricht geschrieben, dass sie Tante Klara abholen muss, weil das Auto von deren Pfleger irgendwie … Egal, ich erspare dir die Details. Jedenfalls holt Stefan Mama und Papa allein ab, und Veri kommt mit Tante Klara direkt hierher. Sie müsste aber bald da sein.« Romy stellte die letzte Vase zwischen die Puzzleteile. »Könntest du die Tischkarten verteilen?« Sie drückte Carolin ein Tütchen voller Namensschilder und einen Zettel in die Hand, auf dem die Anordnung der Gäste vermerkt war. Ein Großteil der fünfunddreißig Namen gehörte zu ihrer engeren Familie. Außer ihren Eltern und den drei Schwestern Romys Kinder, Veris Tochter und Ehemann, Romys Ex Ben, Georgs ältere Schwester Klara, sogar einige Cousins und Cousinen ihrer Mutter waren aus entfernteren Regionen angereist. Natürlich kamen ihre engsten Freundinnen mit Männern und die Freunde ihres Mannes, die Lotte sehr schätzte. Und …

»Arthur König? Sie hat Arthur König eingeladen?« Carolin glaubte sich verlesen zu haben. »Papa kann ihn nicht ausstehen. Die geraten bei den Treffen der Bodenseeschifffahrtsbetreiber doch regelmäßig aneinander. Hat mir Mama neulich erst wieder erzählt.«

»Ich weiß, der ist ein rotes Tuch für ihn«, stimmte Romy zu. »Aber Lotte findet, man könne viel von ihm lernen. Er führt sein Unternehmen so modern, ist offener für neue Ideen, und sie ist überzeugt, alle würden profitieren, wenn sie enger zusammenarbeiten würden. Der See ist sowieso groß genug für sechs Schiffe, predigt sie Papa ständig. Sie hat von Synergien und so Sachen gesprochen, von einem Miteinander, statt sich gegenseitig das Leben schwerzumachen.«

»Weiß Papa, dass er kommt?« Carolin stellte die Karte an den vorgesehenen Platz.

Romy zuckte mit den Schultern. »Ich gehe mal davon aus.«

»Immerhin hat sie ihn weit genug weg von Papa platziert«, bemerkte Carolin und stellte das entsprechende Tischkärtchen vor den passenden Teller.

»Caro!«, ertönte da eine muntere Stimme. Sie legte die Tüte mit den Karten auf den Tisch und drehte sich um. Veri flog ihr um den Hals und drückte sie fest an sich. Und wieder durchströmte Carolin eine Welle des Glücks. In Gegenwart ihrer älteren Schwester hatte sie sich schon immer … Sie suchte nach dem richtigen Wort. Beschützt, kam ihr in den Sinn. Ja, sie hatte sich beschützt gefühlt. Denn Veronika war schlichtweg der Inbegriff von Verlässlichkeit. Carolin hatte ihr vieles anvertrauen können, obwohl sie unterschiedliche Temperamente besaßen. Darüber hinaus war Veri großherzig und fürchterlich tüchtig – und genauso roch sie auch: nach frisch gewaschener, in der Sonne getrockneter Wäsche, vermengt mit dem Duft eines Parfüms, das Carolin an einen klaren Morgen auf einer Bergalm erinnerte. Mit ihren stets leicht rot gefärbten Wangen und den dicken dunklen Haaren, die sie meist zu einem Zopf geflochten hatte, hätte sie problemlos Werbung für ein Anti-Aging-Mittel machen können.

»Wie geht es dir? Hast du Jetlag? Ich hätte dich so gerne gestern Abend in Zürich abgeholt, aber du weißt ja, dass ich dieses Weinseminar geben musste. Stefan hasst es, wenn er vor mehr als fünf Leuten reden soll …«

»Ganz im Gegensatz zu dir! Je größer das Publikum, desto besser!« Carolin schmunzelte. Auch Veri war noch immer dieselbe. Wie beruhigend, dass sich in der »alten Welt« am Bodensee offensichtlich nichts geändert hatte, während sie auf der anderen Seite des Globus eine neue Heimat gefunden hatte.

»Ich rede schon wieder viel zu viel!« Veronika lachte, packte Carolin an den Oberarmen und sah ihr forschend ins Gesicht. »Ich ziehe es eindeutig vor, dich live zu sehen. Auf dem Computerbildschirm bist du längst nicht so hübsch. Und umarmen kann ich dich da auch nicht.« Sie fielen einander ein weiteres Mal um den Hals, und Romy schloss sich ihnen an.

»Kuschelkreis!«, riefen alle Schwestern gleichzeitig, hüpften ein paar Schritte und ließen sich dann lachend los. Carolin war sich sicher, dass sie das Gleiche dachten: wie nervig es früher gewesen war, wenn Lotte die drei Mädchen nach einem beigelegten Streit zu einem Versöhnungs-Kuschelkreis gezwungen hatte, und wie sehr sie diesen heutzutage genossen.

»Wo ist eigentlich Tante Klara?«, fiel Carolin plötzlich ein.

Veri schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh Gott, die muss ich aus dem Auto holen. Sie ist auf der Fahrt eingeschlafen, und ich wollte sie nicht aufwecken.« Sie wandte sich in Richtung Parkplatz, und Romy sah ihr erschrocken hinterher.

»Hast du einen Geist gesehen?«, fragte Carolin.

»Mir fiel nur ein …« Ihre Schwester riss die Augen auf. »Da steht auch mein Wagen mit zehn Tabletts voller Kanapees! Die brüten in der Sonne!« Und schon rannte sie los.

Nein, es schien sich wirklich nichts verändert zu haben in der Familie Hohenhausen.

2. Kapitel

»Nun komm schon, Romy, setz dich hin! Sieht doch alles ganz prächtig aus«, flüsterte ihre Mutter der jüngsten Tochter zu. »Wir wollen anfangen. Ich bin froh, wenn ich meine Rede hinter mir habe.«

Carolin stellte amüsiert fest, dass Romy wieder einmal erst in letzter Sekunde mit den Vorbereitungen fertig geworden war – aber das Ergebnis machte die Hektik wett: Das Büfett sah einfach überwältigend aus. Zumal Romy hier noch schnell ein paar Blüten auf die Salatschüsseln gestreut, dort noch einen Klecks Meerrettich auf die Platte mit dem geräucherten Lachs gegeben und etliche Erdbeeren neben den Käsestücken platziert hatte. Es waren diese liebevollen Details, die Romy zu einer wahren Künstlerin machten. Alles war so appetitlich angerichtet, als würde gleich das Fotoshooting für ein Gourmetmagazin starten.

Endlich setzte sich Romy neben Carolin, gegenüber von ihren Eltern. Und auch die letzten Gäste, die bis eben noch in Grüppchen zusammengestanden oder in den bequemen Liegestühlen gesessen hatten, die unter den Apfelbäumen aufgestellt worden waren, kamen zum Tisch. Besonders die Cousins und Cousinen, die sich alle schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatten, hatten bereits angeregt miteinander geplaudert und entspannt eine erste Tasse Kaffee getrunken.

Gudrun und Ingrid, die ältesten Freundinnen der Jubilarin, hatten sich begeistert über die Festtafel gebeugt und Puzzleteile gesucht, die ineinanderpassten. Dabei hatten sie gekichert und in Erinnerungen geschwelgt – genau so, wie es sich Carolin erhofft hatte. Über der Szenerie lag die Vorfreude darüber, dass man einen ganzen sonnigen Tag unter den Apfelbäumen miteinander verbringen würde, ohne Hektik, ohne Stress oder Zwang. So, wie Lotte es sich gewünscht hatte.

Doch Carolin merkte bei einem Blickwechsel mit ihrer Mutter, dass sich deren Nervosität erst legen würde, wenn sie ihre kleine Ansprache hinter sich hätte. Lotte war eine gewandte Rednerin, aber sie wurde auch schnell emotional und mochte es gar nicht, wenn ihr in aller Öffentlichkeit vor Rührung die Tränen kamen. Und dieser Tag war prädestiniert dafür.

Carolin nahm ihre Kamera aus der Tasche neben ihrem Stuhl, entfernte die Objektivabdeckung und machte ein Foto von ihren Eltern. Lotte stand bereits, und Georg sah erwartungsvoll von seinem Platz zu ihr hoch. Er war schon immer froh gewesen, wenn er das Reden seiner Frau überlassen konnte, und nun besonders erleichtert, weil niemand eine Ansprache von ihm erwartete und Lotte das selbst übernahm.

Carolin drückte noch ein paarmal auf den Auslöser. Den Tag fotografisch zu begleiten und aus dem Ergebnis ein Erinnerungsbuch zu gestalten, das würde ihr Geschenk an ihre Mutter sein. Plötzlich fragte sie sich, was sich wohl ihr Vater für seine Frau überlegt hatte. Vielleicht ein besonderes Schmuckstück wie zu den letzten runden Geburtstagen?

Romy hatte für Lotte ein Rezeptbuch mit den Lieblingsgerichten der Familie zusammengestellt. Und zu jedem Gericht hatte sie die Erinnerungen an die jeweiligen Anlässe aufgeschrieben, zu denen sie serviert worden waren.

Und Veri hatte ihren Schwestern verraten, dass sie bereits im vorletzten Herbst einige Kisten exklusiven Wein zu Ehren der Mutter gekeltert hatten, auf dessen Etikett »Lotte – Toujours jeune« – Für immer jung – stand. Wirklich ein passendes Motto für deren Leben! Carolin war gespannt, wie der Wein schmecken würde. Vielleicht könnte sie ein Foto ihrer Mutter mit einer der Flaschen in der Hand als Titelbild für das geplante Album verwenden.

Sie hatte bereits das Büfett von allen Seiten fotografiert, gerahmt von Apfelbäumen, mit Luna und Vince darum herumtollend, auch Nahaufnahmen der appetitlichen Speisen hatte sie gemacht. Dann war sie um die locker über den Garten verteilten Gäste geschlichen und hatte unauffällig Fotos gemacht. Sie liebte es, als Fotografin im Hintergrund zu bleiben, unbemerkt den Moment einzufangen. Etwa die lachenden Gesichter von Gudrun und Ingrid, deren schöne, vom Leben gezeichnete Hände sie beim Puzzeln ebenfalls aus der Nähe eingefangen hatte.

So wie sie es früher schon oft beobachtet hatte, hatten auch an diesem Morgen die Ehemänner der Freundinnen etwas abseits gestanden und mit ausholenden Gesten ernst diskutiert. Was für ein herrliches Motiv! Und natürlich kam die Jubilarin persönlich ebenfalls nicht zu kurz. Carolin hatte sie in einem Moment erwischt, als sie gerade Georgs Freund Rudolf, dem früheren zweiten Bürgermeister von Überlingen, eine Hand auf den Oberarm legte, während sie die andere kichernd vor ihren Mund hielt. Ihr sprühender Charme sprang einen regelrecht an, und sie wirkte auf dem entstandenen Foto wie ein junges Mädchen.

Um den richtigen Hintergrund für die Bilder musste sich Carolin nicht sorgen: See, Apfelbäume oder der große Garten waren mehr als nur Kulisse. Sie gehörten zu einem Leben, wie man es hier am Bodensee führen konnte.

Das der Familie Hohenhausen war schon seit drei Generationen mit diesem Ort verbunden, mit diesem weißen Haus inmitten eines Gartens, in dem die Hohenhausens ihr Geschäft führten. Und jede Generation hatte etwas verändert. Carolins Urgroßeltern väterlicherseits hatten mit unermüdlichem Fleiß und gegen viele Widerstände den Schifffahrtsbetrieb aufgebaut und einen Anleger für drei Schiffe errichtet. Als das Unternehmen dank des zunehmenden Tourismus endlich gut lief, hatten ihre Großeltern in den sechziger Jahren das Verwaltungsgebäude von »Hohenhausen-Schifffahrt« gebaut, im damals eher altmodisch wirkenden Stil der Gründerzeit. Und ihr Vater hatte dann sowohl den Anleger als auch das große Haus modernisiert. Aber ihre Mutter war es gewesen, die aus dem mehr oder weniger brachliegenden Seegrundstück ringsum einen blühenden Garten gezaubert hatte, der zur Hauptsaison an den Wochenenden sogar besichtigt werden konnte. Von den alten, in die Jahre gekommenen Schuppen, die willkürlich verteilt auf dem Gelände gestanden hatten, war nur das Bootshaus direkt am Steg übrig geblieben. Der Rest war im Laufe der Zeit verfallen, und das, was nicht abgerissen worden war, war unter Efeu, Immergrün und Clematisranken auf eine sehr pittoreske Weise verschwunden.

Ein helles Klirren erklang, und Carolin richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart. Lotte hatte mittlerweile ein paar noch am Tisch fehlende Gäste herbeigewunken, und nun saßen alle an ihrem Platz und sahen die Gastgeberin erwartungsvoll an. In ihrem Kleid aus durchbrochener Spitze, genauso hellblau wie die Farbe ihrer Augen, mit der schlanken, hochgewachsenen Figur und den zwar grauen, aber kräftigen, schulterlangen Haaren hätte man meinen können, sie feiere ihren sechzigsten Geburtstag. Allerhöchstens. Carolin spürte etwas in sich aufsteigen, was sie nicht anders als Stolz nennen konnte. Stolz, eine solch großartige Mutter zu haben.

Noch einmal klopfte diese mit einem Messerrücken an den fein geschliffenen Sektkelch, der vor ihrem Teller stand. Ob das zarte, wie aus mehreren Silberfäden gesponnene Armband mit den kleinen Anhängern in Form von gefalteten Papierbötchen daran das Geburtstagsgeschenk ihres Vaters war? Carolin hatte es nie zuvor gesehen. Nun räusperte sich Lotte, sah kurz zu Georg neben sich und ihren Töchtern gegenüber.

»Meine lieben Freundinnen und Freunde«, Lotte nickte diesen über den Tisch hinweg zu, »liebe Verwandte, meine liebe Familie, ich freue mich, dass ihr alle heute hierhergekommen seid. Und was bin ich glücklich, dass alle meine drei Töchter mit mir feiern.« Sie griff nach ihrem Sektglas. »Romy, Veronika – und Linchen, die du so eine lange Reise auf dich genommen hast …« Carolin bemerkte, dass die Stimme ihrer Mutter leicht zu zittern begann. Und sah sie da bereits Tränen in deren Augen aufsteigen?

»Was muss das Mädchen auch nach Neuseeland gehen? Als ob es hier nicht genug Wasser gäbe«, rief ihr Vater dazwischen. Die Gäste lachten, und Lotte schien froh über die kurze Unterbrechung. Sie hatte sich wieder gefangen.

»Na ja, Hauptsache, du bist jetzt hier – und ihr alle ebenso. Ich wünsche mir, dass wir heute alle zusammen einen fröhlichen, gemütlichen Tag haben. Mir wurde gesagt, dass es später eine Darbietung gibt, mehr weiß ich nicht, lassen wir uns einfach überraschen. Aber auch ich habe eine Kleinigkeit vorbereitet.« Sie zwinkerte verschmitzt in die Runde, und Veri erwiderte Carolins fragenden Blick mit einem Schulterzucken.

»Und ich bin schon sehr gespannt, wie das Puzzle aussieht, wenn es fertig ist. Helft bitte alle mit, damit wir es bald anschauen können. Was für eine wunderbare Idee von meinen wunderbaren Töchtern.« Sie warf ihnen über den Tisch Kusshände zu. »Lasst uns das Leben feiern, die Liebe …« Lotte holte tief Luft, und ihre Wangen nahmen eine leicht rote Färbung an. Nun war es Veris verwunderter Ausdruck, auf den Carolin mit hochgezogenen Augenbrauen reagierte.

»… und dass wir überhaupt alle noch hier sind, auf dieser Welt, auf diesem wunderbaren Fleckchen Erde!«, beendete ihre Mutter den Satz. »Genießt den Sekt aus der Winzerei meiner Tochter Veronika«, sie nickte ihr freundlich zu und setzte etwas verzögert »und meines Schwiegersohns Stefan« hinzu. »Zum Wohl!«

Alle hoben ihre Gläser und erwiderten den Trinkspruch. »Auf Lotte!«, war zu hören, und während die Anwesenden tranken, hörte man für einen kurzen Moment nur Vögel zwitschern und die Wellen des Sees ans Ufer schlagen. Lotte setzte ihr Glas energisch ab.

»Ich weiß nicht, wie es euch geht – aber mein Magen knurrt geradezu bedrohlich, und ich bin sicher, dass sich Romy mit ihren Kochkünsten mal wieder selbst übertroffen hat. Deshalb – verzeiht mir – kann ich mich einfach nicht länger zurückhalten und werde jetzt das Büfett stürmen.«

»Ich auch«, war eine sonore Stimme zu hören. Carolin sah sich um, bis ihr Blick auf Arthur König fiel. Er saß auf ihrer Seite des Tisches neben Veris Mann Stefan, reckte noch einmal sein Sektglas und prostete Lotte mit einem charmanten Lächeln zu.

»Ein Gleichgesinnter! Na Gott sei Dank!« Lotte strahlte ihn an, hielt ihr Glas in seine Richtung, und gleichzeitig nahmen sie beide einen Schluck. Lotte leerte ihres sogar und wirkte sehr zufrieden.

Zu Carolins großer Überraschung stand nun ihr Vater auf, hob die Hände und streckte die Zeigefinger in die Luft.

»Happy Birthday to you …«, begann er mit etwas brüchiger Stimme und gab den anderen Anwesenden Zeichen, einzufallen. »Happy Birthday to you …« Allmählich stimmten die Gäste ein. Sie sangen zwar schief, aber inbrünstig.

»Happy Birthday, liebe Lotte, Happy Birthday to you!«

»Wer hat denn Geburtstag?«, fragte Tante Klara laut in den kleinen Moment der Stille, als die Strophe beendet war.

»Ich!«, rief Lotte strahlend und zeigte mit dem Finger auf sich. Tante Klara nahm das mit einem hoheitsvollen Nicken zur Kenntnis und fuhr zufrieden mit der Tätigkeit fort, die sie schon die ganze Zeit ausführte: Sie polierte ihr Messer mit der Serviette.

»Und von vorne«, animierte Georg die Runde, und Veri half ihm mit einer auffordernden Geste in sämtliche Richtungen. Romy unterdrückte ein Kichern, sang aber tapfer mit. Nach der zweiten Wiederholung umschlang Lotte ihren Mann so fest, als wolle sie ihn davon abhalten, noch einen einzigen Ton zu singen. Um ihr Ansinnen zu unterstreichen, drückte sie ihm sogar einen Kuss auf den Mund. Eine Geste, die Carolin schon ewig nicht mehr zwischen den beiden gesehen hatte, und das garantiert nicht nur, weil sie so lange fort gewesen war.

»Iiih, die küsst den!«, rief Luna und zeigte mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf die Großeltern. Ihr Opa wandte sich ihr zu, und ein sanftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht – das schaffte nur Luna.

»Und weißt du auch, warum?«, fragte er sie.

Luna zuckte mit den Schultern.

»Weil Oma ihr Geschenk haben will!«

»Au ja, Geschenke, Geschenke!«, jubelte das Mädchen und zappelte wild auf ihrem Stuhl herum. Ben, der neben ihr saß, legte ihr beruhigend eine Hand auf den Kopf.

»Jetzt soll ich dein Geschenk aufmachen?«, hörte Carolin ihre Mutter dem Vater zuflüstern. Dieser nickte entschieden, fasste in die Innentasche seine Jacketts und holte einen Briefumschlag hervor.

»Für dich, meine Liebe – alles Gute zum Geburtstag!«

»Aufmachen, aufmachen!«, rief Luna, und Vince fiel händeklatschend ein. Carolin sah ihrer Mutter an, wie unangenehm ihr dies vor all den Gästen war. Doch nun kam sie aus der Nummer nicht mehr raus, ohne Georg vor den Kopf zu stoßen. Sie nickte mit zusammengepressten Lippen, griff nach ihrem Messer und ratschte damit den Umschlag auf.

Carolin erkannte eine Glückwunschkarte, auf der vorne eine goldene Siebzig prangte. Sie spürte, wie Romy ihr einen leichten Stups in die Seite gab. Lotte öffnete die Karte und überflog den Text.

»Oh, wie schön!«, rief sie und es war nicht zu überhören, dass sie sich sehr um Begeisterung bemühte. »Ein Gutschein für eine Vortragsreihe auf der Mainau über Gartengestaltung.«

»Das ist nur die Dreingabe«, sagte Georg schnell, der wohl bemerkte, dass Lotte etwas enttäuscht dreinblickte. »Da liegt noch eine Karte im Umschlag.«

Lotte zog die zweite heraus und zog beim Lesen die Augenbrauen nach oben. Offensichtlich schon besser.

»Na, das ist wirklich eine Überraschung! Eine dreitägige Reise nach Verona, mit Besuch der Oper ›Hochzeit des Figaro‹ in der Arena. Im Juli. Sehr schön! Vielen Dank!«

»Freust du dich?«, fragte Georg vorsichtig, und Lotte nickte beflissen. »Genau wie zu deinem fünfzigsten.«

Carolin entging nicht, dass ihre Mutter, während sie Georg umarmte, mit jemandem auf der anderen Seite des Tisches einen intensiven Blick tauschte, den sie nicht deuten konnte. Hatte sie zu Veri geschaut? Oder Stefan? Aber warum sollte sie das tun? Lotte löste sich schnell von ihrem Mann und rief: »So, und jetzt ist endlich das Büfett eröffnet!«

Lachend und gestikulierend reihten sich alle in eine Schlange ein und paradierten an den Speisen entlang. Der Tisch war fast genauso lang wie die riesige Festtafel und die Auswahl an Köstlichkeiten so groß, dass Carolin froh war, das Büfett zuvor schon ausführlich inspiziert zu haben. Dennoch stellte sich die Frage, was sie nehmen sollte. Ein Croissant und dazu garantiert selbst gemachte Holunderblütenkonfitüre? Etwas von dem Feigen-Curry-Aufstrich oder lieber vom Hummus? Auch die riesige Käseplatte mit Allgäuer, Schweizer und französischem Käse sah verführerisch aus. Romy hatte zudem eine samtig schimmernde Spargelsuppe vorbereitet, und die Kinder stürzten sich begeistert auf gebratene Hähnchenschenkel und Minihackbällchen. Carolin wurde mit einem Mal klar, dass sie seit … sie wusste es nicht mehr genau … Tagen nichts Vernünftiges mehr gegessen hatte. Schon während der Reise hatte sie sich vorfreudig das Fest und Romys Leckereien vorgestellt und den größten Teil des pappigen Flugzeugessens zurückgehen lassen. Nur den ärgsten Hunger hatte sie mit faden Snacks gestillt. Mit umso mehr Appetit würde sie nun zulangen.

Doch gerade als sie nach der Kelle greifen wollte, die in einem Linsensalat mit Schafskäse, Mango und Koriander steckte, entdeckte sie ihren Vater. Er starrte auf die Pracht des Büfetts, schien davon aber überfordert zu sein. Sein Teller war leer, sein Blick wanderte ratlos über die vielen Schüsseln und Platten.

»Alles okay, Papa?«, wollte Carolin wissen. Er zuckte regelrecht zusammen und sah sie einen Moment lang an, als sei sie eine Außerirdische, die in das Fest geplatzt war.

»Meinst du, sie hat sich gefreut?«, fragte er, und Carolin beeilte sich, ernsthaft zu nicken. Früher hatten Veri oder sie ihn oft beraten und bei Einkäufen begleitet, wenn es um Geschenke für die Mutter gegangen war. Und eigentlich hatten diese Shoppingtouren immer Spaß gemacht. Schade, dass sie ihm dieses Mal nicht hatte zur Seite stehen können.

»Hast du dir schon was ausgesucht?« Sie deutete auf die vielen Speisen.

»Die Auswahl hier erschlägt mich.« Er fuhr sich über Mund und Kinn. Sein Spitzbart war mittlerweile weiß geworden, die Falten um die Mundwinkel und an den braunen Augen tiefer. »Mir wäre ja ein schönes Menü auf der Veronika lieber gewesen. Aber deine Mutter wollte es unbedingt so.«

»Ich habe auch nicht verstanden, warum sie nicht auf einem der Schiffe feiert«, gestand Carolin. »Hat sie dir das erklärt?«

Ihr Vater zuckte mit den Schultern. »Nein. Sie hat nur gesagt, es ist ihr Tag, sie entscheidet, basta. Vielleicht ist ihr das mit den Schiffen zu … ich weiß nicht … pensionärshaft.«

»Dabei war dein Siebzigster auf der Veronika so schön.« Carolin erinnerte sich an die Mondscheinfahrt, die sie gemacht hatten. Sogar ein kleines Feuerwerk hatte es gegeben, was dem Umstand zu verdanken war, dass ihr Vater seit Schulzeiten mit Rudolf, dem früheren zweiten Bürgermeister, befreundet war.

»Ja, eben. Deine Mutter ist in letzter Zeit … so … so …« Er blickte Carolin forschend ins Gesicht, als hoffte er, die richtigen Worte von ihrer Stirn ablesen zu können. »Als ob sie alles anders machen will als bisher. Sie stellt alles infrage. Nach Como mag sie diesen Herbst auch nicht in den Urlaub, dabei fahren wir da seit dreißig Jahren hin. Deshalb meine Idee mit Verona.«

Carolin verkniff sich eine Erwiderung. War es nicht selbstverständlich, dass man nach dieser langen Zeit einmal woanders hinwollte? Aber sie kannte ja ihren Vater: Der war stets froh, wenn alles seinen gewohnten Gang ging und er sich nicht auf Veränderungen einstellen musste. Drei Tage Verona waren für ihn fast schon so abenteuerlich wie für andere eine Ersteigung des Kilimandscharo.

»Und nachher …«, fuhr er nun fort, »… nachher will sie unbedingt etwas auf dem Klavier vorspielen. Ben und Stefan haben das E-Piano hergeschafft. Ich bin sehr gespannt, was das wird. Gut, sie nimmt seit eineinhalb Jahren Unterricht … aber sie ist jetzt wirklich kein Lang Lang.«

Carolin wusste, dass ihrer Mutter Musik schon immer viel bedeutet hatte. Und was war dagegen zu sagen, wenn sie in fortgeschrittenem Alter begonnen hatte, Klavier zu spielen? Sie fand das vor allem bewundernswert.

Am liebsten hätte sie ihrem Vater nahegelegt, sich auch endlich ein Hobby zu suchen und die Geschäfte in jüngere Hände zu übergeben. Aber sie wusste genau, dass sie mit einem solchen Rat vermintes Gelände betreten würde. Für Georg war es lange Zeit sehr schmerzhaft gewesen, dass sich die Töchter nicht für das Unternehmen interessiert und beruflich anders orientiert hatten. Rational verstand er das natürlich, aber im Herzen machte es ihn nicht froh.

»Probier mal von dem Schwarzwälder Schinken mit dem Krustenbrot. Da drüben gibt es auch noch Essiggürkchen.« Carolin deutete auf die entsprechenden Teller und Schüsseln.

Ihr Vater nickte ein wenig träge. »Hm«, seufzte er. Offensichtlich fühlte er sich unwohl in seiner Haut, und nach Essen war ihm gar nicht zumute. Carolin überlegte, ob eine ihrer Schwestern in der letzten Zeit eine Missstimmung zwischen den Eltern angedeutet hatte, aber ihr fiel nichts ein, was in diese Richtung gedeutet hatte. Zudem wirkte Lotte nicht nur ausgeglichen, sondern machte einen geradezu fröhlichen Eindruck. Sie wirkte ganz im Reinen mit sich und ihrem Leben.

»Oh, entschuldige mich«, musste Carolin dann jedoch sagen, als ihr Handy zu klingeln begann. Sie tätschelte ihrem Vater die Schulter und trat aus der Schlange heraus. Unter einem der Apfelbäume fand sie ein ruhiges Plätzchen.

3. Kapitel

»Hi Jacob«, begrüßte sie den Anrufer. Es war nicht überraschend, dass er sich jetzt meldete. In Christchurch war es kurz vor elf am Abend, und er hatte seiner Frau bestimmt erzählt, er würde mit seinem Freund Gus eine Partie Squash spielen und anschließend in den Pub gehen. »Nice to hear you.« Ohne darüber nachdenken zu müssen, schaltete sie ins Englische.

»Du bist keine zwei Tage weg, und ich vermisse dich schon«, begrüßte er sie. »Ich weiß nicht, wie ich es noch zwei Wochen aushalten soll.«

Die Wärme seiner tiefen Stimme kroch in ihr Ohr. Sie hatte sich auf Jacob zuallererst eingelassen, weil seine Tonlage so außerordentlich sexy klang. Er schaffte es, dass sich die Härchen auf ihren Armen über 18000 Kilometer hinweg aufstellten und sie sich nach seiner Berührung sehnte.

»Nur aus diesem Grund bin ich weggefahren«, scherzte sie. »Damit du mich vermisst. Aber komm, endlich mal keine Ausreden erfinden zu müssen, das ist doch auch ganz entspannend, oder?« Sie sah vor sich, wie er schmunzelte und sich dabei durch den Bart fuhr.

»Für dich erfinde ich jede Ausrede!«, gab er zurück. »Hat euer großes Fest schon begonnen?«

Carolin blickte sich um und sah über Teller gebeugte Köpfe, hörte das Geplauder und Lachen der sehr zufrieden wirkenden Gäste. »Ja, es ist in vollem Gange. Und es ist wunderschön hier!«, sagte sie. »Ich würde dir meine Heimat zu gerne mal zeigen.« Carolin biss sich erschrocken auf die Zunge. Woher war jetzt dieser Satz gekommen?

»Was nicht ist, kann ja noch werden.« Jacob ließ sein leicht raues Lachen ertönen. »Aber sag mir bitte, wann du genau wiederkommst.«

»Sonntag in zwei Wochen, am Abend, sollte ich landen.« Sie blickte über sich in den Himmel, der gerade von einem Flugzeug durchkreuzt wurde. Und sie stellte erstaunt fest, wie froh sie war, nicht darin zu sitzen.

»Versprochen?«, hakte Jacob nach, seine Stimme noch einen Ton tiefer. Carolin fuhr sich über die Oberarme.

»Ja, na klar«, beruhigte sie ihn. »Und dann feiern wir Wiedersehen. Ich freue mich schon drauf.« Sie sah, dass Veri ihr zuwinkte. Offensichtlich wurde sie am Tisch vermisst. »Sei mir nicht böse, ich muss jetzt Schluss machen …«

»Nur mit dem Telefonat, hoffe ich«, unterbrach er sie, halb spaßig, halb ernst.

»Natürlich!«, versicherte sie ihm. »Ich melde mich, sobald es geht, und berichte dir alles haarklein. Spätestens morgen! Bye, Honey!«

Jacob brummelte ein wenig, legte dann aber auf. Schnell holte sie sich am Büfett, vor dem sich die Schlange der Anstehenden langsam auflöste, ein paar Leckereien und ging zu ihrem Stuhl. Mit Begeisterung stellte sie fest, dass schon zahlreiche Puzzleteile den für sie bestimmten Platz gefunden hatten. Etwa ein Drittel der Fotos konnte man bereits vollständig erkennen.

»Tante Caro, Tante Caro!«, hörte sie da die Stimme von Luna. Sie hatte die Kinder von Romy und auch Veris Tochter Rosalie vorhin nur kurz begrüßt. Jetzt stand ihre jüngere Nichte neben ihrem Stuhl und hielt in der kleinen, von Schokolade verschmierten Hand einen etwas unförmigen Cookie. Ihre langen, trotz des festlichen Anlasses zerzausten Haare plusterten sich rund um ihr schmales Gesicht auf. Sie grinste breit, und etliche Zahnlücken wurden sichtbar. »Den musst du essen. Den hab ich für dich gebacken.«

Carolin setzte sich und legte die Arme um die struppige kleine Elfe. In ihrem tannengrünen T-Shirt und einem Tüllrock aus zahllosen Lagen Gaze, die in unterschiedlichsten Meerestönen um sie herumwogten, sah sie aus, als würde sie gleich ein wenig vom Boden abheben. Ähnlich wie ihre Mutter roch sie nach Küchenköstlichkeiten, etwas angereichert mit dem Geruch von Gras und Wasserpfützen.

»Das ist aber sehr lieb von dir«, sagte Carolin. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hast du deiner Mama immer den Keksteig aus der Schüssel stibitzt. Und jetzt backst du schon selbst?« Luna nickte nachdrücklich. Carolin machte den Mund auf und ließ sich von der Kleinen füttern. »Hm, der ist köstlich! Hast du den ganz allein gemacht?«

»Ich hab ihr geholfen. Sie konnte das Rezept noch nicht richtig lesen.« Vincent war neben seiner Schwester aufgetaucht und drückte stolz den Rücken durch. Mit seiner kurzen Hose, dem weißen Hemd und den Hosenträgern sah er aus wie ein Lausbub aus dem vergangenen Jahrhundert. Er grinste verschmitzt und ignorierte den Stoß, den Luna ihm versetzte.

»Na klar kann ich lesen!« Luna stemmte empört die Hände in die Taille. »Besser als du.«

»Ihr habt die Kekse jedenfalls toll hinbekommen«, unterbrach Carolin den kleinen Streit. Sie konnte sich lebhaft erinnern, wie wichtig es in ihrer Kindheit gewesen war, wer von ihr und den beiden Schwestern was am besten konnte. Ganze Nachmittage hatten sie mit Zankereien darüber zugebracht, wer besser Fahrrad fuhr, segelte oder schwamm. Oft so lange, bis ihre Mutter den Kuschelkreis angeordnet hatte. Und manchmal hatten sie sich selbst dabei noch gegenseitig an den Haaren gezogen.

»Kommt, ihr zwei Streithähne!« Romy trat hinzu und nahm ihre Kinder jeweils an einer Hand mit sich. »Ihr habt doch für Oma Lotte was einstudiert. Wir holen schon mal eure Requisiten und Kostüme aus dem Auto, und wenn alle gegessen haben, führt ihr es vor.«

»Jaaa!«, schrie Luna. Dann beugte sie sich zu den Puzzleteilen, und mit einem zielsicheren Griff hatte sie zwei gefunden, die zusammengehörten. Freddie war darauf zu sehen, der Rauhaardackel, der 15 Jahre lang die Familie treu begleitet hatte.

»Ich muss meinen Text noch mal lesen«, erklärte Vincent ernst. »Hoffentlich vergesse ich ihn nicht.«

»Oh, das bekommst du bestimmt prima hin«, machte Carolin ihm Mut. »Wo ist eure Oma überhaupt?«

Alle zogen ratlos die Schultern hoch.

Während ihres Telefonats hatte Carolin ihre Mutter an ihrem Platz gesehen, wo sie vergnügt die Köstlichkeiten des Büfetts genossen und dabei laut zu irgendwelchen Kommentaren von Arthur König gelacht hatte, der ihr schräg gegenübersaß.

»Weißt du, wo Mama hin ist?«, fragte sie ihren Vater. Er verspeiste gerade eine kleine Portion Eiersalat und eine Brezel und zuckte ratlos mit den Schultern. »Ich glaube, sie wollte auf die Toilette.«

Carolin sah hinüber zum Verwaltungsgebäude, in dessen Erdgeschoss die Sanitärräume waren, konnte ihre Mutter aber nirgends entdecken. Sie aß die letzten Happen ihres Tomaten-Mozzarella-Spießes und beschloss, sich gleich auf die Suche nach ihr zu machen. Doch da setzte sich Veri zu ihr auf Romys frei gewordenen Stuhl.

»Ist mit Papa alles in Ordnung?«, fragte sie Carolin mit gesenkter Stimme. »Er wirkt irgendwie … bedrückt.«

»Ich glaube, er war unsicher wegen des Geschenks. Und das Büfett hat ihn überfordert.« Sie sah zu ihrem Vater hinüber, der inzwischen aufgestanden war und ein paar Meter entfernt mit seinem Freund Rudolf und dessen Frau Hanne zusammenstand und sich konzentriert anhörte, was Rudolf zu sagen hatte. »Ich dachte, er hätte Mama das hübsche Armband geschenkt, das sie trägt. Hast du das gesehen?«

»Ja, ist mir auch aufgefallen. Aber ich glaube, dass sie es selbst gekauft hat, passend zu ihrem Kleid. Um auf Papa zurückzukommen: Er ist einfach nicht mehr so belastbar wie früher«, meinte Veri. »Im Alter wird das Nervenkostüm dünner.«

Carolin legte das Besteck auf ihren nun leeren Teller. »Aber er ist auch stur. Warum muss er immer noch jeden Tag so viel arbeiten?«

»Du kennst ihn doch«, nahm ihn Veri in Schutz. »Er kann einfach nicht abschalten. Wahrscheinlich mustert er selbst heute die Gäste in der Hoffnung, dass er unter ihnen einen würdigen Nachfolger für das Unternehmen entdeckt.«

»Und ich weiß auch, wen er dabei immer noch im Blick hat«, sagte Romy. Vom Auto zurückgekehrt, stellte sie den Karton mit Requisiten auf dem Rasen ab. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und nickte mit dem Kinn in Richtung Ben. Der Vater ihrer Tochter hob die Kleine gerade hoch und ließ sie an einer der Apfelblüten riechen. Luna kräuselte die zierliche Stupsnase und musste dann niesen. Ben setzte sie wieder auf dem Boden ab.

»Noch mal«, hörte man sie rufen, und Ben folgte der Aufforderung ergeben.

Carolin hatte nie ganz verstanden, was an Ben so falsch sein sollte. Er war groß, schlank, hatte ein bubenhaftes Gesicht mit Sommersprossen um die Nase und gefühlvolle dunkelbraune Augen. Die beiden letzteren Merkmale hatte Luna eindeutig von ihm geerbt. Ja, er war nicht gerade der gesprächigste, geschweige denn abenteuerlustigste Zeitgenosse, aber Carolin hatte immer gefunden, er erde Romy, der es manchmal ganz einfach an Struktur fehlte. Doch Romy war schon kurz nach Lunas Geburt der Auffassung gewesen, Ben sei ein Langweiler, der sie in ihrer Entwicklung hinderte, und hatte ihn abserviert.

Damit war für ihren Vater erst einmal die Option dahin gewesen, den Schwiegersohn in spe zum Nachfolger zu machen. Ben arbeitete zwar weiterhin als Kapitän auf den Schiffen von »Hohenhausen-Schifffahrt«, aber seiner Tochter zuliebe verzichtete Georg darauf, Ben zum Geschäftsführer zu befördern. Er fürchtete, dass es wegen des Zerwürfnisses der beiden zu geschäftlichen Komplikationen kommen könnte, spätestens dann, wenn es eines hoffentlich fernen Tages ans Erbe ging. Carolin wusste, dass sich Romy deshalb gelegentlich Vorwürfe machte. Sie alle sorgten sich immer wieder, dass sich der Vater übernahm. Eigentlich sollte er mit seinen bald 74 Jahren endlich kürzertreten. Doch damit durfte man ihm natürlich nicht kommen.

»Ich geh Mama mal suchen«, bot Carolin an.

»Ich auch«, rief Luna im Näherkommen, aber Romy erinnerte sie, dass sie den kleinen Sketch, den sie mit Vince einstudiert hatte, ein letztes Mal üben wollte.

»Wo bleibt denn deine Mutter?«, hörte Carolin ihren Vater hinter sich fragen. Sie drehte sich zu ihm um. Er ruckelte an seiner eng gebundenen Krawatte, und die zusammengezogenen Augenbrauen deuteten darauf hin, dass er ungehalten war. »Sie sollte hier sein und sich um ihre Gäste kümmern.«

»Ich gehe nach ihr schauen. Vermutlich hat sie auf dem Weg zurück irgendwen getroffen und ratscht mit ihm«, mutmaßte sie.

Ihr Vater schüttelte missbilligend den Kopf. »Ja, das wäre typisch für sie! Wenn sie einmal mit jemandem ins Gespräch vertieft ist, vergisst sie alles ringsum. Und ich stehe dann da und kann schauen, wie wir den Zeitplan einhalten.«

»Na, den gibt es ja heute glücklicherweise nicht«, versuchte Carolin ihn aufzumuntern. Ihr war klar, dass ihr dies kaum gelingen würde. Leider neigte er zur Sturheit und ließ sich auch von seinen drei Töchtern nicht überzeugen, Dinge ab und an etwas entspannter zu sehen.

Sie lief an kleinen Grüppchen vorbei, die sich inzwischen von der Festtafel erhoben hatten, in Richtung des Verwaltungsgebäudes.

Tante Klara spazierte allein unter den Apfelbäumen entlang und unterhielt sich dabei angeregt … mit sich selbst offensichtlich. Sie gestikulierte und kicherte und schien sich mit ihrem unsichtbaren Begleiter durchaus wohlzufühlen. Caro entdeckte Veri und bat sie, die demente Tante im Blick zu behalten.

»Sicher glaubt sie wieder, sie ist auf dem Weg zur Bushaltestelle«, erklärte Veri. »In ihrer Pflegeeinrichtung haben sie sogar ein Haltestellenschild mit einer Bank im Garten angebracht, weil die alten Leutchen dort so gerne sitzen und nicht merken, dass kein Bus kommt.«

»Ja, Jacobs Mutter lebt in einem Heim, in dem alles original im Sechziger-Jahre-Stil eingerichtet ist. Das ist den Bewohnern einfach vertraut«, berichtete Carolin.

»Immer noch in Neuseeland unterwegs?«, schaltete sich Stefan ein. »Man schafft es ja kaum, bei dir auf dem neuesten Stand zu bleiben.«

Carolin schenkte ihrem Schwager ein halbherziges Lächeln. Sie war froh gewesen, bisher um ein Gespräch mit ihm herumgekommen zu sein. Seit sie sich kannten, wartete er nur darauf, dass sie etwas Unbedachtes sagte, das er dann auseinandernehmen konnte. Ob das an ihr lag oder an ihm, hatte sie nie herausgefunden.

»Na ja, immerhin lebe ich schon seit gut zwei Jahren in Christchurch«, entgegnete sie. »Und ich habe nicht vor, dies zu ändern.«

»Dann bist du da vermutlich recht erfolgreich mit deiner Knipserei«, meinte er. Und das war seine zweite Spezialität: Er machte gerne Komplimente, die sich umgehend als eine nur schlecht getarnte Beleidigung entpuppten. »Und wieder nur für eine Stippvisite in der Heimat?«, legte er nach.

Carolin verstand genau, was er eigentlich sagen wollte: Du verdienst mit windigen Jobs ein mickriges Einkommen und kümmerst dich viel zu wenig um die Familie! Dabei ging ihn das gar nichts an. Carolin fühlte sich mit ihren Eltern und Schwestern im Reinen, und es gab keinen Grund, ihm Rechenschaft abzulegen.

»Du entschuldigst«, sagte sie, »ich bin auf der Suche nach dem Geburtstagskind.« Er winkte gönnerhaft, und Carolin ließ ihn stehen.

Das Verwaltungsgebäude lag einsam und verlassen in der Maisonne. Obwohl es erst in den frühen 1960ern errichtet worden war, hätte man sein Baujahr auf die Zeit um 1900 herum schätzen können. Ihr Großvater hatte gewollt, so hatte es Georg ihnen immer erzählt, dass sich seine Angestellten dort wohlfühlten. Die damals moderne, funktionale Betonbauweise hatte er schrecklich gefunden und lieber eine kleine Villa im Stil der Gründerzeit errichten lassen. Durch die offenstehende Tür drang der vertraute Duft von Aktenordnern, Papier und blank gewienerten Holzböden. Hatte sie in ihrer Kindheit hier nicht beinahe mehr Zeit verbracht als in ihrem Elternhaus, das ungefähr zehn Minuten zu Fuß entfernt ein Stück den Berg hinauf lag? Meist war sie nach der Schule gemeinsam mit ihren Schwestern hergekommen. Sie hatten sich eine Brotzeit aus dem Kühlschrank der kleinen Küche neben dem Büro ihrer Mutter geholt und dann, wenn er unbesetzt war, an dem riesigen Tisch im Konferenzraum ihre Schularbeiten erledigt. Von dort hatte man einen fantastischen Blick auf den Bodensee, und Carolin hatte immer viel länger gebraucht als nötig, weil sie sich so oft über die glänzende Wasseroberfläche hinweggeträumt hatte. Irgendwas hatte sie schon damals hinausgezogen in die Welt. Sie neugierig gemacht auf das, was hinter dem Horizont lag.

Sie betrat das so vertraute Haus und steuerte direkt auf die Toilettenräume zu, als sie auf der Treppe zum Obergeschoss eine kauernde Gestalt entdeckte.

»Rosalie!«, rief sie erfreut. »Ich habe noch gar nicht mit dir quatschen können in all dem Getümmel.« Ihre älteste Nichte schreckte von ihrem Handy hoch und pulte sich ihre In-Ears aus den Ohren. Immerhin stand das Mädchen dann auf, umarmte ihre Tante mit eckigen Bewegungen und presste ein »Hi« hervor.

»Wie geht es dir so?«, wollte Carolin wissen. Sie setzten sich nebeneinander auf die Treppenstufen. »Langweilig da draußen?«

»Na ja, schon ein bisschen.« Rosalie bemühte sich um ein kleines Lächeln. »Und Mama und Papa wollen immer, dass ich das Handy weglege. Aber dann wird es ja noch öder.«

»Verstehe!« Carolin betrachtete die 16-Jährige neben sich, die offensichtlich aus dem Genpool ihrer Eltern die jeweils besten herausgefischt hatte: die dicken braunen Haare ihrer Mutter, die gerade Nase ihres Vaters, und auch ihre Augen hatten den gleichen blaugrauen Ton wie seine. Sicherlich hatte sie schon so manchem Jungen das Herz gebrochen.

»Wenn’s die Dinger zu meiner Zeit gegeben hätte, hätte ich garantiert auch in jeder freien Minute rumgedaddelt«, bekannte Carolin. »Und ganz ehrlich: Wir Erwachsenen schauen mindestens genauso oft aufs Handy, stimmt’s?«

»Allerdings!«

Carolin verriet Rosalie nicht, dass sie schon öfter versucht hatte, bei Veri in dieser Frage ein gutes Wort für sie einzulegen. Wie oft hatte ihre ältere Schwester geklagt, dass die Tochter nicht mehr mit ihren Eltern und stattdessen nur noch mit ihrem Smartphone kommunizierte. Den Hinweis »Die sind doch heute alle so«, hatte Veri nicht gelten lassen.

»Darf ich dich mal was fragen?« Rosalie sah Carolin forschend ins Gesicht.

»Na klar.«

»Wie ist es so, da draußen in der Welt?«

Wie sollte sie das in knappen Sätzen beantworten? Und worauf wollte Rosalie hinaus?

»Puh«, antwortete sie entsprechend. »Toll. Also, ich meine, ich könnte dir einen Abend lang Vorträge halten über alle möglichen …«

»Weißt du, ich halte es hier echt nicht mehr aus«, unterbrach Rosalie, und Carolin wurde klar, dass ihre Nichte nur einen Ansatzpunkt gesucht hatte, um ihr Herz auszuschütten. »Das ist so voll nervig hier. Total uncool. Und die Leute … einfach nur cringe.«

Carolin legte den Kopf schief und lächelte. Sie verstand genau, wovon Rosalie sprach. Genauso hatte sie sich mit 16 Jahren auch gefühlt.

»Ich will hier nur noch weg. Mein Ding machen. Andere Leute treffen. Was Neues erleben.«

Irgendwie war Carolin stolz, dass wenigstens ein Mitglied der Familie ihr Fernweh teilte.

»Wie wäre es mit einem Schuljahr in einem anderen Land?«, schlug sie vor. Rosalie musterte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Komm doch nach Neuseeland.«