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Es ist der 08. Mai 2033. Michael lebt in München und ist überzeugtes Mitglied der Partei »Alles für Deutschland«, obwohl ihn das schon wertvolle Freundschaften gekostet hat. Auch die anstehende Aktion der Partei in zwei Tagen möchte er aktiv unterstützen. Wird er rechtzeitig sehen, was seine Freunde schon lange erkannt haben? Ein Theaterstück über eine Zukunft, die wir hoffentlich rechtzeitig verhindern.
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Nie wieder!
München im Jahr 2033.
Die Regierungsmehrheit im Bund stellt die Partei »Alles für Deutschland« (AD).
Michael
Er wurde 2004 geboren, ist 29 Jahre alt. Er ist Mitglied der Partei. Ihn verbindet eine Freundschaft mit Thomas, Franz, Stefan und Christian, die sich mit seinem Parteieintritt jedoch zerschlagen hat.
Thomas
Er wurde 1965 geboren, ist 68 Jahre alt. Thomas besitzt einen alten Buchladen in München.
Franz
Er wurde 1959 geboren, ist 74 Jahre alt. Franz war früher Handwerker und ist sehr gebildet und belesen.
Stefan
Er wurde 1960 geboren, ist 73 Jahre alt. Stefan war früher Autor und Regionaljournalist.
Christian
Er wurde 1958 geboren, ist 75 Jahre alt. Christian war früher Besitzer eines kleinen Bio-Ladens.
Willhelm, »Will«
Er wurde 2007 geboren, ist 26 Jahre alt. Will leitet die größte Ortsgruppe der Partei in München. Er ist der klassische Vertreter der Partei, stramm treu, recht emotionslos, dauerwütend und erfolgssüchtig.
Max, Georg, Sebastian, Florian und Martin
Sie sind weitere Mitglieder der AD.
MÜNCHEN, 08. MAI 2033
SZENE 1
SZENE 2
SZENE 3
MÜNCHEN, 10. MAI 2033
SZENE 4
SZENE 5
SZENE 6
SZENE 7
SZENE 8
SZENE 9
SZENE 10
SZENE 11
SZENE 12
Ein leises Windspiel gibt seinen sanften Klang in den Raum, als Michael die Tür zum Buchladen öffnet. Er tritt hinein, durch die schwere, alte Holztür mit dem Glasfenster, auf dem in schönen, kunstvollen Buchstaben »Thomasʼ Buchladen« steht. Durch die halboffene Tür schüttelt er seinen Regenschirm nach draußen aus, um die ganze Nässe nicht mit in das liebevoll eingerichtete Geschäft zu nehmen. Denn nur weil seine Botschaft keine gute ist, heißt das nicht, dass er nicht gern hierher kommt. Schöne Stunden hatte er hier bereits verbracht, in literarischen Debatten über Bücher und Texte. Die meisten hat er mit Thomas selbst geführt. Dem Inhaber. Das ist jedoch schon lange her.
Die Zeiten haben sich geändert. Ein Charakter wie Thomas ist nicht mehr sehr beliebt im Ort und auch Läden wie dieser werden von den meisten gemieden. Zu groß ist die Angst, den falschen Kreisen zugeordnet zu werden.
T
HOMAS
Ah, hallo Michael! Dich hab ich ja lange nicht gesehen. Schön, dass du hier bist!
Am Ende des Ganges, der sich vor Michael ausbreitet, links und rechts gesäumt von schweren, dunklen Holzregalen, vollgestopft mit allen Arten von Büchern, steht ein schöner alter Tresen. Die Kasse des Ladens, ebenfalls aus dunklem Holz, hier und da fliegt der durchsichtige Lack ein wenig davon, aber die alten Beschläge und hölzernen Verzierungen machten das wieder gut. Und hinter diesem Tresen steht Thomas, der Besitzer des wohl schönsten Buchladens überhaupt.
M
ICHAEL
Hallo Thomas …
Michael wählt eine zaghafte Begrüßung, schließlich hat er keinen erfreulichen Grund herzukommen. Zögernd tritt er ein paar Schritte vor, merkt aber, dass von seinem schwarzen Regenmantel noch so viel Wasser tropft, dass der ganze Boden nass wird. Er gibt sich Mühe, die Schätze links und rechts nicht zu berühren, und bewegt sich sehr vorsichtig.
T
HOMAS
Na, komm schon her, Junge, lass dich ansehen. Geht’s dir gut?
Thomas scheint nichts von Michaels schwermütiger Stimmung zu erkennen – zumindest lässt er es sich nicht anmerken. Als Michael nun aber vor ihm steht, schaute er ihm direkt in die Augen und da sieht wohl auch er, dass etwas nicht in Ordnung ist. Sein erfreuter Blick bricht, der Glanz in seinen blauen Augen verliert sich.
M
ICHAEL
Jaa, mir geht’s sehr gut, danke der Nachfrage.
War Michaels unehrliche Antwort. Er tritt ein bisschen auf der Stelle, weiß nicht, wie er anfangen soll. Aber Thomas ist ein unkonventioneller Typ, immer geradeaus und nie um den heißen Brei herum.
T
HOMAS
Junge, was ist los? Rück schon raus, ich seh doch in deinen Augen, dass dich etwas bedrückt.
Michael zuckt zusammen. Hat er sich wirklich so auffällig gegeben? Das muss er dringend üben. Immer mehr beschleicht ihn das Gefühl, dass Zeiten bevorstehen, in denen es sich lohnen wird, ein guter Schauspieler zu sein. In denen einem das vielleicht sogar das Leben retten kann. Er holt tief Luft.
M
ICHAEL
Na ja … ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich anfangen soll. Ich dürfte eigentlich nicht hier sein, du weißt ja … Gerade komme ich von der Parteiversammlung. Genauer gesagt unserer Ortsversammlung.
Thomas senkt betroffen den Blick. Er kann mit dieser ganzen Parteisache nichts anfangen. Dieser aufkeimende Stolz auf Dinge, für die man nachweislich nichts kann, ist ihm völlig zuwider.
M
ICHAEL
Ich weiß, was du davon hältst, Thomas, aber deshalb bin ich nicht hier. Ich mag dich und ich hatte oft eine wunderbare Zeit hier …
T
HOMAS
Na, dann komm doch öfter wieder!
Thomas ist nun schon etwas aufgebracht von der Angst, welche Mitteilung der Junge haben würde.
M
ICHAEL
… lass mich bitte ausreden. Du weißt, dass ich nicht herkommen kann. Nicht, wenn ich meine Karriere nicht gefährden will. Ich möchte in die Fußstapfen meines Vaters treten. Und dort schickt es sich einfach nicht, diese … alternative Literatur … zu lesen.
Thomas zieht eine Augenbraue hoch, belässt es jedoch dabei. Michael fühlt sich ertappt und spricht nun mit dem Blick zu seinen blankpolierten Lederschuhen weiter.
M
ICHAEL
Jedenfalls komme ich gerade von der Versammlung und möchte dir eine kleine Vorabinfo geben. Damit du etwas mehr Zeit hast, um dich … wie soll ich sagen … um dich vorzubereiten.
T
HOMAS
Worauf muss ich mich denn vorbereiten? Soll ich dem Herrn Parteivorsitzenden das Lesen und Denken beibringen? In der Tat, das wäre ein wirklich schwieriges Unterfangen, sich darauf ordentlich vorzubereiten, ist quasi unmöglich!
M
ICHAEL
Quatschkopf.
Bei diesem Wort hat Michael ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen. Auch Thomas schmunzelt ein wenig und hat nun wieder einen sanfteren Ausdruck in den Augen – was es für Michael aber wirklich nicht leichter macht.
M
ICHAEL
Na …ja … also am besten sag ich es einfach so, wie es ist. Es ist eine Büchersortierung geplant. Sehr bald.
Im ganzen Laden scheint die Zeit für einen unendlich langen Augenblick stillzustehen, kein Geräusch ist zu hören.
T
HOMAS
Eine Büchers…?
Thomas’ Blick ist fragend, das Entsetzen in seinem Gesicht jedoch nicht zu übersehen. In Gedanken versucht er sich zusammenzureimen, was das bedeuten kann.
M
ICHAEL
Nun ja, der Bundesparteivorsitz ist der Überzeugung, dass eine gewisse Literatur die Menschen, insbesondere die Jugend verderben würde. Er möchte, dass bundesweit sortiert wird in Bücher, die gelesen werden sollen und die, die nicht gelesen werden sollen.
T
HOMAS
Aaah, der Herr Parteivorsitzende ist also der Meinung, dass er am besten beurteilen kann, was die Menschen lesen sollen und was nicht. Vielleicht sollte er viel früher ansetzen, und in der Grundschule bereits entscheiden, wer überhaupt das Lesen lernen darf und wer nicht?!