Zerglückt - Jo Köhler - E-Book

Zerglückt E-Book

Jo Köhler

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Beschreibung

"Ein Gedicht, wenn es gut ist, bringt eine ganze Welt zum Ausdruck. Und noch viel mehr. Nicht nur das, was ist, sondern vor allem auch, was nicht ist. Noch nicht. Aber bald sein könnte. Oder vielleicht sogar schon mal gewesen ist. Und irgendwann, so Gott will, wieder sein wird. Selbst wenn es so, wie es mal war, nie mehr sein kann." Jo Köhler

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Für Margarete

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Aurelia Wendt

Passt

Überbrückt

Nur etwas Persönliches, aber noch lange nichts Privates

Oder anders gesagt

Frei nach einem großen Philosophen

Kipppunkt

Der Profit für die Angstunternehmer

Nahegelegen

Sozial

Ein Gedicht

Teil I

Hygienisch

Familienchronik

Befristet

Erwacht

Partizipiert

Lehre fürs Leben

Geschleust

Zwischenbilanz

Unglaublich aber wahr

Zwischensatz

Schlichtung

Fortschritt ist nur ein anderes Wort für Veränderungsdruck

Märchen vom Föhn

Bundespräsidentenwahl

Erblindet

Ohne Worte

Befreit

Keine Antwort

Verspekuliert

Dechiffriert

Gescheiterte Diplomatie

Manchmal

Zeit gewendet

Alternativlos

Neue Normalität

Russisch Roulette

Gesprengt

Kriegsgewinnler

Alles gut

Frühlingsverhaftet

Brot allein

Zukunftsphantasie

Für mich

Desillusioniert

Wieder Krieg in Europa

Exodus

Mangelerscheinung

Administrativ

Teil II

Kontinuität

Der verlorene Sohn

Beschrien

Abschied

Zerglückt

Begnadet

Killer-Pazifismus

Verhießen

Untergegangen

Im Zeichen des Kreuzes, im Zeichen des Kampfes

Osterpredigt

Requiem

Der Tod

Ohne Beispiel

Hey Jude

Entrückt

Kurswechsel

Besessen

Resistent

Homo Digitalis

Die Kluft

Themenwechsel

Nachmutter, Nachvater

Verteidigungsfall

Circulus Vitiosus

Der Schlüssel

Neue Identität

Brief an meinen Sohn

Verschicksalt

Ursprung und Ziel

KI

Verknotet

Stop! In the Name of Love!

Heiliger Strohsack

Entzweckt

Preis der Globalisierung

Nachgerechnet

nonverbal

Nachgerufen

Teil III

Selbstbildnis

Geschenkt

Bevorzugt

Subjektbezogen

Vom Brot der Weisheit!

Der Arena

Werde-Gang

Aktenzeichen. 521.61.222355.6

So oft

Vor dem Anfang

Entflammt

Befreit II

Begleitet

Uferpromenade

Verkettet

Wort Reich

Kürzeste Weg zum Glück

zuerst

Gechillt

Wunder der Schöpfung

Alte Schönheit

Durchdrungen

Clash

Kontraindiziert

Nur Geschöpf oder auch Schöpfer

Fruchtlose Diskussion

Politische Notiz im Sommer 2022

Selbstamputation

Von der Wirkung hergedacht

Befreit

Humane Gesellschaft

Von Wegen!

Sonntagsrede

Erscheinung

Nur

Jedes Jahr

Ur

Vergoldet

Modus Operandi

Bemächtigt

Die Antwort

Aufbegehrt

Lex Amazon

Kein Gedicht

Deutsche Krankheit I

Deutsche Krankheit II

Hilflosigkeit

Geirrlichtert

Entkircht

Zugabe

Verpeilt

Erwartet

Nachgang

Humane Gesellschaft

Weg zur Weisheit

Vorwort von Aurelia Wendt

Germanistin, Journalistin Buchrezensentin – auch für den Hörfunk

Sie sprudeln mir förmlich entgegen. Wörter, Sätze und Zeilen. Gedanken, Emotionen und Inspirationen. Es scheint als hätte Autor Jo Köhler eine unerschöpfliche Quelle entdeckt, die er in diesem Buch mit uns teilt. Eine Fülle an Themen, die nahezu alle Bereiche des Lebens berühren, bringt er in seinen Essays, Kurzgeschichten und Gedichten unter. Dabei habe ich beim Lesen stets das Gefühl, dass ihm das Formulieren, Dichten und das In-Worte-fassen in perlender Leichtigkeit zufällt. Diese zieht sich durch das Werk wie ein roter Faden – sie begleitet und erfrischt von Seite zu Seite.

Jo Köhler lässt dabei keineswegs unbequeme, belastende oder problembeladene Inhalte aus. Vor allem in seinen Essays konfrontiert er uns mit brandaktuellen Themen, die bereits für viel Zündstoff gesorgt haben und unsere Gesellschaft immer noch beschäftigen. Seine Gedankengänge zu Ukraine-Krieg, Gas-Krise, Klimaaktivismus, Pandemie oder zur Flut im Ahrtal rütteln auf – und sie fordern heraus. An manchen Stellen bin ich so eingenommen von seinen scharfen Betrachtungen, dass ich zustimmend einige Sätze dick unterstreichen und mit Ausrufezeichen versehen möchte, ob ihrer Wichtigkeit und Brisanz.

Gern nähert sich Jo Köhler gesellschaftspolitischen Details von mehreren Seiten an, wirft immer neue Fragen auf und verzichtet auf fertige Antworten, denn es solle „jeder von uns seine Wahrheit suchen und finden“. Er warnt vor unnötiger Angstmacherei, wenn er schreibt: „Kriege und Krisen sind immer die hohe Zeit der Angstunternehmer“ und beklagt sich über Anpassungsdruck sowie vorauseilenden Gehorsam. Er mag mit diesen Ansichten durchaus richtig liegen – zwischen den Zeilen zu spüren ist allerdings auch eine Spur Parteinahme, die konsequent und entschlossen wirkt und die manchmal zu wenig Spielraum für eigene Assoziationen lässt.

An solchen Stellen möchte ich schnell weiterblättern, durchatmen und die Probleme dieser Welt hinter mir lassen – oder um es mit den Worten des Autors zu sagen: „Ich glaube, ich brauche mal wieder was fürs Herz. Fürs Gemüt“. Und das ist das Reizvolle an diesem Buch: Jede Seite überrascht mit einer völlig neuen Palette an Gedanken, Blickwinkeln und Stimmungen. Jo Köhler wechselt geschickt von Politik über Philosophie zu Privatem, von Essay zu Gedicht, von Melancholie zu Zuversicht. Wo die Ernsthaftigkeit unserer aktuellen politischen Lage eben noch bedrückte, können wir kurz darauf Hoffnung schöpfen, sogar an einigen Stellen schmunzeln und uns an einem dezenten, warmherzigen Humor erfreuen.

Ganz ehrlich. Ich bin erstaunt, dass es vor allem die Gedichte sind, die mich in diesem Werk ansprechen. Ja, sogar faszinieren. Denn moderne Lyrik kann ja mitunter als schwierig oder unzugänglich empfunden werden. Jo Köhler beweist, dass es anders geht. Er jongliert mit Worten, um sie uns gekonnt zuzuwerfen, dann wieder aufzufangen und ein paar Zeilen später erneut zu platzieren und zu beleuchten. Ohne Reime folgen seine Gedichtzeilen einem ganz eigenen Rhythmus und erzeugen ein bestimmtes Muster, welches das Lesen interessant und angenehm macht. Ich kann mich sehr gut einfühlen in die Sprachbilder der lyrischen Texte, für die der Autor zumeist nur wenige Worte braucht.

Besonders berührend sind seine Liebesgedichte, die mit ihren ganz feinen Klängen sehr sanft und unaufdringlich schwingen. Ich habe Respekt vor den offenen und ehrlichen Worten über Liebe und Innigkeit, wo sich der Autor als empfindsame Seele zeigt. Seine Liebeserklärungen sind wunderschön und voller Hoffnung, wenn er weiche Töne anschlägt wie: „Ein Kuss ist immer etwas leichtes / wie eine fliegende Feder“. Allerdings – die Liebe zur Natur lässt der Autor in seinen Gedichten aus. Als Naturfreund finde ich das zwar schade, aber unvollständig wirkt das Buch dadurch nicht.

Jo Köhler ist ein Mensch, der stets mit offenen Augen durchs Leben geht. Das ist mein Eindruck nach dem Lesen dieses Buches und ich glaube es sofort, wenn er sagt: „Für mich hat hier jeder neue Tag seine eigene Weisheit“. Ich spüre an vielen Stellen sein großes Bedürfnis, all das Erlebte zu Papier zu bringen. Aber niemals drängt er es auf. Stattdessen ist Jo Köhler um Harmonie und Ausgleich bemüht, vor allem wenn es um menschlichen Verstand und Wahrnehmung geht. „Rationalität und Spiritualität sind zwei Seiten, die vereint werden müssen“, lautet sein Motto. Hat er sich deshalb als Schriftsteller den Gattungen Essay und Gedicht verschrieben? Denn diese beiden gegenüberstellt wird der Kontrast zwischen Intellekt und Gefühl besonders gut sichtbar. Dieser Balanceakt ist ihm also wirklich gelungen. Zufrieden und erfüllt klappe ich nun mein Buch wieder zu. Ich hoffe, der Autor sieht es mir nach – ich habe ein bisschen den Titel verändert: „Geglückt“.

Nicht ich nehme mir die Zeit dafür, sondern die Zeit nimmt mich!

Passt

Dass Prometheus, der vorausdenkende Titan, der das von Zeus den Menschen zur Strafe oder als „Sanktion“ entzogene Feuer wieder zurückbrachte und damit als Urheber und Ermöglicher der Zivilisation gilt, in der Antike höher gelobt wird als der immer erst hinterher denkende, nachdenkende Epimetheus.

Ein solches Profiling muss ja einen Grund haben. Und wenn dem so ist, dass ein Großteil unserer Kultur und unserer Denkweise noch immer auf den Schultern der griechischen Mythologie beruht, sollten wir politisch, sozial und ökonomisch eher vorausdenken und nicht so viel nachdenken.

Überbrückt

Damit bist du auf der sicheren Seite, sagte man mir.

Wenn die Seite, von der hier die Rede ist, allerdings eine bis ins Letzte bereits vorgefertigte und vorbestimmte ist, ziehe ich es vor, auf der vermeintlich unsicheren, noch völlig offenen, aber dafür wesentlich lebendigeren Seite zu bleiben.

Nur etwas Persönliches, aber noch lange nichts Privates

Für mich ist es eine Gnade oder anders gesagt ein Wunder, also etwas, das sich durch nichts auf der Welt, durch keine noch so große Anstrengung erarbeiten oder erzwingen lässt: mit dir, mit einem Menschen durchs Leben gehen zu dürfen, der mich in etwa so liebt, wie ich bin. Und ganz besonders meine Defizite, meine Unzulänglichkeiten gern hat. Als machten diese mich erst zu dem, der ich bin. Beziehungsweise sein darf.

Nichts war für mich so irrlichtern wie die medialen Idealbilder, Idealtypen, denen ich lange hinterhergejagt bin. Erst das Du, das mir das Schicksal zugespielt, zugemutet, zugetraut hat. Und anfangs so gar nicht zu den Bildern im Kopf und ihrer Ausrichtung passen wollte, war genau das Richtige. Das Beste, was mir geschehen konnte.

Nein – nicht der Schmied meines Glück, sondern nur sein Werkzeug.

Oder anders gesagt

Mache ich lieber

Geschäfte

mit Sehnsuchtsunternehmern

wie Udo Jürgens

oder Whitney Housten

als mit Angstunternehmern

wie Vladimir Putin

oder

Markus Lanz

Nichts ist so identitätsstiftend wie die Sprache, wie der Umgang mit der eigenen Sprache. Denn wer erst mal die Sprache hat, hat auch die Gedanken. Und wer die Gedanken hat, hat auch bald die Gefühle. Ganz gleich welche. Deshalb achte auf deine Worte.

Als wären sie Teil eines Luftschlosses und dennoch in Stein gehauen.

Frei nach einem großen Philosophen

Der vor tausend Jahren so schön sagte: Der kluge Mensch lernt aus allem und von jedem, der einfache Mensch ohne besondere Bildung aus seinen eigenen Erfahrungen und der Dumme weiß immer alles besser.

Deshalb denke ich, jeder Dichter und Denker ist latent immer in Gefahr, in die dritte und letzte Kategorie zu rutschen und gewissermaßen zu ver-Precht-en, wenn du verstehst, was ich damit sagen will?

Je gebildeter, je intellektueller, je sprachlich ausgefeilter, umso größer ist diese Gefahr. Deshalb steht ja in der Bibel, selig sind die geistig Armen und nicht die Superprofessoren oder Großschriftsteller.

Da kannst du deinen Denkapparat anstrengen, so sehr du willst, die Sprache der Seele ist keine akademische. Denn nichts von dem, was uns erst wesentlich macht, ist tatsächlich sagbar. Oder teilbar. Gäbe es nicht die Kunst, die Musik, die Poesie.

Einen Wein muss man gut ausbauen und lagern, bevor man ihn genießen kann. Genauso verhält es sich auch mit einem Gedicht in der Black Box einer Dichterseele.

Wenn du als Dichterseele, als literarischer Arbeiter im Weinberg des Herrn, zwischen all den konstruktiven und destruktiven Idealen, die dich umtreiben, die dich beschweren, hin und her schwankst, bis du es endlich loslässt, loslassen kannst, loslassen musst.

Alles Weitere muss dann der Leser bedeuten. Entdecken. Hineinlegen und hervorrufen. Denn das in der Poesie enthaltene Geheimnis zeigt sich nicht einmal dem Autor, sondern erst dem Leser. Und offenbart sich jedem Leser anders. Das ist ja das Faszinierende.

Kipppunkt

Jedes noch so gutgemeinte Ideal und das entsprechende Streben nach Political Correctness bekommt von einem bestimmten Grad des Eifers – der Übertreibung, der Überziehung – und seines in jeder Richtung eilenden Gehorsams etwas Jakobinisches, Totalitäres und damit im Grunde schon wieder was Faschistoides.

Aber genau dieses Muster wollten wir Deutsche, wie wir an Gedenktagen immer und immer wieder beteuert haben, eigentlich nicht mehr zulassen. Nie wieder!

(Vermerkt im August 2022)

Der Profit für die Angstunternehmer

Es wird in den Medien bei den Plasbergs und Lanz’ sehr viel über die Folgen einer möglichen Gasmangellage spekuliert und dabei mit Szenarien gearbeitet, die vielen Menschen Angst machen. Es wird darüber gesprochen, dass Millionen Haushalte im Winter ganz ohne Wärme dastehen oder mit unerschwinglichen Aufpreisen rechnen müssen.